Vorsorgeaufwendungen – Aufteilung eines einheitlichen Sozialversicherungsbeitrags (Globalbeitrag)

Anpassung der Aufteilungsmaßstäbe für den VZ 2014

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 – S-2221 / 09 / 10013 :001 vom 08.10.2013

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind zur Ermittlung der steuerlich berücksichtigungsfähigen Vorsorgeaufwendungen die vom Steuerpflichtigen geleisteten einheitlichen Sozialversicherungsbeiträge (Globalbeiträge) staatenbezogen wie folgt aufzuteilen (Angaben in Prozent des vom Arbeitnehmer geleisteten Globalbeitrags):

Vorsorgeaufwendungen in % Belgien Irland Lettland Malta Norwegen
§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 49,48 77,24 85,41 47,03 54,60
§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und b EStG (ohne Krankengeldanteil) 41,15 8,13 44,06 45,40
§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG (Anteil vom Globalbeitrag für Krankengeld) 9,37 (1,56) 14,63 (2,44) 11,92 (6,50) 8,91 (1,49)
Gesamtaufwand 100,00 100,00 97,33 (2,67 sonstige nicht Abziehbare) 100,00 100,00
Für Höchstbetragsberechnung gem. § 10 Abs. 3 EStG anzusetzender Arbeitgeberanteil 93,77 82,07 187,05 47,03 98,70
Vorsorgeaufwendungen in % Portugal Spanien Vereinigtes Königreich (GB) Zypern
§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 84,08 96,94 84,07 80,55
§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und b EStG (ohne Krankengeldanteil)
§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG (Anteil vom Globalbeitrag für Krankengeld) 15,92 (2,65) 3,06 (3,06) 15,93
(2,66)
19,45 (2,54)
Gesamtaufwand 100,00 100,00 100,00 100,00
Für Höchstbetragsberechnung gem. § 10 Abs. 3 EStG anzusetzender Arbeitgeberanteil 177,71 486,76 96,68 80,55

Anwendungsbeispiel:
Der ledige Arbeitnehmer A leistet für das Jahr 2014 in Belgien einen Globalbeitrag i. H. v. 1.000 Euro.

Lösung:
A kann an Vorsorgeaufwendungen geltend machen:

  • Altersvorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i. H. v. 494,80 Euro (= 49,48 % von 1.000 Euro),
  • Beiträge zur Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherung i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und Buchst. b EStG i. H. v. 411,50 Euro (= 41,15 % von 1.000 Euro),
  • Beiträge für sonstige Vorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG i. H. v. 93,70 Euro (= 9,37 % von 1.000 Euro, darin enthalten 15,60 Euro = 1,56 % von 1.000 Euro für Krankengeld und 78,10 Euro = 7,81 % von 1.000 Euro für die weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen).

Im Rahmen der Höchstbetragsberechnung gemäß § 10 Abs. 3 EStG ist ein Arbeitgeberanteil i. H. v. 937,70 Euro (= 93,77 % von 1.000 Euro) anzusetzen.

Eine entsprechende Aufteilung ist hinsichtlich der Altersvorsorgeaufwendungen auch bei der Ausstellung von Lohnsteuerbescheinigungen und Besonderen Lohnsteuerbescheinigungen durch den Arbeitgeber ab 2014 vorzunehmen (s. Abschnitt I Tz. 13 Buchstabe a des BMF-Schreibens vom 28. August 2013, BStBl I Seite 1132).

Die Tabellen sind für den Veranlagungszeitraum 2014 anzuwenden. Sie gelten für den gesamten Veranlagungszeitraum.

Die Aufteilung von Globalbeiträgen, die an Sozialversicherungsträger in Ländern außerhalb Europas geleistet werden, ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen.

Das Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Fehlende Buchwertübertragung v. Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gleichheitswidrig?

Mit Beschluss vom 10. April 2013 I R 80/12 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil hiernach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist.

Nach § 6 Abs. 5 EStG ist bei der Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen der sog. Buchwert des Wirtschaftsguts anzusetzen, wenn das Wirtschaftsgut

  • von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen,
  • aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie
  • zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften

überführt wird. Wird ein Wirtschaftsgut von dem Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Betriebsvermögen einer beteiligungsidentischen anderen Mitunternehmerschaft überführt, sind hingegen die stillen Reserven des Wirtschaftsguts aufzudecken.

In der Fachdiskussion wird diese unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung vielfach beanstandet und teilweise als gleichheitswidrig angesehen. Auch innerhalb des BFH wird diese Auffassung vertreten. Dabei besteht Streit darüber, ob sich die eingeforderte Gleichbehandlung durch Gesetzesauslegung erreichen lässt. Der IV. Senat des BFH bejaht eine solche Möglichkeit, der I. Senat des BFH lehnt eine solche Möglichkeit ab.

Allseits wurde erwartet, dass dieser bereits als „Zoff im BFH“ bekannt gewordene Streit zu einer sog. Divergenzanrufung an den Großen Senat des BFH führen würde. Der I. Senat des BFH hat indessen einen anderen Weg eingeschlagen. Auch ihn überzeugen nunmehr die geltend gemachten Gleichheitsbedenken. Da er angesichts der entgegenstehenden gesetzlichen Regelung nach wie vor keine Möglichkeit sieht, diese Überzeugung mittels einer Gesetzesauslegung durchzusetzen, hat er deswegen die Verfassungsfrage durch Beschluss vom 10. April 2013 I R 80/12 dem BVerfG zur Normenkontrolle vorgelegt.

Dem zugrundeliegenden Sachverhalt nach ging es um eine Kommanditgesellschaft (KG), die im Streitjahr 2001 zwei mit einem Fabrik- und einem Verwaltungsgebäude bebaute Grundstücke an ihre beteiligungsidentische Schwestergesellschaft, ebenfalls eine KG, zu einem Kaufpreis in Höhe der Buchwerte von rund 6,9 Mio. DM veräußert hatte. Nach Ansicht des Finanzamts waren infolge der Grundstücksübertragung stille Reserven in Höhe von rund 1,6 Mio. DM aufzulösen. Dagegen wehrt sich die übertragende KG.

BFH, Pressemitteilung Nr. 69/13 vom 09.10.2013 zum Beschluss I R 80/12 vom 10.04.2013

 

BUNDESFINANZHOF Entscheidung vom 10.4.2013, I R 80/12

BVerfG-Vorlage: Fehlende Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gleichheitswidrig?

Leitsätze

1. Die vom Gesetzgeber abschließend formulierte Regelung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes lässt eine Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zu (Bestätigung des Senatsurteils vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; entgegen BFH-Beschluss vom 15. April 2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971).

 

2. Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als hiernach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist.

Tatbestand

1
A. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, auf welche eine GmbH & Co. KG (F1-KG) ihr Vermögen im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme unter Auflösung ohne Abwicklung nach § 3 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes 1995 übertragen hatte; die Verschmelzung erfolgte durch Vertrag vom 27. August 2001, dem Streitjahr, rückwirkend zum 1. Januar 2001. Bereits durch Vertrag vom 24. August 2001 hatte die F1-KG –ebenfalls mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2001– zwei mit einem Fabrik- und einem Verwaltungsgebäude bebaute Grundstücke an ihre beteiligungsidentische Schwestergesellschaft (F2-KG) zu einem Kaufpreis in Höhe des Buchwerts von 6.691.604 DM veräußert. Die Klägerin beanspruchte in diesem Zusammenhang die Übertragung einer von ihr in Höhe von 1.565.000 DM gebildeten sog. Reinvestitionsrücklage nach Maßgabe von § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997), für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 1999.
2
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) folgte dem nicht. Zum einen erfordere eine derartige Rücklagenübertragung nach § 6b EStG 1997 nicht eine gesellschafter-, sondern eine gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise, was die Übertragung hier scheitern lasse. Zum anderen sei eine Buchwertfortführung nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) –EStG 1997 n.F.– ausgeschlossen; es fehle insoweit am Tatbestand. Es seien daher stille Reserven in Höhe von 945.000 DM sowie von 620.000 DM aufzulösen und der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns zu unterwerfen. Mit ihrer Klage gegen die hiernach geänderten Steuerbescheide beantragte die Klägerin, die angefochtenen Steuerbescheide aufzuheben, hilfsweise, eine Rücklage nach § 6b EStG 1997 in Höhe von 1.565.000 DM zu bilden. Die Klage war mit dem Hauptantrag erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg gab ihr durch Urteil vom 19. Juli 2012  13 K 1988/09 statt; das Urteil ist in Betriebs-Berater (BB) 2012, 369 abgedruckt.
3
Das FA stützt seine Revision auf die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
4
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5
B. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) –BVerfGG– geboten, weil zur Überzeugung des Senats die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, soweit Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich sind (sog. gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss).
6
I. Rechtsentwicklung der maßgebenden Bestimmungen
7
1. Obwohl das Einkommensteuerrecht vor 1999 die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht ausdrücklich zum Buchwert ermöglichte, wurde dies von der Rechtsprechung zugelassen. Ebenso wie die Einbringung aus einem Einzel- oder Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen unter Fortführung des Buchwerts erfolgen konnte (Senatsurteil vom 15. Juli 1976 I R 17/74, BFHE 119, 285, BStBl II 1976, 748; Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 20. Dezember 1977, BStBl I 1978, 8 –sog. Mitunternehmer-Erlass–, Rz 57, 62), ließ die Rechtsprechung auch die Buchwertübertragung zwischen Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften zu (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 6. September 2000 IV R 18/99, BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229; Senatsurteil vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; so bereits zuvor Korn, Kölner Steuerdialog –KÖSDI– 1997, 11219, 11223; Pensel/Hild, Der Betrieb –DB– 1985, 1710, 1712; Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 15 Rz 683; a.A. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., S. 461). Nach Auffassung des BFH war eine als Kauf gestaltete Übertragung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil zu zerlegen. Aus dem entgeltlichen Teil ergab sich kein Gewinn, soweit der Kaufpreis dem Buchwert entsprach. Die stillen Reserven wurden demgegenüber unentgeltlich in die Schwesterpersonengesellschaft eingebracht (BFH-Urteil in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229), so dass sie insoweit steuerverstrickt blieben.
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Eine mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1997) zu bewertende Entnahme hinsichtlich des unentgeltlichen Teils vermied der BFH (in dem Urteil in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229 unausgesprochen) mit einer teleologischen Reduktion des Begriffs der Entnahme. Hierunter fallen alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997). Da Zweck der Entnahmen im System der Einkommensteuer die Gewährleistung einer steuerlichen Erfassung der stillen Reserven sei (BFH-Beschluss vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168; BFH-Urteile vom 16. März 1967 IV 72/65, BFHE 88, 129, BStBl III 1967, 318; vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381), sollte eine Entnahme nach dem sog. finalen Entnahmebegriff nicht vorliegen, solange die Realisierung der im Bilanzansatz des jeweiligen Wirtschaftsguts vorhandenen stillen Reserven gesichert blieb (BFH-Urteil vom 25. Juni 2003 X R 72/98, BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403). Dies war nach Auffassung der Rechtsprechung der Fall, solange sich das Wirtschaftsgut in einem betrieblichen Vermögen des Steuerpflichtigen befand; auf die konkrete wirtschaftliche Einheit sollte es nicht ankommen (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168).
9
2. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) vollzog der Gesetzgeber eine Kehrtwende. Für Fälle der Überführung von Wirtschaftsgütern innerhalb der Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bzw. Mitunternehmers sieht der Gesetzgeber seitdem zwingend eine Buchwertfortführung vor (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997). Dies gilt auch für die Überführung aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie für die Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften (§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG 1997). Nicht möglich war indes eine Buchwertfortführung bei Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, bei der Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen bei derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie bei der Übertragung zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft; in diesen Fällen war bei der Übertragung der Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002). Hierbei bestand die Absicht des Gesetzgebers darin, die durch den Mitunternehmer-Erlass bestehenden Spielräume abzuschaffen und die bisher bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung einzuschränken (BTDrucks 14/23, S. 172).
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Aus der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 3 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 wurde in der Literatur zutreffend der Schluss gezogen, eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zum Buchwert sei nicht mehr möglich. Vielmehr waren die gesetzlichen Regelungen abschließend (so Brandenberg, Finanz-Rundschau –FR– 2000, 1182, 1187; Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599, 2602; Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, Steuersenkungsgesetz, § 6 EStG Rz R 139; a.A. Düll/Fuhrmann/Eberhard, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2000, 1713, 1715). Aufgrund der gesetzgeberischen Differenzierung zwischen der Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen und der Übertragung von Wirtschaftsgütern mit Rechtsträgerwechsel, durch die der Personengesellschaft insoweit eine begrenzte Steuersubjektqualität zugebilligt wurde, konnte nicht mehr vertreten werden, die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften sei zu Buchwerten möglich (so aber Wendt, FR 2002, 53, 64).
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3. Auch § 6 Abs. 5 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) ließ keine Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu (Brandenberg, FR 2000, 1182, 1187; Kloster/Kloster, GmbH-Rundschau –GmbHR– 2000, 1129, 1133). Während § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG 1997 unverändert blieb, erstreckte der geänderte § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes die Möglichkeit der Buchwertübertragung lediglich auf die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen bei derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie die Übertragung zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer.
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Für möglich gehalten wurde eine Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften von Teilen der Literatur allein im Wege einer Ausweichgestaltung (Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599, 2602; Kemper/Konold, DStR 2000, 2119, 2120 f.; Korn in Hörmann/ Jüptner/Kobor/Zugmaier, Brennpunkte des Steuerrechts, Festschrift für Wolfgang Jakob, 2001, 157, 172; s. auch Brandenberg, FR 2000, 1182, 1187; anders derselbe, Die Steuerberatung –Stbg– 2004, 65, 71): Zunächst sollten die betreffenden Wirtschaftsgüter in das Sonderbetriebsvermögen der Ausgangs-Personengesellschaft übertragen werden. In einem zweiten Schritt sollten die Wirtschaftsgüter in das Sonderbetriebsvermögen der beteiligungsidentischen Ziel-Schwesterpersonengesellschaft überführt und anschließend unentgeltlich in das Betriebsvermögen der Ziel-Schwesterpersonengesellschaft übertragen werden.
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4. Das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz ändert an dieser Rechtslage nichts. Der Gesetzgeber hat hierdurch lediglich § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 dahingehend geändert, dass § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 entsprechend gilt, soweit ein Wirtschaftsgut (1) unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, (2) unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt oder (3) unentgeltlich zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft übertragen wird. Der Antrag des Landes Baden-Württemberg, durch § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG 1997 n.F. eine Buchwertübertragung zudem in den Fällen zuzulassen, in denen ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der dieselben Mitunternehmer beteiligt sind (BRDrucks 638/3/01, S. 2), wurde zurückgezogen, obwohl sich die vom Vermittlungsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe auf die Umsetzung dieses Änderungsantrags bereits geeinigt hatte (Schmitt/Franz, Die Unternehmensbesteuerung –Ubg– 2012, 395, 398). Ebenso erhielt der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die Möglichkeit zu eröffnen, Einzelwirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft zum Buchwert zu übertragen, wenn an beiden Mitunternehmerschaften dieselben Personen als Mitunternehmer beteiligt sind, ohne nähere Begründung im Finanzausschuss keine Mehrheit (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses –7. Ausschuss–, BTDrucks 14/7343, S. 3).
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II. Einfachgesetzliche Rechtslage
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Ausgehend von der im Streitjahr 2001 geltenden einfachgesetzlichen Rechtslage ist die Revision begründet. Entgegen der Auffassung des FG ist der Grundstücksverkauf nicht der Klägerin selbst zuzurechnen. Vielmehr ist das FA zu Recht davon ausgegangen, dass der Veräußerungsvorgang noch der F1-KG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, zuzurechnen ist, und dass die Übertragung nicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. zu Buchwerten erfolgen durfte.
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1. Der Verkauf der Grundstücke ist nicht der Klägerin, sondern der F1-KG zuzurechnen.
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a) Das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft sind auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, der höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister liegen darf, auf die Übernehmerin übergegangen wäre (§ 20 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 8 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes –UmwStG 1995–). Von diesem Zeitpunkt an wechselt die Besteuerung des übergehenden Vermögens von dem übertragenden Rechtsträger auf die Übernehmerin. Entsprechend werden auch die Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum steuerlich dem übernehmenden Rechtsträger zugeordnet. Alle nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag anfallenden Vorgänge mit Auswirkungen auf Einkommen und Vermögen, die sich bei dem handelsrechtlich bis zur Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister unverändert fortbestehenden übertragenden Rechtsträger ereignen, sind steuerlich der Übernehmerin zuzuordnen (einhellige Meinung, vgl. z.B. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 20 Rz 228; Menner in Haritz/ Menner, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., § 20 Rz 631; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 6. Aufl., § 20 UmwStG Rz 240). Diese Grundsätze gelten jedoch nicht hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen (§ 20 Abs. 7 Satz 2 UmwStG 1995).
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b) Im Streitfall stellt der Kaufvertrag zwar einen vermögensrelevanten Vorgang dar, der gemäß § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG 1995 grundsätzlich der übernehmenden Gesellschaft, also der Klägerin, zuzurechnen ist. Eine Zurechnung scheidet vorliegend gleichwohl deshalb aus, weil der Veräußerung des Grundstücks eine Entnahme vorausgegangen ist. Denn trotz vorhandener stiller Reserven veräußerte die F1-KG die Grundstücke mit den aufstehenden Fabrik- und Verwaltungsgebäuden lediglich zum Buchwert.
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Werden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ohne angemessene Gegenleistung in das Betriebsvermögen einer anderen Personengesellschaft übertragen, an der die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft ebenfalls beteiligt sind, so geht dieser Übertragung eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997 voraus (Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Groh, DB 2002, 1904, 1905; Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599, 2602; Reiß, Steuerberater-Jahrbuch 2001/2002, 281, 311; Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 1059).
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Gegen das Vorliegen einer Entnahme in diesen Fällen spricht nicht deren Zweck, eine Besteuerung der stillen Reserven zu gewährleisten (vgl. BFH-Urteile vom 17. August 1972 IV R 26/69, BFHE 107, 27, BStBl II 1972, 903; vom 25. Juli 2000 VIII R 46/99, BFHE 192, 516; BFH-Beschluss in BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168, m.w.N.; Senatsurteil vom 16. Februar 1996 I R 183/94, BFHE 180, 97, BStBl II 1996, 342). Diese mag bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht gefährdet sein. Durch die Übertragung wird jedoch der Konnex des Wirtschaftsguts zur konkreten Einkunftsquelle „Betrieb“ gelöst und das Wirtschaftsgut damit betriebsfremden Zwecken zugeführt, was eine außerbilanzielle Korrektur bei der übertragenden Gesellschaft erforderlich macht (Seiler in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 4 Rz B 113). Durch § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die Personengesellschaft für den Zweck der Gewinnermittlung als eigenständiges Steuersubjekt begreift (Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Brandenberg, Stbg 2004, 65, 70; Gosch, DStR 2010, 1173, 1175) und für das Vorliegen einer Entnahme nicht allein darauf abstellt, ob die Besteuerung der stillen Reserven gewährleistet ist.
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2. Durch die teilentgeltliche Veräußerung der Grundstücke an die F2-KG hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F1-KG einen Entnahmegewinn in Höhe der in den Gebäuden ruhenden stillen Reserven in Höhe von 1.565.000 DM erzielt.
22
Soweit das Entgelt hinter dem Teilwert der Grundstücke zurückbleibt, ist die Übertragung unentgeltlich durchgeführt worden und hat zu einem Entnahmegewinn geführt. Die Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997 wird nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 1997 mit dem Teilwert bewertet bzw. bei einer den Teilwert nicht erreichenden Gegenleistung mit der Differenz zwischen der Gegenleistung und dem Teilwert (BFH-Urteile vom 21. Juni 2012 IV R 1/08, BFHE 237, 503; vom 19. September 2012 IV R 11/12, BFHE 239, 76; Prinz/Hütig, DB 2012, 2597, 2600 f.; Wendt, BFH/PR 2012, 299, 300; derselbe, BFH/PR 2012, 387; Wittwer, DStR 2012, 1503).
23
Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 1997 sei nicht anwendbar, weil der Gesetzgeber des Steuersenkungsgesetzes zu der Rechtslage vor dem 1. Januar 1999 habe zurückkehren wollen, so dass die Rechtsprechung des BFH zur Möglichkeit einer Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zu Buchwerten (BFH-Urteil in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229; s. bereits unter B.I.1.) Anwendung finde (in diesem Sinne aber Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 15 Rz 388). Dieser Auffassung kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Gesetzgeber mit dem Steuersenkungsgesetz die Rechtslage vor dem 1. Januar 1999 nur in modifizierter Form wieder hergestellt hat. Darüber hinaus lässt § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. erkennen, dass der Gesetzgeber nicht zu der finalen Entnahmelehre zurückkehren wollte, die bis zum 1. Januar 1999 den Grund darstellte, auch bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften eine Entnahme verneinen zu können. § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. kann vielmehr der Grundsatz entnommen werden, dass eine Überführung oder eine Übertragung von Wirtschaftsgütern tatbestandlich stets zu einer Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997 führt (vgl. Brandenberg, Stbg 2004, 65, 70). Die Vorschrift stellt eine Bewertungsvorschrift dar, die als speziellere Norm § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1997 vorgeht und in den benannten Fällen ausnahmsweise eine Fortführung der Buchwerte zulässt (BFH-Urteile in BFHE 237, 503; in BFHE 239, 76; s. auch Gosch, DStR 2010, 1173, 1175; Wehrheim/ Nickel, BB 2006, 1361, 1363 f.).
24
3. Eine Übertragung zu Buchwerten unter Vermeidung der Aufdeckung der stillen Reserven ist im Streitfall auch nicht gemäß § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. erfolgt. Es liegt weder ein Fall der Überführung von Einzelwirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 noch ein Fall der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern mit Rechtsträgerwechsel nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. vor. Auch analog sind diese Bestimmungen im Streitfall nicht anwendbar.
25
a) Eine Überführung von Einzelwirtschaftsgütern zum Buchwert gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 scheidet aus, weil nicht ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt worden ist (a.A. Groh, DB 2002, 1904, 1906; Niehus, FR 2005, 278, 279). Vielmehr liegt ein Übertragungsvorgang vor, der nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. zu Buchwerten möglich ist (so auch Gosch, DStR 2010, 1173, 1175; Schmitt/Franz, Ubg 2012, 395, 398; Wendt, FR 2002, 53, 64). Wenn ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen einer Personengesellschaft entnommen und in das Betriebsvermögen einer anderen Personengesellschaft eingelegt wird, liegt stets ein Rechtsträgerwechsel und damit eine Übertragung vor (Wißborn, Neue Wirtschafts-Briefe –NWB– 2010, 4275, 4276 f.). Die in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG 1997 n.F. getroffene Unterscheidung zwischen dem „Betriebsvermögen des Mitunternehmers“ und dem „Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft“ verdeutlicht, dass der Gesetzgeber die Mitunternehmerschaft als selbständiges Steuersubjekt mit einem eigenen –von den Betriebsvermögen der Mitunternehmer zu unterscheidenden– Betriebsvermögen versteht (Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471).
26
b) Ebenso wenig wird der vorliegende Fall vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. erfasst (vgl. Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 20. März 2012  11 K 11149/07, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2012, 1235; Brandenberg, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 2002, 551, 555; Fichtelmann, Der Ertragsteuerberater –EStB– 2002, 184, 185; Gosch, DStR 2010, 1173 ff.; Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 6. Aufl., S. 214; Wendt, EStB 2002, 137, 138; a.A. Ley, DStR 2011, 1208, 1210 f.). Die Vorschrift betrifft nicht den Fall der Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft (so bereits Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471).
27
c) Die Übertragung der Grundstücke konnte auch nicht analog § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 steuerneutral zu Buchwerten erfolgen (so aber BFH-Beschluss vom 15. April 2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971; Niedersächsisches FG, Urteil vom 31. Mai 2012  1 K 271/10, EFG 2012, 2106; Bernütz/ Loll, DB 2013, 665, 667; Bode, DB 2010, 1156, 1157; Hoffmann, GmbHR 2002, 125, 131; Kanzler, FR 2010, 761, 762; Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 1447e; Wendt, FR 2010, 386, 387; Wacker, NWB 2010, 2382, 2388; derselbe in Habersack/ Hommelhoff, Festschrift für Wulf Goette, 2011, 561, 574; Wittwer, DStR 2010, 1072; ähnlich M. Fischer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2012/2013, 430, 436). Insoweit fehlt es an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
28
Eine planwidrige Regelungslücke besteht nur, wo das Gesetz, gemessen an seinem eigenen Ziel und Zweck, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und eine Ergänzung nicht einer dem Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1997 IX R 29/95, BFHE 184, 466, BStBl II 1998, 142; Senatsurteil vom 21. Oktober 1999 I R 66/98, BFHE 190, 390, BStBl II 2000, 288; Senatsbeschluss vom 13. Mai 2013 I R 39/11, BFH/NV 2013, 1284, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
29
Die Fälle einer Buchwertübertragung sind nach dem Willen des Gesetzgebers in § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. abschließend geregelt (so auch Gosch, DStR 2010, 1173, 1175; Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 6 Rz L 66; insoweit zustimmend Wendt, FR 2002, 53, 64). Im Gesetzgebungsverfahren ist mehrmals diskutiert worden, ob eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu Buchwerten möglich sein soll (BRDrucks 638/3/01, S. 2; Beschlussempfehlung des Finanzausschusses –7. Ausschuss–, BTDrucks 14/7343, S. 3); der Gesetzgeber hat gleichwohl eine solche Bestimmung nicht in § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. aufgenommen. Vielmehr hat er durch die ausdifferenzierte Ausgestaltung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. zu erkennen gegeben, dass er die Fälle, in denen eine Buchwertfortführung möglich sein soll, abschließend regeln wollte (Gosch, DStR 2010, 1173, 1175). Darüber hinaus kann der Systematik des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. entnommen werden, dass § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 n.F. allein die Fälle einer Überführung von Wirtschaftsgütern (zwischen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen), nicht aber Fälle einer Übertragung von Wirtschaftsgütern (mit Rechtsträgerwechsel) erfassen soll. Die Fälle, in denen eine Übertragung zu Buchwerten möglich sein soll, regelt systematisch allein § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. (ähnlich auch Wißborn, NWB 2010, 4275, 4277).
30
d) § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. ist ebenso wenig analog mit der Folge anwendbar, dass eine Übertragung der Grundstücke zu Buchwerten erfolgen konnte (so bereits Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Brandenberg, FR 2010, 731, 734; derselbe, NWB 2010, 2699, 2708; Strahl, KÖSDI 2003, 13918, 13926; Suchanek, GmbHR 2010, 322, 323; a.A. Schmidt/Kulosa, EStG, 32. Aufl., § 6 Rz 702).
31
Auch hier fehlt es an der planwidrigen Regelungslücke, weil im Gesetzgebungsverfahren die Frage einer Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu Buchwerten mehrmals diskutiert worden ist und das Land Baden-Württemberg in seinem Antrag sogar einen entsprechenden Vorschlag in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG 1997 n.F. ausformuliert (BRDrucks 638/3/01, S. 2), der Gesetzgeber aber gleichwohl keine entsprechende Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. aufgenommen hat.
32
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber den Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. bewusst abschließend formuliert hat (a.A. Bernütz/Loll, DB 2013, 665, 667; Wacker, NWB 2010, 2382, 2388; derselbe in Habersack/Hommelhoff, a.a.O., S. 561, 574). § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 gilt (mit der Folge der Buchwertfortführung) entsprechend, „soweit“ einer der drei enumerativ bezeichneten Fälle vorliegt. Durch die Verwendung der Konjunktion „soweit“, der nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Bedeutung von „in dem Maße, wie“ zukommt (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., 1989, S. 1421), hat der Gesetzgeber hinreichend deutlich gemacht, dass eine Buchwertübertragung über die im Gesetz genannten Fälle hinaus nicht möglich sein soll.
33
III. Verfassungsrechtliche Beurteilung
34
Der Senat sieht in der fehlenden gesetzlichen Möglichkeit einer Buchwertfortführung bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellchaften einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
35
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa; BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, unter C.I.). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2009  1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, 199, unter B.I.1.; vom 21. Juli 2010  1 BvR 611/09, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, unter B.I.2.a; vom 7. Mai 2013  2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, DStR 2013, 1228, unter C.I.1.).
36
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, unter C.I.1.; vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.1.; vom 4. Februar 2009  1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1, unter C.II.1.a).
37
Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.2.; in BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa; in BVerfGE 123, 1, unter C.II.1.a). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 116, 164, unter C.I.2.; in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.2.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.a). Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 116, 164, unter C.I.2.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.a). Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung zudem folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, unter D.I.). Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa; in BVerfGE 126, 400, unter B.I.2.a).
38
2. Davon ausgehend ist der Senat der Überzeugung, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, soweit Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich sind. Der Gesetzgeber verletzt durch die geltende Regelung seine Verpflichtung zu einer folgerichtigen Ausrichtung des Einkommensteuerrechts an dem Prinzip einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit.
39
a) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist nur die in Geldwert vorhandene Ist-Leistungsfähigkeit (Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 167; vgl. auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl., S. 481, 497 f.). Hinsichtlich im Betriebsvermögen eingetretener Vermögensmehrungen wird die Ist-Leistungsfähigkeit nur gesteigert, soweit die Vermögensmehrungen tatsächlich realisiert worden sind, nicht aber dann, wenn es zu bloßen Wertsteigerungen des Vermögens gekommen ist (Knobbe-Keuk, a.a.O., S. 268, m.w.N.; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 12; Vogel, Steuer und Wirtschaft –StuW– 1974, 193, 199; V. Wendt, Das Verhältnis von Entnahme/Einlage zur Anschaffung/Veräußerung im Einkommensteuerrecht, 2003, S. 48 f.). Da der Steuerzugriff zu einem Liquiditätsentzug führt, kann eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur vorhanden sein, soweit eine entsprechende Liquidität vorliegt (Blumers/Elicker, BB 2009, 1156, 1157). Allein die Neueinschätzung eines Wirtschaftsguts durch potentielle Nachfrager verbessert demgegenüber allenfalls die Veräußerbarkeit des Guts und die Kreditfähigkeit des Eigentümers, vermehrt das wirtschaftliche Handlungsvermögen des Eigentümers im Übrigen aber erst bei Dispositionen über sein Eigentum (Kirchhof in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 2 Rz A 98).
40
In Einklang mit dieser Prämisse ist für die einkommensteuerrechtliche Gewinnermittlung nicht der tatsächliche Zeitwert des Wirtschaftsguts maßgebend. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG 1997 werden die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens solange mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet, als sie sich im Betriebsvermögen befinden; Wertsteigerungen werden in Form von stillen Reserven konserviert und wirken sich nicht gewinnwirksam aus (statt aller V. Wendt, a.a.O., S. 49 f.). Sie wirken sich erst dann gewinnerhöhend aus, wenn das betreffende Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Dies kann durch Übertragung auf einen anderen Rechtsträger (Veräußerung, Betriebsveräußerung) oder durch eine endgültige Lösung des betrieblichen Zusammenhangs im Wege der Entnahme oder Betriebsaufgabe erfolgen (Bode in Kirchhof, a.a.O., § 4 Rz 31; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 50).
41
Aber auch wenn das Wirtschaftsgut das konkrete Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen verlässt, dürfen nach dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die stillen Reserven ausnahmsweise dann nicht besteuert werden, wenn durch das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen die Liquidität des Steuerpflichtigen nicht erhöht wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut von einem in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird. Der Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit ist im Einkommensteuerrecht untrennbar mit dem Grundsatz der Individualbesteuerung verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 2004 X R 34/03, BFHE 207, 120, BStBl II 2005, 378; BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608). Die Einkommensteuer ist eine Personensteuer; sie erfasst die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Person (BVerfG-Beschluss vom 3. November 1982  1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80, BVerfGE 61, 319, BStBl II 1982, 717, unter C.I.2.; BVerfG-Beschluss vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.III.3.a; BFH-Beschlüsse vom 10. April 2003 XI R 54/99, BFHE 202, 284, BStBl II 2004, 400; in BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608), die sich aus mehreren unternehmerischen Tätigkeiten einer konkreten Person und damit durch den Einsatz verschiedener Betriebsvermögen ergeben kann. Folgerichtig hat der Gesetzgeber deshalb eine Buchwertfortführung für den Fall vorgesehen, dass ein Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997). Von den prinzipiellen Grundentscheidungen des Gesetzgebers ausgehend ist es ebenso konsequent, die Buchwertfortführung für den Fall anzuordnen, dass ein Wirtschaftsgut aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in sein Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften überführt wird (§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG 1997).
42
b) Indem der Gesetzgeber in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. nicht auch die Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen den Betriebsvermögen beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften zugelassen hat, hat er seine grundlegende Systementscheidung einer Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durchbrochen (vgl. auch Leisner-Egensperger, DStZ 2010, 900, 904; Wendt, FR 2010, 386, 387). Der Fall ist wesentlich gleich mit dem in § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 geregelten Fall der Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, die folgerichtig zu Buchwerten möglich ist. Der einzige Unterschied besteht in dem Zusammenschluss mehrerer natürlicher Personen zwecks gemeinsamer Einkünfteerzielung. Dieser Unterschied spielt aber hinsichtlich der Frage, ob die gesetzgeberische Grundentscheidung auch in diesem Fall eine Buchwertübertragung gebietet, keine Rolle. Denn die bei Ausscheiden eines Wirtschaftsguts erzielten Gewinne werden den Gesellschaftern vor und nach der Übertragung in gleicher Weise anteilig zugerechnet, so dass die Besteuerung der stillen Reserven durch die Übertragung nicht gefährdet wird (insoweit auch Bareis, FR 2011, 153, 163; Bode, DB 2010, 1156; Wacker, NWB 2010, 2382, 2388; Wendt, FR 2010, 386, 387; derselbe, 62. HLBS Steuerfachtagung, Berlin 2011, S. 35, 56).
43
c) Eine Rechtfertigung für die Durchbrechung des Prinzips der Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist für den Senat nicht erkennbar.
44
aa) Der Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes hat sich nicht dazu geäußert, warum er bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften eine Buchwertfortführung nicht zugelassen hat, obwohl es hierdurch weder zu einer gesteigerten Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gekommen ist und auch nicht die Gefahr einer späteren unbemerkten Entstrickung erhöht wird (so bereits BFH-Beschluss in BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971). Der Antrag einer entsprechenden Ergänzung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. durch das Land Baden-Württemberg ist ohne Begründung zurückgenommen worden. Ebenso ist ein entsprechender Vorschlag ohne weitere Begründung durch den Finanzausschuss abgelehnt worden (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses –7. Ausschuss–, BTDrucks 14/7343, S. 3).
45
bb) Soweit in der Literatur als Grund für die fehlende Zulässigkeit einer Übertragung zwischen dem Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften angegeben wird, anderenfalls werde das Entstehen von Objektgesellschaften begünstigt, die eine Veräußerung der Wirtschaftsgüter zuließen, die nicht nur gewerbesteuerfrei, sondern auch nach §§ 16, 34 EStG 1997 begünstigt seien (Brandenberg, DStZ 2002, 551, 555; Niehus, StuW 2008, 359, 368; Niehus/Wilke, a.a.O., S. 215; von einem „Missbrauchspotential“ ausgehend auch Dornheim, Ubg 2012, 618, 622), ist nicht zu ersehen, dass dies tatsächlich der Grund gewesen sein könnte, der den Gesetzgeber zu der Ungleichbehandlung veranlasst hat. Im Übrigen würde dieser Grund die mangelnde Folgerichtigkeit des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. nicht rechtfertigen. Denn damit würden die verfassungsrechtlichen Grenzen einer zulässigen Typisierung überschritten.
46
Eine gesetzliche Typisierung darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 224, unter D.I.; vom 6. April 2011  1 BvR 1765/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2011, 812, unter IV.2.a). Zudem muss sich die Typisierung am allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen (BVerfG-Beschluss vom 4. April 2001  2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310, unter B.I.2.b; Senatsbeschluss vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611). Die ungleichen Rechtsfolgen dürfen nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Personen treffen, und die Nachteile dürfen nicht zu schwer wiegen (BVerfG-Beschlüsse vom 30. Mai 1990  1 BvL 2/83, BVerfGE 82, 126, unter C.I.4.f; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, unter C.I.2.; Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art. 3 Rz 33).
47
Der Senat erkennt nicht, dass sich der Gesetzgeber –ausgehend von dem in der Literatur unterstellten typisierenden Missbrauchsverdacht– bei seinem Regelungsverzicht realitätsgerecht am typischen Fall orientiert hätte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften typischerweise nicht mit dem unternehmerisch legitimen Zweck einer Umstrukturierung, sondern mit dem Ziel unternommen würde, missbräuchlich Steuervorteile zu erlangen.
48
Der Begünstigungsausschluss wäre darüber hinaus nicht verhältnismäßig. Der auf einer Missbrauchstypisierung basierende Regelungsverzicht ist nicht erforderlich. Als gleich geeignetes milderes Mittel könnten die konkreten Gestaltungen von Steuerpflichtigen auf das Vorliegen eines Missbrauchs i.S. des § 42 der Abgabenordnung hin untersucht werden (ähnlich Niehus, StuW 2008, 359, 368).
49
cc) Der Begünstigungsausschluss ist ausgehend von der Systematik des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. umso weniger nachvollziehbar, als der Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes durch § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. Buchwertübertragungen sogar in Fällen eines Rechtsträgerwechsels zulässt, in denen mit anderen Worten stille Reserven interpersonal verlagert werden (hierauf hinweisend bereits BFH-Beschluss in BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971; Niehus, FR 2005, 278, 279).
50
3. Eine die Verfassungswidrigkeit vermeidende verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. ist nicht möglich.
51
Die verfassungskonforme Gesetzesauslegung gebietet es, bei mehreren Möglichkeiten der Normauslegung diejenige maßgeblich sein zu lassen, bei der die Regelung mit der Verfassung konform geht. Der Grundsatz verbindet somit die Normtextauslegung mit einer Normenkontrolle (Müller/Christensen, Juristische Methodik, Band I, 10. Aufl., Rz 100) und findet als Auslegungskriterium seine Grenze dort, wo er mit dem Wortlaut der Norm und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes in Widerspruch treten würde (BVerfG-Beschlüsse vom 27. März 2012  2 BvR 2258/09, BVerfGE 130, 372, unter B.II.1.c aa; in DStR 2013, 1228, unter D.I.). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Vorschrift nicht grundlegend neu bestimmt und das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlihen Punkt verfehlt werden (BVerfG-Beschluss vom 26. April 1994  1 BvR 1299/89, 1 BvL 6/90, BVerfGE 90, 263, unter C.II.).
52
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. scheitert im Streitfall daran, dass ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss vorliegt und der Fall der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zum Buchwert damit keine –ausgehend vom Wortlaut und dem Willen des historischen Gesetzgebers– mögliche Auslegungsvariante ist. Wie bereits erläutert wurde, hat der Gesetzgeber durch die Systematik des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass er die Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert bei Rechtsträgerwechsel allein von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. erfasst wissen wollte, der indes –seinem Wortlaut und dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des historischen Gesetzgebers– einen abschließenden Katalog enthält, in dem die Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften nicht geregelt wird.
53
IV. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
54
Für die Entscheidung des vorlegenden Senats kommt es auf die Gültigkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. an (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Abhängig von der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. kommt es zu einer unterschiedlichen Entscheidung über die Revision des FA.
55
1. Ist die Vorschrift verfassungskonform, so ist die Revision begründet. Das angefochtene FG-Urteil wäre aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
56
In diesem Fall ist das FA zu Recht davon ausgegangen, dass eine Übertragung der Grundstücke von der F1-KG auf die F2-KG nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. steuerneutral zu Buchwerten möglich war. Dem FG wäre aber durch eine Aufhebung seines Urteils und die Zurückverweisung Gelegenheit zur Aufklärung zu geben, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Bildung einer Reinvestitionsrücklage gemäß § 6b EStG 1997 vorliegen. Insoweit kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das FG bislang keinen Anlass hatte, die hierfür erforderlichen Feststellungen zu treffen. Die Klage war nach Auffassung des FG bereits hinsichtlich des Hauptantrags begründet.
57
2. Ist § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. hingegen wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG mit der Verfassung unvereinbar (zur regelmäßigen Rechtsfolge der Unvereinbarkeit in den Fällen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz s. BVerfG-Urteil vom 19. Februar 2013  1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09, Neue Juristische Wochenschrift 2013, 847, unter C.I.; BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.III.3.; vom 6. Juli 2004  1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176, unter C.I.; vom 7. Februar 2012  1 BvL 14/07, BVerfGE 130, 240, unter C.I.), müsste der vorlegende Senat das Verfahren grundsätzlich bis zu einer Neuregelung des Gesetzgebers gemäß § 74 FGO aussetzen. Auch dies wäre eine andere Entscheidung als im Falle der Gültigkeit des Gesetzes (vgl. hierzu BVerfG-Urteil vom 13. Dezember 1983  2 BvL 13/82, 2 BvL 14/82, 2 BvL 15/82, BVerfGE 66, 1, unter B.1.; BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter B.I.; in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter B.I.1.).
58
Dabei kann es für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage keine Rolle spielen, dass im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das BVerfG gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (BVerfG-Beschlüsse vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, unter C.III.3.d; in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter B.I.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens –wie im Streitfall– die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

 

Verknüpftes Dokument, siehe auch:  Pressemitteilung Nr. 69/13 vom 9.10.2013

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Teilnahme an Betriebsveranstaltung als steuerpflichtiger Lohn

In zwei neuen Entscheidungen (Urteile vom 16.05.2013 VI R 94/10 und VI R 7/11) hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zu der Frage fortentwickelt, unter welchen Voraussetzungen die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen bei Arbeitnehmern zu einem steuerbaren Lohnzufluss führt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Zuwendungen eines Arbeitgebers anlässlich einer Betriebsveranstaltung erst bei Überschreiten einer Freigrenze (von 110 Euro/Person) als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Der Wert der den Arbeitnehmern zugewandten Leistungen kann anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Diese Kosten sind grundsätzlich zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen (s. BFH-Urteil vom 12.12.2012 VI R 79/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; PM vom 20.02.2013 Nr. 11/13).

2. Eine weitere Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn ist in diesen Fällen, dass die Teilnehmer durch die Leistungen objektiv bereichert sind. Dies hat der BFH nun durch Urteil vom 16.05.2013 (VI R 94/10) entschieden und seine bisher gegenteilige Rechtsprechung geändert. Zu einer objektiven Bereicherung führen dabei nur solche Leistungen, die von den teilnehmenden Arbeitnehmern unmittelbar konsumiert werden können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung betreffen (z. B. Mieten und Kosten für die Beauftragung eines Eventveranstalters) bereichern die Teilnehmer hingegen nicht und bleiben deshalb bei der Ermittlung der maßgeblichen Kosten unberücksichtigt.

Im Streitfall (VI R 94/10) hatte der Arbeitgeber anlässlich eines Firmenjubiläums seine Arbeitnehmer zu einer Veranstaltung in ein Fußballstadion eingeladen. Die Kosten hierfür betrafen vor allem Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Das Finanzamt (FA) hatte bei der Ermittlung der Freigrenze sämtliche Kosten berücksichtigt. Die Freigrenze war danach überschritten. Das Finanzgericht (FG) war dem gefolgt. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Zwar habe das FG die Freigrenze zu Recht mit 110 Euro bemessen. Die Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung hätten jedoch nicht berücksichtigt werden dürfen. Bleibe allein die Stadionmiete unberücksichtigt, sei die Freigrenze nicht überschritten.

3. In einem weiteren Urteil vom 16.05.2013 (VI R 7/11) hat der BFH entschieden, dass die Kosten der Veranstaltung nicht nur auf die Arbeitnehmer, sondern auf alle Teilnehmer (z. B. auch Familienangehörige) zu verteilen sind. Der danach auf Begleitpersonen entfallende Anteil der Kosten wird, so der BFH ebenfalls entgegen seiner früheren Auffassung, den Arbeitnehmern bei der Berechnung der Freigrenze auch nicht als eigener Vorteil zugerechnet.

In diesem Fall (VI R 7/11) hatten nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Familienangehörige und sonstige Begleitpersonen der Arbeitnehmer an einer Betriebsveranstaltung teilgenommen. Die Kosten der Veranstaltung beliefen sich nach den Feststellungen des FA auf ca. 68 Euro pro Teilnehmer. Da das FA die auf einen Familienangehörigen entfallenden Kosten dem Arbeitnehmer zurechnete, ergab sich in einzelnen Fällen eine Überschreitung der Freigrenze. Das FG hatte der Klage nur teilweise stattgegeben. Der BFH hat die Entscheidung des FG aufgehoben und der Klage insgesamt stattgegeben.

BFH, Pressemitteilung Nr. 68/13 vom 09.10.2013 zu den Urteilen VI R 94/10 und VI R 7/11 vom 16.05.2013

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.5.2013, VI R 94/10

Zuwendungen aus Anlass einer Betriebsveranstaltung als Arbeitslohn

Leitsätze

1. Zuwendungen eines Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung sind bei Überschreiten einer Freigrenze als Arbeitslohn zu beurteilen.

 

2. Der Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zugewandten Leistungen ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmen. Er kann anhand der Kosten geschätzt werden, die dem Arbeitgeber dafür erwachsen sind. In die Schätzungsgrundlage sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Das sind nur solche Leistungen, die die Teilnehmer unmittelbar konsumieren können.

 

3. Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung –insbesondere Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters– sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Abweichung vom Senatsurteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655).

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), inzwischen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, firmierte in den Streitjahren (2003 bis 2006) als A-AG. Die Firmen X, Y und Z sind Tochtergesellschaften der Klägerin.
2
Im Jahr 2005 feierte die Klägerin das 125-jährige Firmenjubiläum der gesamten Firmengruppe. Zur Feier des Firmenjubiläums fanden am 2. und am 4. September 2005 (Sonntag) Veranstaltungen im Fußballstadion in B statt. Zum Termin am 2. September 2005 waren 684 (lt. Einladungsliste) Gäste aus Wirtschaft und Politik geladen. Es handelte sich um ein sogenanntes „VIP-Event“.
3
Für den 4. September 2005 wurde hingegen die gesamte Belegschaft der Firmengruppe, insgesamt 20 604 Personen, zur Teilnahme aufgefordert. Bis zum 17. Juni 2005 ließen sich 18 589 Mitarbeiter als Teilnehmer registrieren.
4
Mit der Gesamtorganisation wurde ein Eventveranstalter, die C-GmbH, beauftragt. Von einer ursprünglich angedachten zusätzlichen Einladung aller Pensionäre der Firmengruppe war wegen des organisatorischen und logistischen Aufwandes Abstand genommen worden. Die Versammlungsgenehmigung wurde, noch ausgehend von einer Einladung der Pensionäre, für 26 809 Personen beantragt. Es standen Anreisekapazitäten für 23 129 Personen bereit (153 Busse, 9 Sonderzüge und 4 000 Parkplätze). Der Stadionmietvertrag wurde am 7. Juli 2005 für den Zeitraum vom 29. August bis zum 8. September 2005 abgeschlossen. Darin war für den Termin am 4. September 2005 von voraussichtlich ca. 15 000 teilnehmenden Personen die Rede.
5
Nach Auffassung der Klägerin beliefen sich die Kosten für die Veranstaltung am 4. September 2005 auf 1.812.822,51 EUR. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Kosten für Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Der Lohnsteueraußenprüfer des Finanzamts D ermittelte dagegen Kosten für die Veranstaltung am 4. September 2005 in Höhe von 2.095.235,04 EUR. Die Differenzen erklären sich vor allem durch die unterschiedliche Zuordnung und Aufteilung von Kosten zu den Veranstaltungen am 2. bzw. 4. September 2005.
6
Nach Auffassung des Lohnsteueraußenprüfers hat, ausgehend von einer (geschätzten) Teilnehmerzahl von 15 000 Personen, der Aufwand der Klägerin mehr als 110 EUR pro Person betragen. Damit sei die in R 72 Abs. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 2005 genannte Grenze, bis zu der von einer Annehmlichkeit und nicht von einem geldwerten Vorteil auszugehen sei, überschritten und eine Lohnversteuerung durchzuführen. Die Klägerin habe deshalb zusätzlich Lohn in Höhe von 1.990.052 EUR zu versteuern. Dies entspräche einem Anteil von 94,98 % der insgesamt durch die Veranstaltung am 4. September 2005 den Arbeitnehmern vermittelten Vorteile.
7
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) schloss sich der Meinung des Prüfers an und forderte im Bescheid vom 11. Dezember 2007 gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Lohnsteuer in Höhe von 497.513 EUR nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern nach.
8
Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) sind die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu bejahen. Bei der Jubiläumsfeier am 4. September 2005 habe es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung gehandelt. Die danach zu beachtende Freigrenze habe auch im Jahr 2005  110 EUR betragen. Die bei der Ermittlung der Freigrenze zugrunde zu legenden Gesamtkosten der Firmengruppe hätten sich auf 1.795.868 EUR belaufen. Die Teilnehmerzahl werde auf 15 000 bis 16 000 Personen geschätzt. Der Aufwand pro Teilnehmer habe daher 112,24 EUR betragen. Im Übrigen müsse der geldwerte Vorteil noch um die von der Klägerin verauslagten Reiseaufwendungen der Arbeitnehmer in Höhe von insgesamt 581.820 EUR erhöht werden. Das Gericht sehe sich jedoch verfahrensrechtlich an einer Verböserung gehindert.
9
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
10
Sie beantragt, das angefochtene Urteil und den angefochtenen Nachforderungsbescheid aufzuheben, soweit die Kosten des Firmenjubiläums im Streit sind.
11
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
12
Das Bundesministerium der Finanzen hat den Beitritt zum Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt. Es hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

13
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
14
1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind (Senatsurteil vom 30. April 2009 VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).
15
Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
16
2. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn sind nach § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen; dabei ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.
17
a) Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers zwar bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (Senatsurteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99; vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700, jeweils m.w.N.; s. auch Drenseck in Festschrift für Lang, Köln 2010, 477, 482; Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 19 Rz 55 ff.; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 19 Rz 64 ff.; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 225 ff.).
18
b) Nach ständiger Rechtsprechung können auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen. Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach sind bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 EUR die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10, BFHE 240, 44, m.w.N.).
19
c) Die Bewertung der Leistungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg ermittelt werden kann, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Rechtsprechung und Verwaltung (R 72 Abs. 4 LStR für die Streitjahre) beanstanden es jedoch grundsätzlich nicht, den Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die dem Arbeitgeber dafür seinerseits erwachsen sind. Denn es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Bestimmung beruft, muss er grundsätzlich konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Veranstaltung nicht entspricht (Senatsurteil in BFHE 240, 44, m.w.N.).
20
In die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Dem entsprechend hat der Senat Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, nicht als Lohn beurteilt und folglich auch nicht bei der Prüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen; so hat er etwa Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines Eventmanagers ausgenommen (Senatsurteil in BFHE 240, 44, m.w.N.). Dies gründet darin, dass Arbeitgeber, insbesondere, wenn sie mit mehreren Hundert Besuchern rechnen, häufig nicht in der Lage sind, selbst eine Betriebsveranstaltung auszurichten; sie müssen sich daher der Hilfe eines Eventmanagers bedienen, der diese gestaltet. Die Organisation einer Betriebsfeier durch ein fremdes Unternehmen erhöht zwar die Kosten des Arbeitgebers hierfür, nicht aber den Vorteil, der dem Arbeitnehmer zufließt und der allein Gegenstand der Einkommensbesteuerung ist.
21
Gleiches gilt im Grundsatz für Mietkosten. Ein Unternehmen, das eine übliche Betriebsfeier veranstaltet oder sein Firmenjubiläum mit den eigenen Arbeitnehmern und –wie die Klägerin im Streitfall– den Arbeitnehmern von Tochterunternehmen begeht, wird regelmäßig auf eigenem Firmengelände nicht über ausreichende Raumkapazitäten verfügen, sodass es eine Örtlichkeit mieten muss, in der sämtliche Arbeitnehmer Platz finden. Allein das Abhalten einer Betriebsveranstaltung in gemieteten statt in eigenen Räumen des Arbeitgebers begründet jedoch für sich betrachtet regelmäßig noch keinen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers. Nur wenn hierbei Leistungen an die Arbeitnehmer erbracht werden, die einen marktgängigen Wert haben, kann bei den Arbeitnehmern eine objektive Bereicherung und damit Arbeitslohn angenommen werden. Zu einer objektiven Bereicherung führen typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen, etwa Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang; sie bleiben daher bei der angesprochenen Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht.
22
Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 25. Mai 1992 VI R 85/90 (BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655) die Auffassung vertreten, dass auch Ausgaben für den „äußeren Rahmen“ von Betriebsveranstaltungen zu berücksichtigen seien (s. aber dagegen Senatsurteile vom 7. Juli 1961 VI 176/60 S, BFHE 73, 485, BStBl III 1961, 443; vom 26. August 1966 VI 248/65, BFHE 86, 783, BStBl III 1966, 659). Soweit dies jedoch so verstanden werden konnte, dass sämtliche Aufwendungen eines Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung im Rahmen der Gesamtkostenermittlung zu berücksichtigen und auf die teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegen seien, hält der Senat daran nicht mehr fest. Denn Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Leistung des Arbeitgebers einen unmittelbaren geldwerten Vorteil erlangt.
23
3. Die Entscheidung des FG entspricht diesen Grundsätzen nicht. Zwar hat die Vorinstanz die Freigrenze zu Recht mit 110 EUR bemessen (s. dazu Senatsentscheidung in BFHE 240, 44). Sie hat jedoch bei der Ermittlung der Gesamtkosten der Veranstaltung am 4. September 2005 zu Unrecht auch die Kosten des äußeren Rahmens (u.a. Eventveranstalter, Mietkosten) berücksichtigt.
24
Die Sache ist entscheidungsreif. Denn auf der Grundlage der Feststellungen des FG führt bereits die Nichtberücksichtigung der Stadionmiete in Höhe von 121.299,93 EUR zu einem Unterschreiten der Freigrenze:
25
Gesamtaufwand lt. FG
1.795.868,00 EUR
./. Stadionmiete
121.299,93 EUR
Verbleibender Gesamtaufwand
1.674.568,07 EUR
Dividiert durch die Teilnehmerzahl
16 000
Aufwand je Teilnehmer
104,66 EUR
26
Entgegen der Auffassung des FG hat das FA die Reisekosten zu Recht nicht in die Berechnung einbezogen. Die Arbeitnehmer waren durch die von der Klägerin verauslagten Reiseaufwendungen nicht bereichert. Da die Teilnahme an der Veranstaltung beruflich veranlasst war, handelte es sich bei den Reisekosten um steuerfreien Werbungskostenersatz gemäß § 3 Nr. 16 EStG.

Steuerbegünstigung des Gewinns aus der Veräußerung von Leasingobjekten

Finanzgericht Düsseldorf, 12 K 2665/12 G,F

Datum:
06.06.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 K 2665/12 G,F
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Gründe:

2I.

3Streitig ist, ob die Klägerin und deren Kommanditisten im Jahr 2004 einen steuerbegünstigten, nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Aufgabe/Veräußerungsgewinn erzielt haben.

4Die Klägerin ist ein von der „GmbH 1“ (nachfolgend GmbH 1) aufgelegter Leasing Fonds in der Rechtsform einer (Publikums -) Kommanditgesellschaft. Die GmbH 1 war seinerzeit die „…“ Leasing Gesellschaft der „A-AG“ (vgl. Bl. 2 des Emissionsprospekts). Geschäftsführer der GmbH 1 waren „X“, „V“ und „M“. Einziger Gesellschafter der GmbH 1 war die „GmbH 2“ (GmbH 2), deren Geschäftsführer „X“, „V“ und „M“ waren. Einzige Gesellschafterin der GmbH 2 war die „A-AG“.

5In den Jahren 1992 und 1993 hatte die GmbH 1 in vier Tranchen „ZZZ“ „Fahrzeuge“ für den „…“ erworben und mit Vertrag vom 9.3.1992 an die „GmbH 5“ (GmbH 5), an der die „A-AG“ zu 90 % unmittelbar und zu 10 % mittelbar beteiligt war, auf unbestimmte Zeit vermietet. Die Leasingraten waren so bemessen, dass innerhalb von 60 Quartalen die Anschaffungskosten einschließlich Nebenkosten und Finanzierungskosten der GmbH 1 abgedeckt waren. Zum 15.6.2003 sah der Vertrag eine Anpassung der Leasingraten an das Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt vor. Nach sechs Jahren Laufzeit konnte die GmbH 5 den Vertrag erstmals ordentlich kündigen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 9.3.1992 Bezug genommen (Bl. 131 Beiakte -BA-).

6Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 10.12.1995 gegründet. Einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die am Gesellschaftskapital nicht beteiligte Beteiligungs-GmbH mit Sitz in „Y-Stadt“ (nachfolgend GmbH 3), eine 100 % tige Tochter der GmbH 2 (vgl. Bl. 58 ff des Emissionsprospektes). Geschäftsführer der GmbH 3 waren „X“, „V“ und „M“. Geschäftsgegenstand der Klägerin war gem. § 2 des Vertrages der Erwerb und die Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter sowie die in diesem Zusammenhang stehenden Maßnahmen, insbesondere der Erwerb und die Vermietung der „ZZZ“ „Fahrzeuge“. Die Gesellschaft war auf unbegrenzte Zeit eingegangen. Neben der GmbH 3 als Komplementärin war die „GmbH 4“ (GmbH 4) als Kommanditistin mit einer Einlage von 30.000 DM Gründungsgesellschafterin (Bl. 8 des Prospektes). Einziger Gesellschafter der GmbH 4 war die GmbH 2. Geschäftsführer der GmbH 4 waren „V“ und „M“. Das Gesellschaftskapital der Klägerin war durch Aufnahme weiterer Kommanditisten um 32.200.000 DM zu erhöhen.

7An der Klägerin konnten sich beitretende Kommanditisten mit Wirkung ab 1.12.1995 und einer Mindesteinlage von 100.000 DM beteiligen. Die Kommanditisten konnten ihren Geschäftsanteil erstmals zum 28.2.2003 und nachfolgend zu jedem Kalenderquartal kündigen und der Komplementärin übertragen. Sie erhielten dann eine Abfindung in Höhe des jeweiligen Verkehrswertes ihrer Beteiligung. Zur Berechnung dieses Verkehrswertes wird auf Bl. 41 des Prospektes der Klägerin verwiesen. Im Ergebnis wurde der Kommanditist im Falle seiner Kündigung so gestellt, wie wenn die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt beendet worden wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag (Bl. 112 BA) und den Emissionsprospekt der Klägerin verwiesen. Von der Kündigungsmöglichkeit machten im Jahr 2003 Kommanditisten mit einem Kommanditkapital in Höhe von 10.302.531 Euro (62,52 % aller Kommanditisten) und bis zum 30.3.2004 Kommanditisten mit einem Kapital von 409.033 Euro (2,48%) Gebrauch (vgl. Anlage 8 des BP Berichts).

8Die Klägerin erwarb von der GmbH 1 im Rahmen eines sog. “sale and lease back“ Geschäftes zum 1.12.1995 in vier Tranchen die „ZZZ“ „Fahrzeuge“ – wobei für jede Tranche abhängig vom Ersterwerbszeitpunkt der GmbH 1 ein anderer Kaufpreis zu entrichten war – und vermietete sie an die GmbH 1, die ihr Mietverhältnis mit der GmbH 5 unverändert fortführte. Der zwischen der Klägerin und der GmbH 1 abgeschlossene Mietvertrag war zeitlich unbefristet und von der GmbH 1 frühestens zum 15.6.2003 kündbar, danach jeweils zum Quartalsende unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist. Die Kündigung konnte für jede „Fahrzeuge“ – Tranche gesondert ausgesprochen werden. Der Klägerin war in § 9 des Vertrages nur ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt. Im Falle der Kündigung sollten die „Fahrzeuge“ ausweislich des Emissionsprospektes der Klägerin veräußert werden (Bl. 17 des Prospektes). Die von der GmbH 1 an die Klägerin bis zum 15.6.2003 zu entrichtenden Leasingraten waren festgeschrieben. Ausweislich der Anlage zum Mietvertrag betrug der Barwert der bis zur vollständigen Amortisierung der Leasinggüter noch ausstehenden Raten am 15.6.2003 noch 46.902.286 DM. Für die nach dem 15.6.2003 zu zahlenden Mieten legte der Leasingvertrag fest, dass deren Höhe ausgehandelt werden würde, die Mietzahlungen in der Summe aber in jedem Fall bis zu den für jede Tranche genannten Amortisationszeitpunkten (15.12.2007, 15.3.2008, 15.6.2008, 15.9.2008) die vollen Anschaffungskosten und Neben-/Finanzierungskosten der Klägerin abdecken werden würden. Desweiteren war für den Fall der Kündigung seitens der GmbH 1 festgelegt, dass eine Abschlusszahlung zu leisten ist, die sich zusammensetzt aus der Höhe des Barwertes der bis zum Amortisationszeitpunkt der betreffenden Tranche noch ausstehenden Leasingraten, ggfs. zzgl. einer Vorfälligkeitsentschädigung, durch die der Klägerin eventuell entstehende Kosten aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung der aufgenommenen Refinanzierungsmittel ersetzt werden sollten. Die Klägerin hatte den Verkauf der Leasingobjekte nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen. Der Veräußerungserlös war mit der Abschlusszahlung zu verrechnen. Einen Mindererlös hatte die GmbH 1 auszugleichen, ein Mehrerlös stand zu 75 % der GmbH 1 und zu 25 % der Klägerin zu. Die GmbH 1 hatte das Recht, einen Käufer vorzuschlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 5.10.1995 (Bl. 148 ff BA) Bezug genommen.

9Die Investitionskosten der Klägerin betrugen 94.074.000 DM. Der das Kommanditkapital übersteigende Betrag wurde durch ein Darlehen der „A-AG“ in Höhe von 12.000.000 DM mit einer Laufzeit bis maximal zum 15.9.2008 finanziert, für das der Zinssatz bis zum 15.6.2003 fest vereinbart war und auf das erstmals zum 15.7.2003 eine Tilgungsleistung zu erbringen war. Das Darlehen konnte von der „A-AG“ nicht ordentlich gekündigt werden, die Klägerin war berechtigt, das Darlehen zum 15.6.2003 ordentlich zu kündigen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag vom 15.1.1995 (Bl. 108 BA) Bezug genommen. Einen Teilbetrag in Höhe von 49.844.000 DM finanzierte die Klägerin durch Veräußerung und Vorausabtretung eines erstrangigen, abgezinsten Anteils ihrer bis zum 15.6.2003 fällig werdenden Leasingforderungen gegen die GmbH 1 an die GmbH 2 (Bl. 20 und Bl. 42 des Prospekts).

10In der Folgezeit wurde die GmbH 5 auf die „C-AG“ verschmolzen. Die „C-AG“ bemühte sich um eine Beendigung des Leasingvertrages mit der GmbH 1 zum 15.6.2004 und um einen Erwerb der „Fahrzeuge“. Die GmbH 1 trat deswegen in Verhandlungen mit der Klägerin über eine Beendigung des Leasingvertrages zum 15.6.2004 und eine Veräußerung der „Fahrzeuge“, obwohl zu diesem Zeitpunkt die dreimonatige Kündigungsfrist zum 15.6.2004 nicht mehr eingehalten werden konnte. Aufgrund ihres schriftlichen Vorschlages vom 20.4.2004 (Bl. 123 BA) wurde die Geschäftsführung der Klägerin von den Gesellschaftern zur Beendigung des Leasingvertrages mit der GmbH 1 zum 15.6.2004 gegen eine Abschlusszahlung in Höhe von 19.234.987,49 Euro und zum Verkauf der „Fahrzeuge“ ermächtigt. In dem Vorschlag, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, heißt es unter anderem, dass die GmbH 1 zum 15.6.2004 die vereinbarte Leasingrate in Höhe von 1.309.989 Euro und darüberhinaus die Schlussrate von 19.234.987,49 Euro leisten würde, wodurch die im Prospekt versprochene volle Amortisation erreicht werden würde. Für eine Veräußerung der „Fahrzeuge“ entsprechend dem Vorschlag der GmbH 1 spreche, dass durch die Veräußerung an Dritte kein höherer als der durch die Schlusszahlung zufließende Erlös realisiert werden könne, weil ein Gutachten für die „Fahrzeuge“ nur einen Verkehrswert von 18.347.420 Euro ergeben habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben (Bl. 123 BA) Bezug genommen. Ausweislich eines Schreibens der Klägerin vom 17.6.2004 (Bl. 127 BA) wurde der Vorschlag mit 83,6 % Zustimmung angenommen. Zum 15.6.2004 wurden die „Fahrzeuge“ an die GmbH 1 veräußert, die sie sofort zu den Konditionen ihres Erwerbs an die „C-AG“ veräußerte (Bl. 128 BA). Seither befindet sich die Klägerin in Liquidation.

11Die Klägerin sah die Schlusszahlung als begünstigten, nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Veräußerungsgewinn an. Der Beklagte folgte dem zunächst in dem gem.§ 164 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2004. Anlässlich einer für das Jahr 2004 durchgeführten Außenprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung „E-Stadt“ (Prüfungsbeginn am 10.12.2007) gelangte der Prüfer zu der Ansicht, es handele sich auch insoweit um einen laufenden Gewinn. Zur Begründung führte der Prüfer im Wesentlichen aus: Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 26. Juni 2007 (IV R 49/04, Bundessteuerblatt – BStBl II 2009, 289) und dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 1. April 2009 (IV C 6 – S – 2240/08/10008, BStBl I 2009, 215) gehöre auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anlagevermögen zum laufenden gewerbesteuerpflichtigen Gewinn, wenn Vermietung und An-  und Verkauf des Leasingobjektes Teil eines einheitlichen Geschäftskonzeptes seien, bei dem die Veräußerung des Leasingobjektes vor Ablauf der gewöhnlichen Nutzungsdauer von vornherein geplant sei und die Erzielung eines Totalgewinns nur unter Einbeziehung des Verkaufserlöses möglich sei. Diese Voraussetzungen seien vorstehend erfüllt. Zwar sei der Verkauf der Leasinggüter nicht ausdrücklich als Gesellschaftszweck im Gesellschaftsvertrag genannt. Der Hinweis auf das Leasinggeschäft lasse aber den Schluss zu, dass auch die Verwertung der Güter durch Veräußerung vom Gesellschaftszeck umfasst sei. In § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei zudem ausgeführt, dass die Klägerin Dritte mit der Wiedervermarktung der Leasinggüter beauftragen dürfe. Die Klägerin habe sich bereits bei Abschluss des Leasingvertrages das Recht einräumen lassen, jeweils zum 15. eines Vertragsquartals die einzelnen Tranchen, frühestens zum 15.6.2003 kündigen zu können. Im Falle der Kündigung würden die noch ausstehenden Leasingraten fällig. Zum 15.6.2003 habe der Barwert (Restwert) der „Fahrzeuge“ ausweislich der Anlage 2 zum Leasingvertrag noch 51,7 % der ursprünglichen Anschaffungskosten betragen. Nach § 13 des Vertrages habe der Leasingnehmer die Fahrzeuge im Falle der Kündigung herauszugeben oder nach Weisung der Klägerin zu verwerten. Im Prospekt seien ab S. 22 die Kündigungsmöglichkeiten des Leasingvertrages und der Kommanditisten ausführlich beschrieben worden. Bei den Renditen für den Gesellschafter sei ausdrücklich in Fettdruck darauf hingewiesen worden, dass sich bis zum 15.6.2003 eine Verzinsung des gebundenen Kapitals in Höhe von 9,31 % ergebe (Seite 30,31), für den Fall der Fortsetzung der Gesellschaft der Klägerin bis zum 15.9.2008 das Kapital nur noch mit 3,9 % verzinst würde (Seite 36,37). Im Prospekt würde ferner darauf hingewiesen, dass die erste Kündigungsmöglichkeit zum 15.6.2003 sicher stelle, dass die in dem BMF Schreiben vom 22.12.1975 (IV B 2 – S 2170- 161/175) vorgesehene Mindestleasingdauer für die Zurechnung des Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen der Leasinggesellschaft von 40 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer eingehalten werde, zur Fortsetzung des Leasingvertrages werde in diesem Zusammenhang nicht mehr Stellung genommen. Die in dem Prospekt (Seite 26,27) aufgeführte steuerliche Planrechnung kommt nur unter Einbeziehung des Veräußerungserlöses zu einem steuerlichen Totalgewinn. Dass ein baldiger Verkauf der Leasingobjekte von vornherein vorgesehen gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin die bis zum 15.6.2003 anfallenden Leasingraten an die GmbH 2 abgetreten habe. Das Darlehen sei nur bis zum 15.6.2003 tilgungsfrei gewesen. Die Gewinne, die die Kommanditisten durch die Rückgabe der Geschäftsanteile an die Klägerin erzielt hätten, seien ebenfalls keine begünstigten Veräußerungsgewinne, sondern laufender, der Gewerbesteuer unterliegender Gewinn. Wie der BFH zum gewerblichen Grundstückshandel entschieden habe, sei ein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn beim Verkauf von Gesellschaftsanteilen dann nicht anzunehmen, wenn die Veräußerung des Gesellschaftsvermögens im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft nicht begünstigt wäre (z.B. Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 35/05, BStBl II 2007, 777). Die Grundsätze dieser Rechtsprechung seien auf die Gesellschafter der Klägerin zu übertragen.

12Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 18.6.2012) gegen die entsprechend der Auffassung des Prüfers geänderten Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die gesonderte Feststellung des auf den 31.12.2004 verbleibenden vortragsfähigen Gewerbeverlustes vom 16.7.2010 bzw. 12.7.2010 trägt die Klägerin zur Begründung ihrer Klage vor:

13Der Sachverhalt unterscheide sich erheblich von den Konstellationen, die der vom Beklagten zitierten Rechtsprechung des BFH zu Leasing-Fonds zugrunde gelegen hätten. Der Mietvertrag zwischen der Klägerin und der GmbH 1 sei auf unbefristete Zeit abgeschlossen gewesen. Die Klägerin habe den Mietvertrag nicht vorzeitig beenden können. Nur die GmbH 1 habe, erstmals mit Wirkung zum 15.6.2003, eine ordentliche Kündigung aussprechen können. Die Klägerin habe einen Totalgewinn auch ohne Veräußerung der Leasinggüter erzielen können, wenn der Mietvertrag bis zu den für die jeweilige Tranche genannten Amortisationszeitpunkten fortgesetzt worden wäre. Der Emissionsprospekt enthalte nämlich auch eine Beispielrechnung für den Fall der Fortführung des Mietvertrages und gelange ohne Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns zu einem positiven Gesamtergebnis. Das Konzept der Klägerin sei auf eine langfristige Vermietung und nicht auf kurzfristige Vermietung und Veräußerung ausgerichtet gewesen. Die Klägerin habe auch nicht, anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen, mehrfach Leasinggüter als Teil ihres laufenden Geschäfts veräußert. Es habe von Anfang an festgestanden, dass eine Veräußerung der „Fahrzeuge“ nur dann erfolge, wenn die GmbH 1 von ihrem Recht, das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, Gebrauch mache. Da in diesem Fall der gesellschaftsvertragliche Unternehmensgegenstand der Klägerin (Anschaffung und Vermietung der „ZZZ“ „Fahrzeuge“) beendet gewesen wäre, sei das Anlagevermögen als einmaliger Geschäftsvorfall zum Zweck der Liquidation zu veräußern gewesen. Entgegen der Auffassung der Betriebsprüfung könne aus der Bestimmung in § 5 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages nicht geschlossen werden, dass auch die Veräußerung der Leasinggüter vom Unternehmensgegenstand umfasst gewesen sei, denn diese Bestimmung sei dahingehend zu verstehen, dass es um die Suche potentieller Nachmieter (Wiedervermarktung) gegangen sei. In dem Leasingvertrag mit der GmbH 1 sei weder ein Erwerbsrecht der GmbH 1 noch eine Erwerbspflicht hinsichtlich der „Fahrzeuge“ vereinbart gewesen, was ebenfalls dagegen spreche, Vermietung und Veräußerung als das laufende Geschäft der Klägerin anzusehen. Eine Übertragung der Rechtsprechung zur Veräußerung von Anteilen an einer Personengesellschaft, die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibe, auf die Rückgabe der Kommanditanteile komme nicht in Betracht, denn im Falle des gewerblichen Grundstückshandels werde die begünstigte Veräußerung deswegen verneint, weil die Grundstücke der Gesellschaft zu deren Umlaufvermögen gehörten. Die „Fahrzeuge“ gehörten aber unstreitig zum Anlagevermögen der Klägerin, so dass bei deren Veräußerung die stillen Reserven des Anlagevermögens aufgedeckt worden seien.

14Die Klägerin beantragt,

15den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2004 vom 16.7.2010 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des auf den 31.12.2004 verbleibenden vortragsfähigen Gewerbeverlust vom 12.7.2010 und die dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18.6.2012 zu ändern, indem der Gewerbeertrag um 6.020.430, 25 Euro vermindert wird,

16hilfsweise Zulassung der Revision.

17Der Beklagte beantragt,

18die Klage abzuweisen.

19Der Beklagte trägt zur Begründung unter Ergänzung der Auffassung des Prüfers der GroßBP vor:

20Bei der GmbH 1 handele es sich um die Initiatorin der Klägerin (vgl. Bl. 2 des Prospekts der Klägerin). Die GmbH 1 habe die „Fahrzeuge“ erworben und an die GmbH 5 vermietet. Erst nach Auslieferung aller Tranchen habe sie die Klägerin initiiert, ihr die „Fahrzeuge“ veräußert und mit ihr einen Leasingvertrag abgeschlossen. Die Klägerin habe ein Steuersparmodell angeboten, dass darauf beruhe, langfristig nutzbare Wirtschaftsgüter unter Beachtung der Zurechnungsvorschriften des Teilamortisationserlasses des BMF (BStBl I 1971, 264) anzuschaffen, unter Inanspruchnahme degressiver Absetzungen für Abnutzung (Afa) zu vermieten und zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder zu veräußern. Die Zurechnung der Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen des Leasinggebers setzte eine Dauer des Leasingvertrages zwischen 40% und 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der vermieteten Wirtschaftsgüter voraus. Insofern gehöre es zu dem Konzept jedes Leasingfonds, die Leasinggüter vor Ablauf von deren betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer zu veräußern. Im Prospekt der Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass die Kommanditisten die höchste Kapitalverzinsung erreichten, wenn möglichst zeitnah nach dem 15.6.2003 eine Veräußerung der „Fahrzeuge“ erfolge. Die Initiatorin der Klägerin habe den Kommanditisten sogar die Möglichkeiten eingeräumt, diesen Profit durch Rückgabe der Kommanditanteile zu realisieren, wenn der Mietvertrag nicht zum 15.6.2003 gekündigt würde. Durch die von der Klägerin in diesem Fall zu zahlende Abfindung wären sie so gestellt worden, wie wenn der Leasingvertrag zu diesem Zeitpunkt beendet worden wäre (vgl. auch die Ausführungen Bl. 41 des Prospektes). Als Initiatorin hätte die GmbH 1 die Kündigung jederzeit aussprechen können, sogar ohne die „Fahrzeuge“ verkaufen zu müssen, denn sie hätte die „Fahrzeuge“ wie bisher an die GmbH 5 oder einen anderen Nutzer vermieten können. Das Steuersparmodell hätte die Mehrheit der Kommanditisten verstanden, wie die im Jahr 2003 und 2004 erfolgten Übertragungen der Kommanditanteile auf die GmbH 3 zeigten. Da die GmbH 3 bereits über die Mehrheit der Stimmrechte verfügte, habe sie über die Veräußerung der „Fahrzeuge“ an die „C-AG“ und die Aufhebung des Leasingvertrages zum 15.6.2004 bestimmen können, ohne dass die verbliebenen Kommanditisten hätten erfolgreich widersprechen können. Die Klägerin habe in ihrer Einladung zur Gesellschafterversammlung im Jahr 2004 (Bl. 99 und Bl. 123 BA) selbst die Veräußerung der „Fahrzeuge“ als erfolgreichen Abschluss ihres planmäßigen Ergebnisverlaufes bezeichnet. Nach der Rechtsprechung des BFH seien Leasing und Verkauf schon dann Teil einer einheitlichen Tätigkeit, wenn der Verkauf Eingang in die Prognoserechnung im Prospekt gefunden habe und sichergestellt werde, dass ein vereinbarter Kaufpreis die zunächst angefallenen Verluste ausgleiche. Durch den Hinweis im Prospekt auf den Renditeunterschied von 6 % bei Veräußerung im Jahr 2003 gegenüber einer Fortführung des Mietverhältnisses bis zu den Amortisationszeitpunkten der jeweiligen Tranchen werde deutlich, dass eine möglichst frühe Veräußerung konzeptionell vorgesehen gewesen sei. Da die Veräußerung der „Fahrzeuge“ zum laufenden Geschäft der Klägerin gehört habe, sei ein begünstigter Veräußerungsgewinn nicht entstanden. Entsprechend sei auch die Veräußerung der Kommanditanteile nicht begünstigt. Die Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel beruhe nicht auf der Einordnung des Betriebsvermögens als Anlage – oder Umlaufvermögen sondern darauf, dass eine Gleichbehandlung von Personengesellschaften mit Einzelunternehmen erreicht werden solle.

21II.

22Die Klage ist unbegründet.

23Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Gewinn aus der Veräußerung der „Fahrzeuge“ gehört, ebenso wie der Gewinn der Kommanditisten aus der Rückgabe ihrer Gesellschaftsanteile, zum Gewerbeertrag des Jahres 2004.

24Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu verstehen, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Die Klägerin ist eine im Inland ansässige Personengesellschaft, deren Tätigkeit gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Gewerbebetrieb gilt, weil ausschließlich eine Kapitalgesellschaft (GmbH 3) persönlich haftende Gesellschafterin ist und nur diese Gesellschafterin zur Geschäftsführung befugt ist.

25Gem. § 7 GewStG ist Gewerbeertrag grundsätzlich der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, angepasst durch die in § 8 und § 9 GewStG enthaltenen Hinzurechnungen und Kürzungen.

26Als eine auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogene Sachsteuer erfasst die Gewerbesteuer bei natürlichen Personen und Personengesellschaften jedoch nur die durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinne (vgl. Urteil des Bundesfinanzhof – BFH- vom 26.Juni 2007 IV R 49/04, Bundesteuerblatt – BStBl II 2009, 289 mit weiteren Nachweisen). In den Gewerbeertrag sind danach u.a. nicht die nach Einkommensteuerrecht mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungs- und Aufgabegewinne einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 26.Juni 2007 IV R 49/04, BStBl II 2009, 289 mit weiteren Nachweisen).

27Veräußerungsgewinne sind allerdings nicht schon wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Veräußerung und Betriebsaufgabe von der Gewerbesteuer auszunehmen. Veräußerungsgewinne aus betriebsgewöhnlichen Geschäftsvorfällen, die auf der im Wesentlichen unveränderten Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit beruhen, unterliegen im Regelfall der Gewerbesteuer (vgl. BFH-Urteil vom 9. September 1993 IV R 30/92, BFHE 172, 344, BStBl II 1994, 105, m.w.N.). Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern ist dann im Rahmen des laufenden Betriebs erfolgt, wenn auch ggf. gleichzeitig mit der Betriebsaufgabe (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 1992 VIII R 22/91, BFH/NV 1993, 225).

28Nach der (neueren) Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, sind der Erwerb, die Vermietung und die anschließende Veräußerung der zunächst vermieteten Wirtschaftsgüter insgesamt als eine einheitliche unternehmerische Betätigung anzusehen, wenn diese Tätigkeiten aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts verklammert sind (BFH-Urteil vom 22. Januar 2003 X R 37/00, BStBl II 2003, 464; vom 26. Juni 2007 IV R 49/04, BStBl II 2009, 289; BFH-Beschluss vom 11. August 2010 IV B 17/10, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2010, 2268; vom 24. September 2010 IV B 34/10, BFH/NV 2011, 241). Dies gilt auch dann, wenn das veräußerte Wirtschaftsgut zu der Zeit seiner Vermietung zum Anlagevermögen gehörte und die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft mit der Veräußerung beendet worden ist (BFH- Urteil vom 26. Juni 2007 IV R 49/04, BStBl II 2009, 289; BFH- Beschluss vom 11. August 2010 IV B 17/10, BFH/NV 2010, 2268; vom 24. September 2010 IV B 34/10, BFH/NV 2011, 241).

29Die Veräußerung der „Fahrzeuge“, die die Klägerin zutreffend als eigenes Betriebsvermögen behandelt hat, weil der zwischen ihr und der GmbH 1 abgeschlossene Leasingvertrag den Vorgaben der Tz. 2 c des Schreibens des Bundeministers der Finanzen (BMF) vom 22.12.1975 (IV B 2-S 2170/161/75) entsprach, war Teil eines einheitlichen Geschäftsmodells der Klägerin, das darin bestand, unter Nutzung des zwischen der GmbH 1 und der GmbH 5 bereits laufenden Leasing-Vertrages das Vermögen der mit der Klägerin verbundenen Gesellschaften bzw. der hinter allen Gesellschaften stehenden „A-AG“ durch Vereinnahmung von Provisionen und Gebühren und das Vermögen der Kommanditisten durch eine steuerbegünstigte Kapitalanlage, zusammengesetzt aus abschreibungsbedingten Verlusten in den Anfangsjahren und einem steuerbegünstigten Gewinn als Abschluss des Investments, zu vermehren.

30Die Klägerin hat in ihrem Prospekt mit einer Rendite von 9,1 % geworben, die zu erzielen war, wenn nach Ablauf der unkündbaren Laufzeit des Leasingvertrages (15.6.2003) alsbald die „Fahrzeuge“ veräußert werden würden. In die dazu erstellte Prognoserechnung ist der von der GmbH 1 durch die Abschlusszahlung garantierte Veräußerungsgewinn eingeflossen und nur durch die Berücksichtigung dieses Betrages hätte der Anleger bereits ab dem 15.6.2003 ein positives Gesamtergebnis erzielen können (vgl. dazu BFH- Beschluss vom 24. September 2010 IV B 34/10, BFH/NV 2011, 241; vom 1. August 2010 IV B 17/10, BFH/NV 2010, 2268).

31Zwar hat die Klägerin in ihren Prospekt auch eine Prognoserechnung für den Fall der Fortführung des Leasingvertrages bis in das Jahr 2008 aufgenommen, die ohne Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns zu einem Totalgewinn führt. Darin ist aber nur noch eine Kapitalverzinsung von 3,1 % ausgewiesen. Es liegt auf der Hand, dass die Anleger von der Klägerin erwarteten, dass die Geschäfte im Sinne einer höchstmöglichen Rendite geführt werden würden. Entsprechend ist der Leasingvertrag auch nicht bis zum Jahr 2008 durchgeführt, sondern bereits zum 15.6.2004 aufgelöst worden, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Restnutzungsdauer (nach der im Zeitpunkt der Anschaffung durch die GmbH 1 im Jahr 1992/1993 gültigen Afa Tabelle) noch drei Jahre für die „Fahrzeuge“ des Baujahres 1992 und noch vier Jahre für die „Fahrzeuge“ des Baujahres 1993 betrug und für die „Fahrzeuge“ ein Erlös von immer noch ca. 38 % der ursprünglichen, von der GmbH 1 gezahlten Anschaffungskosten zu erzielen war.

32Der Einwand der Klägerin, von einem die frühzeitige Veräußerung umfassenden Konzept ihrerseits könne nicht ausgegangen werden, weil sie auf die Dauer des Mietvertrages keinen Einfluss gehabt habe und nur die GmbH 1 nach Ablauf der Grundmietzeit habe kündigen können, überzeugt nicht. Die Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin und die Geschäftsführer der GmbH 1 (Leasingsnehmerin) waren personenidentisch und konnten deshalb dafür sorgen, dass das von der Klägerin angebotene Anlagekonzept aufgeht.

33Die Verklammerung zwischen Vermietung und Veräußerung zu einem einheitlichen Anlagekonzept wird auch daran deutlich, dass die Klägerin ihren Anlegern bei der erstmals zum 28.2.2003 möglichen ordentlichen Kündigung der Beteiligung und Rückgabe des Kommanditanteils an die Komplementärin eine Abfindung versprochen hatte, durch die die Anleger wirtschaftlich so gestellt werden sollten, als wäre der Leasingvertrag zu diesem Zeitpunkt gekündigt und die Klägerin liquidiert worden (Bl. 41 f des Prospektes). Da die Klägerin in diesen Fällen den ausscheidenden Kommanditisten die bis zum Zeitpunkt der Amortisation der Leasinggegenstände noch anfallenden künftigen – wenn auch abgezinsten – anteiligen Leasingerlöse sofort auszahlen musste (zur Berechnung siehe Seite 41 des Prospekts), hätte die Klägerin im Extremfall, d.h. wenn alle Kommanditisten ihre Anteile zum frühest möglichen Zeitpunkt 28.2.2003 zurück gegeben hätten, sofort alle künftigen Leasingsraten ausschütten müssen, obwohl ihr – ohne Kündigung des Leasingvertrages – die Zahlungen der GmbH 1 weiterhin nur quartalsweise, gestreckt bis zum 15.9.2008 zugeflossen wären. Es ist unwahrscheinlich, dass die Klägerin, die aufgrund der hohen Renditeunterschiede im Falle der Fortführung des Leasingvertrages über den 15.6.2003 hinaus mit einer verstärkten Inanspruchnahme der Rückgabemöglichkeit rechnen musste, gegenüber den Anlegern eine solche Verpflichtung übernommen hätte, wenn sie davon ausgegangen wäre, dass der Leasingvertrag tatsächlich bis zum 3. Quartal des Jahres 2008 durchgeführt werden würde. Nachvollziehbar wird das Versprechen hingegen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses alsbald nach Ablauf der unkündbaren Mietzeit ohnehin Teil des Konzepts der Klägerin war.

34Der Hinweis der Klägerin, die Veräußerung der „Fahrzeuge“ sei von dem in § 2 des Gesellschaftsvertrages ausgewiesenen Gegenstand der Gesellschaft nicht umfasst, führt zu keiner anderen Beurteilung ihres Geschäftsmodells. Die Veräußerung – auch im laufenden Geschäftsverkehr – gehörte jedenfalls nach dem Prospekt sogar zwangsläufig zum Geschäft der Gesellschaft, denn in der Broschüre wird darauf hingewiesen, dass jede der vier Tranchen von der GmbH 1 einzeln gekündigt werden kann. Für den Fall der Kündigung war im Prospekt zwingend der Verkauf der betroffenen Leasinggüter vorgesehen. Hinsichtlich der ungekündigten Tranchen wäre hingegen die Vermietung seitens der Klägerin fortzuführen gewesen. Die Gesellschaft wäre in einem solchen Fall – trotz Veräußerungen – nicht beendet gewesen.

35Das Vorbringen, von einer Verklammerung der Vermietung mit der Veräußerung könne nicht ausgegangen werden, weil weder ein Erwerbsrecht noch eine Erwerbsverpflichtung der GmbH 1 bestanden habe, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die GmbH 1 war zwar nicht gehalten, nach Ablauf der Grundmietzeit die „Fahrzeuge“ zu einem festen Preis zu kaufen. Dem wirtschaftlichen Gehalt einer solchen Verpflichtung entspricht aber die Vereinbarung der Beteiligten, wonach die Klägerin im Falle der Kündigung die Leasinggüter zu veräußern hatte, die GmbH 1 (Leasingnehmer) aber unabhängig von der Höhe des Verkaufserlöses durch ihre Schlusszahlung garantierte, dass sämtliche noch nicht amortisierten Kosten der Klägerin abgedeckt werden würden. Die vertraglichen Regelungen schlossen im Übrigen jedenfalls nicht aus, dass die GmbH 1 die „Fahrzeuge“ nach Kündigung selbst erwirbt und das Mietverhältnis mit der GmbH 5 fortsetzt, wenn sie den höchsten Preis bietet und sich selbst als Käufer vorschlägt, wie auch die tatsächliche Abwicklung belegt (Erwerb der „Fahrzeuge“ seitens der GmbH 1 und Veräußerung der „Fahrzeuge“ an die „C-AG“, vgl. Seite 2 des Schreibens der Klägerin vom 17.6.2004, Bl. 127 BA).

36Aufgrund des Vorgesagten ist die Veräußerung der „Fahrzeuge“ wirtschaftlich der laufenden gewerbesteuerpflichtigen Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen. Dass zugleich auch das Geschäft der Klägerin endete, ist irrelevant und rechtfertigt nicht die Annahme eines begünstigten Aufgabe/Veräußerungsgewinns.

37Wegen der Qualifizierung des Gewinns aus der Veräußerung der „Fahrzeuge“ als laufender Gewinn sind auch die Veräußerungsgewinne gewerbesteuerpflichtig, die Kommanditisten im Jahr 2004 durch vorzeitige Rückgabe der Anteile an die Komplementärin zum 30.3.2004 realisiert haben.

38Nach der Rechtsprechung des BFH zum gewerblichen Grundstückshandel gelten die Grundsätze für die Abgrenzung zwischen dem begünstigten Betriebsaufgabegewinn und dem laufenden Gewinn nicht nur bei der Betriebsaufgabe durch ein Einzelunternehmen, sondern auch dann, wenn der Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft aufgegeben wird (z.B. BFH-Urteil vom 5. Juli 2005 VIII R 65/02, BStBl II 2006, 160 mit weiteren Nachweisen). Sie sind ferner auch dann maßgeblich, wenn die Anteile an einer Grundstückshandelsgesellschaft veräußert werden (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 3/05, BStBl II 2007, 777). Begründet wird diese Rechtsprechung damit, dass es keinen grundsätzlich gem. § 16 EStG begünstigten Tatbestand der Aufgabe/Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles gebe, sondern auch in diesen Fällen aufgrund des Zwecks der Privilegierung zwischen Gewinnen aus der im Wesentlichen unveränderten Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit und Aufgabe/Veräußerungsgewinnen zu unterscheiden sei, auch um eine möglichst weitgehende Gleichbehandlung von Einzel- und Mitunternehmern zu gewährleisten.

39Der Senat hält diese Grundsätze auf die Fälle der Verklammerung der Anschaffung, Vermietung und Veräußerung von Anlagevermögen aufgrund eines einheitlichen Gesamtkonzepts für übertragbar. Auch im Streitfall wäre es nicht überzeugend, wenn allein aufgrund der vorzeitigen Rückgabe der Kommanditanteile zum 30.3.2004 die Gewerbesteuerpflicht entfiele, denn die Ausgestaltung des Abfindungsanspruches zeigt, dass die Kündigenden nur vorzeitig und abgezinst “ihren“ Anteil an den im Prospekt ausgewiesenen, von der GmbH 1 garantierten und der Klägerin künftig – entweder aufgrund der Veräußerung der „Fahrzeuge“ und der Schlusszahlung der GmbH 1 oder aufgrund der Fortführung des Leasingvertrages – zufließenden Zahlungen erhalten sollten. Da es sich bei diesen Zahlungen um Erlöse aus laufenden Geschäften handelt, führt auch deren vorzeitige Auskehrung zu einem laufenden, gewerbesteuerpflichtigen Gewinn.

40Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

41Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Beteiligung einer Stiftung an der Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

Finanzgericht Düsseldorf, 6 K 2430/13 K

Datum:
17.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 2430/13 K
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob die Einnahmen der Klägerin aus einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG, deren Einkünfte auf Grund des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) und auf Grund des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung gewerblich sind, steuerpflichtige Einnahmen aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. des § 14 Abgabenordnung (AO) sind.

3Die Klägerin ist eine ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten Zwecken dienende rechtsfähige Stiftung. Zweck der Klägerin ist ausschließlich die Förderung von wissenschaftlichen Zwecken und Vorhaben der Volks- und Berufsbildung

4Die Klägerin ist Inhaberin einer 13-prozentigen Beteiligung an der Firma „N-GmbH“ und an der Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“. Die Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“ vermietet ihr gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen in Form von Grundstücken und Fabrikgebäuden sowie Maschinen an die Firma „N-GmbH“. An beiden Unternehmen sind die gleichen Personengruppen beteiligt.

5Der Beklagte setzte die Körperschaftsteuer der Klägerin für 2006 durch Bescheid vom 3.01.2008 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 2.925 € fest. Dabei wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 15.537 € berücksichtigt.

6Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2007 vom 17.07.2008 setzte der Beklagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Körperschaftsteuer der Klägerin auf 3.110 € fest, dabei berücksichtigte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 16.275 €

7Durch Bescheid vom 07.10.2010 setzte der Beklagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Körperschaftsteuer der Klägerin für 2008 auf 1.673 € fest, dabei berücksichtigte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 14.993 €.

8Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2011 vom 25.06.2012 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer für 2011 auf 1.700 € fest, dabei berücksichtigte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 16.377 €.

9Am 8. September 2011 beantragte die Klägerin die Körperschaftsteuerbescheide für 2006, 2007 und 2008 gemäß § 164 Abs. 2 AO insoweit zu ändern, dass die Gewinnanteile an der Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“ nicht mehr bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigt werden.

10In allen Jahren beruhen die als Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigten Einnahmen auf gesonderten und einheitlichen Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen der Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“.

11Der Beklagte lehnte die Änderungsanträge durch Bescheid vom 14.05.2012 ab.

12Die Klägerin legte am 11.06.2012 gegen diesen Ablehnungsbescheid Einspruch ein, der durch Einspruchsentscheidung vom 24.06.2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

13Gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2011 legte die Klägerin am 26.06.2012 Einspruch ein, der ebenfalls durch Einspruchsentscheidung vom 24.06.2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zur Begründung dieser Entscheidungen berief sich der Beklagte darauf, dass die Klägerin zwar unstreitig an einer Personengesellschaft beteiligt sei, die auf Grund der ausschließlichen Vermietungstätigkeit keine Tätigkeit i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübe, sondern nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als sogenannte gewerblich geprägte Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte erziele. Da die Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“ als Besitzunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen an eine gewerblich tätige Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlasse und auf Grund der gegebenen personellen Verflechtung eine sog. Betriebsaufspaltung vorliege, sei die Vermietung jedoch keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Vermietung. Das Besitzunternehmen sei ein Gewerbebetrieb. Der BFH habe sich in seinem Urteil vom 25.5.2011 I R 60/10 lediglich zu einer gewerblich geprägten Personengesellschaft geäußert und nicht zum Fall des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung. Die Anteile der Klägerin an der Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“ seien somit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Da die in § 65 AO aufgeführten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zweckbetriebs nicht gegeben seien, unterlägen die Beteiligungserträge der Körperschaftsteuer.

14Die Klägerin hat am 11. Juli 2013 Klage wegen Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2006, 2007, 2008 und 2011 erhoben.

15Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“ nur auf Grund ihrer gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und dem auch parallel vorliegenden steuerlichen Rechtsinstitut einer Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte erziele. Denn die Tätigkeit der Anteilsgemeinschaft bestehe ausschließlich in der Verpachtung von Grundstücken und Bauten an die „N-GmbH“. Die Klägerin ist der Ansicht, dass nach dem BFH-Urteil vom 25.5.2011 I R 60/10 im Streitfall kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. des § 14 AO vorliege. Wenn bei einer gewerblichen Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. des § 14 AO vorliege, so müsse dies erst Recht für die Betriebsaufspaltung gelten, bei der bei einer Besitzgesellschaft Gewerblichkeit nur deswegen angenommen werde, weil es sich um ein steuerliches Rechtsinstitut handele. Es sei völlig unerfindlich, warum bei der gesetzlichen Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kein Gewerbebetrieb i. S. des § 14 AO vorliege, bei dem gesetzlich nicht geregelten Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung ein Gewerbebetrieb i. S. des § 14 AO aber angenommen werde.

16Die Klägerin beantragt,

171. die Körperschaftsteuer- und Solidaritätszuschlagsbescheide für 2006, 2007, 2008 und 2011 insoweit zu ändern, dass die Körperschaftsteuer und der Solidaritätszuschlag auf 0 € herabgesetzt wird,

182. hilfsweise, die Revision zuzulassen,

193. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

20Der Beklagte beantragt,

21die Klage als unbegründet abzuweisen,

22hilfsweise, die Revision zuzulassen.

23Zur Begründung seines Antrags beruft er sich auf die Einspruchsentscheidung.

24Entscheidungsgründe:

25Die Klage bezüglich des Solidaritätszuschlages ist unzulässig.

26Betreffen Einwendungen einer Kapitalgesellschaft ausschließlich die Ermittlung ihres Gewinns als Grundlage ihres zu versteuernden Einkommens, ist insoweit der Körperschaftsteuerbescheid Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags. Die diesbezüglichen Einwendungen können deshalb nur im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid als Grundlagenbescheid, nicht aber im Verfahren gegen den Folgebescheid geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 12.7.2012 I R 23/11, BFHE 238, 344, HFR 2012, 1186).

27Die Klage bezüglich der Körperschaftsteuerbescheide ist unbegründet.

28Der Beklagte hat zu Recht die Einnahmen der Klägerin aus der Anteilsgemeinschaft „Q-GmbH & Co. KG“ nicht als steuerfreie Einnahmen aus Vermögensverwaltung, sondern als Einnahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes i. S. des § 14 AO bei der Körperschaftsteuerfestsetzung erfasst. Zwar sind Einkünfte i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG keine Einnahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes. Einnahmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sind aber als Einkünfte i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG Einnahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes.

29Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wird Körperschaften gewährt, die nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 51 bis § 68 AO). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG). Die Körperschaft verliert die Steuerbegünstigung gemäß § 64 Abs. 1 AO jedoch nur, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist.

30Die Klägerin verfolgt nach ihrer Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung unstreitig ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i.S. von § 52 AO.

31Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach der Legaldefinition in § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen und andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (§ 14 Satz 2 AO). Ebensowenig muss eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegen. Aus der gesetzlichen Definition ergibt sich, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in der Regel durch die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 EStG begründet wird. Denn dabei ist begrifflich auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung i.S. des § 14 Satz 3 AO überschritten (BFH-Urteil vom 25.5.2011 I R 60/10, BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858).

32Der BFH hat zwar entschieden, dass die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO ist. Begründet hat der BFH dies damit, dass nach dem Wortlaut des § 14 AO ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur vorliege, wenn die Betätigung über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehe. Die Gesellschafter – und damit auch eine als Mitunternehmerin beteiligte steuerbefreite Körperschaft – erzielten zwar bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit gewerbliche Einkünfte. Mit der Feststellung gewerblicher Einkünfte stehe auch für den Regelfall fest, dass die Vermögensverwaltung überschritten sei. In materiell-rechtlicher Hinsicht erzielten gewerblich geprägte Personengesellschaften aber konstitutiv nur aufgrund der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Sache nach gingen die Gesellschafter hingegen einer vermögensverwaltenden und nicht einer gewerblichen Tätigkeit nach; es sei gerade eines der Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, dass tatsächlich keine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausgeübt werde. Diese Fiktion gewerblicher Einkünfte des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG werde in § 14 AO für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb indes nicht aufgegriffen; § 14 AO verknüpfe das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs auch nicht mit der Erzielung gewerblicher Einkünfte. Da es sich bei dem Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht um einen ertragsteuerlichen, sondern um einen eigenständigen abgabenrechtlichen Begriff handele, wäre für einen Gleichlauf mit § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, um den rechtsstaatlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts zu genügen, eine entsprechende Fiktion oder ein Verweis auf die Einkünfte i.S. des § 15 EStG erforderlich (BFH-Urteil vom 25.5.2011 I R 60/10, BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858). Ob vorstehende Grundsätze auch für Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gelten, ließ der BFH offen. Er führt aus, dass, da im Fall des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit auch eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausübten und diese einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der als Mitunternehmerin beteiligten steuerbefreiten Körperschaft begründe, möglicherweise auch die (gewerblich gefärbten) Einkünfte, die bei isolierter Betrachtung als Vermögensverwaltung zu beurteilen wären, dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sein könnten (BFH-Urteil vom 25.5.2011 I R 60/10, BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858).

33Im Unterschied zur gewerblichen Prägung der vermögensverwaltenden Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG führt eine Betriebsaufspaltung nach der Rechtsprechung des BFH dazu, dass eine ihrer Art nach vermögensverwaltende und damit nicht gewerbliche Betätigung (das Vermieten oder Verpachten von Wirtschaftsgütern) durch die personelle und sachliche Verflechtung zweier rechtlich selbständiger Unternehmen – Besitz- und Betriebsunternehmen – zum Gewerbebetrieb wird (BFH-Urteil vom 17.7.1991 I R 98/88, BFHE 165, 369, BStBl II 1992, 246; BFH-Beschluss vom 8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63; BFH-Urteil vom 23.3.2011 X R 45/09, BFHE 233, 416, BStBl II 2011, 778). Die Vermietung von Grundbesitz und anderen wesentlichen Betriebsgrundlagen wird bei Vorliegen einer personellen und sachlichen Verflechtung als originäre gewerbliche Tätigkeit angesehen (BFH-Beschluss vom 8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63; BVerfG-Beschluss vom 25.3.2004 2 BvR 944/00, HFR 2004, 691). Rechtsgrundlage dafür ist ein in wertender Betrachtungsweise verstandener Begriff des Gewerbebetriebs i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG (BFH-Urteil vom 17.7.1991 I R 98/88, BFHE 165, 369, BStBl II 1992, 246). Die Rechtsprechung des BFH zu gewerblich geprägten Einkünften i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht für gewerblich „infizierte“ Einkünfte aus einer sog. Besitzgesellschaft. Ist einkommensteuerrechtlich aufgrund einer Betriebsaufspaltung eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit als gewerbliches Unternehmen zu beurteilen, so ist dieser Gewerbebetrieb auch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 AO, wie der BFH in seinem Urteil vom 21.5.1997 (I R 164/94, HFR 1997, 927) ausgeführt hat.

34Aus dem BFH-Urteil vom 25.8.2010 (I R 97/09, BFH/NV 2011, 312), auf das sich der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung berufen hat, ergibt sich nichts anderes. Dieses BFH-Urteil beschäftigt sich nicht mit der Frage, ob Einnahmen aus einer KG, die aufgrund einer Betriebsaufspaltung gewerblich sind, Einnahmen aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind, sondern mit der Frage, ob eine steuerbefreite Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet, wenn sie mehrheitlich an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, der sie keine wesentlichen Betriebsgrundlagen überlässt.

35Der Senat ist auch nicht der Auffassung von Hüttemann, dass bei einer Betriebsaufspaltung Vermögensverwaltung und damit steuerfreie Einnahmen vorliegen, wenn die Weitergabe des Steuervorteils an das Betriebsunternehmen auszuschließen ist (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., § 6 Rz. 136). Für die Auslegung des Begriffs „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ ist auf die einkommensteuerlichen Grundsätze zum Begriff des Gewerbebetriebes zurückzugreifen (BFH-Urteil vom 21.5.1997 I R 164/94, HFR 1997, 927). Die von Hüttemann als alleiniges Abgrenzungskriterium herangezogene Wettbewerbsneutralität der wirtschaftlichen Betätigung gemeinnütziger Einrichtungen (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., § 6 Rz. 69) ist kein Tatbestandsmerkmal des § 14 AO, sondern nur ein „norminspirierendes Prinzip“, das den Gesetzestatbestand weder ausweiten noch einschränken kann (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 14 AO Rz. 86; BFH-Urteil vom 21.5.1997 I R 164/94, HFR 1997, 927).

36Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Klägerin ist unstreitig kein Zweckbetrieb.

37Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

38Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Branntweinsteuer: Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen

Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 4515/12 AO

Datum:
18.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 4515/12 AO
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Die Klägerin betrieb offene Branntweinläger. Ihr war für alle Läger die Lagerung und Verteilung von vergälltem Branntwein bewilligt worden.

3Auf Prüfungsanordnung des Beklagten vom 10.05.2007 begann am 05.06.2007 bei der Klägerin eine Außenprüfung der Branntweinsteuer für das Jahr 2006 durch das Hauptzollamt „L-Stadt“, die mit Bericht vom 07.07.2008, AB-Nr. „…“, abgeschlossen wurde. Darin stellten die Prüfungsbeamten u.a fest:

4Die Klägerin lieferte der „Q-GmbH“, „W-Stadt“ 15 Sendungen Agrar-Ethanol 99,9% mit zusammen 41.041,08 lA, die mit Isopropanol und Tertiärbutanol vergällt waren. Die Klägerin hatte die Auslagerung dieses Alkohols als „unversteuert auf allgemeine Erlaubnis“ erfasst. Die „Q-GmbH“ war jedoch nicht im Besitz der dafür erforderlichen förmlichen Verwendererlaubnis. Diese wurde ihr erst mit Wirkung vom 20.04.2007 durch das Hauptzollamt „E-Stadt“ erteilt.

5Mit der Entnahme aus dem offenen Branntweinlager sei Branntweinsteuer von 534.765,27 € entstanden (Tz. 3.5.3 des Prüfungsberichts).

6Der Beklagte schloss sich den Feststellungen des Hauptzollamts „L-Stadt“ an und erhob mit Steuerbescheid vom 18.12.2009 u.a. 534.765,27 € Branntweinsteuer, die die Klägerin auch zahlte. Die mit gleichen Bescheid weiter festgesetzte Branntweinsteuer von 24.647.284,34 €  erließ der Beklagte in der Folgezeit.

7Mit Schreiben vom 19.02.2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten den Erlass der gesamten Branntweinsteuer und trug dazu hinsichtlich des o.a. Sachverhalts vor, dass die „Q-GmbH“ keinen Erlaubnisschein beantragt habe, sei erst im Rahmen der Außenprüfung für das Jahr 2005 bekannt geworden. Sofort danach habe sie die „Q-GmbH“ über die getroffenen Feststellungen informiert und gebeten, eine entsprechende Erlaubnis bei dem für sie zuständigen HZA „E-Stadt“ zu beantragen.

8Bis 2005 sei die „Q-GmbH“ mit Ethanol, vergällt durch Methylethylketon (MEK), beliefert worden. Diese Vergällung sei allgemein erlaubt gewesen, sodass ein Erlaubnisschein nicht erforderlich gewesen sei. Auf Wunsch des Kunden sei im Laufe des Jahres 2005 das Vergällungsmittel geändert worden.

9Das HZA „E-Stadt“ habe auf den Antrag der „Q-GmbH“ am 21.02.2007 zunächst einen unzutreffenden Erlaubnisschein erteilt und nach einem erneuten Antrag am 26.04.2007 einen Erlaubnisschein zutreffenden Inhalts erteilt. Die „Q-GmbH“ habe mit Schreiben vom 21.12.2007 bestätigt, dass der bezogene und vergällte Branntwein zur Herstellung von Desinfektionsmitteln zur Anwendung in der Dentalmedizin eingesetzt worden sei. Eine betrügerische Absicht habe nicht vorgelegen, sondern vielmehr Fahrlässigkeit der Beteiligten.

10Mit Verfügung vom 11.10.2011, zur Post gegeben am 14.10.2011, lehnte der Beklagte den Antrag hinsichtlich der Alkohollieferungen an die „Q-GmbH“ ab und führte dazu aus, Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis könnten nach § 227 Abgabenordnung (AO) ganz oder teilweise erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Billigkeitsgründe können dabei in der Sache selbst oder in der Person des Steuerpflichtigen liegen.

11Sachliche Billigkeitsgründe seien in der Regel nur gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des in Betracht kommenden Steuergesetzes angenommen werden könne, dass die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage im Falle ihrer ausdrücklichen Regelung im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden worden wäre, es sich mithin um Steuerfälle handele, in denen Tatbestände verwirklicht würden, die der Gesetz – oder Verordnungsgeber nicht habe voraussehen können oder die er nicht habe regeln wollen, um die Rechtsvorschriften nicht mit selten vorkommenden Tatbeständen zu belasten, bei deren Vorliegen die Einziehung der Steuer jedoch unbillig wäre.

12In dem zu beurteilenden Sachverhalt liege demgegenüber eine ausdrückliche Regelung vor – nämlich die Entstehung der Branntweinsteuer durch Entfernen aus dem Steuerlager, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren angeschlossen habe -, sodass der vorliegende Sachverhalt vom Gesetzgeber gesehen und ausdrücklich geregelt worden sei. Eine Besteuerung laufe den Wertungen des Gesetzgebers nicht zuwider.

13Eine Billigkeitsmaßnahme nach Nr. 7.1.1 der Dienstvorschrift zur Anwendung der Abgabenordnung im Bereich der Zollverwaltung (AO-DV Zoll) zu § 227 scheide aus.

14Danach könne eine Billigkeitsmaßnahme hinsichtlich einer Verbrauchsteuerschuld für Fälle abgabenrechtlich nachteiligen Verhaltens gerechtfertigt sein, soweit diese entschuldbar seien und sofern die für eine Billigkeitsmaßnahme erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien.

15Bei der fehlenden Erlaubnis des Empfängers handele es sich nicht um Verfahrensvorschriften, sondern vielmehr um die fehlende materielle Berechtigung des Empfängers der Erzeugnisse zum Empfang von verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung.

16Aufgrund der nicht vorhandenen Erlaubnis der „Q-GmbH“ zum Empfang von Branntwein unter Steueraussetzung habe ihr die materielle Berechtigung zum Empfang verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung gefehlt. Somit liege darin eine Verletzung des materiellen Rechts und kein abgabenrechtlich nachteiliges Verhalten als Folge einer versehentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

17Weiter seien Verstöße gegen fundamentale Gerechtigkeitsprinzipien, aufgrund derer die Einziehung des Anspruchs sachlich unbillig wäre, nicht ersichtlich.

18Sachliche Billigkeitsgründe seien damit für die Lieferungen an die „Q-GmbH“ nicht gegeben.

19Aufgrund der Höhe des nicht zu erlassenden Betrages griffen die vorgetragenen persönlichen Billigkeitsgründe nicht, sodass weder sachliche noch persönliche Billigkeitsgründe einen Erlass der verbleibenden Branntweinsteuer rechtfertigen könnten.

20Zur Begründung des dagegen fristgerecht eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, im Streitfall liege der Steuerschuldentstehung ein abgabenrechtlich nachteiliges Verhalten gem. AO-DV Nr. 7.1.1 zu § 227 AO vor.

21Die „Q-GmbH“ sei bis ins Jahr 2005 mit MEK — vergälltem Branntwein von ihr beliefert worden. Erst durch die Änderung der Rezeptur hätten plötzlich andere formale Voraussetzungen bestanden, die die Erteilung einer förmlichen Einzelerlaubnis erforderlich gemacht hätten. Dessen seien sich weder die „Q-GmbH“ noch sie selbst zunächst bewusst gewesen.

22Zwar habe die „Q-GmbH“ bei Umstellung des Vergällungsmittels von MEK auf Isopropanol und Tertiärbutanol keinen Antrag auf Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung gestellt. Sofern sie bei Kenntnis der Erlaubnispflicht schon 2005 einen Antrag gestellt hätte, wäre es 2006 nicht zur Entstehung von Branntweinsteuer gekommen, da dem Antrag stattgegeben worden wäre.

23Die fehlende Erlaubnis stelle lediglich eine bloße Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, da die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis für die steuerfreie Verwendung von Branntwein bereits im Jahr 2005 vorgelegen hätten.

24Darüber hinaus sei zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass sie, nachdem das Fehlen der Erlaubnis der „Q-GmbH“ bekannt geworden sei, unverzüglich alles getan habe, damit die „Q-GmbH“ eine Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Branntwein erhalten habe. Da sie nichts verschuldet habe, aber nach Kenntnis der Sach- und Rechtslage alles getan habe, um den Verstoß zu beseitigen, sei es unangemessen, sie mit einer unverhältnismäßig hohen Nacherhebung von Branntweinsteuer zu belasten.

25Mit Einspruchsentscheidung vom 07.11.2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus: Wie bereits in seiner angefochtenen Verfügung dargelegt, sei eine Erlaubnis des Verwenders eine materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Steuerbefreiung von Branntwein beim Versand an einen Verwender, die für die fraglichen Lieferungen nicht erfüllt gewesen sei. Eine Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften könne nur vorliegen, wenn diese bei Vorliegen der materiell-rechtlichen

26Voraussetzungen für ein Verfahren geschehen seien. Fehle es jedoch bereits an materiell-rechtlichen Voraussetzungen, um beispielsweise eine Steuerbegünstigung zu erreichen, könnten keine verfahrensrechtlichen Vorschriften verletzt werden.

27Die Entstehung der Steuerschuld durch Entfernung des Erzeugnisses aus dem Steuerlager der Klägerin, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren angeschlossen habe, sei im Gesetz eindeutig geregelt. Die Einziehung des Anspruchs widerspreche mithin nicht dem Besteuerungszweck, sodass sich auch hieraus keine Erstattungstatbestände herleiten ließen.

28Auch soweit die Klägerin darlege, sie habe nach Bekanntwerden des Fehlens einer Erlaubnis der „Q-GmbH“ alles getan, damit die „Q-GmbH“ eine Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Branntwein erhalte, könne keine Erstattung aus Billigkeitsgründen begründen. Maßgebend sei insoweit nur, dass der „Q-GmbH“ eine Erlaubnis bei Abgabe des so vergällten Branntweins durch die Klägerin nicht erteilt worden sei und die Klägerin offensichtlich entgegen § 26 Abs. 3 der Branntweinsteuerverordnung in der seinerzeit geltenden Fassung (BrStV) bei der Abgabe des unversteuerten vergällten Branntweins auch nicht die Vorlage eines entsprechenden Erlaubnisscheins verlangt habe. Bei Beachtung dieser Vorschriften hätte sie problemlos erkennen können und müssen, dass sie keinen in der von ihr vorgenommenen Weise vergällten steuerfreien Alkohol an die „Q-GmbH“ habe ausliefern dürfen. Insoweit habe auch sie die Steuerentstehung verschuldet.

29Auch nach einer nochmaligen Überprüfung des Sachverhalts seien weder Verstöße gegen fundamentale Gerechtigkeitsprinzipien wie Vertrauensschutz, Treu und Glauben, Fehlverhalten der Zollbehörde, Gleichheitsgrundsatz oder Willkürverbot erkennbar geworden noch von der Klägerin vorgetragen worden. Persönliche Billigkeitsgründe lägen nicht vor.

30Zur Begründung ihrer fristgerecht erhobenen Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor:

31Der Beklagte habe in der Einspruchsentscheidung keine ermessensgerechte Billigkeitsentscheidung getroffen. Sie lasse schon nicht erkennen, inwieweit die in der Verfügung vom 11.10.2011 getroffenen Erwägungen ermessensgerecht seien. Zudem werde der Begriff der Unbilligkeit unrichtig ausgelegt, weil der Beklagte ersichtlich davon ausgehe, dass schon die der „Q-GmbH“ fehlende Erlaubnis eine Billigkeitsmaßnahme ausschließe, obwohl sich gerade die Frage stelle, wie denn auf Grund der fehlenden Erlaubnis zu entscheiden sei.

32Zudem seien die Bestimmungen der AO-DV Zoll zu § 227 nicht abschließend.

33Vielmehr sei im Streitfall das Ermessen dahingehend reduziert, dass allein ein vollständiger Billigkeitserlass in Betracht komme. Nach der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. EG Nr. L  316 S. 21) – RL 92/83 – solle Alkohol nur besteuert werden, wenn er zu Trink- oder Genusszwecken eingesetzt werde. Damit sei ein Verzicht auf die Besteuerung vergällten Alkohols systemgerecht und müsse im Rahmen der Billigkeit berücksichtigt werden, zumal der an die „Q-GmbH“ gelieferte Alkohol für eine Steuerbefreiung zweckgerecht verwendet worden sei.

34Im Streitfall seien zudem weder der Steueranspruch noch die Steueraufsicht gefährdet gewesen. Aus § 143 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) ergebe sich der Rechtsgedanke, dass eine Besteuerung nicht stattzufinden habe, wenn Ware an Personen geliefert worden sei, die zu ihrem Bezug unter Steueraussetzung berechtigt gewesen seien.

35Die Unverhältnismäßigkeit der Besteuerung ergebe sich auch schon daraus, dass die Steuer in keinem Verhältnis zu dem von ihr erzielbaren Rohgewinn stehe.

36Bei der fehlenden Erlaubnis der „Q-GmbH“ handele es nur um eine Formalie, die unter Berücksichtigung des unionsrechtlich weitgehend harmonisierten Verbrauchsteuerrechts nach den Grundprinzipien des unionsrechtlichen Steuerrechts einer Steuerentstehung entgegenstehe. Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem Vorrang materieller Anforderungen vor reinen Formalien hätte die streitige Branntweinsteuer nicht festgesetzt werden dürfen.

37Das Vorliegen einer Erlaubnis sei mit dem sog. Buch- und Belegnachweis im Umsatzsteuerrecht vergleichbar.

38Bei einem fehlenden elektronischen Verwaltungsdokument handele es sich ebenfalls um eine Formalie, deren Nichteinhaltung nach den Grundsätzen des Unionssteuerrechts nicht ohne weiteres zur Steuerentstehung führen könne, sondern allenfalls eine Beweislastumkehr rechtfertige.

39Auch die Umsatzsteuer sei unionsrechtlich eine Verbrauchsteuer, so dass deren Rechtsgrundsätze auch auf die hier zu beurteilende besondere Verbrauchsteuer anzuwenden seien. Mit Urteil vom 27.09.2007, C-146/05, habe der EuGH festgestellt, dass nationale Vorschriften, die das Rechts auf Steuerbefreiungen im Wesentlichen von der Einhaltung formaler Pflichten abhängig machten, ohne die tatsächlichen materiellen Anforderungen zu berücksichtigen, über dasjenige hinausgingen, was zur Sicherung der Steuererhebung erforderlich sei. Seien die materiellen Anforderungen an eine innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt, sei die Steuerbefreiung gleichwohl zu gewähren. Gleiches ergebe sich auch aus dem EuGH-Urteil vom 27.09.2012, C-587/10.

40Die Klägerin beantragt,

41den Beklagten unter Aufhebung seiner Verfügung vom 11.10.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.11.2012 zu verpflichten, ihr 534.765,27 € Branntweinsteuer zu erstatten.

42Der Beklagte beantragt,

43die Klage abzuweisen,

44und verweist zur Begründung auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen. Ergänzend führt er aus, bereits in der Verfügung vom 11.10.2011 seien die Erwägungsgründe umfassend dargelegt worden, die in der Einspruchsentscheidung nur bestätigt worden seien. Für weitere, über die Ziffer 7.1.1 AO-DV Zoll zu § 227 hinausgehende Erwägungen habe kein Anlass bestanden.

45Zudem entspreche die Steuerentstehung dem Willen des Gesetzgebers. Auf die weitere Verwendung des gelieferten Alkohols durch die „Q-GmbH“ komme es insoweit nicht an.

46In der Einspruchsentscheidung habe er dargelegt, warum er auch bei der Klägerin von einem Verschulden ausgehe. Die Besteuerung sei auch nicht unverhältnismäßig. Das gelte auch unter Berücksichtigung des § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG, da auch dort auf eine Bewilligung des Warenempfängers abgestellt werde.

47Entscheidungsgründe:

48Die Klage ist unbegründet.

49Der Beklagte hat der Klägerin zu Recht die begehrte Erstattung versagt. Die Klägerin wird dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

50Nach § 227 AO können Steuern erstattet werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

51Die in § 227 AO genannte „Unbilligkeit“ der Einziehung kann auf sachlichen oder auf persönlichen Gründen beruhen. Persönliche Billigkeitsgründe macht die Klägerin im Streitfall nicht geltend. Gegenstand der im vorliegenden Verfahren vorzunehmenden Prüfung kann deshalb nur die Frage eines Erlasses aus sachlichen Billigkeitsgründen sein. Ein sachlicher Billigkeitsgrund liegt vor, wenn ein vom Gesetzeswortlaut gedecktes, aber vom Gesetzgeber nicht gewolltes Ergebnis vermieden werden soll (s. Klein-Rüsken AO 11. Aufl. § 163 Rz. 32 m.w.N.).

52Anhaltspunkte dafür, dass die Steuerentstehung der Branntweinsteuer im Streitfall vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen ist, sind nicht erkennbar.

53Die Steuer, deren Erstattung die Klägerin begehrt, ist dadurch entstanden, dass das Erzeugnis aus dem Steuerlager der Klägerin entfernt wurde, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren angeschlossen hatte, § 136 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol in der 2006 geltenden Fassung, zuletzt geändert durch die 9. Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 31.10.2006, BGBl. I, 2407 (BranntwMonG).

54Ein weiteres Steueraussetzungsverfahren hat sich nach der Entnahme aus dem Steuerlager der Klägerin nicht angeschlossen. Zwar dürfen nach § 140 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BranntwMonG im Steueraussetzungsverfahren Erzeugnisse in einen Betrieb eines Inhabers einer Erlaubnis nach § 139 Abs. 1 BranntwMonG verbracht werden.

55Nach § 139 Abs. 1 BranntwMonG bedarf derjenige, der vergällte Erzeugnisse nach § 132 Abs. 1 BranntwMonG zu bestimmten gewerblichen Zwecken verwenden will, der Erlaubnis. Bei dem mit Isopropanol und Tertiärbutanol vergällten Agraralkohol handelt es sich um ein vergälltes Erzeugnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. d BrStV, dessen Verwendung nicht allgemein, sondern nur mit besonders erteilter Verwendererlaubnis erlaubt war. Diese hat die „Q-GmbH“ erst am 20.04.2007 und nicht rückwirkend erhalten.

56Die Steuerentstehung nach § 136 Abs.1 Satz 1 BranntwMonG entspricht auch den seinerzeitigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.

57Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25.02.1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. EG Nr. L 76 S.1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16.11.2004 (ABl. EU Nr. L 359 S.30) – RL 92/12 – entsteht die Verbrauchsteuer mit der Überführung in den steuerlich freien Verkehr, wobei als Überführung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr jede – auch unrechtmäßige – Entnahme der Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung gilt. Das Verfahren der Steueraussetzung ist eine steuerliche Regelung, die u.a auf die Lagerung und die Beförderung der Waren unter Steueraussetzung Anwendung findet (Art. 4 Buchst. c RL 92/12), wobei dazu auch ein Steuerlager gehört (Art. 4 Buchst. b RL 92/12).

58Nach Art. 15 Abs. 1 RL 92/12 hat die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Verfahren der Steueraussetzung zwischen Steuerlagern zu erfolgen, wobei nach Art. 16 Abs. 1 RL 92/12 ein gewerblicher Wirtschaftsbeteiligter, der kein zugelassener Steuerlagerinhaber ist, Warenempfänger sein kann.

59Gerade die Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a RL 92/12, die eine Steuerentstehung bei jeder, auch unrechtmäßigen Entnahme aus dem Steuerlager vorsieht, zeigt, dass die Entstehung der Verbrauchsteuer auch in jedem Fall gewollt ist.

60Daran ändert auch der Umstand, dass nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. a RL 92/83 die Mitgliedstaaten Erzeugnisse von der Verbrauchsteuer befreien, wenn sie in Form von Alkohol, der nach den Vorschriften eines Mitgliedstaats vollständig denaturiert worden ist, zum Vertrieb kommen. Auch nach dieser Vorschrift wird nämlich ausdrücklich die Anwendung der RL 92/12 auf innergemeinschaftliche Beförderungen von vollständig denaturiertem Alkohol zu gewerblichen Zwecken verlangt.

61Für die sich aus Art. 27 Abs. 1 Buchst. b RL 92/83 ergebende Verpflichtung zur Steuerbefreiung von Alkohol, der nach den Vorschriften eines Mitgliedstaats denaturiert worden ist und zur Herstellung eines nicht für den menschlichen Genuss bestimmten Erzeugnisses verwendet werden soll, gilt nichts anderes: Insoweit haben die Mitgliedstaaten die Steuerbefreiung nach Maßgaben von Bedingungen vorzunehmen, die einerseits eine korrekte und einfache Anwendung der Befreiung sicherstellen und andererseits der Vermeidung von Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch dienen. In diesem Rahmen ist das Erfordernis der Anwendung des von Art. 15 f. RL 92/12 vorgesehenen Steueraussetzungsverfahrens nicht zu beanstanden.

62Aus der Rechtsprechung des EuGH folgt nichts anderes.

63Das zur Art. 28c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – ergangene EuGH-Urteil vom 27.09.2007, C-146/05, Slg. I 2007 S. 7861, beschränkt die Befugnisse der Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats nur für den Fall, dass die Befreiung allein mit der Begründung versagt wird, der entsprechende Nachweis sei zu spät erbracht worden. Entsprechendes gilt hinsichtlich des EuGH-Urteils vom 27.09.2012, C-587/10, hinsichtlich der gleichen Bestimmung in Bezug auf die Identifikationsnummer.

64Im Streitfall ergibt sich ein sachlicher Billigkeitsgrund auch nicht aus Nr. 7.1.1 AO-DV Zoll zu § 227. Danach kann eine Billigkeitsmaßnahme in Fällen abgabenrechtlich nachteiligen, entschuldbaren Verhaltens gerechtfertigt sein. Abgabenrechtlich nachteiliges Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn eine Steuerschuld lediglich als Folge einer versehentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften entstanden ist.

65Insoweit ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass nicht nur eine Verfahrensvorschrift, sondern eine materiell-rechtliche Bestimmung für die Steuerfreiheit verletzt worden ist. Im Anschluss an die Entnahme aus dem Steuerlager hat ein Steueraussetzungsverfahren nicht stattgefunden. Dessen materielle Voraussetzungen sind auch nicht nachträglich mit Wirkung für die jeweiligen Auslagerungszeitpunkte geschaffen worden. Vielmehr wurde der „Q-GmbH“ die beantragte Bewilligung der steuerbefreiten Verwendung nicht rückwirkend erteilt.

66Der Erlaubnis zur steuerbegünstigten Verwendung kommt eine konstitutive Wirkung zu (BFH-Beschluss vom 08.03.2004 VII B 150/03, BFH/NV 2004, 981), so dass die Erlaubniserteilung eine unabdingbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme der vom Gesetzgeber vorgesehenen Steuerbegünstigung ist (BFH-Beschluss v. 13.11.2007, VII B 112/07, BFH/NV 2008, 409 f., ZfZ 2008, 109 f.). Das Fehlen einer Erlaubnis führt zum Ausschluss der Steuerbegünstigung, auch wenn das Erzeugnis zu den begünstigten Zwecken verwendet worden ist (BFH-Beschluss v. 08.03.2004, VII B 150/03, BFH/NV 2004, 981 f., ZfZ 2004, 311 f.; BFH-Urteil v. 31.07.1990 VII R 3/89, BFH/NV 1991, 487).

67Im Hinblick auf fehlende sachliche Billigkeitsgründe ist die nach § 227 AO im Ermessen des Beklagten stehende Entscheidung, nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung, die das Gericht nur im Rahmen des § 102 FGO überprüfen kann, lässt mangels eines sachlichen Billigkeitsgrunds keinen Ermessensfehler erkennen.

68Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

69Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Für die Steuerentstehung ist eine innere Rechtfertigung zweifelhaft: Das vergällte Erzeugnis ist vom Empfänger so verwendet worden, dass – bei Vorliegen der später erteilten Erlaubnis – keine Steuer entstanden wäre. Damit stellt die Steuer im Streitfall nur noch eine Sanktion für die Nichteinhaltung von – allerdings materiell-rechtlich wirkenden – Formvorschriften dar. Zudem ist zweifelhaft, ob die im seinerzeit geltenden Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Bedingungen einer Steuerbefreiung zur Sicherung einer korrekten und einfachen Anwendung einer Billigkeitsmaßnahme dann entgegenstehen, wenn das dem Steuerlager entnommene Erzeugnis vom Warenempfänger planmäßig steuerbefreit verwendet wird.

Kindergeld für ein volljähriges verheiratetes Kind nach Wegfall des Grenzbetrags

Die Beteiligten stritten um die Gewährung von Kindergeld für ein volljähriges verheiratetes Kind. Die Klägerin hatte im Jahr 2012 für ihren im Oktober 1987 geborenen Sohn, der seit November 2012 eine Berufsausbildung absolviert, Kindergeld beantragt. Nachdem die Klägerin die Einkommensverhältnisse ihres Sohnes und seiner Ehefrau offen gelegt hatte, lehnte die Familienkasse die Kindergeldgewährung unter Hinweis auf den Unterhaltsanspruch des Sohnes der Klägerin gegenüber seiner Ehefrau ab.

Das FG Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und darauf hingewiesen, dass für ein in Berufsausbildung befindliches Kind Kindergeld bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt werde, wobei der Endzeitpunkt – wie im Streitfall – um die Dauer des geleisteten Grundwehr- oder Zivildienstes hinausgeschoben werde. Weitere Voraussetzungen enthalte das Gesetz für Streitzeiträume ab dem 1. Januar 2012 nicht mehr. Die Regelung bezüglich der Einkünfte und Bezüge des Kindes sei durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 weggefallen.

Vor diesem Hintergrund sei die Höhe der Ausbildungsvergütung des Sohnes der Klägerin ebenso wenig von Bedeutung wie dessen Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau. Gleiches gelte für die Einkünfte der Ehefrau des Sohnes. Ob ein sog. Mangelfall vorliegt, müsse nicht geprüft werden.

Das Finanzgericht Düsseldorf ist damit den Entscheidungen der Finanzgerichte Köln, München, Münster und Sachsen gefolgt, die sich ebenfalls gegen die bundesweit geltende Verwaltungsanweisung für die Familienkassen gestellt hatten. Es hat auch hier die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

 

Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 1940/13 Kg

Datum:
27.03.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 1940/13 Kg
Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unter Änderung des Bescheides vom 27. März 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2013 Kindergeld in der gesetzlichen Höhe für ihren Sohn für die Monate November 2012 bis Mai 2013 zu gewähren.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:2Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Kindergeld für ein volljähriges verheiratetes Kind.

3Die Klägerin ist die Mutter des am ……… 1987 geborenen Sohns. Der Sohn selbst ist seit dem ………… 2006 verheiratet und seinerseits Vater eines Kindes.

4Unter dem 25. November 2012 beantragte die Klägerin die Gewährung von Kindergeld für ihren Sohn. Dem Antrag fügte sie eine Wehrdienstzeitbescheinigung für …….. bei. Danach hatte dieser in der Zeit vom 01. Januar 2010 bis 30. November 2011 Wehrdienst geleistet, „zuletzt als Freiwilliger Wehrdienstleistender“.

5Seit dem 1. November 2012 befindet sich der Sohn, der unstreitig bislang über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, ausweislich des vorgelegten Berufsausbildungsvertrages in Ausbildung zum ……………….

6Nachdem die Klägerin die Einkommensverhältnisse des Sohnes und seiner Ehefrau offen gelegt hatte, lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom 27. März 2013 den Antrag der Klägerin auf Kindergeld ab.

7Zur Begründung führte sie aus, dass Kind sei verheiratet. Ab dem Folgemonat der Heirat bestehe kein Anspruch mehr auf Kindergeld, weil ab diesem Zeitpunkt nicht mehr die Eltern des Kindes, sondern dessen Ehegatte zum Unterhalt verpflichtet seien. Nachdem die Prüfung ergeben habe, dass sich das Kind unter Berücksichtigung des Unterhaltsbeitrages des Ehegatten selbst unterhalten könne, komme ein Kindergeldanspruch nicht in Betracht.

8Dagegen legte die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 30. November 2012 (Az.: 4 K 1569/12 Kg) mit Schreiben vom 10. April 2013 Einspruch ein.

9Sie führte aus, dass es sich bei ihrem Sohn ebenfalls um die berufliche Erstausbildung handele und aufgrund der Gesetzesänderung 2012 nicht zu prüfen sei, ob ein Mangelfall vorliege, da weder die Einkünfte ihres Sohnes noch seiner Ehefrau zu berücksichtigen seien.

10Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2013 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

11Mit der am 10. Juni 2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren unter Wiederholung ihres Vortrages weiter.

12Die Klägerin beantragt,

13die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2013 zu verpflichten, ihr für ihren Sohn ab November 2012 Kindergeld in der gesetzlichen Höhe zu gewäh-ren.

14Die Beklagte beantragt,

15die Klage abzuweisen.

16Zur Begründung nimmt sie auf die Einspruchsentscheidung Bezug.

17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

18Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 31. Juli 2013 und 8. August 2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

19Entscheidungsgründe:

20Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO-).

21Die Klage ist begründet.

22Die Ablehnung der beantragten Kindergeldfestsetzung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat für den hier streitigen Zeitraum November 2012 bis Mai 2013 Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn.

23Dabei legt das Gericht den Antrag der Klägerin dahingehend aus, dass sie die Gewährung von Kindergeld für die Monate November 2012 bis Mai 2013 begehrt. Denn der „zeitliche Regelungsumfang“ eines einen Kindergeldanspruch betreffenden Ablehnungsbescheides beschränkt sich auch für den Fall eines zunächst außergerichtlichen und dann gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens auf das Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, ohne dass eine nachfolgende Klageerhebung hieran etwas ändert (vgl. Bundesfinanzhof –BFH‑ Urteil vom 7. März 2013 V R 61/10, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofes ‑BFH/NV‑ 2013, 1025).

24Nach §§ 62, 63 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz –EStG‑ wird für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet, Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt. Über diese Altersgrenze hinaus wird ein Kind gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnahmsweise dann berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst geleistet hat. Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergeldes wird dann um einen der Dauer des geleisteten Dienstes entsprechenden Zeitraum hinausgeschoben.

25Danach besteht vorliegend der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Kindergeld jedenfalls für die hier streitigen Monate November 2012 bis Mai 2013.

26Der Sohn der Klägerin, der im Oktober 2012 sein 25. Lebensjahr vollendet hatte, befand sich in diesen sieben Monaten unstreitig in einer erstmaligen Berufsausbildung zum …………… . Der Sohn hatte zudem in der Zeit von Januar 2010 bis November 2011 insgesamt 23 Monate Wehrdienst geleistet, wovon neun Monate Grundwehrdienst waren (vgl. § 5 Abs. 1 Buchst. a Wehrpflichtgesetz –WPflG‑ i.d.F. vom 16. September 2008), da das WPflG zum Zeitpunkt des Diensteintritts des Kindes am 1. Januar 2010 einen neunmonatigen Grundwehrdienst vorsah. Einen Anspruch auf Verkürzung des Grundwehrdienstes aufgrund des Wehrrechtsänderungsgesetzes –WehrRÄnderG‑ 2010 (Bundesgesetzblatt –BGBl‑ I 2010, 1052), mit welchem ab dem 1. Dezember 2010 der sechsmonatige Grundwehrdienst eingeführt wurde, hatte der Sohn der Klägerin gemäß § 53 Abs. 1 WehrRÄnderG nicht, da er zum 31. Dezember 2010 bereits den längeren, neunmonatigen Grundwehrdienst abgeleistet hatte.

27Weitere Voraussetzungen enthält das Gesetz für Streitzeiträume ab dem 1. Januar 2012 nicht.

28Die Höhe der Ausbildungsvergütung des Sohnes ist für den Kindergeldanspruch ab Januar 2012 nicht mehr maßgeblich, da die in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der bis zum 31. Dezember 2011 gültigen Fassung enthaltene Regelung bezüglich der Einkünfte und Bezüge des Kindes zum 1. Januar 2012 entfallen ist (Art. 1 Nr. 17 Buchst. a, Art. 18 Abs. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011, BGBl I 2011, 2131 ff).

29Ebenso ist der Unterhaltsanspruch des Sohnes gegen seine Ehefrau nach §§ 1608 Satz 1, 1360, 1360a Bürgerliches Gesetzbuch –BGB‑, der bis zum 31. Dezember 2011 bei den maßgeblichen Einkünften und Bezügen zu berücksichtigen war (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2011 III R 8/08, Bundessteuerblatt –BStBl‑ II 2012, 340), in Streitzeiträumen ab Januar 2012 nicht mehr von Bedeutung.

30Die Einkünfte der Ehefrau des Sohnes sind für den Kindergeldanspruch der Klägerin ebenfalls nicht von Relevanz. Ob ein sog. „Mangelfall“ vorliegt, ist unerheblich, weil der Umstand, dass der Sohn verheiratet ist, dem Kindergelanspruch nicht entgegensteht. Das Gesetz sieht für verheiratete Kinder keine Einschränkungen vor.

31Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu § 32 EStG, in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung setzte der Anspruch auf Kindergeld zwar eine „typische Unterhaltssituation“ voraus. Nach diesem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal war ein Kindergeldanspruch nicht gegeben, wenn ein Kind verheiratet war und aufgrund der hinreichenden Einkünfte des Ehepartners kein sog. Mangelfall vorlag (BFH-Urteil vom 19. April 2007 III R 65/06, BStBl II 2008, 756) oder das Kind einer Vollzeitbeschäftigung nachging (BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 III R 78/04, BFH/NV 2006, 2248).

32Das Erfordernis des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der „typischen Unterhaltssituation“ hat der Bundesfinanzhof nachfolgend für die Fälle der Vollzeitbeschäftigung jedoch ausdrücklich mit der Begründung aufgegeben, dass eine typische Unterhaltssituation kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Berücksichtigungstatbestände sei (BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 III R 34/09, BStBl II 2010, 982). Die Frage, ob ein Kind typischerweise nicht auf Unterhaltsleistungen seiner Eltern angewiesen ist, sei nach der gesetzlichen Regelung erst im Rahmen der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.) zu prüfen.

33Da seit dem 1. Januar 2012 die Einkünfte und Bezüge des Kindes jedoch nicht mehr zu berücksichtigen sind und bereits unter diesem Gesichtspunkt eine typische Unterhaltssituation nicht erforderlich ist, können auch den Bedarf des Kindes deckende Unterhaltsansprüche gegenüber dem Ehegatten einem Kindergeldanspruch nicht entgegenstehen. Mangels gesetzlicher Regelung kann das Fehlen einer typischen Unterhaltssituation einen nach dem Gesetz bestehenden Unterhaltsanspruch nicht ausschließen.

34Der Senat folgt damit der Ansicht der Finanzgerichte Köln, München, Münster und Sachsen (vgl. FG Köln, Urteil vom 16. Juli 2013, 9 K 935/13, juris; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 13. Juni 2013 2 K 458/13 Kg, juris; FG München, Urteil vom 20. Februar 2013 9 K 3405/12, juris; FG Münster, Urteile vom 2. Juli 2013, 11 K 4300/12 Kg, juris und vom 30. November 2012, 4 K 1569/12 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑EFG‑ 2013, 298 mit zustimmender Anm. Siegers, EFG 2013, 299; a.A. Bering/ Friedenberger, Neue Wirtschaftsbriefe –NWB‑ 20/2013, S. 1564).

35Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 FGO.

36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung –ZPO-.

37Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Kindergeldberechtigung für verheiratete Kinder nach Wegfall des Grenzbetrages zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Zudem widerspricht die Entscheidung der bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung (DA 31.2.2 FamEStG, Stand: 2013).

Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten abzugsfähig

Die Klägerin begehrte den Abzug einer Vorfälligkeitsentschädigung als (nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Sie hatte das im Jahr 1999 erworbene Vermietungsobjekt im Jahr 2010 veräußert und musste der finanzierenden Bank zur Ablösung der Restschuld aus zwei Anschaffungsdarlehen eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von rund 3.500 € zahlen. Das Finanzamt lehnte den Abzug dieser – nach der Veräußerung entstandenen – Aufwendungen als Werbungskosten ab.

Dem ist das Finanzgericht Düsseldorf unter Berufung auf die bislang ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gefolgt. Der ursprünglich bestehende Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung werde durch die Veräußerung des Vermietungsobjekts unterbrochen, wenn die vorzeitige Rückführung des Kredits auf die Verpflichtung zur lastenfreien Übereignung zurückzuführen sei.

Etwas anderes folge auch nicht aus der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der zufolge Schuldzinsen auch nach der Veräußerung des Vermietungsobjekts abgezogen werden können. Im Gegensatz zu der dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Fallkonstellation sei die zehnjährige Veräußerungsfrist im Streitfall nämlich bereits abgelaufen gewesen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Finanzgericht Düsseldorf, 7 K 545/13 E

Datum:
11.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 545/13 E
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Streitig ist die Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

3Die Klägerin veräußerte im Streitjahr 2010 das von ihr im Jahre 1999 erworbene Objekt „A“-Straße in „B“ für 155.000 EUR; die Klägerin war zur lastenfreien Übertragung des Grundstückes verpflichtet. Zur Ablösung einer Restschuld aus zwei Darlehen in Höhe von 48.773 EUR, die zur Finanzierung der Anschaffung aufgenommen worden waren, zahlte sie der kreditgebenden Bank insgesamt 3.479,07 EUR als Vorfälligkeitsentschädigung und machte diese in ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte berücksichtigte zunächst diese Aufwendungen in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid vom 25.7.2012; der Verlust aus der Vermietung des Objektes betrug 4.914 EUR. Die Klägerin erhob hiergegen aus anderen als den hier streitigen Gründen Einspruch. Mit Schreiben vom 13.8.2012 teilte der Beklagte mit, die Vorfälligkeitsentschädigungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.1.2013 verringerte der Beklagte den Verlust aus Vermietung und Verpachtung auf 1.435 EUR und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen (Bl. 19ff der Gerichtsakten).

4Die Klägerin hat am 20.2.2013 Klage erhoben, zu deren Begründung sie unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens geltend macht, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, insbesondere dem Urteil vom 20.6.2012 (Az.: IX R 67/10, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275) zur Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten, seien auch nach Beendigung der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen, deren ursprünglicher Grund in der Aufnahme von Darlehen zur Finanzierung eines Vermietungsobjektes liege, auch nach der Veräußerung des Objektes als Werbungskosten zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung sei auch auf Vorfälligkeitsentschädigungen anzuwenden, da derartige Zahlungen wirtschaftlich Vorauszahlungen auf in Zukunft fällig werdende Zinsen darstellten. Durch die Veräußerung werde der ursprünglich bestehende Veranlassungszusammenhang zwischen der Entstehung der Darlehensschuld und der Einkunftserzielung nicht aufgelöst.

5Die Klägerin beantragt,

6die Einkommensteuer für 2010 auf 23.303 EUR herabzusetzen.

7Der Beklagte beantragt,

8die Klage abzuweisen.

9Er vertritt die Ansicht, der für einen Anerkennung als Werbungskosten notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzinsen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestehe nicht mehr, wenn das Objekt veräußert worden sei. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.6.2012 sei dahingehend zu verstehen, dass nach einer Veräußerung entstehende, nachträgliche Schuldzinsen nur dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt werden könnten, wenn die Voraussetzungen einer Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG gegeben seien. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der maßgebliche Zeitraum von zehn Jahren seit Anschaffung im Zeitpunkt der Veräußerung abgelaufen gewesen sei.

10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten.

11Entscheidungsgründe

12Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 25.7.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.1.2013 ist rechtmäßig. Die Vorfälligkeitsentschädigungen sind nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

13Nach der bisher ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellen Vorfälligkeitsentschädigungen keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Derartige Entschädigungen unterfallen dem ertragsteuerlichen Schuldzinsenbegriff mit der Folge, dass sie nur dann als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn sie im Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind (vgl. BFH Urteile vom 14.1.2004 IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091 und vom 6.12.2005 VIII R 34/04 BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265). Der ursprünglich durch die Aufnahme eines Kredites zur Anschaffung einer Vermietungsobjektes bestehende Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wird durch die Veräußerung des Vermietungsobjektes unterbrochen, wenn die vorzeitige Rückführung des Kredits auf die Verpflichtung des Veräußerers zur lastenfreien Übereignung des Grundstücks zurückzuführen ist; die Vorfälligkeitsentschädigungen sind dann nicht den bis zur Veräußerung erzielten laufenden Einkünften, sondern dem Veräußerungsvorgang zuzurechnen (vgl. BFH Urteile vom 23.1.1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464, vom 23.9.2003 IX R 20/02, BFHE 203, 352, BStBl II 2004, 57 und vom  6.12.2005 VIII R 34/04 a.a.O.; Beschluss vom 9.8.2012 IX B 57/12, BFH/NV 2012, 2014). Da die Klägerin nach dem notariellen Kaufvertrag verpflichtet war, das Grundstück, mit Ausnahme einer Grunddienstbarkeit, lastenfrei auf den Erwerber zu übertragen, bestand ein Zusammenhang zwischen der Verpflichtung zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen mit der Veräußerung, nicht aber den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

14Etwas anderes ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung zur Anerkennung von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012 lässt der Bundesfinanzhof den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten in einem größeren Umfang zu als zuvor. Maßgebender Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit ist die Verlängerung der Spekulationsfrist für Grundstücksveräußerungen durch § 23 Abs. 1 S. 1 EStG in seiner seit 1999 geltenden Fassung auf nunmehr 10 Jahre. Vor diesem Hintergrund, so der BFH, sei das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest –) Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Aus diesem Grund könnten nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen. Dies würde besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsgutes sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen minderten. Diese Regelung verknüpfe das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Absatz 1 S. 1 EStG steuerbar bewahrten Veräußerungsgeschäfts, strukturell der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen gleichgestellt werde. Hieraus hat der BFH im entschiedenen Fall, in dem die Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bejaht. Ob darüber hinaus in anderen denkbaren Fallkonstellation, damit auch nach Ablauf der Zehnjahresfrist, eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht nur durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen. Ausgedehnt hat er die Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen ein bisher zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienendes Wohngrundstück steuerbar veräußert wurde und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen. Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, über die vom BFH hinaus erfolgte Erweiterung auch im hier zu entscheidenden Fall die nach der Beendigung der Vermietungsabsicht angefallenen Schuldzinsen anzuerkennen. Hier war die Veräußerungsfrist abgelaufen. Die Gründe, die den BFH im angesprochenen Urteil dazu bewogen haben, seine Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung undVerpachtung auszudehnen, greifen nicht ein. Denn die Situation des Veräußerers, der nicht unter § 23 EStG fällt, ist der Situation des Veräußerers von Betriebsvermögen gerade nicht zu vergleichen.

15Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

16Die Revision wurde zur Fortbildung des Rechts gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Verluste eines Hobbyautoren nicht steuerlich absetzbar

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 14. August 2013 (Az. 2 K 1409/12) hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz entschieden, dass Verluste, die ein (Hobby)Autor wegen der Veröffentlichung eines Buches mit Kurzgeschichten erzielt hat, steuerlich nicht anzuerkennen sind.

Der Kläger ist als Logopäde selbständig tätig. Für die Jahre 2008, 2009 und 2010 machte er auch Aufwendungen für seine Autorentätigkeit geltend, u. a. Publikationskosten, Fahrtkosten, Kosten für ein Arbeitszimmer und die Geschäftsausstattung (insgesamt rund 11.000 Euro). Einnahmen erklärte er keine. Im Jahr 2011 gab er seine Autorentätigkeit auf.

Für die Einkommensteuerveranlagung prüfte das beklagte Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers in Bezug auf seine Autorentätigkeit und forderte von ihm entsprechende Angaben und Unterlagen. Eine Antwort blieb aus, so dass die geltend gemachten Verluste aus der Autorentätigkeit des Klägers nicht anerkannt wurden.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, der – mangels Begründung – mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Mit seiner Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe mit einem Verlag einen Autorenvertrag geschlossen. Dies belege seine Gewinnerzielungsabsicht. Ohne entsprechende Gewinnerzielungsabsicht hätte er auch keine Publikationskosten in Höhe von 4.841 Euro übernommen. Mit der Autorentätigkeit habe er sich ein zweites Standbein aufbauen wollen, da er wegen gesundheitlicher Probleme in der Ausübung seines Hauptberufes zusehends eingeschränkt werde. Im Übrigen sei er vom Verlag getäuscht worden, da dieser nicht die zugesagten Aktivitäten entfaltet habe.

Das Finanzgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. August 2013 (Az. 2 K 1409/12) als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, der Kläger habe nicht den Nachweis führen können, dass er mit seiner Autorentätigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht gehabt habe. Die Gewinnerzielungsabsicht als sog. „innere Tatsache“ (= Vorgang, der sich in der Vorstellung von Menschen abspielt) könne nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden. Nach diesen allein maßgeblichen objektiven Umständen sei davon auszugehen, dass der Kläger mit seiner Autorentätigkeit keinen Totalgewinn hätte erzielen können. Der Kläger habe die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt. Der besondere Charakter des vom Kläger behandelten Themas erlaube den Schluss, dass die Tätigkeit nicht allein auf der Absicht beruht habe, sich ein zweites berufliches Standbein zu schaffen. Auch die Bereitschaft zur Übernahme nicht unerheblicher Druckkosten spreche dafür, dass überwiegend private Interessen und Neigungen für die Tätigkeit ursächlich gewesen seien. Die Verluste könnten auch nicht als sog. „Anlaufverluste“ anerkannt werden, weil schon zu Beginn der Tätigkeit kein schlüssiges Betriebskonzept existiert habe, das den Kläger zu der Annahme hätte veranlassen dürfen, durch die selbständige Tätigkeit könne insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden. Der Betrieb sei auch objektiv nicht geeignet gewesen, einen Totalgewinn abzuwerfen, weil die Druckkosten bereits zu Beginn der Tätigkeit einen Verlust ausgelöst hätten, der in den nachfolgenden Jahren nicht auszugleichen gewesen wäre. Um überhaupt mit Honoraren rechnen zu können, hätte der Kläger mehr als 1.000 Stück seines Werkes verkaufen müssen. Derartige Verkaufszahlen seien auch bei einem „aktiveren“ Marketing des Verlages bei einem Erstlingswerk nicht zu erreichen gewesen. Bereits durch den Internetauftritt des Verlages werde deutlich, dass dessen vorrangiger Geschäftszweck in der Gewinnung von unbekannten Autoren liege, um aus der unmittelbaren Geschäftsbeziehung mit diesen Geld zu verdienen. Dem gesamten Internetauftritt des Verlages bzw. der Verlagsgruppe sei nicht zu entnehmen, dass überhaupt ein Vertrieb der verlegten Werke ernsthaft habe erfolgen sollen. Aus späteren Schreiben des Verlages ergebe sich vielmehr, dass der Kläger die Vermarktung selbst habe in die Hand nehmen sollen. Allein die Hoffnung, für den Literaturmarkt „entdeckt“ zu werden, reiche nicht aus.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz

Lohnsteuerermäßigung

Jetzt Freibeträge für 2014 beantragen

Wer beispielsweise als Berufspendler oder bei Unterhaltszahlungen hohe monatliche Kosten hat, kann sich Freibeträge auf der elektronischen Lohnsteuerkarte berücksichtigen lassen. Hierzu kann ab Oktober 2013 beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung gestellt werden. Zur Vermeidung langer Wartezeiten sollte dies am besten auf dem Postweg geschehen.
Auch bei unveränderten Verhältnissen ist ein erneuter Antrag erforderlich. Hierzu genügt jedoch der vereinfachte Antrag auf Lohnsteuerermäßigung. Ausnahme: Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung und Hinterbliebene, die bereits über das Jahr 2013 hinaus gewährt wurden, werden ohne neuen Antrag bis zum Ende der Gültigkeit des Behindertenausweises weiterhin berücksichtigt.
In Fällen, in denen ein solcher Pauschbetrag auf den Ehegatten/den Lebenspartner oder die Eltern übertragen wird, ist für 2014 jedoch ein erneuter Antrag zu stellen.

Die erforderlichen Vordrucke für den Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2014 sind bei den Finanzämtern und im Internet unter: www.fin-rlp.de/vordrucke(Lohnsteuer / Lohnsteuerermäßigung 2014) erhältlich.
Auskunft zum Lohnsteuerermäßigungsverfahren und der elektronischen Lohnsteuerkarte erteilt auch die Info-Hotline der Finanzämter mit einem Aktionstag am 10. Oktober von 8 bis 17 Uhr unter 0261- 20 179 279.

Gründe, die zu einer Ermäßigung der Lohnsteuer führen können:

  • hohe Werbungskosten (z.B. Fahrtkosten zur Arbeit),
  • außergewöhnliche Belastungen (z.B. Krankheitskosten) und Sonderausgaben (z.B. Spenden); Voraussetzung: die Aufwendungen müssen mindestens 600 Euro pro Jahr betragen
  • Kinderbetreuungskosten
  • Unterhaltszahlungen an geschiedene oder dauerhaft getrennt lebende Ehegatten
  • Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene
  • haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen
  • Verluste aus anderen Einkunftsarten
  • Geringverdiener (Übertragung Grundfreibetrag)

Durch die Berücksichtigung des Freibetrags zieht der Arbeitgeber weniger Lohnsteuer vom Arbeitslohn ab.
Beispiel: Der monatliche Bruttoarbeitslohn beträgt 1.800 EUR. Der vom Finanzamt gewährte Freibetrag beläuft sich auf 210 EUR monatlich.
Der Arbeitgeber versteuert dann nicht 1.800 EUR, sondern 1.590 EUR (1.800 EUR abzüglich 210 EUR).

Quelle: Oberfinanzdirektion Koblenz

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin