Sozialplan in Insolvenz: Wann verjähren Abfindungsansprüche?

Sozialplan in Insolvenz: Wann verjähren Abfindungsansprüche?

Kernaussage
Sozialplanansprüche verjähren innerhalb von 3 Jahren ab Fälligkeit, die wiederum grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses gegeben ist. In diesem Zusammenhang hat das Landearbeitsgericht Düsseldorf aktuell entschieden, dass Sozialplanansprüche auch nach 9 Jahren noch nicht verjährt sind.

Sachverhalt
Die Parteien streiten über einen Sozialplananspruch. Der Kläger war bis zum 31.1.2004 bei der Arbeitgeberin beschäftigt, über deren Vermögen am 1.10.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden war. Dieser zeigte gegenüber dem Insolvenzgericht am 2.10.2003 Masseunzulänglichkeit an und schloss am 10.10.2003 mit dem Betriebsrat einen Sozialplan. Aus diesem ergab sich für den Kläger ein Abfindungsanspruch in Höhe von 14.761,39 EUR. In den seit 2003 erstellten 17 halbjährlichen Zwischenberichten des Insolvenzverwalters waren die Sozialplanansprüche mit einer Quote berücksichtigt. Erstmals im 18. Zwischenbericht vom 17.12.2012 teilte der Beklagte mit, dass diese Ansprüche auf Grund des Eintritts der Verjährung nicht mehr zu berücksichtigen seien. Dieser Rechtsauffassung tritt der Kläger entgegen und begehrt die Feststellung, dass ihm nach wie vor der Sozialplananspruch zusteht.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgerichts Düsseldorf gab der Klage statt. Zum einen seien die Ansprüche noch nicht fällig, d. h. die Verjährungsfrist habe noch nicht zu laufen begonnen. Zwar verjährten Sozialplanansprüche innerhalb von 3 Jahren ab Fälligkeit und diese Fälligkeit sei grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, d. h. hier am 31.01.2004, gegeben. Anders sei dies aber, wenn wie im konkreten Fall vor Abschluss des Sozialplans Masseunzulänglichkeit angezeigt werde. Der Anspruch werde dann erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens und Verteilung der Masse fällig. Vorher sei der Anspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unsicher, so dass die Verjährung unterbrechende Leistungs- oder Feststellungsklagen nicht möglich seien.

Konsequenz
In der Urteilsbegründung führt das Gericht noch als Parallelargument an, dass es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn der Insolvenzverwalter sich auf Verjährung berufe, nachdem er die Ansprüche jahrelang – auch nach dem von ihm angenommenen Ablauf der Verjährung – in den Zwischenberichten aufgenommen habe. Die Arbeitnehmer hätten hier objektiv davon ausgehen dürfen, „dass mit ihrem Sozialplananspruch alles in Ordnung sei“. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Faxversendung durch Auszubildende

Faxversendung durch Auszubildende

Kernaussage
Mit der Versendung fristwahrender Schriftsätze per Fax dürfen nur hiermit erfahrene und zuverlässige Auszubildende betraut werden.

Sachverhalt
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte eine Schriftsatzfrist für eine Berufungsbegründung versäumt, da sein Fristverlängerungsgesuch nicht fristwahrend durch einen Auszubildenden an das Gericht gefaxt wurde. Der Prozessbevollmächtigte beantragte bezüglich des Fristverlängerungsgesuchs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er begründete seinen Antrag damit, dass er das Gesuch unterzeichnet und mit der Bitte zur Faxübersendung an seine Fachangestellte übergeben hatte. Diese habe eine Auszubildende mit der Erledigung angewiesen. Auf Nachfrage der Fachangestellten habe die Auszubildende eine erfolgreiche Versendung bejaht, was nicht überprüft worden sei. Obwohl das Fax gar nicht versendet worden war, sei die Frist im Fristenkalender gelöscht worden. Am folgenden Tag sei festgestellt worden, dass es kein Faxprotokoll gab und dass das Gesuch nicht gefaxt worden sei. Es gebe eine Anweisung der Fachangestellten, dass ausgehende Faxe anhand des Faxprotokolls zu überprüfen sind, dies auf dem Protokoll zu vermerken und erst dann die Frist zu löschen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde zurückgewiesen; die hiergegen gerichtete Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) blieb erfolglos.

Entscheidung
Nach Ansicht des BGH hat der Prozessbevollmächtigte die Frist schuldhaft versäumt, so dass ihm keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wurde. Bei unerfahrenen Auszubildenden kann es bei der Erledigung mehrerer Faxaufträge leicht dazu kommen, dass Faxprotokolle verwechselt, falsch zugeordnet oder missdeutet werden oder ihr Fehlen übersehen wird oder es eigenmächtig zur Eintragung der Fristerledigung im Fristenkalender kommt. Außerdem fehlt Auszubildenden sowohl die Erfahrung im Umgang mit dem anwaltlichen Schriftverkehr als auch ein Bewusstsein für die Bedeutung und den Nachweis der Wahrung von Fristen. Die Versendung von Faxen bei fristwahrenden Schriftsätzen darf nur solchen Auszubildenden übertragen werden, die hiermit vertraut sind und deren regelmäßig kontrollierte Tätigkeit keine Beanstandung ergeben hat. Da sichergestellt werden muss, dass keine unerfahrenen und unzuverlässigen Auszubildenden mit der Versendung von Faxen betraut werden, reicht eine organisatorische Regelung zur Kontrolle der Faxübermittlung allein nicht aus.

Konsequenz
Nur wenn Auszubildende mit der Erledigung von Faxaufträgen vertraut sind und eine regelmäßige Kontrolle ihrer Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat, darf ihnen die Versendung eines fristwahrenden Schriftsatzes per Fax übertragen werden. Sollen Faxe zur Fristwahrung durch Auszubildende versendet werden, ist neben einer organisatorischen Regelung zur Kontrolle der Faxübermittlung auch eine Regelung zur Einschaltung von Auszubildenden erforderlich.

Zinsen aus Vermächtnis sind beim Erben Einnahmen aus Kapitalvermögen

Zinsen aus Vermächtnis sind beim Erben Einnahmen aus Kapitalvermögen

Kernproblem
Ansprüche aus einem Vermächtnis des Erblassers unterliegen der Erbschaftsteuer, wenn die persönlichen Freibeträge überschritten sind. Dass sich hieraus auch ertragsteuerliche Folgen für den Vermächtnisnehmer ergeben können, wenn der Erblasser im Testament die spätere Auszahlung unter Berücksichtigung einer Verzinsung anordnet, zeigt folgender Streitfall des Finanzgerichts Düsseldorf.

Sachverhalt
Die Eltern hatten testamentarisch einen Geldbetrag als Vermächtnis zugunsten ihres Sohnes beim Tode des erstversterbenden Elternteils in Höhe des dann geltenden erbschaftsteuerlichen Freibetrages bestimmt. Der Anspruch sollte jedoch erst 5 Jahre nach dem Tod des Erstversterbenden fällig und bis dahin mit 5 % p. a. verzinst werden. Die Forderung war nach dem Tod des Vaters im Jahr 2001 in Höhe von 205.000 EUR entstanden. Als die Mutter fast 6 Jahre später im Jahr 2007 zugunsten des Sohnes auf wesentlich höher bewertete Nießbrauchsrechte verzichtete, erklärte der Sohn im Gegenzug u. a. den Verzicht auf seinen Anspruch. In der Einkommensteuererklärung 2007 deklarierte der Sohn zunächst Zinseinnahmen auf das Vermächtnis von 61.640 EUR; hierin waren zeitanteilig 51.250 EUR für die testamentarisch bestimmten 5 Jahre enthalten. Nach einem Rechtsstreit kam man überein, dass die Zinsen zumindest nicht im Jahr 2007 zu berücksichtigen waren. Dafür setzte das Finanzamt den Zinsbetrag von 51.250 EUR im Steuerbescheid 2006 an. Hiergegen klagte der Sohn mit der Begründung, dass die Zinsen Teil der Zuwendung von Todes wegen seien und nicht der Einkommensteuer unterlägen.

Entscheidung
Nach dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf unterliegen die Zinsen von 51.250 EUR im Jahr 2006 der Einkommensteuer. Die Richter führten aus, dass das Vermächtnis eine sonstige Kapitalforderung darstelle und mit dem Erbfall entstanden sei. Die testamentarisch verfügte spätere Fälligkeit bewirke nicht, dass das Vermächtnis unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet worden sei. Die Verzinsung belege vielmehr, dass das Kapital zwar zunächst der Erbin belassen werden sollte, aber eine Zuordnung zum Vermächtnisnehmer getroffen war. Die Zinsen seien auch zugeflossen, denn der Sohn habe sich zur verzinslichen Überlassung des Kapitals entschieden, indem er den Vermächtnisbetrag nebst Zinsen nicht einforderte, obwohl er den Leistungserfolg hätte herbeiführen können. Damit habe er über den Gesamtbetrag zum Zeitpunkt der Fälligkeit verfügt.

Konsequenz
Das Urteil ist nicht bestandskräftig. Bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Revisionsverfahren sollte über die Vorteilhaftigkeit vergleichbarer Regelungen nachgedacht werden. Das gilt erst recht, wenn die aufgewendeten Zinsen steuerlich nicht nutzbar sind.

Kfz-Nutzung: BMF zeigt neue Risiken auf

Kfz-Nutzung: BMF zeigt neue Risiken auf

Kernaussage
Die private Kfz-Nutzung durch Arbeitnehmer unterliegt u. a. der Umsatzsteuer. Bisher stand die zutreffende Ermittlung der Höhe der Kfz-Nutzung regelmäßig im Fokus. Als würde dies noch nicht ausreichen, kann sich nun auch das Problem für im Inland ansässige Unternehmen ergeben, dass sie die Kfz-Nutzung im Ausland der Umsatzbesteuerung unterwerfen müssen.

Rechtslage
Mit Wirkung vom 30.6.2013 gilt als Leistungsort für die langfristige Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer das Empfängerortprinzip. Die Besteuerung erfolgt demnach am Wohnsitz des Nichtunternehmers unabhängig davon, wo das Kfz tatsächlich genutzt wird. Die Rechtsänderung dient der Anpassung an die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL), die diese Regelung schon seit dem 1.1.2013 vorsieht.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zu der Neuregelung grundsätzlich Stellung genommen. U. a. wird klargestellt, dass die Überlassung von Pkw an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung als langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels anzusehen ist.

Konsequenz
Überlassen Unternehmen langfristig (> 30 Tage) Kfz an Mitarbeiter die im Ausland wohnen, so unterliegt dies nicht der Umsatzsteuer in Deutschland, sondern im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers. Dies hat für die Unternehmen regelmäßig die Registrierung in diesem Staat zwecks Deklaration der Umsatzsteuer zur Folge. Die Überlassung des Kfz führt somit zu zusätzlichen Kosten, die zu beachten sind, wenn Arbeitnehmern mit Wohnsitz im Ausland Kfz zur privaten Nutzung überlassen werden.

Selbst bei Hochzeitsfotos muss man auf die Umsatzsteuer achten

Selbst bei Hochzeitsfotos muss man auf die Umsatzsteuer achten

Kernaussage
Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetzergeben, unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Dies gilt allerdings nur, wenn der urheberrechtliche Aspekt wesentlicher Inhalt der jeweiligen Leistung ist. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein. So ist z. B. bei Hochzeits- bzw. Portraitfotos die Frage aufgeworfen worden, ob die Übergabe der Bilddateien durch Fotografen eine derartige begünstigte Übertragung ist.

Neue Verwaltungsanweisung
Der Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen zufolge fallen fotografische Leistungen nicht unter die Begünstigung. Demnach ist die Übergabe der Fotos nebst Bilddateien als eine dem Regelsteuersatz unterliegende Lieferung anzusehen. Zwar ist mit der Übergabe der Fotos auch die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte verbunden, die OFD geht jedoch davon aus, dass es den Kunden nicht auf die Übertragung der Rechte ankommt, sondern auf den Erhalt der Bilder bzw. der Bilddateien.

Konsequenz
Derartige Leistungen müssen von Fotografen mit dem Regelsteuersatz abgerechnet werden. Hiervor schützen auch „kreative“ Rechnungsinhalte nicht. So weist die OFD darauf hin, dass weder eine Trennung des Entgelts in Aufnahmehonorar sowie Bilderverkauf, noch der Hinweis auf künstlerische Tätigkeit des Fotografen etwas an der Anwendung des Regelsteuersatzes ändert. Lediglich bei Fotobüchern ist eine Differenzierung angebracht. Werden diese vom Fotografen erstellt, so verbleibt es beim Regelsteuersatz. Werden diese jedoch vom Kunden entworfen und nur gedruckt, kann dies ggf. als begünstigte Lieferung eines Buches zu werten sein. Da auch hier die Abgrenzung schwierig ist, ist bei Zweifeln eine unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke bei der Zollverwaltung einzuholen.

Ermäßigter Steuersatz für Künstler

Ermäßigter Steuersatz für Künstler

Kernaussage
Kulturelle Einrichtungen, z. B. Theater, Orchester etc. sind i. d. R. entweder von der Umsatzsteuer befreit oder können den ermäßigten Steuersatz (7 %) in Anspruch nehmen. Zwischen Befreiung und ermäßigtem Steuersatz besteht kein Wahlrecht, sondern der ermäßigte Steuersatz greift erst, wenn die Voraussetzungen für die Befreiung nicht vorliegen.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen gibt in einer aktuellen Verfügung Hinweise zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (nach § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG) für Solisten sowie für die Veranstaltung von Theatervorführungen sowie Konzerten. Auf Leistungen von Dirigenten ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Dagegen unterliegen Regisseure, Bühnenbildner, Tontechniker etc. dem allgemeinen Steuersatz (19 %). Nur wenn der wesentliche Inhalt der Leistung dieser Berufsgruppen urheberrechtlicher Natur ist, z. B. bei Kostümbildnern, findet der ermäßigte Steuersatz Anwendung (allerdings nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG). Die Leistungen von Intendanten, Artisten, Zauberern, Bauchrednern sowie Diskjockeys sind ebenso grundsätzlich dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. So können Diskjockeys den ermäßigten Steuersatz beanspruchen, wenn ihre Leistung künstlerisch ist. Dies soll z. B. dann der Fall sein, wenn sie die Musik nicht lediglich abspielen, sondern Mischpult und CD-Player als „Instrumente“ nutzen. Die Veranstaltung von Konzerten ist nur dann begünstigt, wenn durch weitere Leistungen, die in Verbindung hiermit erbracht werden, der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Nicht begünstigt sind daher z. B. musikalische Darbietungen im Rahmen von Tanzbelustigungen, Sportveranstaltungen sowie zur Unterhaltung von Besuchern von Gaststätten.

Konsequenzen
Künstler haben verständlicherweise ein Interesse daran, dass ihre Leistungen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Der vermeintliche Vorteil kann sich jedoch ins Gegenteil verkehren, wenn die Rechtslage falsch beurteilt wird und der Fiskus die Anwendung des ermäßigten Steuersatz verneint. Hier ist somit eine genaue Prüfung erforderlich, bei der die Verfügung Hilfe leistet. Bevor diese jedoch zum Einsatz kommt, muss geklärt werden, ob für diese Leistungen eine Steuerbefreiung greift. Da insofern kein Wahlrecht besteht, können betroffene Unternehmer nicht zur Steuerpflicht „optieren“, falls dies aufgrund des hiermit verbundenen Vorsteuerabzuges günstiger sein sollte.

Können Miteigentumsanteile geliefert werden?

Können Miteigentumsanteile geliefert werden?

Kernaussage
In der Umsatzsteuer wird zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen differenziert. Die Unterscheidung ist nicht nur akademischer Natur, sondern von erheblicher Bedeutung für die umsatzsteuerliche Erfassung. So kann die Unterscheidung z. B. den Ort der Besteuerung, die Rechnungsstellung sowie den Steuersatz beeinflussen.

Sachverhalt
Der Kläger war jeweils zur Hälfte an 4 Pferden beteiligt. Er verkaufte diese Miteigentumsanteile an Dritte. Den Erlös rechnete er mit dem ermäßigten Steuersatz ab, da er den Verkauf als begünstigte Lieferungen halber Pferde qualifizierte. Das Finanzamt hingegen vertrat die Ansicht, dass der Verkauf als sonstige Leistung zu erfassen und somit dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sei.

Entscheidung
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) kommt unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH) zu dem Ergebnis, dass auch die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Pferd als Lieferung anzusehen ist.

Konsequenz
Auf Druck der EU wurde der begünstigte Steuersatz für die Lieferung von Pferden mit Wirkung vom 1.7.2012 aufgehoben. Dennoch hat der Fall für die Praxis Relevanz, da es um die grundsätzliche Frage geht, ob die Übertragung von Miteigentumsanteilen als Lieferung zu qualifizieren ist, mit den hiermit verbundenen umsatzsteuerlichen Folgen. Da gegen das Urteil Revision eingelegt wurde, wird nun der BFH, ggf. aber auch noch der EuGH, hierüber entscheiden müssen.

Besteuerung von Erträgen aus ausländischen „schwarzen“ Fonds auf dem europarechtlichen Prüfstand

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Vorlagebeschluss vom 6. August 2013 VIII R 39/12 den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angerufen, um klären zu lassen, ob die bis Ende 2003 geltende deutsche Regelung zur Besteuerung von Anlegern, die sich an ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds beteiligt haben, gegen die europarechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit verstieß. Die Kapitalverkehrsfreiheit gehört zu den europarechtlichen Grundfreiheiten. Sie gilt nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auch im Verhältnis zu Drittstaaten.

Erträge aus inländischen und ausländischen Investmentfonds wurden nach dem Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) unterschiedlich besteuert. Wenn die Erträge aus inländischen Fonds nicht nachgewiesen wurden, waren (und sind sie auch heute) notfalls zu schätzen. Für ausländische Fonds schrieb das AuslInvestmG dagegen besondere Anzeige- und Bekanntmachungspflichten vor. Außerdem hatten ausländische Fonds einen inländischen Vertreter zu bestellen. Waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelte es sich um „schwarze“ Fonds. Für sie schrieb § 18 Abs. 3 AuslInvestmG eine fiktive pauschale Ertragsermittlung vor, die regelmäßig zu höheren Erträgen führte als bei inländischen Fonds. Die tatsächliche Höhe der erzielten Erträge war für die Besteuerung ohne Bedeutung.

Im Streitfall war der Kläger an „schwarzen“ Investmentfonds mit Sitz auf den Kaimaninseln beteiligt. Das Finanzamt wandte die Pauschalregelung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG an und lehnte es ab, die vom Kläger im Einzelnen nachgewiesenen – deutlich niedrigeren – tatsächlichen Erträge der Besteuerung zugrunde zu legen.

Der BFH sah in dieser Pauschalbesteuerung einen offensichtlichen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, weil inländische Anleger durch die verschärfte Besteuerung solcher ausländischer Erträge davon abgehalten werden könnten,sich an ausländischen „schwarzen“ Fonds zu beteiligen. Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei nicht zu rechtfertigen. Beteiligungen an inländischen und ausländischen Fonds seien grundsätzlich objektiv vergleichbar. Auch sei der Nachweis von Erträgen aus ausländischen Fonds nicht von vornherein unmöglich. Das Gesetz nehme zu Unrecht keine Rücksicht darauf, ob mit dem jeweiligen Drittstaat ein Amtshilfeabkommen bestehe, das eine Nachprüfung der Erträge ermögliche. Jedenfalls sei die Pauschalbesteuerung unverhältnismäßig, weil sie den Nachweis der tatsächlichen Erträge für die Besteuerung ausnahmslos ausschließe.

Trotz des offensichtlichen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit hielt sich der BFH für verpflichtet, den EuGH anzurufen. Aufgrund einer neueren Entscheidung des EuGH (vom 7. Juni 2012 C-39/11) sei zweifelhaft geworden, ob § 18 Abs. 3 AuslInvestmG überhaupt am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit überprüft werden könne oder Bestandsschutz genieße. Diese Rechtsfrage sei europarechtlich ungeklärt, so dass sie dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt werde.

Obwohl es um ausgelaufenes Recht geht, hat das Verfahren Breitenwirkung, weil noch zahlreiche Streitfälle mit erheblichen finanziellen Auswirkungen offen sind. Auch die heute geltende Nachfolgeregelung (§ 6 des Investmentsteuergesetzes) ist Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH (C-326/12).

BFH, Pressemitteilung Nr.76/13 vom 30.10.2013 zum Beschluss VIII R 39/12 vom 06.08.2013

BUNDESFINANZHOF Entscheidung vom 6.8.2013, VIII R 39/12

Europarechtliche Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Erträgen aus „schwarzen“ Fonds nach dem AuslInvestmG

Leitsätze

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

 

1. Steht die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 73b EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 56 EG) einer nationalen Regelung (hier: § 18 Abs. 3 AuslInvestmG), wonach für inländische Beteiligte an ausländischen Investmentfonds unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich zu den Ausschüttungen fiktive Einnahmen in Höhe von 90 v.H. der Differenz zwischen dem ersten und dem letzten Rücknahmepreis des Jahres, mindestens aber 10 v.H. des letzten Rücknahmepreises (oder des Börsen- oder Marktwerts) anzusetzen sind, bei Beteiligungen an Drittstaatenfonds deshalb nicht entgegen, weil die seit dem 31. Dezember 1993 im Wesentlichen unveränderte Regelung im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen im Sinne der Bestandsschutzregelung des Art. 73c Abs. 1 EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 57 Abs. 1 EG) steht?

 

Sofern die Frage 1 nicht bejaht wird:

 

2. Stellt die Beteiligung an einem solchen Investmentfonds mit Sitz in einem Drittland stets eine Direktinvestition i.S. des Art. 73c Abs. 1 EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 57 Abs. 1 EG) dar oder ist die Antwort hierauf davon abhängig, ob die Beteiligung dem Anleger aufgrund von nationalen Vorschriften des Sitzstaates des Investmentfonds oder aus anderen Gründen die Möglichkeit gibt, sich effektiv an der Verwaltung oder der Kontrolle des Investmentfonds zu beteiligen?

Tatbestand

1
I. Sachverhalt und Streitstand
2
…..

Entscheidungsgründe

17
II. Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)
18
Der Senat legt dem EuGH die o.g. Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
19
1. Maßgebliche Vorschriften
20
Nach Auffassung des vorlegenden Senats sind folgende nationale und unionsrechtliche Normen von Bedeutung.
21
a) Nationale Vorschriften
22
aa) Vorschriften für die Besteuerung von Erträgen aus ausländischen Investmentfondsanteilen
23
§ 17 AuslInvestmG (Fassung vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003)
24
„(1) Die Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sowie die von einem Vermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 (ausländisches Investmentvermögen) vereinnahmten nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Zinsen, Dividenden, Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3 und 4, Abs. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes sowie sonstigen Erträge (ausschüttungsgleiche Erträge) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen oder Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 5 Einkommensteuergesetzes sind; § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes sind nicht anzuwenden. Zu den Kosten gehören auch Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung, soweit diese die nach § 7 des Einkommensteuergesetzes zulässigen Beträge nicht übersteigen. Die ausschüttungsgleichen Erträge gelten außer in den Fällen des § 22 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes mit dem Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt worden sind, als zugeflossen.
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(2) Die Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sind insoweit steuerfrei,
26
1.   als sie Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und Bezugsrechten auf Anteile an Kapitalgesellschaften enthalten, es sei denn, daß es sich um Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes handelt, oder daß die Ausschüttungen Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind; § 3 Nr. 40 Einkommensteuergesetz und § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes sind nicht anzuwenden. Enthalten die Ausschüttungen Erträge aus der Veräußerung von Bezugsrechten auf Freianteile an Kapitalgesellschaften, so kommt die Steuerfreiheit insoweit nicht in Betracht, als die Erträge Kapitalerträge im Sinne des § 20 des Einkommensteuergesetzes sind;
27
2.   als sie Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten enthalten, es sei denn, daß es sich um Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 3, Abs. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes handelt, oder daß die Ausschüttungen Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind.
28
Den in den Ausschüttungen enthaltenen Gewinnen im Sinne der Nummern 1 und 2 stehen die hierauf entfallenden Teile des Ausgabepreises für ausgegebene Anteilscheine gleich.
29
(2a) Zu den Einkünften im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gehört auch der Zwischengewinn. Zwischengewinn ist das Entgelt für die dem Inhaber der ausländischen Investmentanteile noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden
30
1.   Einnahmen des ausländischen Investmentvermögens im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 mit Ausnahme der Nummer 2 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes, für die angewachsenen Ansprüche des ausländischen Investmentvermögens auf derartige Einnahmen sowie für die Gewinne des ausländischen Investmentvermögens aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes; die Ansprüche sind auf der Grundlage des § 20 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes zu bewerten;
31
2.  Zwischengewinne des ausländischen Investmentvermögens;
32
3.   Einnahmen des ausländischen Investmentvermögens aus Anteilen an inländischen Sondervermögen, soweit darin Erträge im Sinne des § 38b Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften enthalten sind;
33
4.   Einnahmen des ausländischen Investmentvermögens aus ausländischen Investmentanteilen außer steuerfreien Veräußerungsgewinnen im Sinne des Absatzes 2;
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5.   zum Zeitpunkt der Rückgabe oder Veräußerung des ausländischen Investmentanteils oder der Abtretung der Ansprüche aus dem Anteil veröffentlichten Zwischengewinne von inländischen und ausländischen Investmentvermögen, an denen das ausländische Investmentvermögen Anteile hält.
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Der Zwischengewinn gilt als in den Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von ausländischen Investmentanteilen oder aus der Abtretung der Ansprüche aus den Anteilen enthalten.
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(2b) Auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von ausländischen Investmentanteilen sind § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes nicht anzuwenden.
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(3) Die Absätze 1 bis 2a sind nur anzuwenden,
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1. a)  wenn die ausländische Investmentgesellschaft ihre Absicht, ausländische Investmentanteile im Geltungsbereich dieses Gesetzes im Wege des öffentlichen Anbietens, der öffentlichen Werbung oder in ähnlicher Weise zu vertreiben, der Behörde angezeigt hat (§ 7), seit dem Eingang der vollständigen Anzeige drei Monate verstrichen sind und die Behörde den Vertrieb im Zeitpunkt der Ausschüttung, bei ausschüttungsgleichen Erträgen im Zeitpunkt des Ablaufs des Geschäftsjahres, in dem sie als zugeflossen gelten, nicht untersagt hat (§§ 8, 10 Abs. 2), oder
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b)   wenn ausländische Investmentanteile, die an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Markt zugelassen sind, mit Ausnahme der von der Börse vorgeschriebenen Bekanntmachungen, nicht im Wege des öffentlichen Anbietens, der öffentlichen Werbung oder in ähnlicher Weise vertrieben werden (§ 1 Abs. 2), und wenn die ausländische Investmentgesellschaft einen Vertreter mit Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestellt hat, der sie gegenüber den Finanzbehörden und vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit vertreten kann, und
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2.   wenn die ausländische Investmentgesellschaft den Inhabern der ausländischen Investmentanteile bei jeder Ausschüttung, bei ausschüttungsgleichen Erträgen spätestens drei Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie als zugeflossen gelten, bezogen auf einen ausländischen Investmentanteil in deutscher Sprache bekanntmacht
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a)   den Betrag der Ausschüttung und der ausschüttungsgleichen Erträge,
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b)   die in der Ausschüttung enthaltenen Beträge an
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aa) steuerfreien Veräußerungsgewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1,
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bb) steuerfreien Erträgen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 2,
45
cc) steuerfreien Veräußerungsgewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre betragen hat,
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dd) zur Anrechnung oder Erstattung von Kapitalertragsteuer berechtigenden Teilen der Ausschüttung,
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ee) anzurechnender oder zu erstattender Kapitalertragsteuer und
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3.   wenn die ausländische Investmentgesellschaft den Zwischengewinn und die Summe der nach dem 31. Dezember 1993 dem Inhaber der ausländischen Investmentanteile als zugeflossen geltenden, noch nicht dem Steuerabzug unterworfenen Erträge börsentäglich ermittelt und mit dem Rücknahmepreis veröffentlicht,
49
und die Richtigkeit dieser Angaben auf Anforderung nachweist.“
50
§ 18 AuslInvestmG (Fassung vom 30. Dezember 1993 bis 31. Dezember 2000)
51
„(1) Sind die Voraussetzungen des § 17 nicht erfüllt, so gehören Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sowie die von dem ausländischen Investmentvermögen vereinnahmten nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Zinsen, Dividenden, Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sonstigen Erträge und Veräußerungsgewinne (als ausgeschüttet zu behandelnde Erträge) sowie Zwischengewinne im Sinne des § 17 Abs. 2a zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind. Zu den Kosten gehören auch Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung, soweit diese die nach § 7 des Einkommensteuergesetzes zulässigen Beträge nicht übersteigen. Die als ausgeschüttet zu behandelnden Erträge gelten mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt worden sind, als ausgeschüttet und zugeflossen.
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(2) Die in Absatz 1 genannten Besteuerungsgrundlagen sind nachzuweisen. Dem Nachweis dienende Unterlagen sind in deutscher Sprache abzufassen oder mit einer deutschen Übersetzung zu versehen. Die ausländische Investmentgesellschaft hat einen Vertreter mit Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu bestellen, der sie gegenüber den Finanzbehörden und vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit vertreten kann.
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(3) Wird der Nachweis nicht einwandfrei erbracht oder kein Vertreter bestellt, sind beim Empfänger die Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sowie 90 vom Hundert des Mehrbetrags anzusetzen, der sich zwischen dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis eines ausländischen Investmentanteils ergibt; mindestens sind 10 vom Hundert des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises anzusetzen. Wird ein Rücknahmepreis nicht festgesetzt, so tritt an seine Stelle der Börsen- oder Marktpreis. Der nach Satz 1 anzusetzende Teil des Mehrbetrages gilt mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres als ausgeschüttet und zugeflossen. Im Fall der Rückgabe oder Veräußerung von ausländischen Investmentanteilen oder der Abtretung der Ansprüche aus den Anteilen sind 20 vom Hundert des Entgelts für die Rückgabe, Veräußerung oder Abtretung anzusetzen.“
54
bb) Vorschriften für die Besteuerung von Erträgen aus inländischen Investmentfondsanteilen
55
§ 38b KAGG (Auszug aus der Fassung vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003)
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„(1) Von dem Teil der Einnahmen eines Wertpapier-Sondervermögens, der zur Ausschüttung auf Anteilscheine an dem Sondervermögen verwendet wird, wird eine Kapitalertragsteuer von dem ausgeschütteten Betrag erhoben, soweit darin enthalten sind …
57
… Die für den Steuerabzug von Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 sowie Satz 2 des Einkommensteuergesetzes geltenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden. In der nach § 45a des Einkommensteuergesetzes zu erteilenden Bescheinigung ist der zur Anrechnung oder Erstattung von Kapitalertragsteuer berechtigende Teil der Ausschüttung gesondert anzugeben.
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(2) Für den Teil der nicht zur Ausschüttung oder Kostendeckung verwendeten Einnahmen und Gewinne des Sondervermögens gilt Absatz 1 entsprechend. Die darauf zu erhebende Kapitalertragsteuer ist von dem ausgeschütteten Betrag einzubehalten.
59
(3) Werden die Einnahmen und Gewinne des Sondervermögens nicht zur Ausschüttung oder Kostendeckung verwendet, hat die Kapitalanlagegesellschaft den Steuerabzug vorzunehmen. § 44a des Einkommensteuergesetzes ist nicht anzuwenden. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend. Die Kapitalertragsteuer ist innerhalb eines Monats nach der Entstehung zu entrichten. Die Kapitalanlagegesellschaft hat bis zu diesem Zeitpunkt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und darin die Steuer zu berechnen.
60
(4) Die Kapitalertragsteuer wird auch von Zwischengewinnen (§ 39 Abs. 2) erhoben. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
61
(5) Von den Ausschüttungen und den nicht zur Ausschüttung oder Kostendeckung verwendeten Einnahmen eines Wertpapier-Sondervermögens wird ein Steuerabzug vom Kapitalertrag in Höhe von 20 vom Hundert vorgenommen, soweit darin enthalten sind …“
62
§ 39 KAGG (Auszug aus der Fassung vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003)
63
„(1) Die Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen sowie die von einem Wertpapier-Sondervermögen nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Einnahmen im Sinne des § 20 des Einkommensteuergesetzes und Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen oder Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes sind; § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes sind, außer in den Fällen des § 40 Abs. 2, nicht anzuwenden. Die nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Einnahmen und Gewinne gelten außer in den Fällen des § 22 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt worden sind, als zugeflossen.
64
(2) Zu den Einkünften im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gehört auch der Zwischengewinn. …
65
… Der Zwischengewinn gilt als in den Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen oder aus der Abtretung der in den Anteilscheinen verbrieften Ansprüche enthalten.“
66
§ 41 KAGG (Auszug aus der Fassung vom 25. Dezember 2001 bis 31. Dezember 2003)
67
„(1) Die Kapitalanlagegesellschaft hat den Anteilscheininhabern bei jeder Ausschüttung bezogen auf einen Anteilschein an dem Wertpapier-Sondervermögen bekannt zu machen
68
1. den Betrag der Ausschüttung;
69
2. die in der Ausschüttung enthaltenen …
70
… (2) Die Kapitalanlagegesellschaft hat auf Anforderung des für ihre Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzamts den Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und über die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuern durch Vorlage entsprechender Urkunden, zum Beispiel Steuerbescheid, Quittung über die Zahlung, zu führen. Sind diese Urkunden in einer fremden Sprache abgefasst, so kann eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden.
71
(3) Wird der Betrag einer anrechenbaren Steuer nach der Bekanntmachung im Sinne des Absatzes 1 erstmalig festgesetzt, nachträglich erhöht oder ermäßigt oder hat die Kapitalanlagegesellschaft einen solchen Betrag in unzutreffender Höhe bekannt gemacht, so hat die Kapitalanlagegesellschaft die Unterschiedsbeträge bei der im Zusammenhang mit der nächsten Ausschüttung vorzunehmenden Ermittlung der anrechenbaren Steuerbeträge auszugleichen.
72
(4) Die Kapitalanlagegesellschaft hat börsentäglich den Zwischengewinn (§ 39 Abs. 2) zu ermitteln; sie hat ihn mit dem Rücknahmepreis zu veröffentlichen.
73
(5) Die Kapitalanlagegesellschaft hat börsentäglich den Vomhundertsatz des Wertes des Anteils zu ermitteln, der auf die in dem Veräußerungsgewinn enthaltenen Bestandteile im Sinne des § 40a Abs. 1 entfällt; sie hat ihn mit dem Rücknahmepreis zu veröffentlichen.“
74
§ 42 KAGG (Fassung vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003)
75
„Die Vorschriften des § 40 Abs. 3 bis 5 und des § 41 mit Ausnahme des Absatzes 1 Nr. 2 Buchstabe a, c, e und f gelten sinngemäß für die in § 38b Abs. 2, 3 und 5, § 39 Abs. 1 Satz 2 und § 39b bezeichneten Einnahmen des Wertpapier-Sondervermögens, die nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendet werden. Die Angaben im Sinne des § 41 Abs. 1 sind spätestens drei Monate nach Ablauf des Geschäftsjahrs bekannt zu machen.“
76
b) Unionsrecht
77
Art. 73b EGV, ab 1. Mai 1999 Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV)
78
„(1) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. …“
79
Art. 73c EGV, ab 1. Mai 1999 Art. 57 EG (jetzt Art. 64 AEUV)
80
„(1) Art. 73 b berührt nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen. …“
81
2. Notwendigkeit der Klärung der Vorlagefragen durch den EuGH
82
Die Entscheidung über die Revision ist von der Beantwortung der oben genannten Vorlagefragen abhängig. Sofern die erste oder die erste Alternative der zweiten Frage zu bejahen ist, ist das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Anderenfalls ist die Revision des FA zurückzuweisen. Der Senat neigt der Auffassung zu, dass die Revision unbegründet ist. Denn die Voraussetzungen der Bestandsschutzklausel des Art. 73c EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 57 EG) dürften nicht vorliegen (a). Im Übrigen ist die Norm des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG offensichtlich nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 73b EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 56 EG) zu vereinbaren (b).
83
a) Nach Art. 73c EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 57 EG) berührt das Verbot von Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs i.S. des Art. 73b EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 56 EG) nicht die Anwendung solcher Beschränkungen auf Drittstaaten, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder aufgrund von Rechtsvorschriften der Union für den Kapitalverkehr mit Drittstaaten im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen.
84
aa) Die Norm des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG bestand in den Streitjahren seit 31. Dezember 1993 im Wesentlichen unverändert. Das AuslInvestmG vom 28. Juli 1969 enthielt bereits § 18 Abs. 3 Sätze 1 bis 3. Lediglich die pauschale Besteuerung von Zwischengewinnen (§ 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG) wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310), im Bundesgesetzblatt am 29. Dezember 1993 bekanntgemacht, nachträglich ergänzt.
85
bb) Die Investmentfonds der M stammen von den Kaimaninseln und damit einem Drittland im Verhältnis zum Gemeinschaftsgebiet. Die Fonds wurden zulassungs- und aufsichtsrechtlich auf den Kaimaninseln errichtet. Denn dort hatten die Verwaltungsgesellschaften der Investmentfonds ihren Sitz.
86
cc) Der Senat hat Zweifel, ob § 18 Abs. 3 AuslInvestmG im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen steht. Der EuGH hat –soweit ersichtlich– bisher nicht definiert, was eine solche Regelung kennzeichnet. Auch in der Nomenklatur finden sich keine Hinweise. Jedoch neigt der vorlegende Senat zu der Auffassung, dass der Anwendungsbereich der Bestandsschutzklausel als Ausnahme von der Kapitalverkehrsfreiheit generell eng zu fassen ist. Nach Auffassung des I. Senats des BFH stehen nur solche Normen im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen, die sich an den Finanzdienstleister selbst richten und die Voraussetzungen oder die Art und Weise der Leistungserbringung regeln. Jedenfalls können nach Auffassung des I. BFH-Senats Rechtsvorschriften, die die Besteuerung der Anleger an solchen Finanzprodukten zum Gegenstand haben, nicht gemeint sein (BFH-Urteil vom 25. August 2009 I R 88, 89/07, BFHE 226, 296).
87
Da die Auslegung des Art. 73c EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 57 EG) und damit einer Vorschrift des primären Gemeinschaftsrechts in erster Linie dem EuGH obliegt, legt der Senat die erste Frage zur Vorabentscheidung vor.
88
dd) Der vorlegende Senat hat zudem erhebliche Zweifel, ob die Norm des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG im Zusammenhang mit einer Direktinvestition steht. Die Zweifel ergeben sich aus einer möglichen Diskrepanz zwischen der Definition in der Nomenklatur im Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages –Richtlinie 88/361/EWG– (ABlEG 1988, Nr. L 178/5) sowie der bisherigen Rechtsprechung des EuGH einerseits und einem Judikat der 3. Kammer des EuGH vom 7. Juni 2012 C-39/11 (Recht der Internationalen Wirtschaft –RIW– 2012, 554) andererseits.
89
aaa) Nach I.2 im Anhang I der o.g. Nomenklatur gehören zu den Direktinvestitionen Beteiligungen an neuen oder bereits bestehenden Unternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen. Unter „Begriffsbestimmungen“ wird näher ausgeführt, dass es sich um Investitionen jeder Art durch natürliche Personen, Handels-, Industrie- oder Finanzunternehmen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmern oder Unternehmen, für die die Mittel zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind, handeln könne. Der Begriff der Direktinvestitionen sei also im weitesten Sinne gemeint. Jedoch sei bei den unter I.2 im Anhang I der Nomenklatur genannten Unternehmen, die als Aktiengesellschaften betrieben werden, eine Beteiligung im Sinne einer Direktinvestition nur dann vorhanden, wenn das im Besitz einer natürlichen Person oder eines anderen Unternehmens oder sonstigen Inhabers befindliche Aktienpaket entweder nach den bestehenden nationalen Rechtsvorschriften für Aktiengesellschaften oder aus anderen Gründen den Aktieninhabern die Möglichkeit gebe, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligen.
90
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Kindergeld: Verlängerter Bezug auch bei Studium während des Zivildienstes

Die für den Bezug von Kindergeld maßgebliche Altersgrenze von 25 Jahren verlängert sich auch dann um einen der Dauer des vom Kind geleisteten Grundwehr- oder Zivildienstes, wenn auch während der Dauer des Dienstes Kindergeld gezahlt worden ist, weil das Kind zeitgleich für einen Beruf ausgebildet wurde (hier: Hochschulstudium). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 5. September 2013 XI R 12/12 entschieden.

Nach dem Abitur im Juni 2004 leistete der Sohn (S) des Klägers von November 2004 bis Juli 2005 neun Monate Zivildienst. Daneben war S im Wintersemester 2004/2005 von Oktober 2004 bis März 2005 sechs Monate an einer Universität im Fachbereich Mathematik immatrikuliert. Im Oktober 2005 begann S mit dem Studium der Physik. Im April 2010 vollendete S sein 25. Lebensjahr. Der Kläger erhielt für S – auch für die gesamte Zeit des Zivildienstes – bis einschließlich April 2010 Kindergeld. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes für den jedenfalls noch bis zum 31. August 2010 immatrikulierten S ab Mai 2010 auf, weil die Altersgrenze überschritten sei.

Die anschließende Klage hatte (nur) zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der Verlängerungszeitraum sei um die tatsächliche Dauer des neben dem Zivildienst betriebenen Studiums (sechs Monate) zu kürzen. Für die restliche Dauer des Zivildienstes (drei Monate) verlängere sich dagegen der Bezug des Kindergeldes.

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf. Kindergeld wird grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs gewährt. Über diese Altersgrenze hinaus wird ein Kind gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausnahmsweise berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst geleistet hat. Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergeldes wird in diesem Fall um einen der Dauer des geleisteten Dienstes entsprechenden Zeitraum (im Streitfall neun Monate) hinausgeschoben. Der Gesetzgeber, so der BFH, habe in § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG eine typisierende Regelung getroffen mit dem Zweck, eine durch die Ableistung des Dienstes im Regelfall eingetretene Ausbildungsverzögerung zu kompensieren. Entgegen der Auffassung des FG sei insoweit nicht darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang sich durch die Dienstzeit die Ausbildung für einen Beruf im konkreten Fall tatsächlich verzögert habe.

BFH, Pressemitteilung Nr.75/13 vom 30.10.2013 zum Urteil XI R 12/12 vom 05.09.13

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 5.9.2013, XI R 12/12

Verlängerter Bezug von Kindergeld auch für Dienstmonate der Berufsausbildung

Leitsätze

Ein Kind, das den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst geleistet hat, ist nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG über die Vollendung des 25. Lebensjahrs hinaus für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum kindergeldrechtlich auch dann zu berücksichtigen, wenn es während der Dienstzeit zugleich für einen Beruf ausgebildet und i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Kind berücksichtigt wurde (Abweichung von Abschn. 63.5 Abs. 3 Satz 4 DA-FamEStG).

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist der Vater seines Sohnes S, der im April 2010 sein 25. Lebensjahr vollendete.
2
Nach dem Abitur im Juni 2004 leistete S vom 2. November 2004 bis 31. Juli 2005 neun Monate Zivildienst. Daneben war S im Wintersemester 2004/2005 vom 1. Oktober 2004 bis 31. März 2005 sechs Monate an der Universität X im Fachbereich Mathematik immatrikuliert und nahm erfolgreich an Übungen und an einer Klausur teil. Im Oktober 2005 begann S mit dem Studium der Physik. Die letzte bei den Akten befindliche Studienbescheinigung betrifft das Sommersemester 2010 und ist gültig vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010.
3
Der Kläger erhielt für S –auch für die gesamte Zeit des Zivildienstes– bis einschließlich April 2010 Kindergeld. Mit Bescheid vom 18. Mai 2010 hob die frühere Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für S ab Mai 2010 wegen Überschreiten der Altersgrenze von 25 Jahren auf; die Verlängerungszeit des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wegen Ableistung des Wehr- bzw. Zivildienstes sei bereits „während des Studiums an der Universität X“ berücksichtigt worden.
4
Die Familienkasse wies den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 13. September 2010 als unbegründet zurück.
5
Die anschließende Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Familienkasse habe die Festsetzung des Kindergeldes für die Monate Mai, Juni und Juli 2010 zu Unrecht aufgehoben.
6
Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, die Verlängerung der Höchstdauer des Kindergeldbezuges nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG solle die Nachteile ausgleichen, die sich daraus ergäben, dass sich die Ausbildung des Kindes infolge der Ableistung des gesetzlich geforderten Wehr- oder Zivildienstes verzögere. Werde während der Zeit des Dienstes zugleich eine Schul- oder Berufsausbildung betrieben, verzögere sich der Abschluss der Ausbildung jedoch nicht.
7
Im Streitfall habe der Kläger für seinen Sohn allerdings für die gesamte Dauer dessen Zivildienstes von neun Monaten Kindergeld erhalten, obwohl S während dieses Zeitraumes (nur) für ein Semester im Umfang von sechs Monaten an der Universität X eingeschrieben gewesen sei. Der Verlängerungszeitraum nach § 32 Abs. 5 EStG sei daher nur um die tatsächliche Dauer des Studiums, also um sechs Monate, zu kürzen. Für die restliche Dauer des Zivildienstes von drei Monaten verlängere sich dagegen der Bezug des Kindergeldes nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Demnach sei dem Kläger Kindergeld für Mai, Juni und Juli 2010 zu gewähren.
8
Der Kläger stützt seine vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision auf die Verletzung materiellen Rechts.
9
Er bringt vor, eine Kürzung des Verlängerungszeitraumes sehe § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht vor. Der Nachteil, dass sich das Studium durch die Zivildienstzeit verlängere, solle durch § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG aufgefangen werden. Diese Regelung sei nicht im Zusammenhang mit § 32 Abs. 4 EStG zu sehen, sondern als eigenständige Vorschrift zu behandeln, was sich aus den unterschiedlichen Regelungstatbeständen der Absätze 4 und 5 ergebe. Hätte der Gesetzgeber eine Begrenzung des Verlängerungszeitraumes gewollt, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen.
10
Es sei weder zutreffend noch belegt, dass –wovon das FG jedoch ausgehe– sich der Ausbildungsabschluss dann nicht dienstzeitbedingt verzögere, wenn während der Dienstzeit zugleich eine Ausbildung betrieben werde.
11
Der Kläger beantragt,

die Vorentscheidung, soweit sie die Monate ab August 2010 betrifft, sowie den Aufhebungsbescheid vom 18. Mai 2010 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13. September 2010 aufzuheben.

12
Die Familienkasse beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13
Sie tritt der Revision entgegen und bringt vor, ein Kind, das während der Zivildienstzeit kindergeldrechtlich berücksichtigt worden sei, weil es zugleich den Dienst geleistet und eine Ausbildung betrieben habe, könne nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG über die Höchstaltersstufe hinaus nicht berücksichtigt werden.
14
Anderenfalls führe dies zu einer Bevorzugung des Kindes, das sich während der Dienstzeit in Ausbildung befinde, gegenüber einem anderen Kind, das ebenfalls ausgebildet werde, jedoch während der Ausbildung keinen Dienst leiste. Der Zweck des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, eine durch die Ableistung des Dienstes eintretende Ausbildungsverzögerung zu kompensieren, würde verfehlt.
15
Nach Abschn. 63.5 Abs. 3 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) liege in den Dienstmonaten, in denen an allen Tagen auch eine Berufsausbildung absolviert werde, keine Ausbildungsverzögerung vor.

Entscheidungsgründe

16
II. Im Streitfall hat zum 1. Mai 2013 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; Beklagter ist nunmehr die Familienkasse N (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109; vom 16. Mai 2013 III R 8/11, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2013, 1698, Rz 11; vom 28. Mai 2013 XI R 38/11, juris, Rz 14). Deshalb war das Rubrum entsprechend zu ändern.
III.
17
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung).
18
1. Nach § 62, § 63 Abs. 1 Satz 2, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet, Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des –seit 2007– 25. Lebensjahrs gewährt, sofern –wie im Streitfall– die Übergangsregel nach § 52 Abs. 40 Satz 7 EStG für bis einschließlich 1. Januar 1983 geborene Kinder nicht greift (zu der Absenkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern in der Berufsausbildung durch das Steueränderungsgesetz 2007 sowie zu der dazu getroffenen Übergangsregelung vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 III R 35/09, BFHE 230, 523, BStBl II 2011, 176; ferner Schmidt/Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 32 Rz 35; Blümich/Selder, § 32 EStG Rz 32 f.).
19
2. Über diese Altersgrenze von 25 Lebensjahren hinaus wird ein Kind gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnahmsweise dann berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst geleistet hat.
20
a) Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergeldes wird in diesem Fall um einen der Dauer des geleisteten Dienstes entsprechenden Zeitraum –im Streitfall neun Monate– hinausgeschoben (vgl. dazu BFH-Urteile vom 14. Oktober 2002 VIII R 68/01, BFH/NV 2003, 460, unter 1.; vom 27. August 2008 III R 88/07, BFH/NV 2009, 132, unter II.1.; vom 20. Mai 2010 III R 4/10, BFHE 229, 337, BStBl II 2010, 827, Rz 8; ferner vom 27. September 2012 III R 70/11, BFHE 239, 116, BStBl II 2013, 544, Rz 29).
21
b) Eine Beschränkung dieser Verlängerung auf Dienstmonate, in denen kein Kindergeld gewährt wurde, ist dem Gesetzeswortlaut ebenso wenig zu entnehmen wie eine der Doppelberücksichtigung von Dienstmonaten entgegenstehende, in Monaten bemessene maximale Bezugsdauer (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 229, 337, BStBl II 2010, 827, Rz 8).
22
3. Eine einschränkende Auslegung des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG dahingehend, dass sich die Verlängerung des Kindergeldbezuges auf die Anzahl der Monate verkürzt, in denen das Kind neben der Dienstzeit nicht zugleich i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde, ist –entgegen der Vorentscheidung– nicht geboten.
23
a) Der Gesetzgeber wollte mit dem Verlängerungstatbestand des § 32 Abs. 5 EStG einen Ausgleich dafür schaffen, dass –abweichend von der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 1996– Kinder während der Ableistung ihres Wehr- oder Zivildienstes steuerlich nicht berücksichtigt werden. Nach der Gesetzesbegründung ermöglicht § 32 Abs. 5 EStG „die Berücksichtigung von Kindern, die den gesetzlichen Grundwehrdienst oder einen Ersatzdienst geleistet haben, über das 21. Lebensjahr (bei Arbeitslosigkeit) oder das 27. Lebensjahr (bei Berufsausbildung) hinaus, weil für die Dauer dieser Dienste kein Kinderfreibetrag abgezogen wird“ (vgl. BTDrucks 13/1558, 156 f.). Der Gesetzgeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass das Kind während der Dauer seines Wehr- oder Zivildienstes einer Berufsausbildung nicht nachgehen konnte (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2003, 460, unter 1.b; ferner in BFH/NV 2009, 132, unter II.1., jeweils m.w.N.).
24
b) Da sich die Ausbildungszeit um die geleistete Dienstzeit verlängert, entspricht es dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), für Kinder, die den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet haben, auch über die vorgesehene Altersgrenze hinaus Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag zu gewähren (vgl. dazu Grönke-Reimann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32 EStG Rz 150). Hierbei kommt es auf die tatsächliche Dauer des geleisteten Grundwehr- oder Zivildienstes an, weil der verlängerte Bezug des Kindergeldes i.S. des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG bei Beachtung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes nur den Zeitraum einbeziehen kann, um den die Berufsausbildung durch den Wehr- oder Zivildienst tatsächlich unterbrochen wurde (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 460, unter 1.b, m.w.N.). Dagegen ist nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG für die Verlängerung des Kindergeldbezuges nicht darauf abzustellen, ob sich durch die Dienstzeit die Ausbildung für einen Beruf tatsächlich verzögert hat.
25
aa) Zwar werden –worauf die Familienkasse zu Recht hinweist– Kindergeldberechtigte, deren Kinder Wehr- oder Zivildienst geleistet haben und während der Dienstzeit zugleich für einen Beruf ausgebildet wurden, im Verhältnis zu anderen Kindergeldberechtigten, deren Kinder ihre Berufsausbildung bei Vollendung des 25. –bis 2006 des 27.– Lebensjahrs ebenfalls noch nicht abgeschlossen haben und bei denen der Verlängerungstatbestand nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht eingreift, in den Fällen bevorzugt, in denen das Kindergeld im Verlängerungszeitraum für die gesamte Dauer des tatsächlich geleisteten gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes auch dann gewährt wird, wenn sich die Berufsausbildung des gedienten Kindes dienstzeitbedingt tatsächlich nicht verlängert hat.
26
bb) Dies ist jedoch verfassungsrechtlich unbedenklich. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet zwar, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 19. Juni 2013 VIII R 24/09, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2013, 1703, Rz 19, m.w.N.). Er verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigungen (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1703, Rz 19, m.w.N.). Der Gesetzgeber darf aber zur Regelung von Massenerscheinungen –wie hier der Verlängerung des Kindergeldbezuges für Kinder, die den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst geleistet haben– pauschalieren und typisieren. Dabei hat er sich an dem typischen durchschnittlichen Fall zu orientieren (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1703, Rz 33). Der Gesetzgeber konnte demnach bei der Verlängerung des Kindergeldbezuges für Kinder, die den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst geleistet haben, nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG typisierend davon ausgehen, dass sich die Ausbildung des Kindes –was dem Regelfall entspricht– um einen für die Dauer dieser Dienste entsprechenden Zeitraum verzögert.
27
cc) Demnach ist eine –auf die Fälle der tatsächlich dienstbedingten Ausbildungsverzögerung einschränkende– verfassungskonforme Auslegung des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG jedenfalls nicht geboten. Ebenso wenig bedarf es –entgegen der Ansicht der Familienkasse– einer einschränkenden Auslegung des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG im Wege der teleologischen Reduktion. Denn die vom Gesetzgeber getroffene typisierende Regelung verfehlt den von ihm beabsichtigten Zweck, eine durch die Ableistung des Dienstes im Regelfall eingetretene Ausbildungsverzögerung zu kompensieren, nicht.
28
Zudem entlastet sie die Familienkassen und Finanzgerichte von der im Einzelfall schwierigen Prüfung, ob sich die Ausbildung durch Wehr- oder Zivildienst verzögert hat oder nicht. Es ist nämlich –wie der Kläger zu Recht vorbringt– weder zutreffend noch belegt, dass sich der Ausbildungsabschluss des Kindes, das während seiner Dienstzeit zugleich eine Ausbildung betreibt, nicht verzögert. Vielmehr liegt es nahe, dass eine Verzögerung der neben dem Dienst betriebenen Berufsausbildung eintritt, selbst wenn –wie im Streitfall– das Kind trotz der Beanspruchung aus dem Dienst im Studium erfolgreich einzelne Leistungsnachweise erbracht hat.
29
c) Hätte der Gesetzgeber den Verlängerungszeitraum nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG auf die Fälle der tatsächlich dienstbedingt eingetretenen Ausbildungsverzögerung beschränken wollen, hätte er –worauf der Kläger zutreffend hinweist– eine ausdrückliche Regelung treffen müssen. Das ist nicht geschehen.
30
d) Auf eine dienstbedingte Ausbildungsverzögerung, die nach Abschn. 63.5 Abs. 3 Satz 4 DA-FamEStG in den Dienstmonaten nicht eintrete, in denen das Kind an allen Tagen auch eine Berufsausbildung absolviere und als Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt werde, kommt es –wie dargelegt– nicht an. Im Übrigen wäre diese norminterpretierende Verwaltungsvorschrift für die Finanzgerichte im Verfahren über die Kindergeldfestsetzung nicht bindend (vgl. dazu z.B. Senatsurteile vom 17. Dezember 2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798, unter II.3.e bb; vom 15. Mai 2012 XI R 28/10, BFHE 237, 537, BFH/NV 2012, 1744, Rz 47).
31
4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung kann daher keinen Bestand haben und ist demnach aufzuheben.
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5. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung darüber zu, ob S, dessen letzte zu den Akten gereichte Studienbescheinigung für das Sommersemester 2010 vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010 gültig ist, in dem betreffenden Zeitraum des nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG –im Streitfall bis einschließlich Januar 2011– verlängerten Kindergeldbezuges noch i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde. Ebenso hat die Vorinstanz keine Feststellungen dazu getroffen, ob S Einkünfte und Bezüge i.S. des § 32 Abs. 4 Sätze 2 bis 10 EStG a.F., die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von mehr als 8.004 EUR im Kalenderjahr –für Januar 2011 anteilig– hatte. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben.

Einkommensunabhängiges Kindergeld ab 2012 gilt auch für verheiratete Kinder in Erstausbildung!

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem am 30.10.2013 veröffentlichten Urteil vom 20. September 2013 (4 K 4146/12 Kg ) erneut bekräftigt, dass die Gewährung von Kindergeld ab dem Jahr 2012 auch für verheiratete Kinder in einer Erstausbildung nicht mehr von deren Einkünften abhängig ist (so schon: Urteil vom 30. November 2012, 4 K 1569/12 Kg) . Daher könne – so der Senat – auch ein etwaiger Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehepartner des Kindes einem Kindergeldanspruch grundsätzlich nicht entgegen stehen.

Im Streitfall hatte die Familienkasse zunächst für die 1988 geborene, verheiratete Tochter des Klägers, die ein Studium absolviert, Kindergeld festgesetzt. Später hob sie jedoch die Kindergeldfestsetzung auf, und zwar ab Januar 2012 unter Hinweis darauf, dass bei einem verheirateten Kind nicht mehr die Eltern, sondern der Ehegatte zum Unterhalt verpflichtet sei. Diese Verfahrensweise entspricht einer bundesweit für die Familienkassen geltenden Verwaltungsanweisung.

Zum Hintergrund: Bis zum Jahr 2012 hing die Gewährung von Kindergeld unter anderem davon ab, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes unter dem gesetzlichen Grenzbetrag von zuletzt 8.004 Euro lagen. Dabei war auch das Einkommen eines unterhaltspflichtigen Ehegatten des Kindes relevant. Ab 2012 sieht § 32 Abs. 4 EStG demgegenüber vor, dass ein Kind in Erstausbildung unabhängig vom Einkommen zu berücksichtigen ist. Nach Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung bzw. eines Erststudiums wird es hingegen nur dann berücksichtigt, wenn es keiner bzw. nur einer geringfügigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Das Finanzgericht Münster gab dem Kläger Recht. Das Gesetz – so der Senat – sehe ab 2012 für Kinder in einer Erstausbildung weder eine Einkunftsgrenze vor, noch mache es den Kindergeldanspruch vom Vorliegen einer typischen Unterhaltssituation für die Eltern abhängig. Daher sei das Einkommen des Ehepartners der Tochter des Klägers nicht relevant.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 30.10.2013 zum Urteil 4 K 4146/12 vom 20.09.2013

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