Verluste aus der Vermietung eines Luxus-Sportwagens nicht steuerlich abzugsfähig

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte sich im Urteil vom 20. März 2013 (Az. 3 K 3119/08) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Verluste aus der Vermietung eines Luxus-Sportwagens (Porsche 911) bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigt werden können.

Der Kläger – ein Mitarbeiter einer Autowaschanlage – wollte die laufenden Kosten für Versicherung, Steuern, Benzin und Wartung seines Sportwagens steuerlich absetzen. Er meldete einen Autovermietungsbetrieb bei seinem Finanzamt an und bot das Fahrzeug über verschiedene Internetplattformen zur Miete an. Das Finanzamt vermutete eine Privatnutzung des Pkw und lehnte die Berücksichtigung des mit der Steuererklärung geltend gemachten Verlustes ab. Im Prozess wandte der Kläger ein, schon aufgrund seiner Leibesfülle und seines Körpergewichts von 220 kg sei eine Selbstnutzung des Autos ausgeschlossen. Mit seinem Vermietungsbetrieb habe er eine Marktlücke schließen wollen, denn vergleichbare Angebote habe es trotz hoher Nachfrage nicht gegeben.

Die Richter des 3. Senats folgten dem Kläger nicht. Sie argumentierten, der Sportwagen könne auch von der Lebensgefährtin des Klägers für private Fahrten verwendet worden sein, zumal ein anderes vergleichbares Fahrzeug nicht zur Verfügung gestanden habe. Zudem sei das Konzept für den zwischenzeitlich eingestellten Verlustbetrieb von Anfang an nicht erfolgversprechend gewesen, weil Mieteinnahmen nur unregelmäßig flossen und die Gefahr bestanden habe, dass die Mieter den Wagen auf ihren Spritztouren stark verschleißen.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 01.07.2013 zum Urteil 3 K 3119/08 vom 20.03.2013

 

Verlust aus gewerblicher Autovermietung an Selbstfahrer

Tenor

 

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger die Vermietung eines Pkw B… an Selbstfahrer mit Gewinnerzielungsabsicht ausübte.

2
Der ledige Kläger erzielte im Streitjahr als Mitarbeiter einer Autowaschanlage an 260 Arbeitstagen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gemäß § 19 Einkommensteuergesetz -EStG- in Höhe von 24.746 €.

3
Mit seiner für das Streitjahr am 15. Juni 2007 beim Beklagten abgegebenen Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger neben seinen nichtselbständigen Einkünften einen durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 65.779,33 €. Der Verlust resultierte aus der beim Beklagten Mitte des Jahres 2006 angemeldeten gewerblichen Vermietung eines Pkw B… an Selbstfahrer. Den erklärten Einnahmen von rund 5.523 € (die Vermietungserlöse betrugen netto 4.667 €) standen Ausgaben von (abgerundet) 71.302 € gegenüber. Die erklärten Betriebsausgaben beruhten im Wesentlichen auf der Inanspruchnahme von Absetzungen für Abnutzung -AfA- für einen vom Kläger am 14. August 2006 mit Anschaffungskosten von 37.824 € erworbenen (gebrauchten) Pkw B… (amtliches Kennzeichen …, Erstzulassung: 1. Oktober 1998), auf den laufenden Betriebskosten für das Fahrzeug (Kfz-Steuer, Versicherung, Reparaturen usw.) in Höhe von rund 6.454,34 €, Werbe- und Reisekosten in Höhe von (rund) 655 € sowie einer Ansparabschreibung nach Maßgabe des § 7 g Abs. 3 EStG in Höhe von 58.500 €. Den vorerwähnten B… veräußerte der Kläger nach einem Unfall am 7. April 2007 zum Preis von 20.000 €. Am 11. Mai 2007 schaffte der Kläger als Ersatz einen gebrauchten Pkw B… an (amtliches Kennzeichen …). Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der erkennende Senat auf die Einnahmen-Überschussrechnung für 2006 in den Steuerakten Bezug.

4
Am 20. September 2007 erfolgte bei dem Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die sich auf den Prüfungszeitraum von August 2006 bis Juni 2007 erstreckte und deren Ergebnisse in dem Prüfungsbericht des mit der Prüfung beauftragten Finanzamtes vom 21. Dezember 2007 zusammengefasst sind (siehe Umsatzsteuer -USt- Sonderprüfungsakte). Der Prüfer ermittelte einen privaten Nutzungsanteil nach der 1 %-Methode i. Sinne d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG allein für einen auf den Kläger seit dem 7. Juni 2004 zugelassenen Pkw C… (amtliches Kennzeichen …, Erstzulassung: 19. März 1997), nicht jedoch für das Mietfahrzeug. Wegen der Einzelheiten zur Berechnung der privaten Nutzungsanteile wird auf Seite 3 des Berichts vom 21. Dezember 2007 in der USt-Sonderprüfungsakte Bezug genommen.

5
Im Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 13. Dezember 2007 ließ der Beklagte den erklärten Verlust aus gewerblicher Autovermietung unberücksichtigt und setzte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0 € an. Zugleich erließ er den Bescheid insoweit vorläufig, § 165 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung -AO-. In den Erläuterungen führte er aus, der Bescheid sei hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorläufig, weil zurzeit die „Einkünfteerzielungsabsicht“ nicht abschließend beurteilt werden könne. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien deshalb vorerst mit 0 € angesetzt worden. Der Beklagte führte weiter aus, eine steuerliche Berücksichtigung der erklärten Verluste erfordere, dass der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst habe, mit dem Wirtschaftsgut über die gesamte Tätigkeit einen Totalgewinn zu erzielen. Hieran bestünden Zweifel, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kläger das hochwertige Fahrzeug aus Hobby- oder Prestigegründen bzw. zur Befriedigung sonstiger privater Bedürfnisse und Neigungen erworben habe. Die Gesamtumstände legten nahe, dass mit der vom Kläger angemeldeten Vermietungstätigkeit dem Grunde nach nichtabzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG) in die steuerlich relevante Erwerbssphäre verlagert werden sollten. Hierfür spreche zudem, dass der Kläger zur Bestreitung seines Lebensunterhalts aufgrund seiner nichtselbständigen Tätigkeit nicht auf die Einnahmen aus der Vermietungstätigkeit angewiesen sei.

6
Hiergegen wandte der Kläger sich u.a. mit seinem beim Beklagten am 20. Dezember 2007 eingegangenen Einspruchsschreiben vom 18. Dezember 2007 (Bl. 14 ESt-Akte). Hinsichtlich der vorliegend streitigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb trug er vor: Er beabsichtige, mit seiner Autovermietung einen Gewinn zu erzielen. Da er sich noch in der Anlaufphase befinde und einen zweiten Pkw B… mangels finanzieller Mittel noch nicht habe anschaffen können, läge kein steuerlich unbeachtlicher Liebhabereibetrieb vor. Es sei zu berücksichtigen, dass der Umsatzsteuer-Sonderprüfer eine Privatnutzung lediglich für seinen Pkw C…, nicht jedoch für den ausschließlich gewerblichen Vermietungszwecken dienenden Pkw B… angenommen habe.

7
Seine Geschäftsidee beruhe darauf, „edle Automobile“ an Selbstfahrer zu vermieten. Als besonderen Service biete er seinen Kunden an, das Mietfahrzeug an einem Ort ihrer Wahl zu übergeben und es dort nach Ende der Mietzeit wieder abzuholen. Ein solcher Bring- und Abholservice erspare den Kunden Zeit und Kosten. Mit diesem Konzept sollten insbesondere Geschäftsleute auf Geschäftsreisen angesprochen werden, die aus Repräsentationsgründen auf die Verwendung eines hochwertigen Fahrzeuges angewiesen seien. Bei der Umsetzung des Konzepts sei es allerdings schon kurze Zeit nach Betriebseröffnung zu Problemen gekommen. Infolge eines Unfalls sei es an dem ersten Pkw B… (amtliches Kennzeichen …) zu einem Totalschaden gekommen. Ein Ersatzfahrzeug habe er in Ermangelung fehlender finanzieller Rücklagen nicht sofort erwerben können. Hierdurch sei es zu Stornierungen bestehender Mietreservierungen gekommen; ein potentieller Großkunde (Hotelunternehmen) habe von weiteren Mietbuchungen Abstand genommen.

8
Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur hier streitigen Problematik führte er aus: Die geltend gemachten negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb könnten nicht berücksichtigt werden. Der Kläger habe die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht sowie das Streben nach einem Totalgewinn nicht glaubhaft machen können. In Anlehnung an die vom Bundesfinanzhof -BFH- entschiedenen Fallkonstellationen der Vercharterung einer Segelyacht oder eines Motorbootes könnten die geltend gemachten Verluste nicht als Anlaufverluste berücksichtigt werden. Vielmehr handele es sich von Beginn an um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei (siehe Wacker in Schmidt, 31. Aufl., 2012, § 15 Tz 31; keine Anlaufverluste für Tätigkeiten, die zum Hobbybereich gehören). Verluste im Falle der Neugründung eines Betriebes, die im Wesentlichen auf den persönlichen Neigungen und Interessen des Steuerpflichtigen beruhten, seien nur dann während der Anlaufphase zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn der Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstelle, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde insgesamt ein positives Betriebsergebnis erzielt (BFH, Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl. II 2007, 874). Hieran fehle es im Streitfall. Es läge die Annahme nahe, dass der Kläger das Fahrzeug aus persönlichem Interesse angeschafft habe. Hierfür spreche, dass Sportwagen bzw. hochwertige Automobile typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs angesiedelt seien. Das vom Kläger dargelegte Geschäftskonzept sei nicht schlüssig. Insbesondere der Bring- und Abholservice sei nicht zielführend und gehe an dem vorbei, was der Markt erfordere. Denn die vom Kläger ausgewählte Zielgruppe (Geschäftsreisende) würde sich üblicherweise bereits am Flughafen ein Mietfahrzeug beschaffen, um von Anfang an mobil zu sein. Die bekannten Autovermieter unterhielten deshalb bereits an den Flughäfen entsprechende Fahrzeugdepots. Abgesehen davon sei das Geschäftsmodell auch deshalb nicht erfolgversprechend, weil der Kläger nur ein einziges Mietfahrzeug besitze. Wie der Streitfall zeige, sei damit zu rechnen gewesen, dass bereits die üblichen wartungs-, reparatur- und unfallbedingten Ausfallzeiten des Fahrzeuges de facto zum Erliegen des Geschäftsbetriebes und damit zu erheblichen Mietausfällen führten. Gleichzeitig sei die Kostenstruktur des Vermietungsbetriebes ungünstig, weil schon die laufenden Unterhaltskosten für das Fahrzeug (ohne Berücksichtigung der AfA) die Einnahmen aus der Vermietung überstiegen.

9
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner fristgerecht erhobenen Klage gewandt, mit der er weiterhin begehrt, den geltend gemachten Verlust in Höhe von 65.779 € bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anzusetzen. Den im Streitjahr (Verlustentstehungsjahr) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen Verlust beabsichtigt er, in Höhe eines Teilbetrages von 13.335 € in das bereits bestandskräftig veranlagte Vorjahr 2005 zurückzutragen und den verbleibenden Verlustbetrag als verbleibenden Verlustvortrag gesondert feststellen zu lassen (Hinweis auf Bl. 2 Streitakte).

10
Sein vorinstanzliches Vorbringen ergänzend und vertiefend trägt er vor:

11
Mit der Vermietung von Fahrzeugen der Marke B… habe er – der Kläger – eine Marktlücke schließen wollen. Seinen Erfahrungen nach gäbe es nur wenige gewerbliche Vermieter, die Fahrzeuge der Luxusklasse, insbesondere Fahrzeuge der Marke B…, an Selbstfahrer vermieteten. Mangels fehlender finanzieller Mittel habe er zunächst nur einen gebrauchten Pkw B… erwerben können. Weitere Fahrzeuge sollten nach und nach hinzuerworben werden. Als besonderen Service habe er einen Bring- und Abholservice angeboten. Den Mietwagen habe er mit seinem Pkw C…, der über eine Anhängerkupplung verfügt habe, auf einem Anhänger transportiert. Eine private Nutzung des B… habe nicht vorgelegen. Hiergegen spreche der Umstand, dass er den Pkw nicht als Privatfahrzeug, sondern als gewerbliches Mietfahrzeug bei der D…-Versicherung gegen Vollkaskoschäden versichert habe. Der hierfür aufgewandte Jahresbeitrag sei um ein Mehrfaches höher gewesen, als der Jahresbeitrag für ein entsprechend versichertes Privatfahrzeug. Das Geschäft sei zunächst auch sehr gut angelaufen. Er habe eine eigene Homepage besessen, die mit Homepages verschiedener anderer Internetplattformen, z. B. der Vermietungsbörse „E…“, auf der eine Reihe anderer Kleinanbieter für Fahrzeugvermietungen aufgelistet gewesen seien, oder „F…“ unter der Rubrik „Reisen Sehen“ verlinkt gewesen sei. Ende des Jahres 2006 seien dann Probleme aufgetreten. Nach einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht sei der erste B… stark beschädigt worden. Die Versicherung habe erst nach Beschreitung des Rechtsweges den eingetretenen Schaden ersetzt. Neben weiteren kleineren Schwierigkeiten (Diebstählen von Zubehörteilen, Reparaturen usw.) und hierdurch bedingten Mietausfällen sei es im Jahr 2007 zu einem erheblichen Rückschlag für sein im Aufbau begriffenes Unternehmen gekommen. Ein Mieter habe das Fahrzeug anlässlich einer Polizeiflucht an Ostern des Jahres 2007 schrottreif beschädigt. Ein Ersatzfahrzeug habe nur mit großen Mühen aus eigenen ersparten Mitteln sowie dem Erlös aus der Veräußerung des schrottreifen ersten B… (Schrotterlös: 23.000 €) angeschafft werden können. Eine Teilregulierung durch die Vollkaskoversicherung sei wiederum erst nach Beschreiten des Rechtsweges im August des Jahres 2008 erfolgt. Seit diesen Vorkommnissen sei er – der Kläger – sehr vorsichtig geworden. Er prüfe die Seriosität seiner Kunden nunmehr sehr genau. Es sei ihm bewusst gewesen, dass mit nur einem einzigen Mietfahrzeug Gewinne nicht erzielt werden könnten und der Fuhrpark um mindestens ein weiteres Fahrzeug vergrößert werden müsse, um Gewinn erzielen zu können. Die Anschaffung eines weiteren Mietfahrzeuges sei jedoch aufgrund des Totalschadens und der verzögerten Regulierung der Unfallschäden durch die Versicherung unmöglich gewesen. Der geltend gemachte Verlust sei nicht dem Privatbereich zuzurechnen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei das Betriebskonzept als schlüssig und erfolgversprechend zu erachten gewesen. Persönliche Interessen oder sonstige private Motive hätten bei der Gründung des Unternehmens keine Rolle gespielt, eine Privatnutzung des Mietfahrzeuges hätte nicht vorgelegen. Schon wegen seiner damaligen Körperfülle und eines Körpergewichts von etwa 220 kg sei es ihm aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen, den B… auf längeren Strecken selbst zu nutzen (siehe Lichtbilder Bl. 41, 42 Streitakte). Die Berücksichtigung einer privaten Nutzungsentnahme nach Maßgabe der 1 %-Regelung scheide aus. Die vom BFH in den Vercharterungsfällen von Segelyachten und Motorbooten aufgestellten Grundsätze könnten auf den Streitfall nicht übertragen werden, weil sich gewerbliche Autovermietungen der vorliegenden Art von den Vercharterungsfällen grundlegend unterschieden. Deren Kostenstruktur sei gänzlich anders gelagert. Bereits die Liegekosten sowie die Abschreibung für Segelyachten seien wesentlich höher als die Unterhaltskosten für einen Sportwagen. Auch sei eine private Nutzung in den Vercharterungsfällen durch die Schiffseigner wahrscheinlicher. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Ansparrücklage im Streitjahr seien gegeben, weil diese der Finanzierung eines zweiten Pkw B… gedient habe.

12
Auf den entsprechenden rechtlichen Hinweis des Berichterstatters im Schreiben vom 23. Januar 2009 (Bl. 30 f Streitakte) hat der Kläger weiter ausgeführt, dass es für die Berücksichtigung der Ansparabschreibung gemäß § 7 g Abs. 3 EStG a.F. einer verbindlichen Bestellung des Zweitfahrzeuges im Jahr 2006 nicht bedurft habe. Eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur bei einem erst noch zu eröffnenden Betrieb erforderlich. Eine abgeschlossene Betriebseröffnung verlange nicht, dass der Betrieb bereits in seiner endgültig geplanten Form bestehe oder hohe Gewinne abwerfe. Zudem verlange die höchstrichterliche Rechtsprechung lediglich in den Fällen, in denen der Betrieb erst noch zu eröffnen ist, eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen (BFH, Urteil vom 25. April 2002 IV R 30/00). Im Streitfall sei die Eröffnungsphase des Vermietungsbetriebes mit der Anschaffung des ersten Mietfahrzeuges Mitte des Jahres 2006 vollendet gewesen. Sei ein Unternehmen – wie hier – bereits am Markt tätig, müsse nicht mehr glaubhaft gemacht werden, dass die Investition tatsächlich beabsichtigt sei (BFH, Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00).

13
Des Weiteren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 5. November 2009 (Bl. 54 f Streitakte) für den Zeitraum von 2006 bis 2015 eine Prognoseberechnung über die zu erwartenden Ergebnisse aus der Vermietungstätigkeit vorgelegt (siehe Tabelle Bl. 58 Streitakte). Danach ergebe sich bezogen auf den Zeitraum von 2006 bis 2015 ein Totalgewinn in Höhe von 26.518 € wie folgt:

 

14
Kalenderjahr  Ergebnis in €  Anzahl der Vermietungstage
2006  ./.65.781  13
2007  ./.27.904  37
2008  ./. 4.337  35
2009  + 5.058  95
2010  + 3.618  100
2011  + 62.731  105
2012  + 10.147  110
2013  + 13.465  115
2014  + 14.329  120
2015  + 15.192  125
Totalgewinn  + 26.518
 

15
Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 (Bl. 119 f Streitakte) hat der Kläger außerdem vorläufige Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG für die Jahre 2008 und 2009 vorgelegt. Abweichend von der vorstehenden Totalgewinnberechnung erwirtschaftete der Kläger einen Verlust aus gewerblicher Autovermietung für 2008 von rund 6.949 € (Bl. 122 Streitakte) sowie für das Jahr 2009 – ohne Berücksichtigung der Fahrzeug-AfA von jährlich 7.460 € (siehe Anlagenverzeichnis, Bl. 129 Streitakte) – einen Gewinn in Höhe von rund 2.772 € und bei Berücksichtigung der AfA einen Verlust in Höhe von 4.688 € (Bl. 127 Streitakte).

16
Zur Untermauerung seiner Berechnungen hat der Kläger im Verlauf des Klageverfahrens diverse Kfz-Mietverträge (jeweils in Ablichtung) vorgelegt, auf die der erkennende Senat ergänzend Bezug nimmt (Bl. 60 bis 107 Streitakte).

17
Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 13. Dezember 2007 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008 mit der Maßgabe zu ändern, dass negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 65.779 € berücksichtigt werden.

18
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

19
Er bleibt bei seiner Auffassung, dass eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorliegt und verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

20
Ergänzend führt er aus:

21
Dass der Kläger die beiden fraglichen Pkw B… nicht selbst genutzt habe, lasse den Bezug zum privaten Bereich nicht entfallen. Bei lebensnaher Betrachtung sei anzunehmen, dass beide Fahrzeuge trotz der unzweifelhaft gegebenen Vermietung an fremde Dritte auch vom Lebenspartner, von Freunden oder Bekannten des Klägers genutzt worden sein könnten. Die Bildung einer Ansparrücklage sei unzulässig, weil es der verbindlichen Bestellung des B… bedurft habe. Die Betriebseröffnung sei erst abgeschlossen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden seien (BFH-Urteil vom 10. Juli 1991, BStBl II 1991, 940). Im Fall einer gewerblichen Autovermietung könne bei Anschaffung eines einzigen Fahrzeuges noch nicht von einer abgeschlossenen Betriebseröffnung ausgegangen werden. Außerdem handele es sich bei der Anschaffung eines zweiten Fahrzeuges auch um eine wesentliche Erweiterung des vorhandenen Betriebs. Auch für diese Fälle erfordere die Bildung einer Ansparabschreibung eine verbindliche Bestellung des Wirtschaftsguts. Die im Klageverfahren vorgelegten Prognoseberechnungen des Klägers hält der Beklagte nicht für schlüssig. Es sei nicht anzunehmen, dass der im Jahr 2001 zugelassene B… noch im Jahr 2015 im Vermietungsbetrieb eingesetzt werden könne. Nicht nachvollziehbar sei außerdem die in den Jahren 2008/2009 durch nichts belegte sprunghafte Erhöhung der Anzahl der Vermietungstage.

22
Auf fernmündliche Mitteilung hat die Klägervertreterin mitgeteilt, dass der Kläger den Autovermietungsbetrieb mit Wirkung zum 5. Juni 2010 eingestellt habe (Vermerk Bl. 232 Streitakte/RS).

23
Der Berichterstatter hat das Rubrum der Klage berichtigt und lediglich die Einkommen-steuer des Jahres 2006 als Streitgegenstand erfasst.

24
Im Termin hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts ausgeführt:

25
Die Idee zur Gründung der im Streit stehenden B…-vermietung an Selbstfahrer habe auf eigenen Erfahrungen beruht. Seinerzeit habe es in G… praktisch keine Möglichkeit gegeben, für Selbstfahrer einen hochwertigen B… für eine kurze Mietdauer und ohne größeren Aufwand anzumieten. Andererseits habe es nach seinen Recherchen durchaus eine erhebliche Nachfrage nach solchen Angeboten gegeben. Das von ihm zur Verfügung gestellte Fahrzeug sei von den Kunden häufig für „Spritztouren“ am Wochenende genutzt worden. Die Buchungen erfolgten z. B. auf der Grundlage von Geschenkgutscheinen, die über entsprechende Internetplattformen an den Kunden gebracht worden seien. Entsprechende Angebote bekannter Autovermietungsfirmen (z. B. …, … u. ä.) hätten seinerzeit nicht existiert. Aufgrund seiner abgeschlossenen Ausbildung zum Hotelfachwirt habe der Kläger Kontakte zum Empfangspersonal mehrerer großer Hotels (z. B. das …) unterhalten. Gegen eine geringe „Gebühr“ seien ihm ab und zu potentielle Kunden vermittelt worden. Mietvertragliche Rahmenvereinbarungen mit den betreffenden Hotels hätten aber nicht bestanden.

26
Aufgrund seiner sich verschlimmernden asthmatischen Erkrankung habe er damit rechnen müssen, seine Tätigkeit als „Vorwäscher“ in einer Autowaschanlage nicht mehr dauerhaft ausüben zu können. Mit der von ihm angestrebten Autovermietungstätigkeit habe er eine reale Chance gesehen, sich eine neue und nachhaltige Existenzgrundlage zu verschaffen. Da er das Unternehmen ohne Inanspruchnahme von Fremdkapital im Wesentlichen aus eigenen ersparten Mitteln finanziert habe, hätten sich die Kosten in einem überschaubaren Rahmen bewegt. Er habe eine vergleichsweise preisgünstige Selbstfahrer-Mietversicherung bei der D…-Versicherung abgeschlossen. Fremdpersonal habe er nicht beschäftigen müssen. Die für die Abwicklung der Vermietungen erforderlichen Tätigkeiten habe er gut mit seiner Tätigkeit als „Vorwäscher“ koordinieren können. Gelegentlich habe ihn seine langjährige (damalige) Lebensgefährtin, Frau H… (geb. am 13. August 1974), mit der er seinerzeit zusammengewohnt und mit der er eine gemeinsame Tochter (geb. am 8. März 2007) habe, bei den Vermietungsaktivitäten unterstützt. Die Pflegearbeiten am Mietfahrzeug (Wäsche usw.) habe er in der Autowaschanlage, in der er tätig gewesen sei, vorgenommen. Zum Transport des Mietfahrzeugs habe er einen Trailer eingesetzt, den ihm ein Bekannter je nach Bedarf leihweise zur Verfügung gestellt habe. Das Mietfahrzeug habe er trotz seiner Leibesfülle selbst auf den Anhänger verladen. Wenn das Mietfahrzeug nicht habe vermietet werden können, sei es in einer Garage in der Nähe seiner privaten Wohnung (I… Ring, G…) abgestellt worden. Eine private Nutzung des Mietwagens habe nicht stattgefunden. Er selber habe das Fahrzeug aufgrund seines Körperumfangs nicht auf längeren Strecken nutzen können. Seine damalige Lebensgefährtin habe kein Interesse an dem B… gehabt und diesen nicht genutzt. Der im Jahr 2007 angeschaffte B… (amtliches Kennzeichen …) sei im Zeitraum vom 29. Juli 2008 bis 29. Dezember 2009 allein aus versicherungstechnischen Gründen auf seine Freundin zugelassen gewesen. Im Jahr 2010 habe er das Mietunternehmen mangels Erfolgs aufgegeben und das Mietfahrzeug an Frau H… veräußert.

27
Dem Senat haben bei seiner Entscheidungsfindung neben der Streitakte zum vorliegenden Verfahren ein Band -Bd.- PKH- sowie drei Bde. Steuerakten des Beklagten (je ein Bd. Umsatzsteuer-Sonderprüfungs-, Einnahmen-Überschussrechnungs- und Einkommen-steuer-Akten) zur Steuernummer … vorgelegen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

28
1. Die Klage richtet sich nur gegen die Anfechtung des Einkommensteuerbescheides für 2006. Den mit der Klageschrift gestellten weiteren Antrag, im Falle des Obsiegens einen Teil des im Streitjahr nicht ausgeglichen Verlustbetrages nach Maßgabe des § 10 d Abs. 1 Sätze 1 und 4 EStG in das Vorjahr (2005) zurückzutragen, hat der erkennende Senat dahingehend ausgelegt, dass dieses Begehren sich zur Vermeidung von Rechtsnachteilen allein an den Beklagten als Antrag auf Wahlrechtsausübung i. Sinne d. § 10 d Abs. 1 Satz 4 EStG richten und mithin nicht Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sein soll. Auf ausdrückliche Nachfrage hat der im Termin fachkundig vertretene Kläger sich mit der entsprechenden Berichtigung des Rubrums ausdrücklich einverstanden erklärt.

2.

29
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

30
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2006 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

31
Der Beklagte hat die bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb geltend gemachten Verluste aus gewerblicher Autovermietung zu Recht nicht berücksichtigt, weil das Tatbestandsmerkmal der Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG zu verneinen ist. Die Autovermietung an Selbstfahrer stellt keinen Gewerbebetrieb, sondern eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei dar.

32
Gewinnerzielungsabsicht als Merkmal des gewerblichen Unternehmens ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns (BFH, Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl. II 2007, 874). Hieran fehlt es, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Gewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt. Es handelt sich um eine innere Tatsache, die – wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge – nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann (BFH, a.a.O. m.w.N.). Beruht die Neugründung eines Gewerbebetriebes im Wesentlichen auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Steuerpflichtigen, so sind die entstehenden Verluste nur dann auf die Dauer einer betriebsspezifischen Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn seiner Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde er insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielen können.

33
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist der erkennende Senat nach Beurteilung aller Umstände des Streitfalles zu der Überzeugung gelangt, dass die Vermietung von Anfang an als Liebhaberei anzusehen ist. Das Gesamtergebnis ist negativ. Der Kläger hat auf Nachfrage im Termin erklärt, dass auch in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen bis zur Veräußerung des einzigen Mietfahrzeuges im Jahr 2010 und mithin bis zur Beendigung der Tätigkeit stets Verluste erzielt worden waren. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse geht der Senat ferner davon aus, dass im Vordergrund für die zweifelsohne gegebene Vermietungstätigkeit nicht die Absicht der Gewinnererzielung, sondern das private Motiv stand, die nicht unerheblichen Kosten eines in der Anschaffung und im Unterhalt teuren Sportwagens durch gelegentliche Vermietung an Dritte zu senken. Auch das Betriebskonzept erweist sich bei näherer Betrachtung wirtschaftlich als nicht tragfähig. Für eine steuerliche Berücksichtigung des geltend gemachten Verlustes im Rahmen einer Anlaufphase besteht deshalb nach der oben zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung kein Raum.

34
Die mittlerweile im Jahr 2010 aufgegebene Vermietungstätigkeit hat zu keinem Totalgewinn geführt. Zwischen den Beteiligten ist nicht strittig, dass auch in den dem Streitjahr nachfolgenden Veranlagungszeiträumen von 2007 bis zur Beendigung der Vermietungsaktivitäten im Jahre 2010 keine Gewinne, sondern durchweg Verluste aufgelaufen sind. Für die anzustellende Prognose kommt es deshalb nicht auf eine in die Zukunft gerichtete langfristige (Gesamt-)Beurteilung an, denn im Falle der Veräußerung des Betriebes oder der Betriebsaufgabe ist das tatsächliche Ergebnis maßgeblich.

35
Im Streitfall beruhen die Verluste – wie der Beklagte zu Recht hervorgehoben hat – nach Würdigung aller streiterheblichen Umstände nicht auf einer einkommensteuerrechtlich beachtlichen Tätigkeit. Vielmehr würdigt der erkennende Senat die Gegebenheiten des Streitfalls dahingehend, dass die verlustbringende Vermietungstätigkeit von Beginn an auf unbeachtlichen privaten Motiven basierte. Hierfür spricht zunächst der Umstand, dass der Kläger die Autovermietung nicht als „Brotberuf“, sondern in nebenberuflichem Umfang ausübte und zur Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht auf die Einnahmen aus der Vermietung angewiesen war. Der Erwerb nur eines Sportwagens der gehobenen Klasse deutet darauf hin, dass das Fahrzeug zumindest auch in nicht unerheblichem Umfang zu eigenen privaten Zwecken verwendet wurde. Indiz von Gewicht erlangt insoweit der Umstand, dass der Mietwagen – wie der Kläger im Termin auf Nachfrage bestätigt hat – in der Nähe seiner privaten Wohnung geparkt war und dort im Falle der Nichtvermietung dem jederzeitigen Zugriff zur Privatnutzung unterlag. Mit Erfolg kann der Kläger sich insoweit nicht darauf berufen, dass er das Mietfahrzeug aufgrund seines Leibesumfangs und Körpergewichts nicht selbst habe führen können. Zu Recht weist der Beklagte nämlich darauf hin, dass bei unbefangener Betrachtung durchaus die naheliegende Möglichkeit bestand, dass der B… von der seinerzeitigen Lebenspartnerin oder anderen Personen aus dem privaten Bekannten- und Freundeskreis des Klägers genutzt werden konnte. Diese Möglichkeit liegt auch deshalb auf der Hand, weil der Kläger und dessen Lebensgefährtin und Mutter der gemeinsamen Tochter (geb. am 8. März 2007) seit 1999 bis dato (neue Anschrift seit 1. März 2011: J…, G…) durchweg unter einer gemeinsamen Anschrift gemeldet waren. Neben der Halterstellung der Frau H… betreffend den Pkw B… (amtliches Kennzeichen …) im Zeitraum vom 28. Juli 2008 bis 29. Dezember 2009 erlangt für die Annahme einer steuerschädlichen Privatnutzung außerdem der Umstand Bedeutung, dass die Lebenspartnerin das Fahrzeug vom Kläger im Jahr 2010 käuflich erworben hat.

36
Zu Recht hat der Beklagte schließlich auch die Schlüssigkeit des Betriebskonzepts in Zweifel gezogen.

37
Der Erfolg des vom Kläger verfolgten und von ihm im Termin (nochmals) näher ausgeführten Betriebskonzepts stellt sich nach eingehender Würdigung aller Gesamtumstände aus der ex ante Sicht eines auf Erfolg bedachten und ordnungsgemäß agierenden Kaufmanns schon im Ansatz als äußerst fragwürdig dar. Nach Ansicht des Senats ist die zu beurteilende Autovermietung aus strukturellen Gründen auf Verlust angelegt.

38
Für diese Beurteilung spricht der Umstand, dass die Vermietung eines einzigen Sportwagens der vorliegenden Art an fremde Dritte für kurze „Spaß- und Spritztouren“ mit besonderen Risiken und Kosten des Unternehmers verbunden sein dürfte. Das vom Kläger verfolgte Konzept beruhte maßgebend darauf, einen Kundenkreis anzusprechen, dessen Hauptinteresse darauf gerichtet war, ein sportliches und edles Fahrzeug nutzen zu können. Hieraus ergaben sich besondere Verlustrisiken, die weit über das mit einem normalen Autovermietungsbetrieb verbundene wirtschaftliche Verlustrisiko hinausgehen dürften. Mit der erwähnten Nutzung waren neben einer höheren Unfallgefahr auch verschleißbedingt höhere Kosten für die laufende Wartung- und Reparatur des Fahrzeuges erforderlich. Zudem sind erhebliche Einnahmeausfälle während der Dauer der Reparatur- und Wartungsarbeiten zu gewärtigen, die in Ermangelung eines Ersatzfahrzeuges nicht anderweitig kompensiert werden konnten. Die von dem Kläger verfolgte unkonventionelle Überlassung des Fahrzeuges an fremde Dritte birgt nach Ansicht des Senats auch das Risiko, dass unseriöse Mieter das Fahrzeug über Gebühr nutzen oder unsachgemäß behandeln oder gar unterschlagen. Gleichzeitig besteht bei dieser Art der Überlassung keine Möglichkeit, die besonderen Schadens- und Ausfallrisiken verlässlich abzusichern, zumal dem Kläger letztlich keine ausreichenden Sicherheiten zur Abdeckung der aufgezeigten Verlustrisiken zur Verfügung standen. Dem erkennenden Senat ist bekannt, dass sich die großen Autovermieter bei der Vermietung von hochwertigen Fachzeugen der Sportwagen- oder Luxuswagenklasse durch eine strenge Bonitätsprüfung der Mieter gegen derartige Verlustrisiken absichern. Dergleichen hat der Kläger nicht unternommen.

39
Da ein Ersatzfahrzeug nicht existierte und ein unvorhersehbarer Ausfall des Mietfahrzeuges jederzeit eintreten konnte, bestand auch nicht die Möglichkeit, im Vorfeld eine verlässliche Mietreservierung vorzunehmen. Das hohe Ausfallrisiko war nicht nur theoretischer Natur, denn schon kurze Zeit nach der Eröffnung des Betriebes fiel der erste B… nach einem Totalschaden aus; hierdurch war die Fortführung des Unternehmens eigenen Angaben des Klägers zufolge ernsthaft gefährdet. Auf einen dauerhaften Ersatz durch die Versicherung konnte der Kläger nicht verlässlich setzen. Aufgrund der in dem Konzept angelegten strukturellen Mängel musste der Kläger jederzeit damit rechnen, dass die Versicherung im Falle ihrer wiederholten Inanspruchnahme das Versicherungsverhältnis aufgrund ihrer allgemeinen Versicherungsbedingungen kündigen würde. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Kläger auf dem Geschäftsfeld der Autovermietung mit anderen leistungsstarken und professionellen Anbietern (z. B. …, …) konkurrierte.

40
Auf die Frage, ob der Kläger für die Anschaffung eines Zweitfahrzeuges eine Sonderabschreibung nach § 7 g Abs. 3 EStG a.F. in Anspruch nehmen kann, kommt es nach alldem nicht mehr, weil die geltend gemachten Verluste wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen sind.

41
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Umsatzsteuer: Auswirkungen durch den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union zum 1. Juli 2013

I. Allgemeines
Gemäß dem am 9. Dezember 2011 unterzeichneten Vertrag über den Beitritt der Republik
Kroatien tritt Kroatien am 1. Juli 2013 der Europäischen Union bei. Das Hoheitsgebiet der
Republik Kroatien gehört ab diesem Zeitpunkt zu dem Gebiet der Europäischen Union, vgl.
Artikel 52 EUV i.V.m. Artikel 355 AEUV. Ab dem Tag des Beitritts hat Kroatien das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem ohne Übergangsfrist anzuwenden. Dies gilt auch hinsichtlich der Bestimmungen über die umsatzsteuerliche Behandlung des innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehrs.
Aufgrund des Beitritts ergeben sich Auswirkungen auf das deutsche Umsatzsteuerrecht. Nach
mehreren Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes und der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung treten im grenzüberschreitenden Leistungsverkehr, je nachdem ob ein Staat zur
Europäischen Union gehört oder nicht, unterschiedliche Besteuerungsfolgen ein. Das gilt insbesondere für:
• § 1a UStG: Innergemeinschaftlicher ErwerbSeite 2
• § 1b UStG: Innergemeinschaftlicher Erwerb neuer Fahrzeuge
• § 1c UStG: Innergemeinschaftlicher Erwerb durch diplomatische Missionen, zwischenstaatliche Einrichtungen und Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags
• § 2a UStG: Fahrzeuglieferer
• § 3 Abs. 1a UStG: Umsatzsteuerliche Behandlung des Verbringens eines Gegenstandes des
Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet
• § 3 Abs. 6, 7 und 8 UStG: Ort der Lieferung
• § 3a UStG: Ort der sonstigen Leistung
• § 3b UStG: Ort der Beförderungsleistungen und der damit zusammenhängenden sonstigen
Leistungen
• § 3c UStG: Ort der Lieferung in besonderen Fällen
• § 3d UStG: Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs
• § 3e UStG: Ort der Lieferungen und Restaurationsleistungen während einer Beförderung
an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn
• § 4 Nr. 1 Buchst. a und b UStG: Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen
• § 4 Nr. 3 UStG: Steuerbefreiungen für grenzüberschreitende Beförderungen und bestimmte
sonstige Leistungen
• § 4 Nr. 4b UStG: Steuerbefreiung für die einer Einfuhr vorangehenden Lieferungen von
Gegenständen
• § 4 Nr. 5 UStG: Steuerfreie Vermittlungsleistungen
• § 4 Nr. 7 UStG: Leistungen an Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, NATO-Streitkräfte, diplomatische Missionen und zwischenstaatliche Einrichtungen
• § 4b UStG: Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen
• § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG: Steuerbefreiung bei der Einfuhr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung
• § 6 UStG: Ausfuhrlieferung
• § 6a UStG: Innergemeinschaftliche Lieferung
• § 7 UStG: Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr
• § 13b Abs. 1 UStG: Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für nach § 3a Abs. 2
UStG im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen
• § 14 Abs. 7 UStG: Rechnungserteilung bei inländischen Umsätzen eines in einem anderen
Mitgliedstaat ansässigen Unternehmers, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet
• § 14a UStG: Zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen
• § 14b UStG: Aufbewahrung von Rechnungen
• § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG: Vorsteuerabzug für den innergemeinschaftlichen Erwerb
von GegenständenSeite 3
• § 15 Abs. 3 UStG: Ausschluss des Vorsteuerabzugs
• § 16 Abs. 1a und § 18 Abs. 4c UStG: Elektronische Dienstleistungen
• § 16 Abs. 5 und § 18 Abs. 5 UStG: Beförderungseinzelbesteuerung
• § 16 Abs. 5a und § 18 Abs. 5a UStG: Fahrzeugeinzelbesteuerung
• § 18 Abs. 9 UStG: Vorsteuer-Vergütungsverfahren
• § 18a UStG: Zusammenfassende Meldung
• § 18b UStG: Gesonderte Erklärung innergemeinschaftlicher Lieferungen und bestimmter
sonstiger Leistungen im Besteuerungsverfahren
• § 18c UStG: Meldepflicht bei der Lieferung neuer Fahrzeuge
• § 18d UStG: Vorlage von Urkunden
• § 18e UStG: Bestätigungsverfahren
• § 18g UStG: Abgabe des Antrags auf Vergütung von Vorsteuerbeträgen in einem anderen
Mitgliedstaat
• § 22 UStG: Aufzeichnungspflichten
• § 25 Abs. 2 UStG: Steuerbefreiung von Reiseleistungen
• § 25a UStG: Differenzbesteuerung
• § 25b UStG: Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte
• §§ 8 bis 17 UStDV: Beleg- und buchmäßiger Nachweis bei Ausfuhrlieferungen und Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr
• §§ 17a bis 17c UStDV: Nachweise bei der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
• §§ 59 bis 61a UStDV: Vergütung der Vorsteuerbeträge in einem besonderen Verfahren.
Bei der Anwendung aller vorstehend aufgeführten Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes und
der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung gehört Kroatien ab dem Beitritt zum Gebiet der
Europäischen Union bzw. Gemeinschaftsgebiet i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 UStG.
II. Im Einzelnen
1. Gebiet der Europäischen Union
Ab dem 1. Juli 2013 umfasst das Gemeinschaftsgebiet (§ 1 Abs. 2a Satz 1 UStG) auch das
Hoheitsgebiet der Republik Kroatien.
2. Erwerbsschwelle
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch
– Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug ausführen,Seite 4 – Kleinunternehmer, bei denen die Umsatzsteuer entsprechend Artikel 282 bis 292 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EU 2006 Nr. L 347 S. 1) nicht erhoben wird,
– Landwirte, die die Pauschalregelung entsprechend Artikel 295 bis 300 und Artikel 301
Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG anwenden, und
– juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die den Gegenstand nicht für ihr
Unternehmen erwerben,
unterliegt vorbehaltlich eines eventuell erklärten Verzichts auf die Anwendung des Schwellenwerts nur dann der Umsatzbesteuerung, wenn eine bestimmte Grenze (Erwerbsschwelle)
überschritten wird.
Die Erwerbsschwelle für Kroatien beträgt 77.000 HRK. Gemäß Artikel 399 Satz 2 der Richtlinie 2006/112/EG ist der zum Zeitpunkt des Beitritts Kroatiens geltende Umrechnungskurs
maßgeblich.
3. Lieferschwelle
Der Ort der Lieferung richtet sich bei Lieferungen von Gegenständen, die durch den Lieferer
oder von einem von ihm beauftragten Dritten aus dem Inland in das Gebiet eines anderen
Mitgliedstaates befördert oder versendet werden und bei denen der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu versteuern hat, vorbehaltlich eines eventuell erklärten Verzichts auf die Anwendung des Schwellenwerts danach, ob die maßgebliche Lieferschwelle
des anderen Mitgliedstaates (§ 3c Abs. 3 Nr. 2 UStG) überschritten ist oder nicht.
Die Lieferschwelle für Kroatien beträgt 270.000 HRK. Gemäß Artikel 399 Satz 2 der Richtlinie 2006/112/EG ist der zum Zeitpunkt des Beitritts Kroatiens geltende Umrechnungskurs
maßgeblich.
4. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
Ab dem 1. Juli 2013 unterliegt der grenzüberschreitende Waren- und Dienstleistungsverkehr
mit Kroatien den Vorschriften, die für den innergemeinschaftlichen Handel gelten.
Unternehmer in Kroatien erhalten ab dem 1. Juli 2013 für umsatzsteuerliche Zwecke eine
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dient vorrangig als Anzeichen dafür, dass ihr Inhaber Unternehmer ist und Lieferungen oder sonstige
Leistungen für seinen unternehmerischen Bereich bezieht. Deutsche Unternehmer benötigen
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Leistungsempfängers, um zu erkennen, ob sie
nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG steuerfrei an ihn liefern können. Ferner benötigen Unternehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers, um den Verpflichtungen zur Rechnungsausstellung nach § 14a UStG nachzukommen. Schließlich müssen Seite 5 sie steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen, im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 2 UStG, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, und Lieferungen
i.S.d. § 25b Abs. 2 UStG unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers in ihren Zusammenfassenden Meldungen (§ 18a UStG) angeben. Steuerliche Bedeutung hat die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers auch
als Tatbestandsmerkmal der Regelungen des § 3a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a und c, Nr. 4
und Nr. 5, Abs. 4 und Abs. 5 UStG und § 3b UStG über den Ort bestimmter sonstiger Leistungen. Daneben hat die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei sonstigen Leistungen an
einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungsempfänger Bedeutung als Nachweis, ob der Leistungsempfänger Unternehmer ist und die sonstige Leistung für das Unternehmen bezieht (vgl. § 3a UStG).
Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern werden in Kroatien wie folgt aufgebaut sein:
HR99999999999 (Präfix „HR“ und ein Block mit 11 Ziffern).
Das Bundeszentralamt für Steuern bestätigt ab dem 1. Juli 2013 gemäß § 18e Nr. 1 UStG auf
Anfrage die Gültigkeit von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern, die von Kroatien erteilt
wurden (einfache Bestätigung) sowie den Namen und die Anschrift der Person, der die
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde (qualifizierte Bestätigung). Weitere Informationen sind unter der Internetadresse des Bundeszentralamtes für Steuern (www.bzst.bund.de) eingestellt.
Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom Unternehmer nachgewiesen werden. Hierzu gehört nach § 17c Abs. 1 UStDV als
buchmäßiger Nachweis die Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des
Abnehmers. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird die fehlende Aufzeichnung
der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Abnehmers in der Republik Kroatien unter
den folgenden Voraussetzungen nicht beanstandet:
1. Die Lieferung wird nach dem 30. Juni 2013 und vor dem 1. Oktober 2013 ausgeführt.
2. Die Lieferung erfolgt nicht im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise (vgl. § 17c Abs. 2 Nr. 2 UStDV).
3. Die außer der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach den §§ 17a
bis 17c UStDV erforderlichen Nachweise für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung
liegen vor.
4. Der Abnehmer gibt gegenüber dem Unternehmer die schriftliche Erklärung ab, dass er
die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragt hat und dass die
Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen.
5. Die zunächst fehlende Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des
Abnehmers wird nachgeholt.Seite 6
Im Übrigen ist die Durchführung des (einfachen oder qualifizierten) Bestätigungsverfahrens
nicht materiell-rechtliche Voraussetzung für den buchmäßigen Nachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Das Bestätigungsverfahren dient dem Unternehmer insbesondere in
den Fällen, in denen Geschäftsbeziehungen aufgenommen werden oder Zweifel an der Gültigkeit einer erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bestehen, als Anhaltspunkt dafür,
dass die jeweilige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dem Abnehmer erteilt wurde.
5. Behandlung der Lieferungen vor dem 1. Juli 2013, bei denen die gelieferten Gegenstände
nach dem 30. Juni 2013 nach Kroatien oder aus Kroatien in das Inland gelangen
Liefert ein Unternehmer vor dem 1. Juli 2013 einen Gegenstand im Inland an einen Abnehmer
und gelangt dieser Gegenstand nach dem 30. Juni 2013 in das Gebiet Kroatiens, ist diese Lieferung unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 UStG als Ausfuhrlieferung steuerfrei.
Gegenstände, die vor dem Beitrittsdatum geliefert wurden und nach dem Beitrittsdatum verwendet wurden, unterliegen unter den Voraussetzungen des Artikels 408 Abs. 2 Buchst. a und
b der Richtlinie 2006/112/EG der Einfuhrumsatzsteuer im Inland.
6. Vorsteuer-Vergütungsverfahren
Aufgrund der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der
Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat
der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. EU
2008 Nr. L 44 S. 23) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, den in anderen Mitgliedstaaten
ansässigen Unternehmern unter den weiteren Voraussetzungen die Vorsteuern zu erstatten.
Ein im Inland ansässiger Unternehmer, dem nach dem 30. Juni 2013 in Kroatien von einem
Unternehmer Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist, kann Anträge auf Vergütung von
kroatischen Vorsteuerbeträgen nach § 18g UStG auf elektronischem Weg an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zur Weiterleitung an die kroatische Erstattungsbehörde übermitteln.
Ein in Kroatien ansässiger Unternehmer, dem vor dem 1.Juli 2013 im Inland von einem
Unternehmer für einen steuerpflichtigen Umsatz Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden
ist, kann einen Antrag auf Vergütung dieser Steuer nach § 18 Abs. 9 UStG, §§ 59, 60, 61a
UStDV beim BZSt stellen. Für den Antrag auf Vergütung dieser Steuer ist ein Vordruck nach
amtlich vorgeschriebenem Muster zu verwenden. Der Unternehmer hat aber die Möglichkeit,
den Vergütungsantrag dem BZSt – ggf. vorab – elektronisch zu übermitteln. Die Vergütung ist
für im Jahr 2013 in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für vor dem 1.Juli 2013 im Inland
erbrachte steuerpflichtige Umsätze bis zum 30.Juni 2014 zu beantragen (§ 61a Abs. 2 Satz 1
UStDV).Seite 7
Ein in Kroatien ansässiger Unternehmer, dem nach dem 30.Juni 2013 im Inland von einem
Unternehmer für einen steuerpflichtigen Umsatz Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden
ist, kann einen Antrag auf Vergütung dieser Steuer auf elektronischem Weg über die kroatische Erstattungsbehörde zur Weiterleitung an das BZSt übermitteln (vgl. § 18 Abs. 9, §§ 59
bis 61 UStDV). Die Vergütung ist für im Jahr 2013 in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für
nach dem 30.Juni 2013 im Inland erbrachte steuerpflichtige Umsätze bis zum 30. September
2014 zu beantragen (§ 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV).
III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der
Länder wird in Abschnitt 1.10 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom
1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 10.Juni 2013 –
IV D 3 – S 7117/12/10001 (2013/0538049), BStBl I S. XXX, geändert worden ist, nach dem
9. Gedankenstrich folgender neuer Gedankenstrich eingefügt:
„- Kroatien (ab 1. 7. 2013)“
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Im Auftrag

Einnahmen-Überschuss-Rechnung: Investitionsabzugsbetrag trotz Überschreitens der Gewinngrenze

Die Auflösung einer Ansparabschreibung ist im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht zu berücksichtigen, soweit es darum geht, ob die für einen Investitionsabzugsbetrag maßgebliche Gewinngrenze eingehalten wird. Dies hat der 4. Senat des Finanzgerichts Köln am 10.04.2013 (Az. 4 K 2910/10) entschieden.

Der Kläger, ein Arzt, erklärte für das Streitjahr 2008 einen Gewinn in Höhe von 64.000 Euro. Bei der Gewinnermittlung erfasste er „Einnahmen“ in Höhe von 100.000 Euro aus der Auflösung einer Ansparabschreibung nebst Gewinnzuschlag und nahm eine Gewinnminderung durch einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 120.000 Euro in Anspruch. Das Finanzamt berücksichtigte den Investitionsabzugsbetrag nicht. Es stellte sich auf den Standpunkt, dass die gemäß § 7g Abs. 1 Nr. 1c Einkommensteuergesetz maßgebliche Gewinngrenze von 100.000 Euro überschritten sei. Bei der Ermittlung des insoweit maßgebenden Gewinns sei zwar auf den „Gewinn ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags“ abzustellen. Eine aufzulösende Ansparabschreibung und der darauf entfallende Gewinnzuschlag seien allerdings als Betriebseinnahme anzusetzen. Der Kläger habe daher einen Gewinn im Sinne des § 7g Abs. 1 Nr. 1c Einkommensteuergesetz in Höhe von 184.000 Euro erzielt.

Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Köln hatte Erfolg. Der 4. Senat kam zu dem Ergebnis, dass die Auflösung der in 2006 gebildeten Ansparrücklage aus systematischen Erwägungen und nach Sinn und Zweck der Norm bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns unberücksichtigt bleiben müsse. Alle auf der steuerlichen Investitionsförderung beruhenden Gewinnkorrekturen seien insoweit zu neutralisieren.

Gegen die Entscheidung wurde Revision beim BFH in München (Az. VIII R 29/13) eingelegt.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 01.07.2013 zum Gerichtsbescheid 4 K 2910/10 vom 10.04.2013

Übertragung der Freibeträge für Kinder

Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I Seite 2131) sind die Voraussetzungen für die Übertragung der Freibeträge für Kinder (§ 32 Absatz 6 Satz 6 bis 11 EStG) sowie des Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Absatz 5 Satz 2 EStG) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2012 geändert worden. Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten hierzu die nachfolgenden Ausführungen:

I. Übertragung des Kinderfreibetrags des anderen Elternteils (§ 32 Absatz 6 Satz 6 und 7 EStG)

Rz. 1 Bei nicht verheirateten, geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Eltern wird auf Antrag eines Elternteils der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen, wenn er, nicht aber der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt (Rz. 2) oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist (Rz. 3).

Rz. 2 Ein Elternteil kommt seiner Barunterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind dann im Wesentlichen nach, wenn er sie mindestens zu 75 % erfüllt. Der Elternteil, in dessen Obhut sich ein minderjähriges Kind befindet, erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes (§ 1606 Absatz 3 Satz 2 BGB).

Rz. 3 Eine Unterhaltspflicht besteht für den anderen Elternteil dann nicht, wenn er mangels ausreichender eigener Mittel nicht leistungsfähig ist (§ 1603 Absatz 1 BGB). Freiwillige Leistungen des nicht leistungsfähigen Elternteils können die Übertragung nicht verhindern.

Rz. 4 Eine Übertragung scheidet für solche Kalendermonate aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden. Auf die Höhe der Unterhaltsleistungen kommt es nicht an. Nachzahlungen sind auf die Kalendermonate zu verteilen, für die sie bestimmt sind.

Rz. 5 Die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.

II. Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (§ 32 Absatz 6 Satz 8 und 9 EStG)

Rz. 6 Bei minderjährigen Kindern von nicht verheirateten, geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Eltern wird auf Antrag des Elternteils, bei dem das Kind gemeldet ist, der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des anderen Elternteils auf ihn übertragen, wenn das minderjährige Kind bei dem anderen Elternteil nicht gemeldet ist.

Rz. 7 Der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, kann der Übertragung widersprechen, wenn er Kinderbetreuungskosten (Rz. 8) trägt oder wenn er das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang (Rz. 9) betreut.

Rz. 8 Als Kinderbetreuungskosten gelten nicht nur Aufwendungen für Dienstleistungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 5 EStG, sondern alle Aufwendungen für die Betreuung, Erziehung oder Ausbildung des Kindes bis zur Vollendung seines 18. Lebensjahres. Hierzu zählen beispielsweise Aufwendungen für die regelmäßige Unterbringung an Wochenenden.

Rz. 9 Maßgebend für eine regelmäßige Betreuung in einem nicht unwesentlichen Umfang ist ein nicht nur gelegentlicher Umgang mit dem Kind, der erkennen lässt, dass der Elternteil die Betreuung mit einer gewissen Nachhaltigkeit wahrnimmt, d. h. fortdauernd und immer wieder in Kontakt zum Kind steht. Bei lediglich kurzzeitigem, anlassbezogenem Kontakt, beispielsweise zum Geburtstag, zu Weihnachten und zu Ostern, liegt eine Betreuung in unwesentlichem Umfang vor. Von einem nicht unwesentlichen Umfang der Betreuung eines Kindes ist typischerweise auszugehen, wenn eine gerichtliche oder außergerichtliche Vereinbarung über einen regelmäßigen Umgang an Wochenenden und in den Ferien vorgelegt wird.

Rz. 10 Widerspricht der andere Elternteil der Übertragung des Freibetrags, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob dieser Einrede für das weitere Verfahren Bedeutung zukommt. Die Entscheidung hierüber wird nicht in einem eigenen Verwaltungsakt getroffen, sondern im jeweiligen Einkommensteuerbescheid.

Rz. 11 Es ist ausreichend, wenn der Steuerpflichtige der Übertragung durch Einspruch gegen seinen eigenen Steuerbescheid mit dem Ziel widerspricht, dass bei ihm der Freibetrag neu oder wieder angesetzt wird. Ist diese widersprechende Einrede sachlich gerechtfertigt, so ist der Steuerbescheid desjenigen Elternteils, auf dessen Antrag zunächst der Freibetrag übertragen wurde, nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO zu ändern.

III. Übertragung der Freibeträge für Kinder auf einen Stief- oder Großelternteil (§ 32 Absatz 6 Satz 10 und 11 EStG)

Rz. 12 Die den Eltern zustehenden Freibeträge für Kinder können auf Antrag auf einen Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt. Auf einen Stiefelternteil können diese Freibeträge auf Antrag übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Da ein Stiefelternteil keiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber seinem Stiefkind unterliegt, kommt eine Übertragung aus diesem Grund nicht in Betracht.

Rz. 13 Eine Übertragung auf einen Großelternteil, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, ist nur möglich, wenn dieser einer konkreten Unterhaltsverpflichtung unterliegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Eltern des Kindes nicht leistungsfähig sind.

Rz.14 Die Tatsache, dass der die Übertragung beantragende Großelternteil die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Enkelkind erfüllt, ist in geeigneter Weise – zum Beispiel durch Vorlage von Zahlungsbelegen – nachzuweisen. Bei einer Haushaltsaufnahme erübrigt sich der Nachweis.

IV. Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrags eines Kindes bei der Übertragung auf die Eltern (§ 33b Absatz 5 Satz 2 EStG)

Rz. 15 Steht der Behinderten-Pauschbetrag oder der Hinterbliebenen-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige einen Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 EStG oder auf Kindergeld hat, wird der Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt. Der Pauschbetrag wird auf die Elternteile je zur Hälfte aufgeteilt, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen.

Rz. 16 Bei einer Übertragung des Kinderfreibetrags ist stets der volle Behinderten-Pauschbetrag oder der volle Hinterbliebenen-Pauschbetrag zu übertragen. Eine Übertragung des vollen Pauschbetrags erfolgt auch dann, wenn der Kinderfreibetrag nur für einen Teil des Kalenderjahres übertragen wird.

V. Anwendungszeitraum

Rz. 17 Dieses Schreiben ist ab dem Veranlagungszeitraum 2012 anzuwenden.

Quelle: BMF-Schreiben zu § 32 Abs. 6 Satz 6 bis 11 EStG, (koordinierter Ländererlass) IV C 4 – S-2282 – a / 10 / 10002 vom 28.06.2013

Grundstückskaufverträge: Option zur Umsatzsteuer, aber richtig!

Grundstückskaufverträge: Option zur Umsatzsteuer, aber richtig!

Einführung
Grundstücksverkäufe an Unternehmer können als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (i. W. GiG) oder als „normale“ steuerfreie Veräußerung zu behandeln sein. Von Bedeutung ist diese Differenzierung im Hinblick auf eine mögliche Berichtigung der im Zusammenhang mit dem Objekt geltend gemachten Vorsteuer (nach § 15a UStG). Bei der GiG ergibt sich keine Vorsteuerberichtigung für den Verkäufer, da der Erwerber in dessen „Fußstapfen“ tritt und das Vorsteuerkorrekturpotential fortführt. Liegt hingegen keine GiG vor ist der Verkauf steuerfrei. Eine Korrektur der Vorsteuer zuungunsten des Verkäufers kann dann nur durch eine Option zur Umsatzsteuer vermieden werden (§ 9 Abs. 1 UStG) Gehen die Vertragsparteien davon aus, dass der Verkauf als GiG zu behandeln ist, wird häufig zusätzlich eine Umsatzsteuerklausel vereinbart, wonach zur Umsatzsteuer optiert wird, um eine Vorsteuerberichtigung zu vermeiden, falls die Finanzverwaltung den Verkauf nicht als GiG qualifiziert.

Aktuelle Rechtslage
Die aktuelle Rechtsauffassung lässt eine Option zur Umsatzsteuer nur noch bis zur formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Jahr des Vertragsabschlusses zu. Diese tritt mit Ablauf der Einspruchsfrist des entsprechenden Umsatzsteuerbescheides ein. Bisher beinhalteten die Umsatzsteuerklauseln häufig nur eine bedingte Option zur Umsatzsteuer, die dann eintrat, wenn die Finanzverwaltung die GiG endgültig abgelehnt hatte. Aufgrund der geänderten Rechtslage wird nunmehr zu einer unbedingten Option geraten, da befürchtet wird, dass aufgrund Eintretens der formellen Bestandskraft die bedingte Option ins Leere läuft. Eine Stellungnahme der Finanzverwaltung zu dieser wichtigen Frage fehlte bisher.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. bestätigt nun, dass nur die unbedingte Option vor einer Vorsteuerberichtigung schützt. Eine unbedingte Option liegt dann vor, wenn die Vertragsparteien im notariellen Kaufvertrag die unbedingte Option zur Umsatzsteuer nach § 9 Abs. 1 UStG erklären und gleichzeitig vereinbaren, dass der Grundstücksverkauf als GiG zu behandeln ist.

Konsequenzen
Auch wenn es sich grundsätzlich widerspricht, 2 Dinge gleichzeitig zu vereinbaren, die sich gegenseitig ausschließen, so ist der Finanzverwaltung zu folgen. Umsatzsteuerklauseln, die eine Berichtigung der Vorsteuer bewirken sollen, müssen unbedingt vereinbart werden.

Löst der Verzicht des GmbH-Gesellschafters auf Mehrstimmrecht Schenkungssteuer aus?

Löst der Verzicht des GmbH-Gesellschafters auf Mehrstimmrecht Schenkungssteuer aus?

Kernaussage
Verzichtet ein Gesellschafter einer GmbH auf ein ihm persönlich zustehendes Mehrstimmrecht, liegt darin auch dann keine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter der GmbH, wenn sich der Wert von deren Anteilen an der GmbH dadurch erhöht.

Sachverhalt
Der Vater der Kläger gründete im Jahr 1984 eine GmbH, an der er zu 97 % beteiligt war. Im Jahr 1993 wurde im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass seine Stimmrechte unabhängig von den gehaltenen Geschäftsanteilen mindestens 51 %, die der anderen Gesellschafter höchstens 49 % der Gesamtstimmenzahl betragen. Im Januar 1994 übertrug der Vater den Klägern unentgeltlich jeweils 24 % der Geschäftsanteile an der GmbH, wobei die übertragenen Anteile keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermittelten. Bei einer Kapitalerhöhung im Dezember 2000 wurde im Gesellschaftsvertrag die Gleichstellung der Stimmrechte aller Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung vereinbart. Das Mehrstimmrecht des Vaters entfiel. Das Finanzamt sah in dem Verzicht des Vaters eine freigiebige Zuwendung an die Kläger und setzte daraufhin Schenkungsteuer fest, wogegen diese klagten.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Diese Ansicht teilte auch der Bundesfinanzhof (BFH). Erforderlich für eine Schenkung unter Lebenden ist eine Vermögensverschiebung, d. h. eine Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers und eine Vermögensmehrung beim Bedachten. Die Vermögensverschiebung zwischen dem Schenker und dem Bedachten muss sich auf die Vermögenssubstanz beziehen. Die Vermehrung der Vermögenssubstanz beim Bedachten kann dabei sowohl durch den Zugang aktiver Vermögensgegenstände als auch durch den Wegfall negativer Vermögensgegenstände sowie den Erhalt von Gebrauchs- oder anderen Nutzungsmöglichkeiten geschehen. Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des Schenkers genügt demgegenüber nicht. Erhöht sich lediglich der Wert des Vermögens des Bedachten, wie etwa der Wert ihm gehörender Anteile an einer Kapitalgesellschaft, so reicht dies ebenfalls nicht zur Verwirklichung des schenkungsteuerlichen Tatbestands aus.

Konsequenz
Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des Schenkers genügt nicht, um eine Schenkung zu begründen. Die bloße Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft fällt zudem nicht unter den Schenkungsteuertatbestand (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Der Gesetzgeber hat im Gesetz die Voraussetzungen, unter denen die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung gilt, gesondert geregelt.

Beendigung der Nutzung fremder Wirtschaftsgüter: Aufdeckung stiller Reserven?

Beendigung der Nutzung fremder Wirtschaftsgüter: Aufdeckung stiller Reserven?

Kernaussage
Baut ein Steuerpflichtiger auf fremdem Grund und Boden und nutzt das hergestellte Gebäude zum Zwecke der Einkunftserzielung, hat er die Herstellungskosten des Gebäudes „wie ein Wirtschaftsgut“ zu aktivieren und wie ein Gebäude abzuschreiben. Endet die Nutzung des Gebäudes, bevor die Herstellungskosten vollständig durch Abschreibungen aufgezehrt sind, sind diese Kosten erfolgsneutral auszubuchen.

Sachverhalt
Der Kläger baute auf einem Grundstück, das ihm und seiner Frau zu hälftigem Miteigentum gehörte, ein Gebäude, das er als Schreinerei nutzte. Die Herstellungskosten für dieses Gebäude wurden aktiviert. Um die Erbfolge vorwegzunehmen, gründete der Kläger mit seinen beiden Söhnen, den weiteren Klägern, eine GbR, in die die Schreinerei eingebraucht wurde. Grundstück und Gebäude behielt der Kläger allerdings zurück. Unmittelbar nach Gründung der GbR wurde die Schreinerei in eine schon bestehende GmbH eingebracht. Der Geschäftswert wurde von der GbR an die GmbH verpachtet. Der Kläger und – soweit sie zivilrechtlich am Grundstück und dem Gebäude berechtigt war – seine Ehefrau verpachteten das Grundstück nebst Gebäude an die GmbH. Sämtliche Kläger behandelten die Pachteinnahmen des Klägers zu als Sonderbetriebseinnahmen bei der GbR. Im Rahmen einer sich anschließenden Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt allerdings die Auffassung, auch der Geschäftswert der Schreinerei sei mit auf die GmbH übergegangen und die GbR habe damit eine logische Sekunde nach ihrer Gründung aufgehört zu existieren. Daher habe der Kläger keine Sonderbetriebseinnahmen bei der GbR, sondern habe das Grundstück und das Gebäude aus dem Betriebsvermögen entnommen und den Entnahmegewinn zu versteuern.

Entscheidung
Nach nur teilweise erfolgreicher Klage vor dem Finanzgericht legten die Kläger Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) ein. Dieser entschied, dass in der vorliegenden Gestaltung grundsätzlich eine Betriebsaufgabe zu sehen sei. Allerdings seien die stillen Reserven nicht bei der Berechnung des Aufgabegewinns zu berücksichtigen, soweit sie auf den Miteigentumsanteil der Ehefrau am Gebäude entfielen. Denn insoweit habe der Kläger keine Entnahme getätigt, das Nutzungsrecht am Gebäude sei untergegangen. Daher sei eine Gewinnrealisation insoweit nicht gegeben. Allerdings seien die bis dato noch nicht abgeschriebenen Herstellungskosten erfolgsneutral auszubuchen, sodass es auch nicht zu einem Verlust kommen konnte.

Konsequenzen
Mit der Entscheidung hat der BFH abermals klargestellt, dass bei einem Steuerpflichtigen, der auf fremdem Grund baut, nicht das Gebäude selbst aktiviert wird. Vielmehr ist ein durch die Herstellung erworbenes Nutzungsrecht „wie ein Wirtschaftsgut“ zu behandeln, zu aktivieren und nach Gebäudegrundsätzen abzuschreiben. Endet die Nutzung sind verbleibende Kosten erfolgsneutral auszubuchen.

Getrennte Büroetage im Zweifamilienhaus als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren?

Getrennte Büroetage im Zweifamilienhaus als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren?

Kernproblem
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer unterliegen grundsätzlich einem steuerlichen Abzugsverbot. Ein eingeschränkter Abzug von bis zu 1.250 EUR gilt nur, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Hiervon profitieren nicht nur Lehrer, sondern insbesondere Außendienstler oder nebenberuflich Tätige. Ein uneingeschränkter Abzug aller Kosten verbleibt in Ausnahmefällen nur bei solchen Steuerpflichtigen, die den (qualitativen) Mittelpunkt ihrer Betätigung im Arbeitszimmer haben. Geht man davon aus, dass eine Vielzahl von Berufen den Kern der Tätigkeit beim Kunden, Mandanten oder Patienten ausüben, bleibt für den Komplettabzug meist kein Raum. Da wundert es nicht, dass der Versuch unternommen wird, den unbestimmten Rechtsbegriff des „häuslichen Arbeitszimmers“ zu umgehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dazu auch mehrmals Hoffnung gemacht, u. a. wenn die Räumlichkeiten für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet sind (z. B. bei Arztpraxen im Einfamilienhaus). Auch eine weitere in einem Mehrfamilienhaus befindliche und als Arbeitsraum genutzte Wohnung kann den Bezug zur Privatwohnung verlieren. Um diese letzte Fallgestaltung herum rankt sich ein weiteres Urteil.

Sachverhalt
Betroffen war ein angestellter Arzt, der freiberuflich als Erfinder Einkünfte erzielte und hierfür ein Büro im Obergeschoss des von ihm und seiner Familie bewohnten Zweifamilienhauses unterhielt. Der Zugang war ihm von der Wohnung im Erdgeschoss nicht unmittelbar sondern nur über eine eigene Eingangstür und separaten Treppenaufgang möglich. Das Finanzgericht ließ nach einer Klage des Erfinders den uneingeschränkten Abzug zu. Das Finanzamt ging jedoch in Revision und bekam Recht.

Entscheidung
Der BFH beurteilte auch diese Fallgestaltung als häusliches Arbeitszimmer und schränkte den Betriebsausgabenabzug ein. Entscheidendes Merkmal bleibt die Einbindung des Arbeitsraums in die häusliche Sphäre, d. h. die Zugehörigkeit zur Wohnung. Dabei sei eine unmittelbare Verbindung zur Wohnung nach Auffassung der Richter nicht erforderlich, denn auch Mansardenzimmer oder Kellerräume ständen als Zubehörräume noch in einer räumlichen Verbindung. Eine Durchbrechung des inneren Zusammenhangs setze regelmäßig voraus, dass das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen sei. Denn nur in diesem Fall werde die räumliche Trennung zwischen Arbeitszimmer und Wohnhaus gelöst. Das gelte unabhängig von dem Abschluss separater Mietverträge (wie im Streitfall).

Konsequenz
Bei Arbeitsräumen im eigenen Ein- oder Zweifamilienhaus wird die Einbindung in die häusliche Sphäre nach der Rechtsprechung des BFH etwa auch durch (dauerhaften) Publikumsverkehr oder die Beschäftigung von nicht familienangehörigen Teilzeitkräften aufgehoben oder überlagert. Solche Fälle versprechen Aussicht auf Erfolg.

Werbungskostenabzug bei Abgeltungssteuer: Musterverfahren ist entschieden

Werbungskostenabzug bei Abgeltungssteuer: Musterverfahren ist entschieden

Kernproblem
Zum 1.1.2009 wurde die Abgeltungssteuer auf private Kapitalerträge eingeführt. Seitdem werden die meisten privaten Kapitalerträge mit 25 % Abgeltungssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer belastet. Hiervon ausgenommen sind u. a. Kapitalerträge zwischen nahen Angehörigen oder Zahlungen von Kapitalgesellschaften an ihre zu mindestens 10 % beteiligte Anteilseigner. Für viele hat die Abgeltungssteuer Vorteile gebracht, insbesondere wenn der persönliche Steuersatz höher ist. Für andere verbleibt im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine Veranlagungsoption. Einen großen Nachteil hat die Einführung jedoch mit sich gebracht: Ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ist nicht mehr möglich. Lediglich der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR je Person ist abzugsfähig. Ob das Abzugsverbot auch Werbungskosten betrifft, die zwar nach Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 verausgabt wurden, aber im Zusammenhang mit früheren Einnahmen stehen, war Anlass eines Musterverfahrens vor dem Finanzgericht.

Sachverhalt
Der Kapitalanleger hatte im Streitjahr 2010 Kapitaleinkünfte in Höhe von 11.000 EUR erklärt. Im Rahmen einer Selbstanzeige, die die Jahre 2002 bis 2008 betraf, hatte er jedoch Steuerberatungskosten in Höhe von 12.000 EUR im Jahr 2010 aufgewendet, die bei Verrechnung zu einem Verlust führen würden. Nach der in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) geäußerten Verwaltungsauffassung fallen die ab dem Jahr 2009 aufgewendeten Werbungskosten jedoch auch unter das Abzugsverbot, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhängen. Weil das Finanzamt sich hierauf berief, wurde die Klage des Kapitalanlegers beim Finanzgericht Köln anhängig.

Entscheidung
Die Finanzrichter gaben der Klage statt und begründeten dies insbesondere mit dem Wortlaut der Anwendungsregelung des Gesetzes. Diese sehe ausdrücklich vor, dass die entsprechenden Vorschriften der Abgeltungssteuer erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden seien. Weil hier 2 Besteuerungssysteme nebeneinander zur Anwendung kämen, gewährte der Senat daneben auch den Sparer-Pauschbetrag. Der sich daraufhin ergebende Verlust steht nach Auffassung des Finanzgerichts auch zur Verlustverrechnung mit anderen Einkünften zur Verfügung, denn die im Gesetz eingeführte Verlustabzugsbeschränkung (Verrechnung lediglich mit zukünftigen Kapitaleinkünften möglich) komme wiederum nur für Kapitalerträge zur Anwendung, die nach 2008 zugeflossen seien.

Konsequenz
Das Finanzgericht hat die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Es ist zu vermuten, dass diese ebenso anhängig wird wie bereits ein Urteil des FG Düsseldorf mit gleichem Ergebnis. Was an der Entscheidung verblüfft, ist die Gewährung des Sparer-Freibetrags, denn nach altem Recht durfte der Freibetrag negative Einkünfte nicht erhöhen.

Arbeitszeitgutschrift: Lohn des Gesellschafter-Geschäftsführers?

Arbeitszeitgutschrift: Lohn des Gesellschafter-Geschäftsführers?

Kernaussage
Der GmbH-Geschäftsführer, der auch Gesellschafter ist, hat bei einem flexiblen Arbeitszeitmodell im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto keinen Zufluss von Arbeitslohn.

Sachverhalt
Die klagende GmbH wollte ein flexibles Arbeitszeitmodell einführen. Die Arbeitnehmer und auch die an der GmbH beteiligten Geschäftsführer sollten Arbeitszeiten auf dem Konto ansammeln, die dann in einer zweiten Phase zur Freistellung bei Lohnfortzahlung führen sollten. Die GmbH beantragte eine verbindliche Auskunft, ob zum Zeitpunkt der Gutschrift ein Zufluss von Arbeitslohn gegeben sei. Das Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, dass bei den beteiligten Geschäftsführern bereits die Gutschrift zu einem Zufluss von Arbeitslohn führe. Hiergegen klagte die GmbH vor dem Finanzgericht.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt, ließ jedoch die Revision zu. Auch bei den beteiligten Geschäftsführern führt die Gutschrift nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn. Damit fällt im Moment der Gutschrift noch keine Einkommensteuer an. Ein Zufluss liegt in dem Moment vor, in dem der Steuerpflichtige wirtschaftlich über den Lohn verfügen kann. Eine Gutschrift kann dann einen Zufluss darstellen, wenn der Arbeitnehmer in der Lage ist, ohne weiteres Zutun des Arbeitgebers den Leistungserfolg herbeizuführen. Vorliegend kann aber erst in der Freistellungsphase der Leistungserfolg herbeigeführt werden, so dass erst dann ein Zufluss vorliegt. Auch für beteiligte Geschäftsführer ergibt sich keine andere Beurteilung. Als Geschäftsführer erzielen auch sie Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, wofür die allgemeinen Zuflussregeln gelten. Trotz ihrer gleichzeitigen Gesellschafterstellung können sie nicht erreichen, dass sie als Geschäftsführer schon vor der Freistellungsphase über ihre Guthaben verfügen können, denn die vorliegende Ausgestaltung erlaubt erst eine Aus- bzw. Weiterzahlung in der Freistellungsphase. Irrelevant ist auch, dass die Geschäftsführer keine festen Arbeitszeiten haben, denn auf dem Konto wird faktisch Arbeitsentgelt und kein Arbeitszeitguthaben angesammelt.

Konsequenz
Das Urteil des Finanzgerichts Münster stellt klar, dass bei Arbeitszeitkonten mit anschließender bezahlter Freistellung beteiligte Geschäftsführer wie Arbeitnehmer im Hinblick auf den Zufluss von Arbeitslohn zu behandeln sind.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin