Wann sind Kündigungs- und Vertragsstrafeklauseln in Vertriebsverträgen wirksam?

Wann sind Kündigungs- und Vertragsstrafeklauseln in Vertriebsverträgen wirksam?

Kernaussage
Eine gegenüber einem Handelsvertreter im Nebenberuf verwendete Formularbestimmung, die eine Vertragskündigung nach einer Laufzeit von 3 Jahren nur unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres vorsieht, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Auch eine AGB-Klausel, wonach eine Vertragsstrafe unabhängig von dem Verschulden des Vertragspartners verwirkt werden kann, benachteiligt diesen unangemessen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Finanzdienstleister. Mit dem Beklagten besteht ein Handelsvertretervertrag im Nebenberuf. Der Vertrag sieht vor, dass nach einer Vertragslaufzeit von 3 Jahren die Kündigung nur unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres zulässig ist. Außerdem enthält der Vertrag eine Klausel, wonach der Handelsvertreter bei Wettbewerbsverstößen eine Vertragsstrafe unabhängig vom Verschulden verwirkt. Nach der Kündigung des Handelsvertreters ohne Einhaltung der vereinbarten Frist verlangte der Kläger im Wege einer Stufenklage zunächst Auskunft, wie viele Verträge der Handelsvertreter nach der Kündigung abgeschlossen hat. Nach mehreren Instanzen hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Der BGH entschied, dass der Auskunftsanspruch nicht für den gesamten Zeitraum bestehe. Die formularmäßige Vereinbarung der Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Jahresende ist unwirksam, da sie der AGB-Inhaltskontrolle nicht standhält. Sie benachteiligt den Handelsvertreter unangemessen, weil ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis rascher als ein hauptberufliches beendet werden soll und selbst bei einem hauptberuflichen zumindest mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden kann. Auch die Vertragsstrafe benachteiligt den Handelsvertreter unangemessen und hält daher einer Inhaltskontrolle nicht stand. Denn die Vertragsstrafe greift auch ohne Verschulden des Handelsvertreters und es bestehen keine gewichtigen Gründe, die dies rechtfertigen.

Konsequenz
Wenn sich bei freien Vertriebspartnern von den gesetzlichen Normalfällen im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen gelöst wird, ist darauf zu achten, dass ausgewogene Vereinbarungen getroffen werden. Andernfalls besteht die Gefahr der Unwirksamkeit der AGB aufgrund unangemessener Benachteiligung.

Zugriff des Finanzamts auf Daten einer Apotheke?

Zugriff des Finanzamts auf Daten einer Apotheke?

Kernaussage
Führt ein Apotheker über die nach der Rechtsprechung zulässige Ermittlung der Tageseinnahmen durch Tagesendsummenbons hinaus freiwillig eine von seiner PC-Kasse erstellte Datei mit Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe, ist er in der Regel nicht verpflichtet, diese Datei dem Finanzamt bei einer Betriebsprüfung vorzulegen. Das hat das Hessische Finanzgericht aktuell entschieden.

Sachverhalt
Geklagt hatte eine Apothekerin, die die Bareinnahmen ihrer Apotheke mit einer so genannte PC-Kasse erfasste. Die baren Tageseinnahmen stellte sie durch fortlaufende Tagesendsummenbons (Z-Bons) mit anschließender Nullstellung des Kassenspeichers fest. Die Summe der täglichen Bareinnahmen wurde manuell in das Kassenbuch übertragen, das Grundlage der Buchführung war. Der Aufforderung des Betriebsprüfers, auch die elektronische Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, kam sie nicht nach. Zwar legte sie dem Betriebsprüfer eine CD mit Daten aus ihrem Kassensystem vor; die Datei mit der Einzeldokumentation der Verkäufe hatte sie dabei jedoch entfernt.

Entscheidung
Für die Aufforderung des Finanzamtes, auch die Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, bestand keine Rechtsgrundlage. Denn für die Klägerin, die nicht an andere gewerbliche Unternehmen, sondern an Endverbraucher liefere, habe aufgrund der Größe und der Einzelumsatzhäufigkeit weder nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) noch nach der Abgabenordnung (AO) oder nach berufsrechtlichen Bestimmungen eine Verpflichtung bestanden, die einzelnen Barverkäufe manuell oder auf einem Datenträger aufzuzeichnen, so die Richter. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität für eine ordnungsgemäße Buchführung auch im Computerzeitalter nicht erforderlich, Einzelaufzeichnungen zu führen, wenn der Unternehmer – wie die klagende Apothekerin – gegen Barzahlung Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft verkaufe. Ausreichend sei in solchen Fällen, auf Einzelaufzeichnungen zu verzichten und die festgestellten Tagesendsummen täglich-fortlaufend in ein Kassenbuch zu übertragen. Die Führung des Kassenbuchs solle die streitigen Einzelaufzeichnungen gerade ersetzen. Dass die Klägerin gleichwohl zusätzlich die einzelnen Barverkäufe freiwillig und programmgesteuert in einer gesonderten Datei gespeichert habe, ändere hieran nichts und führe nicht zu einer Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung. Denn die Datei sei grundsätzlich nicht Bestandteil der nach der AO aufzubewahrenden Grundaufzeichnungen. Dass die Datei für das Finanzamt bei einer Verprobung der Pflichtaufzeichnungen hilfreich und interessant sein könne, sei unerheblich. Für den Betrieb der Apothekerin sei die gesonderte Aufzeichnung des Warenausgangs und der Einnahmen gerade nicht erforderlich.

Konsequenz
Das Finanzgericht hat praxisrelevant aber auch klargestellt, dass die hier streitige Frage des Bestehens einer Vorlagepflicht von der Frage einer im Übrigen erkennbaren Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung und der dadurch eröffneten Schätzungsbefugnis des Finanzamtes strikt zu trennen sei. So ließen nicht ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen (z. B. Differenzen zwischen den Tagessummen laut Z-Bons und den Eintragungen im Kassenbuch oder die nicht zeitgerechte Führung des Kassenbuchs) den Schluss zu, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind und berechtigten das Finanzamt zu Zuschätzungen.

Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung

Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung

Kernproblem
Natürliche Personen sind in Deutschland mit ihrem Welteinkommen steuerpflichtig, wenn sie entweder ihren Wohnsitz und/oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Nach der gesetzlichen Definition hat ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob diese Voraussetzungen auch erfüllt sind, wenn ein Pilot im Inland nur eine so genannten Standby-Wohnung angemietet hat, war Ende 2012 Gegenstand eines Finanzgerichtverfahrens.

Sachverhalt
Kläger ist ein Pilot, der als europäischer Nicht-EU-Bürger in der Nähe eines deutschen Flughafens im Wechsel mit anderen Piloten eine Standby-Wohnung angemietet hatte. Hierdurch erfüllte er seine arbeitsvertragliche Pflicht, wonach er auf Abruf seines Arbeitgebers innerhalb von 60 Minuten den Flugdienst anzutreten hat. Hauptmieter war ein Kollege des Klägers. Der Mietvertrag war dabei so ausgestaltet, dass maximal 3 Personen gleichzeitig die Wohnung benutzen durften. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Standby-Wohnung einen Wohnsitz begründe, mit der Folge, dass der Kläger in Deutschland nicht nur – wie geschehen – den Inlandsanteil seines Arbeitslohns, sondern vielmehr seine gesamten Einkünfte zu versteuern habe. Gegen den erlassenen Lohnsteuernachforderungsbescheid legte der Pilot erfolgreich Klage ein.

Entscheidung
Nach Auffassung des Gerichts begründet eine Person, die wie der Kläger eine Wohnung im ständigen Wechsel mit anderen Personen nutzt, dort in aller Regel keinen steuerlichen Wohnsitz. Entscheidende Bedeutung maßen die Richter dem Umstand bei, dass der Kläger die Wohnung nur dann nutzen konnte, wenn diese nicht zuvor von 3 anderen Kollegen in Beschlag genommen wurde. Damit fehle es aber an der Möglichkeit, in zeitlicher und räumlicher Hinsicht uneingeschränkt über die Wohnung verfügen zu können. Eine gemeinsame Nutzungsmöglichkeit, wie z. B. in einer Wohngemeinschaft, habe ebenfalls nicht bestanden, da der Kläger immer damit rechnen musste, sich anstelle der Standby-Wohnung ein anderes Übernachtungsquartier suchen zu müssen.

Konsequenz
Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger im Inland einen Wohnsitz begründet, lässt sich regelmäßig nur aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls bestimmen. Im Fall des Piloten mit einer Standby-Wohnung sind die Voraussetzungen nach Auffassung des Finanzgerichts Hessen nicht erfüllt. Gegen die Entscheidung ist zwischenzeitlich Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden.

Zur Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben

Zur Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben

Kernproblem
Steuerberatungskosten, die einem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit steuerlich relevanten Einkünften entstehen, sind einkommensteuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Für private Steuerberatungskosten bis einschließlich zum Veranlagungsjahr 2005 galt ein gesetzlicher Abzug als Sonderausgaben. Hierunter fielen z. B. der Gebührenanteil des Steuerberaters für den Mantelbogen bei Erstellung der Einkommensteuererklärung oder für eine Erbschaftsteuererklärung. Seit dem Jahr 2006 ist die steuerliche Berücksichtigung der privaten Steuerberatungskosten komplett gestrichen worden. Natürlich sind hiergegen Interessenvertreter von Beratern und Steuerzahlern vorgegangen, so dass es eine Fülle von Einsprüchen gegen die Einkommensteuerbescheide ab 2006 gab. Darin wurde insbesondere der Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip angeprangert. Die Rechtsbehelfe sind überwiegend beim Bundesfinanzhof (BFH) angelangt und dort abgewiesen worden. Wie geht es hinsichtlich eines eigenen Einspruchs weiter?

Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden
Das Bundesfinanzministerium hat am 2.4.2013 auf seiner Internetseite eine Allgemeinverfügung zur Zurückweisung der Einsprüche und Änderungsanträge veröffentlicht, die wegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten eingelegt bzw. gestellt worden sind. Aber was hat das für eine Bedeutung? Normalerweise müssten alle Einsprüche durch eine Einspruchsentscheidung entschieden werden. Um dieses Massenverfahren zu vermeiden, bietet das Gesetz die Möglichkeit der Allgemeinverfügung, wovon die Finanzverwaltung in diesem Fall Gebrauch gemacht hat. Will man persönlich hiergegen vorgehen, muss beim Finanzgericht geklagt werden. Die Frist dafür beträgt allerdings 1 Jahr und beginnt mit Herausgabe des Bundessteuerblatts, in dem die Allgemeinverfügung veröffentlicht wird. Das war am 17.4.2013 im BStBl 2013 I S. 348.

Konsequenz
Nachdem der BFH in mindestens 3 Urteilen entschieden hat, dass die Aufhebung der steuerlichen Berücksichtigung privater Steuerberatungskosten kein Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt, und hiergegen offensichtlich auch keine Verfassungsbeschwerden eingereicht wurden, hat eine Klage zurzeit wenig Aussicht auf Erfolg. Da die Klagefrist 1 Jahr beträgt, kann die weitere Entwicklung abgewartet werden. Wichtig: Steuerbescheide ergehen nun auch nicht mehr vorläufig in Bezug auf den Abzug privater Steuerberatungskosten.

Höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1.7.2013

Höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1.7.2013

Kernaussage
Ab dem 1.7.2013 gelten höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen. Erhöht werden die geschützten Beträge, die bei einer Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte nicht gepfändet werden dürfen.

Hintergrund
Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen können. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1.7 eines jeden zweiten Jahres an die Entwicklung des steuerlichen Freibetrags für das sächliche Existenzminimum angepasst. Zuletzt sind die Pfändungsfreigrenzen zum 1.7.2011 erhöht worden.

Konkrete Anpassungen
Der steuerliche Grundfreibetrag hat sich seit dem letzten Stichtag um 1,57 % erhöht. Hieraus ergibt sich eine entsprechende Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen. Ab dem 1.7.2013 beträgt der monatlich unpfändbare Grundbetrag 1.045,04 EUR (bisher: 1.028,89 EUR). Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, um monatlich 393,30 EUR (bisher: 387,22 EUR) für die erste und um jeweils weitere 219,12 EUR (bisher 215,73 EUR) für die zweite bis fünfte Person. Je höher die Zahl der Unterhaltsberechtigten ist, desto höher ist der pfändungsfreie Betrag. Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag ebenfalls ein bestimmter Anteil.

Konsequenz
Die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen bilden den zentralen Bereich des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen. Zu beachten bleibt jedoch, dass bestimmte Einkommensbestandteile wie etwa Aufwandsentschädigungen, Gefahrenzulagen, Erziehungsgelder und Studienbeihilfen, aber auch unterschiedliche Formen von Renten- und Unterstützungsleistungen der Pfändung nicht oder nur bedingt unterworfen sind. Sonderregelungen gelten auch für die Pfändbarkeit im Fall der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen. Hier gelten die gesetzlich bezeichneten Pfändungsgrenzen nicht. Die Person, die ihre Unterhaltspflichten nicht erfüllt, muss im Fall der Zwangsvollstreckung mit deutlich weniger auskommen, als es sich nach den Beträgen der im Bundesgesetzblatt abgedruckten Tabellen ergibt. Besonderheiten gelten ebenfalls für den Fall der Kontopfändung. Ist das Arbeitseinkommen dem Schuldnerkonto gutgeschrieben, ist der gegen den Arbeitgeber gerichtete Zahlungsanspruch auf Arbeitslohn erfüllt. Stattdessen besteht nun gegenüber der kontoführenden Bank ein Anspruch auf Auszahlung der überwiesenen Beträge. Dieser Anspruch ist nicht in gleicher Weise geschützt wie das Arbeitseinkommen selbst. Kontopfändungsschutz wird seit dem 1.1.2012 ausschließlich durch das Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gewährleistet. Solche können nur für natürliche Personen vereinbart werden. Beim P-Konto erhält der Schuldner ohne gerichtliches Verfahren einen automatischen Sockel-Pfändungsschutz, der ab 1.7.2013 1.045,04 Euro beträgt.

Arbeitnehmer muss sein Zeugnis im Betrieb abholen

Arbeitnehmer muss sein Zeugnis im Betrieb abholen

Rechtslage
Jedem Arbeitnehmer steht am Ende des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis zu. In der Regel wird es dem Arbeitnehmer zugeschickt; dies stellt aber dem Grunde nach eine Serviceleistung des Arbeitgebers dar. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat jetzt grundsätzlich darüber befunden, wer verpflichtet ist, ein Zeugnis an welcher Stelle abzuholen bzw. zu übergeben.

Sachverhalt
Im Ergebnis handelt es sich bei der Entscheidung um eine sogenannte Kostenentscheidung, weil sich das Verfahren erledigt hatte. Zugrunde lag folgender Sachverhalt: Der Kläger hatte einen eigenen Zeugnisvorschlag vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber übersandt. Dieses Zeugnis sollte zunächst dem Kläger zugesandt werden, da der Zeugnistermin aber noch nicht erreicht war, teilte der Arbeitgeber dem Kläger zuletzt mit, das Zeugnis könne am Zeugnistermin (= Datum des letzten Arbeitstages) abgeholt werden. Als der Arbeitgeber nach Aufforderung zur Zusendung des Zeugnisses das Zeugnis nicht übersandte, erhob der Kläger Klage auf Zeugniserteilung. Im Gerichtstermin wurde das Zeugnis schließlich übergeben, worauf hin über die Kosten der Zeugniserteilungsklage zu entscheiden war.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht entschied zu Lasten des klagenden Arbeitnehmers. Wenn keine besondere Regelung, z. B. im Arbeitsvertrag, vorliegt und auch keine besonderen Umstände bestehen, die dafür sprechen, dass das Zeugnis auf einem besonderen Weg übergeben werden sollte, dann greifen die allgemeinen Regelungen, wonach die Leistung (= Übergabe des Zeugnisses) am Ort des Schuldners (= der Arbeitgeber) zu erbringen sei. Mit anderen Worten, bei der Zeugniserteilung handelt es sich dem Grunde nach um eine Holschuld des Arbeitnehmers.

Konsequenz
Für die Erteilung des Endzeugnisses gilt, dass es am letzten Arbeitstag am Sitz des Arbeitgebers zu übergeben ist. Eine Klage auf Zeugniserteilung ohne einen eigenen Abholversuch birgt damit die Gefahr, dass der Arbeitnehmer die Kosten des Rechtsstreits, wenn er in den Gerichtstermin geht, zu übernehmen hat.

Welche Entfernungspauschale gilt für Reisetage: ganze oder halbe?

Welche Entfernungspauschale gilt für Reisetage: ganze oder halbe?

Kernaussage
Wird aufgrund einer Dienstreise lediglich die Hin- oder Rückfahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rahmen der so genannten Pendlerpauschale durchgeführt, steht dem Steuerpflichtigen die Entfernungspauschale in unverminderter Höhe von 0,30 EUR je Entfernungskilometer zu.

Sachverhalt
Ein Steuerberater trat an verschiedenen Tagen aufgrund von vor oder im Anschluss an Mandantenbesuche stattfindenden Büroaufenthalten (Dienstreise) lediglich eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an. Für die Fahrten zwischen Wohnung und Büro machte er die tatsächlichen Kosten geltend. Das Finanzamt gewährte ihm daraufhin jedoch lediglich den Abzug der Pendlerpauschale unter Berücksichtigung der halben Pendlerpauschale in Höhe von 0,15 EUR je Entfernungskilometer. Im Anschluss an das erfolglose Einspruchsverfahren legte der Steuerpflichtige Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster ein.

Entscheidung
Die Münsteraner Richter entschieden, dass die Fahrten nicht mit den tatsächlich hierfür angefallenen Kosten, sondern nur nach den Grundsätzen der Pendlerpauschale berücksichtigt werden können. Die Regelungen zur Pendlerpauschale rechtfertigten jedoch nicht die durch das Finanzamt vorgenommene hälftige Kürzung der Kosten je Entfernungskilometer, sodass auch an Tagen einfach durchgeführter Fahrten die volle Pendlerpauschale in Höhe von 0,30 EUR zu gewähren sei. Die Richter begründeten ihre Auffassung mit der Gesetzesformulierung, aus der sich unmissverständlich ergebe, dass die Pendlerpauschale unabhängig davon, wie oft die Strecke je Arbeitstag zurückgelegt werde, welches Verkehrsmittel benutzt oder welche Kosten tatsächlich angefallen seien, in voller Höhe berücksichtig werde.

Konsequenz
Die Sichtweise des Finanzgerichts muss für Arbeitnehmer entsprechend gelten. Für sie kann das Urteil zu einer erhöhten Pauschalierungsmöglichkeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber führen. Die Pauschalierung der Lohnsteuer mit einem Steuersatz von 15 % ist auf den Betrag der geltend zu machenden Pendlerpauschale beschränkt. Führt der Arbeitnehmer an einem Tag lediglich eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch, könnte die Pauschalierung somit trotzdem in Höhe der regulären Pendlerpauschale erfolgen. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.

Grundstücksübertragung ohne Zustimmung des Ehegatten?

Grundstücksübertragung ohne Zustimmung des Ehegatten?

Kernaussage
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hierzu entschied der Bundesgerichtshof kürzlich: Wenn ein im gesetzlichen Güterstand lebender Grundstückseigentümer über ein ihm gehörendes Grundstück ohne Zustimmung des Ehegatten verfügt, darf das Grundbuchamt seine Verfügungsbefugnis nur anzweifeln, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der gesetzlichen Einschränkung bestehen.

Sachverhalt
Die Ehefrau lebte mit ihrem Ehemann im gesetzlichen Güterstand. Sie besaß ein Grundstück sowie zur Hälfte das mit ihrem Ehemann bewohnte Haus. Mit notariellem Erbvertrag aus Juni 2006 setzte die Ehefrau ihren Sohn zu ihrem alleinigen Erben ein. Außerdem erklärte sie in der notariellen Urkunde, sie beabsichtige, den Grundbesitz schon zu Lebzeiten auf ihn zu übertragen. Für den Fall, dass die beabsichtigte Grundstücksübertragung nicht bis Ende 2010 zu notariellem Protokoll erklärt worden sei, erteile sie dem Sohn unwiderrufliche Vollmacht, den Grundbesitz auf sich zu übertragen. Der Ehemann wies 2010 das Grundbuchamt darauf hin, dass die Übertragung seiner Zustimmung bedürfe, da das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen der Ehefrau darstelle. Es habe einen Wert von ca. 2,5 bis 4 Mio. EUR, das restliche Vermögen der Ehefrau betrage etwa 260.000 EUR. Nachdem der Sohn das Grundstück auf sich übertragen hatte, wurde er im Grundbuch eingetragen. Den Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs lehnte das Grundbuchamt ab.

Entscheidung
Der BGH wies die Beschwerde – wie auch zuvor das OLG – gegen die Ablehnung des Eintrags eines Amtswiderspruchs ab. Das Grundbuchamt hat keine gesetzlichen Vorschriften verletzt. Das Zustimmungsbedürfnis bildet die Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des Ehegatten. Es greift, wenn Eheleute sich verpflichten, über das Vermögen im Ganzen zu verfügen. Das Grundbuchamt ist nur dann zu einer Beanstandung verpflichtet, wenn konkrete Anhaltspunkte für die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der gesetzlichen Bestimmung vorliegen. Hier enthielt die Urkunde aus Juni 2006 kein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft, da es sich nur um eine Absichtserklärung handelte. Auch die Vollmacht ist, anders als das Geschäft des Vertreters, nicht von der gesetzlichen Verfügungsbeschränkung erfasst. Schließlich hat der Ehemann auch 2010 nicht nachgewiesen, dass das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen ausmacht. Es fehlen auch konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn – auch wenn eine solche Kenntnis bei engen Verwandten nahe liegt – Kenntnis davon hatte, dass ein Gesamtvermögensgeschäft vorlag.

Konsequenz
Bei Gesamtvermögensgeschäften ist es für den anderen Ehegatten entscheidend, dass er den Nachweis darüber erbringt.

Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

Kernaussage
Scheidet ein Arbeitnehmer, der unbedingt und schnell zu einem anderen Unternehmen wechseln möchte, lediglich aufgrund eines mündlichen Aufhebungsvertrags aus dem Arbeitsverhältnis aus, so kann er sich Jahre später regelmäßig nicht mehr auf einen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftformpflicht berufen. Die Berufung auf das Schriftformerfordernis ist in diesem Fall treuwidrig. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer bereits ein neues Arbeitsverhältnis mit einem dritten Arbeitgeber eingegangen ist.

Sachverhalt
Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten. 2007 wechselte die Klägerin auf eigenen Wunsch zu einem Schwesterunternehmen der Beklagten in die Schweiz. Die Beklagte verzichtete auf Einhaltung der Kündigungsfrist und schrieb der Klägerin, dass das Anstellungsverhältnis zum 30.7.2007 endet. Im August 2011 kündigte das Schwesterunternehmen der Klägerin. Daraufhin verklagte die Klägerin das Schwesterunternehmen auf eine Abfindung unter Anrechnung der Vorbeschäftigung, machte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend und nahm ein neues Arbeitsverhältnis in der Schweiz an.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht entschied, anders als die Vorinstanz, dass die Klägerin keine Weiterbeschäftigung verlangen kann. Zwar ist das Arbeitsverhältnis 2007 nicht formwirksam beendet worden. Entgegen der gesetzlichen Schriftformbestimmung fehlt die Schriftform für den Aufhebungsvertrag. Hierauf kann sich die Klägerin aber wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben nicht berufen. Es liegt ein widersprüchliches Verhalten vor. Denn der Klägerin wurde eine reibungslose Beendigung ihres Arbeitsverhältnis auf ihren Wunsch ermöglicht. Auf die schriftliche Bestätigung, die jedoch nicht der Schriftform genügt, da auch die Klägerin den Aufhebungsvertrag hätte unterschreiben müssen, hat diese nicht reagiert. Erst 4 Jahre später hat sich die Klägerin an den Formverstoß erinnert, was jedoch widersprüchlich zu ihrem Vorverhalten ist. Weiter hat die Klägerin durch die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht, dass sie nie an den Fortbestand des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses geglaubt hat.

Konsequenz
Der Arbeitnehmer kann sich bei einem Formverstoß nicht „die Rosinen rauspicken“, indem er 4 Jahre später einen Formverstoß rügt, der ihm vorher egal war und sogar seinem Willen entsprach. In einer solchen Situation widerspricht es Treu und Glauben, sich auf den Formverstoß zu berufen.

BFH begünstigt Leerstandszeiten bei untervermieteten Räumen

BFH begünstigt Leerstandszeiten bei untervermieteten Räumen

Kernproblem
Ist die Vermietung einer Wohnung auf Dauer beabsichtigt, können auch Werbungskosten in einer Leerstandsphase steuerlich geltend gemacht werden. Stutzig wird das Finanzamt jedoch, wenn ein Objekt längere Zeit, womöglich Jahre leersteht. Hier stellt sich dann die Frage, ob die Vermietungsabsicht nicht aufgegeben wurde. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Vermietungsbemühungen an den Markt anzupassen oder zu intensivieren sind. Besonderheiten gibt es auch bei der Vermietung von Ferienwohnungen. Wegen der Trennung zu den Kosten der privaten Lebensführung sind strengere Anforderungen zu erfüllen, falls die Wohnung auch selbstgenutzt werden kann. Die hierauf beruhende Rechtsprechung wurde jetzt in einem weiteren Fall vom BFH angewendet, in dem es um die Untervermietung einzelner Räume einer Wohnung ging. Streitpunkt waren auch hier die Leerstandszeiten.

Sachverhalt
Ein Lehrer und Bewohner einer fast 190 qm großen Wohnung mit 6 Wohnräumen nutze 2 Zimmer selbst und vermietete 4 Zimmer mit Unterbrechungen an verschiedene Untermieter weiter. Gemeinschaftseinrichtungen (Flur, Küche, Bad) wurden gemeinsam genutzt. In seiner Einkommensteuererklärung beantragte er den Abzug der Aufwendungen für die zur Vermietung bereitstehenden Zimmer. Die Kosten der Gemeinschaftseinrichtungen teilte er nach (5) Köpfen auf. Das Finanzamt wich davon ab, indem es die Leerstandszeiten der Privatnutzung zurechnete und alle Gemeinschaftskosten nach Fläche aufteilte. Der dagegen eingelegten Klage gab das Finanzgericht nur insoweit statt, als es die Aufteilung der Gemeinschaftskosten nach Köpfen akzeptierte. Der Lehrer zog daraufhin vor den BFH.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH sind die Leerstandszeiten der Vermietungstätigkeit zuzurechnen. Das gilt zumindest insoweit, wie nach vorheriger und auf Dauer angelegter Vermietung vorübergehend leerstehende Objekte weiterhin für eine Neuvermietung bereitgehalten werden. Eine theoretische Selbstnutzungsmöglichkeit steht dem nicht entgegen. Der BFH orientiert sich dabei an seiner Rechtsprechung zur Vermietung von Ferienwohnungen. Denn auch hier ist bei in Eigenregie oder durch einen Dritten ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietete und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltene Wohnungen ohne weitere Prüfung von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen und Leerstandszeiten der Vermietungstätigkeit zuzurechnen.

Konsequenz
Neben der Anwendbarkeit bei der Vermietung von Messezimmern gelten die Grundsätze der Rechtsprechung zur Ferienwohnung jetzt auch bei Untervermietung von einzelnen Räumen. Aber Vorsicht: Werden Räume oder Wohnungen auch selbstgenutzt (oder wie bei Ferienwohnungen eine Selbstnutzung vorbehalten), muss eine Prognose über die Einkunftserzielungsabsicht entscheiden. Im Fall von Ferienwohnungen haben es diejenigen besser, die sich keine Selbstnutzung vorbehalten, es aber dennoch tun und trotzdem den Vermietungsdurchschnitt der Ferienregion erreichen. Das ist zwar ungerecht und wird vom BFH zurzeit geprüft, hat aber noch Bestand.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin