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Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung

Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung

Kernproblem
Natürliche Personen sind in Deutschland mit ihrem Welteinkommen steuerpflichtig, wenn sie entweder ihren Wohnsitz und/oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Nach der gesetzlichen Definition hat ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob diese Voraussetzungen auch erfüllt sind, wenn ein Pilot im Inland nur eine so genannten Standby-Wohnung angemietet hat, war Ende 2012 Gegenstand eines Finanzgerichtverfahrens.

Sachverhalt
Kläger ist ein Pilot, der als europäischer Nicht-EU-Bürger in der Nähe eines deutschen Flughafens im Wechsel mit anderen Piloten eine Standby-Wohnung angemietet hatte. Hierdurch erfüllte er seine arbeitsvertragliche Pflicht, wonach er auf Abruf seines Arbeitgebers innerhalb von 60 Minuten den Flugdienst anzutreten hat. Hauptmieter war ein Kollege des Klägers. Der Mietvertrag war dabei so ausgestaltet, dass maximal 3 Personen gleichzeitig die Wohnung benutzen durften. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Standby-Wohnung einen Wohnsitz begründe, mit der Folge, dass der Kläger in Deutschland nicht nur – wie geschehen – den Inlandsanteil seines Arbeitslohns, sondern vielmehr seine gesamten Einkünfte zu versteuern habe. Gegen den erlassenen Lohnsteuernachforderungsbescheid legte der Pilot erfolgreich Klage ein.

Entscheidung
Nach Auffassung des Gerichts begründet eine Person, die wie der Kläger eine Wohnung im ständigen Wechsel mit anderen Personen nutzt, dort in aller Regel keinen steuerlichen Wohnsitz. Entscheidende Bedeutung maßen die Richter dem Umstand bei, dass der Kläger die Wohnung nur dann nutzen konnte, wenn diese nicht zuvor von 3 anderen Kollegen in Beschlag genommen wurde. Damit fehle es aber an der Möglichkeit, in zeitlicher und räumlicher Hinsicht uneingeschränkt über die Wohnung verfügen zu können. Eine gemeinsame Nutzungsmöglichkeit, wie z. B. in einer Wohngemeinschaft, habe ebenfalls nicht bestanden, da der Kläger immer damit rechnen musste, sich anstelle der Standby-Wohnung ein anderes Übernachtungsquartier suchen zu müssen.

Konsequenz
Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger im Inland einen Wohnsitz begründet, lässt sich regelmäßig nur aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls bestimmen. Im Fall des Piloten mit einer Standby-Wohnung sind die Voraussetzungen nach Auffassung des Finanzgerichts Hessen nicht erfüllt. Gegen die Entscheidung ist zwischenzeitlich Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden.

Zum Ansatz selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter in steuerlicher Übertragungsbilanz

Zum Ansatz selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter in steuerlicher Übertragungsbilanz

Kernaussage

Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) bestimmt für den Fall einer rechtsformwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft, dass die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der Körperschaft mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden können (Ansatzwahlrecht). Das Finanzgericht Münster hatte in diesem Zusammenhang kürzlich zu entscheiden, ob eine Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz im Rahmen einer Umwandlung einer GmbH in eine Kommanditgesellschaft (KG) zulässig ist.

Sachverhalt

Die klagende Kommanditgesellschaft ist Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH; sie ist durch formwechselnde Umwandlung der GmbH entstanden. In der Übertragungsbilanz aktivierte die Klägerin – seinerzeit noch als GmbH – ihre selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter wie Firmenwert und Auftragsbestand. Anlässlich einer Betriebsprüfung versagte das Finanzamt indes eine Zuschreibung zum Firmenwert und Auftragsbestand und minderte den erklärten Gewinn um rd. 700.000 EUR. Begründet wurde dies damit, dass zwar ein Bewertungswahlrecht für die Wirtschaftsgüter der Übertragungsbilanz gegeben sei; folglich könnten die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz der GmbH mit einem höheren Wertansatz als in der Handelsbilanz angesetzt werden. Dies gelte aber nur für solche Wirtschaftsgüter, die vom Grundsatz her überhaupt in der Steuerbilanz aktiviert werden dürften, was für den originären Firmenwert und den Auftragsbestand aber nicht der Fall sei. Daher könnten sie weder von der GmbH aktiviert noch von der KG abgeschrieben werden. Die hiergegen gerichtet Klage war erfolgreich.

Entscheidung

Das Finanzamt hatte zu Unrecht die Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz im Rahmen der formwechselnden Umwandlung versagt. Zwar ist einkommensteuergesetzlich vorgegeben, dass steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben sind. Dieser Grundsatz der Maßgeblichkeit gilt indes nicht für die steuerliche Umwandlungsbilanz, denn das Umwandlungssteuergesetz normiert eine Durchbrechung des Grundsatzes zugunsten der übertragenden Körperschaft. Zudem ändert sich bei einer formwechselnden Umwandlung allein die Rechtsform; der Unternehmensträger bleibt identisch. Da das Handelsrecht für diesen Fall weder die Aufstellung einer Schlussbilanz für die übertragende Kapitalgesellschaft noch die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz für die an ihre Stelle tretende Personengesellschaft vorsieht, ist die Ausübung steuerrechtlicher Wahlrechte in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ohnehin nicht möglich.

Konsequenz

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen; abzuwarten bleibt nun, ob und wenn ja, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden wird. In einem früheren Urteil, das vom Sachverhalt den umgekehrten Fall betraf, dass eine KG im Wege einer formwechselnden Umwandlung in eine GmbH umgewandelt wurde, hat der BFH jedenfalls für den Auftragsbestand ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich keine Einwände gegen dessen Aktivierung ergäben.