EuGH zur Besteuerung von Gewinnen bei Glücksspielen

Durch die Besteuerung von Gewinnen bei Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten und die Steuerbefreiung solcher Gewinne, wenn sie aus dem Inland stammen, beschränken italienische Rechtsvorschriften die Dienstleistungsfreiheit.

Nach Auffassung des Gerichtshofs ist diese Beschränkung nicht durch die Bekämpfung der Geldwäsche und der Spielsucht gerechtfertigt.

In Italien unterliegen Gewinne aus Spielkasinos der Einkommensteuer. Gewinne aus Spielkasinos in Italien sind jedoch von dieser Steuer befreit, da die Einbehaltung auf die von diesen Kasinos ausgezahlten Gewinne in der Vergnügungsteuer enthalten ist. Letztendlich fließen für in Italien ansässige Personen nur die Gewinne aus Spielkasinos im Ausland in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ein.

Cristiano Blanco und Pier Paolo Fabretti wird von der italienischen Finanzverwaltung zur Last gelegt, mehrere Gewinne, die aus Kasinos im Ausland stammen, nicht angegeben zu haben. Beide machen geltend, dass die gegen sie ergangenen Steuerbescheide gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstießen, da aus Italien stammende Gewinne von der Steuer befreit seien. Die italienischen Behörden sind ihrerseits der Ansicht, dass die nationalen Vorschriften auf die Verhinderung der Geldwäsche im Ausland und die Begrenzung der Verbringung von Kapital ungewissen Ursprungs ins Ausland (oder seiner Einfuhr nach Italien) abzielten.

Die mit der Sache befasste Commissione tributaria provinciale di Roma (Finanzgericht der Provinz Rom) fragt den Gerichtshof, ob erstens nationale Vorschriften Gewinne bei Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten der Einkommensteuer unterwerfen können, während dies für solche Gewinne, wenn sie aus dem Inland stammen, nicht der Fall ist (Vorliegen einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs) und ob zweitens Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen können.

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die italienischen Vorschriften durch die Befreiung nur der aus Glücksspielen in Italien stammenden Gewinne von der Einkommensteuer eine unterschiedliche Steuerregelung geschaffen haben, je nachdem, ob die Gewinne aus Italien oder anderen Mitgliedstaaten stammen. Eine solche steuerliche Ungleichbehandlung hält Spieler davon ab, sich in andere Mitgliedstaaten zu begeben und dort an Glücksspielen teilzunehmen. Die Tatsache, dass die in Italien ansässigen Anbieter von Spielen vergnügungssteuerpflichtig sind, nimmt den italienischen Vorschriften nicht ihren offensichtlich diskriminierenden Charakter, da diese Steuer nicht der Einkommensteuer entspricht (Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2003, Lindman (C-42/02).). Folglich geht von den italienischen Vorschriften eine diskriminierende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus.

Hinsichtlich der möglichen Rechtfertigung einer solchen Diskriminierung weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine diskriminierende Beschränkung nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn sie Ziele der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit verfolgt. Im vorliegenden Fall stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die Behörden eines Mitgliedstaats nicht allgemein und unterschiedslos davon ausgehen dürfen, dass Einrichtungen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, kriminelle Handlungen begehen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, Kommission/Spanien (C-153/08)). Außerdem geht der durch Italien eingeführte generelle Ausschluss von dieser Befreiung über das hinaus, was zur Bekämpfung der Geldwäsche erforderlich ist. Zweitens ist es widersprüchlich, wenn ein Mitgliedstaat, der die Spielsucht bekämpfen möchte, einerseits die Verbraucher, die an Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten teilnehmen, besteuert, und andererseits dieselben Verbraucher von der Steuer befreit, wenn sie an Glücksspielen in Italien teilnehmen. Eine solche Befreiung kann nämlich für die Verbraucher einen Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel darstellen und ist daher nicht geeignet, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten. Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Beschränkung nicht gerechtfertigt ist.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 22.10.2014 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-344/13 und C-367/13 vom 22.10.2014

Grundsätzlich kein ermäßigter Steuersatz für Personenbeförderungsleistungen von Mietwagenunternehmern

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit zwei Urteilen vom 2. Juli 2014 XI R 22/10 und XI R 39/10 geklärt, dass die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Personenbeförderungsleistungen im Nahverkehr mit Taxen grundsätzlich unionsrechtskonform ist, obwohl entsprechende Personenbeförderungsleistungen mit Mietwagen nicht von dieser Vergünstigung erfasst sind, sondern nach § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz unterliegen. Im Verfahren XI R 39/10 hat der BFH außerdem entschieden, dass die Rechtslage anders zu beurteilen sein kann, wenn von einem Mietwagenunternehmer durchgeführte Krankenfahrten auf mit Großkunden geschlossenen Sondervereinbarungen beruhen, die auch für Taxiunternehmer gelten.

Es handelt sich dabei um Nachfolgeentscheidungen zu einem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 27. Februar 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-454/12 – Pro Med Logistik GmbH – und C-455/12 – Eckard Pongratz -, den der Senat mit Beschlüssen vom 10. Juli 2012 XI R 22/10 und XI R 39/10 im Wege von Vorabentscheidungsersuchen angerufen hatte.

Im Verfahren XI R 22/10 ging es um ein Unternehmen, das grundsätzlich die Anwendung des für Taxen geltenden ermäßigten Steuersatzes auf Personenbeförderungsleistungen im Nahverkehr auch auf entsprechende Mietwagenumsätze begehrte. Der BFH bestätigte nun das klageabweisende Urteil der Vorinstanz unter Hinweis darauf, dass die Beschränkung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Personenbeförderungsleistungen mit Taxen entsprechend den Vorgaben des EuGH den Richtlinienbestimmungen entspricht und insoweit auch keine Verletzung des Neutralitätsgebots vorliegt. Denn der nationale Gesetzgeber ist danach berechtigt, die Personenbeförderung im Nahverkehr per Taxi als öffentliche Dienstleistung, die besonderen Verpflichtungen unterliegt – u. a. Betriebspflicht, allgemeine Beförderungspflicht und Beachtung festgelegter Beförderungsentgelte – mit der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zu begünstigen.

Im Verfahren XI R 39/10 hob der BFH das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Entsprechend den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 27. Februar 2014 (Rz. 61 – 64) könne die grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage anders zu beurteilen sein, wenn von einem Mietwagenunternehmer durchgeführte Krankentransporte auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen beruhten, die gleichermaßen für Taxiunternehmer gälten. Denn in einem solchen Fall sei das Beförderungsentgelt in dieser Vereinbarung festgelegt und es gebe auch keine über diesen Vertrag hinausgehende Beförderungs- und Betriebspflicht. Da sich dem Sachverhalt bislang u. a. aber nicht entnehmen ließ, ob und in welchem Umfang die Klägerin ihre Leistungen im streitbefangenen Zeitraum auf der Grundlage eines derartigen Vertrages erbracht hatte, muss das FG die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen nun im zweiten Rechtsgang nachholen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 70/14 vom 22.10.2014 zu den Urteilen XI R 22/10 und XI R 39/10 vom 02.07.2014

Deutsche Besteuerungsregeln des Investmentsteuergesetzes verstoßen gegen EU-Recht

Der EuGH befasste sich in der deutschen Rechtssache C-326/12 mit der Frage, ob die Bestimmungen des deutschen Investmentsteuergesetzes (§§ 5 und 6 InvStG) mit EU-Recht zum freien Kapital- und Zahlungsverkehr (Art. 63 und 65 AEUV) vereinbar sind. Dabei geht es insbesondere um die pauschale Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentfonds, wenn die Verpflichtungen zur Bekanntmachung und Veröffentlichung bestimmter Angaben nicht erfüllt sind, die unterschiedslos für inländische und ausländische Fonds gelten.

Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

9. Oktober 2014(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Kapitalverkehr – Art. 63 AEUV – Besteuerung von Erträgen aus Investmentfonds – Verpflichtungen zur Bekanntmachung und Veröffentlichung bestimmter Angaben durch einen Investmentfonds – Pauschale Besteuerung von Erträgen aus Investmentfonds, die den Bekanntmachungs- und Veröffentlichungsverpflichtungen nicht nachkommen“

In der Rechtssache C‑326/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 3. Mai 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juli 2012, in dem Verfahren

Rita van Caster,

Patrick van Caster

gegen

Finanzamt Essen-Süd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter S. Rodin, A. Borg Barthet und E. Levits (Berichterstatter) sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Frau und Herrn van Caster, vertreten durch Rechtsanwalt V. Heidelbach,

–        des Finanzamts Essen-Süd, vertreten durch U. Weise als Bevollmächtigten,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und A. Wiedmann als Bevollmächtigte,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Murrell als Bevollmächtigte im Beistand von R. Hill, Barrister,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und W. Mölls als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. November 2013

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 63 AEUV und 65 AEUV.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau van Caster und ihrem Sohn, beide wohnhaft in Deutschland, auf der einen Seite und dem Finanzamt Essen-Süd (im Folgenden: Finanzamt) auf der anderen Seite über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlage ihrer Einkünfte aus ausländischen Investmentfonds für die Steuerjahre 2004 bis 2008.

 Deutsches Recht

3        Das Investmentsteuergesetz (im Folgenden: InvStG), das seit 2004 in Kraft ist, enthält in seinem Abschnitt 1, der die §§ 1 bis 10 umfasst, gemeinsame Regelungen für inländische und ausländische Investmentfonds.

4        Nach § 2 Abs. 1 InvStG gehören die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn von einigen Ausnahmen abgesehen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen des Anlegers.

5        § 5 dieses Gesetzes in seiner Fassung vom 15. Dezember 2003 (BGBl. 2003 I, S. 2676) bestimmt:

„Besteuerungsgrundlagen

(1)      Die §§ 2 und 4 sind nur anzuwenden, wenn

1.      die Investmentgesellschaft den Anlegern bei jeder Ausschüttung bezogen auf einen Investmentanteil in deutscher Sprache bekannt macht:

a)      den Betrag der Ausschüttung (mit mindestens vier Nachkommastellen),

b)      den Betrag der ausgeschütteten Erträge (mit mindestens vier Nachkommastellen),

c)      die in der Ausschüttung enthaltenen

aa)      ausschüttungsgleichen Erträge der Vorjahre,

bb)      steuerfreien Veräußerungsgewinne im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1,

cc)      Erträge im Sinne des § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes,

dd)      Erträge im Sinne des § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes,

ee)      Veräußerungsgewinne im Sinne des § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes,

ff)      Veräußerungsgewinne im Sinne des § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes,

gg)      Erträge im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2, soweit die Erträge nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 des Einkommensteuergesetzes sind,

hh)      steuerfreien Veräußerungsgewinne im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2,

ii)      Einkünfte im Sinne des § 4 Abs. 1,

jj)      Einkünfte im Sinne des § 4 Abs. 2, für die kein Abzug nach Absatz 4 vorgenommen wurde,

kk)      Einkünfte im Sinne des § 4 Abs. 2, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zur Anrechnung einer als gezahlt geltenden Steuer auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer berechtigen,

d)      den zur Anrechnung oder Erstattung von Kapitalertragsteuer berechtigenden Teil der Ausschüttung im Sinne von

aa)      § 7 Abs. 1 und 2,

bb)      § 7 Abs. 3,

e)      den Betrag der anzurechnenden oder zu erstattenden Kapitalertragsteuer im Sinne von

aa)      § 7 Abs. 1 und 2,

bb)      § 7 Abs. 3,

f)      den Betrag der ausländischen Steuern, der auf die in den ausgeschütteten Erträgen enthaltenen Einkünfte im Sinne des § 4 Abs. 2 entfällt, und

aa)      nach § 34c Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes oder einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anrechenbar,

bb)      nach § 34c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes abziehbar ist, wenn kein Abzug nach § 4 Abs. 4 vorgenommen wurde,

cc)      nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als gezahlt gilt,

g)      den Betrag der Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung nach § 3 Abs. 3 Satz 1,

h)      den von der ausschüttenden Körperschaft nach § 37 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes in Anspruch genommenen Körperschaftsteuerminderungsbetrag,

2.      die Investmentgesellschaft den Anlegern bei ausschüttungsgleichen Erträgen spätestens vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie als zugeflossen gelten, die Angaben entsprechend der Nummer 1 bezogen auf einen Investmentanteil in deutscher Sprache bekannt macht;

3.      die Investmentgesellschaft die in den Nummern 1 und 2 genannten Angaben in Verbindung mit dem Jahresbericht im Sinne von § 45 Abs. 1, § 122 Abs. 1 oder 2 des Investmentgesetzes im elektronischen Bundesanzeiger bekannt macht; die Angaben sind mit der Bescheinigung eines zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträgers im Sinne des § 3 des Steuerberatungsgesetzes, einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle oder einer vergleichbaren Stelle zu versehen, dass die Angaben nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden; § 323 des Handelsgesetzbuchs ist sinngemäß anzuwenden. Wird der Jahresbericht nach den Bestimmungen des Investmentgesetzes nicht im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht, ist auch die Fundstelle bekannt zu machen, in der der Rechenschaftsbericht in deutscher Sprache bekannt gemacht ist;

4.      die ausländische Investmentgesellschaft die Summe der nach dem 31. Dezember 1993 dem Inhaber der ausländischen Investmentanteile als zugeflossen geltenden, noch nicht dem Steuerabzug unterworfenen Erträge ermittelt und mit dem Rücknahmepreis bekannt macht;

5.      die ausländische Investmentgesellschaft auf Anforderung gegenüber dem Bundesamt für Finanzen innerhalb von drei Monaten die Richtigkeit der in den Nummern 1, 2 und 4 genannten Angaben vollständig nachweist. Sind die Urkunden in einer fremden Sprache abgefasst, so kann eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden. Hat die ausländische Investmentgesellschaft Angaben in unzutreffender Höhe bekannt gemacht, so hat sie die Unterschiedsbeträge eigenverantwortlich oder auf Verlangen des Bundesamts für Finanzen in der Bekanntmachung für das laufende Geschäftsjahr zu berücksichtigen.

Liegen die in Nummer 1 Buchstabe c oder f genannten Angaben nicht vor, werden die Erträge insoweit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 besteuert und § 4 findet insoweit keine Anwendung …“

6        § 6 InvStG („Besteuerung bei fehlender Bekanntmachung“) sieht in seiner seit dem 9. Dezember 2004 geltenden Fassung (BGBl. 2004 I, S. 3310) vor:

„Sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 nicht erfüllt, sind beim Anleger die Ausschüttungen auf Investmentanteile, der Zwischengewinn sowie 70 Prozent des Mehrbetrags anzusetzen, der sich zwischen dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis eines Investmentanteils ergibt; mindestens sind 6 Prozent des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises anzusetzen. Wird ein Rücknahmepreis nicht festgesetzt, so tritt an seine Stelle der Börsen- oder Marktpreis …“

7        Nach den Angaben der deutschen Regierung wurden die §§ 5 und 6 InvStG in der Folge mehrfach geändert, ohne dass sich diese Änderungen jedoch auf den Ausgangsrechtsstreit ausgewirkt hätten.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

8        Die Kläger des Ausgangsverfahrens besitzen Anteile an ausländischen thesaurierenden Investmentfonds, die bei einer belgischen Bank im Depot gehalten werden.

9        Von 2003 an wurden die Erträge aus diesen Kapitalanlagen für die Kläger des Ausgangsverfahrens gesondert und einheitlich festgestellt und ihnen jeweils zur Hälfte zugerechnet.

10      In den Einkommensjahren 2003 bis 2006 handelte es sich bei sämtlichen Investmentanteilen der Kläger des Ausgangsverfahrens entweder um Anteile an sogenannten „schwarzen“ Fonds, deren Besteuerung bis 2003 in § 18 Abs. 3 des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (BGBl. 1998 I, S. 2820) geregelt war, oder um Anteile an sogenannten „intransparenten“ Fonds, deren Besteuerung in § 6 InvStG geregelt ist.

11      In den Einkommensjahren 2007 und 2008 erklärten die Kläger des Ausgangsverfahrens Erträge aus Anteilen an sechs Investmentfonds, von denen drei „intransparente“ Fonds waren.

12      Die Kläger des Ausgangsverfahrens erklärten die Erträge aus ihren Anteilen an diesen Investmentfonds im Wege der Schätzung oder durch Ansatz anhand von ihren Erklärungen beigefügten Belegen oder Informationen aus der Börsenzeitung. Für die Jahre 2003 bis 2008 erklärten sie auf diese Weise Erträge in Höhe von 8 435,43 Euro, 10 500,94 Euro, 12 318,18 Euro, 13 263,04 Euro, 12 672,46 Euro und 14 272,88 Euro, d. h. in Höhe von insgesamt 71 462,93 Euro.

13      Das Finanzamt ermittelte die Erträge aus den intransparenten Fonds nach der Regel des § 6 InvStG pauschal. Nach seiner Berechnung beliefen sich die von den Klägern des Ausgangsverfahrens in den Jahren 2003 bis 2008 erzielten Erträge auf 38 503,53 Euro, 32 691,41 Euro, 63 603,62 Euro, 49 463,21 Euro, 37 045,03 Euro und 25 139,27 Euro, d. h. auf insgesamt 246 446,07 Euro.

14      Die Kläger des Ausgangsverfahrens fochten diese Bescheide des Finanzamts beim Finanzgericht Düsseldorf an. In diesem Verfahren verständigten sich die Parteien des Ausgangsverfahrens darauf, dass die Erträge für 2003 mit 4 % der Rücknahmepreise zum 31. Dezember 2003, d. h. auf 19 848,07 Euro, zu schätzen sind.

15      Hinsichtlich der Einkommensjahre 2004 bis 2008 beantragen die Kläger des Ausgangsverfahrens, die Steuerbescheide abzuändern und als Kapitalerträge für diese Jahre die erklärten Beträge festzustellen, da § 6 InvStG nach ihrer Ansicht gegen die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Kapitalverkehr verstößt.

16      Das vorlegende Gericht führt aus, dass der in § 6 InvStG vorgesehene Mechanismus der pauschalen Besteuerung zwar unterschiedslos für inländische und ausländische intransparente Investmentfonds gelte, dass aber diese Bestimmung dennoch zu einer mittelbaren Diskriminierung intransparenter ausländischer Fonds führen könnte, da inländische Fonds in der Regel die Anforderungen des § 5 Abs. 1 InvStG erfüllten, während dies bei ausländischen Fonds in der Regel nicht der Fall sei.

17      Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Düsseldorf das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Verstößt die pauschale Besteuerung von Erträgen aus sog. „intransparenten” (inländischen und) ausländischen Investmentfonds gemäß § 6 InvStG gegen [das Unionsrecht] (Art. [63 AEUV]), weil sie eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs (Art. [65 Abs. 3 AEUV]) darstellt?

 Zur Vorlagefrage

 Vorbemerkungen

18      Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass die Anleger abhängig davon, wie die Investmentgesellschaft ihren Verpflichtungen aus § 5 Abs. 1 InvStG nachkommt, drei unterschiedlichen Besteuerungsregelungen unterliegen.

19      Legt die Investmentgesellschaft die in § 5 Abs. 1 InvStG genannten Angaben form- und fristgerecht vor, unterliegen die Erträge aus den Investmentanteilen der allgemeinen Regelung der sogenannten „transparenten“ Besteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 4 InvStG.

20      Hat die Investmentgesellschaft die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c und f InvStG genannten Angaben weder veröffentlicht noch bekannt gemacht, können die Fondsanteile gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 InvStG nach der sogenannten „semi-transparenten“ Regelung besteuert werden. Diese Berechnungsweise bedeutet, dass Vergünstigungen, zu denen bestimmte Angaben nicht gemacht wurden, bei der Besteuerungsgrundlage der Einkünfte des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt werden.

21      Sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 InvStG nicht erfüllt, werden die Anteile an den Investmentfonds nach § 6 InvStG pauschal besteuert, und der Steuerpflichtige hat die Steuer auf einen Betrag zu entrichten, der nach den in dieser Vorschrift festgelegten Berechnungsmodalitäten ermittelt wird.

22      § 5 Abs. 1 InvStG legt zum einen in seinen Nrn. 1 bis 3 Verpflichtungen fest, die für alle – inländische wie ausländische – Investmentgesellschaften gelten und die Bekanntmachung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Angaben in deutscher Sprache an die Anleger sowie die Veröffentlichung dieser Angaben im elektronischen Bundesanzeiger mit der Bescheinigung eines gesetzlich zur Erbringung von Steuerberatungsleistungen befugten Berufsträgers, dass die Angaben nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden, betreffen, und sieht zum anderen in seinen Nrn. 4 und 5 zusätzliche, nur für ausländische Investmentgesellschaften geltende Verpflichtungen vor.

23      Das vorlegende Gericht führt nicht näher aus, welche Verpflichtungen von den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ausländischen Investmentfonds nicht erfüllt wurden, aber aus der Begründung des Vorabentscheidungsersuchens ergibt sich, dass sich das Gericht insbesondere die Frage stellt, ob die unterschiedslos auf inländische und ausländische Investmentfonds anwendbaren deutschen Rechtsvorschriften mit dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs vereinbar sind.

24      Daher ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner Frage wissen möchte, ob Art. 63 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach, wenn ein ausländischer Investmentfonds die in dieser Regelung vorgesehenen, unterschiedslos für inländische und ausländische Fonds geltenden Verpflichtungen zur Bekanntmachung und Veröffentlichung bestimmter Angaben nicht erfüllt, die Erträge, die der Steuerpflichtige aus diesem Investmentfonds erzielt, pauschal zu besteuern sind.

 Zum Vorliegen einer Beschränkung

25      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gehören zu den Maßnahmen, die Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten (vgl. Urteile Santander Asset Management SGIIC u. a., C‑338/11 bis C‑347/11, EU:C:2012:286, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Bouanich, C‑375/12, EU:C:2014:138, Rn. 43).

26      Im vorliegenden Fall ist die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung dadurch gekennzeichnet, dass die Konsequenzen daraus, dass Investmentfonds die Bekanntmachungs- und Veröffentlichungspflichten aus § 5 Abs. 1 InvStG nicht erfüllen, die Steuerpflichtigen treffen, die in diese Fonds investieren.

27      Bei der pauschalen Besteuerung, die angewandt wird, wenn diese Verpflichtungen nicht erfüllt werden, wird eine Mindestbesteuerungsgrundlage von 6 % des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises angesetzt, unabhängig davon, ob der Wert des Investmentanteils im Laufe des betreffenden Jahres gefallen oder gestiegen ist.

28      Eine derartige pauschale Berechnung kann zu einer Überbewertung der tatsächlichen Einkünfte des Steuerpflichtigen führen, vor allem, wie der Generalanwalt in Nr. 43 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wenn die Zinssätze über einen längeren Zeitraum niedrig sind. Die deutsche Regierung räumt übrigens selbst ein, dass die Mindestbesteuerungsgrundlage von 6 % des Rücknahmepreises in einer Niedrigzinskonjunktur häufig höher sein wird als eine Besteuerungsgrundlage, die von den tatsächlichen Erträgen aus dem betreffenden Fonds ausgeht.

29      Zwar kann entsprechend dem Vorbringen des Finanzamts und der deutschen Regierung weder ausgeschlossen werden, dass die pauschale Besteuerung in Jahren, in denen Investmentfonds besonders hohe Erträge abwerfen, günstiger sein kann als die allgemeine Regelung der transparenten Besteuerung, noch, dass in der Weise berechnete Erträge im Durchschnitt erzielt werden könnten, wenn Anteile über einen langen Zeitraum gehalten werden.

30      Doch zum einen richtet sich die Anwendung der pauschalen Besteuerung nicht danach, wie lange der Anteil gehalten wird.

31      Zum anderen kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine gegen eine Grundfreiheit verstoßende nachteilige steuerliche Behandlung nicht mit anderen steuerlichen Vergünstigungen gerechtfertigt werden, auch wenn deren Vorhandensein unterstellt wird (vgl. Urteil Lakebrink und Peters-Lakebrink, C‑182/06, EU:C:2007:452, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Es ist daher festzustellen, dass eine pauschale Besteuerung, wie sie sich aus der Anwendung von § 6 InvStG ergibt, für den Steuerpflichtigen nachteilig sein kann.

33      Aus der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung ergibt sich, dass in einem solchen Fall ein Steuerpflichtiger, der in einen Fonds investiert hat, der die in § 5 Abs. 1 InvStG vorgesehenen Verpflichtungen nicht erfüllt, keine Unterlagen oder Informationen beibringen kann, mit denen sich seine tatsächlichen Einkünfte nachweisen lassen.

34      Diese pauschale Besteuerung ist daher geeignet, einen solchen Steuerpflichtigen davon abzuhalten, in Fonds zu investieren, die die in dieser nationalen Rechtsvorschrift vorgesehenen Verpflichtungen nicht erfüllen.

35      Wie die deutsche Regierung in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, liegt die Entscheidung, diesen Verpflichtungen nachzukommen oder nicht, bei den Investmentfonds und hängt u. a. davon ab, ob diese Kunden in Deutschland gewinnen wollen.

36      Ihrer Natur nach werden diese Verpflichtungen daher von einem Investmentfonds, der nicht auf dem deutschen Markt tätig ist und nicht aktiv auf diesen Markt abzielt, wahrscheinlich nicht erfüllt werden. Wie der Generalanwalt in Nr. 42 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat ein solcher Fonds nämlich kaum einen Anreiz, derartige Erfordernisse zu erfüllen.

37      Da es sich bei solchen Fonds in der Regel um ausländische Fonds handelt, ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung geeignet ist, einen deutschen Anleger davon abzuhalten, Anteile an einem ausländischen Investmentfonds zu zeichnen, da ihn eine solche Anlage einer nachteiligen pauschalen Besteuerung aussetzen kann, ohne ihm die Möglichkeit zu bieten, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die Höhe seiner tatsächlichen Einkünfte nachweisen lässt.

38      Eine solche Regelung stellt daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die gemäß Art. 63 AEUV grundsätzlich verboten ist.

 Zur Rechtfertigung der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs

39      Nach gefestigter Rechtsprechung können jedoch nationale Maßnahmen, die geeignet sind, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, dennoch zulässig sein, wenn mit ihnen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, wenn sie geeignet sind, dessen Erreichung zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. u. a. Urteil Kommission/Belgien, C‑296/12, EU:C:2014:24, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Nach Ansicht des Finanzamts und der deutschen Regierung ist die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung erstens durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren.

41      Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten ein vom Gerichtshof anerkanntes legitimes Ziel ist (vgl. Urteil National Grid Indus, C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), das insbesondere dann als Rechtfertigung einer Beschränkung anerkannt werden kann, wenn mit der betreffenden Regelung Verhaltensweisen verhindert werden sollen, die geeignet sind, das Recht eines Mitgliedstaats auf Ausübung seiner Steuerhoheit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden (vgl. u. a. Urteile Santander Asset Management SGIIC u. a., EU:C:2012:286, Rn. 47, und Argenta Spaarbank, C‑350/11, EU:C:2013:447, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung soll entsprechend dem Vorbringen des Finanzamts und der deutschen Regierung gewährleisten, dass unter Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Gleichbehandlung zum einen diejenigen deutschen Steuerpflichtigen, die direkt in Aktien oder Anleihen investiert haben, und diejenigen, die Anteile an Investmentfonds zeichnen, sowie zum anderen diejenigen deutsche Steuerpflichtigen, die in inländische Fonds investiert haben, und diejenigen, die in ausländische Fonds investiert haben, steuerlich einheitlich behandelt werden.

43      Mit dieser nationalen Regelung wird nicht bezweckt, Verhaltensweisen zu verhindern, die geeignet sind, das Recht der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, die in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten oder die in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünfte ihrer Einwohner zu besteuern.

44      Somit stellt sich hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anwendung der genannten nationalen Regelung die Frage einer Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten nicht.

45      Zweitens ist die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung nach Auffassung des Finanzamts sowie der deutschen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle sicherzustellen. Die deutsche Regierung fügt hinzu, dass diese Regelung eine Rechtfertigung auch darin finde, dass eine wirksame Steuereinziehung gewährleistet werden müsse.

46      Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, stellen sowohl die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Steuerkontrolle sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile A, C‑101/05, EU:C:2007:804, Rn. 55; X und Passenheim-van Schoot, C‑155/08 und C‑157/08, EU:C:2009:368, Rn. 55; Meilicke u. a., C‑262/09, EU:C:2011:438, Rn. 41, sowie SIAT, C‑318/10, EU:C:2012:415, Rn. 36), als auch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Steuereinziehung zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Spanien, C‑269/09, EU:C:2012:439, Rn. 64; X, C‑498/10, EU:C:2012:635, Rn. 39, sowie Strojírny Prostějov und ACO Industries Tábor, C‑53/13 und C‑80/13, EU:C:2014:2011, Rn. 46), zwingende Gründe des Allgemeininteresses dar, die eine Beschränkung der durch den Vertrag garantierten Verkehrsfreiheiten rechtfertigen können.

47      Es ist dem Grundsatz der Steuerautonomie der Mitgliedstaaten inhärent, dass diese bestimmen, welche Angaben gemacht und welche materiellen und formellen Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um es der Steuerverwaltung zu ermöglichen, die auf die Erträge aus Investmentfonds geschuldete Steuer richtig festzusetzen (vgl. entsprechend Urteil Meilicke u. a., EU:C:2011:438, Rn. 37).

48      Im Ausgangsverfahren beruht die fragliche nationale Regelung auf dem Grundsatz, dass nur die Investmentfonds selbst die Angaben machen können, die notwendig sind, um die Besteuerungsgrundlage für die Steuerpflichtigen zu ermitteln, die Anteile an diesen Fonds gezeichnet haben, und dass diese Angaben nur in der Form einer Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger mit der Bescheinigung eines gesetzlich zur Erbringung von Steuerberatungsleistungen befugten Berufsträgers, dass die Angaben nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden, erfolgen können.

49      Eine Regelung eines Mitgliedstaats, durch die Steuerpflichtige, die Anteile an ausländischen Investmentfonds gezeichnet haben, absolut daran gehindert werden, Nachweise vorzulegen, die – insbesondere hinsichtlich der Präsentation – anderen Kriterien entsprechen als den in den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für Investitionen im Inland vorgesehenen, geht aber über das hinaus, was erforderlich ist, um die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil Meilicke u. a., EU:C:2011:438, Rn. 43).

50      Es lässt sich nämlich nicht von vornherein ausschließen, dass die betreffenden Steuerpflichtigen einschlägige Belege vorlegen können, anhand deren die Steuerbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats die Angaben, die erforderlich sind, um die Steuer auf die Erträge aus den Investmentfonds ordnungsgemäß zu bemessen, klar und genau prüfen können (vgl. entsprechend Urteil Meilicke u. a., EU:C:2011:438, Rn. 44).

51      Zwar kann es sein, dass die deutschen Steuerpflichtigen nicht über sämtliche nach dem InvStG erforderlichen Angaben verfügen, doch lässt sich nicht ausschließen, dass sie diese von den betreffenden ausländischen Investmentfonds erhalten und den deutschen Steuerbehörden übermitteln können.

52      Der Inhalt, die Form und das Maß an Präzision, denen die Angaben genügen müssen, die ein deutscher Steuerpflichtiger, der Anteile an einem ausländischen Investmentfonds gezeichnet hat, einreicht, um in den Genuss der transparenten Besteuerung zu kommen, müssen von der Finanzverwaltung bestimmt werden, um dieser die ordnungsgemäße Besteuerung zu ermöglichen (vgl. entsprechend Urteil Meilicke u. a., EU:C:2011:438, Rn. 45).

53      Zwar garantieren, wie das Finanzamt und die deutsche Regierung vortragen, die Veröffentlichung der Angaben zu den Besteuerungsgrundlagen und deren Überprüfung durch einen gesetzlich zur Erbringung von Steuerberatungsleistungen befugten Berufsträger, die bestätigt, dass die Angaben nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden, die einheitliche Besteuerung der Steuerpflichtigen, die Anteile an demselben Investmentfonds gezeichnet haben.

54      Diese Einheitlichkeit könnte aber, wie die Europäische Kommission geltend macht, durch einen internen Informationsaustausch innerhalb der deutschen Finanzverwaltung gewährleistet werden.

55      Darüber hinaus können sich die Finanzbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats nach der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Steuern auf Versicherungsprämien (ABl. L 336, S. 15) in der durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16. November 2004 (ABl. L 359, S. 30) geänderten Fassung, die zu dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt in Kraft war, und nach der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64, S. 1) an die Behörden eines anderen Mitgliedstaats wenden, um alle Auskünfte zu erhalten, die sich als notwendig für die ordnungsgemäße Bemessung der Steuer eines Steuerpflichtigen erweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, C‑436/08 und C‑437/08, EU:C:2011:61, Rn. 101, und Meilicke u. a., EU:C:2011:438, Rn. 51).

56      Hinsichtlich des Verwaltungsaufwands, den die den Steuerpflichtigen eingeräumte Möglichkeit, Informationen zum Nachweis ihrer Einkünfte beizubringen, für die Finanzbehörden des Besteuerungsmitgliedstaats mit sich bringt, ist darauf hinzuweisen, dass verwaltungstechnische Nachteile für sich genommen ein Hindernis für den freien Kapitalverkehr nicht rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Frankreich, C‑334/02, EU:C:2004:129, Rn. 29; Centro di Musicologia Walter Stauffer, C‑386/04, EU:C:2006:568, Rn. 48, und Papillon, C‑418/07, EU:C:2008:659, Rn. 54).

57      Folglich kann eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle und die wirksame Einziehung der Steuern zu gewährleisten, da sie es dem Steuerpflichtigen nicht ermöglicht, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die Höhe seiner tatsächlichen Einkünfte nachweisen lässt.

58      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 63 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach, wenn ein ausländischer Investmentfonds die in dieser Regelung vorgesehenen, unterschiedslos für inländische und ausländische Fonds geltenden Verpflichtungen zur Bekanntmachung und Veröffentlichung bestimmter Angaben nicht erfüllt, die Erträge, die der Steuerpflichtige aus diesem Investmentfonds erzielt, pauschal zu besteuern sind, da diese Regelung dem Steuerpflichtigen nicht ermöglicht, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt.

 Kosten

59      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach, wenn ein ausländischer Investmentfonds die in dieser Regelung vorgesehenen, unterschiedslos für inländische und ausländische Fonds geltenden Verpflichtungen zur Bekanntmachung und Veröffentlichung bestimmter Angaben nicht erfüllt, die Erträge, die der Steuerpflichtige aus diesem Investmentfonds erzielt, pauschal zu besteuern sind, da diese Regelung dem Steuerpflichtigen nicht ermöglicht, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt.

Unterschriften

Lohnsteuer-Nachschau

1 Mit § 42g EStG ist durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 (BGBl. I Seite 1809) eine Regelung zur Lohnsteuer-Nachschau neu in das EStG eingefügt worden. Die Vorschrift ist zum 30. Juni 2013 in Kraft getreten. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der Vorschrift Folgendes:

1. Allgemeines

2 Die Lohnsteuer-Nachschau ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Steuererheblich sind Sachverhalte, die eine Lohnsteuerpflicht begründen oder zu einer Änderung der Höhe der Lohnsteuer oder der Zuschlagsteuern führen können. Das für die Lohnsteuer-Nachschau zuständige Finanzamt kann das Finanzamt, in dessen Bezirk der steuererhebliche Sachverhalt verwirklicht wird, mit der Nachschau beauftragen. Die Lohnsteuer-Nachschau ist keine Außenprüfung i. S. d. §§ 193 ff. AO. Die Vorschriften für eine Außenprüfung sind nicht anwendbar, insbesondere gelten die §§ 146 Absatz 2b, 147 Absatz 6, 201, 202 AO und § 42d Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 EStG nicht. Es bedarf weder einer Prüfungsanordnung i. S. d. § 196 AO noch einer Schlussbesprechung oder eines Prüfungsberichts. Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Nachschau ist ein Antrag auf verbindliche Zusage (§ 204 AO) nicht zulässig.

2. Zweck der Lohnsteuer-Nachschau

3 Die Lohnsteuer-Nachschau dient der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags, der Kirchenlohnsteuer oder von Pflichtbeiträgen zu einer Arbeits- oder Arbeitnehmerkammer. Ziel der Lohnsteuer-Nachschau ist es, einen Eindruck von den räumlichen Verhältnissen, dem tatsächlich eingesetzten Personal und dem üblichen Geschäftsbetrieb zu gewinnen.

4 Eine Lohnsteuer-Nachschau kommt insbesondere in Betracht:

  • bei Beteiligung an Einsätzen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit,
  • zur Feststellung der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmereigenschaft,
  • zur Feststellung der Anzahl der insgesamt beschäftigten Arbeitnehmer,
  • bei Aufnahme eines neuen Betriebs,
  • zur Feststellung, ob der Arbeitgeber eine lohnsteuerliche Betriebsstätte unterhält,
  • zur Feststellung, ob eine Person selbständig oder als Arbeitnehmer tätig ist,
  • zur Prüfung der steuerlichen Behandlung von sog. Minijobs (vgl. § 8 Absatz 1 und 2 SGB IV), ausgenommen Beschäftigungen in Privathaushalten,
  • zur Prüfung des Abrufs und der Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) und
  • zur Prüfung der Anwendung von Pauschalierungsvorschriften, z. B. § 37b Absatz 2 EStG.

5 Nicht Gegenstand der Lohnsteuer-Nachschau sind:

  • Ermittlungen der individuellen steuerlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer, soweit sie für den Lohnsteuer-Abzug nicht von Bedeutung sind,
  • die Erfüllung der Pflichten des Arbeitgebers nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz und
  • Beschäftigungen in Privathaushalten.

3. Durchführung der Lohnsteuer-Nachschau

6 Die Lohnsteuer-Nachschau muss nicht angekündigt werden (§ 42g Absatz 2 Satz 2 EStG). Die Anordnung der Nachschau erfolgt in der Regel mündlich und zu Beginn der Lohnsteuer-Nachschau. Dem Arbeitgeber soll zu Beginn der Lohnsteuer-Nachschau der Vordruck „Durchführung einer Lohnsteuer-Nachschau“ (bundeseinheitlicher Vordruck) übergeben werden. Der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger hat sich auszuweisen.

7 Zum Zweck der Lohnsteuer-Nachschau können die mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragten Amtsträger Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausüben, betreten (§ 42g Absatz 2 Satz 2 EStG). Die Grundstücke und Räume müssen nicht im Eigentum der gewerblich oder beruflich tätigen Person stehen. Die Lohnsteuer-Nachschau kann sich auch auf gemietete oder gepachtete Grundstücke und Räume sowie auf andere Orte, an denen steuererhebliche Sachverhalte verwirklicht werden (z. B. Baustellen), erstrecken.

8 Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden (§ 42g Absatz 2 Satz 3 EStG).

9 Häusliche Arbeitszimmer oder Büros, die innerhalb einer ansonsten privat genutzten Wohnung belegen sind, dürfen auch dann betreten bzw. besichtigt werden, wenn sie nur durch die ausschließlich privat genutzten Wohnräume erreichbar sind.

10 Ein Betreten der Grundstücke und Räume ist während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. Die Nachschau kann auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn dort Arbeitnehmer anzutreffen sind.

11 Das Betreten muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen oder zu überprüfen, die für den Steuerabzug vom Arbeitslohn erheblich sein können. Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Lohnsteuer-Nachschau nicht. Das bloße Betreten oder Besichtigen von Geschäftsräumen, Betriebsräumen oder Grundstücken ist noch kein Durchsuchen.

4. Mitwirkungspflicht

12 Der Arbeitgeber hat dem mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragten Amtsträger auf Verlangen Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung steuerlich erheblicher Sachverhalte zweckdienlich ist (§ 42g Absatz 3 Satz 1 EStG).

13 Darüber hinaus haben die Arbeitnehmer dem mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragten Amtsträger jede gewünschte Auskunft über Art und Höhe ihrer Einnahmen zu geben und auf Verlangen in ihrem Besitz befindliche Bescheinigungen über den Lohnsteuerabzug sowie Belege über bereits entrichtete Lohnsteuer vorzulegen (§ 42g Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 42f Absatz 2 Satz 2 EStG). Diese Pflichten gelten auch für Personen, bei denen es streitig ist, ob sie Arbeitnehmer sind oder waren. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf alle Fragen, die für die Beurteilung von Bedeutung sind, ob und in welcher Höhe eine Pflicht zum Abzug von Lohnsteuer und Zuschlagsteuern besteht.

5. Recht auf Datenzugriff

14 Der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger darf nur dann auf elektronische Daten des Arbeitgebers zugreifen, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Stimmt der Arbeitgeber dem Datenzugriff nicht zu, kann der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger verlangen, dass ihm die erforderlichen Unterlagen in Papierform vorgelegt werden. Sollten diese nur in elektronischer Form existieren, kann er verlangen, dass diese unverzüglich ausgedruckt werden (vgl. § 147 Absatz 5 zweiter Halbsatz AO).

6. Übergang zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung

15 Geben die bei der Lohnsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 AO) zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung nach § 42f EStG übergegangen werden (§ 42g Absatz 4 Satz 1 EStG). Auf den Übergang zur Außenprüfung ist schriftlich hinzuweisen (§ 42g Absatz 4 Satz 2 EStG). Die allgemeinen Grundsätze über den notwendigen Inhalt von Prüfungsanordnungen gelten entsprechend. Insbesondere sind der Prüfungszeitraum und der Prüfungsumfang festzulegen. Der Beginn einer Lohnsteuer-Außenprüfung nach erfolgter Lohnsteuer-Nachschau ist unter Angabe von Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen. Für die Durchführung der nachfolgenden Lohnsteuer-Außenprüfung gelten die §§ 199 ff. AO. Die Entscheidung zum Übergang zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde (§ 5 AO).

16 Der Übergang zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung nach § 42f EStG kann insbesondere angezeigt sein:

  • wenn bei der Lohnsteuer-Nachschau erhebliche Fehler beim Steuerabzug vom Arbeitslohn festgestellt wurden,
  • wenn der für die Besteuerung maßgebliche Sachverhalt im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht abschließend geprüft werden kann und weitere Ermittlungen erforderlich sind,
  • wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht nachkommt oder
  • wenn die Ermittlung von Sachverhalten aufgrund des fehlenden Datenzugriffs nicht oder nur erschwert möglich ist.

7. Auswertungsmöglichkeiten

17 Der Arbeitgeber kann aufgrund der im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau gewonnenen Erkenntnisse durch Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid oder Lohnsteuer-Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Lohnsteuer-Nachschau kann auch zu einer nachträglichen oder geänderten Lohnsteuer-Anmeldung führen. Soll auf Grund der Lohnsteuer-Nachschau der Arbeitgeber in Haftung genommen oder bei ihm Lohnsteuer nachgefordert werden, ist ihm rechtliches Gehör zu gewähren (§ 91 AO).

18 Ebenso kann der jeweilige Arbeitnehmer im Rahmen der allgemeinen gesetzlichen Regelungen in Anspruch genommen werden (§ 42d Absatz 3 EStG). Erkenntnisse der Lohnsteuer-Nachschau können auch im Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers berücksichtigt werden.

19 Feststellungen, die während einer Lohnsteuer-Nachschau getroffen werden und die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern des Betroffenen oder anderer Personen erheblich sein können, können ausgewertet werden (§ 42g Absatz 5 EStG). Zu diesem Zweck können Kontrollmitteilungen erstellt werden.

8. Rechtsfolgen

20 Der Beginn der Lohnsteuer-Nachschau hemmt nicht den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Absatz 4 AO. Die Änderungssperre des § 173 Absatz 2 AO findet keine Anwendung. Soweit eine Steuer gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt worden ist, muss dieser nach Durchführung der Lohnsteuer-Nachschau nicht aufgehoben werden.

9. Zwangsmittel

21 Im Rahmen einer Lohnsteuer-Nachschau erlassene Verwaltungsakte sind grundsätzlich mit Zwangsmitteln (§§ 328 ff. AO) durchsetzbar. Ein Verwaltungsakt liegt dann vor, wenn der mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragte Amtsträger Maßnahmen ergreift, die den Steuerpflichtigen zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten sollen. Ein Verwaltungsakt liegt insbesondere vor, wenn der Amtsträger den Steuerpflichtigen auffordert,

  • das Betreten der nicht öffentlich zugänglichen Geschäftsräume zu dulden,
  • Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere lohnsteuerlich relevante Urkunden vorzulegen oder
  • Auskunft zu erteilen.

10. Rechtsbehelf

22 Gegen schlichtes Verwaltungshandeln (z. B. Betreten von Grundstücken und Räume zur Durchführung einer Lohnsteuer-Nachschau) ist kein Einspruch gegeben. Im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau ergangene Verwaltungsakte (vgl. Rz. 21) können gemäß § 347 AO mit Einspruch angefochten werden. Der Amtsträger ist berechtigt und verpflichtet, den Einspruch entgegenzunehmen. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung und hindert daher nicht die Durchführung der Lohnsteuer-Nachschau, es sei denn, die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts wurde ausgesetzt (§ 361 AO, § 69 FGO). Mit Beendigung der Lohnsteuer-Nachschau sind oder werden Einspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung der Lohnsteuer-Nachschau unzulässig; insoweit kommt lediglich eine Fortsetzungs-Feststellungsklage (§ 100 Absatz 1 Satz 4 FGO) in Betracht. Wurden die Ergebnisse der Lohnsteuer-Nachschau in einem Steuer- oder Haftungsbescheid berücksichtigt, muss auch dieser Bescheid angefochten werden, um ein steuerliches Verwertungsverbot zu erlangen.

23 Für die Anfechtung der Mitteilung des Übergangs zur Außenprüfung (§ 42g Absatz 4 EStG) gelten die Grundsätze für die Anfechtung einer Prüfungsanordnung entsprechend (vgl. AEAO zu § 196).

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2386 / 09 / 10002 :001 vom 16.10.2014

Streit um ca. 160 Mio. Euro Umsatzsteuer-Erstattungen nebst Zinsen gewonnen

BGH bestätigt Karmann-Urteil

Der Streit um ca. 160 Mio. Euro Umsatzsteuer-Erstattungen nebst Zinsen zwischen dem Insolvenzverwalter der Karmann-Betriebsgesellschaft und der Karmann-Besitzgesellschaft ist rechtskräftig entschieden.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat nach der Verhandlung am 15.10.2014 die Revision der Beklagten vollständig zurückgewiesen und auf die Revision des Klägers lediglich einen Verrechnungs-Vorbehalt aufgehoben, den das Oberlandesgericht Oldenburg in der Berufungsinstanz angeordnet hatte. Damit bestätigte der Bundesgerichtshof das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Osnabrück. Nunmehr ist rechtskräftig entschieden, dass der Insolvenzschuldnerin die Steuererstattungen zustehen, die seitens des Finanzamtes an die Besitzgesellschaft überwiesen wurden.

Zum Hintergrund
Aufgrund einer internen Abrede im Pachtvertrag zwischen den beteiligten Firmen hatte die (mittlerweile insolvente) Karmann-Betriebsgesellschaft über Jahre hinweg Leistungen an das Finanzamt erbracht, die die Umsatzsteuerschuld der Besitzgesellschaft betrafen. Da diese Handhabung steuerrechtlich nicht zulässig war und jede Gesellschaft für ihre eigenen Steuerverbindlichkeiten einzustehen hat, wurden für die Jahre 2006 bis 2009 seitens des Finanzamtes Steuern im Umfang von ca. 166 Millionen Euro an die Besitzgesellschaft zurückerstattet. Der Insolvenzverwalter klagte auf die Auszahlung dieser Beträge an die insolvente Betriebsgesellschaft, da die Steuererstattungen allein auf deren Zahlungen beruhten.

Das Landgericht Osnabrück gab der Klage in erster Instanz weitgehend statt. Im Urteil der 1. Zivilkammer vom 26.10.2011 wurde angeordnet, dass die Besitzgesellschaft die bereits erhaltenen und auch die künftig zu erwartenden Steuererstattungen zu weiten Teilen an den Insolvenzverwalter auszukehren hat (vgl. Pressemitteilung Nr. 47/11). Das Oberlandesgericht Oldenburg als Berufungsgericht hatte dieses Urteil weitgehend bestätigt, der Besitzgesellschaft aber das Recht vorbehalten, gegenüber dem Zahlungsanspruch des Insolvenzverwalters mit etwaigen steuerlichen Gegenforderungen aufzurechnen. Diesen Vorbehalt hat der Bundesgerichtshof nunmehr aufgehoben und die Vorinstanzen im Übrigen bestätigt.

Quelle: LG Osnabrück, Pressemitteilung vom 16.10.2014

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen – Rückgabe von Transporthilfsmitteln

Im Groß- und Einzelhandel werden für die Belieferung mit Waren Transportbehältnisse (sog. Transporthilfsmittel, auch Lademittel und Packmittel genannt, und Warenumschließungen) aller Art eingesetzt. Die Überlassung der Behältnisse erfolgt entweder gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld oder im Rahmen reiner Tauschsysteme.

Für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Transportbehältnissen gilt unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

I. Überlassung von Transportbehältnissen gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld

1. Abgrenzung Transporthilfsmittel zu Warenumschließungen
Bei der Hingabe eines Transportbehältnisses gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld ist für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung zu unterscheiden, ob es sich bei dem Behältnis um ein (selbständiges) Transporthilfsmittel oder lediglich um eine Warenumschließung handelt.

Transporthilfsmittel dienen grundsätzlich der Vereinfachung des Warentransports und der Lagerung und werden u. U. auch im Einzelhandel zur Warenpräsentation genutzt. Transporthilfsmittel sind z. B. Getränke-Paletten, H1-Kunststoffpaletten, Kisten (z. B. Ernteboxen), Steigen und Container für Blumen, Obst und Gemüse, Rollcontainer, Fleischkästen, Fischtransportkisten, Shipper-Boxen für Kartoffeln und Zwiebeln, Quattro-Boxen etc. Diesen Transporthilfsmitteln ist gemeinsam, dass sie für logistische Aktivitäten innerhalb des Unternehmens, aber auch beim Durchlaufen von Handelsstufen, an denen mehrere Unternehmer beteiligt sind (Hersteller – Großhändler – Einzelhändler), eingesetzt werden. Sie werden grundsätzlich nicht an den Endverbraucher geliefert.

Im Gegensatz hierzu liegen lediglich Warenumschließungen vor, wenn aufgrund der Eigenart einer Ware eine bestimmte Umschließung erforderlich ist, um diese für den Endverbraucher verkaufs- und absatzfähig zu machen. Hierbei handelt es sich überwiegend um innere und äußere Behältnisse, Aufmachungen, Umhüllungen und Unterlagen, welche für die Lieferbarkeit von Waren an den Endverbraucher notwendig (z. B. Flaschen) oder üblich (z. B. Getränkekasten) sind oder unabhängig von ihrer Verwendung als Verpackung keinen dauernden selbständigen Gebrauchswert haben. Ob der Gebrauchswert geringfügig ist oder nicht, ist ohne Bedeutung.

2. Art der Leistungen
Die Hingabe des Transporthilfsmittels gegen Pfandgeld stellt eine eigenständige Lieferung dar, die dem Regelsteuersatz nach § 12 Absatz 1 UStG unterliegt. Warenumschließungen teilen im Gegensatz hierzu weiterhin stets das Schicksal der Hauptleistung und unterliegen somit den steuerlichen Regelungen der eigentlichen Hauptleistung.

Bei Rückgabe und Rückzahlung des Pfandgeldes liegen sowohl bei Transporthilfsmitteln als auch bei Warenumschließungen Entgeltminderungen vor. Im Unterschied zur Rückgabe eines Transporthilfsmittels (Anwendung des Regelsteuersatzes) muss die Entgeltminderung bei der Rückgabe der Warenumschließung dem für die vorherige Hauptleistung geltenden Steuersatz zugeordnet werden.

Der leistende Unternehmer hat bei Rückgabe die aus der ursprünglichen Hingabe des Transportbehältnisses geschuldete Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. Die Berichtigung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Auf die Anwendung der Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 10.1 Abs. 8 UStAE wird hingewiesen. Zur Vorsteuerkorrektur vgl. I. Nr. 3.

Die Einordnung des Transportbehältnisses anhand der in I. Nr. 1 dargestellten Abgrenzungskriterien hat auf allen Handelsstufen (Pfandbetreiber – Hersteller – Großhändler – Einzelhändler) einheitlich zu erfolgen. Wird danach das Transportbehältnis als Transporthilfsmittel eingeordnet und dieses gegen ein Pfandgeld überlassen, handelt es sich bei der Hingabe um eine entgeltliche Lieferung. Eine spätere Umqualifizierung in der Lieferkette als (unselbständige) Warenumschließung oder umgekehrt findet nicht statt. Dem steht nicht entgegen, dass das Transporthilfsmittel beispielsweise in der ersten Stufe gegen ein Pfandgeld (entgeltliche Lieferung) überlassen und in einer späteren Stufe der Lieferkette in ein Tauschsystem integriert wird und somit den in II. des BMF-Schreibens vom 5. November 2013 (a. a. O.) aufgeführten Regelungen unterliegt.

3. Vorsteuerabzug
Dem Unternehmer steht unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG aus der Lieferung des Transporthilfsmittels oder aus der Lieferung der Ware unter Verwendung einer Warenumschließung an ihn der Vorsteuerabzug zu. Bei Rückgabe des Transportbehältnisses gegen Rückzahlung des Pfandgeldes ist der Vorsteuerabzug aus der ursprünglichen Lieferung an den Unternehmer nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG entsprechend zu berichtigen.

4. Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG
Im Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen die Lieferungen von Transporthilfsmitteln grundsätzlich der Regelbesteuerung (vgl. I. Nr. 2). Derartige Lieferungen können jedoch aus Vereinfachungsgründen wie die Umsätze mit Gegenständen des land- und forstwirtschaftlichen Unternehmensvermögens (z. B. gebrauchter landwirtschaftlicher Geräte) der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen, wenn die Transporthilfsmittel zu mindestens 95 % für Umsätze verwendet worden sind, die den Vorsteuerabzug nach § 24 Absatz 1 Satz 4 UStG ausschließen (vgl. Abschnitt 24.2 Absatz 6 Satz 3 UStAE). Auch die gesonderte Anwendung der Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 24.6 UStAE ist möglich.

II. Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen reiner Tauschsysteme
Erfolgt die Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen reiner Tauschsysteme, gelten die in II. des BMF-Schreibens vom 5. November 2013 (a. a. O.) dargestellten Grundsätze.

III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch BMF-Schreiben vom 17. Oktober 2014 – IV D 3 – S-7359 / 07 / 10009 (2014/0927860), BStBl I S. XXXX, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Abschnitt 3.10 Abs. 5a wird wie folgt gefasst:

„(5a) 1Die Hingabe des Transporthilfsmittels gegen Pfandgeld ist als eigenständige Lieferung zu beurteilen. 2Warenumschließungen teilen im Gegensatz hierzu stets das Schicksal der Hauptleistung. 3Bei Rückgabe und Rückzahlung des Pfandgeldes liegen sowohl bei Transporthilfsmitteln als auch bei Warenumschließungen Entgeltminderungen vor. 4Zur Anwendung der Vereinfachungsregelung bei Rückgabe von Transporthilfsmitteln bzw. Warenumschließungen vgl. Abschnitt 10.1 Abs. 8 UStAE. 5Zur Abgrenzung zwischen Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen vgl. BMF-Schreiben vom XX. XX. 20XX, BStBl I S. XXXX und zur Überlassung des Transporthilfsmittels im Rahmen reiner Tauschsysteme vgl. Abschnitt 3.5 Abs. 3 Nr. 18.“

2. In Abschnitt 10.1 Abs. 8 wird der bisherige Satz 9 durch die folgenden Sätze 9 und 10 ersetzt:

9Die dargestellten Vereinfachungsregelungen gelten sinngemäß auch für die Hin- und Rückgabe von Transporthilfsmitteln. 10Zur Behandlung von Transporthilfsmitteln vgl. Abschnitt 3.10 Abs. 5a und zur Abgrenzung zwischen Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen vgl. BMF-Schreiben vom XX. XX. 20XX, BStBl I S. XXXX.“

IV. Anwendungsregelung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Abschnitt I. des BMF-Schreibens vom 5. November 2013 (a. a. O.) wird aufgehoben, soweit er den Grundsätzen dieses Schreibens widerspricht. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn für Umsätze, die vor dem 1. Juli 2015 getätigt werden, in den unter I. dargestellten Sachverhalten die Beteiligten unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 5. November 2013 (a. a. O.) nach den dort aufgestellten Grundsätzen verfahren sind.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7200 / 07 / 10022 :002 vom 15.10.2014

Vorsteuer-Vergütungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG, §§ 59 bis 62 UStDV)

Gegenseitigkeit (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG)

Mit BMF-Schreiben vom 26. August 2013 – IV D 3 – S-7359 / 07 / 10009 (2013/0800354) – (BStBl I S. 1018) zum Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist je ein Verzeichnis der Drittstaaten, zu denen die Gegenseitigkeit im Sinne des § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG besteht, und der Drittstaaten, zu denen die Gegenseitigkeit nicht gegeben ist, herausgegeben worden.

Hiermit werden die Verzeichnisse durch die beiliegenden, geänderten Verzeichnisse ersetzt. Die Änderungen beruhen auf der Feststellung, dass die Gegenseitigkeit zu Neuseeland seit dem 1. April 2014 gegeben ist, der Auflösung der Niederländischen Antillen zum 10. Oktober 2010 sowie der zeitgleichen Anerkennung der Inseln Curaçao und Sint Maarten (niederländischer Teil der Insel Saint Martin) als autonome Länder innerhalb des Königreichs der Niederlande. Ergänzungen und Änderungen sind durch Randstriche kenntlich gemacht.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird darüber hinaus im Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2014 – IV D 3 – S-7279 / 10 / 10004 (2014/0861968), BStBl I S. 1322, geändert worden ist, in Abschn. 18.11 Abs. 4 Satz 3 die Angabe „26. 8. 2013, BStBl I S. 1018,“ durch die Angabe „17. 10. 2014, BStBl I S. xxx,“ ersetzt.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. März 2014 ausgeführt werden.

Die Verzeichnisse der Drittstaaten, bei denen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG vorliegen bzw. nicht vorliegen finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7359 / 07 / 10009 vom 17.10.2014

Kommunale Bagatellsteuern als Beispiel für eine Lose-Lose-Situation

Das Märchen der kommunalen Bettensteuer der Stadt Dortmund hat das erste Kapitel vollendet: Die Satzung zur Bettensteuer ist nicht rechtmäßig. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (Az. 9 B 10.14; Vorinstanz: OVG NRW, Az. 14 A 314/13 u. a.). Es ist wieder einmal ein deutliches Zeichen an die Kommunen, dass neue kommunale Steuern sehr fehleranfällig sind und es in der Regel mehrere Versuche braucht, bis eine rechtskonforme Satzung erlassen ist.

Die Stadt, die die neue Steuer einführt, geht immer davon aus, dass sie die neue kommunale Steuer rechtmäßig erheben wird und schickt ihr Vorhaben an das Innen- und Finanzministerium zur Genehmigung. Wird die Genehmigung versagt, dürfen die Kommunen die neue Steuer nicht einführen. So konnte der Bund der Steuerzahler schon erfolgreich bei der Handymasten- und der Solariumsteuer intervenieren.

Es kam aber in jüngster Zeit auch vor, dass das Ministerium trotz rechtlicher Zweifel eine Steuer genehmigte: die Wettbürosteuer. Seine Zweifel teilte das Ministerium der Stadt Hagen mit, was diese aber nicht davon abhielt, die Steuer einzuführen. Was ihr blühen kann, ist ein langer Klageweg. Denn die Betroffenen werden nicht aufhören, sich gegen nicht ordnungsgemäße Steuern zu wehren.

Das ist sowohl für die betroffenen Steuerzahler als auch für die Städte eine sehr unglückliche Situation. Eine Klage kostet die Steuerzahler Zeit, Geld und Nerven. Bis endlich eine rechtskräftige Entscheidung gefällt ist, kann es lange dauern. Im Fall der Dortmunder Bettensteuer waren es zwei Jahre. Dazu wandern Kunden ab und potenzielle Kunden können nicht gewonnen werden. Die betroffenen Steuerzahler haben Umsatzeinbußen. Die Kommune wiederum muss sich vor den Richtern behaupten und neben dem Imageschaden ebenfalls Geld für den Rechtsstreit in die Hand nehmen. Hat eine Kommune verloren, geht es in die nächste Runde: Eine neue Satzung wird erlassen. Diesmal richtet man sich nach dem ergangenen Urteil und hofft inständig, dass alles glatt geht. Doch ist das oft nicht der Fall. Die Zweitwohnungsteuer brauchte drei Anläufe, um rechtmäßig in eine Satzung gegossen zu werden. Und der ganze Aufwand wird betrieben, obwohl kein städtischer Haushalt mit den wenigen Einnahmen einer solchen Steuer saniert werden kann. Die Einnahmen sind, wenn überhaupt, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Fazit: Die Einführung einer kommunalen Bagatellsteuer ist sowohl für die Kommune als auch für den Steuerzahler ein kräftezehrender Kampf und bringt kaum einen Ertrag. Es ist eine Lose-Lose-Situation oder anders gesagt: ein ganz böses Märchen.

Quelle: BdSt NRW, Pressemitteilung vom 16.10.2014

Nachträgliche Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben ist möglich

Übersieht ein Finanzamt, dass ein Unternehmer in seiner Umsatzsteuererklärung zwar Umsatzsteuerzahlungen erklärt hat, diese aber versehentlich nicht in seiner Gewinnermittlung als Betriebsausgaben erfasst hat, können diese Zahlungen später noch im Wege einer Änderung nach § 129 AO im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt werden. Die entsprechende BFH-Rechtsprechung hat nun die OFD Koblenz aufgegriffen.

Es war aus steuerlicher Sicht ein „teurer“ Fehler, der einem selbstständigen Ingenieur aus Berlin unterlaufen war: Über Jahre hinweg hatte er seine an das Finanzamt geleisteten Umsatzsteuerzahlungen zwar in seinen Umsatzsteuererklärungen abgerechnet, es aber versäumt, diese Beträge in seiner Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgaben zu verbuchen. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß, sodass sich über die Jahre Umsatzsteuerbeträge von insgesamt rund 65.000 EUR nicht gewinnmindernd auswirkten. Nachdem Bestandskraft der Bescheide eingetreten war, legte der Unternehmer schließlich Einspruch ein und begehrte die nachträgliche Berücksichtigung der Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben. Der BFH hielt eine Bescheidänderung mit Urteil vom 27.8.2013 (Az. VIII R 9/11) für möglich.

Verfügung der OFD Koblenz

Die Oberfinanzdirektion Koblenz (OFD) hat sich mit Verfügung vom 12.5.2014 näher mit den Urteilsgründen auseinandergesetzt und zur allgemeinen Anwendbarkeit der Rechtsprechung geäußert. Danach gilt:

Nach dem Urteil konnten die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide im Wege des § 129 AO geändert werden, da der BFH eine offenbare Unrichtigkeit annahm.

Hinweis: Nach § 129 AO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Festsetzungsfrist) berichtigt werden.

Der BFH nahm im Urteilsfall ein mechanisches Übersehen an, weil die Umsatzsteuerzahlungen bei der Festsetzung der Umsatzsteuer stets berücksichtigt worden waren. Einer Änderung nach § 129 AO stand dabei nicht entgegen, dass noch zu ermitteln war, welche Umsatzsteuerbeträge tatsächlich als Betriebsausgaben abgezogen werden konnten. Mit dieser Entscheidung rückte der BFH von seinem Grundsatz ab, dass eine mangelnde Sachverhaltsermittlung die Anwendung des § 129 AO eigentlich ausschließt.

Die OFD weist darauf hin, dass der BFH seine Entscheidung offensichtlich darauf stützte, dass die vollständige Nichtberücksichtigung der Umsatzsteuerbeträge „offenbar“ war. Demnach blieb offen, ob eine Änderung nach § 129 AO auch dann möglich ist, wenn gezahlte Umsatzsteuerbeträge zuvor nur zum Teil als Betriebsausgaben erklärt worden sind.

Weiter erklärt die OFD, dass die Finanzämter die Urteilsgrundsätze ab sofort auch in anderen Fällen (allgemein) anwenden (eine Veröffentlichung im Bundesteuerblatt Teil II steht an). Auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 129 Nr. 4 soll um einen Passus ergänzt werden, wonach eine offenbare Unrichtigkeit auch dann anzunehmen ist, wenn das Finanzamt zur Berichtigung des übernommenen offenbaren Fehlers noch Sachverhaltsermittlungen zur Höhe des berücksichtigungsfähigen Betrags anstellen muss.

OFD Koblenz, Verfügung v. 12.5.2014, S 0295 A – St 351

 

Bundeskabinett beschließt Sozialversicherungsrechengrößen 2015

Das Kabinett hat am 15. Oktober die Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2015 beschlossen.

Dazu erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:

Mit der Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2015 werden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr (2013) turnusgemäß angepasst. Die Werte werden – wie jedes Jahr – auf Grundlage klarer, unveränderter gesetzlicher Bestimmungen mittels Verordnung festgelegt.

Die den Sozialversicherungsrechengrößen 2015 zugrundeliegende Einkommensentwicklung im Jahr 2013 betrug im Bundesgebiet 2,03 Prozent, in den alten Bundesländern 1,99 Prozent und in den neuen Bundesländern 2,19 Prozent. Bei der Ermittlung der jeweiligen Einkommensentwicklung wird auf die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen (“Ein-Euro-Jobs”) abgestellt.

Die wichtigsten Rechengrößen für das Jahr 2015 im Überblick:

Die Bezugsgröße, die für viele Werte in der Sozialversicherung Bedeutung hat (unter anderem für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und für die Beitragsberechnung von versicherungspflichtigen Selbständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung), erhöht sich auf 2.835 Euro/Monat (2014: 2.765 Euro/Monat). Die Bezugsgröße (Ost) steigt auf 2.415 Euro/Monat (2014: 2.345 Euro/Monat).

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steigt auf 6.050 Euro/Monat (2014: 5.950 Euro/Monat) und die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) auf 5.200 Euro/Monat (2014: 5.000 Euro/Monat).

Die bundesweit einheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) steigt auf 54.900 Euro (2014: 53.550 Euro). Die ebenfalls bundesweit einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2015 in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 49.500 Euro jährlich (2014: 48.600 Euro) bzw. 4.125 Euro monatlich (2014: 4.050 Euro).

Rechengrößen der Sozialversicherung 2015:

West Ost
Monat Jahr Monat Jahr
Beitragsbemessungsgrenze: allgemeine Rentenversicherung 6.050   € 72.600 € 5.200 € 62.400 €
Beitragsbemessungsgrenze: knappschaftliche Rentenversicherung 7.450 € 89.400 € 6.350 € 76.200 €
Beitragsbemessungsgrenze: Arbeitslosenversicherung 6.050 € 72.600 € 5.200 € 62.400 €
Versicherungspflichtgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung 4.575 € 54.900 € 4.575 € 54.900 €
Beitragsbemessungsgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung 4.125 € 49.500 € 4.125 € 49.500 €
Bezugsgröße in der Sozialversicherung 2.835 €* 34.020 €* 2.415 € 28.980 €
vorläufiges Durchschnittsentgelt/Jahr in der Rentenversicherung  34.999 €

*In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gilt dieser Wert bundeseinheitlich.

Die Verordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.

Mehr unter Informationen

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales 15.10.2014, Pressemitteilung

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin