Ost/West: Noch immer Unterschiede bei den Tarifverträgen

Tariflöhne Ost im Schnitt bei 97 Prozent

24 Jahre nach der deutschen Vereinigung haben sich die durchschnittlichen Tariflöhne- und -gehälter in Ostdeutschland stark an die im Westen angenähert. Die tariflichen Grundvergütungen in den neuen Ländern erreichen nach den aktuellsten vorliegenden Daten von Mitte 2014 im Schnitt rund 97 Prozent des West-Niveaus. Dabei zeigen sich allerdings teilweise deutliche Unterschiede nach Branchen: Im öffentlichen Dienst, bei Banken und Versicherungen, in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Druckindustrie sowie im Einzelhandel (Brandenburg) liegt das Tarifniveau bereits bei 100 Prozent, im Bauhauptgewerbe erreicht es 92 Prozent, im Kfz-Gewerbe (Thüringen) beträgt es knapp 88 Prozent. Im Hotel- und Gaststättengewerbe (Sachsen) liegt das Tarifniveau erst bei rund 77 Prozent und in der Landwirtschaft (Mecklenburg-Vorpommern) bei 73 Prozent. Darauf weist Dr. Reinhard Bispinck, der Tarifexperte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, hin.

Weitaus größer ist der Einkommensrückstand bei ostdeutschen Beschäftigten, die nicht nach Tarif bezahlt werden. Insgesamt fallen die effektiven Bruttoverdienste daher im Osten um 17 Prozent niedriger aus als im Westen. Der Angleichungsprozess stagniert allerdings seit Jahren.

Unterschiede bei den tariflichen Arbeitsbedingungen gibt es vor allem noch bei den tariflichen Arbeitszeiten und bei Sonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld. Ein Blick auf die Entwicklung der wichtigsten Tarifregelungen und -leistungen zeigt:

Das Tarifniveau Ost/West, also das Verhältnis der tariflichen Grundvergütungen, betrug 1991 rund 60 Prozent und Mitte 2014 rund 97 Prozent.

Die tarifliche Wochenarbeitszeit lag im Osten 1991 mit 40,2 gut 2 Stunden höher als im Westen mit 38,1 Stunden. Ende 2013 belief sich die Wochenarbeitszeit auf 38,6 Stunden im Osten und 37,5 Stunden im Westen.

Der tarifliche Grundurlaub beträgt zurzeit im Osten 27,4 Arbeitstage (West: 28,7), der Endurlaub, also die maximal erreichbare Zahl von Urlaubstagen, erreicht 29,5 Arbeitstage (West: 30,0).

Das tarifliche Urlaubsgeld, festgelegt als Prozentsatz des Monats- bzw. Urlaubsentgeltes, hat in vielen Tarifbereichen Westniveau erreicht. Dort, wo es als fester Euro-Betrag vereinbart ist, ist es teilweise noch deutlich niedriger.

Die tarifliche Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) hat in etlichen Bereichen ebenfalls Westniveau erreicht, aber auch in größeren Branchen (Metall, Chemie, Einzelhandel, öffentlicher Dienst) bestehen noch Unterschiede.

Dass sich der erreichte tarifliche Angleichungsstand in der Realität nicht 1:1 niederschlägt, hängt nach Analyse des WSI-Tarifexperten Reinhard Bispinck damit zusammen, dass die Prägekraft der Tarifverträge in Ostdeutschland zu schwach ist und im Laufe der Jahre noch abgenommen hat.

„Das ist eine Folge der deutlich geringeren Tarifbindung, aber in Ostdeutschland fehlt auch die im Westen über Jahrzehnte gewachsene Tarifkultur“ so der Experte. Die große Kluft zwischen höheren tariflichen und niedrigeren effektiven Standards von Löhnen, Gehältern und Arbeitszeiten untergrabe die Verbindlichkeit der Tarifnormen. Weniger Bindekraft, mehr unverbindliche Orientierungsfunktion – so lasse sich der Funktionswandel der Tarifverträge in den neuen Ländern umschreiben.

Die weitere Angleichung der ostdeutschen tariflichen Arbeits- und Einkommensbedingungen an das West-Niveau und ihre praktische Umsetzung setzen nach Auffassung des WSI zwingend eine Revitalisierung des Tarifvertrages und des gesamten Tarifsystems voraus. „Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro pro Stunde und die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen durch das neue Tarifautonomiestärkungsgesetz sind dabei eine wichtige Hilfe“, sagt WSI-Tarifexperte Bispinck.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der Hans-Böckler-Stiftung.

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung, Pressemitteilung vom 01.10.2014

Kommission weitet eingehende Prüfung des Körperschaftsteuersystems in Gibraltar auf Steuervorentscheidungspraxis aus

Die Europäische Kommission hat ein laufendes eingehendes Prüfverfahren ausgeweitet, das im Oktober 2013 eingeleitet wurde, um zu untersuchen, ob das neue Körperschaftsteuersystem in Gibraltar bestimmte Kategorien von Unternehmen begünstigt und damit gegen die EU-Beihilfevorschriften verstößt (siehe IP/13/955). Die Kommission wird nun auch die Steuervorentscheidungspraxis in Gibraltar prüfen. Mit der Ausweitung eines eingehenden Prüfverfahrens wird Beteiligten die Möglichkeit gegeben, zu den fraglichen Maßnahmen Stellung zu nehmen. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Mit dem neuen Einkommensteuergesetz Gibraltars (Income Tax Act – ITA 2010) wurde neben anderen Änderungen auch eine Steuervorentscheidungspraxis eingeführt, nach der Unternehmen vorab eine Bestätigung darüber beantragen können, ob bestimmte Einkünfte von Unternehmen, die in Gibraltar ihren Sitz haben oder mit einer Tätigkeit Einkommen erzielen, in Gibraltar besteuert werden.

Die Kommission hat 165 Steuervorentscheidungen geprüft, die die Steuerbehörden Gibraltars 2011, 2012 und bis August 2013 für verschiedene Unternehmen erlassen hatten.

Aus den von den britischen Behörden übermittelten Informationen geht hervor, dass die Steuerbehörden Gibraltars förmliche Steuervorentscheidungen erlassen, ohne angemessen zu prüfen, ob das Einkommen der Unternehmen in Gibraltar angefallen ist oder von außerhalb Gibraltars stammt und daher in Gibraltar von der Steuer befreit ist. Auch wenn den Steuerbehörden Gibraltars mit dem ITA 2010 ein beträchtlicher Handlungsspielraum eingeräumt wurde, kann beim derzeitigen Stand des Verfahrens eine fehlerhafte Anwendung der Vorschriften nicht ausgeschlossen werden.

Die Kommission hat Bedenken, dass potenziell alle geprüften Steuervorentscheidungen staatliche Beihilfen beinhalten könnten, da keine von ihnen auf ausreichenden Informationen beruht, die gewährleisten würden, dass die auf die betreffenden Tätigkeiten erhobenen Steuern mit den Steuern im Einklang stehen, die von anderen Unternehmen gezahlt werden, deren Einkommen als in Gibraltar angefallen oder von dort stammend gilt.

Die Kommission bezweifelt, dass die Art und Weise, in der die Steuerbehörden Gibraltars das ITA 2010 im Wege von Steuervorentscheidungen angewandt haben, mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. Die Kommission hat daher das laufende eingehende Prüfverfahren zum ITA 2010, das im Oktober 2013 eingeleitet wurde (siehe IP/13/955), auf die Steuervorentscheidungspraxis ausgeweitet. Die Kommission wird die Prüfung nun fortsetzen, um festzustellen, ob sich ihre Bedenken bestätigen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 01.10.2014

Zahl der gewerblichen Existenzgründungen sinkt weiter

Volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen wirkt sich auf das Gründungsgeschehen aus

Die Zahl der gewerblichen Existenzgründungen in Deutschland ist nach Angaben des IfM Bonn im 1. Halbjahr 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,7 % weiter gesunken: Sie lag bei rund 164.100 – im 1. Halbjahr 2013 waren noch rund 174.000 gewerbliche Existenzgründungen angemeldet worden. Zugleich sank der Anteil der Unternehmensaufgaben (rund 179.300) um 0,5 %. Insgesamt betrachtet bleibt der sog. „Gründungssaldo“, die Differenz aus Gründungen und Schließungen, negativ. Das IfM Bonn schätzt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird: So erwarten die Wissenschaftler für das gesamte Jahr 2014 einen Rückgang der Existenzgründungen auf rund 328.000 und der Liquidationen auf rund 352.000. Dies hätte wiederum einen negativen Gründungssaldo zur Folge.

„Ursächlich für den Rückgang ist zum einen die weiterhin positive Situation für Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt. Zum anderen hat sich offenkundig die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgewirkt, die die Bürger der beiden osteuropäischen Beitrittsländer von 2007 – Rumänien und Bulgarien – seit 1. Januar 2014 besitzen: Die Anzahl ihrer Existenzgründungen ging im Vergleichszeitraum 1. Halbjahr 2014 gegenüber 1. Halbjahr 2013 um 32,3 % zurück. Die Zahl ihrer Unternehmensaufgaben nahm zugleich um 45,5 % zu“, erläuterte IfM-Präsidentin Prof. Dr. Friederike Welter, die zugleich den Lehrstuhl für BWL, insbesondere Management von kleinen und mittleren Unternehmen und Entrepreneurship, an der Universität Siegen innehat. Insgesamt sank erstmals seit Beginn der Erfassung im Jahr 2003 der Ausländeranteil bei den Existenzgründungen von Einzelunternehmen: Im 1. Halbjahr 2013 lag er noch bei 45,3 % – im 1. Halbjahr 2014 bei 44,2 %.

Allein die Zahl der Nebenerwerbsgründungen (1. Halbjahr 2014: rund 130.200) ist im Vergleichszeitraum um rund 1,4 % gestiegen. Auch die Zahl der Nebenerwerbsaufgaben (1. Halbjahr 2014: rund 83.400) erhöhte sich um 2,1 %. Insgesamt war dieser Saldo – die Differenz aus Nebenerwerbsgründungen und Nebenerwerbsaufgaben – im 1. Halbjahr 2014 positiv. Das IfM Bonn schätzt, dass sich dieser Trend im 2. Halbjahr fortsetzen wird.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des IfM Bonn.

Quelle: IfM Bonn, Pressemitteilung vom 01.10.2014

Steuerabkommen mit Costa Rica (hib)

Deutschland und Costa Rica wollen ihre Wirtschaftsbeziehungen fördern und vertiefen und steuerliche Hemmnisse abbauen.

Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Februar 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Costa Rica zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BT-Drucks 18/2659) eingebracht.

Steuerliche Rahmenbedingungen würden bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten regelmäßig eine wichtige Grundlage für gegenwärtige und zukünftige Investitionen bilden, schreibt die Bundesregierung.

Quelle: hib – heute im bundestag Nr. 485

Verzinsung von Steueransprüchen (hib)

Im Rahmen einer kleinen Anfrage möchte die Fraktion Die Linke wissen, ob die Bundesregierung den bisher festen Satz für die Verzinsung von Steueransprüchen in Höhe von sechs Prozent angesichts der niedrigen Kapitalmarktzinsen senken will (BT-Drucks. 18/2595).

Die Bundesregierung soll auch angeben, aus welchen Erwägungen der Zinssatz auf sechs Prozent festgelegt wurde und ob dieser Satz „für die Verzinsung von Steueransprüchen verfassungsrechtlich eine unverhältnismäßige Typisierung darstellt“. Außerdem wird nach den Vor- und Nachteilen einer kapitalmarktorientierten variablen Ausgestaltung der Verzinsung von Steueransprüchen gefragt.

Quelle: hib – heute im bundestag Nr. 483

Steuerrechtliche Aspekte von Uber (hib)

Um die steuerrechtlichen Aspekte der Technologieplattform Uber geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (BT-Drucks. 18/2584).

Die Abgeordneten wollen unter anderem erfahren, wie die über die Plattform „UberBlack“ sowie über „uberPOP“ vermittelten Beförderungsdienstleistungen umsatzsteuerlich behandelt werden.

Die Regierung soll außerdem mitteilen, wie die Erfassung der umsatzsteuerpflichtigen Beförderungsleistungen ermittelt werden kann und wie die Einnahmen einkommensteuerlich behandelt werden. Weitere Fragen betreffen dieKörperschaft- und Gewerbesteuer.

Quelle: hib – heute im bundestag Nr. 485

Berücksichtigung eines sog. biometrischen Faktors bei der Anpassung der Betriebsrenten

Nach § 9 Abs. 2 der Leistungsordnung „A“ des Essener Verbandes hat der Essener Verband die von seinen Mitgliedsunternehmen gewährten Betriebsrenten regelmäßig zu überprüfen und ggf. den veränderten Verhältnissen anzupassen. Dabei muss seine Entscheidung billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) entsprechen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Essener Verband den von ihm ermittelten Anpassungsbedarf der Betriebsrentner um einen sog. biometrischen Faktor mindert, mit dem die höheren Belastungen der Mitgliedsunternehmen ausgeglichen werden sollen, die dadurch entstehen, dass die Betriebsrentner des Essener Verbandes länger leben als die Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger erhält seit dem 1. Juli 1998 von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ein Ruhegeld nach der Leistungsordnung „A“ des Essener Verbandes. Das Ruhegeld wurde aufgrund von Anpassungsbeschlüssen des Essener Verbandes regelmäßig, zuletzt jeweils zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres angehoben. Zum 1. Januar 2008 erfolge eine Anhebung um 1,4 %, zum 1. Januar 2009 um 2,5 %. Zu beiden Anpassungsstichtagen brachte der Essener Verband einen biometrischen Faktor in Höhe von 0,765 % mindernd in Ansatz. Der Kläger hat mit seiner Klage eine Anhebung seines monatlichen Ruhegeldes zum 1. Januar 2008 und 1. Januar 2009 um jeweils 0,765 % begehrt.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Revision blieb vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos; der Kläger hatte mit seiner Anschlussrevision Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage in vollem Umfang statt. Die zum 1. Januar 2008 und 1. Januar 2009 vom Essener Verband getroffenen Anpassungsbeschlüsse entsprachen wegen der Berücksichtigung des biometrischen Faktors nicht billigem Ermessen. Daher war das monatliche Ruhegeld des Klägers zu beiden Anpassungsstichtagen um jeweils weitere 0,765 % anzuheben.

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 30.09.2014 zum Urteil 3 AZR 402/12 vom 30.09.2014

Anwendung der DBA auf Personengesellschaften

Das BMF-Schreiben vom 26. September 2014 regelt die Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen auf Einkünfte, die von Personengesellschaften erzielt werden.

Im Einzelnen werden dort behandelt:

1 Allgemeine Grundsätze des nationalen Rechts
1.1 Personengesellschaften
1.2 Ausländische Gesellschaften

2 Allgemeine Grundsätze der Doppelbesteuerungsabkommen
2.1 Personengesellschaften und Abkommensberechtigung
2.2 Unternehmensgewinne und Abgrenzungsfragen (Artikel 7 OECD-MA 2010)
2.3 Einkünfte aus Vermögensverwaltung

3 Deutschland als Betriebsstättenstaat
3.1 Betriebsstättengewinn
3.2 Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern
3.3 Gewerbesteuer

4 Deutschland als Ansässigkeitsstaat
4.1 Laufende Gewinne
4.2 Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen der Betriebsstätte
4.3 Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen vermögensverwaltender (einschließlich gewerblich geprägter) Personengesellschaften

5 Sondervergütungen und Sonderbetriebsvermögen
5.1 Behandlung der Sondervergütungen und der durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen gewerblich tätiger Personengesellschaften
5.2 Sonderregelungen einzelner DBA

6 Verfahren
6.1 Gesonderte Gewinnfeststellung
6.2 Melde-, Mitwirkungs- und Nachweispflichten
6.3 Abstimmung mit ausländischen Finanzbehörden

7 Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze
8 Aufhebung von BMF-Schreiben
9 Anlage – Besonderheiten einzelner DBA zur Abkommensberechtigung von Personengesellschaften und Hinweise zu einzelnen Gesellschaftsformen

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 5 – S-1300 / 09 / 10003 vom 26.09.2014

Vergebliche Anschaffungskosten für eine Vermögensanlage sind keine Werbungskosten für Kapitaleinkünfte

Der Kläger beabsichtigte, die Anteile an einer GmbH zu erwerben und ihre Geschäftsführung von ihren aus Altersgründen ausscheidenden Gesellschaftern zu übernehmen. Zur Begrenzung seiner persönlichen Haftung sollten Anteilserwerb und Finanzierung über eine weitere, noch zu gründende GmbH erfolgen, deren Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Kläger werden wollte. Letztlich scheiterten seine Bemühungen.

Nachdem das Finanzamt nur einen Teil seiner Ausgaben – Aufwendungen für Finanzierungsberatung und Steuerberatung sowie Zahlung einer Entschädigung für einen rückabzuwickelnden Finanzierungs- bzw. Bürgschaftsvertrag – als Werbungskosten für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt hatte, zog der Kläger vor Gericht und machte geltend, bei den vergeblich aufgewendeten Gründungskosten handele es sich um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Der 3. Senat wies seine Klage ab. Anschaffungskosten, einschließlich der Anschaffungsnebenkosten einer Vermögensanlage, gehörten nicht zu den abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Auch vergeblich aufgewendete Anschaffungskosten blieben Anschaffungskosten. Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Privatvermögens seien sie grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Da Wirtschaftsgüter des Kapitalvermögens mangels Abnutzbarkeit nicht abschreibungsfähig seien und vergebliche Anschaffungskosten das steuerrechtliche Schicksal erfolgreicher Anschaffungsaufwendungen teilten, seien auch die Anschaffungskosten und Nebenkosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht berücksichtigungsfähig. Welche Kosten dem Anschaffungsvorgang im Einzelfall zuzuordnen seien, bestimme sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Dabei sei ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend; vielmehr komme es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an.

Aufwendungen, die für den Erwerb einer Kapitalanlage gemacht werden, rechneten, anders als Aufwendungen bei einer bestehenden Kapitalanlage, nicht zu den Werbungskosten, sondern zu den Anschaffungskosten. Denn zu diesen gehöre nicht nur der Kaufpreis in engerem Sinn, sondern alles, was der Erwerber aufwenden müsse, um das Wirtschaftsgut zu erlangen.

Beratungskosten, die im Zusammenhang mit einem Erwerb anfielen, seien dann Anschaffungskosten, wenn die Kaufentscheidung bereits grundsätzlich getroffen worden sei. Vergeblich aufgewandte Beratungskosten anlässlich der fehlgeschlagenen Gründung einer Kapitalgesellschaft gehörten zu den Anschaffungsnebenkosten einer – erstrebten – Beteiligung und nicht zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Quelle: FG Hamburg, Mitteilung vom 30.09.2014 zum Urteil 6 K 248/13 vom 23.04.2014 (rkr)

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin