Anfertigung von Buch-Kopien auf elektronischen Bibliotheks-Leseplätzen unter bestimmten Voraussetzungen

Ein Mitgliedstaat darf Bibliotheken gestatten, bestimmte Bücher aus ihrem Bestand ohne Zustimmung der Rechtsinhaber zu digitalisieren, um sie an elektronischen Leseplätzen bereitzustellen

Die Mitgliedstaaten dürfen innerhalb bestimmter Grenzen und unter bestimmten Voraussetzungen, darunter die Zahlung eines gerechten Ausgleichs an die Rechtsinhaber, den Nutzern gestatten, von der Bibliothek digitalisierte Bücher auf Papier auszudrucken oder auf einem USB-Stick zu speichern.

Nach der Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10)) haben die Urheber das ausschließliche Recht, die Vervielfältigung und die Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Die Mitgliedstaaten können jedoch bestimmte Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf dieses Recht vorsehen. Eine solche Befugnis besteht insbesondere im Hinblick auf öffentlich zugängliche Bibliotheken, die Werke aus ihrem Bestand den Nutzern zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich machen. In der vorliegenden Rechtssache ersucht der deutsche Bundesgerichtshof den Gerichtshof um Klärung der Tragweite dieser Befugnis, von der Deutschland Gebrauch gemacht hat.

Der Bundesgerichtshof hat über einen Rechtsstreit zwischen der Technischen Universität Darmstadt und der Eugen Ulmer KG, einem deutschen Verlagshaus, zu entscheiden. Die Bibliothek der Universität hatte ein von Eugen Ulmer herausgegebenes Buch („Einführung in die neuere Geschichte“ von Winfried Schulze) digitalisiert, um es an ihren elektronischen Leseplätzen bereitzustellen. Auf das Angebot des Verlagshauses, die von ihm herausgegebenen Lehrbücher (darunter das in Rede stehende Buch) als elektronische Bücher („E-Books“) zu erwerben und zu nutzen, ist die Universität nicht eingegangen. Die Eugen Ulmer KG wendet sich vor Gericht dagegen, dass die Universität das in Rede stehenden Buch digitalisiert hat und dass Nutzer der Bibliothek von elektronischen Leseplätzen aus das Buch ausdrucken oder auf einem USB-Stick speichern und/oder solche Vervielfältigungen aus der Bibliothek mitnehmen können.

In seinem Urteil vom 11.09.2014 stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass sich eine Bibliothek auch dann, wenn der Rechtsinhaber ihr den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung zu angemessenen Bedingungen anbietet, auf die für eigens eingerichtete Terminals vorgesehene Ausnahme berufen kann, weil sie sonst nicht die Möglichkeit hätte, ihrer grundlegenden Zweckbestimmung zu entsprechen und die Forschung und private Studien zu fördern.

Sodann befindet der Gerichtshof, dass die Richtlinie es den Mitgliedstaaten nicht verwehrt, Bibliotheken das Recht einzuräumen, Werke aus ihren Beständen zu digitalisieren, wenn es zu Zwecken der Forschung und privater Studien erforderlich ist, diese Werke Mitgliedern der Öffentlichkeit auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich zu machen. Das Recht der Bibliotheken, die in ihren Sammlungen befindlichen Werke auf eigens eingerichteten Terminals zugänglich zu machen, drohte nämlich einen großen Teil seines sachlichen Gehalts und sogar seiner praktischen Wirksamkeit zu verlieren, wenn sie kein akzessorisches Recht zur Digitalisierung der betroffenen Werke besäßen.

Dieses Recht zur Wiedergabe, das öffentlich zugänglichen Bibliotheken eingeräumt werden kann, kann jedoch nicht einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit gestatten, Werke von eigens hierfür eingerichteten Terminals aus auf Papier auszudrucken oder auf einem USB-Stick zu speichern. Das Ausdrucken eines Werks auf Papier oder sein Speichern auf einem USB-Stick sind nämlich Vervielfältigungshandlungen, da damit eine neue Kopie der einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemachten digitalen Kopie des Werks erstellt werden soll. Solche Vervielfältigungshandlungen sind nicht erforderlich, um das Werk für die Nutzer auf eigens hierfür eingerichteten Terminals wiederzugeben, und sind daher nicht durch das Recht zur Wiedergabe auf eigens hierfür eingerichteten Terminals gedeckt, zumal sie von den einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit und nicht von der Bibliothek selbst vorgenommen werden.

Die Mitgliedstaaten können allerdings innerhalb der Grenzen und unter den Voraussetzungen, die in der Richtlinie festgelegt sind, eine Ausnahme oder eine Beschränkung vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht der Rechtsinhaber vorsehen und auf diese Weise den Nutzern einer Bibliothek gestatten, Werke von eigens hierfür eingerichteten Terminals aus auf Papier auszudrucken oder auf einem USB-Stick zu speichern. Hierfür muss an die Rechtsinhaber ein angemessener Ausgleich gezahlt werden.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 11.09.2014 zum Urteil C-117/13 vom 11.09.2014

Die Mitgliedstaaten dürfen Stromversorgern Anreize zur Förderung der Erzeugung von Ökostrom durch nationale Erzeuger anbieten

Die flämische Regelung für grüne Zertifikate ist mit dem Unionsrecht vereinbar

Die Richtlinie 2001/77/EG vom 27.09.2001 zur Förderung von Ökostrom (ABl. L 283, S. 33) sieht vor, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen, um in ihrem Hoheitsgebiet die Steigerung des Verbrauchs von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu fördern. Außerdem sorgen sie für die Einführung eines Systems der Herkunftsnachweise, um den Erzeugern von Ökostrom den Nachweis zu ermöglichen, dass der von ihnen verkaufte Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Soweit die Herkunftsnachweise die ökologische Herkunft des Stroms beweisen, müssen sie von den Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden.

In der Flämischen Region in Belgien wurde ein System grüner Zertifikate eingeführt. Zum einen können die Erzeuger, die in dieser Region Ökostrom erzeugen, bei den flämischen Behörden die Ausstellung grüner Zertifikate beantragen. Zum anderen sind die Stromversorger unter Androhung einer Geldbuße verpflichtet, diesen Behörden jedes Jahr eine bestimmte Zahl von Zertifikaten vorzulegen.

Essent, ein belgisches Stromversorgungsunternehmen, legte den flämischen Behörden, um ihrer Verpflichtung auf dem Gebiet grüner Zertifikate nachzukommen, Herkunftsnachweise vor, die die Erzeugung von Ökostrom in Dänemark (und/oder Schweden), den Niederlanden und Norwegen belegten. Sie wurden von den Behörden jedoch nicht als grüne Zertifikate akzeptiert, weil diese nur für Strom ausgestellt werden könnten, der in Flandern erzeugt worden sei. Zudem wurden gegen Essent mehrfach Geldbußen in einer Gesamthöhe von etwa 1,5 Mio. Euro verhängt.

Da Essent der Auffassung war, dass die Entscheidungen der flämischen Behörden gegen die Richtlinie und gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs verstießen, erhob sie mehrere Klagen vor den belgischen Gerichten. Die Rechtbank van eerste aanleg te Brussel (Gericht Erster Instanz Brüssel) möchte vom Gerichtshof wissen, ob die flämische Regelung für grüne Zertifikate mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Der Gerichtshof stellt in seinem heutigen Urteil erstens fest, dass in der Richtlinie die Herkunftsnachweise und die nationalen Förderregelungen unterschiedlichen Vorschriften unterliegen und dass kein Zusammenhang zwischen den beiden Systemen besteht. Die Richtlinie sieht nämlich ausdrücklich vor, dass das System der Herkunftsnachweise als solches kein Recht auf Inanspruchnahme der nationalen Fördermechanismen impliziert. Der Unionsgesetzgeber hatte also nicht die Absicht, die Mitgliedstaaten zur Ausdehnung ihrer auf den grünen Zertifikaten beruhenden Förderregelungen auf den in einem anderen Mitgliedstaat erzeugten Ökostrom zu verpflichten. Der Gerichtshof weist ferner darauf hin, dass die nationalen Fördermechanismen zur Erfüllung der von den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Erhöhung des Ökostromverbrauchs in ihrer Wirtschaft eingegangenen Verpflichtungen beitragen und grundsätzlich zu einer Steigerung des im Inland erzeugten Ökostroms führen sollen. Folglich steht die Richtlinie der flämischen Regelung für grüne Zertifikate nicht entgegen.

Zweitens führt der Gerichtshof aus, dass die flämische Regelung für grüne Zertifikate die Einfuhren von Strom, insbesondere von Ökostrom, aus anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann. Zum einen müssen Stromversorger wie Essent im Allgemeinen für den von ihnen eingeführten Strom Zertifikate kaufen, da sie sonst eine Geldbuße zahlen müssten. Zum anderen kann durch die Möglichkeit der Erzeuger von Ökostrom aus Flandern, die Zertifikate zusammen mit dem von ihnen erzeugten Strom zu verkaufen, die Aufnahme von Verhandlungen und die Eingehung vertraglicher Beziehungen über die Lieferung von in Flandern erzeugtem Strom an die Versorger gefördert werden. Daraus folgt, dass diese Regelung eine Beschränkung des freien Warenverkehrs darstellt.

Der Gerichtshof hält diese Beschränkung jedoch für gerechtfertigt durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, das in der Förderung der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen besteht, um die Umwelt zu schützen und den Klimawandel zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass es zur Erreichung des verfolgten Ziels gerechtfertigt ist, mit den Maßnahmen zur Förderung der Umstellung auf Ökostrom eher auf die Stufe der Erzeugung denn auf die des Verbrauchs abzuzielen. Die Flämische Region durfte aus denselben Gründen auch davon ausgehen, dass die Vorteile der auf den grünen Zertifikaten beruhenden Förderreglung allein auf die regionale Ökostromerzeugung beschränkt werden sollten.

Der Gerichtshof hebt aber hervor, dass die aus der Förderregelung resultierende Beschränkung nur gerechtfertigt sein kann, wenn es den Stromimporteuren tatsächlich möglich ist, sich unter fairen Bedingungen grüne Zertifikate auf einem entsprechenden Markt zu beschaffen. Außerdem dürfen die Versorger, die ihrer Verpflichtung in Bezug auf grüne Zertifikate nicht nachgekommen sind, durch die gegen sie verhängte Geldbuße nicht übermäßig bestraft werden.

Unter diesen Umständen entscheidet der Gerichtshof, dass die flämische Regelung für grüne Zertifikate im Prinzip mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs vereinbar ist.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 11.09.2014 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-204/12 bis C-208/12 vom 11.09.2014

Bedeutung des Wirtschaftsprüferberufs und der Kammern der Freien Berufe

„Selbstverwaltung der Kammern leistet einen maßgeblichen Beitrag zur Ordnung des Wirtschaftslebens und ist volkswirtschaftlich von großer Bedeutung“, betonte die Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, auf dem Jahresempfang der Wirtschaftsprüferkammer am 8. September 2014 in Mainz. Die Kammern würden den Staat in vielen Aufgabenbereichen wirksam entlasten. Aufgrund der bei ihnen verfügbaren Spezialkenntnisse seien sie unverzichtbare Ansprechpartner für die Politik und die Verwaltung.

Julia Klöckner, Ehrengast des Jahrestreffens, betonte des Weiteren, dass der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer einheitlich erhalten bleiben müsse. Die Zugehörigkeit zu den Freien Berufen diene nicht dazu, Partikularinteressen zu sichern, sondern die Qualität der Abschlussprüfung aufrechtzuerhalten. Sachkundiges und gründliches Prüfen könne helfen, Krisen in Unternehmen vermeiden. Eine Absenkung des Qualitätsniveaus hätte nachteilige Folgen für die gesamte Volkswirtschaft.

Zur Sicherung der Qualität sei auch eine angemessene Vergütung notwendig. Dumpingpreise für Abschlussprüfungen, mit denen Wettbewerber aus dem Markt gedrängt werden sollen, könnten die Qualität der Abschlussprüfung beeinträchtigen – mit fatalen Folgen für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Wirtschaftsprüfer müssten objektiv und unabhängig bleiben. Sie nähmen eine „amtsähnliche Funktion“ wahr. Angemessene Gebühren trügen zur Stärkung der Unabhängigkeit bei. Schließlich mahnte Klöckner, ein besonderes Augenmerk auf die Gewinnung qualifizierten Nachwuchses zu legen. Dem Nachwuchs müsse eine interessante Zukunftsperspektive geboten werden. Auch hier komme der Grundsatz „Qualität hat ihren Preis“ zum Tragen.

Professor Dr. Marcus Scholz, Landespräsident der Wirtschaftsprüferkammer in Rheinland-Pfalz, dankte Frau Klöckner für ihre Ausführungen, mit denen sie die wichtigsten aktuellen Probleme des Berufsstandes sachkundig angesprochen hätte. Er führte aus, dass für den Berufstand ein gewisses Maß an Regulierung notwendig sei, warnte aber angesichts des Beispiels des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor Überregulierungen.

In der Diskussion waren sich die Gäste der Ministerialverwaltung, Justiz und Wirtschaft sowie der Kammern einig, dass die von den Kammern getragene Selbstverwaltung insbesondere in den Bereichen Berufsaufsicht und Qualitätssicherung ein wichtiges Element der deutschen Wirtschaftsverfassung bilde, das vor den anhaltenden Versuchen der EU-Kommission, die Selbstverwaltung einzuschränken, energisch verteidigt werden müsse.

Quelle: WPK, Mitteilung vom 10.09.2014

Grunderwerbsteuer – Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes

Der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 9. Juli 2014 II R 49/12 die Anforderungen präzisiert, unter denen eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft vorliegt und damit Grunderwerbsteuer auslösen kann.

Bei einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft unterliegt die Änderung ihres Gesellschafterbestandes der Grunderwerbsteuer, wenn 95 % der Anteile am Vermögen der Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes).

Im Streitfall erlangte der Erwerber eines Anteils an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft eine vermögensmäßige Beteiligung von 94,4 %. Gleichzeitig wurde ihm hinsichtlich des Restanteils von 5,6 %, der zivilrechtlich beim Veräußerer verbleiben sollte, eine Kaufoption mit fest vereinbartem Kaufpreis eingeräumt und die auf diesen Anteil entfallenden zukünftigen Gewinne abgetreten.

Das Finanzamt (FA) sah hierin einen teils unmittelbaren (94,4 %), teils mittelbaren (5,6 %), insgesamt demnach vollständigen Gesellschafterwechsel und setzte gegen die Gesellschaft Grunderwerbsteuer fest.

Der BFH hat die Rechtsauffassung des FA nun bestätigt. Hinsichtlich des zivilrechtlich beim Veräußerer verbliebenen (Rest-)Anteils von 5,6 % habe sich der Gesellschafterbestand der Personengesellschaft (mittelbar) geändert, weil dieser Anteil aufgrund der zwischen dem Veräußerer und Erwerber getroffenen Vereinbarungen in Anlehnung an die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung wirtschaftlich dem Erwerber zuzurechnen sei. Dieser sei ungeachtet des zivilrechtlich beim Veräußerer verbliebenen Anteils als wirtschaftlicher Eigentümer desselben anzusehen. Aufgrund des Optionsrechts sei dem Erwerber eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Restanteils gerichtete Rechtsposition verschafft worden. Da der Kaufpreis für die zukünftige Übernahme des Restanteils fest vereinbart worden sei, seien auf den Erwerber alle Risiken und Chancen zukünftiger Wertveränderung und mit der Abtretung aller zukünftigen Gewinne auch alle mit dem Restanteil verbundenen wesentlichen Rechte als Gesellschafter übergegangen. Unter diesen Voraussetzungen kam dem beim Veräußerer verbliebenen Stimmrecht wirtschaftlich keine Bedeutung mehr zu.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 63/14 vom 10.09.2014 zum Urteil II R 49/12 vom 09.07.2014

Hebesätze der Realsteuern der Kommunen 2014 auf Höchststand

Die Realsteuerhebesätze erreichen im laufenden Jahr in Rheinland-Pfalz einen neuen Höchststand. Nach vorläufigen Auswertungen des Statistischen Landesamtes in Bad Ems wurden die Gewerbesteuerhebesätze gegenüber 2013 um durchschnittlich vier Prozentpunkte auf 380 Prozent angehoben. Der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer A stieg auf 313 Prozent (plus 8 Prozentpunkte), der für die der Grundsteuer B erhöhte sich auf 383 Prozent (plus 10 Prozentpunkte). Die Grundsteuer A fällt für land- und forstwirtschaftliche Flächen an, die Grundsteuer B für bebaute bzw. bebaubare Grundstücke.

Die Veränderungen der Hebesätze war in den 2.306 Städten und Gemeinden im Jahresvergleich nicht einheitlich. 55 Prozent hoben sie bei der Gewerbesteuer, 49 Prozent bei der Grundsteuer A und 61 Prozent bei der Grundsteuer B an. Hebesatzsenkungen waren hingegen extrem selten. Nur rund 0,5 Prozent der Kommunen reduzierten zumindest einen ihrer Hebesätze.

Während in den kreisfreien Städten der durchschnittliche Hebesatz bei allen Realsteuerarten im Vorjahresvergleich praktisch unverändert blieb, wuchs er bei den kreisangehörigen Gemeinden im Durchschnitt je nach Steuerart zwischen sechs und 14 Prozentpunkten. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Hebesätze in den kreisfreien Städten bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer bereits viel höher sind als in den kreisangehörigen Gemeinden.

Die aktuellen Anpassungen müssen auch vor dem Hintergrund des zum Jahr 2014 neu gefassten kommunalen Finanzausgleichs gesehen werden. Dadurch erhalten Kommunen nach einer komplexen Systematik Gelder vom Land und indirekt auch von anderen Kommunen. Die Höhe richtet sich u. a. nach sogenannten Nivellierungssätzen je Steuerart. Kommunen, die Hebesätze unterhalb dieses Nivellierungssatzes verwenden, müssen Nachteile hinnehmen. Rund 55 Prozent der Ortsgemeinden erhöhten 2014 mindestens einen ihrer Hebesätze exakt auf den jeweiligen aktuellen Nivellierungssatz. Lediglich zehn Prozent der Kommunen beließen alle Hebesätze unterhalb des jeweiligen Nivellierungssatzes.

Die durchschnittlichen Hebesätze der rheinland-pfälzischen Kommunen waren auch im Jahr 2013 niedriger als im Bundesdurchschnitt. Insbesondere bei der Grundsteuer B lag der durchschnittliche Hebesatz in Rheinland-Pfalz deutlich unter dem Durchschnittsniveau aller Länder (63 Prozentpunkte) bzw. aller Flächenländer (44 Prozentpunkte). Im Länderranking belegt Rheinland-Pfalz hier den drittletzten Platz. Die Bundeswerte für 2014 liegen noch nicht vor.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz.

Realsteuerhebesätze 2014

Merkmal

Insgesamt

Kreisfreie Städte

Kreisangehörige
Gemeinden

Anzahl

Anteil in %

Anzahl

Anteil in %

Anzahl

Anteil in %

Gewerbesteuer

Insgesamt

2.306

12

2.294

angehoben

1.262

54,7

0

0,0

1.262

55,0

unverändert

1.042

45,2

12

100,0

1.030

44,9

gesenkt

2

0,1

0

0,0

2

0,1

Durschnittlicher Hebesatz 2014 (%)

380

408

364

Durchschnittliche Anpassung (Prozentpunkte)

4

0

6

Grundsteuer A

Insgesamt

2.306

12

2.294

angehoben

1.119

48,5

0

0,0

1.119

48,8

unverändert

1.177

51,0

12

100,0

1.165

50,8

gesenkt

10

0,4

0

0,0

10

0,4

Durschnittlicher Hebesatz 2014 (%)

313

308

313

Durchschnittliche Anpassung (Prozentpunkte)

8

0

8

Grundsteuer B

Insgesamt

2.306

12

2.294

angehoben

1.409

61,1

0

0,0

1.409

61,4

unverändert

891

38,6

12

100,0

879

38,3

gesenkt

6

0,3

0

0,0

6

0,3

Durschnittlicher Hebesatz 2014 (%)

383

418

367

Durchschnittliche Anpassung (Prozentpunkte)

10

0

14

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 09.09.2014

Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2013 um 1,8 % gestiegen

Die Kommunen in Deutschland haben im Jahr 2013 rund 43,0 Milliarden Euro Gewerbesteuer eingenommen. Das ist gegenüber 2012 eine Steigerung um 0,7 Milliarden Euro beziehungsweise 1,8 %. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, wurde damit aus dieser bedeutendsten kommunalen Steuer die bisher höchste Einnahme seit 1991 erzielt.

In den Ländern Niedersachsen (-5,4 %), Baden-Württemberg (-3,6 %), Hessen (-1,2 %), Sachsen-Anhalt (-0,8 %) und Rheinland-Pfalz (-0,7 %) lag das Gewerbesteueraufkommen im Jahr 2013 unter dem Vorjahresniveau. Alle übrigen Bundesländer erzielten prozentuale Zuwächse, teils im zweistelligen Bereich. Den höchsten Anstieg hatte Hamburg mit +15,1 %.

Das Aufkommen der Grundsteuer A, die bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft erhoben wird, betrug 2013 insgesamt 0,4 Milliarden Euro. Dies war ein leichter Anstieg um 1,1 % gegenüber dem Vorjahreswert. Über die Grundsteuer B (für Grundstücke) nahmen die Gemeinden im Jahr 2013 insgesamt 12,0 Milliarden Euro ein und damit 3,3 % mehr als 2012.

Die durch die Gemeinden festgesetzten Hebesätze zur Gewerbesteuer sowie zur Grundsteuer A und B entscheiden maßgeblich über die Höhe der Realsteuereinnahmen in den Gemeinden. Im Jahr 2013 lag der durchschnittliche Hebesatz aller Gemeinden in Deutschland für die Gewerbesteuer bei 395 % und damit um 2 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Bei der Grundsteuer A stieg der Hebesatz im Jahr 2013 gegenüber 2012 um 5 Prozentpunkte auf durchschnittlich 316 %. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B nahm gegenüber 2012 bundesweit um 11 Prozentpunkte zu und lag im Jahr 2013 bei 436 %.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 09.09.2014

Soli-Debatte: BdSt warnt vor Steuererhöhung

Mehrbelastung kleiner Einkommen befürchtet

Der Bund der Steuerzahler warnt vor einer Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer. „Der Soli muss weg, aber nicht zu diesem Preis“, sagt der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel. „Es wäre eine Mogelpackung, die Bürger beim Soli zu entlasten und dann über die Einkommen- und Körperschaftsteuer wieder zuzuschlagen.“ Damit würde die Ergänzungsabgabe dauerhafter Bestandteil des Steuertarifs. Ausgerechnet Bürgern mit kleineren Einkommen drohen höhere Belastungen.

Denn bisher muss ein Single mit einem monatlichen Bruttolohn von weniger als 1.445 Euro keinen Solidaritätszuschlag zahlen. Möglicherweise wird er aber mehr belastet, wenn der Soli in den Einkommensteuertarif eingebaut wird. Zumindest für diese Legislaturperiode hatte die große Koalition Steuererhöhungen ausgeschlossen. An diesem Versprechen muss sich die Bundesregierung messen lassen.

Die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag übersteigen schon seit langem die Mittel, die den neuen Bundesländern über den Solidarpakt zur Verfügung gestellt werden. „Mit den Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag macht der Bund ordentlich Kasse“, sagt Holznagel mit Blick auf die Rekordsteuereinnahmen. In den Jahren 2005 bis 2019 hat der Bund wahrscheinlich 211 Milliarden Euro aus dem Soli eingenommen und nur 156 Milliarden Euro für den Solidarpakt II ausgegeben – ein Plus von mehr als 55 Milliarden Euro.

Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer. Das Aufkommen steht allein dem Bund zu. Der Solidaritätszuschlag wird mit einer Unterbrechung seit dem Jahr 1991 erhoben. Er beträgt gegenwärtig 5,5 Prozent der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer. Er wird von westdeutschen und ostdeutschen Steuerzahlern gezahlt. Gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags läuft gegenwärtig ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht. Die Entscheidung des Gerichts sollte bei den Reformdiskussionen berücksichtigt werden.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BdSt.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 09.09.2014

Deutsche Erbschaft-/Schenkungsteuerregeln verstoßen gegen EU-Recht

Die EU-Kommission hatte Deutschland in 2012 vor dem EuGH verklagt, da sie der Auffassung war, dass der EU-Mitgliedstaat gegen EU-Recht (Art. 63 AEUV – freier Kapitalverkehr) verstoßen hat. Sie kritisierte die deutschen Regelungen des § 16 Abs. 2 ErbStG (Fassung vor 2011), wonach beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige einen unterschiedlich hohen Freibetrag bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer gewährt bekommen. So sahen die Bestimmungen für im EU-Ausland ansässige Erblasser und Erben einen Freibetrag von 2.000 Euro vor, wohingegen der Freibetrag zwischen 20.000 bis 500.000 Euro lag, wenn einer von beiden in Deutschland ansässig war. Darin sah die EU-Kommission eine Diskriminierung und Wertminderung der Erbschaft/Schenkung von im EU-Ausland Ansässigen. Deutschland hatte in 2011 seine Erbschaftsteuerregelungen nach dem Urteil Mattner (C-510/08) angepasst, jedoch stellten sie die EU-Kommission nicht zufrieden, sodass die EU-Kommission an ihrer Klage festhielt.

Der EuGH entschied am 04.09.2014, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 63 AEUV verstoßen hat, dass sie Rechtsvorschriften erlassen und beibehalten hat, nach denen bei Anwendung der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Bezug auf eine in Deutschland belegene Immobilie nur ein geringer Freibetrag gewährt wird, wenn der Erblasser zurzeit seines Todes oder der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung und der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer in einem anderen Mitgliedstaat ansässig waren, während ein wesentlich höherer Freibetrag gewährt wird, wenn wenigstens einer der beiden Beteiligten zur betreffenden Zeit in Deutschland ansässig war.

EuGH, Urteil C-211/13 vom 04.09.2014

Das Urteil kann im Volltext hier abgerufen werden.

Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel

Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer – Beginn des Regelabfragezeitraumes

Kirchensteuerabzugsverpflichtete müssen einmal jährlich im Zeitraum vom 1. September bis 31. Oktober beim Bundeszentralamt für Steuern in Bonn anfragen, ob ihr Kunde oder Anteilseigner kirchensteuerpflichtig ist. Die Informationen zur Religionszugehörigkeit sind automatisiert abzufragen. Erst damit wird der für jeden Kunden bzw. Anteilseigner zutreffende Einbehalt von Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer ab Beginn des Jahres 2015 ermöglicht.

Zu den Kirchensteuerabzugsverpflichteten gehören u. a. Kreditinstitute, Versicherungen, Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Kapitalgesellschaften.

Die Teilnahme an dem automatisierten Verfahren setzt zweierlei voraus: erstens die Registrierung und zweitens die Zulassung zum Verfahren.

Seit Anfang Januar 2014 kann die Registrierung und Zulassung zum Verfahren über das BZSt Online-Portal (BOP) beantragt werden. Von dieser Möglichkeit haben bereits zehntausende Kirchensteuerabzugsverpflichtete Gebrauch gemacht. Für die Sicherheit des Verfahrens ist eine eindeutige Authentifizierung unerlässlich. Dazu haben die zum Abruf der Daten zur Religionszugehörigkeit Berechtigten mehrere Verfahrensschritte mit jeweiligen Postlaufzeiten zu durchlaufen. Die bisherigen Erfahrungen belegen, dass der gesamte Registrierungsprozess mehrere Wochen in Anspruch nehmen kann.

Teilnehmer, die bisher noch keine Registrierung beantragt haben, werden daher gebeten, sich nunmehr zeitnah an das Bundeszentralamt für Steuern zu wenden

Detaillierte Informationen zum Verfahren finden Sie im Internetauftritt des BZSt unter “Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer”.

Speziell für Kapitalgesellschaften sind einige Verfahrenserleichterungen vorgesehen. Die Einzelheiten sind in den Fragen & Antworten dargelegt.

Eine bebilderte “Schritt für Schritt”-Anleitung zur Registrierung und Zulassung können Sie hier abrufen.

Quelle: Bundeszentralamt für Steuern 29.08.2014

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin