Anschaffungsnahe Herstellungskosten (OFD)

Anschaffungsnahe Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG bei erhöhten Absetzungen nach § 7i und § 11b EStG

 Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG werden Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, den Herstellungskosten des Gebäudes zugerechnet, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes überschreiten (sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten).

In die 15 %-Grenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind auch Aufwendungen einzubeziehen, für die eine Bescheinigung der Denkmalbehörde nach § 7i , § 11b  EStG vorliegt. Bei Überschreiten der 15 %-Grenze gehören alle Aufwendungen zu den Herstellungskosten des Gebäudes und sind nach § 7 Abs. 4 EStG bzw. – soweit eine Bescheinigung der Denkmalbehörde vorliegt – nach § 7i Abs. 1 EStG abzuschreiben. Wird die 15 %-Grenze nicht überschritten, kann der Erhaltungsaufwand sofort oder verteilt auf zwei bis fünf Jahre als Werbungskosten abgezogen werden (§ 82b Abs. 1 EStDV bzw. § 11b EStG ).

Der in der Literatur vertretenen Auffassung, die § 7i , § 11b  EStG würden als Spezialnormen § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG verdrängen und Aufwendungen nach § 7i , § 11b  EStG und solche nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG seien nicht zusammenzurechnen (Götz in DStR 2011 S. 1017), kann nicht gefolgt werden.

§ 6 EStG ist eine Bewertungsvorschrift, welche für Erhaltungsaufwendungen in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Umqualifizierung zu Herstellungskosten vornimmt. § 7i EStG befasst sich mit der Frage der erhöhten Abschreibung von Herstellungskosten und wurde als Spezialregelung zur Abschreibung nach § 7 EStG eingeführt. § 11b EStG schafft für Erhaltungsaufwendungen ein Wahlrecht zur Abweichung vom Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG . Demzufolge qualifiziert § 6 EStG die Art der Aufwendungen, während die §§ 7 ff. EStG und §§ 11 ff. EStG die Höhe der Abzugsfähigkeit – je nach Art der Aufwendung – regeln. Die §§ 7 ff. EStG und §§ 11 ff. EStG setzen eine bereits erfolgte Zurechnung der angefallenen Ausgaben zu den Herstellungskosten bzw. Erhaltungsaufwendungen voraus.

Auch in Kommentierungen wird davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG im Bereich der Subventionsvorschriften für Denkmalschutz und Städtebau anzuwenden ist (vgl. z. B. Kulosa in Schmidt, EStG , § 6 EStG Rz. 381), bzw. eine Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei Baudenkmälern genauso wie bei nicht geschützten Gebäuden vorzunehmen ist (vgl. Kleeberg in Kirchhof/Söhn, EStG , § 7i EStG Rz. B 12). Im Übrigen vertritt auch Götz abweichend zu seinem ersten Aufsatz inzwischen diese Auffassung (vgl. DStR 2012 S. 1217).

Werbungskostenabzug für Sprachkurs im Ausland (FG)

Hälftiger Werbungskostenabzug der Reisekosten sowie voller Werbungskostenabzug der Kursgebühren für einen Fortgeschrittenen-Spanischsprachkurs einer Exportsachbearbeiterin im touristisch interessanten Andengebiet in Ecuador

 Leitsatz

1. Auch wenn ein in den Anden in Ecuador durchgeführter Spanischsprachkurs für Fortgeschrittene nur Spanisch-Grundkenntnisse vermittelt, diese aber für die berufliche Tätigkeit der teilnehmenden Exportsachbearbeiterin ausreichen, kann der Kurs beruflich veranlasst sein und können deshalb die Kursgebühr als Werbungskosten abgezogen werden (im Streit: durch Arbeitgeberbescheinigung belegtes Erfordernis u.a. spanischer Sprachkenntnisse).

2. Findet der Sprachunterricht in Quito in den Anden werktags jeweils vier Stunden am Vormittag statt, werden die Teilnehmer jeweils per Bus vom Hotel zum Kursort und wieder zurückgefahren und haben sie täglich Übungen bzw. Hausaufgaben in einem zeitlichen Umfang von mindestens 90 Minuten zu erledigen, so kann die Reise nicht nach einem zeitlichen Maßstab in in einen überwiegend beruflich veranlassten sowie in einen „touristischen”, privat veranlassten Teil aufgeteilt werden. Wird kein anderer Aufteilungsmaßstab substantiiert vorgetragen und nachwiesen, ist es nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils VI R 12/10 vom 24.2.2011 von einer hälftigen Aufteilung bzw. einem hälftigen Werbungskostenabzug sämtlicher mit dem Sprachkurs verbundener Reisekosten ausgeht.

 Gesetze

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 12 Nr. 1
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 Tatbestand

Streitig ist, ob die der Klägerin zur Teilnahme an einen Sprachkurs in Ecuador angefallenen Reisekosten in voller Höhe und nicht nur zur Hälfte als Werbungskosten abziehbar sind.

Die Klägerin war bis zum 31.03.2001 bei der D.GmbH als Exportsachbearbeiterin tätig. Vom 12.03. bis 01.04.2000 nahm sie an einem Spanischsprachkurs für Anfänger in Mexiko teil. Unter dem 27.06.2000 bestätigte der Arbeitgeber, dass für ihre Tätigkeit Fremdsprachen (Englisch/Französisch/Koreanisch/ Spanisch/Italienisch) gefordert werden. Im Streitjahr besuchte die Klägerin vom 05.03. bis zum 21.03. einen eigentlich bis zum 23.03.2001 dauernden Spanischsprachkurs für Fortgeschrittene in Quito, Ecuador. Den Hinflug unternahm sie am 03.03. und den Rückflug am 22.03.2001. Unterricht fand jeweils Werktags von 8 Uhr bis 11.55 Uhr statt. Für Übungen/Hausaufgaben fielen einer Bestätigung des Sprachreisenanbieters zur Folge pro Tag mindestens 1,5 Zeitstunden an. Ob die Fahrtzeit vom Hotel zum Kursort und zurück jeweils nur 5 bis 30 Minuten einfach, wie in Werbeunterlagen des Sprachreisenanbieters angegeben, oder aufgrund der Verkehrsverhältnisse tatsächlich eine Stunde einfach betrug, ist zwischen den Beteiligten streitig. In den Werbeunterlagen des Sprachreisenanbieters wird neben dem Sprachkurs unter der Überschrift „Faszination in den Anden: Ecuador” mit den touristischen Vorzügen des Kursortes geworben. Für den Sprachkurs erhielt die Klägerin vom 05. bis zum 08.03. Bildungsurlaub von ihrem Arbeitgeber. Aufgrund eines Sozialplanes wurde ihr für die Zeit vom 09. bis zum 30.03.2001 vor dem Ende ihres Dienstverhältnisses eine Freistellung bei 80 % des Gehaltes gewährt. Im Freistellungsantrag vom 01.03.2001 hatte die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie während dieser Freistellung für ihre berufliche Zukunft ihre sprachlichen Kenntnisse in Spanisch vervollständigen wolle. Ab dem 05.09.2001 war die Klägerin bei einem anderen Arbeitgeber als Exportsachbearbeiterin beschäftigt.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung vom 06.07.2002 machten die Kläger neben den Kosten für den Sprachkurs Flugkosten in Höhe von 2.243,78 DM und eine Verpflegungspauschale für 21 Tage in Höhe von insgesamt 1.554 DM geltend. Mit Einkommensteuerbescheid vom 16.04.2003 erkannte das damals zuständige Finanzamt Bad Homburg die durch den Sprachkurs in Ecuador entstandenen Kosten insgesamt nicht an. Den dagegen eingelegten Einspruch der Kläger wies das im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung zuständige Finanzamt P. am 17.01.2006 als unbegründet zurück.

Am 14.09.2006 haben die Kläger Klage erhoben.

Mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom 30.03.2012 hat der zu diesem Zeitpunkt zuständige Beklagte die Kosten des Sprachkurses in voller Höhe sowie die Reisekosten (Flugkosten und Verpflegungsmehraufwand) in Höhe der Hälfte als Werbungskosten der Klägerin anerkannt.

Die Kläger sind der Auffassung, die Reisekosten seien in voller Höhe abziehbar. Eine Aufteilung käme nur bei gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen in Betracht. Bei der Sprachreise der Klägerin seien der An- und Abreisetag außer Betracht zu lassen, weil diese auch nicht teilweise für touristische bzw. berufliche Unternehmungen zur Verfügung gestanden hätten. Da es während der Dauer des Sprachkurses keine privaten Anteile an der Reise gegeben habe, stelle sich die Frage, wie die Kosten der privaten Lebensführung und die Werbungskosten aufzuteilen seien, nicht.

Die Kläger beantragen,

den geänderten Bescheid über Einkommensteuer 2001 vom 30.03.2012 dahingehend zu ändern, dass weitere 1.898,87 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit der Klägerin abzusetzen sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolgt. Der zuletzt streitgegenständliche Änderungsbescheid (§ 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –) des Beklagten (zum gesetzlichen Beklagtenwechsel im Falle des Erlasses eines Änderungsbescheides, der nach § 68 Satz 1 FGO zum Klagegegenstand wird, durch ein anderes nunmehr zuständiges Finanzamt vgl. Gräber/von Groll, FGO, 7. Aufl. 2010, § 68 Rz. 80 m.w.N.) ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO).

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG –). Dazu zählen Fort- und Weiterbildungsaufwendungen, sofern sie beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammen hängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden. Auch Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen sind als Werbungskosten abziehbar, wenn sie nach diesen Maßstäben durch den Beruf veranlasst sind.

Bei einem – im Streitfall unstreitig – beruflich veranlassten Fortbildungslehrgang zum Erwerb und zur Vertiefung von Fremdsprachenkenntnissen, der nicht am Wohnort der Klägerin oder in dessen Nähe stattfand (auswärtiger Sprachkurs), ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu bestimmen, ob und ggf. inwieweit neben den reinen Kursgebühren auch die Aufwendung für die mit dem Sprachkurs verbundene Reise beruflich veranlasst und demzufolge als Werbungskosten abziehbar sind. Der vollständige Abzug auch dieser Aufwendungen setzt voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2011 VI R 12/10, BStBl. II 2011, 796). Das ist bei auswärtigen Sprachlehrgängen sowie bei sonstigen Reisen dann der Fall, wenn der Reise offensichtlich ein eng verstandener unmittelbarer beruflicher Anlass (Anordnung durch den Arbeitgeber, Bedingung für eine konkrete Einstellung oder Beförderung, konkretes berufliches Projekt, neuer Aufgabenbereich) zugrunde liegt und die Verfolgung privater Interessen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet (vgl. BFH-Urteil vom 27. August 2002 VI R 22/01, BStBl. II 2003, 369, m.w.N.). Gleiches gilt, wenn die berufliche Veranlassung bei Weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen, wie z. B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 2005 VI R 88/02 m.w.N.).

Anders als bei sonstigen der Fortbildung dienenden Reisen besteht bei Sprachreisen für die Wahl eines auswärtigen Kursortes regelmäßig keine unmittelbare berufliche Veranlassung, wenn der Kursort nicht durch den Arbeitgeber vorgegeben wird. Deshalb wird die Ortswahl in diesen Fällen auch von privaten, in der Regel touristischen Interessen des Steuerpflichtigen bestimmt sein (vgl. BFH in BStBl. II 2011, 796). Das wird im Streitfall durch die von der Klägerin vorgelegte Beschreibung des touristischen Wertes des Kursortes unter der Überschrift „Faszination in den Anden: Ecuador” bestätigt.

Umgekehrt ist im Streitfall aber auch der erwerbsbezogene Veranlassungsbeitrag für die Sprachreise der Klägerin nicht von untergeordneter Bedeutung. Ein konkreter beruflicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht beim Erwerb allgemeiner Sprachkenntnisse dann, wenn diese für den Beruf des Steuerpflichtigen erforderlich und ausreichend sind (vgl. BFH in BStBl. II 2011, 796). Das ergibt sich im Streitfall aus der Arbeitgeberbestätigung vom 27.06.2000, wonach u.a. spanische Sprachkenntnisse gefordert werden, von einer fachsprachlichen Ausbildung aber nicht die Rede ist. Das die mithin objektiv mit dem Beruf der Exportsachbearbeiter zusammenhängenden Aufwendungen für die Sprachreise auch subjektiv zu dessen Förderung getätigt wurden, belegt das im damaligen zeitlichen Kontext verfasste Schreiben der Klägerin vom 01.03.2001 an ihren Arbeitgeber.

Von daher sind die mit dem Sprachkurs verbundenen Reisekosten der Klägerin nach den Grundsätzen, die der große Senat des BFH in seinem Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, aufgestellt hat, aufzuteilen. Dabei kommt ein zeitlicher Maßstab nur in Betracht, wenn die maßstabsbildenden, unterschiedlich eindeutig zuzuordnenden Veranlassungsbeiträge nacheinander verwirklicht werden (vgl. BFH in BStBl. II 2011, 796). So liegt es im Streitfall nicht. Der touristische Aspekt des Kennenlernens von Land und Leuten findet bei einem auswärtigem Sprachkurs auch auf der Hin- und Rückfahrt zum bzw. vom Kursort sowie bei der Unterrichtung durch einheimische bzw. ortskundige Dozenten statt. Umgekehrt ist zu berücksichtigen, dass auch bei Freitzeitaktivitäten am Nachmittag/Abend bzw. an den freien Wochenenden die Möglichkeit besteht, sich mit den Besonderheiten der Fremdsprache, die aus beruflichem Anlass erlernt wird, und deren landesüblicher Aussprache und Betonung vertraut zu machen. Wurden die unterschiedlichen Veranlassungsbeiträge für die Sprachreise der Klägerin teilweise gleichzeitig verwirklicht, ist nach einem anderen als dem zeitlichen Aufteilungsmaßstab aufzuteilen. Da keiner der Beteiligten einen anderen Aufteilungsmaßstab substantiell vorgetragen und nachgewiesen hat, bestehen keine Bedenken, von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit dem Sprachkurs verbundenen Reisekosten auszugehen (vgl. BFH in BStBl. II 2011, 796).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (DStV)

Die „elektronische Lohnsteuerkarte“ naht – Besser als erwartet!

Mit der in Kürze bevorstehenden Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM, sog. „ElsterLohn II“) gehört die alte Lohnsteuerkarte aus Papier nun endgültig der Vergangenheit an. Ab 1.1.2013 sind alle Arbeitgeber dazu verpflichtet, das Verfahren zu nutzen und die ELStAM-Daten zum Datenabgleich abzurufen. Allerdings sieht die Situation inzwischen bedeutend besser aus als noch vor einem Jahr.

Der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) durfte im Rahmen der Sitzung seines Steuerrechtsausschusses am 3.9.2012 Frau Dipl.-Kffr. Christiane Grahn, fachliche Projektleiterin ELStAM aus dem für das Projekt federführend beauftragten Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, zum fachlichen Austausch begrüßen. Sie stellte dem DStV die aktuellen Pläne zur Einführung des Verfahrens, die allgemeinen Abläufe bei der zukünftigen Anwendung der Datenbank sowie die Ergebnisse der Pilotphase vor.

Flexible Regelungen für Arbeitgeber in der einjährigen Einführungsphase!
Zum Abruf der Daten eines Arbeitnehmers benötigt der Arbeitgeber lediglich dessen Identifikationsnummer sowie dessen Geburtsdatum. Der Abruf der ELStAM-Daten durch den Arbeitgeber ist freiwillig ab 1.11.2012 möglich. Ab 1.1.2013 besteht zwar für jeden Arbeitgeber die Pflicht, das Verfahren zu nutzen. Die Finanzverwaltung gewährt jedoch eine Kulanzfrist bis zum 31.12.2013. Unabhängig von speziellen Kriterien, wie beispielsweise der Betriebsgröße, kann jeder Arbeitgeber in diesem Zeitraum selbst entscheiden, wann er mit der Nutzung beginnt. Zudem ist es jedem Arbeitgeber überlassen, ob er das Verfahren zunächst nur für einen Mitarbeiter oder aber gleich für mehrere Angestellte durchlaufen lassen möchte. Allerdings muss mindestens eine Abrechnung pro Arbeitnehmer in 2013 mit ELStAM erfolgen, so dass als spätester Umstiegszeitpunkt die Lohnabrechnung 12/2013 gewählt werden kann. Bis zum erstmaligen Abruf der ELStAM durch den Arbeitgeber bleibt alles wie bisher. So gelten auch die bisher gewährten Freibeträge des Arbeitnehmers weiter. Erst ab dem erstmaligen Abruf verlieren die Lohnsteuerkarte 2010 und die Ersatzbescheinigungen 2011 bzw. 2012 ihre Gültigkeit. Vom Zeitpunkt des Einstiegs an erfolgt keine Rückrechnung auf den 1.1.2013. Um etwaige Abweichungen in angemessener Zeit mit dem Arbeitnehmer klären und Anpassungen vornehmen zu können, soll eine gesetzliche Korrekturfristeingeführt werden. Diese soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, bei Abweichungen seine bisherigen Daten drei Monate ab dem Abruf weiter als Grundlage für die Lohnabrechnung zu verwenden. Innerhalb dieses Zeitraums kann er die Anmeldungen weiterhin in Papierform abgeben.

Erleichterungen für Arbeitnehmer
Ab dem 13.9.2012 sind die ELStAM für den Abruf durch die Arbeitnehmer auf der Internetseite „Elster“ freigeschaltet. Hierfür ist eine Registrierung durch den Arbeitnehmer erforderlich. Im Rahmen des Registrierungsverfahrens erhält er einen persönlichen PIN, der ihm an seinen Hauptwohnsitz geschickt wird und durch den nur er Einsicht in sämtliche gespeicherte Daten erhält. Für Arbeitnehmer gilt, dass Ereignisse, die bei der Meldebehörde registriert wurden, wie beispielsweise die Heirat, automatisch an das Bundeszentralamt für Steuern, welches für die ELStAM-Datenspeicherung sowie Weiterleitung zuständig ist, übermittelt werden. Der Arbeitnehmer muss dem für ihn zuständigen Finanzamt gegenüber nur noch tätig werden, wenn er beispielsweise eine ungünstigere Steuerklasse wählen möchte oder sich die Verhältnisse ändern. Er ist jedoch auch im elektronischen Abrufverfahren weiterhin dazu verpflichtet, jährlich Anträge für Freibeträge neu zu stellen. Für 2013 können diese Anträge ab dem 1.10.2012 auf amtlichen Vordruck eingereicht werden.

Erkenntnisse aus der Pilotierung
In der Pilotphase wurden Daten von ca. 618.000 Arbeitnehmern verglichen. In 85 % der Anmeldungen gab es keine Auffälligkeiten. Innerhalb der Datenabweichungen von 15 % traten die größten Abweichungen bei den Kinderfreibeträgen (34,4 %), bei der Steuerklasse (24,6 %), den Freibeträgen (21,5 %) sowie den Religionszugehörigkeiten des Steuerpflichtigen und dessen Ehegatten (zusammen: 18,6 %) auf. Lediglich bei 0,4 % sind die Anmeldungen gänzlich fehlgeschlagen. Ursächlich für die Abweichungen waren häufig die Daten im Lohnkonto, die nicht aktuell waren. Zu einem geringeren Teil entsprachen auch die Daten in den ELStAM nicht den aktuellen Verhältnissen. Die Hersteller von Lohnbuchhaltungssoftware, die nicht an der Pilotierung teilgenommen haben, werden explizit von der Finanzverwaltung angeschrieben und informiert.

Ausblick
Derzeit werden zwei Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen erarbeitet, eines zur Einführung, welches noch im September 2012 erscheinen soll, sowie ein allgemeines Anwendungsschreiben. Darüber hinaus sollen im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 dierechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

In Kürze wird als erste gezielte Information sowie Hilfe für Arbeitgeber und Arbeitnehmerein Leitfaden für Lohnbüros auf der Internetseite „Elster“ veröffentlicht. Er soll die häufigsten Abweichungen erläutern und erklären, welche Maßnahmen im Falle falscher ELStAM zu treffen sind. Auf Basis dieser Broschüre sollen viele Fragen bereits im Lohnbüro klär bar sein. Weitere gezielte Informationen seitens der Finanzverwaltung sollen folgen.

Der DStV bietet den Leitfaden für Lohnbüros den Mitgliedern der Landesverbände bereits jetzt zum Download in StBdirekt an. Zudem regt der DStV eine frühzeitige Teilnahme an dem Verfahren an, um ausreichend Zeit zur Ausschaltung von Fehlerquellen zu haben. Arbeitgeber sollten in diesem Sinne gegenüber ihren Arbeitnehmern die frühzeitige persönliche Überprüfung der ELStAM über die Internetseite „Elster“ anregen.

Stand: 8.9.2012

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Elektronische Lohnsteuerkarte – Steuerberater fordern Verschiebung um ein ganzes Jahr!

Wann unterliegen Verkäufe über „ebay“ der Umsatzbesteuerung? (FG)

Das FG Baden-Württemberg hat Kriterien aufgelistet, die bei der Frage, ob Verkäufe über „ebay“ der Umsatzbesteuerung unterliegen, von Bedeutung sein können. Dabei hat das Finanzgericht klargestellt, dass ein unternehmerisches Tätigwerden nicht schon durch die gelegentliche Veräußerung von Privatvermögen in mehreren gleichartigen Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und desselben dauernden Verhältnisses begründet wird (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.7.2012 – 14 K 702/10).


Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, unterliegen der Umsatzsteuer. Unternehmer in diesem Sinne ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede „nachhaltige Tätigkeit“ zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 UStG). Der BFH hatte kürzlich festgestellt, dass beim Verkauf einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen über mehrere Jahre über die Internet-Plattform „eBay“ eine nachhaltige, unternehmerische und damit umsatzsteuerbare Tätigkeit vorliegen kann (BFH, Urteil v. 26.4.2012 – V R 2/11).

Ob die Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit erfüllt sind, ist im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können. Insbesondere sind zu würdigen: die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten eines Geschäftslokals. Kein für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit alleinentscheidendes Merkmal ist auch, dass bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat. Auch die Zahl und Umfang der Verkäufe ist für sich genommen nicht allein maßgeblich, sondern nur eines von mehreren zu würdigenden Kriterien.

FG Baden-Württemberg Urteil vom 18.7.2012, 14 K 702/10

Umsatzsteuerbarkeit von Verkäufen über „ebay“

Tenor

 

1. Die Umsatzsteuerbescheide für 2004 vom 29. Januar 2010 und für 2005 vom 4. Juli 2007, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2010, werden dahingehend geändert, dass die Nettoumsätze zu 16% für 2004 um 28.223,- EUR und für 2005 um 49.196,- EUR reduziert werden.

 

2. Die Neuberechnung der Umsatzsteuer 2004 und 2005 wird dem Beklagten übertragen.

 

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500,- EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bei 1.500,- EUR oder darunter, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre gab die Klägerin als „Art des Unternehmens“ „Finanzdienstleistung“ an. Die für 2004 ermittelte Umsatzsteuer betrug 1.154,80 EUR und die für 2005 760,59 EUR. Nach § 4 Nr. 11 Umsatzsteuergesetz in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG) steuerfreie Umsätze hatte die Klägerin in Höhe von 6.831,- EUR (2004) und 3.719,- EUR (2005) angegeben. Die beim Beklagten am 31. Mai 2005 (2004) und 24. Februar 2006 (2005) eingegangenen Umsatzsteuererklärungen galten gemäß § 168 Satz 1 Abgabenordnung (AO) als Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
2
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung in 2005 (s. Bericht vom 27. Juni 2005; Betriebsprüfungsakten – Bp-Akten – Blatt 3) änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2004 gemäß § 164 Abs. 2 AO, ohne den Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. August 2005 setzte er Umsatzsteuer 2004 in Höhe von 1.507,63 EUR fest. Unentgeltliche Wertabgaben (private Kfz-Nutzung) berücksichtigte er in Höhe von 114,- EUR. Abziehbare Vorsteuerbeträge kürzte er von 509,65 EUR auf 174,93 EUR (s. Tz. 20 des Berichts; Bp-Akten Blatt 5).
3
Auch die Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 wurde gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert, ohne dass der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 11. Januar 2007 setzte der Beklagte Umsatzsteuer 2005 in Höhe von 919,68 EUR fest. Unentgeltliche Wertabgaben („umsatzsteuerpflichtiger Anteil am Pkw-Eigenverbrauch für den XXX“) berücksichtigte er in Höhe von 170,- EUR. Abziehbare Vorsteuerbeträge kürzte er von 385,97 EUR auf 254,08 EUR („Aufteilung im Verhältnis steuerfreie zu steuerpflichtigen Umsätzen“).
4
Am 8. Februar 2006 ging beim Beklagten eine anonyme Anzeige eines „erlichen Bürgers“ ein (Ermittlungsakten Band I Blatt 2). Dieser führte u.a. aus, ihm sei aufgefallen, dass die Klägerin und ihr Ehemann in den letzten Jahren „in Internet (ebay) unter verschiedenen Internetnamen (N 1, N 2, N 3, N 4) mehrere Hundert Pelzware verkauft hat“. Der Beklagte bat aufgrund dessen die Steuerfahndung (Steufa) um Prüfung. Diese ermittelte Folgendes:
5
In den Jahren 2005 und 2006 wurden über das ebay-Konto N 2 Umsätze in Höhe von 54.166,06 EUR erzielt (2005: 21.862,06 EUR und 2006: 32.304,- EUR), in den Jahren 2003-2006 über das ebay-Konto N 5 Umsätze in Höhe von 8.148,40 EUR (2003: 188,50 EUR, 2004: 3.311,02 EUR, 2005: 4.433,38 EUR und 2006: 215,50 EUR), in den Jahren 2005 und 2006 über das ebay-Konto N 4 Umsätze in Höhe von 15.568,72 EUR (2005: 3.653,25 EUR und 2006: 11.915,47 EUR), in den Jahren 2004 und 2005 über das ebay-Konto N 6 Umsätze in Höhe von 87.383,57 EUR (2004: 33.032,41 EUR und 2005: 54.351,16 EUR) und in 2005 über das ebay-Konto N 7 Umsätze in Höhe von 2.716,52 EUR (Ermittlungsakten Band I Blatt 5 ff., 17 ff.). Die Umsätze, die aus Verkäufen über die ebay-Konten N 2, N 5 und N 4 resultierten, rechnete der Beklagte dem Ehemann der Klägerin zu, die, die über die Konten N 6 und N 7 erfolgten, der Klägerin (Ermittlungsakten Band I Blatt 15). Die Klägerin war mit ihrem Namen bei ebay mit den Mitgliedsnamen N 6 und N 7 angemeldet. Verkauft wurden über die Konten N 6 und N 7 im Wesentlichen Nerzmäntel und -jacken, insgesamt 140 Stück (s. einzelne Anzeigen; Ermittlungsakten Band I Blatt 38 ff.). Auch über die ebay-Konten des Ehemannes der Klägerin sind, neben anderen Haushaltsgegenständen (Vasen, Teegläser, Kerzenständer, Kleidung, Modellautos), Parfum und Spielzeug, Pelzmäntel (79 Stück) verkauft worden. In den Streitjahren liefen bei der X-Bank folgende Konten auf den Namen der Klägerin (s. Schreiben der X-Bank vom 17. Oktober 2008; Ermittlungsakten Band I Blatt 82 ff.): Konto 1, Konto 2, Konto 3 (Verfügungsberechtigter: der Ehemann der Klägerin) und Konto 4. Ansonsten liefen folgende Konten auf ihren Namen: Kto. I bei der Y-Bank und Nr. 1 bei der Z-Bank (Ermittlungsakten Band I Blatt 30). Bei ebay gespeichert waren für alle ebay-Konten, auch die des Ehemannes der Klägerin, auf den Namen der Klägerin lautende Konten bei der X-Bank (Konto 1 und Konto 3; Ermittlungsakten Band I Blatt 37 und Rechtsbehelfsakten Blatt 19).
6
Am 22. Mai 2007 wurde gegenüber der Klägerin das Strafverfahren u.a. wegen des Verdachts der Verkürzung von Umsatzsteuer 2004 und 2005 eingeleitet (Ermittlungsakten Band I Blatt 25). Im Laufe des Strafverfahrens äußerte sich der Ehemann der Klägerin dahingehend, dass es sich bei den Gegenständen, die über die ebay-Konten        N 2, N 5 und N 4 verkauft worden seien, um solche aus seinem privaten Besitz und der umfangreichen Auflösung seines privaten Haushalts gehandelt habe. Die Umsätze daraus unterlägen keiner Steuerpflicht. Die Verkaufsobjekte seien ab 1,- EUR angeboten und mit hohem Wertverlust abgegeben worden.
7
Die Straf- und Bußgeldsachenstelle (StraBu) schrieb verschiedene Käufer von Pelzmänteln als Zeugen an (Ermittlungsakten Band I Blatt 85 ff.) und stellte ihnen folgende Fragen:
8
„1. Trifft es zu, dass Sie im [Monats- und Jahresangabe] bei ebay einen Nerzmantel für [Betragsangabe in EUR] ersteigert haben?
2. Falls ja, haben Sie über diesen Kauf eine Rechnung erhalten? […]
3. Ist über diesen Kauf noch Schriftwechsel (evtl. e-mails) vorhanden? […]
4. Mit wem hatten Sie Kontakt?
5. Handelte es sich bei dem Pelzmantel um Neuware? Falls nein, wie alt war der Mantel bei Erwerb?
6. Von welchem Hersteller stammt der Pelzmantel?“
9
Hierzu gingen sechs Antworten bei der StraBu ein. Zu den einzelnen Fragen wird Folgendes ausgeführt:
10
zu 2.
– keine Erinnerung an eine Rechnung
– keine Rechnung erhalten
zu 3.
– kein Schriftwechsel vorhanden
zu 4.
– Kontakt mit Klägerin und deren Ehemann – Mantel persönlich in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in P bei der Klägerin abgeholt – die Wohnung hatte den Eindruck eines Warenlagers auf ihn gemacht
– Kontakt mit der Klägerin
– Kontakt mit einem Herren
– undefinierbar
zu 5.
– Mantel erschien als fast neu oder als fast nicht getragen – er war aber keine Neuware, sondern 2-3 Jahre alt
– gebrauchte Ware in gutem Zustand
– gebrauchte Ware – Alter schwer zu schätzen
– als gebrauchter Mantel in Anzeige angeboten
– Mantel war extrem neuwertig
zu 6.
– eingenähte Banderole „xxx“ im Mantel – Label von XXXX – Reklamation bei Verkäufer ist angebracht worden
– Kürschnerei aus R
– kein Etikett im Mantel
11
Außerdem ermittelte die StraBu, dass die Schwiegermutter der Klägerin am 18. März 2004 in S verstorben war und den Ehemann der Klägerin zu ½ als Erben eingesetzt hatte (Ermittlungsakten Band I Blatt 138). Sie war bis zu ihrem Tode im Pflegeheim St. …, S betreut worden (Ermittlungsakten Band I Blatt 142).
12
Mit Schreiben vom 27. März 2007 beantragte die Klägerin die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 und die Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge. Dem Antrag war eine Rechnung der Firma F (Fahrzeugzentrum …) vom 24. November 2005 mit einem Umsatzsteuerausweis in Höhe von 83,24 EUR beigefügt. Dem Vorschlag des Beklagten, lediglich 43,66% (= Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen) der angefallenen Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen (= 36,34 EUR), stimmte die Klägerin zu (s. ihr Schreiben vom 25. Mai 2007; Umsatzsteuerakten Blatt 17).
13
Mit Änderungsbescheiden vom 4. Juli 2007 rechnete der Beklagte der Klägerin Umsätze aus ebay-Verkäufen zu. Die Änderungen erfolgten jeweils nach § 164 Abs. 2 AO. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgehoben. Umsätze zu 16% erhöhten sich für 2004 von 10.402,- EUR auf 38.878,- EUR und für 2005 von 7.166,- EUR auf 56.362,- EUR. Zugleich reduzierte der Beklagte die abziehbaren Vorsteuerbeträge für 2005 von   254,08 EUR auf 241,20 EUR. Umsatzsteuer 2004 setzte der Beklagte in Höhe von 6.603,79 EUR und Umsatzsteuer für 2005 in Höhe von 8.803,92 EUR fest.
14
Die dagegen eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, wie folgt: Die vom Beklagten ihr zugerechneten Umsätze seien ihrem Ehemann zuzurechnen. Im Zusammenhang mit der Auflösung des umfangreichen Junggesellenhaushalts ihres Mannes (mehrere Garagen und Kellerlager) und seiner verstorbenen Mutter sei eine große Anzahl privat gebrauchter Haushaltsgegenstände über ebay verkauft worden. Sie sei ihrem Mann bei der Verkaufsabwicklung über das Internet behilflich gewesen und habe alle Auktionen mit dem Hinweis „im Auftrag“ versehen. Ihr Mann sei als Franchise-Nehmer der T zunächst selbständig tätig gewesen und habe wegen einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung mit dieser Insolvenz anmelden müssen (Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens: 11. April 2007 und Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens: 4. Mai 2007; Prozesskostenhilfeakten Blatt 34 ff.). In 2005 sei seine Penthousewohnung in P (… straße; Rechtsbehelfsakten Blatt 56 ff.) versteigert worden. Zu dieser hätten ein Tiefgaragenparkplatz und ein Kellerraum gehört. Ein zweiter Tiefgaragenparkplatz im Haus sowie eine weitere Garage in der Stadt (… platz, gemietet von der Stadt P) seien angemietet gewesen. In diesen habe ihr Ehemann u.a. seine Spielsachen aus der Jugend sowie Erbstücke seiner Mutter aufbewahrt, bspw. 7 Schrankmeter Pelze. Wegen des Auszugs aus der Wohnung und der der Insolvenz folgenden Knappheit habe man den Entschluss gefasst, den nicht benötigten Haushalt, das Spielzeug sowie die Pelze über ebay zu veräußern. Dies habe zum Einen das Lagerproblem und zum Anderen das Liquiditätsproblem gelöst. Schließlich seien die Sachen bereits vorhanden gewesen und hätten nicht vorfinanziert werden müssen. Die Abwicklung über das gemeinschaftlich genutzte Konto sei deswegen erfolgt, weil zu diesem Zeitpunkt nur sie, die Klägerin, eine Bankverbindung gehabt habe. Wegen des Insolvenzverfahrens sei ihr Mann nicht Inhaber eines Girokontos gewesen. Die Sachen seiner Mutter seien zwischen 1960 und 1985 angeschafft worden. Wegen des Auszugs ihrer Schwiegermutter aus ihrem Haus in P und des Umzugs in das räumlich begrenzte Altersheim D in 1991 seien diese Gegenstände an ihn übergeben worden. Auf Grund der lange vergangenen Zeit und dreier weiterer Umzüge habe sie, die Klägerin, hierfür keine Unterlagen mehr.
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Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichte sie folgende Bestätigung ihres Ehemannes vom 29. Juli 2007 ein (Rechtsbehelfsakten Blatt 12): „bestätige ich hiermit, dass ich Frau A damit beauftragt hatte, den Großteil der Gegenstände meines privaten Haushaltes für mich bei ebay zu verkaufen und bei der Verkaufsabwicklung behilflich zu sein“. Zudem versicherte der Ehemann der Klägerin am 17. Februar 2008 an Eides statt (Rechtsbehelfsakten Blatt 53): „dass ich Frau A damit beauftragt hatte, den Großteil der Gegenstände meines privaten Haushaltes für mich über ebay zu verkaufen und bei der Verkaufsabwicklung behilflich zu sein“.
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Die Einspruchsverfahren waren zum Teil erfolgreich. Der Beklagte kam zu dem Ergebnis, dass der Klägerin nicht sämtliche Verkäufe über ebay zuzurechnen seien, sondern nur die Verkäufe der Pelzmäntel (s. Berechnung; Rechtsbehelfsakten Blatt 73 f.). Für 2004 reduzierten sich die Umsätze zu 16% daher auf 38.625,- EUR und die festgesetzte Umsatzsteuer auf 6.023,31 EUR (s. Änderungsbescheid vom 29. Januar 2010; Umsatzsteuerakten Blatt 16). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgehoben. Für 2005 erging „wegen Anwendung der Kleinbetragsverordnung“ kein Änderungsbescheid. Umsätze zu 16% sollten nur noch in Höhe von 56.355,- EUR berücksichtigt werden (s. Berechnungsblatt vom 22. Januar 2010; Umsatzsteuerakten Blatt 22).
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Im Übrigen wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin mit Einspruchsentscheidungen vom 1. Februar 2010 als unbegründet zurück (Rechtsbehelfsakten Blatt 98 ff.). Zur Begründung führte er aus, es sei nicht glaubhaft, dass die veräußerten Pelzmäntel aus  dem Besitz der Schwiegermutter der Klägerin stammten. Insbesondere die Angaben, die Pelzmäntel seien zwischen 1960 und 1985 angeschafft worden und somit beim Verkauf in den Streitjahren zwischen 20 und über 40 Jahre alt gewesen, seien angesichts des Umstands, dass sie im Internet häufig als „neu“ bzw. „wie neu“ angeboten worden waren, nicht nachvollziehbar. Auch könnten Kellerräume und Garagen sicherlich nicht als geeigneter Aufbewahrungsraum für Pelze angesehen werden, zumal diese dort an die 13 Jahre gelagert haben sollen. Bei einer solchen Lagerung dürften die Pelze Schaden genommen haben. Ein muffiger Geruch der Pelze sei bei einer derartigen Lagerung nicht zu vermeiden gewesen. Ein solcher Zustand hätte bei den Käufern sicherlich zu Reklamationen geführt. Über die Internet-Bewertung hätte sich schnell die schlechte Qualität der Pelze herumgesprochen, so dass der Verkauf einer solchen Vielzahl von Pelzen nicht möglich gewesen wäre. Auch lasse der Umstand, dass Pelze in unterschiedlichen Größen veräußert worden seien, den Schluss zu, dass es sich nicht um den privaten Besitz der Schwiegermutter gehandelt hat. Das Gleiche gelte für die Anzahl von über 200 veräußerten Pelzen. Die Umsätze seien der Klägerin zuzurechnen. Nachweise dafür, dass sie lediglich im Auftrag gehandelt hatte, seien nicht vorgelegt worden. Die Bestätigung ihres Ehemannes hierfür überzeuge nicht. Der Vortrag der Klägerin hierzu sei als Schutzbehauptung einzustufen. Aufgrund des Insolvenzverfahrens des Ehemannes wären Steuerforderungen der Finanzverwaltung ihm gegenüber uneinbringlich.
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Am 18. Februar 2010 erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Klage. Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag im außergerichtlichen Verfahren. Daneben führt sie aus, die Pelze seien fachgerecht (dunkel, jeweils in einer separaten Manteltasche verpackt, hängend und mit Antimottenpackungen versehen) eingelagert gewesen. Keller und Garagen seien ausreichend gelüftet gewesen. Sie hätten nicht unangenehm gerochen. Auch sonst hätten sie keine schädigenden Eigenschaften auf die Pelze gehabt. Die Mäntel seien sehr wenig getragen gewesen. Ihre Schwiegermutter habe sehr gerne Pelze getragen (s. Kopien von Photos; Finanzgerichtsakte – FG-Akte – Blatt 63 ff.). Die unterschiedliche Größe der Pelze resultiere aus der unterschiedlichen Kleidergröße ihrer Schwiegermutter. Diese könne sich in einem Zeitraum von 1960 bis 1985 schon mal ändern. Im Übrigen fielen, je nach Firma, Kleidungsstücke unterschiedlich groß aus. Die zahlreichen Gegenstände seien auf sie und ihren Ehemann aufgeteilt worden, um sie schnell veräußern zu können. Arbeiteten zwei Personen gleichzeitig unter demselben ebay-Namen, störten sie sich gegenseitig beim Einstellen und Bearbeiten von Angeboten. Sie sei lediglich als Erfüllungsgehilfin ihres Ehemannes tätig gewesen. Diese Verkaufstätigkeit sei im Übrigen nicht nachhaltig gewesen. Beim Verkauf der Haushaltsgegenstände ihrer Schwiegermutter habe es sich um eine einmalige und unwiederholbare Angelegenheit gehandelt. Die Pelze seien im Zeitraum Mai 2004 bis Oktober 2005 verkauft worden. Auch habe nicht sie am wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen, sondern ihr Ehemann. Schließlich habe sie, nach außen erkennbar, im Auftrag ihres Mannes gehandelt. Bei einem Angebot von 1,- EUR/Pelzmantel liege des Weiteren keine Gewinnerzielungsabsicht vor. Auf den jeweils erzielten Verkaufspreis habe sie keinen Einfluss gehabt. Im Übrigen sei die vom Beklagten ermittelte Höhe der Umsätze aus ebay-Verkäufen nicht korrekt.
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Die Klägerin beantragt,
1. die Umsatzsteuerbescheide für 2004 vom 29. Januar 2010 und für 2005 vom 4. Juli 2007, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2010, dahingehend zu ändern, dass die Umsätze zu 16% für 2004 um 28.223,- EUR und für 2005 um 49.196,- EUR reduziert werden und
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidungen vom 1. Februar 2010. Ergänzend führt er aus, die Klägerin hätte auch unter dem ebay-Namen ihres Mannes tätig werden können. Schließlich habe dieser mehrere ebay-Konten gehabt. Nachhaltigkeit liege bei Wiederholungen vor. Es sei nicht glaubhaft, dass die Schwiegermutter der Klägerin 219 Pelzmäntel besessen hat.
22
Am 24. November 2011 fand ein Erörterungstermin statt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen (FG-Akte Blatt 185). In diesem bekräftigte die Klägerin, sie habe ihre beiden ebay-Konten im Zusammenhang mit der Auflösung des Haushalts ihres Ehemannes einrichten lassen. Ihr Mann habe seine Eigentumswohnung aufgeben müssen. Sie seien dann in eine Mietwohnung gezogen. Deswegen und um an weitere liquide Mittel zu kommen, um den Lebensunterhalt zu finanzieren, hätten sie verschiedene Dinge veräußern müssen. 2002 sei sie nach Deutschland gekommen. Die Texte für die Angebote bei ebay habe ihr Mann geschrieben, weil sie noch nicht so gut Deutsch habe sprechen können. Die Beklagtenseite unterstrich, man habe lediglich die Veräußerung der Pelzmäntel über ebay der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin zugerechnet. Alle anderen Veräußerungen, die die Klägerin über ebay getätigt habe, seien ihrer unternehmerischen Tätigkeit nicht zugerechnet worden. Entscheidend sei für ihn, den Beklagten, wer am Markt aufgetreten ist, die Klägerin oder ihr Mann.
23
In der Folge führte die Klägerin aus, die über das ebay-Konto N 6 erzielten Umsätze seien nicht ihr zuzurechnen. Ebay habe bestätigt, dass dieses ebay-Konto weder von ihr noch von ihrem Ehemann angemeldet worden sei (s. E-Mail von ebay vom 30. Dezember 2011; FG-Akte Blatt 194). Allerdings gelte das nicht für das ebay-Konto N 7. Zudem reichte die Klägerin eine undatierte Bestätigung des Bruders ihres Ehemannes ein (FG-Akte Blatt 198), der erklärt, seine Mutter habe eine Vorliebe für Pelzmäntel und -jacken gehabt und „daher davon eine stattliche Sammlung“ besessen. Diese sei in mehreren Schränken im Haus untergebracht gewesen, bspw. in einer langen Schrankwand im Schlafzimmer seiner Eltern. Er habe seit seinem Abitur nicht mehr zu Hause gewohnt und könne nur sagen, dass seine Mutter ihre Mäntel „immer sehr gut hütete und sorgsam in einzelnen Mantelhüllen aufbewahrte“. Anlässlich ihres Umzugs aus ihrem Haus in P in das Wohnheim in D habe sie die Pelze seinem Bruder, dem Ehemann der Klägerin, geschenkt.
24
Der Beklagte erwiderte hierauf, das ebay-Konto N 6 sei der Klägerin zuzurechnen. Es sei am 4. April 2004 unter der ebay-Nummer xxx eröffnet und inzwischen wieder gelöscht worden. Am 26. Oktober 2008 sei ein Konto mit dem gleichen Namen, allerdings unter der ebay-Nummer yyy eröffnet worden. Dieses sei nicht der Klägerin zuzurechnen (s. E-Mail von ebay vom 14. März 2012; FG-Akte Blatt 207).
25
Mit Beschluss vom 3. April 2012 ordnete der Senat die Vernehmung von B (Ehemann der Klägerin) und C (Schwager der Klägerin) als Zeugen an. Letzterer machte mit Schreiben vom 5. Juli 2012 von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. B wurde in der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2012 vor dem Senat vernommen. Wegen des Inhalts der Sitzung wird auf die Niederschrift, wegen des Inhalts der Zeugenaussage sowie der ergänzenden, auf Tonträger aufgezeichneten Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf die Tonaufnahme Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Die Klage ist begründet. Zu Unrecht hat der Beklagte die Erlöse aus dem Verkauf von Pelzmänteln und -jacken über die ebay-Konten N 6 und N 7 der Umsatzsteuer unterworfen. Zwar hat die Klägerin, nach der Überzeugung des Gerichts, in den Streitjahren die Pelzmäntel und -jacken über die ebay-Konten N 6 und N 7 verkauft und nicht ihr Ehemann (a). Allerdings ist diese Tätigkeit nicht ihrer unternehmerischen Sphäre zuzurechnen (b). Weder fällt der Verkauf von Pelzmänteln und -jacken in den Rahmen ihres Einzelunternehmens „Finanzdienstleistung“ (aa.) noch war die Klägerin damit nachhaltig tätig (bb.)
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a. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem andern zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.
28
Nach Lage der Akten ist die Klägerin über die ebay-Konten N 6 und N 7 nach außen aufgetreten. Diese beiden Konten waren auf ihren Namen bei ebay angemeldet. Für die beiden Konten waren bei ebay zudem Bankverbindungen der Klägerin gespeichert. Dass sie „im Auftrag“ ihres Ehemannes gehandelt hatte, konnte sie nicht nachweisen.
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b. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt. Erläuternd bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, dass gewerblich im Sinne des Umsatzsteuerrechts jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ist, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.
30
Bei richtlinienkonformer Anwendung muss dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) ausgeübt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist. Der Begriff des Steuerpflichtigen wird in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG unter Bezugnahme auf den der wirtschaftlichen Tätigkeit definiert. Denn gerade dass eine solche Tätigkeit vorliegt, rechtfertigt die Einstufung als Steuerpflichtiger. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden umfasst, insbesondere Umsätze, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfassen.
31
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) können der bloße Erwerb und der bloße Verkauf eines Gegenstands keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG darstellen, da das einzige Entgelt aus diesen Vorgängen in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf des Gegenstands besteht. Derartige Vorgänge können nämlich als solche grundsätzlich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne dieser Richtlinie darstellen (EuGH-Urteil vom 15. September 2011 C-180/10 und C-181/10, Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst – DStRE – 2011, 1417). Keine private Vermögensverwaltung, sondern eine in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb von Gegenständen unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wobei derartige aktive Schritte insbesondere in der Durchführung bewährter Vertriebsmaßnahmen bestehen können.
32
Dem entspricht es, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich der erkennende Senat anschließt, im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen ist, ob die Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG erfüllt sind. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können. Insbesondere sind zu würdigen: die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten eines Geschäftslokals (BFH-Urteil vom 27. Januar 2011 V R 21/09, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2011, 524). Kein für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit alleinentscheidendes Merkmal ist dabei allerdings, dass bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat (vgl. EuGH-Urteil vom 15. September 2011 C-180/10 und C-181/10, a.a.O.; BFH-Urteil vom 24. November 1992 V R 8/89, BStBl II 1993, 379 zur Veräußerung einer privaten Kunstsammlung durch den Erben eines Kunsthändlers). Dass Zahl und Umfang der Verkäufe für sich genommen nicht allein maßgeblich sind, entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, derzufolge die Zahl der Geschäftsvorfälle nur eines von mehreren zu würdigenden Kriterien ist (bspw. BFH-Urteil vom 26. April 2012 V R 2/11, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2012, 1285).
33
aa. Unabhängig von der Frage der Nachhaltigkeit könnte die Klägerin die Internetgeschäfte bereits deshalb als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG ausgeführt haben, weil sie in den Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit als Finanzdienstleisterin fielen. Dafür bestehen jedoch im Streitfall keine Anhaltspunkte. Mit der Veräußerung von Pelzmänteln und -jacken im Rahmen von Internetauktionen hat sie sich ein neues, von ihrer Tätigkeit als Finanzdienstleisterin unabhängiges Tätigkeitsfeld eröffnet. Steht eine Tätigkeit mit der bisherigen Tätigkeit eines Unternehmers in keinem sachlichen Zusammenhang, ist sie seiner unternehmerischen Sphäre allerdings erst dann zuzurechnen, wenn der Unternehmer auch im Rahmen seines neuen Tätigkeitsfelds nachhaltig Leistungen gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbringt (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1993 V R 103/88, BStBl II 1994, 278; Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts – FG – vom 16. September 2010 16 K 315/09, juris).
34
bb. Weder nach Lage der Akten noch nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die Verkaufstätigkeit der Klägerin über die ebay-Konten N 6 und N 7 nach den o.a. Grundsätzen nachhaltig war. Für die Tatsachen, die eine unternehmerische Betätigung begründen, trägt im Streitfall jedoch der Beklagte die objektive Beweislast (Feststellungslast), da er der Klägerin Umsätze zurechnen will. Insofern handelt es sich um einen Sachverhalt, aus dem er eine steuerbegründende Tatsache herleiten will (vgl. allgemein zur Feststellungslast BFH-Urteil vom 25. November 2010 IX R 47/10, BFH/NV 2011, 887).
35
Zwar war die Klägerin planmäßig tätig und hatte im Rahmen ihrer ebay-Tätigkeit einen erheblichen Organisationsaufwand. Für jeden einzelnen zur Internet-Versteigerung anstehenden Gegenstand musste sie sich Gedanken zu dessen möglichst genauer Bezeichnung und, zur Erhöhung der Verkaufschancen und des erzielbaren Erlöses für den Gegenstand, in aller Regel ein digitales Bild anfertigen. So bestätigten die Klägerin und ihr Ehemann, dass sie genaue Beschreibungen erstellt hätten (Abspielpunkte: 00:02:41, 00:25:13). Jeder Pelzmantel und jede Pelzjacke seien vermessen und die Maße (wie Größe, Länge – mit/ohne Kragen, Ärmellänge ab Schulter, Schulterbreite, Brustumfang bei offenem Mantel, Saum) in den Angeboten angegeben worden (Abspielpunkte: 00:02:41 ff., 00:04:15 ff., 00:26:19). Auch seien für die Pelzmäntel und -jacken Bilder ins Internet gestellt worden (Abspielpunkt: 00:08:04). Die Labels in den Jacken und Mänteln hätten bei der Beschreibung der Pelze geholfen (Abspielpunkte: 00:03:49, 00:04:30, 00:26:01). Die Klägerin gab kleinmütig zu, eigentlich habe sich keiner von ihnen beiden (sie oder ihr Ehemann) mit Pelzen ausgekannt (Abspielpunkt: 00:03:00). Sie habe Formulierungen aus anderen Angeboten im Internet kopiert (Abspielpunkt: 00:03:08). Auch musste die Klägerin den Auktionsablauf auf ebay in regelmäßigen Abständen überwachen, um rechtzeitig auf Nachfragen von Kaufinteressenten reagieren zu können, sofern diese die auf der Auktionsseite eingestellten Wareninformationen als nicht ausreichend erachteten. Die Klägerin bestätigte, Nachfragen seien gekommen, die sie beantwortet habe (Abspielpunkt: 00:05:32). Nach Beendigung der Auktion musste sie zudem den Zahlungseingang überwachen, um die Ware zügig verpacken und versenden zu können bzw. um mit dem Käufer einen Termin zur Abholung der Ware vereinbaren zu können. Überlegungen zur Platzierung der Gegenstände in einschlägigen Produktgruppen mussten jedoch nicht angestrengt werden, da es sich bei den von ihr angebotenen hier streitigen Gegenständen unisono um Pelzmäntel und -jacken gehandelt hatte. Auch die Überlegungen zu einem Mindestgebot entfielen, da alle Gegenstände mit 1,- EUR eingestellt worden waren. Jedenfalls konnte das Gericht zu letzterem keine gegenteiligen Feststellungen treffen.
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Die Internetauktionsplattform ebay wurde dagegen nicht dazu benutzt, um auf längere Dauer und mit erheblicher Intensität, eine Vielzahl von Gegenständen zu angemessenen Entgelten weiterveräußern zu können.
37
Im Streitfall war die Tätigkeit der Klägerin (Pelzmäntel und -jacken im Internet anzubieten und zu verkaufen) nicht von Beginn an auf unbestimmte Zeit angelegt (so aber in dem Fall, der der Entscheidung des BFH vom 26. April 2012 V R 2/11, a.a.O. zu Grunde lag). Die Verkaufstätigkeit über das ebay-Konto N 6 dauerte von April 2004 bis Mai 2005, insgesamt 13 Monate. Über das ebay-Konto N 7 verkaufte die Klägerin nur im Oktober 2005. Unabhängig vom Beginn der Ermittlungen des Beklagten im Laufe des Jahres 2006 waren die Verkaufstätigkeiten zu diesem Zeitpunkt bereits zu Ende. In 2004 wurden über die ebay-Konten N 6 und N 7 68 und in 2005 74 Pelzmäntel und -jacken verkauft, insgesamt 142 Stück. Im Jahresdurchschnitt beliefen sich die in dieser Zeit getätigten Auktionsverkäufe auf zwischen 1,8 (2004) und 3 (2005) Geschäftsvorfälle pro Woche. Den gesamten Zeitraum (14 Monate) betrachtet erfolgten pro Woche im Durchschnitt 2,5 Verkäufe. Die Erlöse variierten dabei von mindestens 3,50 EUR (Verkauf eines Luchsmantels am 25. Juli 2004) bis höchstens 3.210,- EUR (Verkauf eines Nerzmantels am 13. Februar 2005). Über den Zeitraum gesehen kann keine Preisentwicklung pro Verkaufsvorgang festgestellt werden. Die Preise liegen auch zum Schluss der Tätigkeit hin bei lediglich 221,- EUR für eine Nerzjacke oder 377,- EUR für einen Nerzmantel (s. Verkäufe am 30. Oktober 2005). Insgesamt erzielte die Klägerin für die Pelzmäntel und -jacken in 2004 28.223,- EUR (netto) und in 2005 49.196,- EUR (netto), im Schnitt in 2004 lediglich 415,- EUR (netto) und in 2005 664,81 EUR (netto) und insgesamt nur 545,20 EUR (netto) pro Pelzmantel/-jacke.
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Darüber hinaus beteiligte sich die Klägerin im Streitfall nicht wie ein Händler am Markt. Das ist allerdings Voraussetzung für ein unternehmerisches Tätigwerden. Schließlich wird dieses nicht schon durch die gelegentliche Veräußerung von Privatvermögen in mehreren gleichartigen Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und desselben dauernden Verhältnisses begründet. Beteiligt sich der Steuerpflichtige dagegen wie ein Händler am Marktgeschehen, kommt es nicht darauf an, ob eine solche Beteiligung außerdem noch in der Einrichtung eines Geschäftsbetriebs in Erscheinung tritt, da selbst ein Händler ohne Geschäftsbetrieb auskommen kann (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 29. Juni 1987 X R 23/82, BStBl II 1987, 744). Die Voraussetzung eines händlerähnlichen Tätigwerdens am Markt erfüllt insbesondere derjenige, der An- und Verkäufe planmäßig mit auf Güterumschläge gerichteter Absicht tätigt. Ob jemand durch eine Veräußerung in Wettbewerb zu anderen Händlern tritt, ist nicht entscheidend. Es braucht daher nicht stets geprüft zu werden, ob tatsächlich eine Wettbewerbssituation vorliegt, weil es sich auch insoweit nur um eines unter mehreren möglichen Beweisanzeichen, nicht um ein unerlässliches Begriffsmerkmal handelt. Einerseits können – tritt jemand als Händler auf – schon geringfügige Umsätze, die den Wettbewerb nicht stören, zur Umsatzbesteuerung führen. Andererseits bleiben selbst wirtschaftlich bedeutende Veräußerungen des Privatvermögens unbesteuert, wenn ein Händlerverhalten nicht festzustellen ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 1987 X R 23/82, a.a.O.).
39
Im Streitfall veräußerte die Klägerin jedoch die Pelzmäntel und -jacken ihrer Schwiegermutter, also Privatvermögen. Im weitesten Sinne löste sie eine Sammlung auf. Ihre Verkaufstätigkeiten sind das Ergebnis einer Haushaltsauflösung, und zwar die ihres Ehemannes, die im Zusammenhang mit seiner Insolvenz stand. Für die Annahme des Beklagten, Pelzmäntel und -jacken seien von der Klägerin oder deren Ehemann gekauft worden, um sie später zu veräußern, ergeben sich weder aus den Akten noch nach der Beweisaufnahme irgendwelche Anhaltspunkte. So konnte bspw. die Steufa keine Einkaufsbelege sicherstellen. Auch führten sowohl die Klägerin als auch ihr Mann im Gegenteil glaubhaft aus, die Pelzmäntel und -jacken stammten von der Schwiegermutter der Klägerin. Der Ehemann der Klägerin sagte aus, seine Mutter habe Pelze gerne gehabt und diese nach und nach angeschafft (Abspielpunkt: 00:14:00 ff.). Sehr detailliert schilderte er, wo diese im vier-geschossigen Einfamilienhaus, einem Reiheneckhaus in der … allee in der Nordstadt in P (Abspielpunkt: 00:21:17), aufbewahrt worden seien, und zwar in den Stauräumen (in Kartons) und im Schlafzimmer mit einer Riesenschrankwand, die geteilt gewesen sei und in die man unten und oben etwas habe hängen können (Abspielpunkt: 00:18:35). Die Pelze seien im ganzen Haus verteilt gewesen, so bspw. im Treppenhaus in Schränken (Abspielpunkt: 00:19:40). In dem Haus habe es (im Keller) auch eine Sauna und einen Partyraum gegeben (Abspielpunkt: 00:17:30). Im Zusammenhang mit ihrem Umzug in ein Seniorenheim (zwei kleine Zimmer) und der Verkleinerung ihrer Wohnverhältnisse habe seine Mutter ihm die Pelzmäntel und -jacken übergeben. Er habe sie auf Ständer gehängt, die er im EKZ erworben habe (Abspielpunkt: 00:23:09). Seine „Mutti“ habe die Pelze schon schön verpackt, „überall war so ein kleines Dingele drin, mit so einem „Dufte mich“, dass da keine Motten sind und dann waren da extra so spezielle Luftdinger, dass es auch nicht die Feuchtigkeit staut“ (Abspielpunkt: 00:23:18). Die Pelze habe er in einer Garage verstaut, die er von der Stadt P angemietet habe. Er habe diese nach einer langen Suche im Zentrum Ps gefunden. Die Garage sei alt gewesen und habe ganz dicke Mauern gehabt. Sie sei trocken gewesen (Abspielpunkt: 00:23:34).
40
Für das Gericht glaubhaft und in sich schlüssig bekräftigte der Zeuge, seine Mutter habe sich die Pelze immer mal wieder gekauft: Sukzessive seien diese angeschafft worden, wenn sie etwas gesehen habe oder im Urlaub. Sie habe auch günstige (aber doch tolle) Pelze erworben, so bei XXXX (Abspielpunkt: 00:20:02). Seine Mutter habe ihren guten Beruf gehabt und „gut Geld verdient und es eigentlich immer zum großen Teil für sich behalten können“ (Abspielpunkt: 00:20:31). Sie habe zwar Apothekerin gelernt, sei dann aber Chefsekretärin bei einer großen Reinigungsfirma in P gewesen (Abspielpunkt: 00:20:43). Sein Vater sei Geschäftsführer einer Baufirma in P gewesen, später von einer Haus- und Grundstücksverwaltungsfirma (Abspielpunkt: 00:21:04). Seine Mutter habe die Pelze „natürlich sorgsam behandelt, kaum getragen, immer schön, wie das Hochzeitskleid oder, das liegt unter dem Bett und keiner nutzt es“ (Abspielpunkt: 00:20:20). Seine Mutter habe auch ziemlich viele ähnliche Schuhe gehabt (Abspielpunkt: 00:29:41).
41
Nach allem konnte der Senat nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass sich die Klägerin in den Streitjahren mit ihrer Verkaufstätigkeit über die ebay-Konten N 6 und N 7 unternehmerisch betätigt hat. Da der Beklagte die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen steuerbegründender Tatbestandsmerkmale trägt, geht das zu seinen Lasten.
42
2. Die aufgrund der vorstehenden Ausführungen gebotenen Festsetzungen der Umsatzsteuer 2004 und 2005 werden dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO).
43
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
44
4. Die Klägerseite beantragte, die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerseite durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
45
5. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung.

Entwurf einer Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen

Das Bundesfinanzministerium hat am 11. September 2012 den Referentenentwurf für eine Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen den Ressorts sowie den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme übersandt. Mit der Verordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird der fachlich notwendige Verordnungsbedarf in mehreren Bereichen des Steuerrechts umgesetzt. Änderungen mehrerer Verordnungen werden zur Verfahrenserleichterung in einer Mantelverordnung zusammengefasst. Betroffen sind folgende Regelungsbereiche:
  • Die Neufassung der Mitteilungsverordnung, die die Mitteilungspflichten der Gerichte und Justizbehörden präzisiert, zur elektronischen Übermittlung bestimmter Mitteilungen ab 2016 verpflichtet und die Mitteilungsverordnung an die Rechtsentwicklung anpasst.
  • Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit zum Vollzug des Rennwett- und Lotteriegesetzes.
  • Der vereinfachte Zuwendungsnachweis beim steuerlichen Spendenabzug wird sowohl an das SEPA-Verfahren als auch an andere Verfahren (z. B. PayPal) angepasst.
  • Die Steuerberatergebühren werden an die gestiegenen Preise und die Kosten in den Steuerberaterpraxen angepasst. Des Weiteren wird die Steuerberatergebührenverordnung strukturell bereinigt.
  • Weitere Änderungen betreffen die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung, die zentrale Zuständigkeit nach der Einkommensteuer-Zuständigkeitsverordnung, die Zuständigkeit für die Familienkassen für Ermittlungsverfahren, die Deutsch-Belgische Konsultationsvereinbarungsverordnung und die Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften.

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  • Entwurf einer Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen (PDF, 260,7 KB)

Kosten für Schiffsreise mit Geschäftspartnern grundsätzlich nicht abziehbar

Lädt der Unternehmer Geschäftspartner zu einer Schiffsreise ein, sind die Aufwendungen für die Reise und hiermit zusammenhängende Bewirtungen ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung nicht abziehbar, wenn ein Zusammenhang mit der Unterhaltung der Teilnehmer oder der Repräsentation des Unternehmens nicht ausgeschlossen werden kann (BFH, Urteil v. 2.8.2012 – IV R 25/09; veröffentlicht am 12.9.2012).

 

Leitsatz

Lädt der Unternehmer Geschäftspartner zu einer Schiffsreise ein, sind die Aufwendungen für die Reise und hiermit zusammenhängende Bewirtungen ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung nicht abziehbar, wenn ein Zusammenhang mit der Unterhaltung der Teilnehmer oder der Repräsentation des Unternehmens nicht ausgeschlossen werden kann.

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4

 Instanzenzug

Schleswig-Holsteinisches FG vom 27. Mai 2009 2 K 40112/08 (EFG 2009, 1368 )BFH IV R 25/09

 Gründe

I.

1  Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die im Streitjahr 2006 einen Umsatz von ca. 28,5 Mio. € erzielt hat. Für Geschäftspartner und eigene Mitarbeiter aus dem Vertriebs- und Servicebereich charterte die Klägerin ein historisches Segelschiff für eine sog. Regatta-Begleitfahrt anlässlich der Kieler Woche 2006. Dafür sowie für die Bewirtung der ca. 50 Teilnehmer (davon 13 Mitarbeiter der Klägerin) wendete die Klägerin 10.959,88 € zuzüglich 1.753,58 € Umsatzsteuer auf. Als abziehbare Betriebsausgabe behandelte sie davon nur 7.317,28 €, weil sie davon ausging, die Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22. August 2005 IV B 2 -S 2144- 41/05 (BStBl I 2005, 845) und vom 11. Juli 2006 IV B 2 -S 2144- 53/06 (BStBl I 2006, 447) zur ertragsteuerlichen Behandlung von Aufwendungen für VIP-Logen in Sportstätten seien auf die Kosten der Regatta-Begleitfahrt entsprechend anzuwenden.

2  Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) unter Hinweis auf eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Kiel vom 20. September 2000 S 2145 A – St 231 (Finanz-Rundschau 2000, 1296 ) die Auffassung, die Kosten seien insgesamt als nicht abziehbare Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu behandeln. Die gegen den entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 30. Mai 2008 gerichtete Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1368 abgedruckt.

3  Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die Kosten seien nicht für von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannte „ähnliche Zwecke” entstanden, weil es sich nicht um Freizeitgestaltung oder sportliche Betätigung, sondern um eine Kundenveranstaltung anlässlich eines Sportereignisses gehandelt habe. Da die Regatta nur von einem Begleitschiff aus angemessen verfolgt werden könne, sei die Schiffsanmietung der Anmietung einer Loge in einer festen Sportstätte vergleichbar und müsse deshalb ebenso behandelt werden.

4  Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der Vorentscheidung den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 30. Mai 2008 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben von 7.317,28 € abgezogen werden.

5  Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

6  Die Revision ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ). Die Kosten der Regatta-Begleitfahrt sind insgesamt nicht abziehbare Betriebsausgaben.

7  1. a) Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG dürfen Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern, soweit die damit verfolgten Zwecke nicht selbst Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG ). Die Regelung betrifft nach dem Einleitungssatz des § 4 Abs. 5 EStG Betriebsausgaben, also Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG ).

8  b) Das Abzugsverbot wurde geschaffen, weil der Gesetzgeber die genannten Ausgaben „ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation” ansah und „im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens” den Aufwand „nicht länger durch den Abzug…vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt” wissen wollte (Begründung zum Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 1960 , BTDrucks III/1811, S. 8; in Bezug auf den damaligen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 (heute Nr. 4) EStG bestätigt durch die Stellungnahme des Finanzausschusses, zu BTDrucks III/1941, S. 3). Ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung dürfen die Ausgaben danach bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen werden. Eines konkret feststellbaren Zusammenhangs mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen bedarf es dafür nicht. Vielmehr stellt das Gesetz auf den Zusammenhang der Aufwendungen mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen ab und unterstellt diesen typisiert bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG . Deshalb gilt das Abzugsverbot auch für Körperschaftsteuersubjekte, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine außerbetriebliche Sphäre haben können (vgl. etwa BFH-Urteile vom 3. Februar 1993 I R 18/92 , BFHE 170, 537 , BStBl II 1993, 367, und vom 7. Februar 2007 I R 27-29/05, BFHE 216, 536 , jeweils betreffend GmbH). Soweit in der Versagung des Abzugs der Ausgaben ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip liegt, ist dieser jedenfalls durch den typisiert angenommenen Zusammenhang mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen oder seiner Geschäftsfreunde gerechtfertigt.

9  c) Vor diesem Hintergrund hat der BFH § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG einschränkend dahingehend ausgelegt, dass das Abzugsverbot nur für solche Aufwendungen gelten soll, die eine Berührung zur Lebensführung und zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der durch sie begünstigten Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil in BFHE 170, 537 , BStBl II 1993, 367, unter II.2.). Scheidet danach etwa die Verwendung eines Schiffs zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken oder zur unangemessenen Repräsentation aus tatsächlichen Gründen aus, weil das Schiff als „schwimmender Besprechungsraum” oder reines Transportmittel genutzt wird, erstreckt sich das Abzugsverbot auf die betreffenden Aufwendungen nicht (BFH-Urteil in BFHE 170, 537 , BStBl II 1993, 367). Auch Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit einem Schiff sind nicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG insgesamt vom Abzug ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 10. Mai 2001 IV R 6/00 , BFHE 195, 323 , BStBl II 2001, 575).

10  Lässt sich ein Zusammenhang mit der Lebensführung der begünstigten Geschäftsfreunde indessen nicht ausschließen, weil die Aufwendungen für ein Segel- oder Motorschiff für Zwecke der Unterhaltung oder der Repräsentation geleistet werden, handelt es sich um Ausgaben für „ähnliche Zwecke” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG , so dass die Aufwendungen dem Abzugsverbot unterliegen. Welche Größe oder welches Alter das Schiff hat, ist dafür ohne Bedeutung. Dem Begriff „Jacht” lassen sich diesbezügliche Abgrenzungskriterien nicht entnehmen. Er bringt vielmehr den Unterhaltungs- oder Repräsentationszweck des Schiffs zum Ausdruck. Dementsprechend hat der BFH nicht auf die Art des Wasserfahrzeugs, sondern dessen bestimmungsgemäße Verwendung abgestellt (BFH-Urteil in BFHE 195, 323 , BStBl II 2001, 575, unter 1.b).

11  d) Die der Klägerin entstandenen Kosten für die Regatta-Begleitfahrt unterliegen danach dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG . Der Einsatz des Schiffs für Zwecke der Unterhaltung und Repräsentation ist hier nicht nur nicht auszuschließen, sondern steht nach den Feststellungen des FG und dem eigenen Vorbringen der Klägerin fest. Angemessenheitserwägungen im konkreten Einzelfall sind nicht anzustellen. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es vielmehr gerade, die zum Ausschluss vom Abzug führende Unangemessenheit von Aufwendungen typisiert zu bestimmen.

12  2. Die Klägerin kann sich nicht zu ihren Gunsten auf die BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 845 und in BStBl I 2006, 447 berufen. Einerseits handelt es sich um sog. norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, an die die Rechtsprechung schon dem Grunde nach nicht gebunden ist. Andererseits werden auch die Voraussetzungen für die von der Verwaltung zugelassene pauschale Aufteilung von Kosten nicht erfüllt. Zwar ist die Aufteilung nicht auf die Kosten für die Anmietung von sog. VIP-Logen in Sportstätten beschränkt (BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 447, Tz. 6). Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass der Steuerpflichtige von einem Veranstalter ein Leistungspaket erhält, das neben dem eigentlichen Besuch der Unterhaltungs- oder Sportveranstaltung zusätzliche Bestandteile wie Werbung und Bewirtung enthält. Um ein derartiges Paket eines auf Sponsoring zielenden Veranstalters geht es im Streitfall aber nicht. Deshalb kommt auch der von der Klägerin geltend gemachte Gesichtspunkt einer auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ) gründenden Selbstbindung der Verwaltung im Hinblick auf die Behandlung von sog. VIP-Logen nicht zum Tragen.

Pauschbetrag für behinderte Menschen bei getrennter Veranlagung (BFH)

Zuordnung des übertragenen Pauschbetrages für behinderte Menschen bei getrennter Veranlagung

 Leitsatz

Die Zuordnungsregelung in § 26a Abs. 2 EStG geht anderen Zuordnungsregeln vor. Der einem gemeinsamen Kind zustehende Behinderten-Pauschbetrag, der auf Antrag der Eltern vollständig einem von ihnen übertragen wurde, ist daher bei getrennter Veranlagung bei beiden Elternteilen je zur Hälfte abzuziehen.

 Gesetze

EStG 2002 § 26a Abs. 2 Satz 2
EStG 2002 § 33b Abs. 5

 Instanzenzug

FG Köln vom 26. Oktober 2010 1 K 2939/10 (EFG 2011, 975 )BFH III R 1/11

 Gründe

I.

1  Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und ihr Ehemann haben sich im Laufe des Streitjahres 2007 getrennt. Ihr gemeinsamer Sohn ist schwerbehindert (Merkzeichen G, aG und H). Er lebt im Haushalt der Klägerin und wird seit seiner Geburt im Jahre 1992 vollständig von ihr betreut und versorgt.

2  Die Eheleute sind für das Streitjahr antragsgemäß getrennt veranlagt worden. Der Einkommensteuererklärung der Klägerin war eine Bescheinigung des Ehemannes beigefügt, dass er die ihm zustehenden Freibeträge wegen der Behinderung des gemeinsamen Sohnes für das Kalenderjahr 2007 auf seine Ehefrau übertrage.

3  Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte in dem die Klägerin betreffenden Einkommensteuerbescheid für 2007 den Behindertenpauschbetrag für den Sohn in Höhe von 3.700 € nur zur Hälfte und wies den dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.

4  Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Klägerin habe Anspruch auf Gewährung des vollen Behindertenpauschbetrages in Höhe von 3.700 €.

5  Das FA rügt mit seiner Revision die Verletzung des § 26a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG ). Der nach § 33b Abs. 5 EStG übertragene Pauschbetrag sei nach dem eindeutigen Wortlaut des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG jedem Ehegatten zur Hälfte zu gewähren; dabei handele es sich um eine abschließende Regelung. § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG beruhe auch nicht auf einem redaktionellen Versehen, denn die Regelung sei seit 1979 trotz mehrfacher Änderungen (z.B. durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999, BGBl I 1999, 2552 ; dazu BRDrucks 476/99, S. 22 und 25) unangetastet geblieben. Für die Absicht des Gesetzgebers, den Pauschbetrag beiden Elternteilen je zur Hälfte zuzuordnen, spreche auch die Unterhaltspflicht beider Elternteile.

6  Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7  Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

8  Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).

9  1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Sohn der Klägerin nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG ein Pauschbetrag für behinderte Menschen in Höhe von 3.700 € zusteht, der —da ihn der Sohn nicht in Anspruch nimmt— gemäß § 33b Abs. 5 EStG auf die Klägerin übertragen werden konnte, da sie für das Kind einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld (§§ 62 ff. EStG ) erhält. Zwar steht der Pauschbetrag grundsätzlich beiden Elternteilen je zur Hälfte zu (§ 33b Abs. 5 Satz 2 EStG ). Da auf deren gemeinsamen Antrag aber auch eine andere Aufteilung möglich ist (§ 33b Abs. 5 Satz 3 EStG ), konnte er vollständig der Klägerin zugeordnet werden.

10  2. Der nach § 33b Abs. 5 Satz 3 EStG allein der Klägerin zugeordnete Pauschbetrag des Sohnes ist jedoch nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG bei der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils zur Hälfte abzuziehen, da es sich bei § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG um die speziellere Zuordnungsregelung handelt.

11  a) Der Gesamtbetrag der Einkünfte und das Einkommen (§ 2 Abs. 3 und 4 EStG) werden bei getrennter Veranlagung für jeden Ehegatten individuell ermittelt. Steuervergünstigungen sind deshalb nur bei dem Ehegatten zu berücksichtigen, der die Voraussetzungen des Begünstigungstatbestandes erfüllt (Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 26a EStG Rz 36). Daher sind z.B. Sonderausgaben getrennt veranlagter Eheleute grundsätzlich nur bei demjenigen Ehegatten abzuziehen, der sie getragen hat und die Voraussetzungen für ihre steuerliche Berücksichtigung erfüllt.

12  b) Für einige Steuervergünstigungen normiert § 26a Abs. 2 EStG jedoch besondere Zuordnungsregeln. Als Sonderausgaben abziehbare Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG ) sowie außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 bis 33b EStG) werden nach § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG bei den getrennt veranlagten Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen, „wenn die Ehegatten nicht gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen”. Dasselbe gilt nach § 26a Abs. 2 Satz 4 EStG für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG (Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen). Auf die Frage, welcher Ehegatte den Begünstigungstatbestand erfüllt und wer die Aufwendungen getragen hat, kommt es dann nicht an. Die Zuordnungsregeln des § 26a Abs. 2 EStG beschränken sich auch nicht auf den Zeitraum, in dem die Ehegatten (schon oder noch) in einer Wirtschaftsgemeinschaft leben, sondern gelten auch für Aufwendungen in den Monaten vor ihrer Eheschließung oder nach ihrer dauernden Trennung. Daher sind z.B. allein der Mutter entstandene Kinderbetreuungskosten (vgl. dazu das Senatsurteil vom 25. November 2010 III R 79/09, BFHE 232, 331 , BStBl II 2011, 450) nicht bei ihr, sondern grundsätzlich bei beiden Ehegatten zur Hälfte abzuziehen; auf Antrag können sie stattdessen auch bei ihrem getrennt veranlagten Ehemann abgezogen werden. Dies gilt auch für Krankheitskosten eines behinderten Ehemanns (§ 33 Abs. 1 EStG ) und einen ihm zustehenden Pauschbetrag nach § 33b EStG : Diese sind zur Hälfte bei seiner Ehefrau abzuziehen, wenn die Eheleute nichts anderes beantragen.

13  c) Der die nach § 33b Abs. 5 EStG übertragbaren Pauschbeträge betreffende § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG verdrängt ebenfalls anderweitige Zuordnungsregeln. Er bestimmt, dass die Pauschbeträge beiden Ehegatten zur Hälfte gewährt werden, ohne —wie die Sätze 1 und 4— den Eheleuten eine andere Aufteilung zu ermöglichen. Nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut kann der der Klägerin zugeordnete Pauschbetrag bei ihr mithin lediglich zur Hälfte abgezogen werden; das freie Zuordnungsrecht des § 33b Abs. 5 Satz 3 EStG ist bei getrennter Veranlagung der Elternteile wirkungslos (gl.A. Seiler in Kirchhof, EStG , 11. Aufl., § 26a Rz 4; Mellinghoff in Kirchhof, a.a.O., § 33b Rz 13; HHR/Pflüger, § 26a EStG Rz 66; Blümich/Heuermann, § 26a EStG Rz 28; a.A. Schmidt/Loschelder, EStG , 31. Aufl., § 33b Rz 29).

14  aa) Der Wortlaut des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ist nicht etwa deshalb unmaßgeblich, weil ihm ein redaktionelles Versehen zugrunde liege. Zwar sollte durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2552 , BStBl I 2000, 4) der § 33b Abs. 5 EStG an § 33a Abs. 2 Sätze 5 und 6 EStG angepasst werden (BRDrucks 476/99, S. 25), nach deren Neufassung jedem Elternteil die Hälfte des Abzugsbetrages zustand, wenn die Eltern nicht eine andere Aufteilung beantragten. Andererseits wurde aber auch § 26a Abs. 2 EStG durch das Gesetz zur Familienförderung geändert, was gegen ein gesetzgeberisches Versehen spricht, zumal § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG auf § 33b Abs. 5 EStG verweist und die unterschiedlichen Zuordnungsregeln in beiden Vorschriften nicht zu übersehen sind.

15  bb) Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zwingende Halbteilung des übertragenen Pauschbetrages. Die insoweit fehlende Gestaltungsmöglichkeit der getrennt veranlagten Ehegatten gilt zwar nicht für die übrigen außergewöhnlichen Belastungen. Sie betrifft auch nicht Ehegatten, die die Voraussetzungen der Ehegattenveranlagung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG ) nicht erfüllen. Diese Differenzierung ist aber nicht willkürlich und verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG —), den in Art. 6 Abs. 1 GG verankerten besonderen Schutz der Familie oder das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG ).

16  Da im Streitfall der Ehemann der Vater des behinderten Kindes ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob für den Zeitraum nach dauernder Trennung der Eheleute eine teleologische Reduktion des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG von Verfassungs wegen geboten ist und die Ehegatten den Pauschbetrag dann allein der das Kind betreuenden Mutter zuordnen können (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 12. Mai 2009 10 K 160/06, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 1303).

Nachweispflicht für Bewirtungsaufwendungen bei Bewirtungen in einer Gaststätte

Zum Nachweis der Aufwendungen ist im Fall einer Gaststättenbewirtung eine Rechnung beizufügen. Die ausgestellte Rechnung muss dabei, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten. Vom Steuerpflichtigen ausgestellte Eigenbelege oder vorgelegte Kreditkartenabrechnungen sind insoweit nicht ausreichend (BFH, Urteil v. 18.4.2012 – X R 57/09; veröffentlicht am 12.9.2012).

 Leitsatz

1. Für den Fall der Bewirtung in einer Gaststätte ergeben sich die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht hinsichtlich der Bewirtungsaufwendungen aus der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG , die lex specialis zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist.

2. Die über Bewirtungen in einer Gaststätte ausgestellten Rechnungen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 168/85 , BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903).

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.d.F. des StRefG 1990

 Instanzenzug

FG Düsseldorf vom 7. Dezember 2009 11 K 1093/07 E (EFG 2010, 633 )BFH X R 57/09

 Gründe

I.

1  Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren 1998 bis 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte von 1998 bis zu seiner Betriebsaufgabe im Jahr 2001 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seinem Einzelunternehmen im Bereich „Exportberatung und Vermittlung von Maschinen und Anlagen”.

2  Für seine gewerbliche Tätigkeit nutzte der Kläger Räumlichkeiten im privaten Wohnhaus, das im Miteigentum beider Kläger stand. Dabei handelte es sich zum einen um Räumlichkeiten im Kellergeschoss (42,81 qm), die zwei Büroräume, einen Ablage- und Archivraum sowie einen Besprechungsraum umfassten. Diese konnten sowohl über einen separaten Hauseingang als auch über eine innenliegende Treppe betreten werden. Neben den streitgegenständlichen Räumen befanden sich im Kellergeschoss außerdem ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller. Des Weiteren wurde im ersten Obergeschoss ein Zimmer als Besprechungsraum (17,8 qm) genutzt, welches über eine Treppe im Wohnbereich zu erreichen war. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den vom Kläger erstellten Grundrisszeichnungen, auf die das Finanzgericht (FG) Bezug genommen hat. Der Kläger wies die entsprechenden Gebäudeteile in der Bilanz zur Hälfte als Betriebsvermögen aus, im Hinblick auf den Miteigentumsanteil der Klägerin wurde zwischen den Eheleuten ein Mietvertrag geschlossen.

3  In den Jahren 2003 und 2004 führte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) bei dem Kläger eine steuerliche Außenprüfung betreffend die Streitjahre durch. Nach Auffassung der Betriebsprüfung handelte es sich bei den vom Kläger genutzten Räumlichkeiten um ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers darstellte, so dass lediglich Aufwendungen in Höhe von 2.400 DM jährlich abgezogen werden konnten. Die den Höchstbetrag übersteigenden Raumkosten in Höhe von 13.498 DM (1998), 23.934 DM (1999) bzw. 15.011 DM (2000) wurden dem Gewinn hinzugerechnet. Des Weiteren wurden Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 5.339 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 16.509 DM (2000) unter Hinweis darauf, dass Rechnungen über 200 DM auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssten (R 21 Abs. 8 Satz 4 der Einkommensteuer-Richtlinien 1998 /1999/2000 —EStR —), nicht anerkannt. Dies gelte auch für im Ausland angefallene Bewirtungsaufwendungen. Die Eigenbelege, die der Kläger erstellt hatte, seien als Nachweise nicht ausreichend.

4  Das FA erließ daraufhin am 24. Juni 2004 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb im Hinblick auf die streitgegenständlichen Raumkosten und die Bewirtungsaufwendungen erfolglos.

5  Das FG gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 633 veröffentlichtem Urteil teilweise statt, indem es weitere Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 15.875 DM (2000) für abziehbar hielt, die Klage im Übrigen jedoch abwies.

6  Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Der Auffassung des FG, das von einer grundsätzlichen Abziehbarkeit der Bewirtungsaufwendungen ausgehe, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG erfüllt seien, und in diesem Fall eine ordnungsgemäße Rechnung nicht mehr für erforderlich halte, sei nicht zu folgen.

7  Die Rechnung müsse auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten; dies gelte nur dann nicht, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 200 DM nicht übersteige (R 21 Abs. 8 Satz 4 EStR ).

8  Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie —bezüglich der Revision der Kläger— deren Revision zurückzuweisen.

9  Die Kläger beantragen,

die Revision des FA zurückzuweisen sowie mit ihrer eigenen Revision das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2007 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999 und 2000, jeweils vom 24. Juni 2004, dahingehend zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 13.498 DM für das Jahr 1998, 23.934 DM für das Jahr 1999 und 15.011 DM für das Jahr 2000 berücksichtigt werden.

10  Die Kläger wenden sich mit ihrer Revision gegen die Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit den betrieblich genutzten Räumen.

11  Die im Privathaus der Kläger gelegenen und betrieblich genutzten Räume im ersten Obergeschoss und im Kellergeschoss seien nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern als Betriebsstätte zu werten. Entscheidend für die Abgrenzung sei allein das konkrete Unternehmensmodell, aus dem sich ableiten ließe, welche Anforderungen an eine Betriebsstätte zu stellen seien.

12  Er, der Kläger, habe für seine Kunden insbesondere die Projektplanung und Auftragsabwicklung übernommen. Diese Tätigkeiten seien ausschließlich in seiner Betriebsstätte erbracht worden. Darüber hinaus sei die eigene Unternehmensplanung des Klägers sowie die organisatorische Abwicklung in seiner Betriebsstätte vorgenommen worden.

13  Hilfsweise führten die Kläger aus, dass selbst die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers nicht zu einer Kürzung des Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG führen könne, da die Räumlichkeiten den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers gebildet hätten. Der qualitative Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit des Klägers sei gerade nicht während der Reisetätigkeiten, sondern in seiner Betriebsstätte erbracht worden.

II.

14  Die Revision des FA ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Unrecht hat das FG weitere Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für das Jahr 1998, 8.969 DM für das Jahr 1999 sowie 15.875 DM für das Jahr 2000 als Betriebsausgaben berücksichtigt.

15  1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass nicht abziehbar, soweit sie 80 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ). Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ).

16  2. Zu Unrecht hat das FG Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für das Jahr 1998, 8.969 DM für das Jahr 1999 und 15.875 DM für das Jahr 2000 als abziehbar anerkannt, da auf den eingereichten Rechnungen über die Bewirtung die erforderliche Angabe des Namens des Klägers als bewirtende Person fehlte.

17  a) Die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht bei einer Bewirtung in einer Gaststätte ergeben sich —entgegen der Auffassung des FG— allein aus der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG als lex specialis zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG . Dies ergibt sich insbesondere aus dem zwingenden Erfordernis, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen. Die Beifügung der Rechnung kann nicht durch Angaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG —also durch Eigenbelege— ersetzt werden. Das systematische Verständnis des FG, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG stelle lediglich eine Vereinfachungsregelung zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG für den Fall der Gaststättenbewirtung dar, ist unzutreffend.

18  aa) Maßgebend für die Auslegung der Nachweispflichten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 EStG im Fall der Gaststättenbewirtung ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Norm und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, unter B.I.1.; Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 14. Mai 1974 VIII R 95/72 , BFHE 112, 546 , BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a, m.w.N.). Im Rahmen des möglichen Wortsinns hat die Auslegung den Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, die systematische Stellung der Norm sowie den Gesetzeszweck zu beachten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 112, 546 , BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Dezember 2006 GrS 1/05, BFHE 216, 168 , BStBl II 2007, 508, unter C.II.2.c bb). Ergänzend kommt der Entstehungsgeschichte der Vorschrift für deren Auslegung Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1987 IV R 150/84 , BFHE 150, 130 , BStBl II 1987, 670, unter 1.a).

19  bb) Schon der Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG —insbesondere die Einleitung („Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, …”)— macht deutlich, dass Satz 3 eine im Verhältnis zu Satz 2 spezielle Vorschrift in Bezug auf die Nachweispflicht im Falle der Bewirtung in einer Gaststätte darstellt. Außerdem verlangt die Vorschrift ausdrücklich die Beifügung der Rechnung über die Bewirtung, ohne eine Ausnahme zu statuieren, so dass bei einer Bewirtung in einer Gaststätte —im Gegensatz zu sonstigen Bewirtungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG )— zwingend die Rechnung über die Bewirtung beizufügen ist. Das Beifügen der Rechnung ist daher —entgegen der Auffassung des FG auch nach Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 1990 (StRefG 1990 ) vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093 , BStBl I 1988, 224)— materiell-rechtliche Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug (ebenso Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 4 EStG Rz 1234; Blümich/ Wied, § 4 EStG Rz 741). Insoweit entspricht dieses Ergebnis auch der Systematik des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG , der für den besonderen Fall der Gaststättenbewirtung in Satz 3 ein weiteres Erfordernis aufstellt. Dass Satz 3 eigene Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung genügen lässt, folgt allein daraus, dass die übrigen der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG genannten Angaben —nämlich zum Ort und Tag der Bewirtung sowie der Höhe der Aufwendungen— sich bereits aus der beizufügenden Rechnung ergeben (HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1234; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG , § 4 Rz H 182).

20  cc) Die Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG bestätigt diese Auslegung. Insbesondere hat die Neufassung der Vorschrift durch das StRefG 1990 nichts am Erfordernis, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen, geändert.

21  (1) Die Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG vor der Änderung durch das StRefG 1990 beruhte auf dem Einkommensteuerreformgesetz (EStRG) vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769 , BStBl I 1974, 530). Danach erfasste die Abzugsbeschränkung für Betriebsausgaben „Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind.” Weiter hieß es in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des EStRG: „Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck die folgenden Angaben zu machen: Ort und Tag der Bewirtung, bewirtete Personen, Anlass der Bewirtung und Höhe der Aufwendungen; hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so ist dem Vordruck die Rechnung über die Bewirtung, die vom Inhaber der Gaststätte unterschrieben sein muss, beizufügen.”

22  Der insoweit eindeutige Wortlaut entsprach dem seinerzeitigen gesetzgeberischen Willen, dass bei einer Bewirtung in einer Gaststätte die Aufwendungen durch eine Rechnung der Gaststätte belegt werden mussten (vgl. BTDrucks 7/2180, S. 16).

23  (2) Durch das StRefG 1990 hat sich an der Pflicht, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen, nichts geändert. Neben der Begrenzung der abziehbaren Aufwendungen auf 80 % sollten die bestehenden gesetzlichen Nachweisanforderungen nach dem gesetzgeberischen Willen nur insoweit erleichtert werden, als dem Steuerpflichtigen freigestellt wurde, in welcher Form er die erforderlich schriftlichen Angaben zur Erfüllung seiner Nachweispflicht macht, so dass auf das Ausfüllen eines amtlichen Vordrucks verzichtet wurde. Bei einer Bewirtung in einer Gaststätte brauchten die Angaben zum Ort und Tag der Bewirtung sowie zu der Höhe der Aufwendungen nicht mehr gemacht werden, da sich diese aus der Rechnung ergeben. An der Pflicht, die Rechnung bei Gaststättenbewirtungen beizufügen, wollte der Gesetzgeber hingegen festhalten; lediglich auf das Erfordernis der Unterschrift des Inhabers der Gaststätte wollte man aus Vereinfachungsgründen verzichten (vgl. Begründung des Fraktionsentwurfs eines StRefG 1990 , BTDrucks 11/2157, S. 138 f., sowie der hinsichtlich des Texts des Entwurfs und der Begründung gleichlautende Regierungsentwurf eines StRefG 1990 , BTDrucks 11/2226, S. 5; ausdrücklich Erster Bericht des Finanzausschusses zu dem Fraktionsentwurf, BTDrucks 11/2536, S. 46 f., 76; vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 50/01 , BFHE 205, 234 , BStBl II 2004, 502, unter II.1.).

24  dd) Schließlich spricht auch der Normzweck dafür, dass im Fall der Gaststättenbewirtung zwingend die Rechnung beizufügen ist und sich damit die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht in diesem Fall allein aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ergeben. Der Gaststättenrechnung kommt als Fremdbeleg eine erhöhte Nachweisfunktion zu. Die Gaststättenrechnung soll den Finanzämtern die Prüfung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung von Bewirtungsaufwendungen erleichtern und den Abzug von nicht betrieblich veranlassten oder unangemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erschweren (vgl. Meurer in Lademann, EStG , § 4 EStG Rz 677; BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 168/85 , BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, zur Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 ).

25  b) Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt, so dass das FG unzutreffend Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für 1998, 8.969 DM für 1999 sowie 15.875 DM für 2000 als weitere Betriebsausgaben berücksichtigt hat.

26  aa) Durch die Einreichung der Eigenbelege haben die Kläger ihre Pflicht zur schriftlichen Angabe des Anlasses und der Teilnehmer der Bewirtung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG erfüllt. Dass die Kläger in den Eigenbelegen weitere Angaben gemacht haben, ist insoweit unschädlich.

27  bb) Dass die Angabe des Klägers als bewirtende Person auf den ansonsten ordnungsgemäßen Rechnungen fehlte, steht dem Abzug der streitgegenständlichen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben jedoch entgegen. Gaststättenrechnungen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der Umsatzteuer-Durchführungsverordnung (UStDV ) handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten. Weder die entsprechende Angabe des Klägers als Bewirtendem auf den von ihm erstellten Eigenbelegen noch die eingereichten Kreditkartenabrechnungen machten die erforderliche Angabe des Steuerpflichtigen auf den Rechnungen entbehrlich.

28  (1) Nach der Rechtsprechung des BFH zu der Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 mussten die einzureichenden Gaststättenrechnungen grundsätzlich den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten, um dem Normzweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung vor dessen Änderung durch das StRefG 1990 (a.F.) zu genügen (BFH-Urteile in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, und vom 2. Oktober 1990 VIII R 62/86, BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174; ebenso die Finanzverwaltung: R 21 Abs. 8 EStR ; wie auch das Schrifttum: HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 742; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5 Rz 1700; Frotscher in Frotscher, EStG , Freiburg 2011, § 4 Rz 693; Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 678 f. ) .

29  Der BFH hatte in seiner Entscheidung in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903 insoweit ausgeführt, dass sich dies aus dem Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. ergebe (dem folgend BFH-Urteil in BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174; ebenso auf den Normzweck abstellend: Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202). Durch die Vorschrift solle den Finanzämtern die Prüfung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen erleichtert und dadurch der Abzug von nicht betrieblich veranlassten oder unangemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erschwert werden. Eine bloße Glaubhaftmachung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen solle für den Abzug nicht ausreichen. Gaststättenrechnungen ohne Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen seien grundsätzlich als Nachweis der Bewirtungsaufwendungen ungeeignet, da sie nicht erkennen ließen, welchem Steuerpflichtigen die Aufwendungen entstanden seien. Besitze der Steuerpflichtige die Rechnung und lege er sie dem Finanzamt vor, dann sei dies zwar ein Beweisanzeichen dafür, dass ihm die Bewirtungsaufwendungen entstanden seien. Dieses Beweisanzeichen reiche aber als Nachweis nicht aus.

30  Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Gaststättenrechnungen den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssten, gelte danach lediglich für Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV . Diese Ausnahme für Kleinbetragsrechnungen i.S. der UStDV sei im Bereich der Ertragsteuern auf Gaststättenrechnungen entsprechend anzuwenden, denn nur so könne die mit ihr erstrebte Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens auch für das Gaststättengewerbe erreicht werden.

31  (2) Diese BFH-Rechtsprechung ist nach Auffassung des erkennenden Senats auf die in den Streitjahren geltende Rechtslage übertragbar. Gaststättenrechnungen ohne Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen sind als Nachweis der Bewirtungsaufwendungen grundsätzlich ungeeignet, da damit nicht belegt ist, wem die Aufwendungen entstanden sind und das Finanzamt weder die betriebliche Veranlassung noch die Angemessenheit der Bewirtungsaufwendungen prüfen kann (ebenso Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202; vgl. auch Frotscher in Frotscher, a.a.O., § 4 Rz 693; im Ergebnis ebenso: HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 742, und Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 679). Ohne eine solche Angabe besteht grundsätzlich die Gefahr, dass fremde Dritte Rechnungen an sich nehmen und als eigene Belege verwenden (Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202). Im Übrigen spricht auch der bestehen bleibende Gleichlauf mit dem Umsatzsteuerrecht für die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung; so benötigen vorsteuerabzugsberechtigte Steuerpflichtige ohnehin eine Rechnung, in welcher der Steuerpflichtige als Leistungsempfänger ausgewiesen ist.

32  (3) Die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen in dem Eigenbeleg kann die entsprechende Angabe in der Rechnung nicht ersetzen (ebenso HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235). Dies galt nach Auffassung des I. Senats (Urteil in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903) aufgrund der unterschiedlichen Nachweisfunktionen von Eigen- und Fremdbeleg auch bereits für die Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 . Hieran hat sich durch das StRefG 1990 nichts geändert.

33  Der Gaststättenrechnung als Fremdbeleg kommt weiterhin eine —im Vergleich zum Eigenbeleg— erhöhte Nachweisfunktion zu, so dass die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen allein in dem Eigenbeleg nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die Angabe auch auf der Gaststättenrechnung erforderlich bleibt. Denn der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen kann nur durch den Gaststätteninhaber oder seinen Bevollmächtigten auf der Rechnung vermerkt werden (vgl. z.B. Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 203), wie auch eine nachträgliche Ergänzung der Gaststättenrechnung um den Namen des Bewirtenden nur durch diese Personen erfolgen darf (ebenso: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 205; HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Frotscher in Frotscher, a.a.O., § 4 Rz 693; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 743; Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 679; so auch BFH-Urteile in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, und in BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174, beide zur Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 ).

34  (4) Auch die eingereichten Kreditkartenabrechnungen können —entgegen der Auffassung des FG— an diesem Ergebnis nichts ändern. Durch die Kreditkartenabrechnungen kann lediglich die Begleichung der Rechnung nachgewiesen werden, nicht jedoch die Frage der betrieblichen Veranlassung, also wer zu der Bewirtung eingeladen hat, d.h. Bewirtender war. Damit ist auch nach Inkrafttreten des StRefG 1990 die Angabe des Rechnungsadressaten auf der eingereichten Gaststättenrechnung (grundsätzlich) erforderlich. Vergleichbar verlangt eine Rechnung i.S. des § 35a EStG 2002 , dass sich aus der Rechnung jedenfalls die wesentlichen Grundlagen der steuerlich geförderten Leistungsbeziehung und somit auch der Empfänger der Dienstleistung entnehmen lassen (BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 VI R 28/08 , BFHE 224, 255 , BStBl II 2010, 166).

III.

35  Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO ). Das FG hat revisionsrechtlich fehlerfrei die von den Klägern für die betrieblich genutzten Räume geltend gemachten Aufwendungen in den Streitjahren jeweils nur bis zur Höchstgrenze von 2.400 DM als Betriebsausgaben zugelassen.

36  1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt, wobei die Beschränkung der Höhe nach nicht gilt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG ).

37  2. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG angesehen.

38  a) Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Der Rechtsprechung des BFH zufolge erfasst die Bestimmung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 19. September 2002 VI R 70/01 , BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; vom 22. November 2006 X R 1/05, BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304, und vom 26. März 2009 VI R 15/07, BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598). Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH-Urteile vom 20. November 2003 IV R 3/02 , BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203; in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304, und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598).

39  Aus dem Wesen des Typus des „häuslichen Arbeitszimmers” folgt, dass seine Grenzen fließend sind und dass es Übergangsformen gibt. Der jeweilige Sachverhalt muss dem Typus wertend zugeordnet werden (BFH-Urteile in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139, und in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304). Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist, lässt sich daher nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00 , BFHE 201, 27 , BStBl II 2003, 185, und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598). Insoweit ist das „häusliche Arbeitszimmer” von Betriebsstätten ähnlichen Räumen im Wohnbereich abzugrenzen, für die die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht gilt (BFH-Urteil vom 9. August 2011 VIII R 4/09 , BFH/NV 2012, 200 ; Schmidt/Heinicke, EStG , 31. Aufl., § 4 Rz 591, m.w.N.; vgl. auch Blümich/Wied, § 4 EStG 84 0). Ohne Bedeutung für die Qualifizierung als Arbeitszimmer ist es dagegen, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 AO darstellt (BFH-Entscheidungen in BFHE 201, 27 , BStBl II 2003, 185; vom 23. März 2005 III R 17/03, BFH/NV 2005, 1537 , und vom 2. Dezember 2009 VIII B 219/08, BFH/NV 2010, 431 ).

40  b) Im Ergebnis zu Recht hat das FG angenommen, dass die streitgegenständlichen Räume im Kellergeschoss sowie im ersten Obergeschoss eine funktionale Einheit bildeten, so dass die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer für die Räume gemeinsam vorzunehmen war.

41  aa) Begehrt der Steuerpflichtige den Betriebsausgabenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich für jeden Raum gesondert vorzunehmen. Eine gemeinsame Qualifizierung kommt nur dann in Betracht, wenn die Räume eine funktionale Einheit bilden. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob aufgrund der räumlichen Situation die Nutzung in einem oder in mehreren Räumen erfolgt (BFH-Urteile in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139; in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775, und vom 9. November 2006 IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677 ).

42  bb) Insbesondere bei Zugrundelegung der Grundrisszeichnungen, die durch ausdrückliche Bezugnahme im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils von den bindenden Feststellungen des FG umfasst sind,   bildeten die Büroräume sowie der Ablage- und Archivraum im Kellergeschoss sowie die Besprechungsräume im Kellergeschoss und ersten Obergeschoss eine funktionale Einheit, da alle Räume mit den Beratungs- und Vermittlungsleistungen des Klägers als „externe Exportabteilung” mittelständischer Unternehmen in Zusammenhang standen.

43  Der Ablage- und Archivraum erfüllte insoweit (Teil-)Funktionen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen. In einem Arbeitszimmer werden regelmäßig auch Bücher und Akten aufbewahrt; zu diesem Zweck ist der betreffende Raum typischerweise mit Regalen oder ähnlichen Möbeln ausgestattet. Ebenso gehört das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen regelmäßig zu den in einem Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten, so dass Büroräume und Ablage- und Archivraum als funktionale Einheit betrachtet werden müssen (vgl. grundlegend BFH-Urteil in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139).

44  Ebenso verhält es sich mit den Besprechungsräumen. Allein der Umstand, dass in einem als Büro genutzten Raum gelegentlich Beratungsgespräche geführt werden, führt nicht dazu, die Eigenschaft des Büros als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu verneinen (vgl. BFH-Urteile vom 23. September 1999 VI R 74/98 , BFHE 189, 438 , BStBl II 2000, 7, und in BFH/NV 2007, 677 ). Gleiches muss gelten, wenn die Funktion, gelegentliche Besprechungen zu ermöglichen, in einen separaten Raum ausgelagert wird.

45  c) Das FG hat zutreffend die streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG qualifiziert.

46  aa) Die Räume waren in die häusliche Sphäre der Kläger eingebunden, mit Büromöbeln ausgestattet und wurden büromäßig genutzt.

47  In die häusliche Sphäre eingebunden und damit grundsätzlich als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG anzusehen ist eine funktionale Büroeinheit regelmäßig dann, wenn sich diese in Räumen befindet, die zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören (vgl. BFH-Urteile in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; vom 18. August 2005 VI R 39/04, BFHE 211, 447 , BStBl II 2006, 428, und in BFH/NV 2007, 677 ). Können hingegen die als Arbeitszimmer genutzten Räumlichkeiten nicht der privaten Wohnung bzw. dem Wohnhaus des Steuerpflichtigen zugerechnet werden, so stellen sie in der Regel auch kein „häusliches” Arbeitszimmer dar. In diesem Sinne bestimmt sich die Häuslichkeit beruflich genutzter Räumlichkeiten danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zugehörig darstellen. Das ist dann der Fall, wenn die Räumlichkeiten mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind (BFH-Urteil in BFHE 211, 447 , BStBl II 2006, 428).

48  Dies ist vorliegend in Bezug auf den Besprechungsraum im ersten Obergeschoss ohne Weiteres der Fall. Aber auch hinsichtlich der im Kellergeschoss gelegenen Räumlichkeiten hat das FG zutreffend darauf abgestellt, dass diese zwar über einen separaten Hauseingang verfügten, sie aber ebenso über die Innentreppe aus dem Wohnbereich der Kläger erreicht werden konnten. Darüber hinaus hat das FG zu Recht berücksichtigt, dass sich im Kellergeschoss neben den streitgegenständlichen Räumen als privat genutzte Räume ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller befanden.

49  bb) Das FG hat im Ergebnis zu Recht das Vorliegen von Betriebsstätten ähnlichen Räumen im Wohnbereich und damit ein Herausfallen der Räumlichkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verneint.

50  Ein im privaten Wohnhaus gelegenes Büro kann dann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG herausfallen, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben oder überlagert wird (BFH-Urteile in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, und in BFH/NV 2007, 677 ).

51  (1) Entscheidend für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers ist insoweit, dass die von dem Steuerpflichtigen genutzte funktionale Büroeinheit nicht für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet ist (BFH-Urteile vom 23. Januar 2003 IV R 71/00 , BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43, und vom 31. März 2004 X R 1/03, BFH/NV 2004, 1387 ). Insoweit kann auch die nach außen erkennbare Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr zur Folge haben, dass diese nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unterfallen (BFH-Urteil in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, in Bezug auf eine ärztliche Notfallpraxis). Ein Herausfallen aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist allerdings nicht schon allein deshalb gegeben, weil ein Steuerpflichtiger die von ihm genutzten Räumlichkeiten gelegentlich für Beratungsgespräche benutzt (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 677 ; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 189, 438 , BStBl II 2000, 7). Umstände, die die Einbindung in die häusliche Sphäre aufheben oder überlagern, können aber dann gegeben sein, wenn die funktionale Büroeinheit auch von dritten, nicht familienangehörigen und auch nicht haushaltszugehörigen Personen genutzt wird (BFH-Urteile in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, und in BFH/NV 2007, 677 ).

52  (2) Zutreffend hat das FG insoweit berücksichtigt, dass es nach den Angaben des Klägers in den Streitjahren nur zu gelegentlichen Zusammenkünften mit den Auftraggebern in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten kam, die dieser aus dem Gedächtnis pauschal mit zwei- bis dreimal pro Monat angegeben hat. Dies erfüllt nicht die Anforderungen, die an einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr zu stellen sind. Im Übrigen waren die Räumlichkeiten auch nicht nach außen erkennbar dem Publikumsverkehr gewidmet.

53  Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist das FG auch auf die Behauptung des Klägers im Erörterungstermin am 16. November 2009 eingegangen, eine Aushilfskraft beschäftigt zu haben, was im Gegensatz zu den Ausführungen in der Klageschrift vom 20. März 2007 steht. Insoweit hat das FG —revisionsrechtlich bedenkenfrei— darauf abgestellt, dass sich in den Gewinn- und Verlustrechnungen des klägerischen Einzelunternehmens für die Streitjahre keinerlei Personalaufwendungen finden, und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger sich nicht der Hilfe von Arbeitnehmern bedient hat. Der Plan, zukünftig Arbeitnehmer zu beschäftigen, genügt nicht, da allein die Nutzung in den Streitjahren entscheidend ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, unter 5.b bb). Auch die Beschäftigung der Klägerin zur Ausführung der notwendigen Arbeiten während der Abwesenheit des Klägers steht der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht entgegen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 26. September 2005 XI B 57/04, BFH/NV 2006, 517 , und in BFH/NV 2007, 677 ).

54  Zutreffend hat das FG schließlich ausgeführt, dass in der Größe der Räumlichkeiten angesichts der gesamten Wohn- und Nutzfläche des Wohnhauses von 347,56 qm kein Anhaltspunkt gegen eine Qualifizierung der streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gesehen werden kann (vgl. zu diesem Kriterium BFH-Urteil vom 15. Dezember 2004 XI R 14/03 , GmbH-Rundschau 2005, 1215).

55  (3) Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Zuordnung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten zum notwendigen Betriebsvermögen und die daraus folgende Steuerbarkeit des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns der Qualifizierung der Räumlichkeiten als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht entgegensteht.

56  Die nicht vollständige Abziehbarkeit der Absetzung für Abnutzung (AfA) auf ein zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut kann allenfalls dann zu einer einkommensteuerrechtlichen Doppelbelastung führen, wenn der Buchwert dieses Wirtschaftsguts in die Ermittlung eines Veräußerungs- oder Aufgabengewinns einbezogen wird. Dieses Problem stellt sich erst im Jahr 2001 wegen der dann erfolgten Betriebsaufgabe, nicht aber bereits für die Streitjahre. Der erkennende Senat kann daher offenlassen, ob es im Fall der Erzielung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns unbeachtlich ist, ob die AfA zuvor ganz oder zum Teil nicht absetzbar war (so Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 599) oder dies wegen des Gebots der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist (BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 38/01 , BFH/NV 2004, 327 , und vom 6. Juli 2005 XI R 87/03, BFHE 210, 493 , BStBl II 2006, 18; ebenso HHR/Paul, § 4 EStG Rz 1537).

57  3. Auch die Würdigung des FG, das Arbeitszimmer bilde nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG ), lässt keine Rechtsfehler erkennen.

58  a) Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der lediglich eine einzige Tätigkeit —teils im Arbeitszimmer, teils auswärts— ausübt, ist Mittelpunkt seiner gesamten Betätigung, wenn er dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Dieser Mittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen; dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt lediglich eine indizielle Bedeutung zu (ständige Rechtsprechung des BFH, Urteile vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106 , BStBl II 2004, 59; in BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43; in BFH/NV 2005, 1537 , und in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304).

59  Wo dieser Schwerpunkt liegt, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen festzustellen; die darauf bezogene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteile in BFHE 201, 106 , BStBl II 2004, 59; in BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43; in BFH/NV 2005, 1537 , und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598).

60  b) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das FG den festgestellten Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger die für sein Geschäftsmodell wesentlichen und prägenden Beratungs- und Vermittlungsleistungen größtenteils außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers im Rahmen von persönlichen Treffen mit potentiellen Kunden erbrachte.

61  c) Diese Würdigung ist revisionsrechtlich bedenkenfrei, zumal der BFH sie nur daraufhin überprüfen kann, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang steht. Ist dies —wie im Streitfall— zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann für den BFH bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 5. Mai 1999 XI R 6/98 , BFHE 188, 415 , BStBl II 1999, 735, und vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BFHE 203, 389 , BStBl II 2004, 627; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 7. Aufl., § 118 Rz 54).

62  Zutreffend hat das FG seiner Tatsachenwürdigung maßgeblich das Geschäftsmodell des Klägers zu Grunde gelegt. Nach den insoweit seitens der Kläger nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des FG wollte der Kläger Dienstleistungen als „externe Exportabteilung” mittelständischer Unternehmen erbringen. Insoweit hat das FG rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers mit der Sondierung internationaler Märkte, vor allem des amerikanischen Marktes, verbunden gewesen sei, die weitgehend eine Anwesenheit vor Ort erforderlich machte.

63  Das FG hat —rechtsfehlerfrei— zwar auch indiziell dem quantitativen Aspekt, nämlich der zeitintensiven außerhäuslichen Tätigkeit, die das FG insbesondere auf die Höhe der angefallenen Reisekosten und Bewirtungsaufwendungen stützte, Gewicht beigemessen. Im Vordergrund der Gesamtwürdigung des FG stand aber die Beurteilung des qualitativen Schwerpunkts der Betätigung des Klägers. Auch wenn es sich, wie die Kläger in ihrer Revisionsbegründung anführen, bei der Tätigkeit nicht um eine „klassische Außendiensttätigkeit”, wie beispielsweise die eines Versicherungsvertreters, gehandelt habe, begegnet die Tatsachenwürdigung des FG hinsichtlich des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers —aus den oben dargestellten Gründen— keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

 

Nichtvorliegen der Bescheinigung bei der erhöhten Absetzung (BayLfSt)

Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG bzw. § 7i Abs. 2 EStG als materiellrechtliche Tatbestandsvoraussetzung für die erhöhten Absetzungen; Verfahren bei Nichtvorliegen der Bescheinigung

Im Beschluss vom 20.07.2010, X B 70/10 , BFH/NV S. 2007 , der in einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung erging, äußerte der BFH ernstliche Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheides, wenn in diesem allein aufgrund der noch fehlenden Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde gem. § 7i Abs. 2 EStG die Steuervergünstigung nach den §§ 10f , 7i  EStG nicht berücksichtigt wird. Nach Auffassung des BFH habe eine ermessensgerechte Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO zu erfolgen.

Nach Erörterung des o. g. BFH-Beschlusses auf Bund-Länder-Ebene war die Finanzverwaltung zunächst bei ihrer Auffassung geblieben, bei Nichtvorliegen der notwendigen Bescheinigung eine Schätzung der zu bescheinigenden Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 5 AO abzulehnen. Aufgrund verschiedener hiervon abweichender Entscheidungen von Finanzgerichten wurde die Thematik erneut von den obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundes erörtert. Hierbei wurde folgender Beschluss gefasst:

Entgegen der bisher vertretenen Auffassung kann in Fällen, in denen das Finanzamt die Schätzung des Abzugsbetrages nach §§ 7h , 7i , 10f  EStG alleine wegen Nichtvorlage der Bescheinigung nach §§ 7h Absatz 2, 7i Absatz 2 EStG abgelehnt hat, dem Grunde nach  Aussetzung der Vollziehung  gewährt werden.

Voraussetzung  für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist zum einen, dass das Vorliegen eines begünstigten Objekts dem Grunde nach durch geeignete Unterlagen nachgewiesen ist und zum anderen ein Nachweis für das Vorliegen von begünstigten Aufwendungen. Die Entscheidung bei den erklärten begünstigten Aufwendungen einen angemessenen Sicherheitsabschlag vorzunehmen, ist unter Berücksichtigung der eingereichten Unterlagen im Einzelfall zu treffen.

Eine vorläufige Berücksichtigung der erhöhten Abschreibungen bzw. der Steuerbegünstigung in geschätzter Höhe bereits im Lohnsteuerermäßigungsverfahren bzw. bei der Veranlagung zur Einkommensteuer kommt nach wie vor nicht in Betracht.

Hinweis:  Die bisherige Karte 3.1 zu § 7i EStG (Nr. 43/2011) ist auszureihen.

Teilwertabschreibung bei festverzinslichen Wertpapieren (BayLfSt)

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen; Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 )

Der BFH hat mit Urteil vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 entschieden, dass bei festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, eine Teilwertabschreibung unter ihren Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig nicht zulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn die Wertpapiere zum Umlaufvermögen gehören.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der Urteilsgrundsätze wie folgt Stellung:

Die Grundsätze dieses Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwendbar, wenn es sich um festverzinsliche Wertpapiere im Umlaufvermögen handelt, kein Bonitäts- und Liquiditätsrisiko hinsichtlich der Rückzahlung der Nominalbeträge besteht und die Wertpapiere bei Endfälligkeit zu ihrem Nennwert eingelöst werden können.

Die Rzn. 24 und 25 (Lösung zu Beispiel 6) des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (BStBl 2000 I S. 372 ) sind insoweit überholt.

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 (a. a. O.) zur Bewertung von festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen können frühestens in der ersten nach dem 8. Juni 2011 (Tag der BFH-Entscheidung) aufzustellenden Bilanz berücksichtigt werden; sie sind spätestens in der ersten auf einen Bilanzstichtag nach dem 22. Oktober 2012 aufzustellenden Bilanz (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II) anzuwenden.

Die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere im Anlagevermögen wird durch diese Regelung nicht berührt. Insoweit verbleibt es bei der bisher bereits durch Verwaltungsauffassung geregelten Bewertung zum Nominalwert (vgl. Rz. 16 des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (a. a. O.).

Inhaltlich gleichlautend

Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.09.2012 – S 2171 b.2.1-3/2 St 32

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin