Sogenanntes „Treaty override“ bei ausländischen Mitunternehmern – Verstoß gegen Verfassungsrecht?

Sogenanntes „Treaty override“ bei ausländischen Mitunternehmern – Verstoß gegen Verfassungsrecht?

Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) ist der Auffassung, dass die Regelungen in § 50d Abs. 10 EStG gegen Völkerrecht verstoßen und deshalb wegen der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes auch gegen Verfassungsrecht. Er legt dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) daher die Frage vor, ob der Gesetzgeber durch ein sogenanntes Treaty override gegen Verfassungsrecht verstößt.

Sachverhalt
Strittig war die Besteuerung von Zinseinkünften eines italienischen Staatsbürgers, der atypisch still an einer deutschen GmbH & Co. KG beteiligt war. Während der Kläger Art. 11 des DBA Italien – und damit eine alleinige Besteuerung der Zinseinkünfte im Ansässigkeitsstaat – durchsetzten wollte, ging das Finanzamt davon aus, dass die Zinsen über § 50d Abs. 10 EStG als gewerbliche Einkünfte in Deutschland zu versteuern waren.

Ansicht des BFH
Der BFH führt zunächst aus, dass die Zinsen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG grundsätzlich in Deutschland zu besteuern sind. Die Darlehensforderung sei in diesem Zusammenhang der Betriebsstätte der deutschen GmbH & Co. KG zuzurechnen. Betriebsstättenlose Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann es nach Ansicht des BFH nicht geben. Er verweist hierbei auf die Neuregelung durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRUmsG), wonach die Zuordnung bei der Betriebsstätte erfolge, bei der die Vergütungen für den Gesellschafter in Abzug gebracht worden sind. Gleichwohl hält der I. Senat die Regelung in § 50d Abs. 10 EStG für verfassungswidrig. Er begründet dies mit einem Verstoß gegen Völkerrecht, welcher ohne tragfähige Gründe erfolge und den Kläger damit in seinem subjektiven Grundrecht auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzte. Kritisch gesehen wird dabei insbesondere Folgendes: Durch die einseitige Umqualifizierung kommt es gegebenenfalls zu einer Doppelbesteuerung, weil der ausländische Staat die betreffenden Einkunftsquellen in vollem Umfang besteuert, ohne dass es zu einer Anrechnung der deutschen Steuer kommt. Durch die rückwirkende Anwendung der mit dem AmtshilfeRUmsG geänderten Regelungen kommt es zu einem Verstoß gegen das Rückwirkungsprinzip.

Konsequenzen
Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung beziehungsweise Gesetzgeber wird nun auch für gewerbliche Einkünfte vor dem BVerfG ausgetragen. Steuerpflichtige sollten entsprechende Steuerbescheide offenhalten.

Vermietung und Verpachtung: Zur Behandlung einer Vergleichszahlung nach Verletzung eines Gebrauchsmusters

Vermietung und Verpachtung: Zur Behandlung einer Vergleichszahlung nach Verletzung eines Gebrauchsmusters

Kernproblem
Zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören auch Einnahmen aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen oder gewerblichen Urheberrechten und Erfahrungen. Ob die Entschädigungszahlung für eine widerrechtliche Nutzung eines Gebrauchsmusters auch eine ertragsteuerlich nicht steuerbare Zahlung für Schadensersatz darstellen kann, hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.

Sachverhalt
Die Ehefrau von zusammenveranlagten Ehegatten besaß ein geschütztes Gebrauchsmuster für eine „Tragevorrichtung zum Ankoppeln an Fahrzeugen“. Die ausschließliche Lizenz hieran übertrug sie im Jahr 1999 an ihren Ehemann, der dann auch später im Jahr 2005 das Gebrauchsmuster erwarb. Eine niederländische Firma hatte nach Auffassung der Eheleute über Jahre hinweg gegen das Recht verstoßen und Heckträger produziert. Nach langjährigen Rechtsstreitigkeiten wurde im Jahr 2008 wegen der Verletzung von Rechten aus dem Gebrauchsmuster ein Vergleich geschlossen. Die in den Jahren 2008 und 2009 zugeflossenen Vergleichszahlungen behandelte das Finanzamt als steuerpflichtigen Ersatz für entgangene Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Hiergegen klagten die Eheleute vor dem FG, weil es sich bei den Zahlungen um Schadensersatz für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen handele. Dafür sprach nach deren Ansicht auch, dass die Vergleichszahlung wesentlich höher war, als mögliche Lizenzentgelte.

Entscheidung
Das FG folgte der Ansicht des Finanzamts. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die Zahlungen unabhängig von der Gebrauchsmusterverletzung allein oder auch wegen einer Persönlichkeitsverletzung beziehungsweise Gesundheitsbeeinträchtigung vereinbart wurden. Die vergleichsweise gezahlten Beträge standen damit nach Auffassung des FG in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den durch die widerrechtliche Lizenznutzung entgangenen Einnahmen. Daher war für die Richter auch unerheblich, dass sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ein anderer Vergleichsbetrag ergeben hätte oder dieser, wie behauptet, ohne Einkunftserzielungsabsicht erlangt wurde.

Konsequenz
Entscheidungserheblich dürfte gewesen sein, dass der Vergleich keine Regelungen zu nicht steuerbaren Bestandteilen der Ausgleichszahlung enthielt. Die Revision wurde jedoch zugelassen und ist bereits beim Bundesfinanzhof anhängig.

Neue Frist für SEPA-Überweisung

Neue Frist für SEPA-Überweisung

Kernaussage
Die Frist für die Umstellung von Lastschriften und Überweisungen auf das europäische SEPA-System ist um 6 Monate verlängert worden. Banken und Zahlungsdienstleister dürfen daher innerhalb dieser verlängerten Frist weiterhin Zahlungen bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind.

Hintergrund
SEPA steht für „Single Euro Payments Area“, die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum. In der im Jahr 2012 verabschiedeten SEPA-Verordnung war vorgesehen, dass ab dem 1.2.2014 sämtliche Überweisungen und Lastschriften in Euro nur noch in einem Format erfolgen sollten, als SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften. Statistiken zeigten jedoch, dass ein reibungsloser Übergang zu SEPA vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen bis zu diesem Termin nicht gewährleistet war. Auf Vorschlag der Europäischen Kommission stimmten zunächst die EU-Regierungen und schließlich auch das EU-Parlament einer Verlängerung der Umsetzungsfrist zu. Durch SEPA sollen Zahlungen in Euro innerhalb der Europäischen Union schneller und kostengünstiger durchgeführt werden, in dem das kostenintensive Nebeneinander von inländischen Zahlungsverkehrsprodukten und SEPA-Produkten entfällt.

Konsequenz
Die Umstellungsfrist ist zwar verlängert worden, jedoch haben insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen in dieser Zeit dafür Sorge zu tragen, alles Erforderliche für eine fristgerechte Umstellung zu veranlassen. Denn ab dem 1.8.2014 dürfen Banken und Zahlungsdienstleister dann wohl endgültig keine Zahlungen mehr bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind, sollte es nicht zu einer weiteren Verlängerung der Frist kommen.

§ 35a EStG: Neues Anwendungsschreiben des BMF

§ 35a EStG: Neues Anwendungsschreiben des BMF

Kernproblem
Die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen sowie Handwerkerleistungen ist Bestandteil fast jeder Einkommensteuererklärung geworden und hat in jüngster Vergangenheit den Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt. Dabei ging es häufig um die Frage, was eine haushaltsnahe Tätigkeit ist oder wie weit der Haushalt reicht. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte zuletzt im Jahr 2010 ein Anwendungsschreiben veröffentlicht, das jetzt komplett überarbeitet wurde und neuere Rechtsprechung des BFH enthält. Im Wesentlichen gibt es folgende Neuerungen:

Heimbewohner ohne eigenen (abgeschlossenen) Haushalt
Begünstigt sind auch Aufwendungen, die wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit sie auf Dienstleistungen entfallen, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Das können z. B. Aufwendungen sein für die Raumreinigung oder den Wäscheservice am Unterbringungsort. Das Vorhandensein eines eigenen Haushalts im Heim oder am Ort der dauernden Pflege ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Nicht begünstigt sind die Mietzahlungen für die Unterbringung, die Aufwendungen für den Hausmeister, den Gärtner sowie sämtliche Handwerkerleistungen. Nicht mit einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind Pflege- und Betreuungsleistungen.

Heimbewohner mit eigenen Haushalt
Aufwendungen für die Zubereitung von Mahlzeiten in der hauseigenen Küche einer solchen Einrichtung und das Servieren der Speisen in dem zur Gemeinschaftsfläche rechnenden Speisesaal sind ebenfalls als haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt. Nicht begünstigt ist die Zubereitung von Mahlzeiten außer Haus einschließlich der Anlieferung, wie z. B. bei „Essen auf Rädern“.

Abgrenzung zum nicht begünstigten Neubau
Wesentliches Merkmal ist, ob die jeweilige Maßnahme in einem vorhandenen Haushalt durchgeführt wird. Auf die ertragsteuerliche Einordnung als Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand kommt es nicht an. Maßnahmen im Zusammenhang mit neuer Wohn- bzw. Nutzflächenschaffung in einem vorhandenen Haushalt sind daher begünstigt. Das gilt auch dann, wenn der Gebrauchswert der Immobilie dadurch erhöht wird. Nicht begünstigt sind alle Neubaumaßnahmen, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen. Eine beispielhafte Aufzählung enthält Anlage 1 zu dem neuen Anwendungsschreiben.

Gutachtertätigkeit
Die Tätigkeit eines Gutachters gehört weder zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, noch handelt es sich um eine Handwerkerleistung. Das gilt z. B. für Mess- oder Überprüfungsarbeiten, eine Legionellenprüfung, Kontrolle von Aufzügen oder von Blitzschutzanlagen, die Feuerstättenschau des Schornsteinfegers sowie andere technische Prüfdienste. Für die künftig ab 2014 nicht mehr berücksichtigungsfähige Gutachtertätigkeit von Schornsteinfegern (Feuerstättenschau) ist eine Nichtbeanstandungsregelung enthalten. Bis einschließlich 2013 können die Leistungen von Schornsteinfegern insgesamt in einer Summe geltend gemacht werden. Ab 2014 ist aufzuteilen in Kehr- und Prüfungsarbeiten.

Konsequenz

Das BMF-Schreiben ist grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden und enthält viele für die Praxis hilfreiche Beispiele. Nichtsdestotrotz ist die Rechtsprechung zu verfolgen, denn es sind noch Revisionsverfahren anhängig (z. B. Straßen- und Gehwegreinigung auf öffentlichem Grundstück oder Müllabfuhr).

Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?

Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?

Kernaussage
Wird dem Schuldner nach Abschluss der Wohlverhaltensphase Restschuldbefreiung erteilt, wandeln sich die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten, d. h. sie sind weiterhin erfüllbar, aber deren Durchsetzbarkeit ist nicht mehr erzwingbar. Bei noch laufendem Insolvenzverfahren begründet die Restschuldbefreiung nicht die Möglichkeit das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds einzustellen. Zwar entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Wohlverhaltensphase. Hinsichtlich des zuvor in die Masse gefallenen Vermögens ist jedoch das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen.

Sachverhalt
Mit Beschluss von Mai 2004 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3.12.2009 erlangte der Schuldner nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung rechtskräftig Restschuldbefreiung. Das Insolvenzverfahren dauerte an. Der Schuldner begehrt die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit der Begründung, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung der Insolvenzeröffnungsgrund weggefallen sei. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Einstellung des Insolvenzverfahrens ist zwar möglich, wenn keine (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegt, jedoch sind die im laufenden Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Insolvenzforderungen zu berücksichtigen. Durch die Restschuldbefreiung werden die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten und können somit bei der Feststellung einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit für ein nach der Restschuldbefreiung zu eröffnendes Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden. Doch im laufenden Insolvenzverfahren sind sie weiterhin zu berücksichtigen. Durch die Loslösung der Erteilung der Restschuldbefreiung von dem Insolvenzverfahren sollen die Insolvenzgläubiger im laufenden Verfahren ihre Rechte nicht verlieren. Bei Einstellung des Insolvenzverfahrens würde der Schuldner nämlich das Recht zurückerlangen, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen, während die Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr durchsetzen könnten. Hierdurch würde der Zweck des Insolvenzverfahrens, nämlich die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger, verfehlt.

Konsequenz
Unabhängig von der Erteilung einer Restschuldbefreiung ist das laufende Insolvenzverfahren fortzuführen.

Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?

Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?

Kernaussage
Trotz dauerhaftem Defizit kann der Betrieb eines Freibades durch Beteiligungserträge körperschaftsteuerpflichtig werden. Gewinnerzielungsabsicht liegt auch dann vor, wenn zur Verbesserung der Ertragslage Aktien in den Betrieb eingelegt werden, um Verluste aus vorangegangenen Jahren mit zukünftigen Erträgen verrechnen zu können.

Sachverhalt
Das gemeindliche Freibad erwirtschaftete erhebliche Verluste. Um dieses Defizit auszugleichen, legte die Klägerin Beteiligungen an 2 Körperschaften ein. Die Beteiligungen waren jeweils geringer als 15 %. Der per Saldo entstandene Gewinn wurde durch das Finanzamt der Gewerbesteuer unterworfen. Durch die geringe Beteiligungshöhe erfolgte keine Kürzung der Dividendenerträge für gewerbesteuerliche Zwecke. Da durch die Einlage nach Ansicht des Finanzamts insgesamt Gewinnerzielungsabsicht bestand, erfolgte die Feststellung eines Gewerbesteuermessbetrags. Die Klägerin hielt dagegen, dass der Betrieb objektiv dauerhaft defizitär sei und daher auch durch die Einlage von Beteiligungen, die im Rahmen der Vermögensverwaltung gehalten wurden, nicht geeignet sei, einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art zu begründen.

Entscheidung
Die gegen die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht (FG) Köln keinen Erfolg. Gewinnerzielungsabsicht liege auch dann vor, wenn zur Verbesserung der Ertragslage Aktien in einen Betrieb eingelegt werden, um die in der Vergangenheit erwirtschafteten Verluste mit künftigen Erträgen aus Dividenden verrechnen zu können. Mit Einlage der Beteiligungen ändere sich die Ertragslage des Betriebs grundlegend. Zudem könnten die Anteile gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH)zugelassen.

Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Im Jahr 2006 hatte das FG Düsseldorf noch gegenteilig mit der Begründung entschieden, die Einlage von Aktien stelle aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine geeignete Maßnahme zur Strukturverbesserung des originären Betriebes dar. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH seine Meinung zu einem späteren Zeitpunkt den Düsseldorfer Richtern anpasst.

Künstler und Umsatzsteuer

Künstler und Umsatzsteuer

Einführung
Die Erbringung kultureller Leistungen wird im Regelfall im Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt, sei es durch die Gewährung von Steuerbefreiungen oder des ermäßigten Steuersatzes (7 %). Allerdings bedeutet dies nicht, dass bestimmte Tätigkeiten im Kulturbetrieb nicht auch dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegen können. Details können hier den Ausschlag geben. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. zeigt dies in einer aktuellen Verfügung auf.

Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD gibt Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Solisten, der Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten etc. Auf Leistungen von Dirigenten ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, sofern diese nicht befreit sind. Während u. a. Intendanten, Regisseure sowie Tontechniker grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, ist bei Bühnen- und Kostümbildnern neuerdings zu differenzieren: Erfolgt der Auftrag ein bestimmtes Bühnenbild oder Kostüm zu entwerfen, so kommt der ermäßigte Steuersatz zum Zuge, weil dies als begünstigte Übertragung eines Urheberrechtes angesehen wird. Erfolgt die Arbeit jedoch nach konkreten Vorgaben, entfällt die Begünstigung. Die Leistungen von Artisten, Zauberern etc. sind ebenso grundsätzlich dem Regelsteuersatz zu unterwerfen; Ausnahmen sind jedoch möglich. Die Veranstaltung von Konzerten ist nur dann begünstigt, wenn durch weitere Leistungen, die in Verbindung hiermit erbracht werden, der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Dabei ist nur die Leistung des einzelnen Unternehmers zu betrachten, nicht hingegen die seines Auftraggebers.

Konsequenzen
Künstler haben verständlicherweise ein Interesse daran, dass ihre Leistungen begünstigt besteuert werden. Da die Begünstigung oftmals von „Kleinigkeiten“ abhängt, ist eine genaue Prüfung erforderlich, um steuerliche Risiken durch eine Fehlbeurteilung zu vermeiden. Die Verfügung kann hierzu als Hilfe herangezogen werden.

Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)

Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)

Kernproblem
Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) tritt nur zusammen, wenn er von einem Senat des BFH angerufen wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn der vorlegende Senat in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats abweichen will oder eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären ist. Der 11 Mitglieder umfassende Große Senat ist nun zur Frage der Aufteilbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer angerufen worden.

Rechtslage
Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH muss das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt werden, um die Aufwendungen zumindest anteilig (bis 1.250 EUR) oder bei qualitativem Mittelpunkt auch vollständig anerkannt zu bekommen. Das lag in der Vergangenheit am streng ausgelegten Aufteilungsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen. Damit ist es aber nach einer bedeutenden Entscheidung des Großen Senats im Jahr 2009 vorbei, als dieser gemischt veranlasste Reisekosten zu einer Messe nach Las Vegas anteilig zum Abzug als Werbungskosten zuließ. Der BFH hatte sich damit weg von seinem früheren Aufteilungsverbot und hin zu einem Aufteilungsgebot bewegt. Dass diese Entwicklung vor den Finanzgerichten (FG)nicht Halt machen würde, konnte man bereits an einer Entscheidung des FG Köln erkennen, das sogar die Kosten einer „Arbeitsecke“ im Wohnzimmer zum Abzug zuließ. Bei anderen dem BFH vorliegenden Fällen wurde ein normal eingerichtetes Arbeitszimmer nachweislich nur zu einem Bruchteil für die Einkunftsart verwendet. Der IX. Senat nahm das jetzt zum Anlass für eine Anfrage an den Großen Senat.

Sachverhalt
Der Vermieter zweier Mehrfamilienhäuser bewohnte ein Einfamilienhaus, in dem er ein mit Schreibtisch, Büroschränken, Regalen sowie einem Computer ausgestattetes häusliches Arbeitszimmer nutzte. Für die Verwaltung seiner vermieteten Immobilen hatte er das Arbeitszimmer nachweislich zu 60 % genutzt. Der IX. Senat will der positiven Vorentscheidung des Niedersächsischen FG folgen und die Aufwendungen zeitanteilig aufteilen, weil das Gesetz die nahezu ausschließliche Nutzung nicht verlange. Dagegen haben der VIII. und der die „Arbeitsecke“ behandelnde X. Senat die Frage aufgeworfen, ob der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers nicht eine so gut wie ausschließliche Nutzung impliziere. Der IX. Senat misst der Vorlagefrage grundsätzliche Bedeutung und große Breitenwirkung zu.

Konsequenz
Bis der Große Senat die Entscheidung getroffen hat, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird oder die Aufwendungen entsprechend der jeweiligen Nutzung aufgeteilt werden können, sollten alle Verfahren offengehalten und zum Ruhen gebracht werden.

Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage

Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage

Kernaussage
Die schenkungsteuerliche Begrenzung des Jahreswerts einer Nutzung findet für Zwecke der Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Auflagen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, müssen grunderwerbsteuerlich folglich nicht nach übereinstimmenden Maßstäben des Schenkungsteuergesetzes berechnet werden.

Sachverhalt
Die Klägerin überließ dem B ein Wohngrundstück, der ihr ein unentgeltliches lebenslängliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht einräumte. Der Jahreswert des Wohnungsrechts wurde mit 9.000 EUR beziffert. Bei der Bemessung der Schenkungsteuer wurden das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht unter Berücksichtigung des für schenkungsteuerliche Zwecke geltenden Maximaljahreswerts einer Nutzung mit 98.110 EUR erwerbsmindernd berücksichtigt. Das Finanzamt ermittelte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer indes einen Wert von 109.170 EUR (9.000 EUR x 12,130) und berücksichtigte dabei gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) nicht die Begrenzung des Jahreswerts nach § 16 BewG. Der hiergegen eingereichten Klage folgte das Finanzgericht mit der Begründung, bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer sei der Kapitalwert nur in der Höhe zu berücksichtigen, in der er bei der Schenkungssteuer bereicherungsmindernd abgezogen würde (98.110 EUR). Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.

Entscheidung
Im Revisionsverfahren folgten die Richter der Argumentation des Finanzamtes. Bei einer Schenkung unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen unterliegt die Auflage mit ihrem Wert der Grunderwerbsteuer. Dieser Wert ermittele sich nach §§ 14 und 15 BewG. Die schenkungsteuerliche Beschränkung des Jahreswerts gemäß § 16 BewG sei für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht anwendbar. Die Festsetzung der Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer habe somit grundsätzlich unabhängig voneinander zu erfolgen.

Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG findet § 16 BewG auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Sie betrifft jedoch nur Fälle, in denen keine sonstige Grunderwerbsteuerbefreiung eintritt. Die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner des Übertragenden sowie Einräumungen an Verwandte in gerader Linie unterliegen beispielsweise nicht der Grunderwerbsteuer.

Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

Einführung
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) steht es dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, wenn der Lieferant zivilrechtlich nicht Eigentümer des gelieferten Gegenstandes war und zudem noch beabsichtigte den Gegenstand in betrügerischer Absicht noch an andere Erwerber zu „veräußern“. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist demnach nicht die zivilrechtliche Betrachtung, sondern ob dem Erwerber der Liefergegenstand so übertragen worden ist, dass dieser faktisch wie ein Eigentümer hierüber verfügen kann.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt nun der Entscheidung des BFH.

Konsequenzen
Das BMF weist nun auf die Entscheidung des BFH im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) hin. Dass dies aber nur widerwillig geschieht wird deutlich, wenn auch die ergänzenden Aussagen des zugehörigen Schreibens aufmerksam gelesen werden. Demnach steht dem Vorsteuerabzug entgegen, wenn der Abnehmer vom Betrug des Lieferanten wusste bzw. hiervon hätte wissen müssen. Dies entspricht zwar den Aussagen des BFH, problematisch ist jedoch, dass die Beweislast hierfür den Erwerber trifft, sobald die Finanzverwaltung „objektive“ Umstände vorlegt, dass er dies hätte wissen können. Der Erwerber muss dann nachweisen, dass er alle Maßnahmen ergriffen hat, um nicht in einen Betrug einbezogen zu werden. Hierzu soll er dokumentieren, dass er sich über die Unternehmereigenschaft des Lieferanten versichert hat. Ebenso sollen die Geräteidentifikationsnummern der Ware aufgezeichnet werden. Wer die Praxis kennt, muss befürchten, dass ein Betriebsprüfer z. B. sehr schnell „objektive“ Umstände findet, die zu einer Umkehr der Beweislast führen. Gerade Unternehmer, die tatsächlich nicht wussten, dass sie in einen Betrug involviert sind, dürften dann selten derartige Aufzeichnungen besitzen. Hier sollte dann auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurückgegriffen werden, die nur in bestimmten Fällen Nachweise der Erwerber fordert, also weniger restriktiv ist, als die Vorstellungen der deutschen Verwaltung.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin