Verordnung zur Änderung der Bodenschätzungs-Durchführungsverordnung

Zur Durchführung der Bodenschätzung, die der steuerlichen und nichtsteuerlichen Bewertung der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen dient, sind im ganzen Bundesgebiet Bodenflächen als Musterstücke auszuwählen und vom Schätzungsbeirat zu schätzen. Die Schätzungsergebnisse sind vom Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung, ohne Zustimmung des Bundesrates, bekannt zu geben (§ 6 Absatz 1 und 3 Bodenschätzungsgesetz – BodSchätzG).

Bei den in der Anlage zu § 1 der Bodenschätzungs-Durchführungsverordnung vom 23. Februar 2012 (BGBl. I Seite 311) aufgeführten Musterstücken haben sich durch weitreichende Organisations- und Gebietsreformen insbesondere in den neuen Ländern zahlreiche Änderungen bei der Zuordnung der Musterstücke ergeben. Darüber hinaus unterliegen zahlreiche Musterstücke durch Überbauung nicht mehr dem Anwendungsbereich des Bodenschätzungsgesetzes und mussten teilweise durch neue Musterstücke ersetzt werden. Die Anlage mit dem Verzeichnis der Musterstücke ist deshalb zu aktualisieren. Sie enthält nunmehr ein Gesamtverzeichnis der 3.967 Musterstücken für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 31. Dezember 2013.

Den Referentenentwurf finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 06.05.2014 zum Referentenentwurf des BMF

Versagung der Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte nach Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob bestandskräftige Einkommensteuerbescheide unter dem Aspekt der widerstreitenden Steuerfestsetzung geändert werden können. Der Kläger übte seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter in einer Einzelkanzlei aus. Er beschäftigte in den Streitjahren 1998 bis 2000 zwei bzw. drei Rechtsanwälte und einen Hochschulingenieurökonomen, fünf bis sieben Fachkräfte sowie einige Hilfskräfte. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Kläger aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Daraufhin erließ es erstmalige Gewerbesteuermessbescheide und geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen insbesondere die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte berücksichtigt wurde.
Der Kläger wendete sich gegen die Gewerbesteuermessbescheide und obsiegte letztlich vor dem Bundesfinanzhof, der an der Rechtsprechung zur sog. Vervielfältigungstheorie nicht länger festhielt (Urteil vom 15. Dezember 2010). Daraufhin hob das Finanzamt die Gewerbesteuermessbescheide am 27. April 2011 auf. Am 10. bzw. 22. Juni 2011 erließ es geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2000, in denen die Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit behandelt wurden, die zuvor gewährte Tarifbegünstigung indes nicht mehr zum Ansatz kam. Dabei berief sich das Finanzamt auf eine Korrektur wegen widerstreitender Steuerfestsetzung.

Die Klage, mit der sich der Kläger gegen die Annahme eines „einheitlichen Lebenssachverhalts“ im Sinne der betreffenden Korrekturvorschrift wendete, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass die aufgehobenen Gewerbesteuermessbescheide auf einer irrigen steuerlichen Beurteilung des für die Besteuerung maßgeblichen Lebenssachverhalts beruhten. Dies sei die Tätigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter. Diesen Sachverhalt habe das Finanzamt zunächst irrig beurteilt, indem es davon ausgegangen sei, dass die Einkünfte gewerbliche Einkünfte darstellten und damit der Gewerbesteuer unterlägen. Diese Annahme habe sich aufgrund des Rechtsbehelfs gegen die Gewerbesteuermessbescheide als irrig erwiesen. Das beklagte Finanzamt habe durch Änderung der Einkommensteuerbescheide zu Lasten des Klägers die richtigen steuerlichen Folgerungen aus dem irrig beurteilten bestimmten Sachverhalt ziehen dürfen. Der Sachverhaltskomplex „Insolvenzverwaltertätigkeit“ sei sowohl in den Gewerbesteuermessbescheiden als auch in den Einkommensteuerbescheiden steuerlich zu qualifizieren.

Eine Änderung sei weiterhin nicht deshalb ausgeschlossen, weil in der Sache über die Ermittlung des Steuertarifs gestritten worden sei. Die Korrekturvorschrift sei nicht allein im Bereich der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage anwendbar. Ebenso wenig sei von Bedeutung, dass der Gewerbesteuermessbescheid kein Grundlagenbescheid für die Ermittlung der Tarifbegrenzung sei. Schließlich sei die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, da der Beklagte die Folgerungen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs innerhalb eines Jahres gezogen habe.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 06.05.2014 zum Urteil 14 K 3588/11 vom 13.03.2014

Erbschaftsteuer: Steuerermäßigung für Grundstücke im Zustand der Bebauung

Die Beteiligten stritten um die Gewährung der Steuerermäßigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke (10 % des Grundstückswerts). Die Erblasserin und ihr Bruder, der Kläger, waren Miteigentümer des mit einem selbstgenutzten Einfamilienhaus bebauten Grundstücks X. Zudem hatten sie die Grundstücke Y und Z erworben, die mit Einfamilienhäusern bebaut und anschließend vermietet werden sollten. Die Klägerin verstarb vor Fertigstellung der Gebäude und wurde von ihrem Bruder beerbt. Dieser vermietete nunmehr sämtliche Objekte. Das beklagte Finanzamt setzte Erbschaftsteuer gegen den Kläger fest. Dagegen legte dieser (erfolglos) Einspruch ein und begehrte die Anwendung der Steuerermäßigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage überwiegend stattgegeben. Zu Unrecht habe das Finanzamt die Steuerermäßigung für die Grundstücke Y und Z nicht gewährt. Hierbei habe es sich um Grundstücke im Zustand der Bebauung gehandelt. Sie seien zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin schon zu einem erheblichen Teil bebaut gewesen. Darüber hinaus seien sie zu Wohnzwecken vermietet gewesen. Zwar seien die Mietverträge erst nach dem Tod der Erblasserin und nach der Fertigstellung der Einfamilienhäuser abgeschlossen worden. Die Steuerermäßigung setze indes nicht voraus, dass der Erblasser selbst einen Mietvertrag abgeschlossen habe. Zu fordern sei allein, dass der Erblasser – wie im Streitfall – eine konkrete Vermietungsabsicht gehabt und diese selbst noch ins Werk gesetzt habe.

Hingegen könne der Kläger die Steuerermäßigung für das Grundstück X nicht beanspruchen. Zum maßgebenden Zeitpunkt des Todes der Erblasserin sei das von der Erblasserin und dem Kläger zu eigenen Wohnzwecken genutzte Grundstück X weder zu Wohnzwecken vermietet gewesen noch habe zu diesem Zeitpunkt eine Vermietungsabsicht bestanden. Der Kläger habe erst nach dem Tod der Erblasserin beschlossen, das Einfamilienhaus (nach Renovierung) zu vermieten.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 06.05.2014 zum Urteil 4 K 4299/13 vom 16.04.2014

Umsatzsteuerrechtliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) – Nichtunternehmer als Teil eines Organkreises

Konsequenzen der Entscheidungen des EuGH C-85/11, C-480/10 und des BFH V R 18/13, XI R 17/11, XI R 38/12

Änderung der Regelungen zur organisatorischen Eingliederung in Abschnitt 2.8 UStAE

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7105 / 11 / 10001 / IV D 2 – S-7105 / 13 / 10003 vom 05.05.2014

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Folgendes:

I. Nichtunternehmer als Teil eines Organkreises (Konsequenzen der EuGH-Urteile vom 9. April 2013, C-85/11, und vom 25. April 2013, C-480/10)

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).

Eine Eingliederung von Nichtunternehmern in Organkreise ist ausgeschlossen. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG steht – auch unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils vom 9. April 2013, C-85/11 – im Einklang mit Artikel 11 MwStSystRL. Nach Auffassung des EuGH geht aus Artikel 11 Abs. 1 MwStSystRL nicht hervor, dass nichtsteuerpflichtige Personen nicht in eine Mehrwertsteuergruppe einbezogen werden können. Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, dass Nichtunternehmer zwingend in die Regelungen zur Organschaft einzubeziehen sind. Vielmehr können die Mitgliedstaaten – wenn sie von der Option des Artikels 11 MwStSystRL Gebrauch machen – auch Nichtunternehmer in eine Mehrwertsteuergruppe einbeziehen; sie sind hierzu jedoch nicht verpflichtet. Dies ergibt sich auch aus dem EuGH-Urteil vom 25. April 2013, C-480/10, wonach die Mitgliedstaaten eine Umsetzung von Artikel 11 Abs. 1 MwStSystRL auf bestimmte Personen beschränken können.

Der Ausschluss von Nichtunternehmern durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG beruht auf Artikel 11 Abs. 2 MwStSystRL, wonach ein Mitgliedstaat, der die Gruppenregelung umgesetzt hat, die erforderlichen Maßnahmen treffen kann, um Steuerhinterziehungen oder -umgehungen durch die Anwendung dieser Bestimmung vorzubeugen. Die nationale Beschränkung der Organschaft auf Unternehmer verhindert, dass durch Einbeziehung von Nichtunternehmern in den Anwendungsbereich des Umsatzsteuersystems insbesondere der Vorsteuerabzug entgegen der Bestimmungen des § 15 UStG auf von diesem Personenkreis bezogene Leistungen missbräuchlich ausgeweitet wird.

Im Übrigen bleibt der Ausgang der vom BFH in den Verfahren XI R 17/11 und XI R 38/12 dem EuGH vorgelegten Vorabentscheidungsersuchen (siehe Abschnitt II) abzuwarten.

II. Konsequenzen des BFH-Urteils vom 8. August 2013, V R 18/13 sowie der Beschlüsse vom 11. Dezember 2013, XI R 17/11 und XI R 38/12

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH kommt es für die Annahme der organisatorischen Eingliederung darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht stattfindet. Mit Urteil vom 8. August 2013, V R 18/13, hat der BFH seine Rechtsprechung geändert. Danach ist es für die organisatorische Eingliederung nicht ausreichend, dass die Muttergesellschaft lediglich sicherstellt, dass eine von ihrem Willen abweichende Willensbildung bei der Tochtergesellschaft nicht stattfindet. Vielmehr muss sie in der Lage sein, ihren Willen in der Organgesellschaft durchzusetzen. In Insolvenzfällen endet die organisatorische Eingliederung, wenn das Insolvenzgericht für die Organgesellschaft einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und zugleich gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO anordnet, dass Verfügungen nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

Darüber hinaus hat der BFH mit Beschlüssen vom 11. Dezember 2013 die Verfahren XI R 17/11 und XI R 38/121 ausgesetzt (Die Beschlüsse werden zeitgleich im Bundessteuerblatt II veröffentlicht) und dem EuGH die folgenden Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:

  1. Nach welcher Berechnungsmethode ist der (anteilige) Vorsteuerabzug einer Holding aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung zum Erwerb von Anteilen an Tochtergesellschaften zu berechnen, wenn die Holding später (wie von vornherein beabsichtigt) verschiedene steuerpflichtige Dienstleistungen gegenüber diesen Gesellschaften erbringt?
  2. Steht die Bestimmung über die Zusammenfassung mehrerer Personen zu einem Steuerpflichtigen in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG einer nationalen Regelung entgegen, nach der (erstens) nur eine juristische Person – nicht aber eine Personengesellschaft – in das Unternehmen eines anderen Steuerpflichtigen (sog. Organträger) eingegliedert werden kann und die (zweitens) voraussetzt, dass diese juristische Person finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch (im Sinne eines Über- und Unterordnungsverhältnisses) „in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist“?
  3. Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Kann sich ein Steuerpflichtiger unmittelbar auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen?

Vor dem Hintergrund der Vorabentscheidungsersuchen wird die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 8. August 2013, V R 18/13, und damit dessen allgemeine Anwendung über den entschiedenen Einzelfall hinaus bis auf weiteres zurückgestellt.

III. Änderung der Regelungen zur organisatorischen Eingliederung in Abschnitt 2.8 UStAE

Abschnitt 2.8 Abs. 9 UStAE enthält Aussagen zur organisatorischen Eingliederung in den Fällen, in denen leitende Mitarbeiter des Organträgers als Geschäftsführer der Organgesellschaft tätig sind. Die Regelungen gehen auf Rechtsprechung des BFH zurück, die auf der Annahme beruht, dass der leitende Mitarbeiter des Organträgers dessen Weisungen bei der Geschäftsführung der Organgesellschaft aufgrund eines zum Organträger bestehenden Anstellungsverhältnisses und einer sich hieraus ergebenden persönlichen Abhängigkeit befolgen wird und er bei weisungswidrigem Verhalten vom Organträger als Geschäftsführer der Organgesellschaft uneingeschränkt abberufen werden kann. Dieses Abhängigkeitsverhältnis besteht jedoch nicht nur bei leitenden, sondern bei allen Mitarbeitern des Organträgers. Die Urteile des BFH sind grundsätzlich weiter anzuwenden, jedoch wird künftig auf das Merkmal der Leitungsfunktion des Mitarbeiters verzichtet. Hierdurch werden zudem Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden.

Daneben ist es notwendig, die in Abschnitt 2.8 Abs. 8 Satz 10 und Abs. 10 Satz 4 und 5 UStAE enthaltenen Aussagen zur Vermittlung der organisatorischen Eingliederung in Beteiligungsketten bzw. zur Annahme einer organisatorischen Eingliederung in Beherrschungs- und Eingliederungsfällen klarstellend näher zu erläutern.

Vor diesem Hintergrund wird Abschnitt 2.8 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 30. April 2014 – IV D 2 – S-7100 / 07 / 10037 (2014/0332437), BStBl I S. xxx geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

  1. Absatz 8 wird wie folgt geändert:
    1. Satz 10 wird gestrichen.
    2. Der bisherige Satz 11 wird der neue Satz 10.
  2. Absatz 9 wird wie folgt gefasst:
    „(9) 1Neben dem Regelfall der personellen Verflechtung der Geschäftsführungen des Organträgers und der Organgesellschaft kann sich die organisatorische Eingliederung aber auch daraus ergeben, dass Mitarbeiter des Organträgers als Geschäftsführer der Organgesellschaft tätig sind (vgl. BFH-Urteil vom 20. 8. 2009, V R 30/06, BStBl II 2010 S. 863). 2Die Berücksichtigung von Mitarbeitern des Organträgers bei der organisatorischen Eingliederung beruht auf der Annahme, dass ein Mitarbeiter des Organträgers dessen Weisungen bei der Geschäftsführung der Organgesellschaft aufgrund eines zum Organträger bestehenden Anstellungsverhältnisses und einer sich hieraus ergebenden persönlichen Abhängigkeit befolgen wird und er bei weisungswidrigem Verhalten vom Organträger als Geschäftsführer der Organgesellschaft uneingeschränkt abberufen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 7. 7. 2011, V R 53/10, BStBl II 2013 S. 218). 3Demgegenüber reicht es nicht aus, dass ein Mitarbeiter des Mehrheitsgesellschafters nur Prokurist bei der vermeintlichen Organgesellschaft ist, während es sich beim einzigen Geschäftsführer der vermeintlichen Organgesellschaft um eine Person handelt, die weder Mitglied der Geschäftsführung noch Mitarbeiter des Mehrheitsgesellschafters ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. 10. 2010, V R 7/10, BStBl II 2011 S. 391).“
  3. In Absatz 10 wird Satz 5 wie folgt gefasst und es werden die neuen Sätze 6 und 7 angefügt:

    5In diesen Fällen ist der Organträger berechtigt, dem Vorstand der Organgesellschaft nach Maßgabe der §§ 308 bzw. 323 Abs. 1 AktG Weisungen zu erteilen.
    6Soweit rechtlich zulässig muss sich dieses Weisungsrecht jedoch grundsätzlich auf die gesamte unternehmerische Sphäre der Organgesellschaft erstrecken.7Aufsichtsrechtliche Beschränkungen stehen der Annahme einer organisatorischen Eingliederung nicht entgegen.“

  4. Nach Absatz 10 wird folgender neuer Absatz 10a eingefügt:

    „(10a) 1Die organisatorische Eingliederung kann auch über eine Beteiligungskette zum Organträger vermittelt werden. 2Die in den Absätzen 7 bis 10 enthaltenen Regelungen kommen grundsätzlich auch in diesen Fällen zur Anwendung. 3Sofern sichergestellt ist, dass der Organträger die Organgesellschaften durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht, ist es jedoch ausreichend, wenn die der organisatorischen Eingliederung dienenden Maßnahmen zwischen zwei Organgesellschaften ergriffen werden.4Dies gilt auch dann, wenn diese Maßnahmen nicht der Struktur der finanziellen Eingliederung folgen (z. B. bei Schwestergesellschaften). 5Es ist zudem ausreichend, wenn die organisatorische Eingliederung mittelbar über eine unternehmerisch oder nichtunternehmerisch tätige Tochtergesellschaft des Organträgers erfolgt. 6Eine nichtunternehmerisch tätige Tochtergesellschaft wird dadurch jedoch nicht zum Bestandteil des Organkreises.

    Beispiel 1:
    1Der Organträger O ist zu 100 % an der Tochtergesellschaft T 1 beteiligt. 2Die Geschäftsführungen von O und T 1 sind personenidentisch. 3T 1 ist zu 100 % an der Enkelgesellschaft E beteiligt. 4Einziger Geschäftsführer der E ist ein bei der Tochtergesellschaft T 1 angestellter Mitarbeiter.

    5Die Tochtergesellschaft T 1 ist aufgrund der personenidentischen Geschäftsführungen organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers O eingegliedert. 6Dies gilt auch für die Enkelgesellschaft E, da durch das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers bei T 1 sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei E nicht stattfindet.

    Beispiel 2:
    1Der Organträger O ist zu 100 % an der Tochtergesellschaft T 1 beteiligt, die als Finanzholding kein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist. 2Die Geschäftsführungen von O und T 1 sind personenidentisch. 3T 1 ist zu 100 % an der grundsätzlich unternehmerisch tätigen Enkelgesellschaft E beteiligt. 4Aufgrund eines abgeschlossenen Beherrschungsvertrages i. S. d. § 291 AktG beherrscht T 1 die E.

    5Die Enkelgesellschaft E ist organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers O eingegliedert. 6Aufgrund der personenidentischen Geschäftsführungen von O und T 1 sowie des zwischen T 1 und E abgeschlossenen Beherrschungsvertrags ist sichergestellt, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei E nicht stattfindet. 7Die nichtunternehmerisch tätige Tochtergesellschaft T 1 wird hierdurch jedoch nicht zum Bestandteil des Organkreises.

    Beispiel 3:
    1Der Organträger O ist zu 100 % an den Tochtergesellschaften T 1 und T 2 beteiligt. 2Die Geschäftsführungen von O und T 1 sind personenidentisch.3Einziger Geschäftsführer der T 2 ist ein bei der Tochtergesellschaft T 1 angestellter Mitarbeiter.

    4Die Tochtergesellschaft T 1 ist aufgrund der personenidentischen Geschäftsführungen organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers O eingegliedert. 5Dies gilt auch für die Tochtergesellschaft T 2, da durch das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers bei T 1 sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei T 2 nicht stattfindet.

    Beispiel 4:
    1Der im Ausland ansässige Organträger O unterhält im Inland eine Zweigniederlassung. 2Daneben ist er zu 100 % an der im Inland ansässigen Tochtergesellschaft T 1 beteiligt. 3Einziger Geschäftsführer der T 1 ist der bei O angestellte Leiter der inländischen Zweigniederlassung.

    4Die Tochtergesellschaft T 1 ist organisatorisch ist das Unternehmen des Organträgers O eingegliedert. 5Durch das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers bei O ist sichergestellt, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei T 1 nicht stattfindet. 6Die Wirkungen der Organschaft sind jedoch auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt.“

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1. Januar 2015 ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn sich die am vermeintlichen Organkreis Beteiligten bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts übereinstimmend auf Abschnitt 2.8 Abs. 9 UStAE in der am 4. Mai 2014 geltenden Fassung berufen.

Die Anwendung der Übergangsregelung des BMF-Schreibens vom 7. März 2013 in der Fassung des Schreibens vom 11. Dezember 2013 bleibt unberührt.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.

Quelle: BMF

Weniger Steuern auf Lizenzeinnahmen

Berlin: (hib/HLE) In zwölf Staaten werden nach Erkenntnissen der Bundesregierung Lizenzeinkünfte zu Vorzugskonditionen besteuert. In einer Antwort der Regierung (18/1238) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/1125) wird zum Beispiel Belgien aufgeführt. Bei einem regulären Steuersatz von 34 Prozent beträgt der effektive Steuersatz auf Lizenzeinkünfte nur 6,8 Prozent. In Frankreich beträgt der effektive Steuersatz auf Lizenzeinkünfte 15 Prozent, während der reguläre Steuersatz 33,33 Prozent beträgt. In Luxemburg beträgt der Satz für Lizenzeinkünfte 5,72 Prozent, der reguläre Steuersatz 29,63 Prozent. Vergleichbare Regelungen gibt es auch in den Niederlanden, Portugal, Spanien, Ungarn und im Vereinigten Königreich. Gar keine Steuern auf Lizenzeinkünfte werden in den Ländern Malta und Zypern erhoben. In der Schweiz hat der Kanton Nidwalden einen effektiven Steuersatz auf Lizenzeinkünfte von 8,8 Prozent, während der reguläre Steuersatz 20,6 Prozent beträgt. In Irland wurde die sogenannte Patentboxregelung im Zusammenhang mit den finanziellen Unterstützungsmaßnahmen durch die EU 2011 aufgehoben.

Die Bundesregierung sieht die Vorzugsbehandlung kritisch: „Es bestehen Bedenken, dass es durch die steigende Zahl an Patentboxregelungen zunehmend zu einem volkswirtschaftlich schädlichen Steuerwettbewerb kommt, der das Besteuerungsniveau insbesondere für international operierende Unternehmen absenkt.“ In der Antwort weist die Bundesregierung auf Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem hin.

Quelle: Deutscher Bundestag

 

Kalte Progression: Finanzminister Schneider fordert strukturelle Gegenfinanzierung für die Länder

Finanzminister Schneider unterstützt die aktuellen Forderungen nach einem Abbau der kalten Progression: „Tariferhöhungen müssen bei den Menschen ankommen. Das ist eine Frage der Steuergerechtigkeit.“

Unstrittig sei jedoch, dass die Länder eine strukturelle Gegenfinanzierung dafür brauchen. Steuerentlastungen dürften nicht auf Kosten notwendiger Investitionen und der Haushaltskonsolidierung gehen. „Die erwarteten guten Steuereinnahmen müssen wir zum Schuldenabbau nutzen. Das verlangt sowohl die Schuldenbremse als auch unsere Verantwortung für die nächsten Generationen“, so Schneider.

Schneider appelliert vor diesem Hintergrund erneut für eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags unter gleichzeitiger Überführung in den Tarif der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Auf diese Weise würden die Länder in die Lage versetzt, sich an dem notwendigen Abbau der „kalten Progression“ zu beteiligen. Auch eine Anpassung des Tarifverlaufs vom derzeitigen „normalen“ Spitzensteuersatz von 42 % an den Steuersatz von 45 % ist für Schneider als weitere Gegenfinanzierungsmaßnahme zum Abbau der kalten Progression denkbar.

Das Aufkommen des Solidaritätszuschlags von 5,5 % steht bislang allein dem Bund zu. Einen immer größeren Anteil an diesen Einnahmen verwendet der Bund, um allgemeine finanzielle Mehrbedarfe abzudecken. Während der Laufzeit des Solidarpakts II von 2005 bis 2019 erhält der Bund dank des Solidaritätszuschlags insgesamt 207,8 Milliarden Euro, zahlt aber nur etwa 156 Milliarden Euro für den Aufbau Ost. Der Bundesfinanzminister nimmt somit gut 50 Milliarden Euro mehr ein, als er für die Stärkung der neuen Bundesländer ausgibt. Eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags unter gleichzeitiger Überführung in den Tarif der Einkommen- und der Körperschaftsteuer wäre gerecht, denn dann bekämen die Länder den ihnen „zustehenden“ Anteil an den Mehreinnahmen.

Quelle: FinMin Niedersachsen, Pressemitteilung vom 05.05.2013

Unzulässige Richtervorlage zum Entfallen eines Verlustvortrags nach einem sog. Mantelkauf

Mit am 06.05.2014 veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die Unzulässigkeit einer Richtervorlage des Bundesfinanzhofs festgestellt. Das Verfahren der konkreten Normenkontrolle betrifft eine Übergangsvorschrift aus dem Körperschaftsteuergesetz, die den zeitlichen Anwendungsbereich einer im Jahr 1997 verschärften Regelung zur Verhinderung des sog. Mantelkaufs definiert. Der Bundesfinanzhof war der Auffassung, dass die in der Übergangsvorschrift enthaltene Stichtagsregelung nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. Der Vorlagebeschluss entspricht jedoch nicht den Begründungsanforderungen zur Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm; er setzt sich nicht ausreichend mit der einschlägigen fach- und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auseinander.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
1. Das Körperschaftsteuergesetz gewährt unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, einen Verlust aus dem laufenden Jahr in späteren Jahren gewinnmindernd geltend zu machen (sog. Verlustvortrag). Zu diesem Zweck wird der am Schluss des jeweiligen Veranlagungszeitraums nicht ausgeglichene Verlust als „verbleibender Verlustvortrag“ in einem Bescheid gesondert festgestellt.

Nach dem früheren § 8 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) setzte die Berechtigung zum Verlustvortrag unter anderem die wirtschaftliche Identität mit der Gesellschaft voraus, die den Verlust erlitten hat. Dies soll verhindern, dass durch Veräußerung von Geschäftsanteilen einer im Wesentlichen vermögenslosen Kapitalgesellschaft (d. h. eines Mantels) – wirtschaftlich betrachtet – Verlustvorträge verkauft werden können. Im Jahr 1997 wurden die Kriterien des früheren § 8 Abs. 4 KStG verschärft: Demnach liegt wirtschaftliche Identität insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt. Unschädlich ist jedoch eine Zuführung neuen Betriebsvermögens zur Sanierung des Geschäftsbetriebs, der dann in den folgenden fünf Jahren in vergleichbarem Umfang fortgeführt werden muss. § 54 Abs. 6 KStG enthält die Übergangsvorschrift zu dieser Verschärfung: Sie ist im Grundsatz erstmals für den Veranlagungszeitraum 1997 anzuwenden, ausnahmsweise aber dann erstmals für den Veranlagungszeitraum 1998, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Identität zwischen dem 1. Januar und dem 5. August 1997 eingetreten ist. Der 5. August 1997 ist der Tag des Gesetzesbeschlusses im Deutschen Bundestag.

2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine GmbH. Einen auf das Jahresende 1996 festgestellten verbleibenden Verlustvortrag berücksichtigte das Finanzamt im Jahr 1997 nicht. Die dagegen erhobene Klage führte zu einem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (I. Senat) vom 8. Oktober 2008, dessen Ausführungen dieser durch Beschluss vom 14. März 2011 ergänzte. Nach der verschärften Verlustabzugsbeschränkung des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG sei die Klägerin mit der Kapitalgesellschaft, die den Verlust erlitten habe, wirtschaftlich nicht mehr identisch. Diese Regelung sei wegen der Übergangsvorschrift bereits für das Jahr 1997 anzuwenden. Der Verlust der wirtschaftlichen Identität sei vor dem 1. Januar 1997 eingetreten, so dass der Ausnahmetatbestand für Fälle, bei denen der Verlust der wirtschaftlichen Identität zwischen dem 1. Januar und dem 5. August 1997 eingetreten ist, nicht eingreife. Aufgrund dieser Ungleichbehandlung hält der Bundesfinanzhof die Übergangsvorschrift für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG.

Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die Vorlage ist unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen, die an die Begründung einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zu stellen sind. Zwar wird die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage hinreichend dargelegt. Die Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm reichen jedoch nicht aus.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Vorlagebeschluss den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben, die naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erörtern, sich eingehend sowohl mit der einfachrechtlichen als auch mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, dabei die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen und insbesondere auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehen.

2. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Ausführungen zum verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab, die sich lediglich allgemein zu den Anforderungen des Gleichheitssatzes verhalten, der vorliegenden Fallgestaltung gerecht werden. Sie lassen insbesondere unberücksichtigt, dass es sich bei § 54 Abs. 6 KStG um eine Übergangsvorschrift handelt.

3. Jedenfalls setzt sich die Vorlage nicht ausreichend mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und mit der im Ergänzungsbeschluss herangezogenen Verfassungsrechtsprechung auseinander.

a) Im Vorlagebeschluss weicht der Bundesfinanzhof in mehrfacher Hinsicht von Wertungen der eigenen Rechtsprechung ab, ohne diese Abweichungen zu thematisieren. Dies betrifft insbesondere das Urteil des vorlegenden I. Senats vom 27. August 2008, das die Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG auf einen Fall betraf, in dem der Verlust der wirtschaftlichen Identität zwischen dem 1. Januar und dem 5. August 1997 eingetreten war. In diesem Urteil entschied der Bundesfinanzhof, es stehe der Versagung des Verlustabzugs im Jahr 1998 nicht entgegen, dass das Finanzamt den verbleibenden Verlustvortrag für 1997 positiv festgestellt habe. Abweichend hiervon leitet der I. Senat jedoch im vorgelegten Verfahren aus dem Ablauf mindestens eines Veranlagungszeitraums und dem Erlass eines rechtmäßigen Verlustfeststellungsbescheids eine schutzwürdige Bekräftigung von Vertrauen für das Folgejahr her.

Im gleichen Urteil nahm der vorlegende I. Senat an, die Anwendung der verschärften Regelung für das Jahr 1998 greife nicht in rechtsstaatlich unzulässiger Weise in bereits abgeschlossene Sachverhalte ein und verletze das Vertrauen der beteiligten Steuerpflichtigen nicht. Wenn demnach Vertrauensschutz allenfalls in Bezug auf den Veranlagungszeitraum besteht, in welchem die Umstrukturierungsmaßnahmen vorgenommen werden, hätte der Gesetzgeber diesem Vertrauen mit der Übergangsvorschrift ausreichend Rechnung getragen. Bei Umstrukturierungen vor 1997 hätte schutzwürdiges Vertrauen allenfalls im Jahr der Umstrukturierung, nicht aber noch im Jahr 1997 bestanden, so dass gerade keine Vergleichbarkeit beider Fallgruppen vorliegt.

Das weitere Argument des Bundesfinanzhofs im Vorlagebeschluss, es könne nicht unterstellt werden, dass die Neuregelung diese Unternehmen wirtschaftlich weniger hart treffe, weil sie Verluste möglicherweise noch nicht hätten nutzen können, vernachlässigt die sich aufdrängende Frage, inwieweit das Interesse von Unternehmen an einer tatsächlichen oder gar bestmöglichen Nutzung von Verlusten in späteren Veranlagungszeiträumen überhaupt schutzwürdig ist.

b) Im Ergänzungsbeschluss geht der Bundesfinanzhof von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit einer unechten Rückwirkung mit den Grundsätzen des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes aus. Er nimmt an, dass von der Verschärfung des § 8 Abs. 4 KStG in erheblichem Umfang auch Fälle erfasst werden, bei denen keine missbräuchliche Gestaltung vorliegt. Jedoch geht der vorlegende I. Senat der naheliegenden Frage nicht nach, ob eine etwaige überschießende Wirkung wegen der im Steuerrecht bestehenden Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung – hier: der typisierenden Bekämpfung von missbräuchlichen Gestaltungen – verfassungsrechtlich sowohl für Neufälle als auch für Altfälle hingenommen werden kann. Zudem fehlt es an einer ausreichenden Darlegung der Vergleichbarkeit des Sachverhalts, der der herangezogenen Verfassungsrechtsprechung zugrunde lag, mit der hier zu beurteilenden Fallgestaltung.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung vom 06.05.2014 zum Beschluss 2 BvL 2/09 vom 01.04.2014

Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen im Zusammenhang mit steuerfreien Seminaren

BFH-Urteil vom 8. März 2012, V R 14/11, BStBl II S. 630

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7242-a / 12 / 10001 vom 29.04.2014

Mit dem o. g. Urteil hat der BFH entschieden, dass Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen, die ein gemeinnütziger Verein im Zusammenhang mit steuerfreien Seminaren erbringt, gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Anwendung des BFH-Urteils vom 8. März 2012, V R 14/11, BStBl II S. 630
Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. März 2012, V R 14/11, BStBl II S. 630, sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1. Januar 2013 ausgeführte Umsätze wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers – nicht beanstandet, wenn der Unternehmer entsprechende Leistungen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG unterwirft.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Abschnitt 12.9 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 10. April 2014 – IV D 2 – S-7306 / 13 / 10001 (2014/0338741), BStBl I S. …, geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.) Abs. 10 Nr. 7 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

2Mit der Durchführung von Lehrveranstaltungen selbst werden die steuerbegünstigten Zwecke der in § 68 Nr. 8 AO bezeichneten Zweckbetriebe verwirklicht; soweit dabei den Teilnehmern Beherbergungs- oder Beköstigungsleistungen erbracht werden vgl. BFH-Urteil vom 08.03.2012, V R 14/11, BStBl II S. 630 sowie die Ausführungen in Absatz 11;

2.) Absatz 11 wird wie folgt gefasst:

„Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden

1Vorbehaltlich der Regelungen der Absätze 12 bis 14 unterliegen von Zweckbetrieben ausgeführte Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Zweckbetrieb insgesamt nicht in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. 2Einnahmen aus derartigen Umsätzen werden zusätzlich erzielt, wenn die Umsätze nicht lediglich Hilfsumsätze (Abschnitt 19.3 Abs. 2 Sätze 4 und 5) sind (zusätzliche Einnahmen). 3Ein Zweckbetrieb dient in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen, wenn mehr als 50 % seiner gesamten steuerpflichtigen Umsätze durch derartige (zusätzliche und wettbewerbsrelevante) Leistungen erzielt werden. 4Leistungen sind dann nicht wettbewerbsrelevant, wenn sie auch bei allen anderen Unternehmern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (z. B. die Lieferungen von Speisen oder seit dem 01.01.2010 Beherbergungsleistungen).5Umsatzsteuerfreie Umsätze sowie umsatzsteuerrechtlich als nicht steuerbare Zuschüsse zu beurteilende Zuwendungen sind – unabhängig von einer ertragsteuerrechtlichen Beurteilung als Betriebseinnahmen – keine zusätzlichen Einnahmen im Sinne des Satzes 3. 6Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass ein Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 3 UStG des Zweckbetriebs die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO insgesamt nicht übersteigt. 7Da sich bei Leistungen gegenüber in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen kein Wettbewerbsvorteil ergibt, ist es nicht zu beanstanden, wenn diese Umsätze bei der betragsmäßigen Prüfung unberücksichtigt bleiben.“

Die Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Nichtbeanstandungsregelung in Abschnitt I dieses Schreibens bleibt hiervon unberührt.

Quelle: BMF

Steuererklärungsfristen 2013

  1. Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2013
  2. Fristverlängerung

I. Abgabefrist für Steuererklärungen

(1) Für das Kalenderjahr 2013 sind die Erklärungen

  • zur Einkommensteuer – einschließlich der Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung sowie zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags –,
  • zur Körperschaftsteuer – einschließlich der Erklärungen zu gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerveranlagung durchzuführen sind, sowie für die Zerlegung der Körperschaftsteuer –,
  • zur Gewerbesteuer – einschließlich der Erklärungen zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungsvortrags sowie für die Zerlegung des Steuermessbetrags –,
  • zur Umsatzsteuer sowie
  • zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes

nach § 149 Absatz 2 der Abgabenordnung (AO)

bis zum 31. Mai 2014

bei den Finanzämtern abzugeben.

(2) Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des fünften Monats, der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres 2013/2014 folgt.

II. Fristverlängerung

(1) Sofern die vorbezeichneten Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§  3 und 4  StBerG angefertigt werden, wird vorbehaltlich des Absatzes 2 die Frist nach § 109 AO allgemein

bis zum 31. Dezember 2014

verlängert. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln (Abschnitt I Absatz 2), tritt an die Stelle des 31. Dezember 2014 der 31. Mai 2015.

(2) Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn

  • für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht abgegeben wurden,
  • für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit nach § 233a Absatz 2 Satz 1 AO nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
  • sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat,
  • hohe Abschlusszahlungen erwartet werden,
  • für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder
  • die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert.

Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden.

(3) Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen bis zum 28. Februar 2015 bzw. in den Fällen des Abschnitts I Absatz 2 bis zum 31. Juli 2015 verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht.

(4) Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt auch nicht für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2013 endete. Hat die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor dem 31. Dezember 2013 geendet, ist die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben (§ 18 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes ).

 

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 02.01.2014 – S 0320

BStBl 2014 I S. 64Diese Erlasse ergehen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen.

Inhaltlich gleichlautend

Finanzministerium Baden-Württemberg – S 0320/49

Bayerisches Staatsministerium der Finanzen – 37-S 0320-001-41874/13

Senatsverwaltung für Finanzen Berlin – S 0320-1/2012

Hessisches Ministerium der Finanzen

Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg – 33-S 0320/A2013#V002

Senator für Finanzen Bremen – S 0320 – 13-2 – 4542

Finbehörde Hamburg – 51-S-0320-008/12

Finanzministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern – IV-S 0320-00000-2013/001-012

Niedersächsisches Finanzministerium – S 0320 – 61 – 33 11

Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen – S 0320 – 1 – VA2

Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz – S 0320 A – 10-005 – 446

Ministerium der Finanzen Saarland – S 0320-1#026

Sächsisches Staatsministerium der Finanzen – 31-S 0320/42/1-2013/212351

Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt – 44 – S 0320 – 44

Ministerium der Finanzen Schleswig-Holstein – S 0320-076

Finanzministerium Thüringen – S 0320 A – 1 – 23.1


Fundstelle(n):

BStBl 2014 I Seite 64

Vergütung der Prüfung von Bescheiden des Finanzamts nach der Steuerberatergebührenverordnung

Abrechnung von Prüfungen von Bescheiden des Finanzamts nach der Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV) im Einspruchsverfahren:  Tatbestand des § 28 StBGebV („Prüfung von Steuerbescheiden“) erfüllt ist, da dies nach § 40 Abs. 2 StBGebV zu einer ermäßigten Geschäftsgebühr führt.

 

FG Berlin-Brandenburg · Beschluss vom 20. Mai 2008 · Az. 9 KO 3/07

  • Gericht:

    FG Berlin-Brandenburg

  • Datum:

    20. Mai 2008

  • Aktenzeichen:

    9 KO 3/07

  • Typ:

    Beschluss

  • Fundstelle:

    openJur 2012, 8671

  • Verfahrensgang:

Öffentliches Recht Steuer- und Abgabenrecht

Tatbestand

I. Der Erinnerungsführer wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Finanzgerichts Berlin vom 7. Februar 2005, mit dem die vom Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten auf 392,54 € festgesetzt wurden, und begehrt eine Erhöhung des Betrages.Mit der durch Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 7. August 2001 erhobenen, unter dem Aktenzeichen 7 K 6272/01 geführten Klage begehrte der Erinnerungsführer erfolgreich die Aufhebung des Bescheids des Erinnerungsgegners vom 20. November 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Juli 2001, mit dem ihm Vollstreckungskosten in Höhe von 3.995,- DM auferlegt worden waren. Durch Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 16. September 2003 wurden dem Erinnerungsgegner die Kosten des Klageverfahrens auferlegt und die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig erklärt. Den Wert des Verfahrensgegenstandes setzte das Gericht auf 2.042,61 € (entspricht 3.995,- DM) fest.Für seinen nachfolgenden Kostenfestsetzungsantrag vom 24. September 2003 machte der Erinnerungsführer zu erstattende Kosten in Höhe von 512,57 € – nebst Gerichtskosten von 81,00 € – geltend. Dies beruhte auf folgender, von den Gebührensätzen der Anlage 1 zu § 11 BRAGO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Euro-Tabelle) ausgehender Berechnung:Geschäftsgebühr Vorverfahren        gemäß § 139 Abs. 3 S. 3 FGO, § 41 StBGebV, 10/10 Gebühr161,00 €Prozessgebühr,        gemäß § 45 StBGebV, §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO,        10/10 Gebühr, Kürzung 10 %144,90 €Verhandlungsgebühr        Gemäß § 45 StBGebV, §§ 6 Abs. 1, 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO,        8/10 Gebühr, Kürzung 10 %115,92 €Auslagenpauschale  20,00 €Zwischensumme441,82 €Umsatzsteuer (16 %)  70,69 €Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Februar 2005 setzte der Urkundsbeamte des Finanzgerichts Berlin die erstattungsfähigen Kosten auf 392,54 € fest. Die der Festsetzung zugrund liegende Berechnung beruht auf den in Euro-Beträge umgerechneten Gebührensätzen der Anlage 1 zu § 11 BRAGO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (DM-Tabelle):Geschäftsgebühr Vorverfahren,        gemäß § 41 Abs. 3 StBGebV, 5,5/10 Gebühr  74,52 €Prozessgebühr, 10/10 Gebühr, Kürzung 10 %121,94 €Verhandlungsgebühr, 10/10 Gebühr, Kürzung 10 %121,94 €Postpauschale  20,00 €Umsatzsteuer (16 %)  54,14 €Hiergegen hat der Erstattungsberechtigte am 22. Februar 2005 die vorliegende Erinnerung erhoben, mit der er sich gegen die Berechnung des Erstattungsbetrages wendet:Soweit mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss auch für die Verhandlungsgebühr ein Gebührensatz von 10/10 – statt – wie von ihm beantragt – 8/10 – berücksichtigt wurde, hat er sich dem angeschlossen. Auch seinen mit der Erinnerung erhobenen Einwand, dass nicht ersichtlich sei, warum für die Gebühren des Klageverfahren nur 121,94 € angesetzt worden seien, hat er zuletzt nicht mehr aufrechterhalten.Er beruft sich darauf, dass für die Geschäftsgebühr des Vorverfahren die Gebührenermäßigung nach § 41 Abs. 3 Steuerberatergebührenverordnung – StBGebV – nicht einschlägig sei, da es sich bei dem angefochtenen Bescheid weder um einen Steuerbescheid noch um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 122 AO gehandelt habe. Auch sei der angefochtene Bescheid – entgegen der Ausgangslage bei einem Steuerbescheid – nicht auf Antrag der Bevollmächtigten ergangen. Der Ansatz der vollen Gebühr nach § 41 Abs. 1 StBGebV sei aufgrund des Umfangs, der Schwierigkeit der Tätigkeit, die auch durch die zeitlich verzögerte Bearbeitung durch die Behörde bedingt gewesen sei, gerechtfertigt. Für das Rechtsbehelfsverfahren sei es notwendig gewesen, sich mit dem gesamten Sachverhalt noch einmal auseinanderzusetzen.Über seinen ursprünglichen Festsetzungsantrag hinausgehend macht der Erinnerungsführer zudem geltend, eine gesonderte Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € für die Kosten des Vorverfahren zu berücksichtigen.Der Erinnerungsführer, der zunächst die Erhöhung des Betrages auf 569,38 € begehrte, hat mit Schriftsatz vom 14. November 2007 seine Erinnerung zurückgenommen, soweit diese gegen die Höhe der Gebühren des Klageverfahren gerichtet gewesen ist, so dass er nunmehr die Erhöhung des Kostenfestsetzungsbetrages auf 516,06 € fortverfolgt.Der Erinnerungsgegner hält daran fest, dass für die Berechnung der Geschäftsgebühr des Vorverfahrens § 41 Abs. 3 StBGebV einschlägig sei, da der Bescheid über die Berechnung der Vollstreckungskosten ein Verwaltungsakt sei und § 28 StBGebV auch bei allen Verwaltungsakten im Sinne des § 118 AO anzuwenden sei. Die hierdurch bedingte Gebührenermäßigung sei immer gerechtfertigt, da sich aufgrund der Vorkenntnisse des Falles der Arbeitsaufwand des Beraters vermindere.

Gründe

II. Die gemäß § 149 Abs. 2 FGO zulässige Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Finanzgerichts Berlin vom 07. Februar 2005 hat teilweise Erfolg. Die dem Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten waren im ausgesprochenen Umfang zu erhöhen.1) Prozess- und Verhandlungsgebühr des Klageverfahrensa) Nach § 47 a Satz 1 StBGebV ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Änderung der Steuerberatergebührenverordnung – hier durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung ab dem 01. Juli 2004, wodurch § 45 StBGebV seither die entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz/RVG) anordnet – erteilt wurde.Die Klage zum Aktenzeichen 7 K 6272/01 B erhob der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 7. August 2001, so dass nicht zweifelhaft erscheint, dass der unbedingte Auftrag hierzu vor der Änderung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung zum 1. Januar 2002 und der Steuerberatervergütungsverordnung zum 1. Juli 2004 erteilt worden war.Gemäß § 45 der Gebührenverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (Steuerberatungsgebührenverordnung) – StBGebV – in der vorliegend maßgeblichen bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung sind für die Vergütung des Steuerberaters im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung – BRAGO – sinngemäß anzuwenden. Auch für die Bestimmung der maßgeblichen Fassung der Anlage 1 zu § 11 BRAGO ist gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist, denn die Änderung der BRAGO durch das Gesetz zur Umstellung des Kostenrechts auf Euro (KostREuroUG) wird von § 134 BRAGO erfasst (ebenso OLG München, Beschluss vom 16. April 2002 – 11 W 1138/02 – juris).b) Die entstandenen Prozess- und Verhandlungsgebühren hat der Kostenbeamte demnach zutreffend gemäß §§ 114 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BRAGO und gemäß der Anlage 1 zu § 11 BRAGO in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung („DM – Tabelle“) berechnet.Danach betrug bei einem Gegenstandswert bis 4.000 DM die volle Gebühr 265 DM = 135,49 €, so dass abzüglich der auch vom Erinnerungsführer vollzogenen Kürzung um 10 % gemäß der Ermäßigungssatz-AnpassungsVO vom 15. April 1996 (BGBl. I S. 604) die volle Gebühr mit 121,94 € zutreffend berechnet ist. Hiergegen hat sich auch der Erinnerungsführer zuletzt nicht mehr gewandt und erkannt, dass der abweichenden Berechnung seiner Bevollmächtigten mit je 144,90 € unzutreffend die erst zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Euro-Gebührentabelle zugrunde gelegt wurde.2) Geschäftsgebühr des Vorverfahrensa) Die erstattungsfähige Geschäftsgebühr für die Vertretung des Erinnerungsführers im Vorverfahren beträgt gemäß §§ 40 Abs. 1 Nr. 1, 41 Abs. 1 StBGebV 5 Zehntel bis 10 Zehntel der Gebühr nach Tabelle E. Maßgeblich ist auch hier schon wegen ihrer Entstehung im Jahre 2000 die „DM-Tabelle“ – Anlage 5 Tabelle E, Rechtsbehelfstabelle zur StBGebV in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung vom 20.08.1998 (BGBl. I 1998, 2377).b) Entgegen der Berechnung des Kostenbeamten ist die Ermäßigung gemäß § 41 Abs. 3 StBGebV nicht anwendbar. Die Voraussetzungen gemäß § 41 Abs. 3 StBGebV, wonach sich die Geschäftsgebühr auf 3 bis 8 Zehntel einer vollen Gebühr ermäßigt, wenn Gebühren nach § 28 StBGebV entstanden sind, ist nicht gegeben. Für den Bevollmächtigten des Erinnerungsführers ist vor der Erhebung des Einspruchs keine Gebühr nach § 28StBGebV angefallen.Gemäß § 28 StBGebV hat der Steuerberater für die Prüfung eines Steuerbescheides die Zeitgebühr zu erhalten. Nach allgemeiner Ansicht erfasst die Regelung nicht nur Steuerfestsetzungsbescheide im Sinne des § 155 AO, sondern auch weitere nach Maßgabe der Abgabenordnung erlassene Bescheide die in „steuerbescheidähnlicher“ Form ergehen (vgl. Eckert, Steuerberatergebührenverordnung, 4. Auflage, 2003, Anm. 2 zu § 28 StBGebV). Auch der Senat geht davon aus, dass der Begriff des Steuerbescheides im Sinne des § 28 StBGebV nicht auf den Steuerbescheid im Sinne des § 155 Abs. 1 AO beschränkt ist. Bei der vorliegend gebotenen Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass gemäß § 2 StBGebV die Gebühren in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Steuerberatergebührenverordnung zu bemessen sind, wenn in dieser Verordnung über die Gebühren für eine Berufstätigkeit des Steuerberaters nichts bestimmt ist.Aus dem Wortgehalt des § 28 StBGebV, aus dem Sinn und Zweck der Regelung und aus der nach § 2 StBGebV gebotenen sinngemäßen Anwendung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass § 28 StBGebV auf alle nach Maßgabe der §§ 118 ff AO bekannt gegebenen Verwaltungsakte anwendbar ist (so FG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Februar 2001, 13 KO 7104/00 KF, EFG 2001, 858 unter Hinweis auf FG Sachsen, Beschluss vom 31. August 1998, 3 KO 13/98, D-spezial 1998, Nr. 45, 7 und juris).Eine erweiternde Auslegung des Begriffs des „Steuerbescheides“ im Sinne des § 28 StBGebV auf alle Verwaltungsakte, die nach der Abgabenordnung erlassen werden, lässt der Wortgehalt der gesetzlichen Regelung nicht zu. Von einer zulässigen Wortgehaltsauslegung gedeckt erscheint die Auslegung im Sinne von „steuerlicher Bescheid“, so dass der Anwendungsbereich nicht auf den Steuerbescheid im Sinne des § 155 AO beschränkt bleibt. Nach Maßgabe der §§ 118 AO sind aber auch sonstige Verwaltungsakte der Finanzbehörden zu erlassen – wie etwa der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende Bescheid über die Auferlegung von Vollstreckungskosten, sonstige im Rahmen des Vollstreckungsverfahren erlassene Verfügungen oder z.B. die Anordnung von Prüfungsmaßnahmen (vgl. hierzu die Anwendung von § 28 StBGebV verneinend FG Berlin, Beschluss vom 1. Juli 1986 – V 70/85, EFG 1986, 625). Diese können nicht als Steuerbescheide, auch nicht bei einer weiten Auslegung dieses Begriffs im Sinne von „steuerliche“ Bescheide subsumiert werden, da sie die Steuerfestsetzung weder unmittelbar noch mittelbar berühren und auch nicht – wie etwa der Haftungsbescheid – akzessorisch mit dem Steuerbescheid verbunden sind.Eine auf alle nach Maßgabe der §§ 118 AO erlassenen Verwaltungsakte ausgedehnte Anwendung des § 28StBGebV würde auch dem hiermit verfolgten gesetzgeberischen Ziel, wie dieses aus der Gesetzesbegründung ersichtlich wird, nicht entsprechen: Danach soll durch die vorgesehene Zeitgebühr der (zusätzliche) zeitliche Aufwand erfasst werden, den der Steuerberater hat, um einen Steuerbescheid zu überprüfen. Er soll die Zeitgebühr für die Bescheidprüfung erhalten, gleichgültig ob er die Steuererklärung, die dem zu prüfenden Bescheid zugrunde liegt, selbst angefertigt hat oder nicht. Der Ansatz der gesonderten Gebühr sei auch in den Fällen gerechtfertigt, in denen der Steuerberater die Steuererklärung selbst vorbereitet hat, weil die Prüfung des Bescheids nicht nur einen Vergleich der mit der Veranlagung zu Grunde gelegten Beträge mit den Angaben in der Steuererklärung erfordert, sondern daneben eine Prüfung der Kassenabrechnung der Finanzbehörde einschließlich etwaiger Umbuchungen sowie eine Überprüfung der Vorauszahlungen anhand des im Vorauszahlungszeitraum erzielten Betriebsergebnisses notwendig mache (so die amtliche Begründung zu § 28 StBGebV, zitiert bei Eckert, a. a. O.) Diese Erwägungen des Gesetzgebers belegen, dass die besonderen Anforderungen erfasst werden sollen, die bestehen, wenn eine vom Finanzamt erfolgte Steuerberechnung und -festsetzung zu überprüfen ist. Die Zeitgebühr ist jedoch nicht für die allgemeinen Rechtmäßigkeitsprüfungen vorgesehen, die zu jedem behördlichen Bescheid in Betracht kommen.Diese abweichende Zielrichtung verbietet auch die sinngemäße Anwendung gemäß § 2 StBGebV im vorliegenden Fall. Es besteht kein Bedarf, die vor der Erhebung des Einspruchs gebotene Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Zeitgebühr gemäß § 28 StBGebV zu entlohnen. Diese Tätigkeit wird durch die Geschäftsgebühr gemäß § 40, 41StBGebV ausreichend abgedeckt. Ein abweichender Ansatz würde letztlich auch dazu führen, dass die von § 41Abs. 3 StBGebV vorgesehene ermäßigte Gebühr – und nicht die Grundnorm des Absatzes 1 der Bestimmung – regelmäßig für die Berechnung der Kosten des Vorverfahrens maßgeblich wäre, so dass entgegen der gesetzgeberischen Systematik für § 41 Abs. 1 StBGebV kein Anwendungsbereich mehr verbliebe.c) Ist danach der Gebührenrahmen gemäß § 41 Abs. 1 StBGebV maßgeblich, ist von der Mittelgebühr von 7,5/10 der Geschäftsgebühr auszugehen.Gemäß § 11 StBGebV in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung, hatte der Steuerberater, soweit für die Gebühren ein Rahmen vorgesehen ist, diese im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfanges und der Schwierigkeit der beruflichen Tätigkeit nach billigem Ermessen zu bestimmen. Der Ansatz des Höchstwertes der Geschäftsgebühr für das Vorverfahren wäre nur dann ermessensgerecht, wenn die Streitsache tatsächlich und/oder rechtlich schwierig gelagert war, ein umfangreiches Tätigwerden des Bevollmächtigten erforderte und/oder der jeweiligen Streitentscheidung eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung für die Beteiligten zukommt.Die vorliegenden Verfahrensakten lassen einen solchen über das Normalmaß hinausgehenden Arbeitsaufwand des Bevollmächtigten nicht erkennen. Im Verwaltungsvorverfahren waren lediglich die eineinhalbseitige Einspruchsschrift vom 18. Dezember 2000 und ein weiterer kurzer Schriftsatz vom 26. Januar 2001 zu fertigen. Auch erstrecken sich die Ausführungen weitgehend auf die Darstellung des tatsächlichen Geschehensablaufes, aus dem der rechtliche Einwand der Unangemessenheit der Vollstreckungsmaßnahme abgeleitet wurde. Die Erörterung einer schwierigen Sach- oder Rechtslage war nicht gefordert. Unzutreffend ist auch der klägerische Einwand, ein besonderer Arbeitsaufwand sei für den Bevollmächtigen aufgrund der unangemessenen zeitlichen Verzögerung des Einspruchsverfahrens durch den Erinnerungsführer entstanden: Der am 19. Dezember 2000 eingegangene Einspruch wurde durch die Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2001 beschieden, ohne dass der Bevollmächtigte nach seiner Stellungnahme vom 26. Januar 2001 erneut hätte tätig werden müssen.d) Gemäß Anlage 5 Tabelle E (Rechtsbehelfstabelle) zur StBGebV – in der vorliegend maßgeblichen Fassung betrug bei einem Gegenstandswert bis 4.000 DM eine volle Gebühr 265 DM (135,49 €), danach die 7,5/10 Mittelgebühr 198,75 DM = 101,62 €.Die Kostenfestsetzung war um die Differenz aus dem festgesetzten Betrag von 74,52 € und der tatsächlich zulässig berechneten 7,5/10 Gebühr von 101,62 € (Differenz 27,10 €) nebst der auf den Erhöhungsbetrag entfallenden 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 4,34 €, damit um 31,44 € zu erhöhen.e) Zudem ist die erst im Erinnerungsverfahren geltend gemachte Auslagenpauschale bei den Kosten des Vorverfahrens erstattungsfähig. Diese ist jedoch nicht mit 20,00 € zu berechnen. Der Pauschsatz gemäß § 16StBGebV ist mit 15 vom Hundert der Gebühren bzw. max. 20,00 € zu berücksichtigen, somit vorliegend nur in Höhe des Betrages von 15,24 € = 15 % der Geschäftsgebühr in Höhe von 101,62 €. Die Kostenfestsetzung war um diesen Betrag nebst der hierauf entfallenden 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 2,44 € um weitere 17,68 € zu erhöhen.Insgesamt war somit eine Erhöhung der erstattungsfähigen Kosten von 49,12 € vorzunehmen.3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin