Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken

Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken; Konsequenzen des EuGH-Urteils vom 10. März 2011 – C-497/09 u. a – sowie der BFH-Urteile vom 8. Juni 2011, XI R 37/08, 30. Juni 2011, V R 3/07, V R 35/08, V R 18/10, 12. Oktober 2011, V R 66/09, und vom 23. November 2011, XI R 6/08 sowie der Verordnung (EU) Nr. 282/11 des Rates vom 15. März 2011 (ABl. EU Nr. L 77 S. 1)

Mit Urteilen vom 10. März 2011, C-497/09 u. a., 8. Juni 2011, XI R 37/08, 30. Juni 2011, V R 3/07, V R 35/08, V R 18/10, 12. Oktober 2011, V R 66/09, und vom 23. November 2011, XI R 6/08, haben der EuGH und der BFH zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken Recht gesprochen. Das BMF-Schreiben vom 20. März 2013 regelt die Anwendung der Urteile und ändert den Umsatzsteuer-Anwendungserlass.

Umsatzsteuer; Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken (PDF, 89,9 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

 

Mit Urteilen vom 10. März 2011, C-497/09 u. a., 8. Juni 2011, XI R 37/08, 30. Juni 2011, V R 3/07, V R 35/08, V R 18/10, 12. Oktober 2011, V R 66/09, und vom 23. November 2011, XI R 6/08, haben der EuGH und der BFH zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken Recht gesprochen1.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Anwendung der Urteile

Neben den genannten Urteilen ist für nach dem 30. Juni 2011 ausgeführte Umsätze Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 282/11 des Rates vom 15. März 2011, ABl. EU Nr. L 77 S. 1, (MwStVO) zu berücksichtigen. Nach Artikel 6 Abs. 1 MwStVO gilt die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/oder von Getränken zusammen mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen, als sonstige Leistung. Die Abgabe von Speisen und/oder Getränken ist nur eine Komponente der gesamten Leistung, bei der der Dienstleistungsanteil überwiegt. Auf die Zubereitung kommt es dem-nach nicht an. Soweit die genannten Urteile für die Beurteilung eines Umsatzes an die Komplexität der Zubereitung von Speisen anknüpfen, sind sie für nach dem 30. Juni 2011 ausge-führte Umsätze nicht mehr anzuwenden.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Abschnitt 3.6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. März 2013 – IV D 2 – S 7105/11/10001 (2013/0213861) – geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„3.6. Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen
bei der Abgabe von Speisen und Getränken

(1) Verzehrfertig zubereitete Speisen können sowohl im Rahmen einer ggfs. ermäßigt besteuerten Lieferung als auch im Rahmen einer nicht ermäßigt besteuerten sonstigen Leistung abgegeben werden. Die Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen richtet sich dabei nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. Abschnitt 3.5). Nach Artikel 6 Abs. 1 MwStVO gilt die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/oder von Getränken zusam-men mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen, als sonstige Leistung. Die Abgabe von Speisen und/oder Getränken ist nur eine Komponente der gesamten Leistung, bei der der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt. Ob der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Umsatzes zu beurteilen. Bei dieser wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls sind nur solche Dienstleistungen zu berücksichtigen, die sich von denen unter-scheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind (vgl. Absatz 3). Dienstleistungselemente, die notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden sind, bleiben bei der vorzunehmenden Prüfung unberücksichtigt (vgl. Absatz 2). Ebenso sind Dienstleistungen des speiseabgebenden Unternehmers oder Dritter, die in keinem Zusammen-hang mit der Abgabe von Speisen stehen (z. B. Vergnügungsangebote in Freizeitparks, Leis-tungen eines Pflegedienstes oder Gebäudereinigungsleistungen außerhalb eigenständiger Cateringverträge), nicht in die Prüfung einzubeziehen.

(2) Insbesondere folgende Elemente sind notwendig mit der Vermarktung verzehrfertiger Speisen verbunden und im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nicht zu berück-sichtigen:
− Darbietung von Waren in Regalen;
− Zubereitung der Speisen;
− Transport der Speisen und Getränke zum Ort des Verzehrs einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Leistungen wie Kühlen oder Wärmen, der hierfür erforderli-chen Nutzung von besonderen Behältnissen und Geräten sowie der Vereinbarung eines festen Lieferzeitpunkts;
− Übliche Nebenleistungen (z. B. Verpacken, Beigabe von Einweggeschirr oder -besteck);
− Bereitstellung von Papierservietten;
− Abgabe von Senf, Ketchup, Mayonnaise, Apfelmus oder ähnlicher Beigaben;
− Bereitstellung von Abfalleimern an Kiosken, Verkaufsständen, Würstchenbuden usw.;
− Bereitstellung von Einrichtungen und Vorrichtungen, die in erster Linie dem Verkauf von Waren dienen (z. B. Verkaufstheken und -tresen sowie Ablagebretter an Kiosken, Ver-kaufsständen, Würstchenbuden usw.);
− bloße Erstellung von Leistungsbeschreibungen (z. B. Speisekarten oder -pläne);
− allgemeine Erläuterung des Leistungsangebots;
− Einzug des Entgelts für Schulverpflegung von den Konten der Erziehungsberechtigten.
Die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen, stellt stets eine Lieferung dar (Artikel 6 Abs. 2 MwStVO). Die Sicherstellung der Verzehrfertigkeit während des Transports (z. B. durch Warmhalten in besonderen Behältnissen) sowie die Vereinbarung eines festen Zeit-punkts für die Übergabe der Speisen an den Kunden sind unselbständiger Teil der Beförde-rung und daher nicht gesondert zu berücksichtigen. Die Abgabe von Waren aus Verkaufsau-tomaten ist stets eine Lieferung.

(3) Nicht notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbundene und damit für die Annah-me einer Lieferung schädliche Dienstleistungselemente liegen vor, soweit sich der leistende Unternehmer nicht auf die Ausübung der Handels- und Verteilerfunktion des Lebensmittel-einzelhandels und des Lebensmittelhandwerks beschränkt (vgl. BFH-Urteil vom 24. 11. 1988, V R 30/83, BStBl 1989 II S. 210). Insbesondere die folgenden Elemente sind nicht notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbunden und daher im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen:
− Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur (vgl. Absatz 4);
− Servieren der Speisen und Getränke;
− Gestellung von Bedienungs-, Koch- oder Reinigungspersonal;
− Durchführung von Service-, Bedien- oder Spülleistungen im Rahmen einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur oder in den Räumlichkeiten des Kunden;
− Nutzungsüberlassung von Geschirr oder Besteck;
− Überlassung von Mobiliar (z. B. Tischen und Stühlen) zur Nutzung außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers;
− Reinigung bzw. Entsorgung von Gegenständen, wenn die Überlassung dieser Gegen-stände ein berücksichtigungsfähiges Dienstleistungselement darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 10. 8. 2006, V R 55/04, BStBl 2007 II S. 480);
− Individuelle Beratung bei der Auswahl der Speisen und Getränke;
− Beratung der Kunden hinsichtlich der Zusammenstellung und Menge von Mahlzeiten für einen bestimmten Anlass.
Erfüllen die überlassenen Gegenstände (Geschirr, Platten etc.) vornehmlich Verpackungs-funktion, stellt deren Überlassung kein berücksichtigungsfähiges Dienstleistungselement dar. In diesem Fall ist auch die anschließende Reinigung bzw. Entsorgung der überlassenen Gegenstände bei der Gesamtbetrachtung nicht zu berücksichtigen.
Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur

(4) Die Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur stellt ein im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigendes Dienstleistungselement dar. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere die Bereitstellung von Vorrichtungen, die den bestimmungsgemäßen Ver-zehr der Speisen und Getränke an Ort und Stelle fördern sollen (z. B. Räumlichkeiten, Tische und Stühle oder Bänke, Bierzeltgarnituren). Auf die Qualität der zur Verfügung gestellten Infrastruktur kommt es nicht an. Daher genügt eine Abstellmöglichkeit für Speisen und Getränke mit Sitzgelegenheit für die Annahme einer sonstigen Leistung (vgl. BFH-Urteil vom 30. 6. 2011, V R 18/10, BStBl 2013 II S. ___). Daneben sind beispielsweise die Bereitstellung von Garderoben und Toiletten in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Eine in erster Linie zur Förderung der Bewirtung bestimmte Infrastruktur muss nicht einer ausschließlichen Nutzung durch die verzehrenden Kunden vorbehalten sein. Duldet der Unternehmer daneben eine Nutzung durch andere Personen, steht dies einer Berücksichtigung nicht entgegen. Vor-richtungen, die nach ihrer Zweckbestimmung im Einzelfall nicht in erster Linie dazu dienen, den Verzehr von Speisen und Getränken zu erleichtern (z. B. Stehtische und Sitzgelegenhei-ten in den Wartebereichen von Kinofoyers sowie die Bestuhlung in Kinos, Theatern und Sta-dien, Parkbänke im öffentlichen Raum, Nachttische in Kranken- und Pflegezimmern), sind nicht zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 30. 6. 2011, V R 3/07, BStBl 2013 II S. ___). Dies gilt auch dann, wenn sich an diesen Gegenständen einfache, behelfsmäßige Vor-richtungen befinden, die den Verzehr fördern sollen (z. B. Getränkehalter, Ablagebretter). Nicht zu berücksichtigen sind außerdem behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen, wie z. B. Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit oder Stehtische. Sofern die Abgabe der Speisen und Getränke zum Verzehr vor Ort erfolgt, kommt es jedoch nicht darauf an, dass sämtliche bereitgestellte Einrichtungen tatsächlich genutzt werden. Vielmehr ist das bloße Zur-Verfügung-Stellen ausreichend. In diesem Fall ist auf sämtliche Vor-Ort-Umsätze der allgemeine Steuersatz anzuwenden. Für die Berücksichtigung einer die Bewirtung fördernden Infra-struktur ist die Zweckabrede zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich. Bringt der Kunde zum Ausdruck, dass er eine Speise vor Ort verzehren will, nimmt diese anschließend jedoch mit, bleibt es bei der Anwendung des allgemeinen Umsatzsteuersatzes. Werden Speisen sowohl unter Einsatz von nicht zu berücksichtigenden Infrastrukturelementen (z. B. in Wartebereichen von Kinos) als auch hiervon getrennt in Gastronomiebereichen abgegeben, ist eine gesonderte Betrachtung der einzelnen Bereiche vorzunehmen.

(5) Die in Absatz 3 genannten Elemente sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dem Kunden vom speiseabgebenden Unternehmer im Rahmen einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden und vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt wurden, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern (vgl. BFH-Urteil vom 30. 6. 2011, V R 18/10, BStBl 2013 II S. ___). Von Dritten erbrachte Dienstleistungselemente sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Voraussetzung für eine Nichtberücksichtigung ist, dass der Dritte unmittelbar gegenüber dem verzehrenden Kunden tätig wird. Es ist daher im Einzelfall – ggf. unter Berücksichtigung von getroffenen Vereinbarungen – zu prüfen, inwieweit augenschein-lich von einem Dritten erbrachte Dienstleistungselemente dem speiseabgebenden Unterneh-mer zuzurechnen sind. Leistet der Dritte an diesen Unternehmer und dieser wiederum an den Kunden, handelt es sich um ein Dienstleistungselement des speiseabgebenden Unternehmers, das im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen ist.

(6) Die in den Absätzen 1 bis 5 dargestellten Grundsätze gelten gleichermaßen für Imbiss-stände wie für Verpflegungsleistungen in Kindertagesstätten, Schulen und Kantinen, Kran-kenhäusern, Pflegeheimen oder ähnlichen Einrichtungen, bei Leistungen von Catering-Unter-nehmen (Partyservice) und Mahlzeitendiensten („Essen auf Rädern“). Sie gelten ebenso für unentgeltliche Wertabgaben. Ist der Verzehr durch den Unternehmer selbst als sonstige Leis-tung anzusehen, liegt eine unentgeltliche Wertabgabe § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt. Für unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b UStG – z. B. Entnahme von Nahrungsmitteln durch einen Gastwirt zum Verzehr in einer von der Gaststätte getrennten Wohnung – kommt der ermäßigte Steuersatz in Betracht. Auf die jährlich im BStBl Teil I veröffentlichten Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) wird hingewiesen (vgl. Abschnitt 10.6 Abs. 1 Satz 6).
Beispiel 1:
Der Betreiber eines Imbissstandes gibt verzehrfertige Würstchen, Pommes frites usw. an seine Kunden in Pappbehältern oder auf Mehrweggeschirr ab. Der Kunde erhält dazu eine Serviette, Einweg- oder Mehrwegbesteck und auf Wunsch Ketchup, Mayonnaise oder Senf. Der Imbissstand verfügt über eine Theke, an der Speisen im Stehen eingenommen werden können. Der Betreiber hat vor dem Stand drei Stehtische aufgestellt. 80% der Speisen werden zum sofortigen Verzehr abgegeben. 20 % der Speisen werden zum Mit-nehmen abgegeben.

Unabhängig davon, ob die Kunden die Speisen zum Mitnehmen oder zum Verzehr an Ort und Stelle erwerben, liegen insgesamt begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Die erbrachten Dienstleistungselemente (Bereitstellung einfachster Verzehrvorrichtungen wie einer Theke und Stehtischen sowie von Mehrweggeschirr) führen bei einer wertenden Gesamtbetrachtung des Vorgangs auch hinsichtlich der vor Ort verzehrten Speisen nicht zur Annahme einer sonstigen Leistung (vgl. BFH-Urteil vom 8. 6. 2011, XI R 37/08, BStBl 2013 II S. ___, und vom 30. 6. 2011, V R 35/08, BStBl 2013 II S. ___). Die Qualität der Speisen und die Komplexität der Zubereitung haben auf die Beurteilung des Sachverhalts keinen Einfluss.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1, jedoch verfügt der Imbissstand neben den Stehtischen über aus Bänken und Tischen bestehende Bierzeltgarnituren, an denen die Kunden die Speisen einnehmen können.
Soweit die Speisen zum Mitnehmen abgegeben werden, liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Soweit die Speisen zum Verzehr vor Ort abgegeben werden, liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Mit der Bereitstellung der Tische und der Sitzgelegenheiten wird die Schwelle zum Restaurationsumsatz überschritten (vgl. BFH-Urteil vom 30. 6. 2011, V R 18/10, BStBl 2013 II. S. ___). Auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Sitzgelegenheiten kommt es nicht an. Maßgeblich ist die Absichtserklärung des Kunden, die Speisen vor Ort verzehren zu wollen.
Beispiel 3:
Der Catering-Unternehmer A verabreicht in einer Schule auf Grund eines mit dem Schul-träger geschlossenen Vertrags verzehrfertig angeliefertes Mittagessen. A übernimmt mit eigenem Personal die Ausgabe des Essens, die Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks.
Es liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Neben den Speisenlieferungen werden Dienstleistungen erbracht, die nicht notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbunden sind (Bereitstellung von Verzehrvorrichtungen,
Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks) und die bei Gesamtbetrachtung des Vorgangs das Lieferelement qualitativ überwiegen.
Beispiel 4:
Ein Schulverein bietet in der Schule für die Schüler ein Mittagessen an. Das verzehrfertige Essen wird von dem Catering-Unternehmer A dem Schulverein in Warmhaltebehältern zu festgelegten Zeitpunkten angeliefert und anschließend durch die Mitglieder des Schulver-eins an die Schüler ausgegeben. Das Essen wird von den Schülern in einem Mehrzweck-raum, der über Tische und Stühle verfügt, eingenommen. Der Schulverein übernimmt auch die Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks.
Der Catering-Unternehmer A erbringt begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, da sich seine Leistung auf die Abgabe von zubereiteten Speisen und deren Beförderung ohne andere unterstützende Dienstleistungen beschränkt.
Der Schulverein erbringt sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG. Neben den Speisenlieferungen werden Dienstleistungen erbracht, die nicht notwendig mit der Ver-marktung von Speisen verbunden sind (Bereitstellung von Verzehrvorrichtungen, Reini-gung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks) und die bei Gesamt-betrachtung des Vorgangs das Lieferelement qualitativ überwiegen. Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen können die Umsätze dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG unterliegen.
Beispiel 5:
Wie Beispiel 4, jedoch beliefert der Catering-Unternehmer A den Schulverein mit Tief-kühlgerichten. Er stellt hierfür einen Tiefkühlschrank und ein Auftaugerät (Regenerier-technik) zur Verfügung. Die Endbereitung der Speisen (Auftauen und Erhitzen) sowie die Ausgabe erfolgt durch den Schulverein.
Der Catering-Unternehmer A erbringt begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Die Bereitstellung der Regeneriertechnik stellt eine Nebenleistung zur Speisenlieferung dar.
Beispiel 6:
Ein Unternehmer beliefert ein Krankenhaus mit Mittag- und Abendessen für die Patienten. Er bereitet die Speisen nach Maßgabe eines mit dem Leistungsempfänger vereinbarten Speiseplans in der Küche des auftraggebenden Krankenhauses fertig zu. Die Speisen wer-den zu festgelegten Zeitpunkten in Großgebinden an das Krankenhauspersonal übergeben, das den Transport auf die Stationen, die Portionierung und Ausgabe der Speisen an die Patienten sowie die anschließende Reinigung des Geschirrs und Bestecks übernimmt.
Es liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor, da sich die Leistung des Unternehmers auf die Abgabe von zubereiteten Speisen ohne andere unterstützende Dienstleistungen beschränkt. Die durch das Krankenhauspersonal erbrach-ten Dienstleistungselemente sind bei der Beurteilung des Gesamtvorgangs nicht zu berücksichtigen.
Beispiel 7:
Sachverhalt wie im Beispiel 6. Ein Dritter ist jedoch verpflichtet, das Geschirr und Besteck in der Küche des Krankenhauses zu reinigen.
Soweit dem Unternehmer die durch den Dritten erbrachten Spülleistungen nicht zuzurech-nen sind, beschränkt sich seine Leistung auch in diesem Fall auf die Abgabe von zuberei-teten Speisen ohne andere unterstützende Dienstleistungen. Es liegen daher ebenfalls begünstigte Lieferungen an das Krankenhaus vor.
Beispiel 8:
Ein Unternehmer bereitet mit eigenem Personal die Mahlzeiten für die Patienten in der angemieteten Küche eines Krankenhauses zu, transportiert die portionierten Speisen auf die Stationen und reinigt das Geschirr und Besteck. Die Ausgabe der Speisen an die Pati-enten erfolgt durch das Krankenhauspersonal.
Es liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Die Reinigung des Geschirrs und Bestecks ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht zu berücksichtigen, da die Überlassung dieser Gegenstände kein berücksichtigungsfähiges Dienstleistungselement darstellt.
Beispiel 9:
Eine Metzgerei betreibt einen Partyservice. Nachdem der Unternehmer die Kunden bei der Auswahl der Speisen, deren Zusammenstellung und Menge individuell beraten hat, berei-tet er ein kalt-warmes Büffet zu. Die fertig belegten Platten und Warmhaltebehälter wer-den von den Kunden abgeholt oder von der Metzgerei zu den Kunden geliefert. Die leeren Platten und Warmhaltebehälter werden am Folgetag durch den Metzger abgeholt und gereinigt.
Es liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor, da sich die Leistung des Unternehmers auf die Abgabe von zubereiteten Speisen, ggf. deren Beförderung sowie die Beratung beschränkt. Die Überlassung der Platten und Warmhalte-behälter besitzt vornehmlich Verpackungscharakter und führt bei der Gesamtbetrachtung des Vorgangs auch zusammen mit dem zu berücksichtigenden Dienstleistungselement
„Beratung“ nicht zu einem qualitativen Überwiegen der Dienstleistungselemente. Da die Platten und Warmhaltebehälter vornehmlich Verpackungsfunktion besitzen, ist deren Rei-nigung nicht zu berücksichtigen.
Beispiel 10:
Sachverhalt wie Beispiel 9, zusätzlich verleiht die Metzgerei jedoch Geschirr und/oder Besteck, das vor Rückgabe vom Kunden zu reinigen ist.
Es liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Das Geschirr erfüllt in diesem Fall keine Verpackungsfunktion. Mit der Überlassung des Geschirrs und des Bestecks in größerer Anzahl tritt daher ein Dienstleistungselement hinzu, durch das der Vorgang bei Betrachtung seines Gesamtbildes als nicht begünstigte sonstige Leistung anzusehen ist. Unerheblich ist dabei, dass das Geschirr und Besteck vom Kunden gereinigt zurückgegeben wird (vgl. BFH-Urteil vom 23. 11. 2011, XI R 6/08, BStBl 2013 II, S. ___).
Beispiel 11:
Der Betreiber eines Partyservice liefert zu einem festgelegten Zeitpunkt auf speziellen Wunsch des Kunden zubereitete, verzehrfertige Speisen in warmem Zustand für eine Feier seines Auftraggebers an. Er richtet das Buffet her, indem er die Speisen in Warmhaltevor-richtungen auf Tischen des Auftraggebers anordnet und festlich dekoriert.
Es liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Die Überlassung der Warmhaltevorrichtungen erfüllt zwar vornehmlich eine Verpackungs-funktion. Sie führt bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des Vorgangs zusammen mit den zu berücksichtigenden Dienstleistungselementen (Herrichtung des Büffets, Anordnung und festliche Dekoration) jedoch zu einem qualitativen Überwiegen der Dienstleistungselemente.
Beispiel 12:
Der Betreiber eines Partyservice liefert auf speziellen Wunsch des Kunden zubereitete, ver-zehrfertige Speisen zu einem festgelegten Zeitpunkt für eine Party seines Auftraggebers an. Der Auftraggeber erhält darüber hinaus Servietten, Einweggeschirr und -besteck. Der Betrei-ber des Partyservice hat sich verpflichtet, das Einweggeschirr und -besteck abzuholen und zu entsorgen.
Es liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des Vorgangs überwiegen die zu berücksichtigenden Dienstleistungselemente (Überlassung von Einweggeschirr und -besteck in größerer Anzahl zusammen mit dessen Entsorgung) das Lieferelement qualitativ.
Beispiel 13:
Wie Beispiel 12, jedoch entsorgt der Kunde das Einweggeschirr und -besteck selbst.
Es liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Da der Kunde die Entsorgung selbst übernimmt, beschränkt sich die Leistung des Unternehmers auf die Abgabe von zubereiteten Speisen und deren Beförderung ohne andere unter-stützende Dienstleistungen.
Beispiel 14:
Ein Mahlzeitendienst übergibt Einzelabnehmern verzehrfertig zubereitetes Mittag- und Abendessen in Warmhaltevorrichtungen auf vom Mahlzeitendienst zur Verfügung ge-stelltem Geschirr, auf dem die Speisen nach dem Abheben der Warmhaltehaube als Ein-zelportionen verzehrfertig angerichtet sind. Dieses Geschirr wird – nach einer Vorreini-gung durch die Einzelabnehmer – zu einem späteren Zeitpunkt vom Mahlzeitendienst zurückgenommen und endgereinigt.
Es liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Da das Geschirr vornehmlich eine Verpackungsfunktion erfüllt, überwiegt seine Nutzungs-überlassung sowie Endreinigung das Lieferelement nicht qualitativ. Auf das Material oder die Form des Geschirrs kommt es dabei nicht an.
Beispiel 15:
Ein Mahlzeitendienst übergibt Einzelabnehmern verzehrfertig zubereitetes Mittag- und Abendessen in Transportbehältnissen und Warmhaltevorrichtungen, die nicht dazu be-stimmt sind, dass Speisen von diesen verzehrt werden. Die Ausgabe der Speisen auf dem Geschirr der Einzelabnehmer und die anschließende Reinigung des Geschirrs und Bestecks in der Küche der Einzelabnehmer übernimmt der Pflegedienst des Abnehmers. Zwischen Mahlzeiten- und Pflegedienst bestehen keine Verbindungen.
Es liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor, da sich die Leistung des Mahlzeitendienstes auf die Abgabe von zubereiteten Speisen und deren Beförderung ohne andere unterstützende Dienstleistungen beschränkt. Die Leistungen des Pflegedienstes sind bei der Beurteilung des Gesamtvorgangs nicht zu berücksichtigen.
Beispiel 16:
Verschiedene Unternehmer bieten in einem zusammenhängenden Teil eines Einkaufszen-trums diverse Speisen und Getränke an. In unmittelbarer Nähe der Stände befinden sich Tische und Stühle, die von allen Kunden der Unternehmer gleichermaßen genutzt werden
können (sog. „Food Court“). Für die Rücknahme des Geschirrs stehen Regale bereit, die von allen Unternehmern genutzt werden.
Soweit die Speisen zum Mitnehmen abgegeben werden, liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Soweit die Speisen zum Verzehr vor Ort abgegeben werden, liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Maßgeblich ist die Absichtserklärung des Kunden, die Speisen mitnehmen oder vor Ort verzehren zu wollen. Die gemeinsam genutzte Infrastruktur ist allen Unternehmern zuzurechnen. Einer Berücksichtigung beim einzelnen Unternehmer steht nicht entgegen, dass die Tische und Stühle auch von Personen genutzt werden, die keine Speisen oder Getränke verzehren.“
Dieses Schreiben tritt mit Wirkung vom 1. Juli 2011 an die Stelle der Schreiben vom 16. Oktober 2008 – IV B 8 – S 7100/07/10050 (2008/0541679) – (BStBl I S. 949) und vom 29. März 2010 – IV D 2 – S 7100/07/10050 (2010/0227270) – (BStBl I S. 330). Beruft sich der Unternehmer für vor dem 1. Oktober 2013 ausgeführte Umsätze auf eine nach diesen Schrei-ben günstigere Besteuerung, wird dies nicht beanstandet.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht und steht ab sofort für eine Über-gangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Themen – Steuern – Steuerarten – Umsatzsteuer – zum Herunterladen bereit.

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand von Wohnungen

Der Bundesfinanzhof hat in einer weiteren Entscheidung die Grundsätze präzisiert, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für langjährig leerstehende Wohnimmobilien als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind (BFH, Urteil v. 11.12.2012 – IX R 68/10; veröffentlicht am 27.3.2013).

 

BFH-Urteil vom 11.12.12   IX R 14/12

 

In seinem Urteil vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12 hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Grundsätze präzisiert, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für langjährig leerstehende Wohnimmobilien als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind.

 

In dem Verfahren ging es um zwei Wohnobjekte in einem vom Kläger (teilweise) selbst bewohnten, 1983 bezugsfertig gewordenen Haus: Eine Wohnung im ersten Obergeschoss war bis August 1997 vermietet; seitdem steht sie leer. Der Kläger schaltete etwa vier Mal im Jahr Chiffreanzeigen in einer überregionalen Zeitung, in denen er die Wohnung möbliert zur Anmietung anbot. Die Miethöhe er-rechnete er aus dem jeweils aktuellen Mietspiegel. Nach Angaben des Klägers hätten sich bis heu-te – keine „geeignet erscheinenden Mieter“ gemeldet. Ein im Dachgeschoss des Hauses liegendes Zimmer mit Bad war zu keinem Zeitpunkt vermietet. Nach Angaben des Klägers sei eine Vermietung auch nicht (mehr) beabsichtigt; in früheren Jahren habe er aber gelegentlich (erfolglos) Aushänge in der Nachbarschaft angebracht, mit denen das Zimmer zur Anmietung angeboten wurde. Wegen des Leerstands machte der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung geltend, die weder das Finanzamt noch das Finanzgericht unter Hinweis auf eine fehlende Vermietungsabsicht des Klägers berücksichtigten. Der BFH wies die Revi-sion des Klägers als unbegründet zurück.

 

Der IX. Senat ging davon aus, dass der Kläger keine ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbe-mühungen entfaltet habe. Zwar stehe es dem Steuerpflichtigen frei, die im Einzelfall geeignete Art und Weise der Platzierung eines von ihm angebotenen Mietobjekts am Wohnungsmarkt und ihrer Bewer-bung selbst zu bestimmen. Eine Berücksichtigung der für das Dachgeschosszimmer entstandenen Aufwendungen komme aber schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger dieses Objekt gar nicht habe vermieten wollen. Aber auch die für die Wohnung im ersten Obergeschoss angefallenen Kosten könnten nicht abgezogen werden. Denn die geschalteten Zeitungsanzeigen seien erkennbar nicht erfolgreich gewesen; daher hätte der Kläger sein Verhalten anpassen und sowohl geeignetere Wege der Vermarktung suchen als auch seine Vermietungsbemühungen intensivieren müssen. Zudem sei es dem Kläger zuzumuten gewesen, Zugeständnisse (etwa bei der Miethöhe oder im Hinblick auf die für ihn als Mieter akzeptablen Personen) zu machen. Da der Kläger dies nicht getan habe, sei davon auszugehen, dass er den Entschluss zur Einkünfteerzielung aufgegeben habe.

 

Die Gründe der Leitentscheidung vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12 geben auch Hinweise, wie andere Leerstandssituationen – etwa im Falle regelmäßiger, aber aus anderen Gründen vorübergehend erfolgloser oder nur verhaltener Vermietungsaktivitäten des Steuerpflichtigen – zu beurteilen sind. Daneben nimmt der Senat auch zu der Frage Stellung, wie mit dem langjährigen Leerstand in Gebieten mit einem strukturellen Überangebot von Immobilien zu verfahren ist. Denn der langjährige Leerstand von Wohnungen ist ein allgemeines Problem, zu dem beim BFH noch eine Reihe von Verfahren anhängig sind (s. etwa Aktenzeichen IX R 68/10: Reaktion auf „Mietgesuche“ als ernsthafte Vermietungsbemühung? IX R 39-41/11: Keine Nachweise über Art, Umfang und Intensität von Vermietungsbemühungen in der Leerstandszeit; IX R 9/12: „Punktuelle Vermietungsbestrebungen“ bei gleichzeitiger Verkaufsabsicht; IX R 19/11: Leerstand bei Untervermietung; IX R 7/10: Leerstand bei Zwischenvermietung). 

Anwendung von § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG auf Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen

Verfügungen des Bayerischen Landesamts für Steuern

S 7185.1.1-2/4 St33 vom 17.01.2013

Anwendung von § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG auf Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen

Auf Bund-Länder-Ebene wurde die Frage erörtert, ob Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen als ehrenamtliche Tätigkeiten i.S. des § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG anzusehen sind.

Im Sparkassengesetz sind die Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen und sparkassennahen Einrichtungen nicht ausdrücklich als ehrenamtliche Tätigkeit bezeichnet. Der Begriff der Ehrenamtlichkeit wird nur in den jeweiligen Satzungen der Sparkassenverbände verwendet. Die Referatsleiter Umsatzsteuer sind jedoch einhellig der Auffassung, dass die Ehrenamtlichkeit kraft gesetzlicher Regelung nicht anzunehmen ist, wenn es sich um eine Bestimmung in einer im Bereich der Selbstverwaltung erlassenen Satzung handelt. Die Anwendung der Steuerbefreiung ist daher nicht möglich.

Gleichwohl wird aus Gründen des Vertrauensschutzes gebeten, diese Regelung erst auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 01.01.2013 erzielt werden.

 

Hinweis: siehe auch Verfügung

S 7185.1.1-2/4 St33 vom 17.01.2013

Anwendung von § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG auf Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen

Auf Bund-Länder-Ebene wurde die Frage erörtert, ob Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen als ehrenamtliche Tätigkeiten i.S. des § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG anzusehen sind.

Im Sparkassengesetz sind die Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen und sparkassennahen Einrichtungen nicht ausdrücklich als ehrenamtliche Tätigkeit bezeichnet. Der Begriff der Ehrenamtlichkeit wird nur in den jeweiligen Satzungen der Sparkassenverbände verwendet. Die Referatsleiter Umsatzsteuer sind jedoch einhellig der Auffassung, dass die Ehrenamtlichkeit kraft gesetzlicher Regelung nicht anzunehmen ist, wenn es sich um eine Bestimmung in einer im Bereich der Selbstverwaltung erlassenen Satzung handelt. Die Anwendung der Steuerbefreiung ist daher nicht möglich.

Gleichwohl wird aus Gründen des Vertrauensschutzes gebeten, diese Regelung erst auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 01.01.2013 erzielt werden.

Hinweis: siehe auch Verfügung S 7185.1.1-2/6 St33 vom 25.03.201

Keine erweiterte Berücksichtigung von Kosten einer Strafverteidigung

Die Änderung der Rechtsprechung für Zivilprozesskosten bleibt ohne Auswirkung auf Prozesse wegen vorsätzlich begangener Straftaten.

Der Kläger war wegen Vermögensstraftaten zu einer erheblichen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die aus den Straftaten erlangten Geldbeträge hatte er in verschiedene seiner unternehmerisch tätigen Gesellschaften investiert. Da das Finanzamt seine Rechtsanwaltskosten aus dem Strafprozess von mehr als 100.000 € bei der Einkommensteuerveranlagung nicht als Werbungskosten berücksichtigte, wandte sich der Kläger an das Finanzgericht Hamburg.

Der 2. Senat hat die Klage mit Urteil vom 14.12.2011 (Az. 2 K 6/11) abgewiesen. Strafverteidigungskosten seien als Folge kriminellen Verhaltens grundsätzlich der privat zu verantwortenden Unrechtssphäre zuzuordnen und nur ausnahmsweise als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Tat gerade in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurde. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, vielmehr habe der Kläger mit den Taten sein privates Vermögen vermehren wollen.

Die Kosten der Strafverteidigung seien auch nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, weil sie nicht wie vom Gesetz verlangt zwangsläufig seien. Zwar entstünden die Kosten in einem solchen Fall als unvermeidbare Folge des gesetzlich vorgesehenen Strafverfahrens; bei vorsätzlich begangenen Taten seien sie jedoch unmittelbare Konsequenz des vermeidbaren, sozial inadäquaten Verhaltens, das zu der Verurteilung geführt habe. Weil das Strafverfahren unausweichliche Folge der geahndeten Tat sei, seien auch seine Kosten so eng mit dieser Tat verbunden, dass sie nicht als unvermeidbare Belastung angesehen werden könnten.

Mit dieser Entscheidung hat der 2. Senat des Finanzgerichts Hamburg jenen Überlegungen eine Absage erteilt, die wegen der Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs zu Zivilprozesskosten im Urteil vom 12.5.2011 (Az. VI R 42/10) nun auch Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt sehen wollen.
Der Kläger hat Revision eingelegt, Az. des BFH IX R 5/12.

Verfassungswidrigkeit des Gewerbesteuergesetzes?

Das Finanzgericht Hamburg hat dem Bundesverfassungsgericht mit Vorlagebeschluss vom 29.2.2012 (Az. 1 K 138/10) die Frage vorgelegt, ob die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist.

In dem zugrunde liegenden Verfahren pachtete die Klägerin die für ihren Tankstellenbetrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Die abweichende Rechtslage bei der Gewerbebesteuerung, bei der u.a. Zinsen, Mieten und Pachten (§ 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG) dem Gewinn wieder hinzu-gerechnet werden, hält der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1GG) für verfassungswidrig.

Im Bereich des Steuerrechts fordere der allgemeine Gleichheitssatz eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 GG) zu bestimmen sei. Erwirtschafte der Gewerbetreibende mit seinem Betrieb einen Ertrag und werde dieser besteuert, ohne Aufwendungen – wie etwa im Streitfall die Pachtzinsen – zu berücksichtigen, sei das sogenannte Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt. Rechtfertigungsgründe, die dem verfassungsrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip mindestens gleichrangig seien, gebe es hierfür nicht. Die bisher angenommenen Rechtfertigungsgründe (z.B. Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, Äquivalenzprinzip, Gleichstellung des Fremdkapitaleinsatzes mit dem Eigenkapitaleinsatz) hält der 1. Senat für unzureichend.

Aussetzung der Vollziehung infolge mangelnder Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen

Der 4. Senat wurde in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit der vielfach unbekannten Vorschrift des § 364 Abgabenordnung (AO) befasst.

Der Antragsteller hatte über einen Internetshop unversteuerten Kaffee aus den Niederlan-den unter Einschaltung eines niederländischen Kaffeerösters an Kunden in Deutschland vertrieben. Aufgrund eines Zollfahndungsberichts wurde der Antragsteller mit Kaffeesteuer belastet. Er sei Steuerschuldner geworden, weil er den Kaffee erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken verwandt habe. Sein in den Niederlanden gegründetes Unternehmen sei eine Scheinfirma gewesen, um unter den Tatbestand des Versandhandels nach § 12 KaffeeStG zu fallen. Tatsächlich habe er seinen Sitz im Steuergebiet gehabt; ein Versandhandel liege nicht vor. Wegen zumindest leichtfertiger Steuerverkürzung sei noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Der Antragsteller legte Einspruch ein und beantragte bei der zuständigen Zollbehörde erfolglos Aussetzung der Vollziehung. Seinen Antrag gegenüber dem Gericht begründete er auch damit, dass ihm trotz entsprechender Beantragung bislang die Besteuerungsunterlagen gemäß § 364 AO und sämtliche Beweismittel, Beweisergebnisse etc. nicht zugänglich gemacht worden seien. Dies verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Die Berechnungen des Antragsgegners seien nicht nachvollziehbar.

Das Finanzgericht ordnete auf den Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 30.1.2012 (4 V 4/12) die Aussetzung der Vollziehung an, ohne seine materiell-rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids noch zu prüfen. § 364 AO bestimme, dass den Beteiligten, soweit es noch nicht geschehen sei, die Unterlagen der Besteuerung auf Antrag oder, wenn die Begründung des Einspruchs dazu Anlass gebe, von Amts wegen mitzuteilen seien. Der Anspruch auf Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen trete an die Stelle des in der Abgabenordnung nicht vorgesehenen Rechts auf Akteneinsicht und diene dazu, den Steuerpflichtigen in Kenntnis all der Grundlagen zu setzen, aufgrund derer das Hauptzollamt die Steuer festgesetzt habe. Unterlasse es die Finanzbehörde trotz eines mit der Einspruchsbegründung gestellten Antrags nach § 364 AO, einem Steuerschuldner die Besteuerungsunterlagen mitzuteilen, könne bereits dies die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheides rechtfertigen.
Gegen den Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Zu Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen zur steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen durch das „Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung“ vom 16.7.2009

Der 3. Senat hat mit Urteil vom 21.9.2012 (Az. 3 K 144/11 – rechtskräftig) die Klage eines Steuerpflichtigen abgewiesen, mit der dieser geltend gemacht hatte, die Neuregelung setze die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts nur unzureichend um.

Zum Hintergrund: Bis 2009 war der Sonderausgabenabzug für alle „sonstigen“ Vorsorgebeiträge, darunter auch für Kranken- und Pflegeversicherungen zum einen allgemein auf 2.400 € begrenzt, zum anderen war er ausgeschlossen für Vorsorgeaufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen standen. Das BVerfG erklärte mit Beschluss vom 13.2.2008 (Az. 2 BvL 1/06) diese Regelung für verfassungswidrig und verpflichtete den Gesetzgeber zu einer Neuregelung.

Der maßgebliche § 10 EStG wurde mit dem nun zu überprüfenden Gesetz mit Wirkung ab 2010 in mehrfacher Hinsicht geändert: Die Höchstbetragsgrenzen des § 10 Abs. 4 EStG wurden angehoben. Zugleich wurde bestimmt, dass Vorsorgeaufwendungen zur Basisversorgung – von diesem Höchstbetrag unabhängig – stets in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar sind (§ 10 Abs. 4 Satz 4 EStG); schöpfen diese Basiskrankenversicherungsaufwendungen den Höchstbetrag aus oder übersteigen sie ihn, sind die Aufwendungen für die darüber hinausgehende Komfortversorgung und für andere Versicherungsarten allerdings nicht mehr abziehbar. Ferner wurde § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG um einen Halbsatz 2 ergänzt, wonach die gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Zuschüsse des Arbeitgebers zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung insgesamt der Basisversorgung zugeordnet werden.

Zum Sachverhalt: Der nichtselbstständig tätige Kläger war – mit Komfortversorgung – privat kranken- und pflegeversichert und erhielt die Hälfte der hierfür aufzubringenden Gesamtprämie als steuerfreien Arbeitgeberzuschuss. Das Finanzamt behandelte – der genannten Vorschrift entsprechend – den gesamten Arbeitgeberzuschuss so, als ob er auf die Aufwendungen zur Basisversorgung entfallen sei.

Der Kläger wandte sich an das Finanzgericht und machte geltend, dass der Zuschuss des Arbeitgebers zwischen der Basisversorgung und der Komfortversorgung aufzuteilen sei. Der von ihm selbst gezahlte Beitragsanteil für die Basisversorgung sei deswegen höher als vom Finanzamt berücksichtigt. Weil die Basisabsicherung nach der Rechtsprechung des BVerfG existenznotwendig sei und deswegen steuerfrei bleiben müsse, stehe ihm ein um 275 € höherer Sonderausgabenabzug zu. Die typisierende Zuordnung des gesamten Arbeitgeberzuschusses zur Basisversorgung durch das Gesetz sei somit verfassungswidrig, zumal sie auch gegen den Gleichheitssatz verstoße.
Zur Entscheidung: Der 3. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat die Klage abgewiesen.

In der Streitfrage, die für den einzelnen Steuerpflichtigen jeweils nur eine überschaubare, für den Fiskus wegen der Vielzahl der Betroffenen indes beträchtliche Auswirkung hat, entschied der 3. Senat, dass die Verminderung des Sonderausgabenabzugs für die private Krankenversicherung der Basisversorgung um die Arbeitgeberzuschüsse auch insoweit verfassungsgemäß ist, als diese auf die Komfortversorgung entfallen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG).
Die gesetzliche Neuregelung verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz). Bei Betrachtung von vier Vergleichsgruppen – Selbstständige und Gewerbetreibende, gesetzlich pflichtversicherte Nichtselbständige, freiwillig gesetzlich versicherte Nichtselbständige und schließlich privat versicherte Nichtselbständige wie der Kläger – zeige sich, dass der Nachteil, den der Kläger sich aus der fraglichen Bestimmung er-rechne, kompensiert sei, wenn auch die Vorteile berücksichtigt würden, die privat versicherte Arbeitnehmer aus sonstigen Vorschriften hätten – etwa dass der Arbeitgeber gegebenen-falls auch Beiträge für die Komfortversorgung zu zahlen habe und diese Zahlungen steuerfrei seien.

Wegen der zulässigen und sogar gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Vor-schriften werde auch gegen das sich aus dem Grundgesetz abzuleitenden Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums („subjektives Nettoprinzip“) nicht verstoßen.

Im Übrigen läge selbst bei isolierter Betrachtung des geltend gemachten Nachteils wegen seiner Geringfügigkeit keine Verfassungswidrigkeit vor.

Der 3. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat den Rechtsstreit auch zum Anlass genommen, zugleich die Regelung zu überprüfen, nach der andere Vorsorgeaufwendungen (wie Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung, Haftpflichtversicherung, Unfallversicherung) vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen sind, wenn die Aufwendungen für die Krankenversicherung der Basisversorgung den Höchstbetrag bereits ausschöpfen (§ 10 Abs. 4 Satz 4 EStG), und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass auch sie verfassungsgemäß sind.

Der 3. Senat des Finanzgerichts Hamburg hatte die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, es ist jedoch kein Rechtsmittel eingelegt worden.

 

Zivilprozesskosten sind einkommensteuerlich nicht ohne weiteres als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen

Der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat die Klage auf steuerliche Berücksichtigung der Kosten eines Zivilprozesses abgewiesen und ist damit von der seit 2011 geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den Grundsätzen der Abzugsfähigkeit abgewichen.

Zum Sachverhalt: Der Kläger hatte 1993 die Gesellschaftsanteile an einer in der ehemaligen DDR enteigneten Kommanditgesellschaft erworben und sich Rückübertragungsansprüche abtreten lassen. Allerdings waren die Vermögensgegenstände der Gesellschaft bereits 1991 vom damaligen Betreiber veräußert worden. Seine Zivilklage gegen die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) auf Zahlung des Veräußerungserlöses und einer Entschädigung blieb erfolglos, weil der Kläger den von ihm behaupteten Verkehrswert des Unternehmens nicht nachweisen konnte.

Weil das Finanzamt seine Prozesskosten von rund 5.000 € weder als Betriebsausgaben noch als außergewöhnliche Belastung berücksichtigte, zog er vor das Finanzgericht.

Der 1. Senat des Finanzgericht Hamburgs hat seine Klage abgewiesen. Bei den Kosten handele es sich nicht um Betriebsausgaben. Der Zivilprozess sei nicht betrieblich veranlasst gewesen, weil eine Rückübertragung des Unternehmens von vornherein ausgeschlossen gewesen sei.

Diese Kosten seien allerdings auch keine „außergewöhnliche Belastung“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Außergewöhnliche Belastungen sind private Aufwendungen, die ausnahmsweise steuerlich zu berücksichtigen sind, weil sie zwangsläufig und notwendig sind. Nach Ansicht des 1. Senats sind die Prozesskosten des Klägers nicht zwangsläufig gewesen. Er habe die Ansprüche gegen die BvS freiwillig erworben und damit auch freiwillig das Risiko übernommen, ob die Ansprüche durchgesetzt werden können, gegebenenfalls durch eine Klage. Ein Zusammenhang mit dem notwendigen Lebensbedarf des Klägers und seiner Familie sei nicht erkennbar.

Mit dieser Entscheidung weicht der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg ausdrücklich von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab. Der BFH hat seine frühere ständige Rechtsprechung, dass bei Kosten eines Zivilprozesses eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit spreche, mit Urteil vom 12.5.2011 (Az. VI R 42/10) aufgegeben. Zivilprozesskosten seien grundsätzlich zwangsläufig, weil der Bürger wegen des staatlichen Gewaltmonopols seine Ansprüche nicht selbst, sondern nur über die Einschaltung der Gerichte durchsetzen dürfe. Etwas anderes gelte nur für den, der sich mutwillig oder leichtfertig auf einen Prozess eingelassen habe. Diese Rechtsprechungsänderung ist auf geteiltes Echo gestoßen. Das Bundesministerium der Finanzen hat die Anwendung der Entscheidung des BFH durch die Finanzverwaltung am 20.12.2011 durch einen „Nichtanwendungserlass“ unterbunden.

Der 1. Senat meint, dass bei der Frage nach der Zwangsläufigkeit eines Zivilprozesses nicht außer Acht bleiben könne, ob auch das den Prozess auslösende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig gewesen sei. Andernfalls würden Prozesskosten in höherem Maße berücksichtigt als andere privat veranlasste Aufwendungen. Außerdem hat der 1. Senat Bedenken, ob es angesichts der Vielgestaltigkeit und der möglichen rechtlichen und tatsächlichen Komplexität von Zivilprozessen überhaupt praktikabel sei, dass die Finanzverwaltung die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses im Rahmen der Veranlagung überprüfe.
Die vom 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg in seinem Urteil vom 24.9.2012, Az. 1 K 195/11, zugelassene Revision ist eingelegt worden, Az. des BFH X R 34/12.

Monatsbericht des BMF März 2013

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat heute seinen Monatsbericht für März 2013 veröffentlicht:

“Das Bundeskabinett hat am 13. März 2013 die Eckwerte zum Bundeshaushalt 2014 und zum Finanzplan bis 2017 beschlossen. Diese Eckwerte unterstreichen den konsequenten Konsolidierungskurs der Bundesregierung. Mit dem Bundeshaushalt 2014 wird zum ersten Mal seit Jahrzehnten ein nachhaltig ausgeglichener Haushalt mit einem strukturellen Defizit von Null vorgelegt. Ab 2015 schreibt der Bundeshaushalt “eine schwarze Null” – kommt also gänzlich ohne Einnahmen aus neuen Krediten aus. In der Rubrik “Forum Finanzpolitik” wird als weiterer Gastbeitrag dieser Reihe ein Artikel von Vitor Gaspar, Finanzminister der Republik Portugal, zur Anpassung Portugals als Mitglied im Euroraum veröffentlicht. Darüber hinaus wird in der Rubrik “Analysen und Berichte” des Monatsberichts des BMF über den Tragfähigkeitsbericht 2012 der EU-Kommission informiert, über die Ergebnisse der Geschäftsstatistik der Kraftfahrzeugsteuer (PKW) für das Jahr 2012 berichtet und ein Bericht zum Treffen der G20-Finanzminister im Februar in Moskau vorgelegt.

Editorial
Überblick zur aktuellen Lage
Forum Finanzpolitik
Vítor Gaspar, portugiesischer Finanzminister: Anpassung im Euroraum: Portugal als Programmland
Analysen und Berichte
Eckwertebeschluss zum Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2014 und die Finanzplanung bis zum Jahr 2017
Der Tragfähigkeitsbericht 2012 der EU-Kommission
Geschäftsstatistik Kraftfahrzeugsteuer
Treffen der G20-Finanzminister und Notenbankgouverneure am 15. und 16. Februar 2013 in Moskau
Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage
Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht
Steuereinnahmen von Bund und Ländern im Februar 2013
Entwicklung des Bundeshaushalts bis einschließlich Februar 2013
Entwicklung der Länderhaushalte bis Dezember 2012
Finanzmärkte und Kreditaufnahme des Bundes
Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik
Termine, Publikationen
Statistiken und Dokumentationen
Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung
Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte
Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Monatsbericht des BMF (März 2013) (PDF, 2,7 MB)”

Bundesministerium der Finanzen (BMF)

Geschäftsstatistik Kraftfahrzeugsteuer

Geschäftsstatistik Kraftfahrzeugsteuer

Ergebnisse der Geschäftsstatistik Pkw für das Jahr 2012

  • Das Kraftfahrzeugsteueraufkommen der Personenkraftwagen (Pkw) veränderte sich gegenüber 2011 kaum und stieg nur geringfügig um rund 0,6 Mio.  auf 7,05 Mrd. €. Das Aufkommen aus den Pkw mit Dieselmotor ist dabei um rund 125,3 Mio. € angestiegen und das der mit Ottomotoren ausgerüsteten Pkw um rund 124,7 Mio. € gesunken.
  • Im Ergebnis spiegelt sich auch der Rückgang des Bestandes an Pkw mit Erstzulassungen vor dem 1. Juli 2009 wider, die meist höhere Schadstoffemissionswerte aufweisen und höher besteuert werden als schadstoffarme Pkw.
  • Infolge der seit 1. Juli 2009 in Kraft getretenen neuen Kraftfahrzeugsteuer veränderte sich das Aufkommen nur geringfügig. Mit Blick auf die nachhaltige Schonung von Klima und Umwelt wurde die Kraftfahrzeugsteuer fortentwickelt, und die CO2-Emissionen sollen durch die bei der Gestaltung der Kraftfahrzeugsteuertarife gesetzte Anreizwirkung deutlich gesenkt werden. Die Kraftfahrzeugsteuer ist für Pkw-Neuzulassungen seit dem 1. Juli 2009 an den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2-Wert laut Betriebserlaubnis) und den Hubraum gekoppelt.
  • Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der Bestand an Pkw mit umweltschonenderer Kraftfahrzeugtechnik deutlich erhöht hat. So stieg der Bestand an Euro-5- und Euro-6-Pkw auf über 7,5 Mio. Pkw. Das entspricht einem Anteil am Gesamtbestand von fast 18 %. Deutlich steigt bei den Neuzulassungen seit 2009 auch der Anteil der Pkw mit CO2-Werten bis 120g/km.

1 Vorbemerkungen

Das Kraftfahrt-Bundesamt stellt keine auf die spezifischen kraftfahrzeugsteuerlichen Belange der Finanzverwaltung zugeschnittenen Informationen im Hinblick auf den steuerpflichtigen und steuerbefreiten Bestand zur Verfügung. Amtliche Angaben zu den Steuereinnahmen aus der Besteuerung der Fahrzeuge liegen nur für alle Fahrzeugarten insgesamt in der Kassenstatistik des BMF vor.

Darum wurde von Bund und Ländern 1988 beschlossen, Erhebungen über die aufkommensmäßigen Auswirkungen der kraftfahrzeugsteuerlichen Maßnahmen durchzuführen und nach einheitlichen Kriterien zu erfassen. Zum Stichtag 1. Juli wurden entsprechende Übersichten nach einem bundeseinheitlich festgelegten Muster von den Ländern erstellt und dem BMF zur Aufbereitung einer jährlichen Bundesstatistik zur Verfügung gestellt. Diese Statistik erfasst den Bestand an steuerpflichtigen Pkw getrennt nach Pkw mit Otto- und Dieselmotoren jeweils zur Jahresmitte untergliedert nach Schadstoffemissionsklassen (den sogenannten Euro-Normen) und seit 2009 für Neuzulassungen nach den Kohlendioxidemissionswerten.

Rechnerisch lässt sich somit das Soll-Aufkommen an Kraftfahrzeugsteuer für Pkw ermitteln. Die Differenz zwischen dem so ermittelten Soll-Aufkommen und dem tatsächlichen Kassenaufkommen liegt an Fahrzeugen mit besonderen Zweckbestimmungen, wie zum Beispiel den Wohnmobilen, die in der Geschäftsstatistik nicht getrennt erfasst werden. Außerdem wird das Aufkommen der zulassungspflichtigen Motorräder und Leichtkraftfahrzeuge sowie Nutzfahrzeuge und Anhänger nicht berücksichtigt. Daneben führen auch Kasseneffekte zum Beispiel bei Steuersatzerhöhungen zu Differenzen.

Die Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer stehen seit dem 1. Juli 2009 dem Bund zu. Die Steuer wird vom BMF verwaltet, das sich hierfür nach dem Finanzverwaltungsgesetz noch bis zum 30. Juni 2014 der Landesfinanzbehörden bedient. Ab 1. Juli 2014 ist die Bundesfinanzverwaltung (speziell die Zollverwaltung) für die Festsetzung und Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer zuständig.

2 Gesamtergebnis der Geschäftsstatistik

Der Anteil der Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer für Pkw am Gesamtaufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer hat sich bei leicht gestiegenem Bestand seit 2007 leicht rückläufig entwickelt (vergleiche Tabelle 1).

Tabelle1: Anteil der Kraftfahrzeugsteuer Pkw am Gesamtaufkommen
Quelle: Bundesministerium der Finanzen.
Jahr Anzahl der steuerpflichtigen Pkw Entwicklung gegenüber Vorjahr in % Kraftfahrzeugsteuereinnahmen in Mio. €
bei Pkw zum 1. Juli Insgesamt lt. Kassenjahr Anteil Pkw in %
2007 40 666 076 0,7  7 511 8 897,6 84,4
2008 40 844 251 0,4  7 463 8 841,8 84,4
2009 40 900 650 0,1  6 924 8 200,8 84,4
2010 41 353 202 1,1  7 093 8 487,9 83,6
2011 41 870 222 1,3  7 047 8 422,3 83,7
2012 42 537 204 1,6  7 047 8 442,7 83,5

Für eine ganze Reihe von Fahrzeugen werden gesetzliche Kraftfahrzeugsteuervergünstigungen gewährt. So wird zum Beispiel keine Kraftfahrzeugsteuer für Pkw erhoben, die zu bestimmten, im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben verwendet werden (darunter Bundeswehr, Polizei-, Zoll- und Feuerwehrdienst, Krankentransport).

Fahrzeughalter, die wegen einer Schwerbehinderung beeinträchtigt sind, können unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen auf Antrag eine vollständige Befreiung ihres Fahrzeugs von der Kraftfahrzeugsteuer oder 50 % Ermäßigung erhalten. Über die finanziellen Auswirkungen auch dieser Steuervergünstigung berichtet die Bundesregierung alle zwei Jahre im Rahmen des Subventionsberichts. Die rechnerischen jährlichen Steuermindereinnahmen betragen hier rund 130 Mio. €.

Pkw mit Dieselmotoren der Euro-6-Schadstoffklasse erhalten von 2011 bis 2013 eine Steuerbefreiung von insgesamt 150 €. Davon betroffen waren im Jahr 2012 nur 9 500 Pkw, da das Angebot solcher Fahrzeuge auf dem Markt noch gering ist.

 

3 Entwicklung

Die Anzahl der Pkw, die nach dem 1. Juli 2009 neu zugelassen wurden, erhöhte sich im Jahr 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 Mio. Pkw. Damit unterliegen rund 21 % (8,8 Mio.) dieser Pkw der neuen Kraftfahrzeugsteuer, die sich nach CO2-Wert und Hubraum bemisst.

Für rund 1,5 Mio. Pkw mit Erstzulassung vom 5. November 2008 bis 30. Juni 2009 wird eine sogenannte Günstigerprüfung zwischen der nach alten und der nach neuen Grundlagen bemessenen Kraftfahrzeugsteuer angewendet (§ 18 Absatz 4a KraftStG). Diese Prüfung erfolgte von Amts wegen. Sie mindert die Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer.

Rund 72 % der Pkw in Deutschland, die zum 1. Juli 2012 in den Bundesländern kraftfahrzeugsteuerlich erfasst wurden, fahren mit einem Ottomotor. Seit 1997 hat sich der Anteil zugunsten der Pkw mit Dieselmotor mit steigender Tendenz deutlich verändert (vergleiche Tabelle 2).

Tabelle 2: Anteil Pkw mit Dieselmotor am Pkw-Bestand in %
Quelle: Bundesministerium der Finanzen.
Jahr Anteil Pkw mit Dieselmotor in %
1997 13,3
2000 13,9
2005 19,8
2007 23,5
2008 24,3
2009 25,1
2010 26,0
2011 26,9
2012 28,1

Seit 2000 erreichen die Diesel-Pkw wesentlich höhere Zulassungsanteile als in den Vorjahren. Schätzungen gingen ursprünglich davon aus, dass zukünftig fast jeder zweite neu zugelassene Pkw mit einem Dieselmotor ausgestattet sein wird. Durch die Umweltprämie im Jahr 2009 verlagerte sich die Entwicklung der Neuzulassungen zwar vorübergehend wieder in Richtung kleinerer Pkw mit Ottomotor. Nach dem Auslaufen der Umweltprämie wandelte sich der Trend wiederum zur Neuzulassung von Pkw mit Dieselmotor. Nunmehr sind nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes rund 52 % der Pkw-Neuzulassungen im Jahr 2012 mit einem Ottomotor ausgestattet (2010: rund 57 %, 2011: rund 52 %).

Der Bestand an Pkw mit umweltschonenderer Kraftfahrzeugtechnik hat sich deutlich erhöht. So stieg der steuerpflichtige Bestand an Euro-5- und Euro-6-Pkw auf über 7,5 Mio. Das entspricht einem Anteil am Gesamtbestand von fast 18 %. Aus der folgenden Grafik ist auch der deutliche Anstieg des Anteils der Pkw mit CO2-Werten unter 160 g/km ersichtlich.

 

 

Die Anzahl der nicht oder bedingt schadstoffarmen Pkw ist weiter rückläufig. 1997 waren es noch rund 9,4 Mio. Pkw. Deren Anteil am Gesamtbestand betrug damals rund 25,5 %. Bis zum Juli 2012 verringerte sich dieser Anteil auf deutlich unter 1 % beziehungsweise absolut auf rund 256 000 Pkw. Rund 9 Mio. dieser Fahrzeuge wurden seit 1997 nach Meldung der Länder ausgesondert. In Abbildung 2 ist diese Entwicklung abgebildet.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin