Zur Nichtigkeit eines Bedarfswertbescheids

Zur Nichtigkeit eines Bedarfswertbescheids

Kernaussage

Ein Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts für Erbschaftsteuerzwecke muss alle Miterben bezeichnen. Nennt er als Inhaltsadressatin lediglich eine Erbengemeinschaft, ist er nichtig.

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder einer Erbengemeinschaft. Das beklagte Finanzamt bewertete das zum Nachlass gehörende Grundstück und stellte den Grundbesitzwert einheitlich und gesondert fest. Der Bescheid erging „mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle Miterben“. Er wurde gegenüber der Ehefrau des Erblassers und zwar als Empfangsbevollmächtigte der Erbengemeinschaft bekannt gegeben. Die Kläger sind der Auffassung, dass der Bescheid nichtig sei, denn es sei nicht ersichtlich, aus welchen Miterben die Erbengemeinschaft bestehe. Zudem sei der Bescheid nicht gegenüber allen Inhaltsadressaten bekannt gegeben. Das Finanzgericht gab der Klage statt, ließ aber die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

Entscheidung

Die Angabe des Inhaltsadressaten ist ein konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsaktes. Ist die Angabe nicht hinreichend bestimmt, ist der Verwaltungsakt nichtig. Zwar ist die Erbengemeinschaft vorliegend Feststellungsbeteiligte gemäß den Vorschriften zum Bewertungsgesetz geworden; das macht sie aber nicht zugleich zum Inhaltsadressaten. Denn die Zurechnung des Grundstücks zur Erbengemeinschaft erfolgt lediglich deshalb, weil die Erbquote nicht vom Lagefinanzamt, sondern vom Erbschaftsteuerfinanzamt zu ermitteln ist. Die Erbengemeinschaft hat verfahrensrechtlich keine Beteiligtenstellung und auch nicht die damit verbundene Rechtsbehelfsbefugnis. Sie ist rechtlich ein „Nullum“, denn sie ist nicht handlungsfähig im Sinne der Abgabenordnung. Vorliegend ist der Inhaltsadressat somit nicht ausreichend bezeichnet und der Bescheid daher nichtig.

Konsequenz

Das vorliegende Urteil verdeutlicht, dass bei einer Mehrheit von Adressaten stets zu überprüfen ist, ob der Inhaltsadressat des Bescheids zutreffend und hinreichend bezeichnet wurde.

Ausschließliche Ersatzerbeinsetzung ist keine Nacherbeinsetzung

Ausschließliche Ersatzerbeinsetzung ist keine Nacherbeinsetzung

Kernfrage

Testamente müssen, insbesondere dann, wenn sie privatschriftlich und ohne Beratung verfasst worden sind, entsprechend dem tatsächlichen Erblasserwillen, der gegebenenfalls durch Nachforschung zu ermitteln ist, ausgelegt werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens die Grenzen dieser Auslegungsfähigkeit zu bestimmen.

Sachverhalt

Die Mutter von 4 Kindern hatte in einem eigenhändig verfassten Testament ihre ältesten Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Darüber hinaus enthielt das Testament die Regelung, dass der zweitälteste Sohn Ersatzerbe werden solle, wenn der älteste Sohn kinderlos versterben sollte. Die Mutter wurde zunächst vom ältesten Sohn beerbt, der keine Kinder hatte. Nach dem Tode des ältesten Sohns beantragte der Zweitälteste einen Erbschein, der ihn als Nacherbe nach der Mutter auswies. Diesen Erbscheinsantrag lehnte das OLG Hamm ab.

Entscheidung

Die Ersatzerbeinsetzung des zweiältesten Sohnes könne nicht in eine Nacherbeinsetzung (und damit verbunden in einer Vorerbeneinsetzung des ältesten Sohnes) umgedeutet werden. Ohne weitere Anhaltspunkte im Testament, insbesondere ohne dem ersten Erben auferlegte Verfügungsbeschränkungen, müsse davon ausgegangen werden, dass selbst der rechtliche Laie unter einer Ersatzerbeneinsetzung lediglich eine Erbeinsetzung für den Fall verstehe, dass der eigentliche Erbe im Erbfall nicht vorhanden war. Dies war aber nicht der Fall. Der älteste Sohn war Erbe nach der Mutter geworden; und zwar als Vollerbe. Für seine Einsetzung als Vorerbe bestand kein Indiz.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt die Probleme, die bei privatschriftlichen Testamenten auftreten können. Hätte der Zweitälteste Sohn Recht bekommen, wäre er alleiniger Nacherbe bezogen auf das Vermögen geworden, das der Älteste von seiner Mutter geerbt hatte. Nunmehr kommt es nach dem ältesten Sohn zur gesetzlichen Erbfolge; und zwar nicht nur bezogen auf das Vermögen des Sohnes, sondern auf bezogen auf den Nachlass der Mutter, der im Vermögen des Ältesten aufgegangen ist.

Fahrergestellung führt zu lohnsteuerrechtlich erheblichem Vorteil

Fahrergestellung führt zu lohnsteuerrechtlich erheblichem Vorteil

Kernproblem

Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, entsteht ein geldwerter Vorteil, der zu versteuern ist. Fehlt ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, bemisst sich der Vorteil mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer im Kalendermonat. Ist darüber hinaus eine Privatnutzung möglich, kommt die 1 %-Regel dazu. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in der jüngsten Vergangenheit einige Kernaussagen gemacht, die für die Bemessung des Sachbezugs einer Pkw-Gestellung von Bedeutung sind. So kann der Arbeitnehmer nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte haben, d. h. Fahrten zu einer „anderen“ Arbeitsstätte sind Reisekosten und kein geldwerter Vorteil. Zudem kann die monatliche 0,03 %-Pauschale gekürzt werden, falls der Pkw nicht arbeitstäglich genutzt wird. Wird der Dienstwagen nur für eine Teilstrecke der täglichen Fahrt verwendet (z. B. wegen „Park and ride“), kann sich das günstiger auf die Bemessung der Entfernungskilometer auswirken. Noch unklar war die Frage, wie sich eine Fahrergestellung auf die Ermittlung des Sachbezugs auswirkt. Der BFH selbst hatte im Jahr 2011 Zweifel geäußert, ob an der Annahme eines „erheblichen Vorteils“ weiter festzuhalten sei.

Sachverhalt

Einem Landrat wurde ein Dienstfahrzeug mit Fahrer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt. Der Landkreis hatte als Arbeitgeber auf eine Besteuerung verzichtet, weil das Fahrzeug dem allgemeinen Fuhrpark angehört habe und hierin auch andere Dienstpflichten der Kreisverwaltung erfüllt worden seien. Das Finanzamt setzte entsprechend seiner Verwaltungsanweisung den Wert der Fahrergestellung mit 50 % der pauschalen 0,03 %-Zuschlagsregelung an. Mit seiner Klage beim Finanzgericht scheiterte der Landkreis und legte Revision beim BFH ein.

Entscheidung

Der BFH hält die in seinem Urteil im Jahre 2011 geäußerten Zweifel nicht mehr für durchgreifend und führte aus, dass es für die Annahme eines Vorteils nicht darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer in dem mit Fahrer überlassenen Fahrzeug bereits auf dem Weg zur regelmäßigen Arbeitsstätte büromäßige Tätigkeiten tatsächlich ausübe oder ausüben könne. Entscheidend sei vielmehr, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in dessen Angelegenheit eine Dienstleistung in Form der Personalüberlassung zur Verfügung stelle, die für sich betrachtet einen Wert habe. Der Vorteil bemesse sich grundsätzlich nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort einer vergleichbaren, von fremden Dritten erbrachten Leistung.

Konsequenz

Der BFH hält den Listenpreis des gefahrenen Fahrzeugs für eine Schätzung des geldwerten Vorteils für nicht sachgerecht. Der Maßstab zur Bewertung könne den zeitanteiligen Personalkosten des Arbeitgebers entsprechen; er müsse es aber nicht. Insoweit ist zu wünschen, dass die Verwaltung zum Zwecke einer einheitlichen Auslegung ihre Verwaltungsanweisungen überarbeitet.

Zur Feststellung des Grundbesitzwertes für Schenkungsteuerzwecke

Zur Feststellung des Grundbesitzwertes für Schenkungsteuerzwecke

Kernaussage

Das Lagefinanzamt ist für die Feststellung des Grundbesitzwerts zuständig und dies nur auf Anfrage des Erbschaftsteuerfinanzamtes hin. Dieses entscheidet mithin, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist.

Sachverhalt

Streitig ist, ob Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. Die Bewertungsstelle des Lagefinanzamts stellte den Grundbesitzwert für eine wirtschaftliche Einheit aufgrund einer Anfrage der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts fest. Die Betriebsprüfungsstelle wurde durch das für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige weitere Finanzamt beauftragt. Dieser Prüfungsauftrag beinhaltet die Befugnis zur Erteilung von Prüfungsanordnungen. Aus diesem Grunde ist das Lagefinanzamt der Auffassung, dass die Betriebsprüfungsstelle wegen der vorliegenden Auftragsprüfung berechtigt sei, eine Anfrage zur Feststellung von Grundbesitzwerten an die Bewertungsstelle zu richten.

Entscheidung

Die Aussetzung der Vollziehung ist anzuordnen, da vorliegend ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids bestehen. Die Grundbesitzwerte sind gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung von Bedeutung sind. Für das Lage- bzw. Feststellungsfinanzamt ist die Wertfeststellung nur dann erforderlich, wenn ein Finanzamt um die Feststellung zum Zwecke einer beabsichtigten Steuerfestsetzung nachsucht. Das bedeutet, dass die Entscheidung, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, nicht bei dem Lage- bzw. Feststellungsfinanzamt liegt, sondern bei dem dafür zuständigen Finanzamt, das ist bei Schenkungen das Erbschaftsteuerfinanzamt. Im Streitfall liegt allerdings eine Anfrage der Betriebsprüfungsstelle des unzuständigen Finanzamts vor.

Konsequenz

Die Bedarfswertfeststellungen der Lagefinanzämter entfalten in Bezug auf die Grundbesitzwerte für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als Grundlagenbescheide Bindungswirkung. Entsprechend erscheint es als logische Konsequenz, dass die Entscheidung, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, dem Erbschaftsteuerfinanzamt obliegt.

Voraussetzungen für Einfirmenvertreterschaft

Voraussetzungen für Einfirmenvertreterschaft

Kernaussage

Ein selbstständiger Handelsvertreter, dem verboten ist, für Konkurrenzunternehmen tätig zu sein und der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist kein so genannter „Einfirmenvertreter“ im Sinne der entsprechenden Bestimmung des Handelsgesetzbuches (§ 92 a HGB).

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Finanzdienstleistungsunternehmen. Der Beklagte war für sie als Handelsvertreter tätig. Die Klägerin verlangt von ihm die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen sowie die Rückzahlung eines Darlehens. Nach dem geschlossenen Handelsvertretervertrag muss der Handelsvertreter die Ausübung einer anderen Erwerbstätigkeit anzeigen und darf diese erst 21 Tage später aufnehmen. Im Übrigen ist ihm nicht erlaubt, für Konkurrenzunternehmen parallel tätig zu werden. Das Landgericht hat der Klage nahezu vollumfänglich stattgegeben. Der beklagte Handelsvertreter ist der Auffassung, der Rechtsweg sei nicht zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Nach einem Vorabverfahren (§ 17a GVG) vor dem Berufungsgericht, in dem der ordentliche Rechtsweg für eröffnet erklärt wurde, hat der Beklagte hiergegen Rechtsbeschwerde eingelegt.

Entscheidung

Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte würde sich nur dann ergeben, wenn der Beklagte so genannter „Einfirmenvertreter“ ist. Voraussetzung dafür ist, dass der Handelsvertreter zu der Personengruppe gehört, für die nach dem HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn der Handelsvertreter in den letzten 6 Monaten im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 EUR bezogen hat. Erstere Voraussetzung ist gegeben, wenn der Handelsvertreter nicht für andere Unternehmer tätig werden darf. Das vorliegende Konkurrenzverbot reicht hierfür jedoch nicht aus, da der Handelsvertreter in anderen Wirtschaftszweigen für Nicht-Konkurrenzunternehmen tätig werden durfte. Durch die 21-Tage-Wartefrist wurde die Tätigkeit für andere Unternehmen nur erschwert, nicht jedoch ausgeschlossen.

Konsequenz

Dem Handelsvertreter ist es nicht gelungen, die Streitigkeit vor die Arbeitsgerichtsbarkeit zu bringen. Die Entscheidung zeigt, dass hier trotz großer Abhängigkeit zu dem Finanzdienstleistungsunternehmen keine Einfirmenvertreterschaft besteht.

Grunderwerbsteuer: Rohbaukauf mit anschließendem Innenausbau

Grunderwerbsteuer: Rohbaukauf mit anschließendem Innenausbau

Kernaussage

Für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot in einem einheitlichen Schriftstück zu einem einheitlichen Preis unterbreitet wird.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb für 524.850 EUR ein Grundstück inkl. Rohbau von einer GmbH. Die weiteren Ausbaukosten in Höhe von 180.000 EUR wurden vom Finanzamt in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer miteinbezogen, da man sich mit dem von der GmbH vorgeschlagenen Bauleitungsbüro vor Abschluss des Grundstückkaufvertrags geeinigt hatte. Das Bauleitungsbüro sei bei fast allen Rohbauprojekten der GmbH eingeschaltet worden und habe damit im Ergebnis ein bezugsfertiges Haus erstellt, was wirtschaftlich auch gewollt gewesen sei. Gegen die entsprechend erhöhte Grunderwerbsteuer von 18.369 EUR auf 24.669 EUR klagte die Klägerin.

Entscheidung

Das Finanzgericht hielt die Klage für unbegründet. Grundsätzlich wird die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer aus dem Vertrag über das Grundstück entnommen. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit dem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Erwerbsgegenstand. Dies war hier der Fall. Denn für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot der Veräußererseite in einem einheitlichen Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wird. Ausreichend ist, dass die Veräußererseite das Angebot zur Bebauung des Grundstücks bis zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags vorlegt und der Erwerber dieses Angebot im Wesentlichen auch annimmt. Auch die verschiedenen Personen auf der Veräußererseite sind unschädlich, da die GmbH und das Bauleitungsbüro hier wirtschaftlich eng verbunden waren.

Konsequenz

Die versuchte Ersparnis eines Teils der Grunderwerbsteuer ist hier misslungen. Es hat sich gezeigt, dass es darauf ankommt, ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang gegeben ist, der anhand von Indizien bestimmt werden kann.

Abtretung ändert öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht

Abtretung ändert öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht

Kernaussage

Die Abtretung einer Forderung vermag die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht zu ändern und den Zivilrechtsweg zu eröffnen. Der für den Besoldungsanspruch des Beamten nach dem Beamtenrechtsrahmengesetz gegebene Verwaltungsrechtsweg bleibt daher auch nach der Abtretung des Besoldungsanspruchs für den Rechtsstreit des Zessionars gegen den Dienstherrn als Drittschuldner eröffnet.

Sachverhalt

Die Klägerin, ein Kreditinstitut, macht mit der vor dem Amtsgericht erhobenen Klage aus abgetretenem Recht Besoldungsansprüche eines Beamten des beklagten Landes in Höhe der Restforderung aus einem Darlehensvertrag geltend. Über das Vermögen des Beamten wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und ein Treuhänder bestellt. Dieser vertrat die Auffassung, dass die Abtretung der Besoldungsansprüche unwirksam sei. Daraufhin zahlte der Beklagte die pfändbaren Bezüge an den Treuhänder aus, weshalb die Klägerin Klage erhob. Das Amtsgericht hat den Rechtsstreit zu den Verwaltungsgerichten verwiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die meint, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Rechtsbeschwerde zurück, weil der Verwaltungsrechtsweg für den geltend gemachten Anspruch eröffnet ist. Durch die Abtretung der pfändbaren Gehaltsanteile eines Beamten ändert sich nicht an dem Charakter des abgetretenen Anspruchs. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, ist weiterhin das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis. Die Abtretung der Forderung vermag die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht zu ändern und den Zivilrechtsweg zu eröffnen. Es hat lediglich ein Gläubigeraustausch stattgefunden, d. h. die Klägerin ist an die Stelle des Beamten getreten. Auch ist unerheblich, welche Einwendungen der Beklagte erhebt. Ob sich diese aus bürgerlich-rechtlichen oder aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben, spielt für den Rechtsweg keine Rolle.

Konsequenz

Bei Beamten gibt es in Bezug auf die Lohnabtretung eine Besonderheit. Nach der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung (§ 411 BGB) gelten den Zahlstellen der Beamten Lohnabtretungen als nicht bekannt, sofern diese nicht beurkundet sind. Aus diesem Grunde sollte die Abtretung von Besoldungsansprüchen notariell beurkundet werden.

Wie ist ein Liquidationsverlust steuerlich zu beurteilen?

Wie ist ein Liquidationsverlust steuerlich zu beurteilen?

Kernaussage

Das sogenannte Teileinkünfteverfahren gilt auch in Verlustfällen. Zudem wird infolge der Veräußerungsfiktion die dem Gesellschafter zufließende Einnahme wie ein Bezug eines Kaufpreises behandelt. Aus diesem Grunde kann der Liquidationsverlust bei einer Stammkapitalauskehrung unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens auch nur zu 60 % berücksichtigt werden.

Sachverhalt

Die Klägerin war an dem 25.000 EUR betragenden Stammkapital einer GmbH zu einem Drittel beteiligt. Im Jahr 2009 wurde die Auflösung der GmbH beschlossen, weshalb die Auskehrung des sich noch im Gesellschaftsvermögen befindlichen Teils des Stammkapitals erfolgte. Entsprechend ihrer Quote wurden an die Klägerin 3.138 EUR ausgezahlt. Weitere Zahlungen in Form von Dividenden, Ausschüttungen oder sonstigen Rückzahlungen aus dem Stammkapital der GmbH hat die Klägerin nicht erhalten. Sie beantragte bei dem beklagten Finanzamt den vollen Abzug der ihr entstandenen Verluste. Das Finanzamt wandte das Teileinkünfteverfahren an und berücksichtigte einen Verlust nur in Höhe von 60 %. Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gilt das Teileinkünfteverfahren auch in Verlustfällen. Sofern die Klägerin die Auffassung vertritt, dass jedenfalls eine zurückgezahlte Stammeinlage nicht zu Einnahmen im Sinne des Teileinkünfteverfahrens führen könne, da sich bereits aus allgemeinen Grundsätzen ergebe, dass Kapitalrückzahlungen keine Einnahmen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Ein allgemeiner Grundsatz dahingehend, dass eine Einnahme aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft erst dann vorliegt, wenn und soweit der Wert der im Zuge der Auflösung erhaltenen Wirtschaftsgüter das Stammkapital übersteige, lässt sich nicht dem Gesetz entnehmen. Aus diesem Grunde sind die Anschaffungskosten nur zu 60 % abzuziehen.

Konsequenz

Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde wegen der Bedeutung der Frage der steuerlichen Beurteilung von Kapitalrückzahlungen im Rahmen der Liquidation einer Kapitalgesellschaft zugelassen und bleibt abzuwarten. Betroffene sollten prüfen, ob sie sich auf das vorgenannte finanzgerichtliche Urteil beziehen können und sodann einen Einspruch ruhend stellen.

Demnächst Organschaft auch für Personengesellschaften?

Demnächst Organschaft auch für Personengesellschaften?

Kernaussage

Ist eine juristische Person finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert, so liegt eine Organschaft vor. Das eingegliederte Unternehmen (Organgesellschaft) verliert umsatzsteuerlich seine Selbstständigkeit. Der Organträger tritt dafür in die Stellung der Organgesellschaft ein. Aufgrund der obigen Definition können Personengesellschaften nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) zwar Organträger sein, nicht jedoch Organgesellschaft.

Sachverhalt

Eine bisher als Organgesellschaft anerkannte GmbH wurde in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Das Finanzamt verlangte daraufhin Umsatzsteuer auf die Umsätze der Klägerin an die GmbH & Co. KG, die bis zur Umwandlung nicht steuerbare Innenleistungen darstellten. Hierdurch ergab sich eine Mehrbelastung für den bisherigen Organkreis, da die GmbH & Co. KG ein Altenheim betrieb und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Der Kläger wehrte sich gegen die Festsetzung mit dem Argument, dass die im UStG enthaltene Beschränkung der Organschaft auf Kapitalgesellschaften als mögliche Organgesellschaften gegen den in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) verankerten Grundsatz der Rechtsformneutralität verstoße.

Entscheidung

Das Finanzgericht München folgt der Argumentation des Klägers. Demnach stellt es die Mehrwertsteuersystemrichtlinie den Mitgliedstaaten zwar frei, ob sie vom Instrument der Organschaft Gebrauch machen, dies rechtfertige jedoch nicht, dieses Instrument auf juristische Personen als Organgesellschaften zu beschränken.

Konsequenz

Immer wieder bietet die Umsatzsteuer Urteile, die die bisherige Praxis in Frage stellen bzw. über den Haufen werfen; dieses ist ein Solches. Auch wenn zu erwarten ist, dass die Finanzverwaltung das Urteil nicht akzeptieren wird und das Verfahren voraussichtlich erst mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ein Ende finden wird, müssen sich Personengesellschaften, die – abgesehen von der Rechtsform – als Organgesellschaften zu qualifizieren wären, mit dem Urteil auseinandersetzen. Dabei kann das Urteil je nach Fallkonstellation vor- oder nachteilig sein. Vorteile können sich, wie im Fall, ergeben, wenn die Gesellschaft nicht in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Nachteile ergeben sich z. B. durch die Ausdehnung der Haftung der Organgesellschaften auf die Umsatzsteuer des Organträgers. Bietet das Urteil Vorteile, müssen die Veranlagungen offen gehalten werden. Ist das Urteil dagegen nachteilig, so besteht kein akuter Handlungsbedarf, die weitere Rechtsentwicklung ist aber zu beobachten.

Vorsteuerberichtigung bei Umlaufvermögen

Vorsteuerberichtigung bei Umlaufvermögen

Kernaussage

Unternehmer müssen bei Leistungsbezug entscheiden, ob und in welchem Umfang sie den Vorsteuerabzug vornehmen. Entscheidend ist hierbei, ob die beabsichtigte Verwendung zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ändern sich diese Voraussetzungen später, so erfolgt i. d. R. eine Korrektur der Vorsteuer über § 15a UStG. Dieser gilt seit dem 1.1.2005 auch für Umlaufvermögen. Beispiel: Ein Unternehmer erwirbt ein Grundstück, um dieses später unter Option zur Umsatzsteuer zu verkaufen. Er macht daher die Vorsteuer aus dem Erwerb geltend. Tatsächlich verkauft er das Grundstück steuerfrei. Folge: Der gesamte ursprüngliche Vorsteuerabzug wird im Zeitpunkt der Veräußerung berichtigt.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bayerische Landesamt für Steuern (LFSt) befasst sich in einer aktuellen Verfügung ausführlich mit der Vorsteuerkorrektur bei Umlaufvermögen. Neben den Grundzügen der Regelung werden auch für die Praxis wichtige Fragen erörtert, so z. B. die Ermittlung der Vorsteuerkorrektur bei Umlaufvermögen, das vom Unternehmen selbst hergestellt wurde.

Konsequenzen

Die Verfügung gibt eine gute Hilfestellung, um derartige Fälle zutreffend zu erfassen. Typische Fallkonstellationen in denen eine Vorsteuerberichtigung bei Umlaufvermögen zu berücksichtigen ist, sind z. B. der Verkauf von Grundstücken des Umlaufvermögens sowie der Wechsel vom Kleinunternehmer bzw. pauschal besteuerten Landwirt zur Regelbesteuerung. Zu beachten ist, dass die Korrektur sich auch zu Gunsten der Unternehmer auswirken kann, so z. B. beim Wechsel vom Kleinunternehmer zur Regelbesteuerung. Dies setzt allerdings voraus, dass im Zeitpunkt des Leistungsbezugs eine ordnungsgemäße Rechnung vorlag und die Leistung dem Unternehmen zugeordnet wurde. D. h., Unternehmer, die sich eine spätere Korrektur der Vorsteuer zu ihren Gunsten offen halten wollen, müssen die Rechnungen im Hinblick auf einen möglichen Vorsteuerabzug prüfen, auch wenn sie diesen noch gar nicht vornehmen können.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin