Steuerfalle für Arztpraxen: Beteiligung an Laborgemeinschaften

Viele Ärztinnen und Ärzte beteiligen sich aus wirtschaftlichen Gründen an Laborgemeinschaften. Dabei kann die Bündelung von Leistungen und Kosten zu erheblichen Einsparungen führen. Doch steuerlich birgt die Beteiligung auch erhebliche Risiken: Bei Betriebsprüfungen kommt es regelmäßig zu Beanstandungen – mit hohen Steuernachzahlungen als Folge.

Wir zeigen, worauf Sie achten müssen, wie Sie typische Steuerfallen vermeiden und wann Ihre Laborgemeinschaft plötzlich als gewerbliches Unternehmen eingestuft wird.


1. Laborgemeinschaft ist nicht gleich Laborgemeinschaft

Laborgemeinschaften sind nach dem Bundesmantelvertrag-Ärzte (§ 1a Nr. 14a BMV-Ä) Einrichtungen von Vertragsärzten zur gemeinsamen Nutzung von Labordienstleistungen. Aus steuerlicher Sicht ist entscheidend:

➤ Arbeitet die Laborgemeinschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht,

liegt keine Mitunternehmerschaft vor (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

➤ Arbeitet sie mit Gewinnerzielungsabsicht,

liegt eine Mitunternehmerschaft mit entsprechender Gewinnverteilung vor.

Die Unterschiede sind steuerlich weitreichend – und Fehler kosten schnell bares Geld.


2. Steuerfalle bei Laborgemeinschaften ohne Gewinnerzielungsabsicht

Steuerfalle 1: Doppelter Betriebsausgabenabzug durch Umlagen

Umlagen für Sonderleistungen oder Investitionen dürfen nicht direkt als Betriebsausgabe in der Arztpraxis abgesetzt werden.
Sie sind lediglich Entnahmen – die Betriebsausgabe entsteht erst über die anteilige Feststellung der Laborgemeinschaft.

Beispiel:
Ein Arzt zahlt 50 € für eine spezielle Analyse – dieser Betrag ist nicht direkt abzugsfähig, sondern nur über die jährliche Feststellung der Laborgemeinschaft.

Tipp: Umlagen immer erfolgsneutral behandeln und korrekte Feststellungen abwarten.


Steuerfalle 2: KV-Abrechnung über die Laborgemeinschaft

Rechnet die Laborgemeinschaft im Namen eines Arztes mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab, muss das Honorar trotzdem in der Arztpraxis versteuert werden – auch wenn es formal der Laborgemeinschaft zufließt.

Risiko: Wird das Honorar nicht erklärt, kann das Finanzamt über die Kontrollmitteilung zu hohen Steuernachforderungen führen.


Steuerfalle 3: Wirtschaftsgüter nicht den Praxen zugerechnet

Die Geräte der Laborgemeinschaft gehören steuerlich den beteiligten Praxen anteilig. Wird bei Trennung oder Ausscheiden ein Gerät übernommen, liegt kein steuerneutraler Vorgang, sondern ein Tausch mit Gewinnrealisierung vor.

Beispiel:
Ein Arzt übernimmt bei Trennung ein Gerät mit stillen Reserven – der Wertzuwachs ist steuerpflichtig.


3. Laborgemeinschaft mit Gewinnerzielungsabsicht – andere Regeln, aber neue Risiken

Ist die Laborgemeinschaft gewinnorientiert, handelt es sich um eine Mitunternehmerschaft. Umlagen und Honorare sind nun Betriebseinnahmen/-ausgaben, die normal versteuert werden. Dafür sind auch Realteilungen steuerlich begünstigt.

Steuerfalle: Gewerbliche Infektion

Beteiligt sich eine Gemeinschaftspraxis an einer gewerblich tätigen Laborgemeinschaft, werden alle Einkünfte der Gemeinschaftspraxis als gewerblich infiziert (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Folge:

  • Verlust des freiberuflichen Status
  • Pflicht zur Bilanzierung, höhere Steuerbelastung, ggf. Gewerbesteuer

Lösung: Beteiligung nicht über die Gemeinschaftspraxis, sondern direkt über die Ärzte (Sonderbetriebsvermögen). So bleibt die Praxis freiberuflich.


4. Gewinnermittlung: EÜR oder Bilanz?

Freiberufler dürfen ihren Gewinn per Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) ermitteln. Wird die Praxis jedoch gewerblich infiziert, droht Bilanzierungspflicht bei Überschreiten bestimmter Grenzen (§ 141 AO):

  • Umsatz > 800.000 €
  • Gewinn > 80.000 €

Folgen: Frühere Besteuerung, höherer Verwaltungsaufwand, Übergangsgewinn


5. Gewerbesteuer: droht oder nicht?

Obwohl bei gewerblich infizierten Gemeinschaftspraxen gewerbliche Einkünfte vorliegen, hat der BFH in mehreren Urteilen klargestellt, dass diese nicht gewerbesteuerpflichtig sind (u. a. BFH v. 30.11.23, IV R 10/21).

Die Finanzverwaltung erkennt diese Rechtsprechung bislang nicht an – Betroffene müssen daher Einspruch einlegen und klagen, um sich gegen die Gewerbesteuer zu wehren. Hoffnung besteht: Ein weiteres BFH-Urteil (VIII R 1/22 vom 4.2.2025) hat die Linie bestätigt.


✅ Fazit: Beteiligung gut prüfen – Fallstricke vermeiden

Eine Beteiligung an einer Laborgemeinschaft kann sinnvoll sein – aber nur, wenn auch steuerlich alles richtig läuft. Folgende Punkte sollten Sie beachten:

  • Prüfen Sie, ob Gewinnerzielungsabsicht vorliegt
  • Vermeiden Sie doppelte Betriebsausgabenabzüge
  • Deklarieren Sie KV-Honorare korrekt
  • Beachten Sie steuerliche Folgen bei Trennung/Auflösung
  • Achten Sie bei Gemeinschaftspraxen auf die Infektion mit Gewerblichkeit
  • Bereiten Sie sich auf mögliche Bilanzierungspflichten vor
  • Legen Sie ggf. Einspruch gegen Gewerbesteuerbescheide ein

Benötigen Sie Unterstützung bei der steuerlichen Bewertung Ihrer Laborgemeinschaft?
Wir prüfen Ihre Beteiligung, klären Ihre steuerlichen Pflichten und helfen, unnötige Nachzahlungen zu vermeiden.

BFH zur Cum-Cum-Gestaltung: Wirtschaftliches Eigentum und Gestaltungsmissbrauch neu bewertet

BFH, Urteil vom 13.11.2024 – I R 3/21

Mit Urteil vom 13. November 2024 hat der BFH wichtige Klarstellungen zur umstrittenen Praxis sogenannter Cum-Cum-Gestaltungen getroffen. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen, wem Aktien während der Dividendenperiode steuerlich zuzurechnen sind und ob solche Gestaltungen missbräuchlich im Sinne des § 42 AO sind.


🔍 Sachverhalt in Kürze

Eine deutsche Aktiengesellschaft (A) erhielt im Rahmen eines Wertpapierdarlehens von einer Bank (B) britische Aktien zur Sicherheit. Die Aktien wurden kurz vor dem Dividendenstichtag auf A übertragen, die Dividenden vereinnahmt und anschließend nahezu vollständig an B kompensiert. A machte den steuerfreien Bezug der Dividenden gem. § 8b KStG geltend, gleichzeitig wurden Kompensationszahlungen als Betriebsausgabe abgezogen.

Das Finanzamt erkannte die Gestaltung nicht an – zu Recht, wie der BFH im Ergebnis bestätigte.


⚖️ Kernaussagen des BFH

1. Wirtschaftliches Eigentum liegt bei A

Trotz der nur kurzfristigen Übertragung und der Kompensation der Dividende sah der BFH das wirtschaftliche Eigentum bei A, da:

  • Veräußerungsbefugnis und
  • rechtliche Ausübungsmöglichkeit von Stimmrechten bestanden.

Die subjektive Absicht, diese Rechte tatsächlich auszuüben, sei nicht entscheidend.

Beachtlich: Der BFH misst der Möglichkeit zur Veräußerung und zur Stimmrechtsausübung größeres Gewicht bei als dem Gewinnbezugsrecht – ein Bruch mit bisherigen Entscheidungen, in denen gerade die Dividendenberechtigung im Zentrum stand.


2. Gestaltung kann missbräuchlich sein (§ 42 AO)

Obwohl wirtschaftliches Eigentum bejaht wurde, stellt der BFH klar:
Fehlen außersteuerliche Gründe für die Sicherheitengestellung, liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor. Insbesondere rein steuerlich motivierte Dividendenstripping-Modelle ohne aufsichtsrechtliche oder wirtschaftliche Notwendigkeit seien nicht anzuerkennen.

Der Fall wurde an das FG zurückverwiesen, um genau diese außersteuerlichen Beweggründe zu prüfen.


📌 Bedeutung für die Praxis

  • Cum-Cum-Strukturen bleiben rechtlich angreifbar – selbst wenn zivilrechtliches Eigentum und Verfügungsrechte beim Inländer liegen.
  • Der BFH grenzt das wirtschaftliche Eigentum objektiv über rechtliche Befugnisse ab, nicht über faktische Ausübung oder subjektive Absichten.
  • Die Entscheidung gibt Instanzgerichten klare Maßgaben für die Missbrauchsprüfung: Ohne triftige außersteuerliche Gründe ist von Gestaltungsmissbrauch auszugehen.

⚠️ Kritik und offene Fragen

  • Der BFH geht nicht ausreichend auf das Record-Date-Prinzip (z. B. nach § 123 AktG) ein, das in vielen Fällen eine Stimmrechtsausübung gerade verhindert hätte.
  • Auch der wirtschaftliche Wert von Stimmrechten während einer Haltefrist von nur wenigen Tagen bleibt zweifelhaft.
  • Es fehlt eine Gesamtbetrachtung im Sinne des „Gesamtvertragskonzepts“, wie es bei Cum-Ex-Fällen üblich war.

🧾 Fazit

Der BFH hat mit seiner Entscheidung die Hürden für Cum-Cum-Gestaltungen weiter erhöht. Auch wenn das wirtschaftliche Eigentum formell beim Sicherungsnehmer liegen kann, wird eine Gestaltung ohne belastbare außersteuerliche Gründe künftig regelmäßig an § 42 AO scheitern.

Berater sind gut beraten, bei vergleichbaren Strukturen die Dokumentation wirtschaftlicher Zwecke zu sichern – oder von solchen Gestaltungen Abstand zu nehmen.


📉 EU-Jahresbericht Steuern 2025: Rückgang der Einnahmen, aber Steuermix bleibt stabil

Brüssel, 24. Juni 2025 – Die EU-Kommission hat den aktuellen Jahresbericht über die Besteuerung (Annual Report on Taxation – ART) vorgelegt. Der Bericht bietet einen umfassenden Überblick über die Steuerpolitik und -struktur in den 27 EU-Mitgliedstaaten. Das zentrale Ergebnis: Die Steuereinnahmen sind 2024 auf 39 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesunken – der niedrigste Wert seit 2011. Trotz dieser Entwicklung bleibt der grundlegende Steuermix stabil, es zeigen sich aber wichtige strukturelle Herausforderungen.


🔍 Weniger Einnahmen – besonders bei Umwelt- und Grundsteuern

Der Rückgang der Steuereinnahmen ist vor allem auf sinkende Erträge aus:

  • Umweltsteuern (z. B. Energiesteuern, CO₂-Abgaben),
  • sowie Grundsteuern zurückzuführen.

Gleichzeitig beobachten die Expertinnen und Experten eine leichte Verschiebung im Steuermix:

SteuerartAnteil 2024Tendenz
Arbeit51,2 %📉 sinkend
Verbrauch26,9 %📉 sinkend
Kapital21,9 %📈 steigend

Die gestiegenen Einnahmen aus Kapitalsteuern resultieren insbesondere aus höheren Unternehmensgewinnen.


🧾 Reformdruck bleibt hoch: Fast 500 Steuermaßnahmen in 2024

Der Bericht zeigt, dass die EU-Mitgliedstaaten 2024 nahezu 500 Steuerreformmaßnahmen ergriffen oder geplant haben – mit dem Ziel:

  • Fairness zu verbessern,
  • Investitionen zu fördern,
  • Nachhaltigkeit zu stärken,
  • und Steuereinnahmen zu stabilisieren.

Besonderes Augenmerk liegt auf der Entlastung von Arbeitseinkommen, insbesondere für Geringverdiener – ein Hebel zur Förderung der Beschäftigung.


⚠️ Besorgniserregend: 89 Mrd. € Umsatzsteuerausfälle

Trotz aller Reformbemühungen ist die mangelhafte Einhaltung steuerlicher Vorschriften weiterhin ein zentrales Problem. So entgingen den EU-Staaten im Jahr 2022:

  • 89 Milliarden Euro an potenziellen Mehrwertsteuereinnahmen,
  • was die Haushalte zusätzlich belastet – insbesondere im Umfeld hoher Staatsverschuldung.

Positiv hervorzuheben ist jedoch: Durch rund 10 Millionen Steuerprüfungen konnten im selben Jahr 105 Milliarden Euro zusätzlich eingezogen werden.


👵 Demografie als langfristige Herausforderung

Der Bericht verweist zudem auf die Auswirkungen des demografischen Wandels:

  • Eine alternde Bevölkerung belastet die Sozialsysteme,
  • gleichzeitig schrumpft der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung.

Infolgedessen könnte es notwendig werden, Steuersysteme breiter aufzustellen – etwa durch die stärkere Besteuerung von Konsum, Kapital oder Umweltressourcen.


📌 Fazit: Steuerstrukturen stehen vor tiefgreifendem Wandel

Der EU-Jahresbericht 2025 verdeutlicht: Die Steuerpolitik in Europa steht vor einem Spannungsfeld zwischen Einnahmensicherung, Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit. Während kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung greifen, braucht es langfristige Strategien, um die Steuerbasis zu verbreitern und strukturelle Risiken abzufedern.


🔗 Den vollständigen Bericht finden Sie auf der Website der EU-Kommission:
👉 Jahresbericht über die Besteuerung 2025

Quelle: Europäische Kommission, Vertretung in Deutschland

⚖️ Modernisierungsschub für Genossenschaften: Gesetzentwurf zur Reform veröffentlicht

25. Juni 2025 – Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Genossenschaftsrechts veröffentlicht. Ziel ist es, Genossenschaften zukunftsfähiger aufzustellen, die Digitalisierung zu erleichtern und zugleich gegen missbräuchliche Strukturen vorzugehen. Der Entwurf ist Teil der umfassenden Strategie zur Stärkung gemeinschaftlicher Wirtschaftsformen – passend zum von den Vereinten Nationen ausgerufenen „Internationalen Jahr der Genossenschaften 2025“.


📌 Reformziele im Überblick

Der Entwurf des BMJV verfolgt drei zentrale Ziele:

1. Förderung der Digitalisierung

Genossenschaften sollen künftig verstärkt digitale Kommunikations- und Entscheidungswege nutzen können. Geplant ist unter anderem:

  • die Ersetzung der Schriftform durch die Textform, um digitale Verfahren zu ermöglichen,
  • rechtliche Klarstellungen zu Online-Versammlungen und digitalen Abstimmungen, sowie
  • eine vereinfachte digitale Informationsbereitstellung für Mitglieder.

2. Attraktivitätssteigerung der Rechtsform

Um die Gründung und Führung von Genossenschaften zu erleichtern, sieht der Gesetzentwurf:

  • Verfahrensbeschleunigungen bei der Gründung vor,
  • die Berücksichtigung praxisrelevanter Klarstellungswünsche, und
  • eine gezielte Modernisierung bewährter Strukturen, ohne den genossenschaftlichen Kern zu verwässern.

3. Schärfere Maßnahmen gegen unseriöse Genossenschaften

Die Genossenschaftsform soll künftig stärker vor Missbrauch geschützt werden. Dazu zählt insbesondere:

  • die Erweiterung der Befugnisse der genossenschaftlichen Prüfungsverbände,
  • die Weiterentwicklung bestehender Schutzregelungen aus den Reformen der Jahre 2017 und 2020,
  • ein gezielter Ausbau von Kontroll- und Meldepflichten.

🗣️ Bundesjustizministerin Dr. Stefanie Hubig: Gemeinschaft stärken

In ihrer Erklärung zum Entwurf betont Bundesministerin Dr. Stefanie Hubig die Rolle der Genossenschaften als soziale, wirtschaftliche und regionale Stabilisatoren:

„Genossenschaften zeigen, wie wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftlicher Zusammenhalt zusammengehen. […] Mit unserer Reform machen wir die Genossenschaft mit modernen und zeitgemäßen gesetzlichen Rahmenbedingungen attraktiver.“

Besonders in Bereichen wie Wohnraum, Landwirtschaft, Energie und Finanzwesen hätten Genossenschaften bewiesen, dass sie ein leistungsfähiges und solidarisches Geschäftsmodell bieten – das nun auch rechtlich zukunftsfest gemacht werden soll.


📝 Beteiligung der Öffentlichkeit bis 30. Juli 2025 möglich

Der Referentenentwurf wurde an die Länder und Verbände versandt und auf der Website des BMJV veröffentlicht. Interessierte Kreise können bis zum 30. Juli 2025 Stellung nehmen. Die Rückmeldungen werden ebenfalls öffentlich einsehbar sein.

Ein früherer Gesetzentwurf mit ähnlicher Zielsetzung war bereits in der vergangenen Legislaturperiode veröffentlicht worden, das damalige Verfahren wurde jedoch nicht abgeschlossen.


🔗 Weiterführende Informationen

Den vollständigen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Genossenschaftsrechts finden Sie auf der Website des BMJV:
👉 www.bmjv.de/genossenschaftsrecht2025 (Beispiel-Link)


Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Pressemitteilung vom 25.06.2025

📚 BMF plant Informationsblatt zu § 4 Nr. 22 UStG – DStV fordert Nachbesserung

25. Juni 2025 – Die Diskussion um die umsatzsteuerliche Behandlung von Bildungsleistungen geht in die nächste Runde: Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) plant ein Informationsblatt zur Auslegung von § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG. Ziel ist es, durch untergesetzliche Kriterien den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung einzugrenzen – insbesondere gegenüber Angeboten, die eher der Freizeitgestaltung als der Bildung dienen. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat hierzu Stellung genommen – und kritisiert den aktuellen Entwurf deutlich.


🔍 Hintergrund: Was regelt § 4 Nr. 22 UStG?

Während das Jahressteuergesetz 2024 bereits Anpassungen an § 4 Nr. 21 UStG vornahm, blieb die Vorschrift des § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG zunächst unangetastet – obwohl auch sie nicht unionsrechtskonform ausgestaltet ist. Beide Vorschriften betreffen Bildungsleistungen, etwa in Bereichen der Fort- und Erwachsenenbildung.

Nun will das BMF mit einem Informationsblatt nachsteuern und die Kriterien für eine Steuerbefreiung konkretisieren, insbesondere um Angebote mit freizeitnahem Charakter auszugrenzen. Die Bewertung soll dabei anhand dreier kumulativ zu prüfender Kriterien erfolgen – doch genau hier beginnt die Kritik.


⚠️ DStV: Kriterien unklar, praxisfern und nicht geeignet für Fortbildungen

In seiner Stellungnahme S 03/25 warnt der DStV vor einem Regelwerk, das in der Praxis kaum anwendbar ist:

  • Unklarheit über die Gewichtung der Kriterien: Müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein, oder genügt die Erfüllung einzelner? Hier fehlt es an rechtssicherer Klarheit.
  • Vage Formulierungen: Besonders bei beruflichen Fortbildungen greifen die Abgrenzungskriterien zu kurz – vor allem, wenn es sich um Einzelveranstaltungen handelt.
  • Gefahr der Verunsicherung: Ohne präzisere Definitionen bleibt viel Raum für Auslegung und Unsicherheit bei Bildungsträgern und deren steuerlicher Einordnung.

🔄 Forderung nach abgestimmtem Vorgehen mit § 4 Nr. 21 UStG

Der DStV betont, dass beide Vorschriften – § 4 Nr. 21 und § 4 Nr. 22 UStG – auf derselben unionsrechtlichen Grundlage beruhen und sich inhaltlich überschneiden. Ein abgestimmtes Vorgehen sei daher unerlässlich. Konkret fordert der Verband, das Informationsblatt zu § 4 Nr. 22 nicht vor dem BMF-Schreiben zu § 4 Nr. 21 zu veröffentlichen, um ein steuerliches „Abgrenzungschaos“ zu vermeiden.


🔁 Vorschlag: Neuregelung statt Flickwerk

Langfristig plädiert der DStV für eine grundlegende Neufassung der Bildungssteuerbefreiung, die:

  • § 4 Nr. 21 und Nr. 22 zusammenführt,
  • das bürokratische Bescheinigungsverfahren abschafft,
  • und die Steuerbefreiung an das Fehlen systematischer Gewinnerzielungsabsicht knüpft – wie es die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU ausdrücklich erlaubt (Art. 133 Buchst. a MwStSystRL).

🕒 Übergangsregelung gefordert

Angesichts der komplexen und bisher wenig praxisnahen Regelungen fordert der DStV zudem einen Nichtbeanstandungszeitraum von mindestens drei Jahren. Ohne eine klare Linie der Finanzverwaltung sei es unzumutbar, Bildungsträger kurzfristig mit neuen Anforderungen zu konfrontieren.


Fazit:
Das geplante Informationsblatt des BMF wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. Die Kritik des DStV zeigt deutlich: Eine nachhaltige Lösung kann nur durch eine vereinfachte, unionsrechtskonforme und praxisnahe Neuregelung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Bildungsleistungen erreicht werden.


Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V., Mitteilung vom 25.06.2025

Neuer Datenaustausch zwischen PKV, Finanzverwaltung und Arbeitgebern ab 2026


Ab 2026 wird die Lohnsteuer digitaler – und komplexer: Mit dem BMF-Schreiben vom 03.06.2025 (Az.: IV C 5 – S 2363/00047/004/136) konkretisiert das Bundesfinanzministerium die neuen Regeln zum elektronischen Datenaustausch zwischen privaten Kranken- und Pflegeversicherungen (PKV/PPV), der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern. Das Schreiben enthält auf über 20 Seiten zahlreiche Detailregelungen – von Meldefristen bis zur Frage der Korrekturen und Übergangsregelungen.

Was das BMF-Schreiben vom 03.06.2025 für Arbeitgeber, Versicherer und Steuerpflichtige bedeutet


Hintergrund: Warum betrifft das Thema die Lohnsteuer?

Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung wirken sich direkt auf die Lohnsteuer eines Arbeitnehmers aus – insbesondere über den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss nach § 3 Nr. 62 EStG und die Lohnsteuerabzugsmerkmale gemäß § 39 EStG.

Bisher mussten Arbeitnehmer die gezahlten Beiträge zur PKV/PPV selbst mittels Papierbescheinigung an den Arbeitgeber weiterleiten – ein bürokratisches und fehleranfälliges Verfahren.


Ab 2026: Elektronischer Datenfluss statt Papierbescheinigung

Ab dem 1. Januar 2026 wird das Verfahren digitalisiert:

  • Versicherungsunternehmen melden die relevanten Beiträge direkt an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
  • Das BZSt stellt die Informationen über das bekannte Elstam-Verfahren den Arbeitgebern automatisiert zur Verfügung.
  • Arbeitgeber müssen die bereitgestellten Daten verbindlich im Lohnsteuerabzug berücksichtigen.

Wichtige Punkte im Überblick

🔹 Zukunftsgerichtete Meldung der Beiträge

Versicherer melden nicht die tatsächlich gezahlten Beiträge, sondern die festgesetzten Beträge. Kommt es später zu Änderungen (z. B. Beitragsanpassung, Kündigung), müssen die Daten storniert oder korrigiert werden – und der Arbeitgeber erhält einen neuen Elstam-Datensatz.

🔹 Beitragsvorauszahlungen

Vorauszahlungen (z. B. Jahresbeitrag auf einmal gezahlt) werden zeitanteilig auf die vorgesehenen Monate verteilt. Maßgeblich ist dabei der sog. Bestimmungsgrundsatz: Der Beitrag wird in dem Monat berücksichtigt, für den er bestimmt ist – nicht in dem Monat, in dem er gezahlt wurde.

🔹 Widerspruchsrecht des Steuerpflichtigen

Jeder Versicherte kann der Datenübermittlung für die Zukunft widersprechen – z. B. per Brief oder E-Mail. Ohne Datenmeldung des Versicherers erhält der Arbeitgeber keine Informationen, was wiederum zu einem fehlerhaften oder unvollständigen Lohnsteuerabzug führen kann.


Wer muss melden?

Meldepflichtig sind alle PKV- oder Pflegevollversicherer mit Sitz im Inland, die unter der BaFin-Aufsicht stehen.
Nicht meldepflichtig sind Versicherer für Zusatzversicherungen (z. B. Krankenhaustagegeld) oder Versicherer ohne Sitz in Deutschland.

Auch für Rentner und Selbständige, die nebenbei angestellt sind, muss eine Meldung erfolgen – ein wichtiger Punkt für Arbeitgeber mit Minijobbern oder Werkstudenten.


Fristen für die Datenmeldung

  • Regulär: Meldung spätestens bis zum 20. November des Vorjahres
  • Frühestmöglich: ab 01. Januar des Vorjahres
  • Bei Vertragsbeginn unterjährig: Meldung unverzüglich
  • Bei Änderungen (z. B. Tarifwechsel): Korrekturmeldung innerhalb von 5 Werktagen

Probleme bei der Datenübermittlung? Übergangsregelungen greifen

Gerade zum Jahresbeginn 2026 sind technische Anlaufschwierigkeiten denkbar. Deshalb gilt eine Übergangsregelung für 2026 und 2027:

Wird kein elektronischer Datensatz bereitgestellt, kann der Arbeitgeber ersatzweise eine Papierbescheinigung des Versicherers verwenden – vorausgesetzt, diese enthält alle relevanten Angaben und wird gut dokumentiert aufbewahrt.


Was gilt bei mehreren Arbeitsverhältnissen?

Arbeitet ein Steuerpflichtiger bei mehreren Arbeitgebern, wird der gemeldete Beitrag an alle Arbeitgeber übermittelt. Die Daten sind jeweils verbindlich im Lohnsteuerabzug zu berücksichtigen.

Kommt es nachträglich zu Korrekturen (z. B. nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses), kann es vorkommen, dass ein Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht mehr nachfordern kann. In solchen Fällen muss der Fall unverzüglich an das Betriebsstättenfinanzamt gemeldet werden (§ 41c EStG).


Fazit: Digitalisierung mit Stolpersteinen

Das neue Verfahren zum digitalen Datenaustausch zwischen PKV, Finanzverwaltung und Arbeitgebern ist ein wichtiger Schritt zur Entbürokratisierung – und bringt dennoch neue Pflichten und Herausforderungen mit sich:

  • Arbeitgeber müssen die elektronisch gemeldeten Daten unverändert im Lohnsteuerabzug anwenden.
  • Korrekturmeldungen führen ggf. zu aufwendigen Lohnabrechnungsänderungen.
  • Für 2026 und 2027 gelten Übergangsregelungen, die Papierbescheinigungen weiterhin zulassen.

Praxistipp für Arbeitgeber und Steuerberater:
Stellen Sie sicher, dass Ihre Lohnabrechnungssoftware ab 2026 Elstam-Daten zur PKV/PPV vollständig verarbeiten kann – inklusive Korrektursachverhalten. Achten Sie bei Neueinstellungen auf eine vollständige Identifikation des Mitarbeiters (insb. Identifikationsnummer), damit die Datensätze korrekt abgerufen werden können.


Quelle:
BMF-Schreiben vom 03.06.2025, Az. IV C 5 – S 2363/00047/004/136

Aktuelle steuerliche Entwicklungen und Gesetzesänderungen – kompakte Übersicht und Praxisfolgen

  • Steuerliche Aspekte des Koalitionsvertrags & Sofortprogramm der Bundesregierung: Die neue Bundesregierung plant eine Reihe von steuerlichen Entlastungen und Investitionsanreizen. Dazu zählen insbesondere die Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen, die Erhöhung der Pendlerpauschale sowie gezielte Maßnahmen zur Förderung von Investitionen in Deutschland. Die Umsetzung erfolgt teils kurzfristig im Rahmen eines Sofortprogramms, teils schrittweise über die Legislaturperiode.
  • Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm: Geplant ist ein „Investitions-Booster“ in Form einer degressiven Abschreibung (AfA) von 30 % für Ausrüstungsinvestitionen in den Jahren 2025 bis 2027. Ziel ist die kurzfristige Stimulierung von Unternehmensinvestitionen.
  • E-Fahrzeuge: Die steuerliche Förderung der Elektromobilität wird ausgebaut: Erhöhung der Bruttopreisgrenze für die Viertelung des geldwerten Vorteils bei Dienstwagen auf 100.000 €, Sonderabschreibungen für E-Fahrzeuge und Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis 2035.
  • Körperschaftsteuersatz & Thesaurierungsbesteuerung: Die Körperschaftsteuer soll ab 2028 in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt gesenkt werden. Ziel ist die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.
  • Mindestlohnerhöhung: Die Koalition plant eine weitere Erhöhung des Mindestlohns, was auch Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Minijobs und die Lohnabrechnung hat.
  • Teilzeitaufstockungsprämie & steuerfreie Mehrarbeitszuschläge: Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgehen, sollen steuerfrei gestellt werden. Für Teilzeitkräfte wird eine steuerlich begünstigte Prämie eingeführt, wenn sie ihre Arbeitszeit aufstocken.
  • Frühstarterrente & steuerfreies Arbeiten im Rentenalter: Wer nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters weiterarbeitet, kann bis zu 2.000 € monatlich steuerfrei verdienen. Dies soll den Anreiz zur Weiterarbeit erhöhen.
  • Förderung von Bauen und Wohnen: Es sind weitere steuerliche Maßnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus und zur Entlastung von Mietern und Eigentümern vorgesehen.
  • Gewerbesteuer: Geplant ist die Erhöhung des Mindesthebesatzes und die Bekämpfung von sogenannten Gewerbesteuer-Oasen, um Steuervermeidung zu erschweren.
  • Pendlerpauschale: Die Pauschale wird ab 2026 auf einheitlich 0,38 € ab dem ersten Kilometer erhöht.
  • Ehrenamtstätigkeit: Verbesserungen bei der steuerlichen Förderung von Ehrenamt und freiwilligem Engagement sind vorgesehen.
  • Umsatzsteuersatz bei Speisen: Der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie wird dauerhaft auf 7 % gesenkt, um die Branche zu entlasten.
  • Registrierkassen: Es werden weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung durch Manipulation von Registrierkassen umgesetzt.
  • Weitere Gesetzesänderungen zur Jahresmitte: Diverse Anpassungen und Vereinfachungen im Steuerrecht treten zur Jahresmitte in Kraft.
  • Änderung der Steuerberatergebührenverordnung: Die StBVV wird angepasst, was Auswirkungen auf die Abrechnungspraxis der Steuerberater hat.
  • Pflegeversicherung: Einführung eines digitalen Abrufverfahrens für den Nachweis der Elterneigenschaft und Kinderanzahl.
  • Aktuelle Entwicklungen aus der Finanzverwaltung und Rechtsprechung:
    • Nachweis der kürzeren Gebäudenutzungsdauer: Neue Rechtsprechung (FG Münster) erleichtert den Nachweis für Steuerpflichtige.
    • Vorweggenommene Erbfolge und § 23 EStG: Präzisierungen zur steuerlichen Behandlung.
    • Gewerbesteueranrechnung im Erbfall: Neue Verwaltungsanweisungen zur Anrechnung.
    • Abgrenzung Erhaltungsaufwand/Herstellungskosten: Aktuelle IdW-Stellungnahme und Rechtsprechung.
    • Forderungsverzicht eines Gesellschafters: BMF-Schreiben vom 14.5.2025 mit neuen Vorgaben.
    • Nießbrauchfälle: Zurechnung von Ausschüttungen und Vorsteuerabzug bei Sachgründung.
    • Aktuelles zur Differenzbesteuerung und weitere praxisrelevante Entwicklungen.

Verlustabzugsverbot bei unterjährigem Gesellschafterwechsel: FG Düsseldorf konkretisiert Anwendung von § 8c und § 8d KStG in mehrstufigen Organschaften


Mit Urteil vom 9. Dezember 2024 (Az. 6 K 1772/20 K,G,F), veröffentlicht am 24. Juni 2025, hat der 6. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf zur Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG sowie zur Nichtanwendbarkeit des § 8d KStG in komplexen Organschaftsstrukturen Stellung genommen. Die Entscheidung betrifft Konzerne mit mehrstufiger körperschaftsteuerlicher und gewerbesteuerlicher Organschaft und klärt die Rechtsfolgen eines unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerbs.


Sachverhalt: Beteiligungswechsel auf oberster Konzernebene

Die Klägerin war Rechtsnachfolgerin mehrerer Kapitalgesellschaften, die in einem mehrstufigen Organkreis sowohl als Organträger als auch als Organgesellschaft fungierten. Im Streitjahr 2017 veräußerte die ausländische Muttergesellschaft der obersten deutschen Organträgerin sämtliche Anteile an einen konzernfremden Erwerber – unstrittig ein schädlicher Beteiligungserwerb i. S. d. § 8c Abs. 1 KStG.

Das Finanzamt wandte die Verlustabzugsbeschränkung so an, dass es die bis zum Beteiligungserwerb entstandenen Verluste der Organgesellschaften zeitanteilig kürzte, bevor diese dem Organträger zugerechnet wurden. Zudem lehnte es die Anwendung des § 8d KStG mit Verweis auf das BMF-Schreiben vom 28.11.2017 (Rz. 37) ab.


Entscheidung des FG Düsseldorf: Teilweiser Erfolg für die Klägerin

Das Finanzgericht stellte klar:

§ 8c KStG – Keine zeitanteilige Kürzung von Verlusten im Organkreis

Die unter der alten Gesellschafterstruktur bis zum Beteiligungserwerb entstandenen Verluste seien nicht vom Verlustabzug ausgeschlossen, da sie wirtschaftlich noch der „alten Identität“ der Gesellschaft zuzurechnen seien. Die zeitanteilige Aufteilung der Verluste und eine isolierte Anwendung des § 8c KStG auf die Ebene der Organgesellschaft sei systemwidrig, so der Senat.

Praxistipp:
Diese Entscheidung betont die Notwendigkeit einer einheitlichen Verlustbetrachtung innerhalb des Organkreises, auch bei unterjährigem Beteiligungserwerb. Steuerpflichtige sollten bei Konzernumstrukturierungen oder Anteilsverkäufen genau prüfen, ob Verluste anteilig gefährdet sind.

§ 8d KStG – Keine Anwendung bei mehrstufiger Organschaft

Die Klägerin berief sich außerdem auf § 8d KStG (fortführungsgebundener Verlustvortrag). Das FG lehnte dies mit zwei Begründungen ab:

  1. Die betroffenen Gesellschaften waren sowohl Organträger als auch Organgesellschaft – damit greift das Anwendungshindernis des § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG.
  2. Aufgrund der Organträgereigenschaft wurde mehr als ein Geschäftsbetrieb geführt – die Voraussetzung des „ausschließlich selben Geschäftsbetriebs“ (§ 8d Abs. 1 Satz 1 KStG) war damit nicht erfüllt.

Praxishinweis:
§ 8d KStG bleibt in Konzernstrukturen mit mehrstufiger Organschaft faktisch wirkungslos, sobald eine Gesellschaft mehr als einen Betrieb führt oder gleichzeitig Organträger ist.


Ausblick: Verfahren vor dem BFH

Die Revision wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen und ist unter dem Aktenzeichen I R 11/25 beim Bundesfinanzhof anhängig. Die Entscheidung des BFH wird mit Spannung erwartet – insbesondere zur Reichweite des Verlustschutzes bei Anteilsverkäufen in Organschaften.


Fazit:

Das FG Düsseldorf stärkt mit seinem Urteil die steuerliche Position von Konzernen bei unterjährigen Gesellschafterwechseln. Verluste, die vor einem schädlichen Erwerb entstanden sind, dürfen nicht pauschal dem Verlustabzug entzogen werden – jedenfalls nicht bei einheitlicher wirtschaftlicher Identität im Organkreis. Die restriktive Anwendung des § 8d KStG bleibt jedoch bestehen.


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Dieses Urteil bietet wichtige Anhaltspunkte zur steueroptimierten Gestaltung von Beteiligungstransaktionen im Organkreis. Kontaktieren Sie uns gern für eine individuelle Analyse Ihrer Verluststrukturen.


Quelle:
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2024 – 6 K 1772/20 K,G,F; Mitteilung vom 24.06.2025
(BFH-Az.: I R 11/25 – Revision anhängig)

Erbschaftsteuer: Häufige Irrtümer und wie Sie teure Fehler vermeiden


Beim Erben und Vererben geht es nicht selten um hohe Summen – oft im Millionenbereich. Das liegt nicht nur an steigenden Immobilienwerten und Vermögensanlagen, sondern auch an komplexen Familienkonstellationen und internationalen Verbindungen. Umso wichtiger ist es, typische Irrtümer zu vermeiden und sich frühzeitig steuerlich beraten zu lassen.

Wir zeigen Ihnen, worauf es wirklich ankommt – und welche steuerlichen und rechtlichen Fallstricke Sie vermeiden sollten.


💰 Warum die Nachlassplanung so entscheidend ist

Gerade in Regionen wie München, Frankfurt, Stuttgart oder Berlin reicht oft die Vererbung eines Einfamilienhauses, um hohe steuerliche Belastungen auszulösen. Denn Immobilienwerte, Betriebsvermögen oder Auslandsdepots summieren sich schnell auf Millionenbeträge – mit entsprechenden Konsequenzen für die Erbschaftsteuer.


⚠️ Häufige Missverständnisse beim Thema Erbe

„Ein handschriftliches Testament reicht nicht.“
Falsch. Ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament – selbst auf einem Bierdeckel – kann gültig sein. Doch Vorsicht: unklare Formulierungen führen häufig zu langwierigen Streitigkeiten.

„Das Testament wird automatisch gefunden.“
Nicht unbedingt. Nur Testamente in amtlicher Verwahrung beim Nachlassgericht werden garantiert berücksichtigt. Privat aufbewahrte Testamente können verschwinden, zerstört oder übersehen werden.

„Ein Erbschein ist immer erforderlich.“
Nein. Notarielle Testamente oder Bankvollmachten über den Todesfall hinaus können den Erbschein überflüssig machen – das spart Zeit, Kosten und bürokratischen Aufwand.

„Steuern spielen beim Erben keine Rolle.“
Ein gefährlicher Irrtum. Die Erbschaftsteuer kann – je nach Verwandtschaftsgrad – bis zu 50 % betragen. Gerade Lebensgefährten, Geschwister oder entfernte Verwandte erhalten nur geringe Freibeträge.


🧾 Wichtige Praxistipps für Ihr Testament und Ihre Nachlassplanung

  • Personen exakt benennen: Vorname, Nachname, Geburtsdatum – nicht nur „meine Tochter Anna“.
  • Erbquoten klar angeben: z. B. „Mein Sohn erhält 75 %, meine Tochter 25 %“.
  • Notarielle Beurkundung erwägen, vor allem bei Immobilien.
  • Testament sicher hinterlegen: Für unter 100 € beim Nachlassgericht – damit es im Todesfall auch gefunden wird.
  • Bankvollmacht über den Tod hinaus erteilen: So bleiben Konten für Erben zugänglich.
  • Frühzeitig steuerlich beraten lassen – insbesondere bei größeren Vermögenswerten oder Patchwork-Konstellationen.

🧠 Unser Steuer-Tipp: Die Erbschaftsteuerfalle kennen

Hier die aktuellen Freibeträge nach Verwandtschaftsgrad (Stand 2025):

VerwandtschaftsgradFreibetrag
Ehegatte / eingetragener Lebenspartner500.000 €
Kinder / Stiefkinder400.000 €
Enkel (wenn Kind des Erblassers verstorben ist)400.000 €
Enkel (sonst)200.000 €
Geschwister, Nichten, Neffen20.000 €
Lebensgefährten ohne Trauschein / Freunde20.000 €

Beispiel: Eine Immobilie im Wert von 2 Mio. € wird an eine unverheiratete Lebensgefährtin vererbt. Ihr Freibetrag beträgt lediglich 20.000 €.
Ergebnis: 1,98 Mio. € steuerpflichtig – bis zu 30 % Steuerlast.


🧭 Fazit: Wer richtig plant, spart Streit und Steuern

Ein Testament sollte klar, durchdacht und rechtssicher formuliert sein – am besten mit professioneller Hilfe. Eine steuerlich kluge Nachlassregelung schützt Ihre Erben, spart bares Geld und sorgt dafür, dass Ihr letzter Wille auch umgesetzt wird.

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DStV zum Koalitionsvertrag 2025: Beschleunigung bei den Corona-Wirtschaftshilfen angekündigt

📅 Veröffentlicht am 24. Juni 2025
✍️ Ihr Steuerberater-Team

Der neue Koalitionsvertrag 2025 setzt ein wichtiges Signal für tausende Unternehmen und Steuerberatungskanzleien: Die Bundesregierung will die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen zügig zum Abschluss bringen und gleichzeitig die Verfahren vereinfachen. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) begrüßt diesen Schritt ausdrücklich.


🧭 Schluss mit dem Bearbeitungsstau – Zeit für Rechtssicherheit

Nach Angaben des DStV befinden sich mehr als 40 % der Schlussabrechnungen zu den Corona-Hilfen noch immer in Bearbeitung. Für Unternehmen und Kanzleien bedeutet das: Unsicherheit über mögliche Rückforderungen, fehlende Planbarkeit und eine fortdauernde Belastung durch Anfragen der Behörden.

Mit dem neuen Koalitionsvertrag soll sich das nun ändern:

  • Die Länder erhalten mehr Handlungsspielräume: Sie können künftig eigene Schwellenwerte festlegen, bis zu denen Stichprobenprüfungen ausreichend sind.
  • Verfahren sollen beschleunigt und vereinfacht werden – besonders bei geringfügigen Fördersummen.
  • Ziel ist eine zeitnahe Entlastung der Verwaltung und der Wirtschaft.

💬 DStV-Präsident Torsten Lüth: „Licht am Ende des Tunnels“

DStV-Präsident StB Torsten Lüth bewertet die Neuregelung positiv:

„Insbesondere bei geringen Fördersummen müssen Unternehmen und Kanzleien von kleinteiligen Nachfragen und Belegabforderungen entlastet werden.“

Er hebt hervor, dass der Berufsstand in der Corona-Krise enorme Verantwortung übernommen hat – als prüfende Dritte, Antragsteller, Fristwächter und Unterstützer im Notfall. Nun sei es Zeit, diese Arbeit auch auf Seiten der Verwaltung zum Abschluss zu bringen.


🧾 Was bedeutet das für Unternehmen und Kanzleien?

Die geplanten Vereinfachungen bedeuten:

Weniger bürokratischer Aufwand bei kleineren Fällen
Schnellere Schlussbescheide für viele Unternehmen
Mehr Planungssicherheit bei möglichen Rückforderungen
Mehr Freiraum für Kanzleien – besonders in der Hochsaison

📌 Wichtig für Mandanten:
Wer bisher noch keine Rückmeldung zur Schlussabrechnung erhalten hat, sollte sich weiterhin regelmäßig mit seinem Steuerberater abstimmen und auf zeitnahe Bescheide vorbereitet sein.


🧠 Unser Fazit

Die Corona-Wirtschaftshilfen waren ein zentrales Kriseninstrument – ihre Schlussabrechnung darf aber nicht zur Dauerbelastung werden. Der Koalitionsvertrag schafft hier endlich Klarheit und gibt Ländern wie Kanzleien den nötigen Spielraum für eine zügige Abwicklung.

Wir halten Sie zu den konkreten Umsetzungsregelungen auf dem Laufenden – und stehen Ihnen bei allen Fragen rund um Corona-Hilfen und Schlussabrechnungen weiterhin zur Seite.


📚 Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e. V., Mitteilung vom 19.06.2025

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin