Grundsteuer womöglich nicht verfassungsgemäß – Bund und Länder müssen schnell reformieren und Steuerausfälle notfalls kompensieren

Der Deutsche Städtetag verlangt von der Bundesregierung und den Ländern eine zügige Reform der Grundsteuer. Anlass ist die aktuelle Überprüfung der Grundsteuer durch das Bundesverfassungsgericht, die zumindest vorübergehend zu erheblichen Steuerausfällen für die Kommunen führen könnte. Deshalb fordern die Städte von Bund und Ländern neben der Grundsteuerreform die verbindliche Zusage für einen Ausgleich von Einnahmeausfällen.

Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly aus Nürnberg, sagte nach Sitzungen von Präsidium und Hauptausschuss des kommunalen Spitzenverbandes in Lübeck: „Seit langem ist bekannt, dass eine Reform der Grundsteuer nötig ist. Denn aktuell wird Grundvermögen immer noch auf der Basis von jahrzehntealten Daten bewertet. Das Bundesverfassungsgericht hat im Januar schon angedeutet, dass es die derzeitigen Regelungen für nicht verfassungsgemäß hält. Bund und Länder müssen die Grundsteuer deshalb dringend und sofort reformieren. Wir laufen sonst Gefahr, dass die Gemeinden die Grundsteuer womöglich für gewisse Zeit gar nicht mehr erheben dürfen. Das aber würde die Kommunen in eine Finanzkrise stürzen. Denn die Grundsteuer ist mit aktuell rund 14 Milliarden Euro jährlich die zweitwichtigste Gemeindesteuer. Hohe Einnahmeausfälle für die Städte wären auch dann zu befürchten, wenn das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsfrist zur Neugestaltung der Grundsteuer festlegt, die nicht ausreicht, die Grundsteuerreform zu beschließen und auch umzusetzen.“

Die Länder haben den Zeitbedarf für eine Grundsteuerreform auf sechs bis zehn Jahre geschätzt. Dieser Zeitraum sei nötig, weil alle rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu erfasst und bewertet werden müssten. Experten bezweifeln allerdings, dass das Bundesverfassungsgericht eine derart lange Übergangsregelung gewährt. Sie erwarten deutlich kürzere Fristen. Maly: „Es ist gut, dass im Koalitionsvertrag die Reform der Grundsteuer bereits eingeplant ist. Dem müssen nun schnell Taten folgen. Denn die Städte können selbst einen nur zeitweisen Ausfall der Grundsteuer keinesfalls aus eigener Kraft ausgleichen. Zudem brauchen sie Planungssicherheit. Deshalb erwarten die Städte von Bund und Ländern auch eine klare Festlegung, dass den Kommunen mögliche vorübergehende Grundsteuerausfälle vollständig ersetzt werden. Schließlich waren es Bund und Länder, die die seit Jahren geforderte Reform immer wieder aufgeschoben haben.“

Größere Einnahmeausfälle bei der Grundsteuer würden die Kommunen zu erheblichen Ausgabenkürzungen zwingen. Betroffen wären vor allem die freiwilligen, also von den Städten frei gestaltbaren Aufgaben, etwa Wohnungsbau, Musik- und Volkshochschulen, Bibliotheken, Museen, Theater, die Sport- und Vereinsförderung, viele soziale Einrichtungen oder auch der Unterhalt von Grün- und Parkanlagen.

Der Deutsche Städtetag sieht eine geeignete Grundlage für eine Reform der Grundsteuer im Bundesrats-Modell. Der Bundesrat hatte diesen Gesetzentwurf auf Drängen der Kommunen bereits im November 2016 mit breiter Mehrheit auf den Weg gebracht. Beschlossen wurde das Gesetz in der vergangenen Legislaturperiode jedoch nicht mehr. Folgten Bundesregierung und Länder diesem Vorschlag nun, würden unbebaute Grundstücke mit dem jeweiligen Bodenrichtwert bewertet. Bei bebauten Grundstücken käme der Wert des Gebäudes hinzu. Im Koalitionsvertrag ist darüber hinaus eine zusätzliche Grundsteuer C vereinbart. Mit der Grundsteuer C könnten die Gemeinden zukünftig unbebauten Baugrund mit einem erhöhten Hebesatz belasten und Bodenspekulationen erschweren. Das begrüßen die Städte ausdrücklich, so Städtetags-Vizepräsident Maly: „Spekulatives Horten von Bauland ist vielerorts ein Problem. Eine Grundsteuer C kann den Städten helfen, dagegen vorzugehen. Eine solche Handhabe haben sich die Städte schon lange gewünscht und mehrfach gefordert. Die Grundsteuer C kann zudem das Bundesratsmodell ohne Schwierigkeiten ergänzen.“

Hintergrund

Am 16. Januar hat beim Bundesverfassungsgericht die mündliche Verhandlung zur Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung für die Zwecke der Grundsteuer stattgefunden. Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist frühestens im März zu rechnen.

Quelle: Deutscher Städtetag, Pressemitteilung vom 28.02.2018

 

Verdienstausfallentschädigungen sind auch in Bezug auf die von der Versicherung erstattete Einkommensteuer steuerpflichtig

Nach dem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 20. November 2017 (10 K 3494/15) ist die von einer Versicherungsgesellschaft erstattete Einkommensteuer als Entschädigung für entgangene Einnahmen (Verdienstausfall nach Unfall) steuerpflichtig. Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanz eingelegt (X R 1/18).

Der selbständig tätige Kläger war bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt worden. Er und die Versicherungsgesellschaft vereinbarten die Zahlung eines Verdienstausfallschadens. Die Versicherungsgesellschaft zahlte dem Kläger die Abfindung 2011 in Höhe von 300.000 Euro „netto“ aus. Netto bedeutete, dass die Abfindung den auf den Verdienstausfall entfallenden Steuerschaden nicht umfasste. Die im Jahre 2011 zugeflossene Abfindungszahlung erfasste das beklagte Finanzamt (FA) erklärungsgemäß als ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte. Hieraus ergab sich eine Steuernachzahlung in Höhe von 124.649,90 Euro. Im Streitjahr 2013 zahlte die Versicherungsgesellschaft dem Kläger nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids für 2011 die auf den Verdienstausfall entfallende Einkommensteuer in Höhe von 124.649,90 Euro aus. Auch diesen Betrag besteuerte das FA. Hiergegen wandte der Kläger ein, die Erstattung der Einkommensteuer stelle einen sog. nicht steuerbaren Schadensersatz dar.

Dieser Auffassung folgte das Finanzgericht nicht. Die Versicherungsgesellschaft habe nach dem Inhalt der Entschädigungsvereinbarung den Schaden abgegolten, „den der Kläger durch den entgangenen Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit erlitten“ habe. Infolge eines Unfalls habe dieser einen Anspruch auf eine Verdienstausfallentschädigung gehabt. Der Schädiger habe ihm den Nettoverdienstausfall zuzüglich der hierauf entfallenden Einkommensteuer zu erstatten. Mit der Erstattung der Steuer erfülle die Versicherungsgesellschaft den „aus dem Unfall als schädigendem Ereignis entstandenen Schadensersatzanspruch“. Die Übernahme der steuerlichen Last stelle „keine gesondert zu beurteilende Schadensposition“ dar. Sie trete an die Stelle weggefallener Einnahmen und sei unmittelbare Folge des schädigenden Ereignisses. Erfolge die Auszahlung in Teilakten in verschiedenen Jahren, scheide eine ermäßigte Besteuerung aus. Die Besteuerung entspreche der steuerlichen Behandlung einer sog. „Bruttoabfindungsvereinbarung“. Bei einer solchen werde der Abfindungsbetrag so weit erhöht, dass dieser „nach Abzug der darauf entfallenden Einkommensteuer den von dem Kläger angestrebten Nettobetrag ergeben hätte“. Bei einer Bruttolohnvereinbarung sei der Gesamtbetrag als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen zu besteuern. Die im Betrag enthaltene Steuer werde nicht herausgerechnet und erhöhe die Bemessungsgrundlage. Nichts anderes gelte aus Gleichheitsgründen bei einer sog. Nettolohnvereinbarung.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.02.2018 zum Urteil 10 K 3494/15 vom 20.11.2017 (nrkr – BFH-Az.: X R 1/18)

 

Rückabwicklung von Bauträgerfällen I: Bauträger haben Anspruch auf geänderte Umsatzsteuerfestsetzung

Der 12. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 17. Januar 2018 (Az. 12 K 2323/17), dass ein Bauträger, der zu Unrecht als Steuerschuldner im Sinne des § 13b Umsatzsteuergesetz (UStG) behandelt wurde, einen Anspruch auf Änderung der Steuerfestsetzung zu seinen Gunsten hat. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Die Rechtsmittelfrist läuft noch.

Die Klägerin ist Organträgerin der X-GmbH. Diese ist überwiegend als Bauträgerin tätig. Sie errichtet Wohn- und Geschäftshäuser auf eigenem Boden zum Zwecke der (umsatzsteuerfreien) Veräußerung oder Vermietung. Hierzu nimmt sie Leistungen diverser Bauhandwerker in Anspruch. Für diese Bauleistungen führte die Klägerin zunächst unter Berücksichtigung der Verwaltungsauffassung Umsatzsteuer nach § 13b UStG an das beklagte Finanzamt (FA) ab. 2015 beantragte sie die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung, da sie nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als Leistungsempfängerin nicht Steuerschuldnerin sei. Das beklagte Finanzamt änderte die Umsatzsteuerfestsetzung teilweise zugunsten der Klägerin und zwar in der Höhe, in der die leistenden Unternehmer ihre Rechnungen berichtigt, ihre zivilrechtlichen Forderungen in Höhe des Umsatzsteuerbetrags gegen die X-GmbH an das Finanzamt abgetreten haben und die Klägerin einer Verrechnung ihres Anspruchs auf Umsatzsteuererstattung mit den an das FA abgetretenen zivilrechtlichen Ansprüchen der Bauhandwerker zugestimmt hat. Im Übrigen lehnte das FA eine Änderung und Erstattung der Umsatzsteuer ab.

Das Finanzgericht entschied zugunsten der Klägerin. Die Steuerfestsetzung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Die Klägerin sei als Bauträgerin keine Steuerschuldnerin nach § 13b Umsatzsteuergesetz. Einer Änderung der rechtswidrigen Steuerfestsetzung stehe weder die Verwaltungsauffassung noch § 17 UStG noch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Maßgebend sei die gesetzliche Regelung des § 13b UStG. § 17 UStG komme schon dem Wortlaut nach nicht zur Anwendung. Die Steuerfestsetzung habe sich nicht infolge nachträglich eingetretener Umstände geändert. § 27 Abs. 19 UStG gelte dem Wortlaut nach nur für den leistenden Unternehmer. Die Klägerin sei die Leistungsempfängerin. Es gebe „keine Rechtsgrundlage, nach der es für eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung und/oder für die Erstattung der zu Unrecht festgesetzten Umsatzsteuer darauf ankommt, dass die Klägerin einen Betrag in Höhe der Umsatzsteuer an ihren jeweiligen Vertragspartner gezahlt hat.“ Die Klägerin verhalte sich auch nicht treuwidrig. Stelle sie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung einen Antrag auf Änderung, der der Verwaltungsauffassung widerspricht, schöpfe sie lediglich ihre rechtlichen Möglichkeiten aus.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.02.2018 zum Urteil 12 K 2323/17 vom 17.01.2018

 

Verpflichtungsklage auf Zustimmung zur Umsatzsteuerberichtigung nach Rechnungskorrektur im Insolvenzverfahren

Der 9. Senat des Finanzgerichts hat mit Urteil vom 11. Dezember 2017 (Az. 9 K 2646/16) das Finanzamt (FA) verpflichtet, seine Zustimmung zur Berichtigung eines unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 Satz 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu erteilen. Die Verpflichtung des FA, der Steuerberichtigung zuzustimmen, bestehe auch, wenn der die Rechnung berichtigende Steuerpflichtige aus insolvenzrechtlichen Gründen den vereinnahmten Mehrbetrag nicht an den Leistungsempfänger erstattet. Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. XI R 5/18).

Kläger im Urteilsfall war der Insolvenzverwalter des X, über dessen Vermögen im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. X hatte mit Y eine „Jahreskonditionsvereinbarung 2006″ für ein bestimmtes von Y geliefertes Warenvolumen und einen bestimmten Gesamtumsatz in Europa geschlossen. In dieser Jahreskonditionsvereinbarung waren detaillierte „Bonuszahlungen“ geregelt, über die X mit Hilfe eines Dienstleisters gegenüber Y abrechnete. Die in den einzelnen Abschlagsrechnungen bzw. in der Schlussrechnung des Jahres 2006 gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von X in seiner Umsatzsteuererklärung 2006 angemeldet und von Y als Vorsteuer abgezogen. Im März 2016 stornierte X die Rechnungen des Jahres 2006 für bestimmte Positionen. Die geänderten Rechnungen wurden an Y übergeben, der die aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandene Umsatzsteuernachforderung an das FA zahlte. Den Antrag des X auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG lehnte das FA mit Verwaltungsakt vom 2. August 2016 ab. Es war der Auffassung, dass die Abrechnungen des X gegenüber Y keine Rechnungen i. S. v. § 14c UStG darstellten und daher auch keine Rechnungsberichtigung möglich sei. Es handele sich vielmehr um die Dokumentation von Entgeltsminderungen für die ursprünglichen Lieferungen von Y an X. Die hiergegen erhobene Sprungklage hatte Erfolg.

Der 9. Senat entschied, die berichtigten Abrechnungspapiere seien Rechnungen i. S. v. § 14c UStG, in denen X unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen habe (§ 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG). Die streitigen Abrechnungspapiere erfüllten den eingeschränkten Rechnungsbegriff im Sinne des § 14c UStG und seien daher berichtigungsfähig. Die Abrechnungen hätten den Rechnungsaussteller X und den Leistungsempfänger Y bezeichnet, die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen und eine Leistungsbeschreibung enthalten. Die Abrechnungen hätten einen unberechtigten Steuerausweis im Sinne von § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG enthalten, soweit darin reine Preisnachlässe und damit Entgeltminderungen für die ursprüngliche Zahlung dokumentiert worden seien. Anders als in den Abrechnungen des X über von ihm konkret durchgeführte Werbemaßnahmen, fehle es bei den Preisnachlässen (Entgeltminderungen) an einer von X erbrachten Leistung. Die dadurch entstandene Gefährdung des Steueraufkommens sei beseitigt worden, weil Y den aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandenen Umsatzsteuer-Nachzahlungsbetrag geleistet habe. Darauf, dass X den vereinnahmten Mehrbetrag nicht an Y erstattet habe, komme es im Streitfall nicht an. Die Rückzahlung des von X vereinnahmten Mehrbetrags an Y sei wegen der Insolvenz des X keine Voraussetzung für die Zustimmungserteilung des FA, weil X diese Zahlung nicht rechtmäßig leisten könne. Aufgrund der von Y zu viel gezahlten Umsatzsteuer sei X als Zahlungsempfänger einem Bereicherungsanspruch des Y ausgesetzt. Der Bereicherungsanspruch des Y sei bereits durch die Rechnung mit unzutreffendem Umsatzsteuer-Ausweis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2012 materiell-rechtlich entstanden gewesen. Demzufolge sei der Bereicherungsanspruch des Y eine Insolvenzforderung. Eine individuelle Sicherstellung oder Befriedigung dieser Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens sei unzulässig. Folglich sei es dem Kläger rechtlich untersagt, den zu Unrecht vereinnahmten Mehrbetrag aus der Insolvenzmasse an Y zu erstatten. Dann könne eine solche – rechtswidrige – Zahlung nicht Voraussetzung zur Zustimmung des FA nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG sein.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.02.2018 zum Urteil 9 K 2646/16 vom 11.12.2018 (nrkr – BFH-Az.: XI R 5/18)

 

Berichtigungsverfahren bei unzutreffend als umsatzsteuerpflichtig behandelten Grundstücksverkäufen

Der 1. Senat hat mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 10. August 2017 (1 K 2292/15) entschieden, dass der Berichtigungsanspruch nach § 14c Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nur im Rahmen eines gesonderten Berichtigungsverfahrens und nicht durch einen Antrag auf geänderte Umsatzsteuerfestsetzung geltend gemacht werden kann.

Der Kläger war Miteigentümer eines Grundstücks, das von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) an eine GmbH vermietet wurde. Der Kläger war sowohl an der GbR als auch an der GmbH beteiligt. Die GmbH nutzte das Grundstück als Betriebsgelände. Als Eigentümer des Grundstücks waren der Kläger und weitere Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. Der Kläger veräußerte seinen Grundstücksanteil in zwei notariellen Verträgen vom November 2001 und März 2002 an verschiedene Erwerber. In den Verkaufsverträgen hatte der Kläger jeweils zur Umsatzsteuer optiert. Die Umsatzsteuer aus den Verkäufen erklärte der Kläger nicht. Seine Umsatzsteuer-Voranmeldungen für ein anderes, von ihm als Einzelunternehmer vermietetes Grundstück enthielten nur im vorliegenden Fall nicht streitige Vermietungsumsätze. Die Erlöse aus den Verkäufen der Miteigentumsanteile des Klägers erfasste das beklagte Finanzamt (FA) in geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2001 und 2002. Eine hiergegen erhobene Klage bleib erfolglos. Im Juni 2014 legte der Kläger berichtigte Rechnungen über die beiden Verkäufe vom November 2001 und März 2002 vor und berechnete deshalb in seiner Voranmeldung eine Umsatzsteuerschuld in Höhe von minus 112.824,64 Euro. Das FA setzte die Umsatzsteuer mit 0 Euro fest.

Die gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für den Monat Juni 2014 erhobene Klage wies das Finanzgericht ab. Der Kläger habe in den notariellen Verträgen vom November 2001 und März 2002 jeweils Umsatzsteuer ausgewiesen, obwohl er (insoweit) nicht Unternehmer gewesen sei (unberechtigter Steuerausweis, § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG). Hinsichtlich des Betriebsgrundstücks der GmbH sei nicht der Kläger, sondern nur die GbR als Vermieterin unternehmerisch tätig gewesen. Auch als Gesellschafter der GbR sei der Kläger nicht Unternehmer gewesen. Ein neben der bloßen Gesellschafterstellung bestehendes, sonstiges Rechtsverhältnis des Klägers zur GbR habe in Bezug auf das von der GbR vermietete Grundstück nicht vorgelegen. Die Überlassung der Miteigentumsanteile durch den Kläger an die GbR sei als Gesellschafterbeitrag zu qualifizieren, weil für diese Nutzungsüberlassung kein Entgelt vereinbart worden sei. Mangels einer entgeltlichen Nutzungsüberlassung sei der Kläger insoweit nicht Unternehmer. Der jeweils verkaufte Miteigentumsanteil am Grundstück sei daher nicht seinem Unternehmen, sondern seinem nichtunternehmerischen Vermögen zuzuordnen. Hinsichtlich der Verkäufe des Klägers vom November 2001 und März 2002 lägen deshalb keine steuerbaren Umsätze vor. Die Veräußerung des Miteigentumsanteils in zwei Akten begründe keine unternehmerische Tätigkeit und sei auch nicht als Teil des Vermietungsunternehmens des Klägers anzusehen. Seine Vermietungstätigkeit bewirke keine Infektion, weil diese in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem veräußerten Miteigentumsanteil gestanden habe.

Der sich für den Kläger aus § 14c Abs. 2 UStG ergebende Anspruch auf Berichtigung des nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG geschuldeten Steuerbetrags sei aber nicht Gegenstand des hier ausschließlich streitigen Umsatzsteuerbescheides für Juni 2014. Über den Berichtigungsanspruch könne mit der vorliegenden Klage aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht entschieden werden. Nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG sei die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags beim FA gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzung des § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG in Form der Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens eingetreten sei. Die in der Vorschrift vorausgesetzte Zustimmung des FA und entsprechend ihre Versagung sei ein Verwaltungsakt. Es handele sich um einen Bescheid nach § 155 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung, der eine teilweise Freistellung von der Steuer beinhalte. Erst bei einer Ablehnung der Berichtigung durch das FA seien Einspruch und nach dessen Erfolglosigkeit Verpflichtungsklage gegeben.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.02.2018 zu dem Gerichtsbescheid 1 K 2292/15 vom 10.08.2017 (rkr)

 

Erlass von Einfuhrumsatzsteuer bei nachträglichem Nachweis einer anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferung

Mit Urteil vom 14. November 2017 (Az. 11 K 1102/15) hat der 11. Senat des Finanzgerichts entschieden, dass bestandskräftig festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer zu erlassen ist, wenn und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass er nach Deutschland eingeführte Waren im unmittelbarem Anschluss für eine innergemeinschaftliche Lieferung verwendet hat. Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. VII R 4/18).

Die Klägerin ist ein Schweizer Bauunternehmen, das im Streitjahr 2009 an der Errichtung einer Wohn- und Geschäftsimmobilie in London beteiligt war. In diesem Zusammenhang meldete sie beim deutschen Zoll mehrfach Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit unmittelbar anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung an (Verfahren 4200). Bei den Waren handelte es sich um vorgefertigte Konstruktionen, die von der Schweiz über Deutschland an die Baustelle in London transportiert und dort von der Klägerin montiert werden sollten. Das Zollamt gab die Waren zunächst ohne Erhebung von Einfuhrabgaben frei. Nachdem das Hauptzollamt (HZA) Fehler in den Zollanmeldungen festgestellt hatte, erließ es einen Einfuhrabgabenbescheid. Darin wurden für 85 Zollanmeldungen aus dem Jahr 2009 Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt 649.167,64 Euro gem. Art. 220 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) nacherhoben. Der Nacherhebungsbescheid wurde bestandskräftig. Unter Vorlage von Frachtbriefen und anderer Unterlagen stellte die Klägerin einen Erlassantrag nach Art. 236 ZK, den das HZA ablehnte.

Die hiergegen erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht verpflichtete das HZA die festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 227.899,98 Euro zu erlassen. In diesem Umfang habe die Klägerin nachgewiesen, dass sie die Einfuhren unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verwendet habe. Das führe nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG zur Steuerfreiheit dieser Einfuhren und begründe einen Erlassanspruch. Zwar schließe Art. 236 ZK die Erstattung bzw. den Erlass der Einfuhrumsatzsteuer (unmittelbar) nicht ein, da es sich bei ihr nicht um eine Einfuhrabgabe im Sinne des Art. 236 i. V. m. Art. 4 Nr. 10 ZK handele. Art. 236 ZK sei aber sinngemäß anzuwenden, wenn eine Einfuhr im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG im Inland vorliege. Das sei hier der Fall, weil die streitgegenständlichen Waren aus der Schweiz über den Landweg mit dem LKW nach Deutschland eingeführt worden seien. Dass die eingeführten Bauteile letztlich nicht in den inländischen Wirtschaftskreislauf, sondern in den Großbritanniens eingegangen sind, ändere nichts an der Steuerbarkeit der Einfuhr im Inland. Für den Tatbestand der Einfuhr sei es ausreichend, dass die Gegenstände in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangten. Davon zu unterscheiden sei die Frage, in welchem Mitgliedstaat die Einfuhr erfolgt sei. Das sei Deutschland gewesen, weil hier die Waren in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden seien.

Die von der Klägerin geschuldete Einfuhrumsatzsteuer sei nur steuerfrei, soweit der eingeführte Gegenstand im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung verwendet werde. Wie und in welcher Form der Nachweis einer an die Einfuhr anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferung gegenüber der Zollstelle zu erbringen sei, regele § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG erst in seiner ab 1. Januar 2011 gültigen Neufassung. Für das Streitjahr 2009 sei der Nachweis daher durch die in §§ 17a Abs. 2 bis 4 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) genannten, leicht nachprüfbaren Belege (Rechnung, Lieferschein usw.) zu führen, sofern diese im Zeitpunkt der Einfuhrabfertigung bereits zur Verfügung stünden. Diese Nachweispflichten habe die Klägerin nur teilweise erfüllt. Die Steuerbefreiung sei trotz Nichterfüllung formeller Nachweispflichten auch zu gewähren, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststehe, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen. Dieser Grundsatz sei auch auf die Beurteilung der Steuerfreiheit bei der Einfuhr nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG übertragbar. Eine Erstattung oder ein Erlass der Einfuhrumsatzsteuer dürfe nicht unter Hinweis auf formale Verstöße zum Zeitpunkt der Einfuhr abgelehnt werden, wenn (nachträglich) der Nachweis einer im Anschluss durchgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung erbracht werde Das Finanzgericht war auf Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen jedoch nur hinsichtlich eines Teils der Einfuhren davon überzeugt, dass die betreffenden Waren im Anschluss an die Einfuhr tatsächlich nach Großbritannien versendet waren.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.02.2018 zum Urteil 11 K 1102/15 vom 14.11.2017 (nrkr – BFH-Az.: VII R 4/18)

 

Keine steuerliche Rücklage für Risikoausgleich in der Land- und Forstwirtschaft

Berlin: (hib/EIS) Die Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage ist nicht geplant. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (19/893) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu den Rahmenbedingungen für ein verbessertes Risikomanagement in der Land- und Forstwirtschaft (19/676) hervor. Das im Jahr 2011 im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft durchgeführte Forschungsprojekt der Universität Hohenheim „Diskussion und Bewertung der möglichen Einführung einer Risikoausgleichsrücklage zum Ausgleich von wetter- und marktbedingten Risiken in der Landwirtschaft“ sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einführung einer Risikoausgleichsrücklage nicht zu den erwünschten Entlastungseffekten in der Landwirtschaft führen würde. Stattdessen sei die Einführung einer mehrjährigen Gewinnglättungsregelung vorgeschlagen worden. Weiter heißt es in der Antwort, dass grundsätzlich ein marktorientierter Kurs in der Agrarpolitik verfolgt werde, der im Risikomanagement privatwirtschaftliche Lösungsansätze im Rahmen von Rücklagen, Versicherungen und Verträge vorsehe. Staatliche Maßnahmen sollen nur in besonderen Situationen und Krisen erfolgen. Darüber hinaus kündigt die Regierung an, im Herbst 2018 einen Bericht zum Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft vorlegen zu wollen.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 112/2018

BFH: Verfassungsmäßigkeit von Nachforderungszinsen im Jahr 2013

Die Höhe der Nachforderungszinsen, die für Verzinsungszeiträume des Jahres 2013 geschuldet werden, verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen das Übermaßverbot, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. November 2017 III R 10/16 entschieden hat. Der BFH hält den hierfür vorgesehenen Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat (6 % pro Jahr) auch unter Berücksichtigung der Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus im Jahr 2013 für verfassungsgemäß. Die Entscheidung des BFH ist zur Verzinsung nach §§ 233a, 238 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ergangen.

Im Streitfall gab der Kläger die Einkommensteuererklärung für 2011 im Dezember 2012 ab. Er erwartete eine Einkommensteuernachzahlung von 300.000 Euro, die er auf einem gesonderten Bankkonto bereithielt. Im Juli 2013 erbrachte der Kläger im Hinblick auf die drohende Nachzahlung eine freiwillige Zahlung in Höhe von 366.400 Euro an das Finanzamt (FA). Aus dem im September 2013 ergangen Einkommensteuerbescheid ergab sich ein Nachforderungsbetrag von ca. 390.000 Euro. Hierfür setzte das FA Nachzahlungszinsen von 0,5 % monatlich fest, die sich für den Zinszeitraum April 2013 bis September 2013 auf ca. 11.000 Euro beliefen. Dem Antrag des Klägers, die Zinsen zu erlassen, entsprach das FA nur insoweit, als es wegen der im Juli 2013 erfolgten freiwilligen Zahlung einen Erlass der Zinsen für August und September 2013 aussprach.

In seinem Urteil bejaht der BFH die Verfassungsmäßigkeit der geltenden Zinsregelung, so dass die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht vorliegen.

Der BFH konnte keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) erkennen. Die Unterscheidung zwischen zinszahlungspflichtigen und nicht zinszahlungspflichtigen Steuerschuldnern beruht auf der zulässigen typisierenden Annahme, dass die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgenden Steuerfestsetzungen zu potentiellen Zinsvor- oder -nachteilen führen können. Auch hinsichtlich der Zinshöhe verneint der BFH einen Gleichheitsverstoß. Denn innerhalb der Gruppe der zinspflichtigen Steuerpflichtigen wird bei allen Betroffenen der gleiche Zinssatz zugrunde gelegt.

Nach dem Urteil des BFH ist die Zinshöhe auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfassungswidrig. Da mit den Nachzahlungszinsen potentielle Liquiditätsvorteile abgeschöpft werden sollen, hielt der BFH eine umfassende Betrachtung der Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten der Steuerpflichtigen für erforderlich. Auf der Grundlage von Daten der Deutschen Bundesbank untersuchte der BFH die Zinssätze für verschiedene kurz- und langfristige Einlagen und Kredite. Hierbei ergaben sich für 2013 Zinssätze, die sich in einer Bandbreite von 0,15 % bis 14,70 % bewegten. Obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank bereits seit 2011 auf unter 1 % gefallen war, konnte somit nicht davon ausgegangen werden, dass der gesetzliche Zinssatz die Bandbreite realitätsnaher Referenzwerte verlassen hat.

Schließlich verneinte der BFH auch einen Anspruch auf einen Erlass der Zinsen. Es komme nicht auf die Ursachen einer späten oder verzögerten Steuerfestsetzung an.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 11/2018 vom 27.02.2018 zum Urteil III R 10/16 vom 09.11.2017

 

Verlustverrechnung bei unterjähriger Abspaltung (§ 15 Abs. 3 UmwStG)

Anpassung der Verweise in Randnr. 15.41 und 23.03 des BMF-Schreibens vom 11. November 2011 (BStBl I Seite 1314) auf das überarbeitete BMF-Schreiben zu § 8c KStG vom 28. November 2017 (BStBl I Seite 1645)

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die Randnummer 15.41 und 23.03 des BMF-Schreibens vom 11.11.2011 (BStBl I Seite 1314) wie folgt geändert:

15.41 In Abspaltungsfällen verringern sich bei der übertragenden Körperschaft verrechenbare Verluste, ein verbleibender Verlustvortrag, nicht ausgeglichene negative Einkünfte, ein Zinsvortrag sowie ein EBITDA-Vortrag. Nach § 15 Abs. 3 UmwStG erfolgt die Kürzung in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht. In der Regel entspricht das Verhältnis der gemeinen Werte dem Spaltungsschlüssel.

Erfolgt die Abspaltung auf einen unterjährigen steuerlichen Übertragungsstichtag, gelten die Grundsätze in dem BMF-Schreiben vom 28.11.2017, BStBl I S. 1645, Rn. 33 bis Rn. 38, entsprechend. Rn. 37 des BMF-Schreibens vom 28.11.2017, BStBl I S. 1645, ist dabei mit der Maßgabe anzuwenden, dass im Fall einer Abspaltung auf einen unterjährigen steuerlichen Übertragungsstichtag bei einem Organträger das zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugerechnete negative Organeinkommen einer Organgesellschaft nicht der Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 3 UmwStG unterliegt.

23.03 Wegen der Anwendung von § 8c KStG auf nicht genutzte Verluste und den Zinsvortrag der übernehmenden Gesellschaft vgl. BMF-Schreiben vom 28.11.2017, BStBl I S. 1645, und vom 04.07.2008, BStBl I S. 718.“

Die vorstehenden Grundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 – S-1978-b / 16 / 10001 :001 vom 23.02.2018

 

Gewerbesteuer: BFH: Einkünfte eines national und international tätigen Fußballschiedsrichters – Gewerblichkeit und abkommensrechtliche Behandlung

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20. Dezember 2017 I R 98/15 entschieden hat, sind Fußballschiedsrichter steuerrechtlich als Gewerbetreibende tätig, die bei internationalen Einsätzen auch nicht am jeweiligen Spielort eine Betriebsstätte begründen. Dies rechtfertigt die Festsetzung (nationaler) Gewerbesteuer auch für die im Ausland erzielten Einkünfte. Diesem nationalen Besteuerungsrecht stehen abkommensrechtliche Hürden (hier: sog. Sportlerbesteuerung im jeweiligen Tätigkeitsstaat) nicht entgegen.

Der Kläger war in den Streitjahren (2001 bis 2003) als Fußballschiedsrichter sowohl im Inland als auch im Ausland tätig. Er leitete neben Spielen der Fußball-Bundesliga u. a. Spiele im Rahmen einer von der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) veranstalteten Weltmeisterschaft sowie – jeweils von der Union of European Football Associations (UEFA) durchgeführt – der Qualifikation zu einer Europameisterschaft, der UEFA Champions-League und des UEFA Cup. Mit seiner Klage gegen die Festsetzung von Gewerbesteuer war er beim Finanzgericht erfolgreich.

Der BFH hat zum Nachteil des Klägers entschieden: Die Schiedsrichtertätigkeit begründet steuerrechtlich einen Gewerbebetrieb, weil eine selbständige nachhaltige Betätigung vorliegt, die in Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird. Dabei folgt die Selbständigkeit daraus, dass ein Schiedsrichter bei der Einkünfteerzielung auf eigene Rechnung und Gefahr tätig ist und Unternehmerinitiative entfalten kann; ein „Anstellungsverhältnis“ liegt nicht vor, auch wenn (nach der Zusage, die Spielleitung zu übernehmen) die Tätigkeit hinsichtlich des Ortes und der Zeit im Rahmen der Ansetzung zu den einzelnen Spielen durch die Fußball-Verbände bestimmt wird. Jedenfalls besteht während des Fußballspiels (als Schwerpunkt der Tätigkeit) keine Weisungsbefugnis eines Verbands. Nicht zuletzt entspricht die Tätigkeit des Klägers ihrer Art und ihrem Umfang nach dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme; die Anzahl der Vertragspartner ist hierbei unerheblich. Deshalb kann sich aus Sicht des BFH bereits die Schiedsrichtertätigkeit für einen (einzigen) Landes- oder Nationalverband (wie etwa den Deutschen Fußball-Bund e.V.) bei der gebotenen Gesamtbetrachtung als unternehmerische Marktteilnahme darstellen.

Der BFH macht auch deutlich, dass der Kläger nur eine einzige Betriebsstätte hatte, nämlich in seiner inländischen Wohnung als Ort der „Geschäftsleitung“. An den Spielorten (in der jeweiligen Schiedsrichterkabine) unterhält er hingegen keine „feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“ und damit auch keine Betriebsstätte. Schließlich ist das innerstaatliche (nationale) Besteuerungsrecht auch nicht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgeschlossen. Auch wenn sich der Fußballschiedsrichter (im Gegensatz zu Schiedsrichtern mancher anderer Sportarten) bei der Berufsausübung körperlich betätigt, übt er keine Tätigkeit „als Sportler“ aus; zwar wird seine Tätigkeit von den Zuschauern des Fußballspiels wahrgenommen, sie ermöglicht aber lediglich anderen Personen (den Spielern), diesen sportlichen Wettkampf zu bestreiten. Damit ist die Besteuerung abkommensrechtlich nicht dem (ausländischen) Tätigkeitsstaat vorbehalten.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 12/18 vom 27.02.2018 zum Urteil I R 98/15 vom 20.12.2017

 

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