Sonderausgabenabzug für Sozialversicherungsbeiträge im Ausland tätiger und in Deutschland wohnender Arbeitnehmer

Unionsrechtswidrigkeit des Abzugsverbotes nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 – S-2221 / 14 / 10005 :003 vom 11.12.2017

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG kommt ein Sonderausgabenabzug für Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG nur dann in Betracht, wenn diese nicht in „unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit steuerfreien Einnahmen stehen.

Der EuGH hat mit Urteil vom 22. Juni 2017 in der Rechtssache C-20/16 „Bechtel“ entschieden, dass die unionsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 AEUV (vorher: Art. 39 EG) der Regelung eines Mitgliedstaates entgegensteht, nach der die Altersvorsorgeaufwendungen und Krankenversicherungsbeiträge von in einem EU-Mitgliedstaat tätigen, aber in Deutschland wohnenden Arbeitnehmern, deren Arbeitslohn nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der inländischen Besteuerung freigestellt ist, vom Sonderausgabenabzug ausgenommen sind. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher im Vorgriff auf eine gesetzliche Anpassung des Sonderausgabenabzugsverbotes von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG das Folgende:

Entgegen § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen, wenn

  • solche Beiträge in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen,
  • diese Einnahmen nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei sind,
  • der Beschäftigungsstaat keinerlei Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Beiträge im Besteuerungsverfahren zulässt und
  • auch das Doppelbesteuerungsabkommen die Berücksichtigung der persönlichen Abzüge nicht dem Beschäftigungsstaat zuweist.

Die vorstehenden Regelungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF

Steuerliche Projekte der EU – Was bringt uns 2018?

In Anbetracht der in den letzten Monaten aufgezeigten Defizite im europäischen Steuersystem herrscht erhöhter politischer Druck auf die europäischen Institutionen, vorzeigbare Ergebnisse zu deren Abbau vorzulegen und rechtzeitig umzusetzen. Auch, weil die Wahlen zum Europaparlament Mitte 2019 anstehen. Die Weichen zu deren Abbau hat die estnische Ratspräsidentschaft durch ihren digitalen und steuerrechtlichen Fokus bereits in den vorangegangenen Monaten gelegt. Nun sollen die angestoßenen politischen Kernthemen in 2018 auf europäischer Ebene abgeschlossen werden. Die bulgarische Ratspräsidentschaft hat bereits signalisiert, die Arbeit ihrer Vorgänger aufzugreifen und fortzusetzen.

Dabei wollen die europäischen Institutionen mit guten Vorsätzen ins neue Jahr starten, um sich für ein „enger vereintes, stärkeres und demokratischeres Europa“ einzusetzen. Deshalb hat sich auch die von EU-Kommissar Pierre Moscovici geführte Generaldirektion für Steuern und Zölle ambitionierte Ziele gesetzt, deren Umsetzung mit Spannung zu erwarten ist.

Zu nennen sind vor allem die Einführung eines Besteuerungssystems für die Digitalwirtschaft, das Verabschieden des bereits eingereichten Gesetzesvorschlags zu einer Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), der Plan einer grundlegenden Reform des Mehrwertsteuersystems und die Einführung einer Anzeigepflicht für Intermediäre von bestimmten grenzüberschreitenden Steuergestaltungsmodellen.

Besteuerung der Digitalwirtschaft

Einen wichtigen Schritt wird die EU-Kommission mit der Vorlage eines Gesetzesvorschlages zur Besteuerung der Digitalwirtschaft machen. Dieser ist von Kommissar Moscovici angekündigt für das Ende des 1. Quartals 2018. Somit verbleiben nunmehr nur noch knapp drei Monate für die Ausarbeitung des Gesetzesvorschlags. Festzuhalten ist jedoch, dass es sich lediglich um kurzfristige Lösungen für die aktuellen Probleme der Besteuerung der Digitalwirtschaft handelt. Man möchte hierdurch vermeiden, dass in der verbleibenden Zeit, bis eine langfristige Lösung für die Besteuerung der Digitalwirtschaft auf europäischer Ebene gefunden und umgesetzt ist, Steuern an den Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten vorbeigeführt werden können.

Gemeinsame Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)

Daher hat die EU-Kommission im weiteren Verlauf des Jahres die Überarbeitung des Gesetzesvorschlages zur Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) angekündigt. Die Legislativvorschläge für die GKKB müssen aber erst noch den Besonderheiten der Digitalwirtschaft angepasst werden. Zum Beispiel bedarf die Definition der Betriebsstätte im jetzigen Entwurf erst einmal einer Neuausrichtung mit Bezug zur digitalen Realität. Betriebsstätten i. S. d. jetzigen Steuerrechts existieren nicht in der Digitalwirtschaft. Vielmehr zeichnet sich der Ort der Wertschöpfung durch eine „digitale Präsenz“ ab. Auch ist unklar, wo der Ort der Wertschöpfung anzusiedeln ist: Dort, wo Umsatz generiert wird, oder dort, wo eine Dienstleistung oder ein immaterieller Vermögenswert entwickelt wird? Hier muss die EU-Kommission noch nachbessern, wenn das Legislativdossier bis Ende 2018 verabschiedet werden soll.

Reform des Mehrwertsteuersystems

Ein weiteres Kernstück der Agenda für 2018 ist die Reform des Mehrwertsteuersystems im Binnenmarkt. Die EU-Kommission sieht hier Handlungsbedarf, weil das derzeitige Mehrwertsteuersystem, das als Übergangsregelung gedacht war, zu fragmentiert und kompliziert ist für die „wachsende Zahl von Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind“. Außerdem ist es vermehrt „anfällig für Betrug“. Der Plan der EU-Kommission sieht daher vor, die Mehrwertsteuervorschriften für den grenzüberschreitenden Handel zu vereinfachen und effizienter zu machen (Stichwort Digitalisierung), die Betrugsmöglichkeiten zu reduzieren und die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Finanzverwaltungen zu stärken (one-stop-shop). Erste Maßnahmen hat die EU-Kommission bereits im Oktober dieses Jahres veröffentlicht (COM(2017)569 final). Die Reform wird nun in den kommenden Monaten weiter vorangetrieben. Hier finden Sie weitere Informationen zum Aktionsplan der EU-Kommission.

Anzeigepflicht für Intermediäre

Der Gesetzesvorschlag zur Einführung einer Anzeigepflicht für Intermediäre ist schon weit vorangeschritten. Ausstehend ist lediglich eine Einigung im Rat zu einzelnen Aspekten des Richtlinienvorschlags, wie beispielsweise die Definition von einzelnen Kennzeichen, nach denen bestimmt wird, ob ein Gestaltungsmodell meldepflichtig ist oder nicht. Wie lange dies noch dauern kann, ist unklar, da im Rahmen von Steuerangelegenheiten die Abstimmung im Rat einstimmig erfolgen muss. Voraussichtlich ist bis Mitte des Jahres mit einer Entscheidung zu rechnen.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) begleitet all diese Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene bereits von Beginn an aufmerksam und wird seine Mitglieder über die Entwicklungen zu den einzelnen Dossiers in den kommenden Monaten weiter regelmäßig informieren.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 11.12.2017

Quellensteuer – Kapitalmarktunion: Neue Steuerleitlinien sollen grenzübergreifendes Anlegen erleichtern

Die Kommission hat am 11.12.2017 neue Quellensteuer-Leitlinien vorgelegt, die die Kosten für die Mitgliedstaaten senken und die Verfahren für grenzübergreifend tätige Anleger in der EU vereinfachen sollen. Der neue Verhaltenskodex bietet Lösungen für Anleger, die wegen der Art und Weise, wie Quellensteuern erhoben werden, zweimal Steuern auf die Erträge zahlen müssen, die sie mit grenzüberschreitenden Investitionen erzielen.

Eine Quellensteuer ist eine Steuer, die an der Quelle in dem EU-Land einbehalten wird, in dem Erträge aus Investitionen wie Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren anfallen. Durch die Einbehaltung können die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Steuern bei grenzüberschreitenden Transaktionen ordnungsgemäß erhoben werden. Da die Einkünfte in dem Mitgliedstaat, in dem der Anleger seinen Wohnsitz hat, häufig ein weiteres Mal besteuert werden, können Probleme im Zusammenhang mit der Doppelbesteuerung auftreten. Zwar sind die Anleger berechtigt, im Falle der Doppelbesteuerung eine Erstattung zu beantragen, die entsprechenden Verfahren sind derzeit jedoch schwierig, teuer und langwierig.

Die Empfehlungen vom 11.12.2017, die in Zusammenarbeit mit Experten der Mitgliedstaaten ausgearbeitet wurden, sind Teil des EU-Aktionsplans für die Kapitalmarktunion und sollen das System für Investoren und Mitgliedstaaten gleichermaßen verbessern. Insbesondere zielt der Verhaltenskodex darauf ab, die Herausforderungen, vor denen kleinere Anleger bei grenzübergreifenden Geschäften stehen, zu verringern. Er soll zu schnellen, vereinfachten und standardisierten Verfahren für die Erstattung von Quellensteuern führen, wo dies möglich ist.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission mit Zuständigkeit für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion, erklärte zu dem Verhaltenskodex: „Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein eines echten Binnenmarkts für Kapital. Der heute vorgelegte Verhaltenskodex soll Anlegern helfen, langwierige Verfahren und hohe Kosten zu vermeiden, wenn sie eine Quellensteuererstattung beantragen. Wir werden nun eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der neue Verhaltenskodex zu greifbaren Ergebnisse führt.“

Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, fügte hinzu: „Quellensteuern sind ein wichtiges Instrument für den Schutz der öffentlichen Finanzen, können aber für Einzelpersonen und Unternehmen, die eine Steuererleichterung in Anspruch nehmen wollen, zu unverhältnismäßigem Aufwand führen. Von dem heute vorgelegten Verhaltenskodex erhoffe ich mir, dass er den EU-Ländern hilft, kohärente Ertragsteuererhebung und steuerliche Rechtssicherheit für die Unternehmen, die jedes Jahr schätzungsweise 8,4 Mrd. Euro an Befolgungskosten verlieren, in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.“

Die Umsetzung des Verhaltenskodex ist für die Mitgliedstaaten freiwillig. Der Kodex enthält eine Bestandsaufnahme der Probleme, mit denen grenzübergreifend tätige Anleger derzeit konfrontiert sind, und zeigt auf, wie Steuerverfahren effizienter gestaltet werden können. Er gibt den Mitgliedstaaten verschiedene praktische Lösungsmöglichkeiten für zentrale Fragen an die Hand, darunter:

  • wie kleineren Anlegern geholfen werden kann, für die die Vorschriften über die Erstattung der Quellensteuer übermäßig komplex sind;
  • wie benutzerfreundliche digitale Formulare erstellt werden können, mit denen im Falle einer Überzahlung eine Quellensteuererleichterung beantragt werden kann;
  • wie den Steuerbehörden ein zuverlässiger, effektiver Zeitrahmen für die Gewährung der Quellensteuererleichterung vorgegeben werden kann;
  • wie in den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten eine zentrale Anlaufstelle für Fragen von Investoren in Bezug auf die Quellensteuer geschaffen werden kann.

Hintergrund

Wie die Europäische Kommission im Aktionsplan zur Kapitalmarktunion dargelegt hat, möchte sie die Mitgliedstaaten dazu bewegen, Systeme der Quellensteuererleichterung sowie bessere Erstattungsverfahren einzuführen. Der am 11.12.2017 vorgelegte Kodex orientiert sich an den neun bewährten Verfahren, die die Kommission zusammen mit der Expertengruppe für die Beseitigung der Hindernisse für den freien Kapitalverkehr in Bezug auf Quellensteuerverfahren ermittelt hat.

Eine Quellensteuer ist eine Steuer, die, wenn die Einkünfte über eine Grenze transferiert werden, nicht vom Empfänger der Einkünfte, sondern an der Quelle gezahlt wird. In besonderen steuerlichen Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten ist jedoch häufig eine Verringerung der Steuerlast vorgesehen, um Investitionen zu fördern. Zu Komplikationen kann es daher kommen, wenn eine Quellensteuer auf Einkünfte erhoben wird, die nach einer solchen Vereinbarung für einen ermäßigten Steuersatz in Betracht kommen. Wenn der Steuerzahler dann die Erstattung der zu viel gezahlten Steuern beantragt, sieht er sich häufig mit einem langsamen und schwerfälligen Erstattungsverfahren konfrontiert. Die den Anlegern in der EU entstehenden Befolgungskosten und nicht in Anspruch genommenen Steuererleichterungen (einige kleinere Investoren beantragen mögliche Steuererstattungen gar nicht erst) werden auf insgesamt 8,4 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt.

 Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 11.12.2017

 

Weihnachtsfrieden: Hessische Finanzämter wahren auch im Jahr 2017 den „Weihnachtsfrieden“

„Auch in diesem Jahr hält die Hessische Finanzverwaltung an ihrer Tradition fest. Die 35 Finanzämter in unserem Land wahren in den Tagen rund um die Geburt Christi den ‚Weihnachtsfrieden'“, erklärte Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, der weiter sagte: „Es ist die ganz eigene Weihnachtsbotschaft unserer Verwaltung, dass wir an diesen Tagen grundsätzlich von belastenden Maßnahmen für die Bürgerinnen und Bürger absehen. Wir möchten, dass die Menschen möglichst unbeschwert und frei von Sorgen das Weihnachtsfest begehen können. Wenn wir mit unserem ‚Weihnachtsfrieden‘ dazu einen kleinen Beitrag leisten können, dann freue ich mich, dann hat diese schöne hessische Tradition ihr Ziel erreicht. Allen steuerpflichtigen Bürgerinnen und Bürgern und ihren Familien wünsche ich in diesem Sinne besinnliche und fröhliche Weihnachtsfeiertage!“

Mit dem „Weihnachtsfrieden“ trägt die Hessische Finanzverwaltung dem besonderen Charakter des Festes durch verschiedene Maßnahmen Rechnung. Sie wird vom 20. bis 31. Dezember 2017 grundsätzlich:

1. keine Steuern oder andere Abgaben anmahnen,

2. Zwangsgelder weder androhen noch festsetzen,

3. Steuerpflichtige nicht zum Finanzamt vorladen,

4. Vollstreckungshandlungen unterlassen,

5. keine Außenprüfungshandlungen vornehmen und

6. in Steuer- und Bußgeldverfahren

a. die Einleitung eines Steuerstraf- und Bußgeldverfahrens dem Steuerpflichtigen nicht bekannt geben,
b. Steuerpflichtige nicht zur Vernehmung oder Anhörung vorladen,
c. keine Bußgeldbescheide zustellen und
d. Vollstreckungsmaßnahmen in Bußgeldsachen unterlassen.

Dies gilt nicht für kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolgen (z. B. Fälligkeit der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, Säumniszuschläge) und wenn im Einzelfall die Unterlassung notwendiger Maßnahmen im öffentlichen Interesse nicht vertretbar erscheint (z. B. bei drohender Verjährung).

Quelle: FinMin Hessen, Pressemitteilung vom 11.12.2017

 

Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung

Vor dem Hintergrund der Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214, BStBl I S. 1278) nimmt das BMF im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung Stellung.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2333 / 17 / 10002 vom 06.12.2017

Erfolgreiche ETAF-Konferenz zur Anzeigepflicht, zur Bekämpfung von Steuerflucht und zur Besteuerung der Digitalwirtschaft in Brüssel

DStV zur ETAF-Konferenz

Am 05.12.2017 veranstaltete die European Tax Adviser Federation (ETAF) eine Konferenz zu aktuellen steuerrechtlichen Themen in der Europäischen Union in Brüssel. Unter dem Motto „Building an EU tax system“ wurde (vor ca. 100 Teilnehmern aus ganz Europa) in zwei Panels über die Gesetzesvorhaben zur Anzeigepflicht von Intermediären und über die Besteuerung der Digitalwirtschaft mit hochrangigen Vertretern der EU diskutiert. Für den DStV nahmen Prof. Dr. H.-Michael Korth, WP/StB Hans-Joachim Oettinger und DStV-Europareferent Dr. Jan Trommer teil.

Die Probleme im internationalen Steuersystem, beispielsweise durch Steueroasen geförderte aggressive Steuergestaltung oder die teilweise Nichtbesteuerung der Digitalwirtschaft mangels adäquater Anknüpfungspunkte und Bemessungsgrundlagen, führen dazu, dass die EU-Kommission europäische Lösungen bis Ende 2018 anstrebt. Die Europäischen Institutionen und vor allem die EU-Kommission stehen hier unter großem politischen Druck. Aber nicht nur die durch die Paradise Papers zuletzt aufgezeigten Probleme im internationalen Steuersystem haben die Notwendigkeit einer zeitnahen europäischen Lösung zu steuerlichen Problemen in der EU verdeutlicht, sondern auch die anstehenden Wahlen zum Europaparlament Mitte 2019 verlangen von den Europäischen Institutionen, dass im Laufe der kommenden Monate Ergebnisse präsentiert werden.

Hierzu wurde ein erster Schritt getan, indem der ECOFIN-Rat am 05.12.2017 eine schwarze Liste mit 17 Steueroasen (Ländern, welche nicht den europäischen Anforderungen genügen) beschlossen hat. Darunter etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, Tunesien, Panama, die Mongolei oder Südkorea. Des weiteren wurden 47 Ländern auf einer „grauen Liste“ erfasst. Diese Länder u. a. die Schweiz und die Türkei stehen unter Beobachtung. Die von den EU-Finanzministern beschlossenen Listen sollen Staaten zu mehr Steuertransparenz und Datenaustausch mit Behörden innerhalb der EU bewegen.

So war es passend, dass der Kommissar für Steuern und Zollunion der Europäischen Union, Pierre Moscovici, die ETAF-Konferenz zur Bildung eines EU-Steuersystems eröffnete und sogleich die Möglichkeit hatte, eine erste Stellungnahme zum Beschluss der schwarzen Listen abzugeben. In dem Zusammenhang verwies Moscovici auf die vorangegangene sorgfältige und anspruchsvolle Arbeit der EU-Finanzminister, welche sich kritisch mit den europäischen Anforderungen sowie den tatsächlichen Voraussetzungen in nicht-kooperativen Ländern und Steueroasen auseinandergesetzt hatten. Europäische Länder, so Moscovici, würden nicht auf der Liste sein, da sie nicht in den Rahmen „der angewandten Kriterien“ fallen. Stattdessen beschrieb er die Steuersysteme der Niederlande, Irlands und Luxemburgs im Rahmen ihrer Wirkung für den europäischen Rechtsraum zwar als Grundlage für kritische Steuergestaltungsmodelle, nicht jedoch als Steueroasen. Solche innereuropäischen Praktiken müssen nach Auffassung des Kommissars aber „reformiert werden“. Unklar blieb, wie zum Beispiel mit den dem Hoheitsgebiet Großbritanniens zugehörigen Inseln Jersey und der Isle of Men nach einem Austritt Großbritanniens aus der EU zu verfahren sein wird.

Weiterhin nutzte der Kommissar die Gelegenheit, das Herzstück seiner Agenda für das Jahr 2018 vorzustellen, nämlich – wie er es nannte – den Grundstein für die „Zukunft der Besteuerung in der Europäischen Union“ zu legen. Die Welt der Besteuerung habe sich geändert. Nach Auffassung des Kommissars leisten multinationale Konzerne nicht ihren fairen Beitrag innerhalb der Gesellschaft und profitieren von nicht abgestimmten Steuerregelungen zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen der EU und Drittstaaten. Die Probleme, mit denen sich nationale Steuersysteme heute auseinandersetzen müssen, lägen vor allem in der „Delokalisierung“ (grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle) und der „Dematerialisierung“ (vor allem durch die Digitalisierung) der zu besteuernden Aktivitäten, so der Kommissar. Dies erschwere eine effektive Besteuerung durch die nationale Finanzverwaltung und könne nicht von den Mitgliedstaaten alleine gelöst werden. Deshalb müssten die Steuersysteme der Mitgliedstaaten neu überdacht werden, sofern es die Herausforderungen der neuen digitalen Realität betrifft (vgl. Schlussfolgerungen des ECOFIN-Rates zur Besteuerung der Digitalwirtschaft).

Die durch die EU-Kommission initiierte „Revolution der Transparenz“ solle dabei als wesentlicher Baustein zu einem faireren Steuersystem auf europäischer und globaler Ebene beitragen. Die durch die EU-Kommission eingereichten Legislativvorschläge zur Anzeigepflicht von Intermediären (COM(2017)335 final) und zur Besteuerung der Digitalwirtschaft (für Anfang April 2018 angekündigt) seien erste Schritte, die die Mitgliedstaaten bei den anstehenden Reformen unterstützen sollen. Beide Legislativvorschläge seien auf einem guten Weg, so Moscovici.

Mit Blick auf die im Publikum anwesenden Vertreter der Intermediäre stellte Kommissar Moscovici klar, dass es bei der geplanten Anzeigepflicht für Intermediäre nicht um die „Stigmatisierung“ oder „Sanktionierung“ einzelner Berufsgruppen, insbesondere nicht der Steuerberater, gehe. Vielmehr erkenne man die besondere Position der Intermediäre an und wolle durch die aus der Meldepflicht entstehende Transparenz mehr Einsicht bekommen in das, „was tatsächlich in der grenzüberschreitenden Steuergestaltung“ geschehe. Aufgrund der neuen Informationen sollten Mitgliedstaaten besser und schneller auf bisher unentdeckte Vorgänge von Steuerflucht reagieren können.

Im Anschluss an die Impulsrede von Kommissar Moscovici wurde in einem ersten Panel der Legislativvorschlag zur Einführung einer Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle für Intermediäre diskutiert. Neben Prof. Dr. H.-Michael Korth, welcher die Position der ETAF und des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) vertrat, saß der Europaabgeordnete Alfred Sant von der S&D Fraktion. Herr Sant, welcher vor seiner Brüsseler Tätigkeit bereits Premierminister in Malta war, sah kein Problem im europäischen Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten. Daher sei er gegen eine Harmonisierung auf europäischer Ebene. Hier solle vielmehr durch die Regulierung und Sanktionierung von Intermediären auf nationaler Ebene dafür gesorgt werden, dass aggressive Steuergestaltung, welche durch die Planung der Intermediäre entstehe, illegalisiert wird. Die Anzeigepflicht, wie sie die EU-Kommission gerne einführen würde, sei nach seiner Auffassung nicht nötig, um aggressive grenzüberschreitende Steuergestaltungen zu bekämpfen. Prof. Korth vertrat eine differenziertere und die Praxis stärker betonende Sichtweise. Zunächst sei es wichtig, zwischen Steuerflucht und Steuervermeidung zu unterscheiden. Steuerflucht, wie in den Panama Papers und Paradise Papers beschrieben, sei illegal und 99.9 % der Intermediäre und Unternehmen seien in solche kritischen Modellen nicht involviert. Steuervermeidung hingegen sei Steuergestaltung und beinhalte somit Wahlrechte, nämlich die Wahl der Gestaltung der Steuerlast im Rahmen von bestehenden Gesetzen. Natürlich könne dies national wie international aber auch zu „unfairen“ Gestaltungsmodellen führen. Korth weiter: „Gerade weil der Intermediär dem Gesetz verpflichtet ist, kann eine Steuergestaltung nur innerhalb der geltenden Gesetze durchgeführt werden“. Die den legalen aber unfairen Gestaltungsmodellen zugrundeliegenden Gesetze, so Korth, legten aber die Mitgliedstaaten und somit die Politik fest. Hier müsse die Politik Klarheit schaffen und sollte vermeiden, unverhältnismäßig in das Berufsrecht von Intermediären einzugreifen. Der DStV habe hierzu bereits früh seine Position auf nationaler und europäischer Ebene veröffentlicht (vgl. Stellungnahme zur Anzeigepflicht).

In einem zweiten Panel diskutierten Valère Moutarlier, Direktor des Generaldirektorats für Steuern und Zollunion (TAXUD), WP/StB Hans-Joachim Oettinger, Vertreter des DStV in der Plattform für gute Besteuerung der EU-Kommission, Gabriele Annolino, Mitglied der ständigen Vertretung Italiens bei der EU und Virginie Rozière, Mitglied der S&D Fraktion im Europäischen Parlament. Das Thema lautete „Die Besteuerung in der digitalen Welt“. Generell wird hier auf europäischer Ebene zwischen kurzfristigen und langfristigen Lösungsmodellen für die Besteuerung der Digitalwirtschaft unterschieden (vgl. DStV Stellungnahme zur Besteuerung der Digitalwirtschaft).

Eröffnet wurde die Diskussion durch Valère Moutarlier, der betonte, dass es das oberste Ziel der EU-Kommission sei, schnell voranzukommen, um die Steuersysteme innerhalb der EU bestmöglich ins digitale Zeitalter zu manövrieren. Man müsse die 28 „nicht aufeinander abgestimmten Systeme“ unter einen Hut bringen. Jedoch könne eine nachhaltige Lösung in Bezug auf die Besteuerung der Digitalwirtschaft nicht ausschließlich durch kurzfristige Lösungsvorschläge, wie eine im Raum stehende „digitale Ausgleichssteuer“, erreicht werden. Vielmehr sah Moutarlier den Gesetzentwurf für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) als einzige wirkliche Maßnahme mit „Nutzen für den Binnenmarkt“. Die Legislativvorschläge für die GKKB müssten aber erst auf die Digitalwirtschaft angepasst werden. Zum Beispiel erfordere die Definition der Betriebsstätte im jetzigen Entwurf erst einmal einer Anpassung an die Besonderheiten der Digitalwirtschaft i. S. einer digitalen Präsenz und nicht einer physischen Präsenz. Oettinger ging noch einen Schritt weiter und mahnte, dass, bevor irgendeine Art von Besteuerung der Digitalwirtschaft, kurzfristiger oder langfristiger Art, eingeführt werde, zunächst die Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereiche klar definiert werden müssten. Dies sei unabdingbar, um beispielsweise Probleme mit Doppelbesteuerung zu vermeiden oder um kleine Unternehmen, die den digitalen Markt neu erschließen wollen (z. B. durch einen Online-Shop), vor einer Überbelastung zu schützen. Auch müsse eine kurzfristige Lösung immer an ein „Verfallsdatum“ gebunden sein. Hier verwies er auf die in Deutschland erhobene Sektsteuer, welche als „kurzfristige Steuer“ schon seit knapp 115 Jahren erhoben wird. In Antwort auf Valère Moutarlier mahnte Gabriele Annolino, dass eine europäische Lösung auch immer die globalen Auswirkungen im Blickfeld haben müsse. Man müsse eng mit der OECD zusammenarbeiten. Denn ein globaler „Steuerkuchen“ bedeute auch größere „Kuchenstücke“ an Steuereinnahmen für die Mitgliedstaaten. Zum Abschluss der Diskussion ging Virginie Rozière auf die wichtige Rolle von Whistleblowern ein. Sie stellte heraus, dass Whistleblower nicht einem der Wichtigkeit ihrer Meldungen angemessenen Schutz im europäischen Rechtsraum unterliegen: hier müsse die EU-Kommission nachziehen.

Im Rahmen der Diskussion im zweiten Panel offenbarte sich auch das Dilemma, in welchem die Europäischen Institutionen stecken. Zum einen stehen sie unter erheblichem politischen und zeitlichen Druck, Ergebnisse zu liefern, da im europäischen Steuersystem ein offensichtliches Vakuum existiert. Zum anderen ist z. B. die Besteuerung der Digitalwirtschaft keine Thematik, die leicht gelöst werden kann. Die Konferenz machte deutlich, dass der politische Wille, zu den Themen der Anzeigepflicht und der Besteuerung der Digitalwirtschaft voranzukommen, zwar überaus hoch ist, dass es jedoch noch an der nötigen Klarheit für das richtige Vorgehen fehlt. Auch wenn Direktor Moutarlier die Auffassung vertrat, dass das Einführen einer Steuer kein größeres Problem sei, so stellte er nicht klar, wie durchdacht und ausgearbeitet ein solches Gesetz in einem so kurzen Zeitrahmen sein kann. Negative Auswirkungen müssten dann seiner Auffassung nach „on-the-go“, also während der Anwendung, behoben werden. Auf die Frage, ob er denn auch in einem ungetesteten Prototyp mit 300 km/h auf der Autobahn fahren würde, blieb die Antwort aus.

Insgesamt bot die Veranstaltung der ETAF einen guten Ausblick auf die auf europäischer und internationaler Ebene zukünftigen Aufgaben. Sie ermöglichte es den regulierten steuerberatenden Berufen aber auch, ihre Positionen zu verdeutlichen und die Bedeutung seriöse Steuerberatung zu unterstreichen.

 Quelle: DStV, Mitteilung vom 11.12.2017

 

Umsatzsteuerbefreiung der Angebote zur Unterstützung im Alltag

Anpassung des § 4 Nr. 16 Buchst. g UStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 und das Dritte Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 23. Dezember 2016

Durch Artikel 1 Nr. 17 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes vom 17. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2222) wurden in § 45b SGB XI zum 1. Januar 2015 zusätzlich zu den niedrigschwelligen Betreuungsleistungen niedrigschwellige Entlastungsleistungen zur Deckung des Bedarfs hilfsbedürftiger Personen an Unterstützung im Haushalt aufgenommen. Dementsprechend wurde durch Artikel 12 Nummer 4 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. g UStG zum 1. Januar 2016 um niedrigschwellige Entlastungsleistungen, die durch Einrichtungen erbracht werden, deren Leistungen landesrechtlich nach § 45b SGB XI anerkannt oder zugelassen sind, erweitert.

Im Rahmen des Artikels 2 Nr. 29 des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2424) wurden zum 1. Januar 2017 die bisherigen „niedrigschwelligenBetreuungs- und Entlastungsangebote“ unter dem neuen Oberbegriff der „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ zusammengefasst. Die bisher in § 45b SGB XI enthaltene Ermächtigung der Länder über die Anerkennung der niedrigschwelligenBetreuungs- und Entlastungsangebote wird nun in § 45a SGB XI geregelt. Daher wurde § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. g UStG durch Artikel 11 des Dritten Pflegestärkungsgesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191) zum 1. Januar 2017 redaktionell entsprechend angepasst.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2017 – III C 3 – S-7168 / 08 / 10005 (2017/1010657) -, BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, Abschnitt 4.16.5 wie folgt geändert:

1. Absatz 12 und die vorangehende Zwischenüberschrift werden wie folgt gefasst:

Angebote zur Unterstützung im Alltag (§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe g UStG)

(12) 1Angebote zur Unterstützung im Alltag sind zum einen Angebote, in denen Helferinnen und Helfer unter pflegefachlicher Anleitung die Betreuung von Pflegebedürftigen mit allgemeinem oder mit besonderem Betreuungsbedarf in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen sowie pflegende Angehörige und vergleichbar nahestehende Pflegepersonen entlasten und beratend unterstützen (Betreuungsangebote sowie Angebote zur Entlastung von Pflegenden, § 45Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB XI). 2Das sind z. B. Betreuungsgruppen für Pflegebedürftige mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit geistigen Behinderungen oder mit psychischen Erkrankungen, Helferinnen- und Helferkreise zur stundenweisen Entlastung pflegender Angehöriger im häuslichen Bereich, die Tagesbetreuung in Kleingruppen oder die Einzelbetreuung durch anerkannte Helferinnen und Helfer oder familienentlastende Dienste. 3Angebote zur Unterstützung im Alltag sind zum anderen Angebote, die dazu dienen, die Pflegebedürftigen bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder im Haushalt, insbesondere der Haushaltsführung, oder bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen zu unterstützen (Angebote zur Entlastung im Alltag, § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI). 4Das sind z. B. Alltagsbegleiterinnen und -begleiter oder Angebote für haushaltsnahe Dienstleistungen.

2. Absatz 13 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter „niedrigschwelligen Betreuungsangebote“ durch die Wörter „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ ersetzt.

b) In Satz 2 werden die Wörter „niedrigschwellige Betreuungsangebote nach § 45b SGB XI“ durch die Wörter „Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45SGB XI“ ersetzt.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 durch Einrichtungen erbracht wurden, deren Leistungen landesrechtlich nach § 45b SGB XI als niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote bzw. nach § 45a SGB XI als Angebote zur Unterstützung im Alltag anerkannt oder zugelassen sind. Es wird nicht beanstandet, wenn, neben den bereits bislang nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. g UStG umsatzsteuerfreien niedrigschwelligen Betreuungsangeboten, auch die landesrechtlich nach § 45b SGB XI anerkannten oder zugelassenen niedrigschwelligen Entlastungsangebote, die vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015 erbracht wurden, unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. g UStG umsatzsteuerfrei behandelt werden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7172 / 09 / 10003 vom 08.12.2017

 

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Einrichtungsgegenständen

Mit Urteil vom 11. November 2015, V R 37/14, BStBl II 2017 S. xxxx, hat der BFH entschieden, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG auch die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude umfasst, wenn diese auf Dauer angelegt ist. Die Leistungen, die für die Nutzung einer gemieteten Immobilie nützlich oder sogar notwendig sind, können im jeweiligen Einzelfall entweder unabhängig von der Vermietung der Immobilie bestehen, Nebenleistungen darstellen oder von der Vermietung untrennbar sein und mit dieser eine einheitliche Leistung bilden. Die Feststellung, ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, beruht auf einer Tatsachenwürdigung im Einzelfall.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I Seite 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2017, – III C 3 – S-7170 / 11 / 10008 – (2017/099522), BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, in Abschnitt 4.12.1 wie folgt geändert:

1. Absatz 3 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 2 wird der bisherige Satz 2 des Absatzes 6 als neuer Satz 3 eingefügt und wie folgt gefasst:

3Die Steuerbefreiung erstreckt sich in der Regel auch auf mitvermietete oder mitverpachtete Einrichtungsgegenstände, z. B. auf das bewegliche Büromobiliar oder das bewegliche Inventar eines Seniorenheims (vgl. BFH-Urteil vom 11. 11. 2015, V R 37/14, BStBl 2017 II S. XXX); vgl. aber Abschnitt 4.12.10 zur Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen.“

b) Die bisherigen Sätze 3 bis 6 werden neue Sätze 4 bis 7.

2. In Absatz 5 wird der bisherige Satz 1 des Absatzes 6 als Satz 5 angefügt.

3. Absatz 6 wird gestrichen.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Soweit die Ausführungen in dem BMF-Schreiben vom 9. Dezember 2011 (Az. IV D 3 – 7360 / 11 / 10003, 2011/0990487) diesen Grundsätzen entgegenstehen, sind diese nicht mehr anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. Januar 2018 ausgeführt werden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschnitt 4.12.1 Abs. 3 Satz 3 (neu) UStAE umsatzsteuerpflichtig behandelt.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7168 / 08 / 10005 vom 08.12.2017

Mietzinsen für Ausstattungsgegenstände einer Filmproduktion sind gewerbesteuerlich hinzuzurechnen

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 25. Oktober 2017 (Az. 11 K 11196/17) entschieden, dass dem Gewinn aus Gewerbebetrieb eines Filmproduzenten die Aufwendungen anteilig hinzuzurechnen sind, die ihm für die Anmietung von Ausstattungsgegenständen für einzelne Filmproduktionen entstanden sind.

In dem zur Entscheidung stehenden Fall mietete die Klägerin für die Durchführung von Filmproduktionen zahlreiche Ausstattungsgegenstände wie etwa Kostüme, Requisiten und Kamerasysteme an, ohne dass ein Verschleiß während der in der Regel 30 Tage andauernden Dreharbeiten eintrat. Das Finanzamt rechnete dem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb die Mietaufwendungen anteilig wieder hinzu. § 8 Nr. 1 Buchstabe d Gewerbesteuergesetz – GewStG – sieht eine Hinzurechnung von einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vor, welche im Eigentum eines anderen stehen. Da gemietete Gegenstände mangels Eigentums nicht dem Betriebsvermögen des Mieters oder Pächters zugeordnet werden können, handelt es sich um eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen.

Die Klägerin machte dagegen geltend, dass die angemieteten Ausstattungsgegenstände bei ihr fiktives Umlaufvermögen seien, da diese nicht – wie es bei Anlagevermögen der Fall ist – dauerhaft ihrem Geschäftsbetrieb dienten. Sie wähle die einzelnen Ausstattungsgegenstände jeweils projektbezogen aus, wobei sie den Wünschen des Filmteams und den Vorgaben der Filmförderer folge. Wegen der schöpferischen Einzigartigkeit eines jeden Films sei eine Mehrfachverwendung von Ausstattungsgegenständen für verschiedene Filme ausgeschlossen. Die Gegenstände seien nach der Verwendung für eine Filmproduktion gewissermaßen verbraucht.

Das Gericht ist dem nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen, da die angemieteten Ausstattungsgegenstände als fiktives Anlagevermögen anzusehen seien. Die Klägerin benutze diese in ihrem Betrieb für die Herstellung eines konkreten Films, ohne dass ein Verbrauch stattfinde. Ohne Anmietung der einzelnen Gegenstände müsste die Klägerin in ihrem Betrieb ständig Ausstattungsgegenstände wie etwa Kostüme, Requisiten und Kamerasysteme vorhalten. Die nur zeitlich kurzfristige und einmalige Anmietung der konkreten Gegenstände stehe der Zuordnung zum fiktiven Anlagevermögen nicht entgegen. Insofern sei es grundsätzlich unerheblich, ob der Steuerpflichtige mehrmals denselben Gegenstand (wiederholt) oder mehrere (mehr oder weniger) vergleichbare Gegenstände anmiete oder pachte.

Im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung bei einer Durchführungsgesellschaft für Messebeteiligungen hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 08.12.2017 zum Urteil 11 K 11196/17 vom 25.10.2017

 

Umsatzbesteuerung von Dialyseleistungen

Änderung des Abschnitts 4.14.5 UStAE aufgrund der Einführung des § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. hh UStG durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (ZollkodexAnpG) vom 22. Dezember 2014

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7170 / 11 / 10008 vom 07.12.2017

Durch Artikel 9 Nummer 2 des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (ZollkodexAnpG) vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2417) wurde der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG erweitert. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Doppelbuchst. hh (neu) UStG sind seit dem 1. Januar 2015 auch Einrichtungen begünstigt, mit denen Verträge nach §§ 127 i. V. m. 126 Abs. 3 SGB V über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschnitt 4.14.5 Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017 – III C 2 – S-7124 / 07 / 10002 006 (2017/1007149) -, BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird im zweiten Spiegelstrich die Angabe „Doppelbuchstaben aa bis gg“ durch die Angabe „Doppelbuchstabe aa bis hh“ ersetzt.

b) In Satz 2 wird die Angabe „Doppelbuchstabe hh“ durch die Angabe „Doppelbuchstabe ii“ ersetzt.

2. Nach Absatz 22 wird folgende Zwischenüberschrift und folgender Absatz 22a eingefügt:

Dialyseeinrichtungen (§ 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 2 Doppelbuchstabe hh UStG)

(22a) Einrichtungen, die nicht bereits nach § 95 SGB V als Dialysezentren zugelassen sind, mit denen aber Verträge nach § 127 i. V. m. § 126 Abs. 3 SGB V über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen, sind mit ihren entsprechenden Dialyseleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 2 Doppelbuchstabe hh UStG von der Umsatzsteuer befreit.

3. In der Zwischenüberschrift vor Absatz 23 wird die Angabe „Doppelbuchstabe hh“ durch die Angabe „Doppelbuchstabe ii“ ersetzt.

4. In Absatz 23 Satz 2 UStAE die Angabe „Doppelbuchstabe hh“ durch die Angabe „Doppelbuchstabe ii“ ersetzt.

5. In Absatz 24 Satz 2 wird die Angabe „Doppelbuchstabe aa bis gg“ durch die Angabe „Doppelbuchstabe aa bis hh“ ersetzt.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 erbracht wurden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin