Niederlande wegen Mehrwertsteuerbefreiung bei Wassersportaktivitäten verklagt

Die EU-Kommission hat beim Gerichtshof der EU Klage gegen die Niederlande erhoben, da das Land der EU-Regelung über Mehrwertsteuerbefreiungen bei Wassersportaktivitäten nicht vollständig nachkommt.

Laut der Mehrwertsteuerrichtlinie sind Dienstleistungen, die gemeinnützige Organisationen im Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung erbringen, von der Mehrwertsteuer befreit.

In den Niederlanden wird diese Mehrwertsteuerbefreiung jedoch nur gewährt, wenn die betreffende gemeinnützige Organisation ausschließlich Freiwillige und keine fest angestellten Mitarbeiter beschäftigt. Nach Ansicht der EU-Kommission lässt die Mehrwertsteuerrichtlinie diese zusätzliche Bedingung nicht zu.

Andererseits gewähren die Niederlande eine Mehrwertsteuerbefreiung, wenn Wassersportorganisationen Liege- und Anlegeplätze für Boote verpachten, auch wenn die Nutzung nicht in Verbindung zu Wassersportaktivitäten steht. Nach Meinung der EU-Kommission geht diese Auslegung der Mehrwertsteuerbefreiung zu weit, und die Befreiung sollte sich lediglich auf die Verpachtung von Liege – oder Anlegeplätzen beziehen, die für Wassersportaktivitäten genutzt werden.

Die Kommission hat die Niederlande bereits in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme förmlich aufgefordert, den Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie nachzukommen, jedoch weigern sich die Niederlande, die Gesetzgebung zu ändern.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 25.09.2014

Änderungen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG)

Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften

Durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa i. V. m. Art. 28 Abs. 4 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften – KroatienG – vom 25.07.2014 (BGBl. I S. 1266) wird mit Wirkung vom 01.10.2014 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für Lieferungen von Mobilfunkgeräten sowie von integrierten Schaltkreisen (§ 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG) auf Lieferungen von Tablet-Computern und Spielekonsolen ergänzt.

Außerdem wird durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchstabe bb und Nr. 5 i. V. m. Art. 28 Abs. 4 KroatienG mit Wirkung vom 01.10.2014 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets erweitert (§ 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG).

Darüber hinaus wird durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb und cc i. V. m. Art. 28 Abs. 4 KroatienG mit Wirkung vom 01.10.2014 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Bauleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG) und Gebäudereinigungsleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG) geändert, um die Folgen der BFH-Urteile vom 22.08.2013, V R 37/10, BStBl II 2014 S. 128, und vom 11.12.2013, XI R 21/11, BStBl II 2014 S. 425, in der Praxis zu vermeiden.

Die bisherige Vereinfachungsregelung des Abschn. 13b.8 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses wird durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd i. V. m. Art. 28 Abs. 4 KroatienG mit Wirkung vom 01.10.2014 inhaltlich weitestgehend in § 13b Abs. 5 Satz 7 UStG aufgenommen und auf Bauleistungen sowie die Lieferung von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets erweitert.

Außerdem wird durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. ee i. V. m. Art. 28 Abs. 4 KroatienG mit Wirkung vom 01.10.2014 mit dem neuen § 13b Abs. 5 Satz 9 UStG klargestellt, dass bei Lieferungen von in § 13b Abs. 2 Nr. 2, 7 und 9 bis 11 genannten Gegenständen, wie Lieferungen von Schrott, Altmetallen und Abfall oder Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen oder Cermets, für die die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG vorliegen und der Unternehmer diese Regelung auch anwendet, der Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner wird. Die Anwendung der Steuerschuldnerschaft ist für den Leistungsempfänger in diesen Fällen de facto nicht möglich, weil er regelmäßig den Einkaufspreis der an ihn gelieferten Gegenstände nicht kennt und so die Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung nicht ermitteln kann.

I. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 01.10.2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 19.09.2014 – IV D 2 – S-7124 / 12 / 10001-02 (2014/0763346), BStBl I S. …, geändert worden ist, wird wie im Volltext aufgeführt geändert. (…)

Die Regelungen sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30.09.2014 ausgeführt werden.

II. Anwendungsregelungen

1. Anwendung
Die Erweiterung des § 13b Abs. 2 Nr. 10 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz UStG auf Lieferungen von Tablet-Computern und Spielekonsolen, die Einfügung des § 13b Abs. 2 Nr. 11 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz UStG sowie die Änderung in § 13b Abs. 5 Sätze 2 und 5 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 UStG ist auf Umsätze und Teilleistungen anzuwenden, die nach dem 30.09.2014 ausgeführt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG), sowie in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem 01.10.2014 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach dem 30.09.2014 ausgeführt wird (§ 13b Abs. 4 Satz 2, § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG).

(…)

2. Übergangsregelung für Lieferungen von Tablet-Computern, Spielekonsolen, Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets
Bei Lieferungen von Tablet-Computern, Spielekonsolen, Edelmetallen (mit Ausnahme der Lieferungen von Gold, soweit sie bereits vor dem 01.10.2014 unter § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG fielen), unedlen Metallen, Selen und Cermets, die nach dem 30.09.2014 und vor dem 01.01.2015 ausgeführt werden, ist es beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgegangen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird.

Dies gilt entsprechend auch in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 30. September 2014 und vor dem 1. Januar 2015 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird. Nummer 1.1 gilt entsprechend.

Den Volltext des Schreibens mit den entsprechenden Änderungen des Umsatzsteueranwendungserlasses und weiteren Anwendungsregelungen finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7279 / 14 / 10002 vom 26.09.2014

Erhebung von Jagdsteuer für die Arenberg Meppen GmbH rechtswidrig

Mit Urteil vom 23.09.2014 hat das Verwaltungsgericht Osnabrück der Klage der Arenberg Meppen GmbH, deren Alleingesellschafter eine gemeinnützige Stiftung ist (Stiftung Herzog-Engelbert-Charles und Herzogin Mathildis von Arenberg) – im Emsland bekannt als „Herzog“ – stattgegeben. Das Gericht hob die an die Klägerin gerichtete Jagdsteuerbescheide des Landkreises Emsland (Beklagter) aus dem Jahr 2013 für die Eigenjagden „Arenberg-Meyerei“, „Arenberg-Karlswald Nord“, „Arenberg-Eleonorenwald Wildpark“ und „Arenberg-Hengsteberg“ auf. Mit den Bescheiden war die Klägerin für die genannten Eigenjagdbezirke, die nicht verpachtet sind, sondern von angestellten Revierförstern bejagt werden, zu einer Jagdsteuer in Höhe von insgesamt etwa 1.400 Euro (Betrag für ein Jahr) herangezogen worden. Gegen diese Heranziehung hatte die Klägerin eingewendet, die Voraussetzungen für die Erhebung einer Jagdsteuer lägen schon nicht vor, da sie als GmbH keinen persönlichen Lebensbedarf habe. Sie verwende die Mittel ausschließlich zur Erfüllung gemeinnütziger Zwecke. Daher sei sie einer Kommune gleichzustellen, die ebenfalls aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit nicht zur Jagdsteuer herangezogen werde.

Dem Einwand folgte das Gericht. Es führte in seiner Urteilsbegründung aus, dass die Erhebung einer Jagdsteuer zwar grundsätzlich zulässig sei, diese aber nicht von der Klägerin als GmbH erhoben werden könne. Bei der Jagdsteuer handele es sich um eine Aufwandssteuer, die eine in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Konsumfähigkeit besteure. Daran fehle es bei der Klägerin aber, da sie als GmbH keinen persönlichen Lebensbedarf habe. Missbrauchsmöglichkeiten durch Zwischenschaltung einer GmbH sieht das Gericht durch die Regelungen der Abgabenordnung weitgehend ausgeschlossen.

Das Urteil (Az. 1 A 212/13) ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat die Berufung zum Nds. Oberverwaltungsgericht zugelassen.

Quelle: VG Osnabrück, Pressemitteilung vom 25.09.2014 zum Urteil 1 A 212/13 vom 23.09.2014

Start-ups sollen Informationen aus einer Hand erhalten

Studie zum Erfüllungsaufwand von Unternehmensgründungen veröffentlicht

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 26.09.2014 die Studie „Erfüllungsaufwand im Bereich Betriebsgründung – Ablauf von der Geschäftsidee bis zum ersten Umsatz“ veröffentlicht. Gemeinsam haben Bundesregierung, Länder und Wirtschaft darin Möglichkeiten untersucht, Unternehmensgründungen zu vereinfachen. In der Studie wird der in der Gründungsphase von den Gründerinnen und Gründern zu leistende Erfüllungsaufwand untersucht, d. h. der gesamte messbare Zeitaufwand und die Kosten für Anzeigepflichten wie etwa der Gewerbeanmeldung oder der steuerlichen Anmeldung. Nach der Studie beträgt der durchschnittliche Erfüllungsaufwand ca. zwei Stunden bzw. 95 Euro pro Gründung. Der ermittelte Aufwand ist zwar im Vergleich zum Gesamtaufwand der Gründerinnen und Gründer – u. a. für die Entwicklung eines nachhaltigen Geschäftskonzepts, die Realisierung der Finanzierung und den Aufbau des Kundenstamms – gering. Jährlich ist dieser Aufwand aber von über 300.000 Gründerinnen und Gründern zu erbringen, so dass Vereinfachungen einen Masseneffekt entfalten und mit spürbaren Entlastungen verbunden sind.

Gabriel: „Gründerinnen und Gründer sollen sich auf ihr Geschäft konzentrieren und nicht mit Formularen und Behörden unnötig Zeit verschwenden. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, den Aufwand bei der Gründung eines Start-ups zu reduzieren: durch einheitliche Anlaufstellen, digitale Behördenkommunikation sowie transparentere Informationen über die verschiedenen Unterstützungsangebote. Start-ups sollen Informationen konsequent aus einer Hand erhalten und auch die Anmeldungen gebündelt vornehmen können. Allein dadurch ließe sich nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes der Erfüllungsaufwand einer Gründung um ca. 28 Prozent senken.“

Das Projekt „Erfüllungsaufwand im Bereich Betriebsgründung“ hat den administrativen Aufwand im Gründungsprozess von der Geschäftsidee bis zum ersten Umsatz in typischen Gründungsfällen untersucht. Betrachtet wurden dabei die Branchen, in denen etwa zwei Drittel aller Gründungen stattfinden (Baugewerbe, Handel, Gastgewerbe sowie sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen). Untersucht wurden zwei Szenarien (keine einheitliche Anlaufstelle im Vergleich zu einer einheitlichen Anlaufstelle für sämtliche Prozessschritte). Beide Szenarien wurden mit dem im Projekt ermittelten Erfüllungsaufwand verglichen.

Die Untersuchung identifiziert konkrete Handlungsfelder, in denen spürbare Entlastungen der Gründerinnen und Gründer möglich sind. Ein Handlungsfeld für Verbesserungen ist das Informationsangebot. Hier wünschten sich die befragten Gründerinnen und Gründer mehr Transparenz und einen besseren Zugang zu Unterstützungsleistungen. Weitere Hebel zur Verringerung des Erfüllungsaufwands bei Gründungen sind einheitliche Anlaufstellen und die Bündelung von administrativen Prozessschritten. Gerade durch geringere Wege- und Wartezeiten wird der Aufwand für die Gründung eines Start-ups erleichtert. Weitere Erleichterungen sind durch die Ausweitung der digitalen Kommunikation mit und zwischen Behörden möglich.

Das BMWi wird gemeinsam mit den Ländern und Kammern eine Strategie entwickeln, wie die bestehenden „Einheitlichen Ansprechpartner“ unternehmensfreundlicher ausgestaltet werden können. Am 09.10.2014 findet dazu im BMWi eine Konferenz „Einheitlicher Ansprechpartner 2.0“ statt.

An dem Projekt waren neben dem BMWi die Geschäftsstelle Bürokratieabbau im Bundeskanzleramt, der Nationale Normenkontrollrat, das Statistische Bundesamt, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Zentralverband des Deutschen Handwerks sowie die Bundesländer Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Sachsen und Thüringen beteiligt.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BMWi.

Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 26.09.2014

Berechnung von Gebühren bei Anlagegeschäften

Gebühren können bei Anlagegeschäften nur berechnet werden, wenn darauf vor Vertragsschluss in deutlicher Art und Weise hingewiesen worden ist.

Die Klägerin aus Hammelburg und ihr Ehemann schlossen im Januar 2011 einen Ratenkauf-, Kauf- und Lagervertrag mit der Beklagen, einer Edelmetallhändlerin, ab. Die beiden verpflichteten sich, jeweils 80 Euro im Monat für die Dauer von 10 (Ehefrau) bzw. 20 (Ehemann) Jahren auf das Depot einzuzahlen. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten vom 01.03.2011 bis 01.03.2013 jeweils insgesamt 1.920 Euro, der Ehemann außerdem zusätzlich einen Einmalbetrag von 2.036,93 ein. Das Ehepaar hat damit insgesamt 5.876,93 Euro als Geldanlage investiert. Der Versicherungsvertreter des Ehepaars hatte zu dieser Geldanlage geraten. Bei dem Anlagemodell sollte für die einbezahlte Geldsumme jeweils Edelmetall in Form von Gold und/oder Silber erworben werden, was dann eingelagert wurde. Einen Prospekt oder Katalog über das Anlagemodell hat das Ehepaar nicht ausgehändigt bekommen. Über etwaige Depot- oder Abschlussgebühren wurde es nicht aufgeklärt. Die von der Edelmetallhändlerin an das Ehepaar übersandten Schreiben enthalten keinen Hinweis auf etwaige Allgemeine Geschäftsbedingungen.

Mit Schreiben vom 06.03.2013 kündigte das Ehepaar die beiden Anlagedepots mit sofortiger Wirkung und forderte von der Beklagten die Auszahlung der einbezahlten Beträge. Die Beklagte erstattete daraufhin dem Ehepaar 933,42 Euro. Den Rest verrechnete sie mit Gebühren. Die Edelmetallhändlerin macht geltend, dass vertraglich vereinbarte Gebühren in Höhe von 4.943,51 Euro entstanden und von dem Ehepaar an sie zu zahlen sind. Das Ehepaar fordert nunmehr auch den Restbetrag in Höhe von 4.943,51 Euro zurück.

Die Richterin am Amtsgericht München gab dem Ehepaar Recht und verurteilte die Edelmetallhändlerin zur Zahlung von 4.943,51 Euro. Das Ehepaar durfte den Vertrag nach den gesetzlichen Regelungen des Geschäftsbesorgungsvertrages kündigen. Für die Geldanlage muss das Ehepaar keine Gebühren bezahlen. Das Gericht stellt fest, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, in denen die Gebühren geregelt sind, nicht Vertragsinhalt geworden sind, da sie in den Vertragsformularen nicht enthalten waren.

Aber selbst wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Pflicht zur Zahlung der Gebühren Vertragsinhalt geworden wären, könnte das Ehepaar das gesamte Geld zurückverlangen. Das Gericht führt aus, dass bei den Vertragsverhandlungen über Anlagegeschäfte die Anlagevermittler bzw. die Anlageunternehmen verpflichtet sind, die Anleger vollständig und zutreffend über das langfristige Anlagemodell zu unterrichten. In dem nunmehr entschiedenen Fall waren die Gebührenansprüche ungewöhnlich hoch, da sie die Anlage im Falle einer vorzeitigen Kündigung als wirtschaftlich völlig sinnlos erscheinen lassen. Auf diesen aufklärungsbedürftigen Umstand hat die Beklagte oder der Anlagevermittler das Ehepaar nicht hingewiesen. Die Beklagte hätte ungefragt über diesen Punkt ihres Produkts vor Abschluss des Vertrages aufklären müssen oder zumindest dem Ehepaar rechtzeitig vor Abschluss des Vertrages diese Information in deutlicher Art und Weise zukommen lassen müssen. Die Beklagte hat daher eine Pflichtverletzung bei Vertragsschluss begangen und muss dem Ehepaar den Anlageschaden zurückzahlen. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird vermutet, dass der Anleger bei zutreffender Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: AG München, Pressemitteilung vom 26.09.2014 zum Urteil 122 C 4188/14 vom 31.07.2014 (nrkr)

Klage gegen Deutschland wegen Vorschriften zur MwSt-Erstattung für Marktbeteiligte aus Nicht-EU-Ländern

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland wegen seiner Vorschriften für MwSt-Erstattungsanträge, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil sich diese Vorschriften auf Marktbeteiligte aus Nicht-EU-Ländern diskriminierend auswirken.

Nach deutschem MwSt-Recht müssen Steuerpflichtige, die außerhalb der EU ansässig sind, ihren Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen persönlich unterschreiben.

Dagegen können in Deutschland ansässige Marktbeteiligte einem Dritten die Vollmacht zur Unterzeichnung und Einreichung ihres MwSt-Erstattungsantrags erteilen.

Nach Auffassung der Kommission verstößt diese Anforderung an Marktteilnehmer aus Drittländern gegen die Grundsätze der Wirksamkeit, der Verhältnismäßigkeit und der Gleichwertigkeit des EU-Rechts. Es gibt im EU-Recht keine Bestimmung, dass Antragsformulare für die Erstattung der Mehrwertsteuer persönlich zu unterschreiben sind. Außerdem kann es durch die Vorschrift, dass Marktbeteiligte aus Nicht-EU-Ländern (im Gegensatz zu Marktbeteiligten in der EU) die Anträge persönlich unterschreiben müssen, für nicht in der EU ansässige Marktbeteiligte außerordentlich schwierig werden, eine MwSt-Erstattung zu erhalten. Nach Auffassung der Kommission ließe sich das erklärte Ziel Deutschlands, Steuerhinterziehung zu bekämpfen und ein ordnungsgemäßes Erstattungsverfahren sicherzustellen, auf andere Weise – wie z. B. durch die Benennung eines Steuervertreters – erreichen.

Die Kommission hat im September 2012 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Deutschland gerichtet, in der Deutschland aufgefordert wurde, die einschlägigen Vorschriften zu ändern (vgl. MEMO/2012/708). Die deutschen Behörden haben ihre Vorschriften aber nicht an das EU-Recht angepasst.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 25.09.2014

Elterngeld soll flexibler werden

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will den Bezug von Elterngeld bei gleichzeitiger Teilzeitarbeit flexibler gestalten und ausbauen. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/2583) zur Einführung des sog. „Elterngeld Plus“ mit einem Partnerschaftsmodus vor. Zudem sollen sich Eltern die Elternzeit insgesamt flexibler einteilen können.

Mit dem Gesetz sollen ab dem 1. Januar 2015 jene Elternpaare unterstützt werden, die sich partnerschaftlich um die Kinderbetreuung kümmern und zugleich über eine Teilzeitbeschäftigung ins Berufsleben zurückkehren wollen. Nach den Plänen der Regierung sollen Eltern das Elterngeld Plus bei gleichzeitiger Teilzeitarbeit doppelt so lange beziehen können wie das bisherige Elterngeld. Bislang war eine Kombination aus Elterngeld und Teilzeit zwar auch schon möglich, der Lohn aus der Teilzeitbeschäftigung minderte jedoch die Höhe des ausgezahlten Elterngeldes ohne dass sich deswegen die Bezugsdauer verlängert hätte. Zudem soll sich die Bezugsdauer des Elterngeld Plus durch die Einführung eines Partnerschaftsmodus um weitere vier Monate für jeden Elternteil verlängern, wenn beide pro Woche einer Teilzeitbeschäftigung von 25 bis 30 Stunden nachgehen. Elterngeld, Elterngeld Plus und der Partnerschaftsmodus sollen sich außerdem kombinieren lassen.

Auch die Elternzeit soll nach dem Willen von Ministerin Schwesig zukünftig flexibler werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Eltern nicht nur wie bisher bis zum dritten Geburtstag des Kindes eine unbezahlte Auszeit aus dem Berufsleben nehmen können, sondern auch eine unbezahlte Auszeit von bis zu 24 Monaten zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes. Diese Auszeit soll dann in drei statt wie bisher zwei Zeitabschnitte aufgeteilt werden können.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 25.09.2014

Steuerbefreiung des INVEST-Zuschusses verbessert Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups

Das Bundeskabinett hat am 24.09.2014 beschlossen, den INVEST-Zuschuss für Wagniskapital von den Ertragsteuern zu befreien. Die steuerrechtliche Regelung ist Teil des Regierungsentwurfes eines „Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“, dem das Kabinett auf Vorschlag des Bundesministeriums der Finanzen am 24.09.2014 zugestimmt hat.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel: „Mit INVEST möchten wir mehr private Investoren dafür gewinnen, an Start-ups zu glauben und deren Ideen finanziell und mit Rat und Tat zu unterstützen. Gleichzeitig erleichtern wir jungen innovativen Unternehmen den Zugang zu dringend benötigtem Wagniskapital. Mit der Steuerbefreiung gewinnt INVEST weiter an Attraktivität. Denn jetzt ist die Unsicherheit genommen, dass der Investor einen Teil des Zuschusses wieder ans Finanzamt abführen muss. Die Steuerbefreiung ist gleichzeitig ein erster Schritt in der Umsetzung des Koalitionsvertrags zur Stärkung von Wagniskapital in Deutschland.“

Die steuerrechtliche Regelung soll rückwirkend auch für das Jahr 2013 und damit für alle bislang ausgezahlten INVEST-Zuschüsse gelten. Das parlamentarische Verfahren wird voraussichtlich bis Anfang 2015 abgeschlossen sein.

Mit INVEST erhalten private Investoren 20 Prozent ihrer Eigenkapital-Investition erstattet. Voraussetzung ist, dass sie sich mit mindestens 10.000 Euro an jungen innovativen Unternehmen beteiligen und die Beteiligung mindestens drei Jahre halten. INVEST verringert damit das Investitionsrisiko der Business Angels und verbessert gleichzeitig die Chancen der Unternehmen, einen Wagniskapital-Investor zu finden. Jeder Investor kann pro Kalenderjahr Zuschüsse für Beteiligungen in Höhe von bis zu 250.000 Euro erhalten. Pro Unternehmen können Anteile mehrerer Investoren im Wert von insgesamt bis zu 1 Million Euro pro Kalenderjahr bezuschusst werden.

INVEST ist im Mai 2013 gestartet. Bislang wurden mehr als 600 Business Angel-Investitionen gefördert und über 45 Millionen Euro an Wagniskapital für Start-ups mobilisiert. Für die Umsetzung der Maßnahme ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BMWi.

Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 24.09.2014

Keine Steuerbefreiung bei letztwilliger Zuwendung eines Wohnrechts

Keine Steuerbefreiung bei letztwilliger Zuwendung eines Wohnrechts

Ein steuerbegünstigter Erwerb eines Familienheims liegt nur vor, wenn der länger lebende Ehegatte endgültig zivilrechtlich Eigentum erwirbt.

Hintergrund
A wurde von ihrem Ehemann E neben dessen beiden Kindern aus erster Ehe zu einem Drittel als Miterbin eingesetzt. Zum Nachlass gehörte ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück. Entsprechend den testamentarischen Verfügungen des E wurde das Eigentum jeweils zur Hälfte an die beiden Kinder übertragen und der A unentgeltlich ein lebenslanges, dinglich gesichertes Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht an der in dem Haus befindlichen Wohnung eingeräumt, die die Eheleute gemeinsam bewohnt hatten.

Das Finanzamt ging bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer davon aus, die Steuerbefreiung für Familienheime sei auf den Erwerb von bloßen Wohnungsrechten nicht anwendbar. Die Regelung setze voraus, dass der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner das „Eigentum oder Miteigentum“ an der Immobilie erwerbe. Das Finanzamt bezog daher den Kapitalwert des der A eingeräumten Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts in die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs ein. Dem folgte das Finanzgericht unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut und wies die Klage ab.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof ist ebenfalls der Auffassung, dass ein von der Erbschaftsteuer befreiter Erwerb eines Familienwohnheims von Todes wegen nur vorliegt, wenn der länger lebende Ehegatte endgültig zivilrechtlich Eigentum oder Miteigentum an der Immobilie erwirbt. Die letztwillige Zuwendung eines Wohnrechts ist nicht begünstigt.

Der Bundesfinanzhof verweist auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut. Dass A die Wohnung weiterhin nutzt, ist unerheblich. Eine Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut lehnt der Bundesfinanzhof ab. Denn nach dem Gesetzeszweck soll nur derjenige in den Genuss der Steuerbefreiung kommen, der endgültig das Eigentum erhält. Das folgt auch aus der Vorschrift, die den Wegfall der Steuerbefreiung für den Fall vorsieht, dass der überlebende Ehegatte das Familienheim aufgrund einer Verfügung des Erblassers auf einen Dritten oder im Rahmen der Nachlassteilung auf einen Miterben überträgt.

Mieter muss Fotografieren in der Wohnung nicht dulden

Mieter muss Fotografieren in der Wohnung nicht dulden

Der Mieter einer Wohnung muss es nicht dulden, dass der Vermieter Fotos in der Wohnung macht, um diese in eine Anzeige im Internet einzustellen.

Hintergrund
Die Eigentümerin einer Wohnung beabsichtigt, diese zu verkaufen. Die Eigentumswohnung ist vermietet. Die Eigentümerin möchte in der Wohnung Fotos machen, um diese für ein Exposé und eine Anzeige im Internet zu verwenden. Der Mieter lehnt das Fotografieren seiner Wohnräume ab.

Die Eigentümerin meint, ohne Bilder aus der Wohnung sei es ihr nicht möglich, die Wohnung in zeitgemäßer Weise zu verkaufen.

Entscheidung
Der Mieter muss es nicht dulden, dass die Eigentümerin Fotos in der Wohnung macht.

Duldungspflichten des Mieters sind mit Ausnahme von der Modernisierung nicht gesetzlich normiert. Ein Duldungsanspruch kann sich allein aus § 535 BGB ergeben. Bei den Duldungspflichten sind die Rechte und Interessen der Vertragsparteien zu berücksichtigen und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

Auf der einen Seite steht das Eigentumsrecht der Vermieterin. Hierzu gehört auch das Recht der Veräußerung. Auf der anderen Seite stehen das Besitzrecht des Mieters, sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Diese Interessen sind gegeneinander abzuwägen.

Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Vermieterin den unmittelbaren Besitz an der Wohnung durch die Vermietung freiwillig aufgegeben hat. Außerdem ist der Eingriff in die Privatsphäre des Mieters durch die Veröffentlichung von Bildern im Internet nicht unerheblich. Bilder aus der Wohnung erlauben einen Einblick in die grundrechtlich geschützte Wohnung des Mieters und seiner Familie, obgleich hierin gerade der grundrechtlich geschützte Rückzugsraum zu sehen ist.

Wohnung ist auch ohne Bilder verkäuflich
Demgegenüber weist der Eingriff in das Verwertungsrecht eine geringere Intensität auf. Auch wenn heute viele Wohnungen im Internet angeboten werden, ist eine Wohnung nicht deshalb fast unverkäuflich, wenn diese nicht mit Bildern im Internet inseriert wird. Auch im Internet werden Wohnungen nur mit Außenansichten und Grundrissen angeboten. Schließlich ist es nach wie vor üblich, dass Wohnungen in Zeitungen oder bei Maklern und nicht im Internet inseriert werden. Hinzu kam noch, dass es nach eigenen Angaben der Vermieterin schon Interessenten für die Wohnung gab.

Insgesamt haben hier die Interessen des Mieters Vorrang. Denn dieser würde durch die Fertigung und insbesondere Veröffentlichung der Fotos in seiner Privatsphäre nicht unerheblich betroffen, während die Vermieterin lediglich geringfügig in ihrem Eigentum eingeschränkt wird. Ob die Abwägung anders zu treffen wäre, wenn die Fotos lediglich für ein auf Papier in kleiner Stückzahl gedrucktes Exposé gefertigt werden sollten, kann hier dahinstehen.

Die Besichtigung der Wohnung durch Kaufinteressenten muss der Mieter hingegen dulden.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin