Vordruckmuster USt 1 TG für den Nachweis zur Steuerschuldnerschaft des Leistungs-empfängers bei Bauleistungen und/oder Gebäudereinigungsleistungen

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7279 / 10 / 10004 vom 01.10.2014

  1. Neubekanntgabe des Vordruckmusters

    Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

    1. Werden Bauleistungen und/oder Gebäudereinigungsleistungen von einem im Inland ansässigen Unternehmer nach dem 30. September 2014 im Inland erbracht, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 und/oder Nr. 8 Satz 1 UStG verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt (§ 13b Abs. 5 Satz 2 und 5 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 und 8 UStG i. d. F. von Art. 8 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb und cc des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014 [BGBl. I S. 1266]). Davon ist auszugehen, wenn ihm das nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Bescheinigung darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der derartige Leistungen erbringt. Für diesen Nachweis durch die Finanzämter wird das Vordruckmuster

      USt 1 TG – Nachweis zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bau- und/oder Gebäudereinigungsleistungen –

      neu bekannt gegeben (Anlage). Es ersetzt das mit BMF-Schreiben vom 26. August 2014 – IV D 3 – S-7279 / 10 / 10004 (2014/0632681) – (BStBl I S. 1216) neu bekannt gegebene Vordruckmuster. Das vorgenannte BMF-Schreiben wird aufgehoben.

    2. Die Änderungen gegenüber dem bisherigen Vordruckmuster beruhen auf redaktionellen Anpassungen und der Aufnahme einer Rechtsbehelfsbelehrung.
    3. Der Nachweis nach dem Vordruckmuster USt 1 TG ist auf Antrag auszustellen, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind. Er kann auch von Amts wegen erteilt werden, wenn das zuständige Finanzamt feststellt, dass die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
    4. Die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung ist auf längstens drei Jahre zu beschränken. Die Bescheinigung kann nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden. Wenn die Bescheinigung durch das Finanzamt widerrufen oder zurückgenommen wurde, darf sie der Unternehmer nicht mehr verwenden.
    5. Hat das Finanzamt dem Unternehmer einen Nachweis nach dem Vordruckmuster USt 1 TG ausgestellt, ist er auch dann als Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er diesen Nachweis gegenüber dem leistenden Unternehmer nicht – im Original oder in Kopie – verwendet. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus Abschnitt 13b.3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses.
    6. Der Vordruck ist auf der Grundlage des unveränderten Vordruckmusters herzustellen.
  2. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

    Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden in Abschnitt 13b.3 Abs. 3 Satz 1 und Abschnitt 13b.5 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 26. September 2014 – IV D 3 – S-7279 / 14 / 10002 (2014/0847817) -, BStBl I S. xxxx, geändert worden ist, jeweils die Angabe „26. 8. 2014, BStBl S. 1216,“ durch die Angabe „1. 10. 2014, BStBl I S. xxxx,“ ersetzt.

Die Regelungen dieses Schreibens sind ab dem Tag dieses Schreibens anzuwenden.

Das Vordruckmuster finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF

Steuerbefreiung podologischer Behandlungen auch ohne ärztliche Verordnung

Mit Urteil vom 5. Februar 2014 (Az. 4 K 75/12) hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass die von Podologen erbrachten Leistungen der medizinischen Fußpflege auch dann nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei sein können, wenn sie nicht aufgrund einer ärztlichen Verordnung erfolgen.

Im Streitfall erbrachte eine GbR, deren Gesellschafterinnen zwei Podologinnen waren, Leistungen der medizinischen Fußpflege, die nur teilweise auf der Grundlage ärztlicher Verordnungen durchgeführt wurden. Zwischen den Beteiligten war nur die Steuerbefreiung der Leistungen streitig, für die keine ärztliche Verordnung vorlag. Die Behandlung erfolgte in diesen Fällen aufgrund von Vorerkrankungen der jeweiligen Patienten, nach denen die Patienten folgenden Kategorien zuzuordnen waren: Bluter (Nr. 1), Chemotherapie (Nr. 2), Cortison (Nr. 3), Diabetes (Nr. 4), Durchblutungsstörungen/pAVK (Nr. 5), Hühneraugen (Nr. 6), Immunsuppressiv (Nr. 7), Marcumar (Nr. 8), Nagelpilz (Nr. 9), Neurodermitis (Nr. 10), Neuropathie/Polyneuropathie (Nr. 11), Rheuma (Nr. 12), Schuppenflechte (Nr. 13), Rollnägel (Nr. 14), Arthrose (Nr. 15), Hüftoperation (Nr. 16), pathologischer Zustand (Nr. 17), Prävention (Nr. 18).

Der 4. Senat sah den überwiegenden Teil der streitigen Leistungen der medizinischen Fußpflege als steuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG an, für deren Erbringung die Gesellschafterinnen der Klägerin über die erforderliche berufliche Qualifikation verfügten. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG werde hierbei entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in den Verwaltungsvorschriften für arztähnliche Leistungen von Podologen nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese Leistungen nicht aufgrund einer ärztlichen Verordnung erfolgen, da der für die Steuerbefreiung erforderliche therapeutische Zweck dieser Leistungen auch in anderer Weise nachgewiesen werden könne. Im Streitfall gelangte der Senat aufgrund eines von der Klägerin eingeholten ärztlichen Gutachtens und der ergänzenden Erläuterungen zu den einzelnen Vorerkrankungen zur Überzeugung, dass eine steuerfreie Heilbehandlung zum einen in den Fällen vorlag, in denen die medizinische Fußpflege zur Behandlung einer Erkrankung am Fuß des Patienten durchgeführt wurde (Kategorien Nr. 6, 9, 12-14 und 16). Bei den Patienten mit anderweitigen (Risiko-) Erkrankungen (Kategorien Nr. 1-3, 5, 7-8, 11 und 15) ergab sich der therapeutische Zweck daraus, dass die podologische Behandlung infolge der mit der Erkrankung verbundenen verminderten Durchblutung und Schmerzlosigkeit des Fußes, der hohen Infektionsgefährdung oder den Risiken schwer stillbaren Blutungen bei Verletzungen der Vorbeugung von Gesundheitsstörungen diente. Soweit die Leistungen medizinischer Fußpflege allein zur Prävention von Fußkomplikationen erbracht wurden (Kategorie Nr. 18), fehlte es mangels unmittelbaren Krankheitsbezugs an einem therapeutischen Zweck der Behandlungen. Der Senat konnte die Steuerbefreiung der Umsätze aus den verbleibenden Leistungen (Kategorien Nr. 4, 10, 17-18) im Ergebnis jedoch offen lassen, da diese Umsätze der Kleinunternehmerbesteuerung des § 19 UStG unterfielen.

Der Senat hat die Revision zugelassen; das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 13/14 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 30.09.2014 zum Urteil 4 K 75/12 vom 05.02.2014 (nrkr – BFH-Az.: XI R 13/14)

FG Thüringen: Spendierter Skiausflug stellt Werbungskosten dar

Lädt ein leitender Angestellter, dessen Bezüge sich aus einem Fix- und einem erfolgsabhängigen Gehalt zusammensetzen, Mitarbeiter zu Motivationszwecken zum Skifahren ein, sind die Kosten als Werbungskosten abzugsfähig. Das hat das FG Thüringen entschieden. |

 Der Werbungskostenabzug solcher Aufwendungen setzt voraus, dass die Motive für die Einladung nachweislich beruflicher Natur sind. Dazu müssen die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung erbracht werden. Im konkreten Fall (angestellter Chefarzt) waren folgende Merkmale dafür verantwortlich, dass das FG die ausschließlich berufliche Veranlassung bejahte (FG Thüringen, Urteil vom 9.10.2013, Az. 3 K 306/12;):

  • Es hatten keine Familienangehörigen des Einladenden und der Mitarbeiter an der Skifreizeit teilgenommen.
  • Die Teilnahme war allen Mitarbeitern/Kollegen angeboten worden.
  • Die Kosten hatten sich im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegt.

 

QUELLE: IWW AUSGABE 10 / 2014

Thüringer Finanzgericht

Aktenzeichen: 3 K 306/12
– rechtskräftig –
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
prozessbevollmächtigt:
gegen Finanzamt
– Beklagter –
wegen Einkommensteuer 2007
hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung am 9. Oktober 2013 für Recht erkannt:
1. Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 17.06.2009 in der Fassung des Ände-rungsbescheids vom 01.09.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.03.2012, dieser in Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.07.2013, wird da-hingehend geändert, dass die Einkommensteuer 2007 unter Berücksichtigung weite-rer Werbungskosten aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Höhe von 882 Euro niedri-ger festgesetzt wird.
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2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen des Klägers in Höhe von 882 Euro für die Stornierung einer im Streitjahr geplanten, aber nicht stattgefundenen „Skifreizeit“ mit seinen Mitarbeitern als Wer-bungskosten aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.
Die Kläger erzielten im Streitjahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Ein-künfte.
Der Kläger ist Chefarzt einer Klinik für Kardiologie. Unter seiner Leitung arbeiten ca. 130 Mit-arbeiter der Klinik für Kardiologie. Es handelt sich um Ärzte, Pflegepersonal, Mitarbeiter im Funktionsdienst, Sekretariat etc. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Chefarzt hat der Kläger im Jahr 2007 brutto 282.085,49 € verdient. In dieser Summe waren Tantiemen in Höhe von 147.813,07 € enthalten. Auf den Anstellungsvertrag wird im Einzelnen verwiesen.
Der Kläger unternimmt, ohne Begleitung seiner Familie, regelmäßig einmal im Jahr, wie dies auch im Streitjahr geplant war, einen Skiurlaub mit seinen Mitarbeitern (Oberärzten, Assis-tenzärzten, Pflegepersonal, Mitarbeitern aus den Funktionsbereichen). Es fahren nur Mitar-beiter der Klinik für Kardiologie mit, nicht deren Angehörige oder Freunde. Der Kläger reser-viert vorsorglich in aller Regel 15 Doppelzimmer. Der Ablauf ist regelmäßig gleich:
Freitags: Abfahrt mit dem Bus gegen 15.00 Uhr, Ankunft im Urlaubsort gegen 18.00 Uhr, dann nach Bezug der Zimmer, gemeinsames Kegeln, Bowlen etc.
Samstags: Nach dem gemeinsamen Frühstück von 9.00 bis 16.00 Uhr gemeinsames Skifah-ren (Alpin oder Langlauf) oder, wer nicht Ski fährt, Winterwanderung, abends wieder ge-meinsames Abendessen und anschließend in der Regel Nachtwanderung zurück ins Hotel.
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Sonntags: Nach dem gemeinsamen Frühstück wieder von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr gemein-sames Ski fahren, Alternativ wie Samstag, Abfahrt nach Hause gegen 15.00 Uhr.
Für das Jahr 2007 fand der Skiausflug aus Termin- und Witterungsgründen nicht statt, so-dass vom Reiseveranstalter 882 € Ausfallentschädigung in Rechnung gestellt wurden. Im nachfolgenden Jahr 2008 wurden davon 441 € als Gutschrift in Anrechnung gebracht. In den Stornierungskosten sind auch die Kosten des Klägers enthalten.
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Chefarzt machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklä-rung für das Streitjahr 2007 Stornierungskosten für einen Mitarbeitermotivationsausflug in Höhe von 882 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Storniert wurde It. Beleg die Leistung „Busmietung“ bei der Busfirma.
Im Rahmen des Einkommensteuerbescheides 2007 vom 17.06.2009 versagte der Beklagte den Werbungskostenabzug.
Auch in den dem Streitjahr folgenden Veranlagungszeiträumen machte der Kläger in seinen jeweiligen Einkommensteuererklärungen Kosten für einen Betriebsausflug zur Mitarbeitermo-tivation als Werbungskosten geltend. Dabei handelte es sich z.B. im Kalenderjahr 2008 um Aufwendungen in Höhe von 4.811,95 € und im Kalenderjahr 2009 um Kosten in Höhe von 6.552,40 €. Für die Jahre 2008 und 2009 liegen dem Finanzamt noch offene Rechtsbehelfs-verfahren vor, die im Hinblick auf den hiesigen Rechtsstreit ruhen.
Nach erfolglosem Einspruch verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Klage weiter und macht geltend:
Aufgrund der Gehaltsvereinbarungen sei der Kläger auf den besonderen persönlichen Ein-satz seiner Mitarbeiter angewiesen. Der jährliche Skiurlaub, der auch für 2007 vorgesehen gewesen sei, habe den Sinn einer zusätzlichen Motivation, um die Atmosphäre im Team zu fördern, wodurch die Leistungsbereitschaft und die tatsächlich erbrachte Leistung aller Mitar-beiter deutlich gesteigert würden. In der Regel nähmen 20 bis 30 Mitarbeiter teil. Im Jahr 2012 habe es sich um 34 Teilnehmer gehandelt. Im Streitjahr 2007 sei der Andrang geringer gewesen, da man mit wenig Schnee gerechnet habe.
Die Teilnahme an der „Motivationsfreizeit“ werde allen Mitarbeitern in der Klinik für Kardiolo-gie per Rundschreiben und per Rundmail angeboten. Dies seien alle Ärzte, Pfleger und an-deres Personal (Sekretärinnen, Schreibkräfte, Arztassistenten etc.) auf den Kardiologischen Stationen (Normal- und Intensivstation), in den kardiologischen Funktionsbereichen, im Stu-diensekretariat, im Herzkatheter Labor und im Kliniksekretariat. Die Entwicklung des Ein-kommens des Klägers (2007: 282.085 Euro, 2008: 239.339 Euro, 2009: 346.714 Euro, 2010:
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327.601 Euro) sei mit Sicherheit auch auf die durch seine Führung gesteigerte Motivierung seiner Mitarbeiter zurückzuführen. Die Ergebnisbeteiligung der haustariflich entlohnten Mit-arbeiter ergebe etwas mehr als ein 13. Monatsgehalt, in schlechteren Jahren etwas weniger als das. Bei den Oberärzten ergebe sich in guten Jahren ein Anteil der variablen ergebnis-abhängigen Vergütungen am Jahresgehalt von etwa 20 bis 22 %, in schlechteren Jahren von etwa 10 bis 12 %.
Die Einkommensteuer zu diesen Sachzuwendungen werde gemäß § 37b EStG pauschaliert. Die Stornokosten und verrechneten Kosten stünden im Zusammenhang mit den aus Motiva-tionsgründen durchgeführten Skireisen.
Zwar habe der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 08.11.1984 IV R 186/82 BStBl II 1985, 286 entschieden, dass bei einem angestellten Chefarzt eines Krankenhauses, der im Kran-kenhaus unter Mithilfe der Mitarbeiter seiner Abteilung eine freiberufliche Arztpraxis ausübe, Aufwendungen für Weihnachtsgeschenke an diese Mitarbeiter weder Betriebsausgaben bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit noch Werbungskostgen aus nichtselbständiger Arbeit darstellten.
Der neueren Rechtsprechung, vor allem dem BFH-Urteil vom 19.06.2008 VI R 33/07, BStBl II 2008, 209, die das Vorliegen von Werbungskosten bzw. von Betriebsausgaben bejaht ha-be, hätten dem hiesigen Streitfall vergleichbare Sachverhalte zu Grunde gelegen.
Entsprechend der steuerlichen Behandlung von Incentivreisen, durch die ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter oder Arbeitnehmer, die durch ihre Arbeitsleistung zum wirtschaftlichen Er-folg beitrügen, zu nachhaltiger und engagierter Mitarbeit motivieren wolle, seien die Aufwen-dungen für die „Skifreizeit“ als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen,
1. den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 17.06.2009 in der Fassung des Ände-rungsbescheids vom 01.09.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.03.2012, diese in Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.07.2013, dahinge-hend zu ändern, dass die Einkommensteuer 2007 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 882 Euro niedriger festgesetzt wird,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er macht geltend: Es handele sich bei den streitigen 882 € um typische Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, die die wirtschaftliche und gesell-schaftliche Stellung des Klägers mit sich gebracht habe, auch wenn sie mittelbar mit dem Beruf des Klägers als Chefarzt der Klinik für Kardiologie zusammenhingen und der berufli-chen Arbeit förderlich gewesen seien. Veranstaltungen mit geselligem Charakter (wie hier vorliegend) blieben vom Werbungskostenabzug abzugrenzen, da sie überwiegend privat veranlasst seien. Solche freiwilligen Aufwendungen eines Arbeitnehmers in leitender Stel-lung für seine Mitarbeiter beruhten vor allem auf den durch die dauernde Zusammenarbeit begründeten gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen, die mehr persönli-cher Art seien, und letztlich durch die gesellschaftliche Position innerhalb einer engen Ge-meinschaft bedingt seien. Ihre Veranlassung sei im Grunde dieselbe, wie bei den Ausgaben für die heute weit verbreiteten Geburtstags-, Beförderungs- und ähnliche Feiern, die leitende Angestellte für ihre Mitarbeiter und Kollegen veranstalteten; bei diesen Ausgaben gehe es offensichtlich um die Verwendung von Einkommen zur Erfüllung gewisser gesellschaftlicher Repräsentationspflichten, die mittelbar durch die berufliche Tätigkeit bedingt seien (vgl. BFH-Urteil vom 13.08.1981, IV R 31/79, juris-Dokument).
Die Übernahme der Stornierungskosten für die Busfahrt dürfe auch gemäß § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Durch die Übernahme der Stornierungskosten mache der Kläger als Arbeitnehmer Dritten, die nicht seine Arbeitnehmer seien, eine Zuwendung. Unabhängig von dem Umstand, dass der Kläger die Möglichkeit in Anspruch genommen habe, nach § 37b EStG die Einkommensteuer auf Sachzuwendungen an Arbeitnehmer oder Nichtarbeitnehmer mit einem Steuersatz von 30 Prozent pauschal zu übernehmen, sei die steuerliche Abzugsfähigkeit der Zuwendungen beim Zuwendenden nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu beurteilen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung, diese in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.07.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten.
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Der Beklagte hat die vom Kläger geltend gemachten Stornierungskosten in Höhe 882 Euro für die ausgefallene „Mitarbeitermotivierungsskifreizeit“ zu Unrecht nicht als Werbungskosten berücksichtigt.
1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Ein-nahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG -). Hierzu können – ggf. unter Berücksichtigung der abzugsbeschränkenden Vorschriften – nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG auch Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers zählen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskos-ten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein objektiver Veranlassungszusammenhang besteht. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung erbracht werden (z.B. BFH-Urteil vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, BFHE 216, 522, BStBl II 2007, 459, m.w.N.).
Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen dagegen nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
a) Dem Beklagten ist zuzugeben, dass die frühere Rechtsprechung des BFH, insbesondere zur Abzugsfähigkeit von Bewirtungskosten, der Berücksichtigung der Stornierungskosten für die Motivationsfreizeit entgegenstehen könnte.
Diese Rechtsprechung hatte eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen für gesell-schaftliche Veranstaltungen nur für den Fall angenommen, dass die Teilnahme daran eine besondere Belohnung für den Teil der Mitarbeiter darstellt, der sich durch besondere Leis-tungen ausgezeichnet hat (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 1984 VI R 182/81, BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557, unter 3. c der Gründe). Demgegenüber hat der BFH bei Veranstaltungen von Geschäftsführern bzw. leitenden Angestellten eines Unternehmens, die insbesondere zu herausgehobenen persönlichen Ereignissen stattfanden, einen Abzug von Bewirtungsauf-wendungen auch dann abgelehnt, wenn ausschließlich Geschäftsfreunde und Mitarbeiter des Unternehmens geladen wurden (vgl. BFH-Urteile vom 15. Juli 1994 VI R 70/93, BFHE 175, 88, BStBl II 1994, 896, m.w.N.; vom 12. Dezember 1991 IV R 58/88, BFHE 167, 46, BStBl II 1992, 524; BFH-Beschluss vom 29. Juli 1994 VIII B 71/93, BFH/NV 1995, 118). Auf die äußeren Umstände der Bewirtung, die vom Kläger mit der Einladung verfolgten geschäft-lichen Ziele und den Personenkreis der Gäste könne nicht alleine und nicht entscheidend abgestellt werden (vgl. BFH-Urteile vom 12. Dezember 1991 IV R 58/88,a.a.O.; vom 29. Juli
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1994 VIII B 71/93, BFH/NV 1995, 118). Hierzu hat der BFH als Begründung ausgeführt, dass derartige Veranstaltungen infolge der herausgehobenen beruflichen Position der betreffen-den Personen auch deren persönlicher Ehrung und der Erfüllung gewisser Repräsentations-pflichten dienten und somit Ausdruck gesellschaftlicher Gepflogenheit seien (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 27. Februar 1997 IV R 60/96, BFH/NV 1997, 560; vom 15. Juli 1994 VI R 70/93, a.a.O.; vom 4. Dezember 1992 VI R 59/92, BFHE 170, 131, BStBl II 1993, 350; vom 8. März 1990 IV R 108/88, BFH/NV 1991, 436; vom 23. März 1984 VI R 182/81, a.a.O., unter 3. b der Gründe).
b.) Nach Maßgabe dieser Entscheidungskriterien hat der BFH im Rahmen seiner früheren Rechtsprechung in dem hiesigen Streitfall vergleichbaren Fällen z.B. entschieden, dass Auf-wendungen des Direktors einer Klinik, also eines leitenden Angestellten, für einen Betriebs-ausflug, den er mit allen Bediensteten der Klinik veranstaltet hatte, auch soweit die Kosten auf den engeren Mitarbeiterkreis entfielen, weder als Betriebsausgaben noch als Werbungs-kosten abziehbar seien (vgl. BFH-Urteil vom 13. August 1981 IV R 31/79, juris-Dokument). Da auch der dortige Kläger nicht Arbeitgeber seiner Mitarbeiter gewesen sei, sondern die fraglichen Aufwendungen in seiner Eigenschaft als Direktor der Klinik, d.h. als Vorgesetzter des Klinikpersonals und damit als Arbeitnehmer getragen habe, gehörten diese Aufwendun-gen zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebenshaltung (vgl. auch BFH-Urteil vom 24.Mai 1973 IV R 92/72, BFHE 109, 352, BStBl II 1973, 634). Ausgaben der Art, wie sie der dortige Kläger getätigt habe, beruhten zwar regelmäßig auch auf beruflichen Erwägungen. Sie seien geeignet, das Arbeitsklima und damit die Zusammenarbeit zu fördern. Andererseits ergebe sich aus dem Wesen solcher Aufwendungen eines Arbeitnehmers, dass sie im Grunde mit dem Beruf und damit mit den Gehaltsbezügen unmittelbar nichts zu tun hätten. Solche frei-willigen Aufwendungen für die Mitarbeiter beruhten vor allem auf den durch die Zusammen-arbeit begründeten Beziehungen, die mehr persönlicher Art seien und letztlich durch die ge-sellschaftliche Position innerhalb einer Gemeinschaft bedingt seien.
c) Nach der neueren Rechtsprechung des BFH muss die Frage, ob der Steuerpflichtige Auf-wendungen aus beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen für die Le-bensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, dagegen anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, entschieden werden (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, a.a.O.; vom 12. April 2007 VI R 77/04, BFH/NV 2007, 1643; vom 24. Mai 2007 VI R 78/04, BFHE 218, 177, BStBl II 2007, 721, vom 22. Juni 2006 VI R 61/02 BFHE 213, 566, BStBl II 2006, 782; vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BstBStBl II 2005, 349; vom 19. Dezember 2005 VI R 65/04, BFH/NV 2006, 1075, und VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728).
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Für die Beurteilung, ob z.B. Aufwendungen für eine Feier beruflich oder privat veranlasst sind, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in erster Linie auf den Anlass der Feier ab-gestellt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, a.a.O.; vom 14. Juli 2004 I R 57/03, BFHE 206, 431, BFH/NV 2004, 1603; vom 12. Dezember 1991 IV R 58/88, BFHE 167, 46, BStBl II 1992, 524, jeweils m.w.N.; Beschlüsse vom 4. November 1998 IV B 30/98, BFH/NV 1999, 467; vom 29. Juli 1994 VIII B 71/93, BFH/NV 1995, 118). Indes ist der Anlass einer Feier nach der neueren Rechtsprechung des BFH (vgl. auch BFH-Urteil vom 10. Juli 2008 VI R 26/07, BFH/NV 2008, 1831) nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das allein entscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsauf-wendungen. Auch wenn ein herausgehobenes persönliches Ereignis Anlass einer Feier ist, kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder priva-ten Bereich kann danach auch von Bedeutung sein, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gäs-teliste bestimmt, und ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitar-beiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Le-bens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstal-tung stattfindet, ob sich die fraglichen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen, und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist (vgl. BFH-Urteile vom 6. März 2008 VI R 68/06, BFH/NV 2008, 1316; vom 10. Juli 2008 VI R 26/07, a.a.O., vom 11. Januar 2007 VI R 52/03, a.a.O., vom 1. Feb-ruar 2007 VI R 25/03, a.a.O). Ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung von Aufwendungen zum beruflichen Bereich kann auch der Umstand bilden, dass der Steuerpflichtige variable, vom Erfolg seiner Arbeit abhängige Entlohnung erhalte (vgl. BFH-Urteile vom 18. Oktober 2007 VI R 43/04, BFH/NV 2008, 357, und vom 24. Mai 2007 VI R 78/04, a.a.O.). Denn in einem solchen Fall hat es ein Arbeitnehmer in größerem Umfang selbst in der Hand, die Hö-he seiner Bezüge zu beeinflussen. Liegt indessen eine derartige Entlohnung nicht vor, so verlieren Aufwendungen nicht ohne weiteres ihren beruflichen Charakter; der Erwerbsbezug kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Ob eine Bewirtung ausdrücklich als Be-lohnung für diejenigen Mitarbeiter in Aussicht gestellt wird, die sich nachweisbar durch be-sondere Leistungen ausgezeichnet haben, ist dabei nicht entscheidend. Eine solche Ein-schränkung des Werbungskostenabzugs ergibt sich auch nicht aus der neueren Rechtspre-chung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, a.a.O). Diese Kriterien hat der BFH in seiner neueren Rechtsprechung zur Unterscheidung von Arbeitslohn und Zuwen-dungen im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers entwickelt (vgl. Urteil vom 28. Ja-nuar 2003 VI R 48/99, BFHE 201, 283, BStBl II 2003, 724). Sie sind jedoch für die Abgren-zung der beruflich und privat veranlassten Aufwendungen des Arbeitnehmers entsprechend
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heranzuziehen (BFH, Urteil vom 11. Januar 2007 VI R 52/03, BFHE 216, 320, BStBl II 2007, 317).
2. a) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die zitierte neuere Rechtsprechung auf den Streitfall übertragbar. Zwar ergingen die angeführten BFH-Entscheidungen zu Bewirtungs-kosten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 01. Februar 2007 VI R 25/03, a.a.O.) bzw. zur Abzugsfähig-keit von Werbegeschenken (vgl. BFH-Urteil vom 24. Mai 2007 VI R 78/04, BFHE 218, 177, BStBl II 2007, 721), die im Streitjahr 2007 beim hiesigen Kläger nicht vorliegen. Jedoch be-zogen sich die vom hiesigen Kläger getragenen Stornierungskosten auf eine geplante Ski-freizeit mit Mitarbeitern des Klägers zur Steigerung deren Leistungsfähigkeit und Motivation. Soweit in der neueren BFH-Rechtsprechung über den Abzug von Aufwendungen für Feiern bzw. den Abzug von Bewirtungskosten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu ent-scheiden war, hat bei der entsprechend vorzunehmenden rechtlichen Wertung auch der im hiesigen Streitfall maßgebende Gesichtspunkt eine Rolle gespielt, dass die dortigen Kläger als Arbeitnehmer Aufwendungen auf sich genommen haben, um die Motivation ihrer Mitar-beiter zu steigern, das Arbeitsklima und damit die Zusammenarbeit zu fördern. Auch in den von der neueren BFH-Rechtsprechung entschiedenen Fällen war im Rahmen der Gesamt-würdigung der Verhältnisse zu beachten, ob und in welchem Maße freiwillige Aufwendungen der Kläger für ihre Mitarbeiter auf durch die Zusammenarbeit begründeten Beziehungen, die mehr persönlicher Art waren und letztlich durch die gesellschaftliche Position innerhalb einer Gemeinschaft bedingt waren und ob und inwieweit dieser Umstand dem Abzug der Aufwen-dungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten entgegen stand. Für diese Wertung des erkennenden Senats spricht im Übrigen der Umstand, dass der BFH in den fraglichen Ent-scheidungen, in denen es eigentlich nur um die Frage des Abzugs von Bewirtungskosten ging, und darum, wie die dargestellten Indizien und Kriterien im Rahmen der Gesamtwürdi-gung aller Umstände zu werten und zu gewichten sind, letztlich über die Frage des Abzugs von Bewirtungskosten hinaus allgemein folgende Vorgabe gemacht hat: Ob der Steuerpflich-tige Aufwendungen aus beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, sei anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, zu entscheiden (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, a.a.O.; vom 12. April 2007 VI R 77/04, BFH/NV 2007, 1643; vom 24. Mai 2007 VI R 78/04, BFHE 218, 177, BStBl II 2007, 721). Dieser Umstand spricht dafür, die neuere BFH-Rechtsprechung auch auf den Streitfall anzuwenden.
b) Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze auf den Streitfall waren die Stornierungs-kosten für die ausgefallene „Motivationsskifreizeit“ unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Falles beruflich veranlasst, nämlich nicht durch die gesellschaftliche oder wirtschaftliche
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Stellung des Klägers, sondern ausschließlich durch die Tätigkeit des Klägers als Chefarzt einer Klinik für Kardiologie.
Bei der Skifreizeit handelte es sich nicht um eine Veranstaltung zu einem herausgehobenen persönlichen Ereignis des Klägers. Anlass der Veranstaltung war für den Kläger allein das Ziel, die Mitarbeiter durch die Teilnahme an der Skifreizeit, deren Kosten der Kläger über-nahm, zu weiterer Leistungsbereitschaft zu motivieren, und dadurch seinen Verdienst, der etwa zur Hälfte und damit zu einem nicht unerheblichen Teil aus variablen und somit von der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter abhängigen Bezügen (Tantieme) bestand, zu sichern bzw. zu steigern. Für die berufliche Veranlassung der streitigen Aufwendungen spricht auch, dass an der Skifreizeit der Kläger ohne seine Familie und ansonsten ausschließlich Mitarbeiter der Klinik für Kardiologie und diese auch ohne ihre Angehörigen bzw. Freunde teilgenommen haben. Der Kläger hat auch nicht die Teilnehmerliste bestimmt. Unstreitig hat der Kläger die Teilnahme an der „Motivationsfreizeit“ allen Mitarbeitern in der Klinik für Kardiologie per Rundschreiben und per Rundmail angeboten. Dies waren alle Ärzte, Pfleger und anderes Personal (Sekretärinnen, Schreibkräfte, Arztassistenten etc.) auf den Kardiologischen Stati-onen (Normal- und Intensivstation), in den kardiologischen Funktionsbereichen, im Studien-sekretariat, im Herzkatheter Labor und im Kliniksekretariat. Der Umfang der finanziellen Auf-wendungen für die Skifreizeit erscheint dem Gericht auch nicht überhöht, sondern bewegt sich im üblichen Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen.
Die ausschließliche bzw. weit überwiegende berufliche Veranlassung der Aufwendungen des Klägers für die Skifreizeit wird im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung aller Um-stände auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger bei der Veranstaltung quasi als Gastgeber auftrat, dass die Veranstaltung in einem touristischen Skigebiet stattfand und dass nach dem „Reiseprogramm“ in nicht unerheblichem Umfang die Möglichkeit zum Ski-fahren bzw. Wandern bestand und damit auch private Lebensführungsinteressen der Veran-staltungsteilnehmer befriedigt worden sein mögen. Denn angesichts des Programms und der Begleitung durch den Kläger sowie des geschlossenen Kreises von Teilnehmern aus der Klinik für Kardiologie hat die Skifreizeit trotz der angeführten Umstände nicht den Charakter einer privaten Veranstaltung erhalten. Angesichts der großen Anzahl der Mitarbeiter, der die Teilnahme an der der Veranstaltung angeboten wurde, und des Umstandes, dass der Kläger auch damit letztlich keinen Einfluss auf die Teilnehmerliste nehmen konnte bzw. genommen hat, konnte die persönliche Einladung zu der Veranstaltung – auch unter Berücksichtigung des Programms und des Ortes der Veranstaltung – von den Mitarbeitern nicht als Ausfluss der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung des Klägers gewertet werden.
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3. Die vom Kläger geltend gemachten Stornierungskosten sind auch insoweit als Werbungs-kosten abzugsfähig als sie sich auf seine geplante eigene Teilnahme an der Motivationsski-freizeit beziehen.
Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213) sind nämlich (auch Aus-lands)Reisen, denen – wie im Streitfall – offensichtlich ein unmittelbarer betrieblicher (berufli-cher) Anlass zugrunde liegt, anders zu beurteilen als Auslandsreisen, denen ein solch kon-kreter Bezug zur betrieblichen (beruflichen) Tätigkeit fehlt und bei denen häufig auch private Interessen eine Rolle spielen. Der erkennende Senat hält den vorliegenden Streitfall für ver-gleichbar mit Fällen wie dem Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, dem Halten eines Fach-vortrages auf einem Fachkongress oder der Durchführung eines Forschungsauftrages. Auch in diesen Fällen tritt die Befriedigung privater Interessen in den Hintergrund.
Aber auch wenn man anderer Auffassung wäre, ändert sich aufgrund folgender Erwägungen nichts an der Wertung des Gerichts:
Bei anderen Reisen müssen die Beurteilungsmerkmale, die jeweils für eine private oder be-triebliche (berufliche) Veranlassung der Reise sprechen, gegeneinander abgewogen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27. November 1978 GrS 8/77, a.a.O.). Eine unbedeutende private Mitveranlassung steht dabei dem vollständigen Abzug von Be-triebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, 28). Es kann dann z.B. auf die Art der dargebotenen Informationen, den Teilnehmerkreis, die Reiseroute und den Charakter der aufgesuchten Orte als beliebte Ziele des Tourismus, die fachliche Organisation, die Ge-staltung der Wochenenden und Feiertage sowie die Art des benutzten Beförderungsmittels ankommen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19; vom 30. April 1993 VI R 94/90, BFHE 171, 242, BStBl II 1993, 674).
Aufgrund der Gesamtwürdigung – auch der bereits angeführten Umstände – liegt bezogen auf den Kläger lediglich eine unbedeutende private Mitveranlassung vor, die dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegensteht.
4. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt für die streitigen, beruflich veranlassten Stornierungskosten wegen erforderlicher teleologisch-systematischer Reduktion die Abzugs-beschränkung gemäß § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht zur An-wendung.
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a) Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, die Übernahme der Stornierungskosten für die Busfahrt durch den Kläger dürfe gemäß § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil der Kläger durch die Übernahme der Stornierungskosten als Arbeitnehmer den Klinikmitarbeitern als Dritten, die nicht seine Arbeitnehmer seien, eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne der vorgenannten Regelung gemacht, ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Übernahme der Kosten durch den Kläger unter den Wortlaut der Norm subsumierbar ist.
Nach § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 dürfen nicht als Werbungskosten ab-gezogen werden Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, es sei denn, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände übersteigen insgesamt 35 Euro nicht.
Ein Geschenk setzt eine unentgeltliche Zuwendung an einen Dritten voraus. Der Geschenk-begriff des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG entspricht dem Begriff der bürgerlich-rechtlichen Schenkung. Die Unentgeltlichkeit ist nicht gegeben, wenn die Zuwendung als Entgelt für eine bestimmte Gegenleistung des Empfängers anzusehen ist. Sie wird jedoch nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass mit der Zuwendung der Zweck verfolgt wird, Geschäftsbezie-hungen zu sichern oder zu verbessern oder für ein Erzeugnis zu werben. Ein Geschenk i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist danach regelmäßig anzunehmen, wenn ein Steuer-pflichtiger einem Geschäftsfreund oder dessen Beauftragten ohne rechtliche Verpflichtung und ohne zeitlichen oder sonstigen unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung des Empfängers eine Bar- oder Sachzuwendung gibt. Der Steuerpflichtige muss also aus seinem Vermögen einen anderen bereichern. Die Bereicherung kann dabei u.a. auch durch Zuwen-dungen von Reisen und durch die Übernahme der darauf entfallenden Pauschalsteuer nach § 37b EStG erfolgen.
Im Streitfall machte der Kläger als Arbeitnehmer den Klinikmitarbeitern, die nicht seine Ar-beitnehmer waren, durch die Übernahme der Stornierungskosten für die geplante Skifreizeit und durch die Übernahme der darauf entfallenden Pauschalsteuer nach § 37b EStG, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein, eine Zuwendung, die auch unentgeltlich erfolgte, da sie nicht als Entgelt für eine bestimmte Gegenleistung des Mitarbeiter anzusehen ist und nicht im zeitlichen oder sonstigen unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung der Klinikmit-arbeiter erfolgte, sondern die allgemeine Leistungsbereitschaft und die Motivation der Mitar-beiter in der Zukunft steigern und sichern sollte. Der Zweck, den der Kläger im Streitfall mit der Zuwendung der Skifreizeit verfolgte, schließt allerdings die Unentgeltlichkeit der Zuwen-dung im Streitfall nicht aus.
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b) Jedoch findet nach Auffassung des erkennenden Senats die von ihrem Wortlaut her an-wendbare Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG im Streitfall aus teleologisch-systematischen Gründen keine Anwendung.
aa) Durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 7 i.V.m. Abs. 7 EStG soll der Abzug von betrieblich veranlassten Aufwendungen, eingeschränkt werden, die die Lebensführung des Steuerpflich-tigen oder anderer Personen berühren. Dieser Zweck greift aber im Streitfall nicht ein, da nach den bereits gemachten Ausführungen die Übernahme der Stornierungskosten für die geplante Skifreizeit gerade nicht maßgeblich die Lebensführung des Steuerpflichtigen bzw. der Reiseteilnehmer berührte, weil die durch den Kläger getragenen Stornierungskosten für die geplante Skifreizeit nicht durch die gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers, sondern ausschließlich durch dessen berufliche Tätigkeit veranlasst waren.
bb) Im Übrigen kommt es zu systematischen Wertungswidersprüchen, weil durch den Kläger übernommene Bewirtungsaufwendungen, anlässlich einer ausschließlich beruflich veranlass-ten Veranstaltung ohne Eingreifen der Abzugsbeschränkung nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG abzugsfähig wären.
Nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG dürfen nicht als Werbungs-kosten abgezogen werden Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftli-chem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemei-nen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Ver-anlassung nachgewiesen sind.
Insoweit hat der BFH noch in seinem Urteil vom 08.11.1984 IV R 186/82, BFHE 143, 21, BStBl II 1985, 286 entschieden, dass bei einem angestellten Chefarzt eines Krankenhauses Aufwendungen für Weihnachtsgeschenke an seine Mitarbeiter bereits deshalb unter das Ab-zugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 EStG fielen, weil die Mitarbeiter der Krankenhausab-teilung so wenig Arbeitnehmer des Klägers gewesen seien, wie im BFH-Urteil vom 23. März 1984 VI R 182/81, BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557 die einem Bezirksdirektor unterstellten Mitarbeiter dessen Arbeitnehmer gewesen seien oder Staatsbedienstete Arbeitnehmer ihres Behördenleiters seien, auf dessen Weisung sie ihre Arbeiten ausführten. Auch die Auffas-sung, dass zwischen dem Chefarzt und seinen Mitarbeitern ein Verhältnis bestanden habe, das einem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis ähnlich sei, stelle keine mögliche Auslegung dar, weil sie gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes verstoße.
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 18. September 2007 I R 75/06, BFHE 219, 78, BStBl II 2008, 116, vom 10. Juli 2008 VI R 26/07, BFH/NV 2008, 1831;
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vom 19. Juni 2008 VI R 33/07, BFHE 222, 359, BStBl II 2009, 11; und vom 19. August 1999 IV R 20/99, BFHE 190, 158, BStBl II 2000, 203) greift allerdings für Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG (auch) nicht, wenn ein Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt. Der BFH begründet diese Wertung in zutreffender Wei-se dogmatisch damit, dass der Begriff des „geschäftlichen Anlasses“ in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht mit demjenigen der „Veranlassung durch den Betrieb“ (§ 4 Abs. 4 EStG) bzw. der „betrieblichen Veranlassung“ bzw. mit dem in ständiger Rechtsprechung des BFH zur Definition der Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) verwendeten Begriff der „berufli-chen Veranlassung“ identisch sei, sondern ein spezifizierter Unterfall. Der BFH schloss sich damit der Ansicht der Verwaltung und Literatur (siehe hierzu BFH-Urteil vom 18. September 2007 I R 75/06 m.w.N.) an, dass nur die rein betriebsinterne Arbeitnehmerbewirtung keiner Abzugsbeschränkung unterliegt (vgl. hierzu auch Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 542, m.w.N.). Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG gelte insbesondere auch nicht für die Bewirtung solcher Mitarbeiter, die dem Arbeitnehmer unterstellt seien und die durch ihre Zu- und Mitarbeit Einfluss auf die Höhe der variablen Bezüge des Bewirtenden nähmen. Derartige Umstände führten aber nicht dazu, dass bei sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG die Bewirtung aus Sicht des leitenden Arbeitnehmers „ge-schäftlich veranlasst“ sei. Denn ein solcher Arbeitnehmer verhalte sich insoweit wie ein be-wirtender Arbeitgeber. Ein Arbeitgeber wolle seine Arbeitnehmer, die durch ihre Arbeitsleis-tung zum wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes beitrügen, durch eine Bewirtung zu nachhalti-ger und engagierter Mitarbeit motivieren. Nicht anders verhalte sich ein Arbeitnehmer, der insbesondere ihm untergeordnete, bei gleichem Arbeitgeber beschäftigte Arbeitnehmer be-wirte, um den wirtschaftlichen Erfolg der von ihm geleiteten Abteilung zu sichern und damit jedenfalls seine variablen Bezüge zu erhalten oder zu steigern (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 VI R 33/07, a.a.O.). Mit dieser Auslegung des Begriffs des „geschäftlichen Anlasses“ in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, geht der BFH, zumindest in den Fällen, in denen ein Arbeit-nehmer ihm untergeordnete, bei gleichem Arbeitgeber beschäftigte Arbeitnehmer insbeson-dere bewirte, um den wirtschaftlichen Erfolg der von ihm geleiteten Abteilung zu sichern und damit jedenfalls seine variablen Bezüge zu erhalten oder zu steigern, davon aus, dass zwi-schen dem betreffenden leitenden Arbeitnehmer und seinen Mitarbeitern ein Verhältnis be-standen hat, das einem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis ähnlich ist und dass deshalb auch bei sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. Satz 1 Nr. 2 EStG auf Werbungskosten die Abzugsbeschränkung nur auf die Bewirtung von Personen bezogen sei, die nicht Arbeitneh-mer des gleichen Arbeitgebers seien.
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Angesichts des o.a. gleichen Zweckgedankens, der den Abzugsbeschränkungen des § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG einerseits und des § 4 Abs. Satz 1 Nr. 2 EStG andererseits zugrunde liegt, kann es aus Sicht des erkennenden Senats keinen Unter-schied machen, dass die zuvor geschilderte neuere Auffassung des BFH an den Begriff des „geschäftlichen Anlasses“ anknüpft, der nur in § 4 Abs. Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG EStG nicht dagegen in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG vom Gesetzge-ber verwendet wird. Wenn man mit der neueren oben angeführten Rechtsprechung des BFH davon ausgeht, dass zumindest in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer ihm untergeordnete, bei gleichem Arbeitgeber beschäftigte Arbeitnehmer in erster Linie bewirtet, um den wirt-schaftlichen Erfolg der von ihm geleiteten Abteilung zu sichern und damit jedenfalls seine variablen Bezüge zu erhalten oder zu steigern, zwischen dem betreffenden leitenden Arbeit-nehmer und seinen Mitarbeitern ein Verhältnis bestanden hat, das einem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis ähnlich ist, muss diese rechtliche Wertung – unabhängig vom un-terschiedlichen gesetzlichen Wortlaut – nach Auffassung des erkennenden Senats ebenfalls im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG für Fälle gelten, in de-nen ein leitender Arbeitnehmer – wie der Kläger im hiesigen Streitfall – seinen ihm unterge-ordneten, bei gleichem Arbeitgeber beschäftigten Mitarbeitern die Teilnahme an einer Ski-freizeit ausschließlich zuwendet, um durch Steigerung der Leistungsbereitschaft der Mitar-beiter seine variablen Bezüge zu erhalten oder zu steigern. Dann aber sind nach Auffassung des erkennenden Senats auch die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG und ihr Wortlaut aus teleologisch-systematischen Gründen dahingehend zu reduzieren, dass auch bei sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG auf Werbungskosten die Abzugsbeschränkung nur auf Zuwendungen an Personen bezogen ist, die nicht Arbeitnehmer des gleichen Arbeitgebers sind. Dann aber greift die Abzugsbe-schränkung auch im Streitfall nicht für die vom Kläger übernommenen Stornierungskosten.
Für die Wertung des erkennenden Gerichts spricht schließlich noch folgender Gesichtspunkt: Würde man eine andere Auffassung vertreten, gäbe es in den dem Streitfall vergleichbaren Fällen die Möglichkeit des unbeschränkten Abzugs über den Bereich der Arbeitnehmerbewir-tung hinaus nicht, obwohl die nach der neueren Rechtsprechung des BFH unbeschränkt ab-zugsfähigen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die Arbeitnehmer des gleichen Arbeitgebers sind, in keineswegs geringerem Maße die Lebensführung des leitenden Ange-stellten bzw. der von ihm bewirteten Mitarbeiter berühren als etwa eine von ihm an diesen Personenkreis erbrachte unentgeltliche Zuwendung in Gestalt der Teilnahme an einer Ski-freizeit, wobei die diese betreffenden Aufwendungen – folgte man der Auffassung des er-kennenden Gerichts nicht – im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG wegen ihrer Höhe nicht abzugsfähig sein würden. Dieses Ergebnis aber würde vor dem Hintergrund des ge-
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meinsamen Zweckgedankens der Abzugsbeschränkungen der § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 7 i.V.m Abs. 7 EStG innerhalb des Fallgruppenkatalogs zu einem nicht durch sachliche Gründe zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Ent-scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO – (vgl. zur Anwendung des § 708 Nr. 10 zu-treffend das Urteil des FG München vom 20. Januar 2005, 3 K 4519/01, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2005, 969). Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 FGO). Dem BFH soll Gelegenheit gegeben werden, Stellung dazu nehmen, ob die in seiner Rechtsprechung zu erkennende Tendenz, Bewir-tungsaufwendungen in Zusammenhang mit betrieblichen Feiern im Gegensatz zu seiner früheren Rechtsprechung „großzügiger“ als betriebliche bzw. berufliche Aufwendungen an-zuerkennen, auch auf Fälle übertragen werden kann, in denen ein Arbeitnehmer Kosten für eine Reise zur Steigerung der Motivation seiner Mitarbeiter übernimmt. Auch ist die vom er-kennenden Senat im Streitfall befürwortete teleologisch-systematische Reduktion des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG über den Streitfall hinaus für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle von Bedeutung.
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Lkw-Maut ist rechtmäßig

Mit am 30.09.2014 verkündeten Urteilen zu drei Musterverfahren hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass die Lkw-Maut der Jahre 2009 bis 2014 rechtmäßig ist.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die im Bundesfernstraßenmautgesetz festgesetzten Mautsätze nicht gegen die Vorgaben der europäischen Wegekostenrichtlinien verstoßen. Dem Gesetzgeber stehe ein weiter Gestaltungsspielraum bezüglich der gewählten Kalkulationsmethode zu. Die konkrete Berechnung der Mautsätze werde durch den europäischen Richtliniengeber nicht vorgegeben.

Auch ein Verstoß gegen das Grundgesetz könne dem Gesetzgeber nicht vorgeworfen werden. Insbesondere seien die Mautsätze nicht willkürlich festgesetzt, sondern deren Berechnung sei transparent und nachvollziehbar.

Schließlich konnte das Gericht auch keine anderen Kalkulations- und Methodenfehler feststellen, so dass die Klägerinnen verpflichtet sind, die Mautgebühren seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.

Gegen die Urteile kann innerhalb eines Monats Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt werden.

Quelle: VG Köln, Pressemitteilung vom 30.09.2014 zu den Urteilen 14 K 8449/09, 14 K 1017/10 und 14 K 1018/10 vom 30.09.2014

Steuerabkommen mit Norwegen

Das 1991 mit Norwegen geschlossene Doppelbesteuerungsabkommen soll geändert werden. Daher hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 24. Juni 2013 zur Änderung des Abkommens vom 4. Oktober 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie des dazugehörigen Protokolls (18/2660) eingebracht. Damit sollen steuerliche Hindernisse weiter abgebaut und „das geltende Abkommen den Anforderungen der gegenwärtigen Verhältnisse angepasst werden“, begründet die Regierung den Gesetzentwurf. Das Änderungsprotokoll orientiere sich am aktuellen OECD-Musterabkommen.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 30.09.2014,
hib-Nr. 483/2014

Gewerbesteuerkürzung bei der Beteiligung an einer Grundstücks-GbR

Gewerbesteuerkürzung bei der Beteiligung an einer Grundstücks-GbR

Das Halten einer Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ohne dass dies zu weiteren Erträgen führt, ist für die Gewerbesteuerkürzung unschädlich.

Hintergrund
Eine GmbH & Co. KG (KG) war an 4 Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, welche grundstücksverwaltende Immobiliengesellschaften waren und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielten. Diese Einkünfte wurden auf der Ebene der KG in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert. Die KG betrachtete die GbR-Beteiligungen als unschädlich für die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung. Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass es sich bei der KG um eine Beteiligungsgesellschaft handelt und versagte die Kürzung des Gewerbeertrags.

Entscheidung
Das sieht das Finanzgericht anders und gibt der Klage der KG statt. Denn das Halten einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Grundstücks-GbR durch eine gewerblich geprägte KG schließt die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nicht aus. Entscheidend war der Umstand, dass die KG für die Übernahme der Geschäftsführung bei der GbR kein Entgelt erhielt und auch keine anderen schädlichen Nebentätigkeiten ausgeübt worden sind. Da die Kürzungsvorschrift aber auf Erträge abstellt, ist eine weitere Tätigkeit als solche nicht schädlich, solange hieraus keine Erträge zufließen.

Auch sei für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht auf das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken abzustellen. Vielmehr ist hierfür ebenfalls die ertragsteuerliche Zurechnung der Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der KG relevant. Damit beschränkt sich die Tätigkeit der KG auf die Verwaltung eigener Grundstücke.

Steuerstundung auch möglich, wenn Geld da ist

Steuerstundung auch möglich, wenn Geld da ist

Finanzämter müssen eine Stundung von Steuernachzahlungen auch dann gewähren, wenn der Steuerpflichtige zwar zahlen kann, aber dann nicht in der Lage wäre, kurz- oder mittelfristig fälligen privaten oder beruflichen Zahlungspflichten nachzukommen.

Eine Situation, die bei Selbstständigen immer wieder vorkommt: Die Geschäfte laufen in einem Jahr sehr gut, aber der Unternehmer vergisst, entsprechend dem zu erwartenden höheren Gewinn die Einkommensteuervorauszahlung zu erhöhen oder eine entsprechende Rücklage für eine Steuernachzahlung zu bilden. Flattert dann der Steuerbescheid ins Haus, folgt das böse Erwachen, weil das Finanzamt eine drastische Nachzahlung fordert.

Steuernachzahlung von mehr als 25.000 EUR
So war es auch in einem aktuellen Streitfall. Ein Selbstständiger, der offenbar ein erfolgreiches Jahr 2009 hinter sich hatte, erhielt im Februar 2012 den Einkommensteuerbescheid 2009, in dem das Finanzamt eine Einkommensteuernachzahlung sowie eine nachträgliche Vorauszahlung für das vierte Quartal 2011 von insgesamt 25.000 EUR festgesetzt hatte. Er beantragte deshalb eine Stundung gegen Ratenzahlung, da er wegen verschiedener Gründe zur Zahlung nicht in der Lage sei.

Daraufhin flatterte ihm ein Fragebogen des Finanzamts zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ins Haus. Außerdem wollte das Finanzamt wissen, warum es nicht möglich sei, dass er einen Kredit aufnimmt. Die Antworten konnten das Finanzamt nicht überzeugen. Es lehnte den Stundungsantrag mit der Begründung ab, dass die vorgebrachten Gründe persönlicher Natur seien, weil sie sich aus den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Selbstständigen ergäben. Für eine Stundung aus persönlichen Gründen sei aber keine Bedürftigkeit erkennbar, da noch liquide Mittel und ein Wertpapierdepot vorhanden seien. Gleichwohl sah das Finanzamt von Vollstreckungsmaßnahmen ab, wenn der Steuerschuldner die Raten weiter zahle. Dagegen legte der Selbstständige Einspruch mit der Begründung ein, dass entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sehr wohl persönliche Stundungsgründe vorlägen.

Finanzamt muss über Stundung neu entscheiden
Nachdem das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen hatte, landete der Fall vor dem Sächsischen Finanzgericht. Immerhin hat die Klage dahingehend Erfolg, dass das Gericht die Finanzverwaltung dazu verpflichtete, einen neuen Bescheid zum Stundungsantrag zu erlassen. Denn die Abgabenordnung erlaube dem Finanzamt, Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise zu stunden, wenn ein sofortiger Einzug eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet sei.

Beide Voraussetzungen pflegen sich regelmäßig ganz oder teilweise gegenseitig auszuschließen, sodass eine Abwägung erforderlich sei. An dieser Stelle, so das Finanzgericht, habe die Finanzverwaltung ihren Ermessenspielraum nicht richtig genutzt. Insbesondere habe die Finanzverwaltung verkannt, dass Zahlungsschwierigkeiten und damit eine erhebliche Härte nicht erst entstehen, wenn keine oder nicht ausreichend liquide Mittel vorhanden sind. Sie könnten bereits dann vorliegen, wenn vorhandene Mittel zwar für die Zahlung der Steuerschuld ausreichen, dann jedoch private oder berufliche Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen werden könnten, wie es im Streitfall sei.

Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)

Arbeitshilfe und Anleitung mit Stand vom 23. September 2014

Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Absetzungen für Abnutzung von Gebäuden (§ 7 Abs. 4 bis 5a Einkommensteuergesetz) ist es in der Praxis häufig erforderlich, einen Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück auf das Gebäude, das der Abnutzung unterliegt, sowie den nicht abnutzbaren Grund und Boden aufzuteilen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück nicht nach der sogenannten Restwertmethode, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwerte auf den Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude andererseits aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 86/97, BStBl II 2001, 183). Die obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern stellen eine Arbeitshilfe als xls-Datei zur Verfügung, die es unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermöglicht, in einem typisierten Verfahren entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung zu prüfen. Zusätzlich steht eine Anleitung für die Berechnung zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises zur Verfügung.

Mehr Infos siehe
https://www.steuerschroeder.de/aufteilung_des_kaufpreises_tabellenwerte.html

Bei der Aufteilung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung ist grundsätzlich der Sachwert des Grund- und Bodenanteils sowie des Gebäudeanteils nach der Wertermittlungsverordnung 1988 zu ermitteln

 Leitsatz

Bei der schätzungsweisen Aufteilung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung in einen Anteil für Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits ist grundsätzlich der Sachwert des Grund- und Bodenanteils sowie des Gebäudeanteils nach der Wertermittlungsverordnung 1988 zu ermitteln; die sog. Vergleichswertmethode ist in diesem Zusammenhang keine geeignete Schätzungsmethode (Bestätigung des BFH-Urteils vom 15. Januar 1985 IX R 81/83 , BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 ).

 Gesetze

WertV i. d. F. vom 6. Dezember 1988 §§ 7 Abs. 1, 13 ff., 21 ff.
EStG §§ 7, 9 Abs. 1 Nr. 7, 21 Abs. 1

 Instanzenzug

FG Baden-Württemberg (EFG 1998, 446 )BFH IX R 86/97

BFH 20.01.1998 – IX R 86/97

 Tatbestand

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden für das Jahr 1991 (Streitjahr) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Mit Vertrag vom 30. Juli 1991 erwarben sie eine im Bau befindliche Eigentumswohnung (57 qm) mit Tiefgaragenstellplatz in X zum Preis von 317 300 DM. Hinzu kamen Nebenkosten in Höhe von 9 616 DM und Kosten für Sonderwünsche in Höhe von 5 899 DM. Der Veräußerer bescheinigte den Klägern am 1. Februar 1993, dass der Grundstücksanteil 52 000 DM betrage.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gingen die Kläger bei der Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) von Anschaffungskosten für die Gebäudeteile in Höhe von 265 300 DM (Gesamtkaufpreis 317 300 DM ./. Grund- und Bodenanteil von 52 000 DM) aus. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt – FA -) ermittelte demgegenüber den anteiligen auf die Gebäudeteile entfallenden Kaufpreis zunächst mit 251 346 DM (Vordruck S 3101 A/S 2170 A (1) vom April 1991). Die gesamten Anschaffungskosten seien nach dem Verhältnis der Verkehrswerte des Grund- und Bodenanteils sowie des Gebäudeanteils aufzuteilen. Grundlage für die Aufteilung sei das Verhältnis des Sachwerts des Miteigentumsanteils an Grund und Boden zum Sachwert des Miteigentumsanteils am Gebäude einschließlich der Außenanlagen und des Sachwerts des Sondereigentums an der Wohnung und an dem Tiefgaragenstellplatz. Der Sachwertermittlung des Anteils am Grund und Boden sei der vom Gutachterausschuss der Stadt X nach § 5 der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken i. d. F. vom 6. Dezember 1988 (BGBl. I 1988, 2209 , Wertermittlungsverordnung – WertV 1988 -) ermittelte Bodenrichtwert zugrunde zu legen. Da die Kläger die tatsächlichen Herstellungskosten ihrer Wohnung und des Tiefgaragenstellplatzes nicht nachgewiesen hätten, seien die gewöhnlichen Herstellungskosten zur Ermittlung des Sachwerts heranzuziehen. Die gewöhnlichen Herstellungskosten vergleichbarer Wohnungen hätten nach Feststellungen der Oberfinanzdirektion (OFD) Stuttgart (Kaufpreisaufteilung Preisstand 1993, Vordruck vom Mai 1994) und des Bausachverständigen des FA rd. 2 700 DM pro qm Wohnfläche betragen.

Die im Zusammenhang mit der Anschaffung und Herstellung der Wohnung aufgewendeten Kosten seien bei der Bemessungsgrundlage für die AfA der Wohnung wie folgt zu berücksichtigen:

Gesamtkaufpreis                                 317 300 DM
+ Nebenerwerbskosten lt. Steuererklärung          9 124 DM
+ Nebenerwerbskosten lt. Einspruch                  492 DM
Gesamte Anschaffungskosten der Wohnung          326 916 DM
Gebäudeanteil 76, 05 v. H.                      248 620 DM
+ Sonderwünsche                                   5 900 DM
AfA-Bemessungsgrundlage                         254 520 DM
7 v. H. AfA nach § 7 Abs. 5
des Einkommensteuergesetzes (EStG )               17 817 DM

Die Kläger erhoben Klage, mit der sie u. a. geltend machten, das FA habe im Rahmen seiner Ermittlungspflicht einen vereidigten Sachverständigen zur Aufklärung des Wertes von Grundstück und Gebäude bestellen müssen.

– Das Finanzgericht (FG) hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis über die Frage erhoben, in welcher Höhe der Verkehrswert des Grund- und Bodenanteils und des Gebäudeanteils der Eigentumswohnung zum Zeitpunkt des Erwerbs und der Fertigstellung der Wohnung im Jahre 1991 zu bewerten sei. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Kaufpreis in Höhe von insgesamt 326 424 DM wie folgt aufzuteilen sei:

Grund und Boden (16,52 v. H.)                    53 925 DM
Gebäude (83,48 v. H.)                           272 499 DM

Das FG gab der Klage statt und setzte die AfA mit 19 578 DM fest (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1998, 446 ):

Der Gesamtkaufpreis für den Grund- und Bodenanteil sowie für den Gebäudeanteil sei nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen. Dieser Grundsatz gelte aber nur in Ermangelung einer Aufteilung durch die Vertragsparteien oder im Falle der Zweifelhaftigkeit einer solchen Aufteilung. Im Streitfall gebühre der Aufteilung durch die Vertragsparteien im Ergebnis der Vorrang, da sie keinen nennenswerten Zweifeln begegne. Dabei sei unerheblich, dass sie nachträglich erfolgt sei.

Die Aufteilung durch den Verkäufer und die Kläger sei durch das Gutachten des Sachverständigen im Wesentlichen bestätigt worden. Die Methode des Sachverständigen sei schlüssig und vertretbar. Der Sachverständige habe zur Rechtfertigung seiner Wertermittlungsmethode angeführt, nach der neuen Wertermittlungsverordnung 1988 könnten auch Vergleichswerte zur Beurteilung herangezogen werden (§§ 13 und 14 WertV 1988). Insoweit sei das Urteil des erkennenden Senats vom 15. Januar 1985 IX R 81/83 (BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 ), das dieses Verfahren nicht für anwendbar halte, zu revidieren; das Vergleichsverfahren sei erst 1988 eingeführt worden. Im Gegensatz zur Auffassung des FA sei von den Anschaffungskosten der Kläger auszugehen, die auch einen Gewinn des Bauträgers umfassen könnten, und nicht etwa von den Herstellungskosten des Bauträgers.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i. V. m. §§ 7 Abs. 5 und 21 EStG.

Das FG weiche in seiner Entscheidung von anerkannten Schätzungsgrundsätzen ab, welche der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung in BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 aufgeführt habe. Die Verkehrswerte seien danach anhand der Sachwerte von Grund- und Boden- sowie Gebäudeanteil zu schätzen. Das Sachverständigengutachten gehe jedoch von einem Vergleichswert aus. Dieses Verfahren sei zur Ermittlung des Verkehrswerts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils nicht brauchbar, denn es erlaube nur, die Eigentumswohnung als eine Einheit von Miteigentumsanteil und Sondereigentum zu bewerten. Mit den Sachverständigenfeststellungen des FA habe sich das FG nicht auseinandergesetzt.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 Gründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO – ). Das FG hat die Bemessungsgrundlage für die AfA gemäß § 7 Abs. 5 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG unzutreffend ermittelt.

1. Zutreffend geht das FG davon aus, dass eine Einigung der Vertragsparteien über den Grundstücksanteil im Gesamtkaufpreis grundsätzlich der Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude zugrunde zu legen ist, solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 143, 61 , 65 , zu 1a, BStBl II 1985, 252 , und vom 26. Mai 1992 IX R 190/87, BFH/NV 1993, 92 ). Zu Unrecht ist das FG jedoch bei der nachträglichen ,,Bescheinigung des Veräußerers“ vom 1. Februar 1993 als von einer Einigung der Vertragsparteien in diesem Sinne ausgegangen. Eine solche Einigung kann nur eine von den wechselseitigen Interessen getragene Vereinbarung der Vertragsparteien sein. Das ist eine Erklärung des Verkäufers auch dann nicht, wenn sie auf Wunsch der Käufer erteilt wird. Eine solche Erklärung kann allenfalls als eine Schätzung gewertet werden. Eine Schätzung wird auch für die Finanzverwaltung und das FG in dem Maße zu beachten sein, in dem die Grundlagen der Schätzung nachvollziehbar und überzeugend sind. Das ist im Streitfall nicht der Fall, denn das Schreiben des Veräußerers vom 1. Februar 1993 führt insoweit lediglich an, dass der auf den Grund und Boden entfallende Kaufpreisanteil ,,von uns entsprechend dem Erwerb errechnet“ wurde.

Das FA war danach im Streitfall grundsätzlich zur Schätzung der Kaufpreis-Anteile, die auf den Grund- und Bodenanteil sowie auf den Gebäudeanteil entfallen, berechtigt (§ 162 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO 1977 -).

2. Ist wie im Streitfall ein Gesamtkaufpreis für eine Wohnung gezahlt worden, dann ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Zunächst ist der Bodenwert und der Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann sind die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und den Gebäudeanteil aufzuteilen.

Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann die Wertermittlungsverordnung 1988 entsprechend herangezogen werden (BFH-Urteil in BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 ). Die Wertermittlungsverordnung 1988 sieht für die Verkehrswertermittlung in § 7 Abs. 1 das Vergleichswert-, das Ertragswert- oder das Sachwertverfahren vor. Die Ermittlung des Verkehrswerts ist Teil der Sachverhaltsfeststellung des FG, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist (§ 118 Abs. 2 FGO) . Der BFH als Revisionsgericht hat aber zu prüfen, ob das FG bei seiner Wertermittlung die zutreffende Methode angewandt hat (vgl. BFH-Urteile vom 9. April 1987 IV R 42/84 , BFH/NV 1988, 37 , und in BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 ). Im Streitfall ist das FG bei seiner Schätzung zu Unrecht der Methode des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 31. Oktober 1996 gefolgt. Der Sachverständige hat zwar für den Gebäudeteil einen Sachwert bzw. Bauwert (240 000 DM) ermittelt, der Kaufpreisaufteilung aber einen Vergleichswert zugrunde gelegt.

Das Vergleichswertverfahren hat der BFH im Urteil in BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 für die Ermittlung des Gebäudewerts in diesem Zusammenhang als ungeeignet verworfen. Zu Unrecht meint das FG mit dem Sachverständigen, diese Entscheidung sei durch die §§ 13 f. WertV 1988 überholt. Das Vergleichswertverfahren hat es bereits in der Wertermittlungsverordnung von 1972 (BGBl. I 1972, 1417 ) gegeben (§§ 3 ff.). Die Wertermittlungsverordnung 1988 hat in den hier maßgeblichen Punkten keine wesentlichen Änderungen gebracht. Die in der Entscheidung in BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 geäußerten Bedenken bestehen fort. Das Vergleichswertverfahren ist mit dem Gebot der Einzelbewertung (§ 6 EStG) , das auch bei der Ermittlung der Einkünfte gemäß § 21 Abs. 1 EStG gilt (BFH-Urteil in BFHE 143, 61 , BStBl II 1985, 252 ), nicht vereinbar. Der Gutachter hat den Gebäudewert im Wesentlichen (unter Ansatz eines gesonderten Werts für den Garagenstellplatz) durch Substraktion des Grundstückswerts vom Vergleichswert (der sowohl Grund und Boden als auch Gebäude umfasst) festgelegt. Diese sog. Restwertmethode hat der BFH in mehreren Entscheidungen verworfen (vgl. Urteile in BFHE 143, 61 , 64 , BStBl II 1985, 252 , und vom 7. Juni 1994 IX R 33, 34/92, BFHE 175, 70 , BStBl II 1994, 927 ), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

3. Der Senat kann als Revisionsgericht die Schätzung der Bemessungsgrundlage für die AfA nicht selbst vornehmen (§ 118 Abs. 2 FGO) . Die Sache geht daher zur Nachholung dieser Feststellung an das FG zurück.

Fundstelle(n):
BStBl 2001 II Seite 183
BB 2001 S. 457 Nr. 9
BFH/NV 2001 S. 514 Nr. 4
BFHE S. 326 Nr. 193
DB 2001 S. 459 Nr. 9
DStRE 2001 S. 307 Nr. 6
FR 2001 S. 357 Nr. 7
INF 2001 S. 220 Nr. 7
NWB DokID: OAAAA-88834

Grenzen der Änderung eines Steuerbescheids zu Lasten des Steuerpflichtigen 

Der 9. Senat hat mit Urteil vom 19. Juli 2013 (Az. 9 K 2541/11) entschieden, dass das Finanzamt einen bestandskräftigen Steuerbescheid nicht zu Ungunsten des Klägers unter Berücksichtigung höherer Betriebseinnahmen ändern darf, wenn bereits der Steuererklärung Unterlagen beigefügt waren, aus denen die Höhe der Betriebseinnahmen ersichtlich war.

Der Kläger ist Landwirt und nebenberuflich Aufsichtsratsmitglied einer Volksbank. In seiner Einkommensteuererklärung gab er die Höhe seines Gewinns aus der Aufsichtsratstätigkeit
mit 3.035 € an und fügte eine Bescheinigung der Volksbank über
die Höhe der Einnahmen von 6.071 € bei. Er fertigte aber weder eine Gewinnermittlung noch eine Anlage EÜR. Das Finanzamt setzte im Steuerbescheid den erklärten Gewinn an. Nach Eintritt der Bestandskraft wurde dem Finanzamt mittels einer Kontrollmitteilung die exakte Höhe der Aufsichtsratsvergütung des Klägers mitgeteilt, das daraufhin einen geänderten Bescheid erließ und nunmehr einen Gewinn von 5.065 € berücksichtigte. Der Kläger erhob nach erfolglosem Einspruch Klage beim Finanzgericht
und begehrte die Aufhebung des Änderungsbescheids.

Der 9. Senat gab der Klage mit der Begründung statt, dass dem Finanzamt die Höhe der Betriebseinnahmen nicht nachträglich bekannt geworden ist. Aufgrund der zusammen mit der Steuererklärung vorgelegten Bankbescheinigung kannte das Finanzamt die Höhe der Einnahmen aus der Aufsichtsratstätigkeit. Wenn demgegenüber ein deutlich niedrigerer Gewinn erklärt wird, ohne dass eine Gewinnermittlung vorgelegt wird, hätte das Finanzamt Anlass zu weiteren Ermittlungen gehabt. Wenn
es zum Zeitpunkt des ersten Steuerbescheids diese Ermittlungen nicht anstellt, so ist es nicht berechtigt, diesen Bescheid nach Eintritt der Bestandskraft zu Ungunsten des Klägers zu ändern. Das Gericht hielt es für unbeachtlich, dass die Höhe der Betriebseinnahmen dem Finanzamt nicht auf einem amtlichen Vordruck, sondern lediglich formlos durch Vorlage einer Bescheinigung der Volksbank mitgeteilt worden ist.
Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

FG BW, Pressemitteilung Nr. 2/2014

Umsätze von Eheleuten über eBay unter Verwendung eines gemeinsamen „Nickname“ sind vom Inhaber des Nutzerkontos zu versteuern

Mit Urteil vom 19. Dezember 2013 (Az. 1 K 1939/12) hat der 1. Senat entschieden, dass umsatzsteuerpflichtige Versteigerungen über eBay, die von mehreren Personen unter Verwendung eines gemeinsamen Pseudonyms (eines sog. „Nickname“) ausgeführt werden, im Regelfall allein von demjenigen zu versteuern sind, der gegenüber eBay als Inhaber des Nutzerkontos aufgetreten ist.

Im Streitfall hatten Eheleute über ein vom Ehemann auf seinen Namen angelegtes Nutzerkonto in dreieinhalb Jahren über 1.200 Verkäufe verschiedenster Gebrauchsgegenstände abgewickelt, die teils dem einen, teils dem anderen Ehegatten und teils beiden Eheleuten gemeinsam gehörten. Das Finanzamt hatte diese Verkäufe als umsatzsteuerpflichtig angesehen und als Steuerschuldner beide Eheleute gemeinschaftlich herangezogen. Dem ist der 1. Senat des Finanzgerichts nun nicht gefolgt:

Zwar hatte der Senat bereits mit Urteil vom 22. September 2010 (Az. 1 K 3016/08) entschieden, dass die eBay-Auktionen aufgrund der Vielzahl der Verkaufsvorgänge, der Höhe der dabei erzielten Erlöse und des dafür betriebenen Organisationsaufwands der Umsatzsteuer unterlegen haben. In seiner jetzt ergangenen Entscheidung weist das Finanzgericht jedoch darauf hin, dass der leistende Unternehmer nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen des Zivilrechts nach dem sog. „objektiven Empfängerhorizont“ des Meistbietenden zu bestimmen ist. Das ist bei der Verwendung eines Pseudonyms (also des „Nickname“) derjenige, der sich diesen Nutzernamen von eBay bei der Kontoeröffnung hat zuteilen lassen. Handlungen, die der eigentliche Verkäufer erst nach Ablauf der Bietephase vornimmt (wie etwa der Versand von Bestätigungsschreiben oder der Ware selbst), sind demgegenüber für die zivilrechtliche und umsatzsteuerrechtliche Bestimmung des leistenden Unternehmers in der Regel ohne Belang. Da die Verkäufe allein dem Ehemann zuzurechnen waren, war die Klage der beiden Eheleute gegen die ihnen gegenüber gemeinschaftlich ergangenen
Umsatzsteuerbescheide erfolgreich.

Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

FG Baden-Württemberg, PM 3/2014

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin