Rechnungslegung: Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften zur Berechnung der Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen

Die Bundesregierung hat am 27. Januar 2016 eine Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften zur Berechnung der Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen beraten. Die Änderung erfolgt im Rahmen des Entwurfs eines Umsetzungsgesetzes zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie, welches den Bundestag in erster Lesung passiert hat.

Die wesentlichen Eckpunkte betreffen:

Betrachtungszeitraum

Der Betrachtungszeitraum bei Altersversorgungsverpflichtungen soll gemäß § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB-E auf 10 Jahre verlängert werden; im Übrigen bleibt der Betrachtungszeitraum bei Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr wie bisher bei 7 Jahren.

Ausschüttungssperre

In Höhe des positiven Unterschiedsbetrags des sich zwischen alter und neuer Regelung ergebenden Rückstellungsbetrags soll künftig eine Ausschüttungssperre bestehen. Der Unterschiedsbetrag ist im Anhang oder unter der Bilanz zu nennen.

Erstmalige Anwendung

Die Neuregelung soll erstmals auf den Jahresabschluss für das nach dem 31. Dezember 2015 endende Geschäftsjahr anzuwenden sein. Es soll ein Wahlrecht einer vorzeitigen Anwendung auf Jahresabschlüsse, die sich auf ein Geschäftsjahr beziehen, das nach dem 31. Dezember 2014 beginnt und vor dem 1. Januar 2016 endet, bestehen. Damit soll laut der Gesetzesbegründung insbesondere eine Rückwirkung auf noch nicht geprüfte und festgestellte Abschlüsse ermöglicht werden.

Konzernabschluss

Für den Konzernabschluss gilt die Anwendungsregelung entsprechend. Ausgenommen hiervon sind die Regelungen zur der Ausschüttungssperre, da dem Konzernabschluss keine Ausschüttungsbemessungsfunktion zukommt.

Quelle: WPK, Mitteilung vom 27.01.2016

 

Umsatzsteuer: Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen von Gebärdensprachdolmetschern – Nichtbeanstandungsregelung

Nach § 4 Nr. 16 UStG sind Betreuungs- oder Pflegeleistungen an hilfsbedürftige Personen, worunter regelmäßig Menschen mit Behinderungen zu verstehen sind, unter den weiteren Voraussetzungen des Satzes 1 Buchst. a bis l umsatzsteuerfrei. Unter diese Umsatzsteuerbefreiung können nach Abschnitt 4.16.5. Abs. 21 Satz 2 UStAE auch Leistungen fallen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII erbracht werden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind auch die Leistungen von Gebärdensprachdolmetschern,

  • die aufgrund einer Vereinbarung nach § 75 SGB XII erbracht werden nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. h UStG, oder die u. a.
  • im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII, oder
  • im Rahmen der begleitenden Hilfe nach § 102 SGB IX gegenüber Menschen mit Behinderung oder ihren Arbeitgebern,

erbracht werden, unter den weiteren Voraussetzungen von § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG, von der Umsatzsteuer befreit.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. Januar 2016 erbracht worden sind, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von den v. g. Ausführungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt hat.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7172 / 07 / 10004 vom 01.02.2016

 

Abgabenordnung: Verpflichtung eines Steuerberaters zur Datenüberlassung an die Finanzverwaltung bei gekündigtem Mandat

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2015 (Az. 2 V 95/15) hat der 2. Senat des Finanzgerichts entschieden, dass ein Steuerberater auch dann gem. §§ 147 Abs. 6, 97, 104 Abs. 2 AO zur Überlassung eines Datensticks mit der Buchführung seines (ehemaligen) Mandanten an die Finanzverwaltung bzw. alternativ zur Freigabe der Daten bei der DATEV eG verpflichtet ist, wenn er gegenüber dem (ehemaligen) Mandanten Zurückbehaltungsrechte aus § 66 StBerG bzw. § 273 BGB geltend macht.

Die Antragstellerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die von einem Steuerpflichtigen mit seiner steuerlichen Vertretung beauftragt worden war. Letzterer war buchführungspflichtig und ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Für die Jahre 2010 bis 2012 hatte die Antragstellerin die Steuererklärungen und Gewinnermittlungen für den Steuerpflichtigen gefertigt, ab dem Veranlagungszeitraum 2013 war ein neuer Steuerberater tätig geworden.

Das Finanzamt ordnete im Jahr 2014 beim Steuerpflichtigen eine Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 an. Im Rahmen der Prüfungsvorbereitung teilte der neue Steuerberater dem Prüfer mit, dass die erforderlichen Unterlagen sich bei der Antragstellerin befänden, die wegen offener Honorarforderungen ein Zurückbehaltungsrecht geltend mache.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2015 forderte das Finanzamt daraufhin die Antragstellerin auf, für den Steuerpflichtigen A einen dem GDPdU-Standard entsprechenden Datenträger mit den Buchführungsdaten zur Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 (Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer) unverzüglich herauszugeben, hilfsweise gegenüber der DATEV eG unverzüglich schriftlich die Zustimmung zur Erstellung und Übersendung eines entsprechenden Datenträgers zu erklären.

Den dagegen gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat der 2. Senat des Finanzgerichts abgelehnt. Ein Steuerberater sei gem. §§ 147 Abs. 6, 97, 104 Abs. 2 AO zur Überlassung eines Datensticks mit der Buchführung seines Mandaten an die Finanzverwaltung bzw. alternativ zur Freigabe der Daten bei der DATEV eG verpflichtet. Dem stünden die Zurückbehaltungsrechte aus § 66 StBerG bzw. § 273 BGB gegenüber dem Mandanten nicht entgegen. Der Umstand, dass es zwischen dem Steuerberater und dem Steuerpflichtigen zivilrechtliche Streitigkeiten über die jeweilige Erfüllung der Vertragspflichten gebe und ggf. der Steuerberater auch eine Betrugsanzeige gegen den Steuerpflichtigen erhebe, ändere nichts daran, dass im Verhältnis zum Finanzamt die Unterlagen „für“ den Steuerpflichtigen aufbewahrt werden. Dabei seien Urkunden im Sinne des § 97 Abs. 1 AO auch Ausdrucke der Konten der Finanzbuchführung, die Journale, die Primanoten und die Summen- und Saldenlisten. Gegen den Beschluss wurde Beschwerde eingelegt. Das Beschwerdeverfahren wird beim BFH unter dem Aktenzeichen II B 97/15 geführt.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 01.02.2016 zum Beschluss 2 V 95/15 vom 10.12.2015

 

Einkommensteuer: Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung gem. § 70 Abs. 2 EStG bei Doppelzahlung von verschiedenen Stellen nach Zuständigkeitswechsel

Der 1. Senat des Finanzgerichts hat mit Urteil vom 17. Juni 2015 (Aktenzeichen 1 K 213/14) entschieden, dass die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung im Falle einer parallelen Zahlung durch die Familienkasse des öffentlichen Dienstes auch gem. § 70 Abs. 2 EStG erfolgen kann. Der Kläger, Vater eines Kindes, war zunächst zeitlich befristet im öffentlichen Dienst beschäftigt, später wurde er verbeamtet. Das Kindergeld wurde für die Zeit des Angestelltenverhältnisses auf Antrag des Klägers von der Familienkasse des Arbeitsamtes gezahlt. Nach seiner Verbeamtung zahlte auch das Landesbesoldungsamt Kindergeld, ohne dass der Kläger einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Durch einen vom Bundesrechnungshof initiierten Datenabgleich wurde die Doppelzahlung aufgedeckt. Die Familienkasse der Arbeitsagentur hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung auf und forderte den Kläger auf, das Kindergeld für den Zeitraum der Doppelzahlung zurückzuzahlen. Der Kläger folgte dem für die Zeiträume, die der Regelverjährung unterlagen, im Übrigen wandte er zunächst Festsetzungsverjährung ein. Später wandte er zudem ein, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Rückforderung fehle.

Der 1. Senat hat die Klage abgewiesen. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid lasse sich jedenfalls auf § 70 Abs. 2 EStG stützen. Danach ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Ein solcher erheblicher Umstand sei auch der Wegfall der sachlichen Zuständigkeit der das Kindergeld festsetzenden Stelle. Denn anders als bei der örtlichen Zuständigkeit gehe es bei der Frage der sachlichen Zuständigkeit darum, gegen welchen Rechtsträger ein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Hierbei handele es sich, ebenso wie bei der Frage, wem ein Anspruch auf Kindergeld zustehe, um einen für den Kindergeldanspruch wesentlichen Umstand.

Auch dem erhobenen Verjährungseinwand folgte der Senat nicht. Auf der Grundlage der von ihm festgestellten tatsächlichen Umstände sei davon auszugehen, dass der Kläger den Tatbestand einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung verwirklicht habe, so dass die verlängerte Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. AO maßgeblich sei.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 01.02.2016 zum Urteil 1 K 213/14 vom 17.06.2015 (nrkr – BFH-Az. III R 33/15)

 

Umsatzsteuer: Veräußerung von Zahlungsansprüchen eines Landwirts aufgrund GAP-Reform als steuerbarer Umsatz

Mit Urteil vom 10. September 2014 (Aktenzeichen 4 K 5/12) hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass der Verkauf von Zahlungsansprüchen aufgrund der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP-Reform) einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz im Rahmen der Regelbesteuerung darstellt.

Der Kläger ist Landwirt und unterliegt mit seinen Umsätzen der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 24 UStG. Dem Kläger standen nach der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 Zahlungsansprüche zu, von denen er im Streitjahr 2008 einen Teil verkaufte. Der Kläger behandelte die Veräußerung der Zahlungsansprüche als einen nach dem UStG nicht steuerbaren Vorgang und wies in der Rechnung keine Umsatzsteuer aus. Das Finanzamt sah diesen Umsatz als steuerbar und steuerpflichtig an.

Der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts wies die gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2008 erhobene Klage ab, da der Kläger die Veräußerung der Zahlungsansprüche als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt hat. Die Unternehmereigenschaft des Klägers stand aufgrund der nachhaltigen Ausführung der laufenden Umsätze fest. Die Veräußerung gehörte zum Rahmen des Unternehmens, weil sie in Bezug zur Haupttätigkeit des Klägers als Landwirt stand. Denn der dem Kläger zugewiesene Zahlungsanspruch hatte seine Grundlage in der zum Stichtag ausgeübten landwirtschaftlichen Tätigkeit und die aus dem Zahlungsanspruch resultierenden Betriebsprämien stellten eine Beihilfe für die landwirtschaftliche Tätigkeit dar. Der 4. Senat schloss sich insoweit der Rechtsauffassung des BFH im Beschluss vom 25. April 2013 XI B 123/12 (BFH/NV 2013, 1273) an.

Nach Auffassung des 4. Senats stand der Steuerbarkeit der Veräußerung der Zahlungsansprüche nicht entgegen, dass der Kläger die Zahlungsansprüche nicht ausdrücklich seinem Unternehmen zugeordnet hatte. Denn einer Zuordnungsentscheidung bedürfe es nur dann, wenn der Gegenstand nicht bereits seiner Art nach, wie bei gemischt nutzbaren Gegenständen, zum Unternehmensvermögen gehöre. Eine private, nichtunternehmerische Nutzung des Zahlungsanspruches sei aber aufgrund der Koppelung an die Betriebsinhaberschaft sowohl bei der Zuteilung als auch beim Verkauf ausgeschlossen.

Die Steuerbarkeit der Veräußerung stehe auch im Einklang mit Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL, da die Veräußerung von Zahlungsansprüchen als wirtschaftliche Tätigkeit i. S. dieser Vorschrift anzusehen sei. Die Veräußerung der Zahlungsansprüche unterfalle schließlich nicht der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG.

Das Urteil ist rechtskräftig. Die Veröffentlichung durch das Finanzgericht erfolgte nachträglich aufgrund mehrfacher Anfragen zum Verfahrensausgang.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 01.02.2016 zum Urteil 2 K 5/12 vom 10.09.2014 (rkr)

 

Glücksspielgesetz: Das Glücksspielgesetz für Schleswig-Holstein verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verbandskompetenz

Mit Beschluss vom 17.09.2015 (Aktenzeichen 5 V 242/14) hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass die Regelungen des Glücksspielgesetzes für Schleswig-Holstein vom 20.10.2011 (GlSpielG SH) über die Erhebung einer Glücksspielabgabe nicht gegen den Grundsatz der Verbandskompetenz verstoßen.

Es handelt sich um die erste gerichtliche Entscheidung zur Glücksspielabgabe nach dem GlSpielG SH, das am 01.01.2012 in Kraft trat und das Glücksspielrecht liberalisierte. Das Gesetz wurde mit Wirkung vom 08.02.2013 aufgehoben und Schleswig-Holstein trat zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag von 2012 bei. Soweit Genehmigungen nach dem Glücksspielgesetz SH erteilt worden sind, gelten die Regelungen zur Glücksspielabgabe weiter.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin ist im europäischen Ausland ansässig und vertreibt über das Internet Glücksspiele. Sie erhielt Genehmigungen, Sportwetten und Online-Glücksspiele zu vertreiben und reichte Jahresanmeldungen der Glücksspielabgabegem. § 40 Abs. 2 GlSpielG SH für die Jahre 2012 und 2013 ein. Die Glücksspielabgabe wurde erklärungsgemäß festgesetzt. Mit ihrem Widerspruch und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung machte die Antragstellerin geltend, die Erhebung der Glücksspielabgabe auf Online-Casinospiele und Sportwetten sei rechtswidrig, soweit diese aus dem Vertrieb an Personen resultiere, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland, aber nicht in Schleswig-Holstein hätten.

Der 5. Senat hatte gegen die Rechtmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen des GlSpielG SH nach summarischer Prüfung keine Bedenken und folgte nicht den Einwänden der Antragstellerin, die Regelung der Glücksspielabgabe im GlSpielG SH verstoße gegen den Grundsatz der Verbandskompetenz. Da es zur Reichweite der Hoheitsgewalt der Bundesländer keine Regelungen im deutschen Staatsrecht gebe, könnten diesbezügliche völkerrechtliche Grundsätze auf das Hoheitsgefüge der Bundesländer übertragen werden. Bei der grenzüberschreitenden Regelung von Sachverhalten reiche nach völkerrechtlichen Grundsätzen zur Begründung der Regelungskompetenz eines Staates ein Anknüpfungspunkt im Inland aus. Anknüpfungspunkt für die Abgabenpflicht nach § 35 Abs. 1 GlSpielG SH sei in Schleswig-Holstein, dass eine Person im Geltungsbereich dieses Gesetzes Glücksspiele vertreibe. Dabei werde nicht zwischen inländischen und ausländischen Personen unterschieden. Die Verwirklichung eines Abgabentatbestandes im Gebiet Schleswig-Holsteins und die Herbeiführung eines abgabenrechtlich erheblichen Erfolges in Schleswig-Holstein seien nach dieser Rechtsnorm Voraussetzung für die Abgabenpflicht. Darüber hinaus enthalte die Regelung des § 35 Abs. 2 Satz 1 GlSpielG SH ebenfalls einen hinreichenden Anknüpfungspunkt zum Hoheitsgebiet des Landes Schleswig-Holstein, weil hiernach Glücksspiele durch einen Genehmigungsinhaber nach diesem Gesetz Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland haben, bestimmungsgemäß zugänglich gemacht werden. Der Glücksspielanbieter müsse also eine Schleswig-Holsteinische Glücksspiellizenz beantragt und eine Veranstaltungsgenehmigung nach dem GlSpielG SH erhalten haben, die ihn gerade dazu verpflichte, die Genehmigung nur im Hoheitsgebiet von Schleswig-Holstein zu nutzen. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des GlSpielG SH und des Zwecks der Glücksspielabgabe, einerseits den Glücksspielmarkt nur für Schleswig-Holstein zu liberalisieren und andererseits zunehmenden Suchtgefahren Rechnung zu tragen, erweise es sich als legitim, die Abgabenpflicht auch auf die Umsätze aus der Teilnahme von Spielern aus dem gesamten Bundesgebiet zu erstrecken, wenn der Glücksspielanbieter gegen die ihm erteilte Genehmigung verstoße.

Durch das Glücksspielgesetz werde nicht von Bürgern anderer Bundesländer eine Abgabe erhoben, sondern die Abgabenpflicht bestehe nur für die Glücksspielanbieter, von denen der durch diese veranstalteten Glücksspiele erzielte Ertrag mit 20 % Glücksspielabgabe belegt werde. Insoweit erfolge durch das Gesetz kein Eingriff in Freiheitsrechte von Spielern, die in anderen Bundesländern wohnen. Ein Überschreiten der Verbandskompetenz sei deshalb nicht gegeben.

Hinsichtlich der Höhe der erklärungsgemäß festgesetzten Glücksspielabgaben hatte der Senat ebenfalls keine Bedenken.

Der Senat hat die Beschwerde nicht zugelassen.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 01.02.2016 zum Beschluss 5 V 242/14 vom 17.09.2015

 

Bundesrat nimmt zur Modernisierung der Steuererklärung Stellung

Die Länderkammer hat in ihrer Sitzung am 29. Januar 2016 zur geplanten Modernisierung der Steuererklärung Stellung genommen. Sie schlägt unter anderem weitere Änderungen zur Reduzierung des Bürokratieaufwands vor.

Vollständig elektronisches Steuerverfahren

Die Bundesregierung plant, das Besteuerungsverfahren zu vereinfachen. Es soll künftig vollständig elektronisch erledigt werden können: Von der Steuererklärung über den Steuerbescheid bis hin zu einem möglichen Rechtsbehelf. Eine Verpflichtung zur elektronischen Abwicklung von Steuerangelegenheiten ist aber nicht geplant.

Aufbewahren statt einreichen

Der Gesetzentwurf sieht weiter vor, dass Papierbelege – wie beispielsweise Spendenquittungen – nicht mehr einzureichen, sondern nur noch aufzubewahren sind. Der Bundesrat fordert eine Verlängerung der vorgesehenen Aufbewahrungsfrist auf zwei Jahre.

Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Bundesregierung zugeleitet.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 29.01.2016

 

Faire Besteuerung: Kommission stellt neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung auf Ebene der Unternehmen vor

Die Vorschläge vom 28.01.2016 bezwecken ein EU-weit koordiniertes Vorgehen gegen Steuervermeidung auf Ebene der Unternehmen und stützen sich auf die von der OECD im letzten Herbst entwickelten internationalen Standards.

Um das Steuerrecht in allen 28 Mitgliedstaaten auf eine effiziente und wirksame Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung von Großunternehmen auszurichten, bedarf es neuer Vorschriften.

Mit den Vorschlägen vom 28.01.2016 zur Bekämpfung der Steuervermeidung auf Ebene der Unternehmen schlägt die Europäische Kommission in ihrer Kampagne für eine faire, effiziente und wachstumsfreundliche Steuerpolitik in der EU ein neues Kapitel auf. Mit dem Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Steuervermeidung ruft sie die Mitgliedstaaten auf, entschlossener und besser koordiniert gegen Unternehmen vorzugehen, die versuchen, sich der Entrichtung ihres fairen Anteils am Steueraufkommen zu entziehen, und die internationalen Standards zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung umzusetzen.

Kernelemente der neuen Vorschläge sind:

  • rechtsverbindliche Maßnahmen, um den auf Ebene von Unternehmen am häufigsten verwendeten Methoden der Steuervermeidung einen Riegel vorzuschieben;
  • eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten, wie der Missbrauch von Steuerabkommen zu verhindern ist;
  • ein Vorschlag über den Austausch von Steuerinformationen zwischen den Mitgliedstaaten über in der EU tätige multinationale Unternehmen;
  • Maßnahmen, um international verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich zu fördern;
  • eine neue Liste der EU für Drittländer, die sich nicht an die Regeln des Fair Play halten.

Zusammengenommen werden diese Maßnahmen die aggressive Steuerplanung erheblich erschweren, für mehr Transparenz zwischen den Mitgliedstaaten sorgen und einen für alle Unternehmen faireren Wettbewerb im Binnenmarkt gewährleisten.

Vizepräsident Valdis Dombrovskis, in der Kommission zuständig für den Euro und den sozialen Dialog, erklärte hierzu: „Heute machen wir einen weiteren Schritt hin zu mehr Vertrauen in die Steuersysteme allgemein, indem wir ihre Fairness und Effizienz stärken. Die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass die Steuervorschriften für alle Einzelpersonen und Unternehmen gleichermaßen gelten. Die Unternehmen müssen ihren fairen Anteil am Steueraufkommen dort aufbringen, wo sie tatsächlich wirtschaftlich tätig sind. Europa kann bei der Bekämpfung der Steuervermeidung eine weltweite Führungsrolle übernehmen. Dies erfordert jedoch ein abgestimmtes Vorgehen auf europäischer Ebene, nicht 28 Ansätze in 28 Mitgliedstaaten.“

Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll erklärte: „Milliarden Euro gehen Jahr für Jahr durch Steuervermeidung verloren – Gelder, die für öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser oder zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung verwendet werden könnten. Im Endeffekt müssen die europäischen Bürgerinnen und Bürger und die rechtschaffenen Unternehmen höhere Steuern zahlen. Das ist unannehmbar, und deswegen handeln wir. Wir machen heute einen großen Schritt hin zu gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen, zu einer gerechten und wirksamen Besteuerung für alle Europäer.“

Leitmaßnahmen

Das Paket ruht auf den drei zentralen Säulen der Agenda der Kommission für eine fairere Besteuerung:

Gewährleistung effektiver Besteuerung in der EU

Der Grundsatz der Unternehmensbesteuerung besteht darin, dass Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften. Das Paket enthält konkrete Vorschläge, wie den Mitgliedstaaten geholfen werden kann, dies durchzusetzen. Die Kommission schlägt eine Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung mit rechtsverbindlichen Maßnahmen vor, mit denen einige der häufigsten Steuervermeidungsstrategien ausgehebelt werden können. Ihre Empfehlung zu Steuerabkommen enthält Informationen darüber, wie die Mitgliedstaaten ihre Steuerabkommen am besten gegen Missbrauch schützen und dabei im Einklang mit dem EU-Recht vorgehen.

Mehr Steuertransparenz

Transparenz ist von entscheidender Bedeutung, um aggressiven Steuerplanungsstrategien von Großunternehmen auf die Schliche zu kommen und einen fairen Steuerwettbewerb zu gewährleisten. Das heutige Paket soll mit der überarbeiteten Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden für mehr Transparenz im Zusammenhang mit den von den Unternehmen gezahlten Steuern sorgen. Die vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass die nationalen Behörden Steuerinformationen über die Tätigkeiten multinationaler Unternehmen auf Länderbasis austauschen. Damit erhalten alle Mitgliedstaaten wichtige Informationen, um Steuervermeidungsrisiken nachzugehen und Steuerprüfungen gezielter durchzuführen. Die Kommission befasst sich derzeit auch mit dem separaten Problem der öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung; im Hinblick auf eine Initiative, die im frühen Frühjahr vorgestellt werden soll, ist eine Folgenabschätzung im Gange.

Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen

Steuervermeidung und schädlicher Steuerwettbewerb sind weltweite Probleme, weswegen Gegenmaßnahmen nicht an den Grenzen der EU Halt machen können. Während die Mitgliedstaaten mit der Umsetzung der neuen globalen Standards für Steuertransparenz und fairen Steuerwettbewerb befasst sind, kommt es gleichermaßen darauf an, dass die internationalen Partner der EU mitziehen. Auch die Entwicklungsländer sollten in das internationale Netzwerk für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich einbezogen werden, damit ihnen der weltweite Kampf gegen Steuervermeidung ebenfalls zugutekommt. Das heutige Paket umfasst eine Mitteilung über eine externe Strategie für effektive Besteuerung, mit der die folgenden Ziele verfolgt werden: Ausbau der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern bei der Bekämpfung der Steuervermeidung; Intensivierung der EU-Maßnahmen, mit denen weltweit eine faire Besteuerung auf der Grundlage internationaler Standards gefördert werden soll; einheitliches Vorgehen gegen externe Gefahren der Steuervermeidung. Dies wird dabei helfen, faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen und Länder zu schaffen. Das Paket enthält zudem eine einleitende Mitteilung und eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, in denen die politischen und wirtschaftlichen Beweggründe der einzelnen Maßnahmen und die umfassendere Agenda der Kommission zur Bekämpfung der Steuervermeidung erläutert werden. Ergänzend wird eine neue Studie über aggressive Steuerplanung vorgelegt, in der die wichtigsten Steuervermeidungsmethoden der Unternehmen untersucht werden.

Hintergrund

Im heutigen Paket spiegelt sich der globale Stand der politischen und wirtschaftlichen Konzepte im Bereich der Unternehmensbesteuerung. Letzten Oktober haben die OECD-Länder Maßnahmen zur Eindämmung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (base erosion and profit shifting – BEPS) vereinbart. Das Europäische Parlament hat ebenfalls Empfehlungen bezüglich der Steuervermeidung auf Ebene der Unternehmen ausgesprochen.

Die Kommission macht rasche Fortschritte bei der Umsetzung der Zusage von Präsident Juncker, eine umfassende Agenda zur Bekämpfung der Steuervermeidung auf Ebene der Unternehmen vorzulegen, einen fairen Binnenmarkt zu gewährleisten und für mehr Wachstum, Arbeitsplätze und Investitionen in Europa zu sorgen.

Die von der Kommission 2015 vorgelegten wichtigen Initiativen zur Förderung der Steuertransparenz und zur Reform der Unternehmensbesteuerung haben bereits Ergebnisse vorzuweisen: Die Mitgliedstaaten vereinbarten in nur sieben Monaten den Vorschlag über Transparenz bei Steuervorbescheiden, während eine Reihe weiterer wesentlicher Unternehmenssteuerreformen auf den Weg gebracht wurde. 2016 wird die Kommission ihre Kampagne zur Reform der Unternehmensbesteuerung mit wichtigen Vorschlägen wie der Neubelebung der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage fortsetzen.

Nächste Schritte

Die beiden Legislativvorschläge des Steuerpakets werden an das Europäische Parlament und den Rat weitergeleitet. Der Rat beschließt über die Vorschläge nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Der Rat und das Parlament sollten sich zudem die Empfehlung zu den Steuerabkommen zu eigen machen, während die Mitgliedstaaten sie bei der Überarbeitung ihrer Steuerabkommen befolgen sollten. Ferner sollten die Mitgliedstaaten eine förmliche Einigung über die neue externe Strategie erzielen und entscheiden, wie diese nach Bestätigung im Europäischen Parlament so schnell wie möglich vorangebracht werden kann.

 Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 28.01.2016

Umsatzsteuer: BFH ordnet Konzernbesteuerung bei der Umsatzsteuer neu

Mit mehreren Urteilen vom 2. Dezember 2015 hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Reihe von Zweifelsfragen zur Konzernbesteuerung im Umsatzsteuerrecht (Organschaft) geklärt.

Bedeutung der Organschaft

Die Organschaft führt zu einer Zusammenfassung von herrschendem Organträger und abhängiger Organgesellschaft. Der Organträger ist allein für den gesamten Organkreis steuerpflichtig. Die Organschaft ist von großer Bedeutung für Unternehmensgruppen ohne Recht auf Vorsteuerabzug, wie etwa im Bank-, Versicherungs-, Krankenhaus- oder Pflegebereich. Aufgrund der Organschaft ist es Unternehmen in diesen Bereichen möglich, untereinander Leistungen zu erbringen, die nicht steuerpflichtig sind und damit nicht zur Entstehung von Vorsteuerbeträgen führen, die wegen des fehlenden Rechts auf Vorsteuerabzug nicht abziehbar wären.

Organschaft mit Tochterpersonengesellschaften

Bislang musste es sich bei der Tochtergesellschaft um eine juristische Person handeln. Entgegen bisheriger Rechtsprechung lässt der BFH nunmehr eine Organschaft auch mit Tochterpersonengesellschaften zu (Az. V R 25/13). Voraussetzung ist, dass Gesellschafter der Personengesellschaft nur der Organträger und andere vom Organträger finanziell beherrschte Gesellschaften sind.

Die Einschränkung der Organschaft auf abhängige juristische Personen ist dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt, weil nur so einfach und rechtssicher über die Beherrschungsvoraussetzungen der Organschaft entschieden werden kann. Bei der juristischen Person ist dies durch das dort geltende Mehrheitsprinzip und die rechtliche Ausgestaltung von Gesellschaftsgründung und Anteilsübertragung gewährleistet. Demgegenüber gilt bei Personengesellschaften grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip. Zudem lassen sich Personengesellschaften im Grundsatz ohne Formzwang gründen, wobei Gesellschaftsanteile ebenso formfrei übertragen werden können.

Nach dem Urteil des BFH rechtfertigen diese Unterschiede aber nicht den Ausschluss auch von Tochterpersonengesellschaften, an denen nur der Organträger und andere von ihm finanziell beherrschte Gesellschaften beteiligt sind. Die Beherrschung kann dann nicht in Frage gestellt werden. Damit erweitert sich der Kreis der in die Organschaft einzubeziehenden Tochtergesellschaften.

Im konkreten Fall ging es um steuerbare und steuerpflichtige Leistungen der Muttergesellschaft an ihre Tochterpersonengesellschaften, die ihrerseits steuerfrei Altenheime betrieben und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren. Das Finanzgericht muss im zweiten Rechtsgang prüfen, ob eine Organschaft zwischen Muttergesellschaft und deren Tochterpersonengesellschaften vorliegt. Dann sind die Leistungen untereinander nicht steuerbar und entsteht keine für die Töchter nicht als Vorsteuer abziehbare Umsatzsteuer.

Voraussetzungen der Organschaft

Der BFH hält weiter daran fest, dass die Organschaft eine eigene Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der Tochtergesellschaft voraussetzt und dass zudem im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung der Personengesellschaft bestehen muss (Az. V R 15/14).

Damit bleibt es beim Erfordernis einer Beherrschung der Tochtergesellschaft durch den Organträger. Der BFH lehnt es ausdrücklich ab, die Organschaft aus Gründen des Unionsrechts auf lediglich eng miteinander verbundene Personen zu erweitern. Eine Organschaft zwischen Schwestergesellschaften bleibt damit weiterhin ausgeschlossen.

Im Streitfall scheiterte eine Organschaft. Daher erbrachte die Klägerin, eine GmbH, steuerpflichtige Leistungen an ihre Schwestergesellschaft, eine KG, die ohne Recht auf Vorsteuerabzug ein Wohn- und Pflegeheim betrieb.

Keine Organschaft mit Nichtunternehmern (Hoheitsträgern)

Entgegen einer aus dem Unionsrecht abgeleiteten Sichtweise hält der BFH daran fest, dass der Organträger Unternehmer sein muss. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht unternehmerisch tätig ist, kann daher die Vorteile der Organschaft durch eine Nichtbesteuerung der von den Tochtergesellschaften bezogenen Leistungen nicht in Anspruch nehmen (Az. V R 67/14).

Im Streitfall hatte eine juristische Person des öffentlichen Rechts bislang bei sich beschäftigtes Personal auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft (GmbH) ausgelagert. Die GmbH stellte ihrer Gesellschafterin sodann das Personal gegen Aufwendungsersatz zur Verfügung. Beide gingen von einer Nichtsteuerbarkeit der Personalgestellung aufgrund einer zwischen ihnen bestehenden Organschaft aus.

Der BFH verneinte die Organschaft. Bei der Organschaft handelt es sich um eine Vereinfachungsmaßnahme, die eine eigene Unternehmerstellung des Organträgers voraussetzt. Dies ist zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken unionsrechtlich geboten. Mangels eigener Unternehmerstellung ist die juristische Person des öffentlichen Rechts nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn ihr Personal gestellt wird. Wäre die Bildung einer Organschaft auch ohne eigene Unternehmerstellung möglich, käme es zu einer Umgehung dieses Abzugsverbots.

Auswirkungen auf Unternehmensübertragungen

Nach dem weiteren BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 (Az. V R 36/13) kann die Organschaft auch bei Unternehmensübertragungen von Bedeutung sein.

Unternehmensübertragungen sind als sog. Geschäftsveräußerung nicht steuerbar. Dies setzt grundsätzlich die Übertragung auf einen Unternehmenserwerber voraus. Eine Aufspaltung des einheitlichen Unternehmens auf zwei Erwerber ist bei einer bloßen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern demgegenüber nicht begünstigt.

Im Streitfall hatte ein Einzelunternehmer im Wege der Generationennachfolge sein Unternehmen auf zwei Personengesellschaften, eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft, übertragen. Gesellschafter waren der Einzelunternehmer und seine beiden Söhne.

Nach dem Urteil des BFH ist nur die Übertragung auf die Betriebsgesellschaft als Geschäftsveräußerung anzusehen, nicht aber auch die Übertragung auf die Besitzgesellschaft.

Zwischen Betriebs- und Besitzgesellschaft lag auf der Grundlage der BFH-Urteile vom 2. Dezember 2015 auch keine Organschaft vor. Diese scheiterte insbesondere am Erfordernis einer eigenen Mehrheitsbeteiligung (Az. V R 15/14). Bei Annahme einer Organschaft wäre demgegenüber steuerrechtlich von einer Übertragung auf einen Erwerber auszugehen gewesen, so dass auch die zivilrechtliche Übertragung auf die Besitzgesellschaft als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar gewesen wäre.

 Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 4/16 vom 27.01.2016 zu den Urteilen V R 25/13, V R 15/14, V R 67/14 vom 02.12.2015 und V R 36/13 vom 03.12.2015

 

Einkommensteuer: BFH zum häuslichen Arbeitszimmer: Kein Abzug bei gemischt genutzten Räumen

Ein häusliches Arbeitszimmer setzt neben einem büromäßig eingerichteten Raum voraus, dass es ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird. Fehlt es hieran, sind die Aufwendungen hierfür insgesamt nicht abziehbar. Damit scheidet eine Aufteilung und anteilige Berücksichtigung im Umfang der betrieblichen oder beruflichen Verwendung aus. Dies hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden (Beschluss vom 27. Juli 2015 GrS 1/14).

Die Grundsatzentscheidung betrifft die durch das Jahressteuergesetz 1996 eingeführte Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer. In seiner heute geltenden Fassung sind Aufwendungen hierfür nur unter der Voraussetzung abziehbar, dass für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen ist dabei grundsätzlich auf 1.250 Euro begrenzt; ein weiter gehender Abzug ist nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG -).

In dem der Entscheidung des Großen Senats zugrunde liegenden Verfahren war streitig, ob Kosten für einen Wohnraum, der zu 60 % zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und zu 40 % privat genutzt wird, anteilig als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind.

Der Große Senat begründet seine Entscheidung neben dem allgemeinen Wortverständnis damit, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzgebungsmotive ausdrücklich an den herkömmlichen Begriff des „häuslichen Arbeitszimmers“ angeknüpft hat. Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt aber seit jeher voraus, dass der Raum wie ein Büro eingerichtet ist und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen genutzt wird.

Diese Auslegung dient nach Auffassung des Großen Senats dazu, den betrieblich/beruflichen und den privaten Bereich sachgerecht voneinander abzugrenzen, Gestaltungsmöglichkeiten zu unterbinden und den Verwaltungsvollzug zu erleichtern. Im Fall einer Aufteilung sind diese Ziele nicht zu erreichen, da sich der Umfang der jeweiligen Nutzung innerhalb der Wohnung des Steuerpflichtigen nicht objektiv überprüfen lässt. Der BFH sieht insbesondere ein Nutzungszeitenbuch nicht als geeignete Grundlage für eine Aufteilung an, da die darin enthaltenen Angaben keinen über eine bloße Behauptung des Steuerpflichtigen hinausgehenden Beweiswert hätten. Ebenso mangelt es an Maßstäben für eine schätzungsweise Aufteilung der jeweiligen Nutzungszeiten. Eine sachgerechte Abgrenzung des betrieblichen/beruflichen Bereichs von der privaten Lebensführung wäre daher im Fall einer Aufteilung nicht gewährleistet.

Die vom BFH abgelehnte Aufteilung steht in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672. Danach sind Reiseaufwendungen bei gemischt beruflich/betrieblichen und privat veranlassten Reisen nach Maßgabe der Zeitanteile der Reise aufteilbar. Dem kam keine Bedeutung zu, da § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG eine allgemeinen Grundsätzen vorgehende Spezialregelung ist.

Offenlassen konnte der Große Senat daher die vom X. Senat des BFH aufgeworfene Frage, ob es sich bei derartigen Aufwendungen mangels objektiv nachprüfbarer Kriterien dem Grunde nach überhaupt um anteilige Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt.

Geklärt ist dagegen, dass Aufwendungen für eine sog. „Arbeitsecke“ nicht abzugsfähig sind, da derartige Räume schon ihrer Art und ihrer Einrichtung nach erkennbar auch privaten Wohnzwecken dienen.

 Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 6/16 vom 27.01.2016 zum Beschluss GrS 1/14 vom 27.07.2015

 

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