Einkommensteuer: BFH zu haushaltsnahen Dienstleistungen: Steuerermäßigung für Aufwendungen für ein Notrufsystem in einer Seniorenresidenz

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 3. September 2015 VI R 18/14 entschieden, dass Aufwendungen für ein Notrufsystem, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ Hilfeleistung rund um die Uhr sicherstellt, als haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Einkommensteuer ermäßigen können.

Der Kläger bewohnt eine Drei-Zimmer-Wohnung im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ in einer Seniorenresidenz. Neben dem Mietvertrag mit dem Eigentümer der Wohnung schloss er mit dem Betreiber der Residenz einen Seniorenbetreuungsvertrag ab. Darin verpflichtete sich der Betreiber u. a. dazu, dem Kläger 24 Stunden pro Tag ein Notrufsystem zur Verfügung zu stellen, einschließlich des für die Nachtwache und die Soforthilfe im Notfall erforderlichen Fachpersonals.

In seiner Steuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger 1.357 Euro (76 % der Betreuungspauschale) als Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a EStG geltend. Das Finanzamt gewährte dem Kläger nur eine Steuerermäßigung in Bezug auf die Aufwendungen für den Hausmeister und die Reinigung.

Der BFH bestätigte die Vorinstanz und hat entschieden, dass es sich bei den Aufwendungen für das mit der Betreuungspauschale abgegoltene Notrufsystem um solche für eine haushaltsnahe Dienstleistung i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG handelt. Durch die Rufbereitschaft werde sichergestellt, dass ein Bewohner, der sich im räumlichen Bereich seines Haushalts aufhalte, im Notfall Hilfe erhalten könne. Eine solche Rufbereitschaft leisteten typischerweise in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebende Familien- oder sonstige Haushaltsangehörige. Es handele sich damit um haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne der Vorschrift. Diese würden nach Auffassung des BFH auch in dem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht. Da der Leistungserfolg in der Wohnung des Steuerpflichtigen eintrete, werde die Leistung auch im räumlichen Bereich des Haushalts erbracht. Ohne Bedeutung ist insoweit, dass die Notrufzentrale sich außerhalb des Haushalts des Steuerpflichtigen befindet.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 5/16 vom 27.01.2016 zum Urteil VI R 18/14 vom 03.09.2015

 

Einkommensteuer: BFH schafft Klarheit zur steuerlichen Absetzbarkeit von teilweise beruflich genutzten Räumen

In seiner aktuellen und am 27.01.2016 verkündeten Entscheidung vom 27.07.2015 hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) die steuerliche Absetzbarkeit von teilweise beruflich genutzten Räumen nicht erleichtert.

Der Präsident der Bundessteuerberaterkammer Dr. Raoul Riedlinger: „Für viele Steuerpflichtige ist diese Entscheidung eine Enttäuschung. Die moderne Arbeitswelt erfordert ein hohes Maß an Flexibilität, dies spiegelt sich auch in entsprechenden Arbeitsplatzmodellen wider. Dieser Entwicklung hat der BFH nicht Rechnung getragen. Mit Verweis auf das Leistungsfähigkeitsprinzip wäre eine Aufteilbarkeit durchaus gut begründbar gewesen.“

Nach der bisher herrschenden Rechtsprechung ist die nahezu ausschließlich berufliche Nutzung Voraussetzung dafür, dass die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer – anteilige Miete, Zinsaufwendungen, Abschreibungen usw. – steuerlich in Abzug gebracht werden dürfen. Das Gericht verkündete heute seine Entscheidung zu der Frage, ob diese Kosten auch dann anteilig von der Steuer abgesetzt werden können, wenn der Raum nur teilweise für berufliche Zwecke genutzt wird.

Der Große Senat lässt mit seiner Entscheidung den anteiligen Abzug der Aufwendungen nicht zu. Es bleibt bei der herrschenden Meinung, wonach die Kosten für ein Arbeitszimmer nur dann steuerlich geltend gemacht werden können, wenn es der ausschließlichen betrieblichen/beruflichen Nutzung dient und hinreichend vom privaten Bereich der Lebensführung abgegrenzt werden kann. Kosten der privaten Lebensführung sollen nicht auf Kosten der Allgemeinheit steuerlich absetzbar sein.

Dr. Riedlinger: „Mögliche zukünftige Probleme bei der Aufteilung der Aufwendungen werden nun vermieden, insofern herrscht wieder Rechtssicherheit.“

Quelle: BStBK, Pressemitteilung vom 27.01.2016 zum Beschluss des BFH GrS 1/14 vom 27.01.2016

 

Rechnungslegung: Finaler Standard zur Bilanzierung von Leasingverträgen veröffentlicht

Am 13. Januar 2016 hat das International Accounting Standards Board (IASB) den finalen Standard IFRS 16 Leases veröffentlicht. Der bislang geltende IAS 17 entfällt damit.

IFRS 16 ersetzt die bisherigen Rechnungslegungsanforderungen, die vor über 30 Jahren eingeführt worden sind und seit längerem als nicht mehr zeitgemäß angesehen werden. Aufgrund der bislang unter IAS 17 vorzunehmenden Differenzierung zwischen Finanzierungs- und Operating-Leasingverträgen wurde es als zunehmend schwierig erachtet, ein genaues Bild über die tatsächlich gemieteten Vermögensgegenstände und der entsprechenden Schulden beim Leasingnehmer zu vermitteln. Die galt insbesondere für Unternehmen des Flug- und Transportsektors sowie des Einzelhandels.Zukünftig ist durch den Leasingnehmer für alle Leasingverhältnisse in der Bilanz eine Leasingverbindlichkeit zu erfassen. Auf der Aktivseite hat der Leasingnehmer ein Nutzungsrecht am zugrundliegendenVermögenswert zu aktivieren, welches grundsätzlich dem Barwert der künftigen Leasingzahlungen zuzüglich direkt zurechenbarer Kosten entspricht. Beim Leasinggeber sind die Regelungen des neuen Standards dagegen denen der bisherigen Vorschriften des IAS 17 ähnlich.

Die Regelungen des IFRS 16 sind verpflichtend für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach 1. Januar 2019 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig, sofern IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers ebenfalls angewendet wird.

 Quelle: WPK, Mitteilung vom 27.01.2016

 

Gewerbesteuer: Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer

Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung kann auch Reiseveranstalter betreffen, die Hotelkontingente im Inland angemietet haben. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/7261 ) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 18/6983 ) mitteilt, wurde allerdings mit den obersten Finanzbehörden der Länder vereinbart, Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, wenn sich Reiseveranstalter dagegen wenden würden, dass Aufwendungen für die Anmietung von Hotelunterkünften bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages berücksichtigt werden. Die Bundesregierung verweist außerdem auf ein laufendes Verfahren vor dem Finanzgericht Münster.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 47/2016, Mitteilung vom 26.01.2016

 

Rechnungslegung: Änderungen an IAS 12 veröffentlicht

Das International Accounting Standards Board (IASB) hat am 19. Januar 2016 Änderungen an IAS 12: Ertragsteuern veröffentlicht. Die Änderungen stellen klar, wie Steueransprüche aus unrealisierten Verlusten im Zusammenhang mit der Bewertung von Schuldinstrumenten zum Fair Value, die im sonstigen Ergebnis erfasst werden, anzusetzen sind.

Die Änderungen sind für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen. Eine freiwillige vorzeitige Anwendung ist möglich.

 Quelle: WPK, Mitteilung vom 25.01.2016

 

AltvPIBV: Altersvorsorge-Produktinformationsblattverordnung (AltvPIBV)

Kurzfassung

Zur Verordnung zum Produktinformationsblatt und zu weiteren Informationspflichten bei zertifizierten Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (Altersvorsorge-Produktinformationsblattverordnung – AltvPIBV) nimmt das BMF in diesem Schreiben Stellung.

 Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 – S-2030 / 11 / 10001 :065 vom 22.01.2016

 

Umsatzsteuer: Offene Fragen zum Vorsteuerabzug in Bezug auf die vollständige Rechnungsanschrift

In der Praxis besteht derzeit eine große Verunsicherung in Bezug auf den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers. Fraglich ist, ob der Begriff „vollständige Anschrift“ auch den „Briefkastensitz“ z. B. das Postfach oder eine eigene Postleitzahl der Parteien umfasst.

Nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG müssen Unternehmer in Rechnungen den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers angeben. Fehlen diese Angaben, kann der Leistungsempfänger keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung umfasst die „vollständige Anschrift“ das Postfach oder die Großkundenadresse des Leistungsempfängers (Abschn. 14.5. Abs. 2 Satz 3 UStAE).Der BFH hat mit Urteil vom 22. Juli 2015 (Az. V R 23/14) u. a. entschieden, dass das Merkmal „vollständige Anschrift“ in § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG nur erfüllt ist, wenn der leistende Unternehmer unter dieser Anschrift seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Deshalb ist der Abzug der in der Rechnung einer GmbH ausgewiesenen Umsatzsteuer nur möglich, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbH bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungstellung tatsächlich bestanden hat. In diesem Zusammenhang stellt der BFH auch fest, dass die Finanzverwaltung zu diesem Thema eine andere Ansicht vertritt, da es nach Abschn. 14.5. Abs. 2 UStAE zulässig ist, wenn die Postfachadresse des Leistungsempfängers anstelle der Anschrift angegeben wird. Zudem stellt der BFH klar, dass er nicht mehr an Äußerungen in früheren Urteilen festhält. Seinerzeit hatte der BFH festgestellt, dass die Rechnungsanforderungen erfüllt sind, wenn ein Briefkastensitz mit postalischer Erreichbarkeit auf der Rechnung angegeben ist.

Das BFH-Urteil wurde am 30. November 2015 im Bundessteuerblatt II, S. 914 veröffentlicht und wird somit von den Finanzbehörden allgemein angewendet.

Dies wirft folgende Fragen im Zusammenhang mit der Aussage in Abschn. 14.5. Abs. 2 UStAE auf:

  • Derzeit besteht in der Praxis Rechtsunsicherheit darüber, ob die Finanzverwaltung die Ausführungen des Urteils ausschließlich auf die Anschrift des leistenden Unternehmers bezieht. In diesem Fall würden die Ausführungen im Umsatzsteueranwendungserlass weiterhin gültig bleiben und Rechnungen, die das Postfach oder die Großkundenadresse des Leistungsempfängers nennen, würden die Rechnungsanforderungen für den Vorsteuerabzug erfüllen. Eine solche Umsetzung des Urteils wäre für die Praxis zu begrüßen, da ansonsten massenhaft Rechnungskorrekturen drohen. Der Formalismus bei Rechnungspflichtangaben stellt für Steuerpflichtige grundsätzlich eine große Hürde dar.
  • Sollte die Finanzverwaltung der Auffassung sein, dass sich das Urteil auf beide Anschriften bezieht – also sowohl die des Leistenden als auch die des Leistungsempfängers – ist nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO Vertrauensschutz für einschlägige Fälle zu gewähren.
  • Offen bleibt auch, wie Steuerpflichtige mit dem Urteil im Zusammenhang mit Umfirmierungen, Umwandlungen und Unternehmenssitzverlegungen umzugehen haben.
    Ist die zutreffende Anschrift für den Zeitpunkt der Ausführung der Leistung oder für den Zeitpunkt der Rechnungstellung zu verwenden?

Sollte der Umsatzsteueranwendungserlass geändert werden, setzt sich die Bundessteuerberaterkammer dafür ein, dass eine großzügige Nichtbeanstandungsregelung geschaffen wird, um den drohenden Mehraufwand für Steuerpflichtige für die Vergangenheit zu verhindern.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass zu diesen Fragen aktuell ein weiteres Verfahren beim BFH unter dem Az. V R 25/15 anhängig ist. Die Bundessteuerberaterkammer bittet um zügige Klärung der offenen Fragen. In der Praxis werden seitens der Finanzverwaltung und der Steuerpflichtigen die Grundsätze des Urteils bereits teilweise angewendet. In anderen Fällen werden die geltenden Ausführungen des Umsatzsteueranwendungserlasses zugrunde gelegt. Dieses Thema unterliegt aufgrund der ungeklärten Fragen einem erhöhten Streitpotenzial.

Quelle: BStBK, Mitteilung vom 21.01.2016

 

Umsatzsteuer: Umsatzsteuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 UStG

Anpassung an das Unionsrecht, Vermietung von Standflächen auf Kirmessen (Änderung der Verwaltungsauffassung) und Bestellung dinglicher Nutzungsrechte

Die Einordnung, ob umsatzsteuerrechtlich eine Vermietungs- oder Verpachtungsleistung vorliegt, richtet sich nach der Rechtsprechung des BFH nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern folgt der richtlinienkonformen Auslegung von Artikel 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL.

Die Vermietung von Standflächen bei einer Kirmesveranstaltung durch eine Gemeinde kann als einheitliche Leistung gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG in vollem Umfang umsatzsteuerfrei sein, wenn die Überlassung der Standplätze als wesentliches Leistungselement prägend ist und darüber hinaus erbrachte Organisationsleistungen als Nebenleistungen anzusehen sind.Bei der Bestellung dinglicher Nutzungsrechte fällt nicht jegliche abgesicherte Leistung unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. c UStG, sondern nur solche Leistungen, die im Ergebnis ihrer Art nach eine Vermietung oder Verpachtung darstellen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird deshalb der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I Seite 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 15. Dezember 2015 III C 3 – S-7015 / 15 / 10003 (Dok.-Nr. 2015/1045194), BStBl I Seite 1067, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Abschnitt 3a.3 Abs. 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:„

2Zum Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken vgl. Abschnitt 4.12.1.“

2. Abschnitt 4.12.1 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Die Sätze 2 bis 6 werden wie folgt gefasst:

2Die Frage, ob eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG vorliegt, richtet sich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach Unionsrecht (BFH-Urteile vom 8. 11. 2012, V R 15/12, BStBl 2013 II S. 455, und vom 28. 5. 2013, XI R 32/11, BStBl 2014 II S. 411). 3Danach setzt die Vermietung eines Grundstücks voraus, dass dem Mieter vom Vermieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, das Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. 4Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung als „Vermietung“ in diesem Sinne zu behandeln ist, sind alle Umstände des Einzelfalls, vor allem der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zu berücksichtigen. 5Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (vgl. EuGH-Urteil vom 16. 12. 2010, C-270/09, Macdonald Resorts Limited). 6Diese Voraussetzungen gelten auch für die Verpachtung eines Grundstücks (vgl. EuGH-Urteil vom 6. 12. 2007, C-451/06, Walderdorff) und die hierdurch typischerweise eingeräumten Berechtigungen an dem Grundstück zur Ausübung einer sachgerechten und nachhaltigen Bewirtschaftung.“

bb) Die bisherigen Sätze 5 und 6 werden neue Sätze 7 und 8.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) 1Für die Vermietung eines Grundstücks ist es nicht erforderlich, dass die vermietete Grundstücksfläche bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags bestimmt ist. 2Der Mietvertrag kann auch über eine zunächst unbestimmte, aber bestimmbare Grundstücksfläche (z. B. Fahrzeugabstellplatz) geschlossen werden. 3Die spätere Konkretisierung der Grundstücksfläche kann durch den Vermieter oder den Mieter erfolgen. 4Die Dauer des Vertragsverhältnisses ist ohne Bedeutung. 5Auch die kurzfristige Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks kann daher die Voraussetzungen einer Vermietung erfüllen. 6Die Dauer der Gebrauchsüberlassung muss nicht von vornherein festgelegt sein. 7Auch vertragliche Beschränkungen des an der Mietsache bestehenden Nutzungsrechts schließen nicht aus, dass es sich um ein ausschließliches Nutzungsrecht handelt (vgl. EuGH-Urteil vom 18. 11. 2004, C-284/03, Temco Europe).“

c) In Absatz 3 Satz 4 wird dem Verweis „BFH-Urteile vom“ das Wort „vgl.„. vorangestellt.

d) In Absatz 4 wird folgender neuer Satz 5 angefügt:

5Steuerpflichtig ist hingegen die Vermietung beweglicher Gegenstände wie z. B. Zelte, Wohnanhänger und Mobilheime (vgl. EuGH-Urteil vom 3. 7. 1997, C-60/96, Kommission); vgl. aber Abschnitt 4.12.3 zur Vermietung von Campingflächen.“

e) In Absatz 6 Satz 3 wird vor dem Verweis „BFH-Urteil vom“ das Wort „vgl.„. eingefügt.

3. Abschnitt 4.12.4 wird wie folgt gefasst:

„4.12.4. Abbau und Ablagerungsverträge
1Verträge, durch die der Grundstückseigentümer einem anderen gestattet, die im Grundstück vorhandenen Bodenschätze, z. B. Sand, Kies, Kalk, Torf, abzubauen, sind unter den in Abschnitt 4.12.1 Abs. 1 genannten Voraussetzungen in der Regel als Pachtverträge anzusehen und von der Umsatzsteuer befreit (vgl. BFH-Urteil vom 28. 6. 1973, V R 7/72, BStBl II S. 717).2Verträge über die entgeltliche Überlassung von Grundstücken zur Ablagerung von Abfällen – z. B. Überlassung eines Steinbruchs zur Auffüllung mit Klärschlamm – sind unter den in Abschnitt 4.12.1 Abs. 1 genannten Voraussetzungen in der Regel als Mietverträge anzusehen und von der Umsatzsteuer befreit. 3Dies gilt auch dann, wenn sich das Entgelt nicht nach der Nutzungsdauer, sondern nach der Menge der abgelagerten Abfälle bemisst.“

4. Abschnitt 4.12.6 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 wird vor dem Verweis „BFH-Urteile vom“ das Wort „vgl.“ eingefügt.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

aa) Die Nummern 2 und 3 werden gestrichen.

bb) In Nummer 6 wird vor dem Verweis „BFH-Urteil vom“ das Wort „vgl.“ eingefügt.

5. Abschnitt 4.12.8 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) 1Unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe c UStG fallen insbesondere der Nießbrauch (§ 1030 BGB), die Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB), die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) sowie das Dauerwohnrecht und das Dauernutzungsrecht (§ 31 WoEigG), wenn die Bestellung solcher dinglicher Nutzungsrechte vom Begriff der Vermietung und Verpachtung nach Abschnitt 4.12.1 umfasst wird. 2Danach ist z. B. die entgeltliche Bestellung eines unwiderruflich eingeräumten dinglichen Nutzungsrechts zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach den Naturschutzgesetzen nicht nach § 4 Nr. 12 UStG befreit (vgl. BFH-Urteile vom 8. 11. 2012, V R 15/12, BStBl 2013 II S. 455, und vom 28. 5. 2013, XI R 32/11, BStBl 2014 II S. 411). 3Es fallen nur jene dinglichen Nutzungsrechte unter die Steuerbefreiung, die – wie z.Β. die Einräumung des Wegerechts – dem Inhaber ein Nutzungsrecht an dem Grundstück geben (vgl. BFH-Urteil vom 24. 2. 2005, V R 45/02, BStBl 2007 II S. 61).“

b) In Absatz 2 wird Satz 4 gestrichen.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze und Teilleistungen, die vor dem 31. Dezember 2015 erbracht werden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen im Zusammenhang mit der Vermietung von Standflächen bei Kirmesveranstaltungen abweichend von diesem Schreiben als umsatzsteuerpflichtig behandelt.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7168 / 08 / 10001 vom 21.01.2016

 

Berufsrecht: Steuerberater auch zur Vertretung in Beitragsstreitigkeiten befugt

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass Steuerberater ihre Mandanten auch in Streitigkeiten über kommunale Gebühren und Beiträge sowohl vor den Verwaltungsgerichten als auch im Widerspruchsverfahren gegenüber den Behörden vertreten dürfen (BVerwG vom 20.01.2016, Az. 10 C 17.14). Der DStV begrüßt ausdrücklich, dass mit dieser höchstrichterlichen Entscheidung nunmehr endlich die notwendige Rechtssicherheit für die Berufsangehörigen in der Praxis geschaffen wurde.

Dies gilt zunächst für die Frage der Auslegung des § 67 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, der es Steuerberatern erlaubt, „in Abgabenangelegenheiten“ vor den Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten als Bevollmächtigte aufzutreten. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, war jedoch bislang umstritten. Das BVerwG hat hier nunmehr Klarheit geschaffen und festgestellt, dass darunter nicht nur Streitigkeiten über die von den Verwaltungsgerichten zu entscheidenden landesrechtlichen Steuern fallen, sondern auch Rechtsstreitigkeiten über kommunale Gebühren und Beiträge. Auch wenn das Berufsbild des Steuerberaters nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) von der geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen geprägt sei, blieben davon bereits bislang die nach anderen Vorschriften bestehenden Vertretungsbefugnisse der Steuerberater etwa im sozialgerichtlichen Verfahren, in Lastenausgleichssachen und im Verwaltungsprozess ausdrücklich unberührt. Insoweit könne das Berufsbild der Steuerberater auch vorliegend nicht – wie noch von den Vorinstanzen angenommen – als Argument für eine einschränkende Auslegung des § 67 VwGO dienen.

Neben der Vertretungsbefugnis im gerichtlichen Verfahren nach § 67 VwGO – so das BVerwG weiter – sei Steuerberatern ein Tätigwerden für ihre Mandanten auch im vorgeschalteten Widerspruchsverfahren erlaubt. Dieses sei nach § 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) als Nebenleistung zur eingeräumten Erlaubnis zur Prozessführung zu sehen. Der hierfür erforderliche Zusammenhang sei bei der Vertretung im verwaltungsgerichtlichen Vorverfahren unzweifelhaft gegeben.

Der Entscheidung des BVerwG lag ein Rechtsstreit zwischen einer Gemeinde und mehreren Berufsangehörigen zugrunde, die verschiedene Fremdenverkehrsbetriebe in Steuersachen betreuten und für diese die erforderlichen Angaben zu den abzuführenden Fremdenverkehrsbeiträgen machten. Die Gemeinde war der Ansicht, dass Steuerberater nicht berechtigt seien, im Namen ihrer Mandanten in Fremdenverkehrsangelegenheiten Widersprüche gegen die Beitragsbescheide zu erheben. Auch die beiden Vorinstanzen hatten eine entsprechende Bevollmächtigung der Steuerberater für unzulässig gehalten.

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V., Mitteilung vom 20.01.2016

 

Säumniszuschläge für Beitragsbescheid entfallen rückwirkend

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 20.01.2016 entschieden, dass Säumniszuschläge und Nebenkosten (Mahnkosten, Pfändungsgebühren, Auslagen) für einen Abgabenbescheid rückwirkend entfallen, wenn das Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz gegen den Abgabenbescheid gewährt.

Die Kläger hatten gegen Straßenausbaubeitragsbescheide der beklagten Stadt Erfurt Widerspruch eingelegt. Nachdem die Beklagte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, zahlten die Kläger den geforderten Ausbaubeitrag i. H. v. 4.472,65 Euro ebenso wie die inzwischen angefallenen Säumniszuschläge und Nebenkosten i. H. v. zusammen etwa 700 Euro. Danach ordnete das Verwaltungsgericht Weimar die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Kläger gegen die Beitragsbescheide an. Die Beitragsbescheide wurden später im Widerspruchsverfahren endgültig aufgehoben. Die beklagte Stadt erstattete den Klägern zwar die Beitragsforderung zurück, nicht aber die Säumniszuschläge und Nebenkosten. Die darauf gerichtete Klage war in den Vorinstanzen (Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht Weimar) erfolgreich.

Das Bundesverwaltungsgericht wies jetzt die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zurück und bestätigte damit die stattgebenden Urteile. Die Beklagte ist zur Erstattung der Säumniszuschläge verpflichtet. Abgabenbescheide sind zwar grundsätzlich sofort vollziehbar. Bei Nichtzahlung fallen Säumniszuschläge kraft Gesetzes an. Bereits verwirkte Säumniszuschläge entfallen auch nicht dadurch, dass der Abgabenbescheid später aufgehoben oder geändert wird. Gibt aber das Verwaltungsgericht einem Eilantrag des Betroffenen statt, indem es die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Abgabenbescheid uneingeschränkt anordnet, entfällt rückwirkend die Vollziehbarkeit des Bescheides. Damit entfallen auch die Säumniszuschläge. Gerade weil diese vom Bestand der Hauptforderung unabhängig sind, muss es dem Betroffenen möglich sein, sie mittels gerichtlichen Eilrechtsschutzes abzuwehren. Entsprechendes gilt für die strittigen Nebenkosten.

Quelle: BVerwG, Pressemitteilung vom 20.01.2016 zum Urteil 9 C 1.15 vom 20.01.2016

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin