Abgabefrist für die Steuererklärung: Für 2017 bleibt es beim 31. Mai

Steuerzahler sollten sich Mittwoch, den 31. Mai 2017 im Kalenderjahr dick ankreuzen. Denn bis zu diesem Datum müssen die Steuererklärungen für das Jahr 2016 beim Finanzamt eingehen. Zwar hat der Gesetzgeber im vergangenen Jahr die Abgabefristen mit dem Steuermodernisierungsgesetz um zwei Monate verlängert, die Regelung gilt aber noch nicht für dieses Jahr! Darauf weist das Bundesfinanzministerium in einem aktuellen Verwaltungsschreiben vom 2. Januar 2017 hin. Erst für die Steuererklärung 2018, die im Jahr 2019 abgegeben wird, gibt es zwei Monate länger Zeit.

Wird die Erklärung mit Unterstützung von einem Steuerberater, Lohnsteuerhilfeverein oder Rechtsanwalt angefertigt, verlängert sich die Abgabefrist für die Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärung auf den 31. Dezember. Da der 31. Dezember 2017 in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt, müssen die Erklärung 2016 spätestens am 2. Januar 2018 beim Finanzamt sein.Ganz entspannt können diejenigen sein, die nicht verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Angestellte Singles ohne weitere Einkünfte oder Paare mit der Steuerklasse 4/4 brauchen meist keine Einkommensteuererklärung abgeben. Sie können jedoch freiwillig eine Erklärung beim Finanzamt einreichen. Dies lohnt sich, wenn mit einer Steuererstattung gerechnet werden kann. Dafür habe diese Steuerzahler vier Jahre Zeit.

 BMF: Steuererklärungsfristen für das Kalenderjahr 2016

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 06.01.2017

 

Steuererklärung: Gesetz bringt längere Abgabefristen – aber erst ab 2019

In den vergangenen Tagen informierten einige Medien über geänderte Abgabefristen für die Steuererklärung. Hintergrund ist das in diesem Jahr in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Die Verlängerung der Frist zur Abgabe der Steuererklärung ist eine der wesentlichen Änderungen, die dieses Gesetz bringt. Allerdings greift diese veränderte Regelung entgegen einiger Berichte noch nicht in diesem Jahr, sondern erst bei Steuererklärungen für das Jahr 2018.

So kann die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2018 bis zum 31. Juli 2019 eingereicht werden. Für die Jahressteuererklärungen für die Jahre 2016 und 2017 bleibt es hingegen noch bei der bislang geltenden Frist zum 31. Mai des Folgejahres. Auch beratene Steuerpflichtige bekommen ab der Jahressteuererklärung für das Jahr 2018 mehr Zeit: In diesem Fall verlängert sich die Frist vom 31. Dezember des Folgejahres auf den 28. bzw. 29. Februar des übernächsten Jahres.

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern, Pressemitteilung 04.01.2017

Steuererklärungen für 2016 werden ab März bearbeitet

Ab März 2017 können die Finanzämter die Steuererklärungen für 2016 bearbeiten. Erst dann stehen die bundeseinheitlichen Programme für die Berechnung zur Verfügung.

Arbeitgeber, Versicherungen und andere Institutionen haben noch bis Ende Februar Zeit, ihre Daten elektronisch an die Finanzämter zu übermitteln. Auch die bundeseinheitliche Software zur Berechnung der Steuern wird den Ländern voraussichtlich erst im Laufe des Februars zur Verfügung gestellt. Daher können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ämtern erst ab Mitte März dieses Jahres mit der Bearbeitung der Steuererklärungen für das Jahr 2016 beginnen.

Finanzminister Mathias Brodkorb: „In den vergangenen Jahren wurde immer wieder über Steuerbetrug und -hinterziehung gesprochen. Ich möchte mich daher an dieser Stelle bei allen ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bedanken. Denn sie leisten den wohl wichtigsten Beitrag für unsere öffentliche Infrastruktur – für gute Bildung in Schulen und Hochschulen, für den Bau und Erhalt von Straßen und nicht zuletzt für die Sicherheit in unserem Land. Das alles wäre ohne eine leistungsfähige Einnahmeverwaltung nicht denkbar. Nicht minder stolz bin ich daher auf die 1.850 Beschäftigten in unseren Finanzämtern. Allein im vergangenen Jahr haben sie über 450.000 Steuererklärungen bearbeitet und damit die Grundlage für die Funktionsfähigkeit unseres Staates gelegt.“

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern, Pressemitteilung 12.01.2017

Vorläufige Festsetzung (§ 165 Abs. 1 AO) der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer)

Vorläufige Feststellungen nach § 13a Abs. 1a ErbStG a. F. und nach § 13b Abs. 2a ErbStG a. F.

FinMin Baden-Württemberg, Erlass 3 – S-0338 / 69 (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder) vom 16.01.2017

Das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2464; BStBl I S. 1202) ist rückwirkend am 1. Juli 2016 in Kraft getreten. Es besteht somit kein Anlass mehr, Festsetzungen der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) sowie Feststellungen nach § 13a Abs. 1a ErbStG a. F. und nach § 13b Abs. 2a ErbStG a. F. im Hinblick auf die durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 – (BStBl II 2015 S. 50) angeordnete Neuregelungsverpflichtung vorläufig durchzuführen.

Die gleich lautenden Erlasse vom 5. November 2015 (BStBl I S. 788) werden daher mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Quelle: BMF

Hartz 4: Jobcenter muss außergewöhnliche Fahrtkosten zu Therapie erstatten

Für außergewöhnlich hohe Fahrtkosten zu einer regelmäßigen ambulanten Psychotherapie muss das Jobcenter aufkommen. Das hat das Sozialgericht Dresden mit Urteil vom 12. Dezember 2016 entschieden.

Die 42 Jahre alte Klägerin ist seit 2013 verwitwet. Sie lebt alleinerziehend mit ihrem inzwischen 14 Jahre alten Sohn zusammen und bezieht Arbeitslosengeld II („Hartz IV“). Beide unterzogen sich nach dem Tod des Ehemannes/Vaters einer ambulanten Psychotherapie. Hierzu mussten sie von ihrem Wohnort im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in die Praxis des Therapeuten fahren. Die Klägerin fuhr zweimal wöchentlich in eine Praxis in Dresden. Ihren Sohn begleitete sie zudem einmal wöchentlich zu dessen Therapeuten. Die Klägerin und ihr Sohn besitzen Monatskarten, die jedoch die Fahrt nach Dresden nicht abdecken. Von April bis September 2014 entstanden der Klägerin zusätzliche Fahrtkosten zu den Therapien in Höhe von knapp 190 Euro. Weitere zusätzliche 36 Euro fielen für die Fahrkarten ihres Sohnes an. Das Jobcenter lehnte eine Erstattung ab.

Die 3. Kammer des Sozialgerichts Dresden hat der Klage teilweise stattgegeben. Im Regelbedarf bei Erwachsenen für das Jahr 2014 waren 24,62 Euro monatlich für „Verkehr“ vorgesehen. Mit dem Kauf ihrer Monatskarte für 80 Euro hatte die Klägerin diesen Betrag bereits deutlich überschritten. Für die zusätzlichen Kosten von über 30 Euro monatlich konnte sie nicht mehr selbst aufkommen. Die Krankenkasse erstattet die Fahrtkosten nicht. Ihren damals 12 Jahre alten Sohn musste sie auch bei der Fahrt mit mehrmaligem Umsteigen begleiten. Damit lag ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger Bedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB II vor.

Anders verhält es sich bezüglich der Fahrkarten des Sohnes der Klägerin. Die gut 6 Euro zusätzlicher Fahrtkosten monatlich konnten noch aus seinem Regelbedarf gedeckt werden.

In der Rechtsprechung hat sich noch keine einheitliche Linie zur Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II herausgebildet. Die Vorschrift geht zurück auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010. Zur Gewährleistung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum musste der Gesetzgeber für einen über den typischen Bedarf hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einen zusätzlichen Leistungsanspruch einräumen.

Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung gegen das Urteil zum Sächsischen Landessozialgericht in Chemnitz zugelassen.

Hinweis zur Rechtslage

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende

§ 21 Mehrbedarfe

Abs. 6:

Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Quelle: SG Dresden, Pressemitteilung vom 13.01.2017 zum Urteil S 3 AS 5728/14 vom 12.12.2016 (nrkr)

 

Betriebsstätte eines selbständigen EDV-Beraters (FG)

Bei einem selbständigen EDV-Berater ist der regelmäßige Tätigkeitsort am Sitz des Auftraggebers, an dem die beruflichen Leistungen erbracht werden, seine Betriebstätte. Die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind daher mit der Entfernungspauschale und nicht mit den tatsächlich angefallenen Kosten in Ansatz zu bringen.

Finanzgericht Hessen Urt. v. 19.09.2016, Az.: 9 K 485/16

Datum: 19.09.2016
Aktenzeichen: 9 K 485/16
Rechtsgrundlage: EStG §§ 4 Abs.5 Nr.6, 9 Abs.1 S.3 Nr.4 S.2-4

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

www.steuerschroeder.de/freiberufler.htm
B. bei Journalisten und freien Dozenten. Aber Berufe wie Contentproducer, Multimedia-Entwickler, Webdesigner oder EDVBerater kennt das Gesetz noch nicht.
https://www.steuerschroeder.de/…/der-regelmaessige-taetigkeitsort-ist-die- betriebsstaette-eines-selbststaendigen-edvberaters/
28. Jan. 2017  Bei einem selbstständigen EDVBerater ist der regelmäßige Tätigkeitsort am Sitz des Auftraggebers, an dem die beruflichen Leistungen …
www.steuerschroeder.de/Betriebswirtschaftliche-Beratung-Steuerberater.pdf
Dateiformat: PDF/Adobe Acrobat
nehmensleitung. Betriebswirtschaftliche Beratung ist Auf- … schaftlichen Beratung besonders qualifi- ziert. Fortbildung …. EDVBeratung sowie die Sanierungs-.
https://www.steuerschroeder.de/…/bfh-urteil-vom-11-12-1985-i-r-285_82- bstbl-1986-ii-s-484/
11. Dez. 1985  Der EDVBerater ist steuerrechtlich als ein eigenständiger Beruf zu … eines Diplom-Kaufmanns verfügt, jedoch nur als EDVBerater tätig ist, …
www.steuerschroeder.de/steuergesetze/esth/15.6
EDVBerater übt im Bereich der Systemsoftware regelmäßig eine ingenieurähnliche Tätigkeit aus. Im Bereich der Entwicklung von Anwendersoftware ist die …
https://www.steuerschroeder.de/…/x-b-153-10-hinzuschaetzung-von- einkuenften-bei-verletzung-der-mitwirkungspflicht-verletzung-de…
6. Dez. 2012  Es hat darauf abgestellt, dass nach dem Vertrag zwischen der S-GmbH und der Z -AG, die dem Kläger die EDVBeratung zugewiesen hatte, ein …
https://www.steuerschroeder.de/…/i-r-71-13-zustaendigkeit-zur-gesonderten- feststellung-freiberuflicher-einkuenfte-bei-spaeterer-verlegung-de…
10. März 2015  I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständiger EDVBerater. Er berät Unternehmen hinsichtlich der Implementierung und …
https://www.steuerschroeder.de/scheinselbstaendigkeit.htm
EDVBerater · Programmierer; Gutachter; Ingenieure · Physiotherapeuten, Krankengymnasten Das Bundessozialgericht hatte mit Urteilen vom 14.9.1989 – 12 RK …
Steuerlexikon von A-Z Gewerbebetrieb – Vorrang der §§ 13 und 18 …
www.steuerschroeder.de/…/Gewerbebetrieb%20- %20Vorrang%20der%20§§%2013%20und%2018%20EStG
Ein EDVBerater, der überwiegend Managementleistungen im Rahmen der Leitung von EDV-Projekten erbringt, kann einen ingenieurähnlichen Beruf i.S.d. …
https://www.steuerschroeder.de/…/mehr-als-101-fragen-antworten-zur- freiberuflichkeit/
11. Apr. 2018  Ich möchte mich als IT-Berater (Freiberufler) selbständig machen und …. Begriff „ EDVBeratung“ mit einer gewerblichen Tätigkeit gleichsetzt.

Tatbestand

Streitig ist, ob Fahrtkosten des Klägers von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte mit den tatsächlichen Aufwendungen oder nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind und ob dem Kläger Verpflegungsmehraufwand zusteht.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann, dessen Fahrtkosten hier streitig sind, erzielt als EDV-Berater Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Der Kläger hat verschiedene Verträge (Einzelvertrag zum Rahmenvertrag) zwischen ihm und der Firma A in B vorgelegt, wonach die A als Auftraggeber ihn, den Kläger, als Auftragnehmer bei dem Kunden C für das Projekt „Beratung und Unterstützung beim Einsatz von Software-Produkten der Firma D“ einsetzt.

Die Einkommensteuer 2010-2012 wurde zunächst mit Bescheiden vom 14.06.2011 (2010), 28.11.2012 (2011) und 04.11.2013 (2013) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO – festgesetzt.

Im Zeitraum vom 27.01. bis 09.07.2014 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Die Betriebsprüferin kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger regelmäßig seiner Tätigkeit beim C in E nachgehe. In Ausnahmefällen übe der Kläger seine Tätigkeit an anderen Orten aus. Für diese Fahrten werde weiterhin die Kilometerpauschbeträge in Höhe von 0,30 € pro gefahrenen Kilometer und die in § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG vorgesehenen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand berücksichtigt. Bei den Fahrten zu der regelmäßigen Arbeitsstätte in E handele es sich jedoch um Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen sei § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG entsprechend anzuwenden. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung sei in E der Mittelpunkt der betrieblichen Arbeit des Klägers. Anhand des Rahmenvertrages mit der A, anhand der Tätigkeitsbeschreibung und anhand der Ausgangsrechnungen sei die Anwesenheit des Klägers bei den jeweiligen Kunden zwingend erforderlich. Die in seinem Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten, wie Rechnungserstellung, Buchhaltung, Zeiterfassungen und Reisekostenabrechnungen seien Nebentätigkeiten und stellten nicht den inhaltlichen Schwerpunkt der EDV-Tätigkeit des Klägers dar. Da der Kläger seinen Hauptauftraggeber in E fast täglich aufsuche und damit der inhaltliche Schwerpunkt, nämlich EDV-Tätigkeit, dort erbracht werde, handle es sich beim C in E um eine regelmäßige Arbeitsstätte.

Wegen Einzelheiten wird auf Textziffer 16 ff des Betriebsprüfungsberichte ist vom 01.08.2014 Bezug genommen.

Mit geänderten Bescheiden jeweils vom 19.08.2014 folgte der Beklagte den Feststellungen der Betriebsprüfung.

Hiergegen legten die Kläger, vertreten durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten, Einspruch ein.

Außergerichtlich und gerichtlich vertreten sie folgende Rechtsansicht:

Entgegen der Auffassung der Betriebsprüfung und der Veranlagungsstelle handele es sich beim C in E nicht um den Hauptauftraggeber des Klägers. Auftraggeber sei vielmehr die A mit Sitz in B gewesen, in deren Auftrag der Kläger als Subunternehmer im Rahmen von EDV-Projekten beim C in E tätig gewesen sei. Dort habe sich auch nicht die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers befunden; denn jeder Vertrag zwischen dem Kläger und der Firma A sei im Vorhinein zeitlich befristet gewesen. Die Einsätze in E seien daher nicht von vornherein „dauerhaft“ angelegt gewesen. Eine vorübergehende Tätigkeitsstätte werde nicht durch bloßen Zeitablauf zum Tätigkeitsmittelpunkt bzw. zur regelmäßigen Arbeitsstätte. Auch in qualitativer Hinsicht fehle es an einer regelmäßigen Arbeitsstätte in E, da der Kläger wichtige Arbeiten im Zusammenhang mit dem Projekt von seinem Arbeitszimmer von zuhause aus erledige; hierbei sei auch die vertraglich vereinbarte Rufbereitschaft zu berücksichtigen. Das Arbeitszimmer des Klägers sei daher als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12.02.2016 folgte das Finanzamt dem nicht und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Nach ständiger Rechtsprechung der für die Gewinneinkünfte zuständigen Senat des Bundesfinanzhofes – BFH -, so der Beklagte, sei als Betriebsstätte bei einem im Wege eines Dienstvertrags tätigen Unternehmers, der nicht über eine eigene Betriebsstätte verfüge, der Ort anzusehen, an dem oder von dem aus er die geschuldete Leistung zu erbringen habe, in der Regel also der Betrieb des Auftraggebers. Regelmäßige Arbeitsstätte und damit auch regelmäßige Betriebsstätte sei der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit und damit der Ort, an dem der Steuerpflichtige seine aufgrund des Vertragsverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen habe. Dies sei im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte, der der Steuerpflichtige zugeordnet sei und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsuche. Außerdem sei in der Regel von einer regelmäßigen Betriebsstätte/Arbeitsstätte auszugehen, wenn der Steuerpflichtige aufgrund der arbeitsvertraglichen Festlegungen in der betrieblichen Einrichtung des Kunden arbeitstäglich, einen vollen Arbeitstag pro Woche oder mindestens 20 % der vereinbarten Arbeitszeit tätig werden solle. Der Kläger sei dem C infolge der vertraglichen Vereinbarung zugeordnet und mit der Beratung und Unterstützung der eingesetzten D Systeme beauftragt worden. Die Arbeitszeiten seien auf Dauer angelegt worden (u.a. Jahres- bzw. 2-Jahresverträge), so dass sich der Kläger auf die immer gleichen Wege einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten, etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel habe hinwirken können. Laut Reisekostenabrechnungen sei der Kläger fast arbeitstäglich zu C nach E gefahren. Die Zeiten der Abwesenheit von der Wohnung beliefen sich durchschnittlich von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Dies verdeutliche den überwiegenden Außendienst bei C vor Ort. Im Prüfungszeitraum und darüber hinaus sei der Kläger ausschließlich für C in E als EDV-Berater tätig gewesen. Weitere Aufträge seien aus Kapazitätsgründen nicht angenommen worden. Dass die dauerhafte Ausübung der Tätigkeit angeblich von Anfang an nie so geplant war, spiele dabei keine Rolle. Den vorgelegten Einzelverträgen lasse sich entnehmen, dass die Dauer der Tätigkeit bei dem (ausschließlichen Kunden) C von vornherein auf ein Jahr geschlossen und stetig verlängert worden sei. Dass der Vertrag über eine Vermittlungsfirma, hier die A, abgeschlossen worden sei, sei bei der Berücksichtigung und Beurteilung der regelmäßigen Betriebsstätte nicht ausschlaggebend, da nach heute üblichen Standards in der Medienbranche die Akquise von outgesourcten Bereichen grundsätzlich Fremdanbietern überlassen werde. Im Übrigen sei auch in den Veranlagungszeiträumen 2013 und 2014 C in E der einzige Auftraggeber des Klägers; dies verdeutliche abermals, dass es sich um eine regelmäßige Betriebsstätte handele. Wegen Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 12.02.2016 Bezug genommen.

Hiergegen haben die Kläger fristgemäß Klage erhoben, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres außergerichtlichen Vorbringens ihr Ziel weiter verfolgen.

Die Kläger beantragen,

  1. 1.

    Die Einkommensteuerbescheide für 2010, 2011 und 2012 jeweils vom 19.08.2014 jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 12.02.2016 dahingehend abzuändern, dass die in den Jahren 2010 bis 2012 bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit des Ehemanns als Reisekosten geltend gemachten Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen vollumfänglich als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

  2. 2.

    Dem Finanzamt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

  3. 3.

    Die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten zum Verfahren für notwendig zu erklären.

  4. 4.

    Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auch der Beklagte hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung im gerichtlichen Verfahren fest.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht für die Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers und dessen Tätigkeitsort in E die Entfernungspauschale gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 Sätze 2-6 EStG in Ansatz gebracht.

Da der Kläger bei C in E eine Betriebsstätte unterhalten hat, scheidet ein Abzug der tatsächlichen Aufwendungen gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6 S. 1 EStG aus.

Nach ständiger Rechtsprechung des für die Gewinneinkünfte zuständigen X. Senats des Bundesfinanzhofs – BFH – ist als Betriebsstätte bei einem im Wege eines Dienstvertrags tätigen Unternehmers, der nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, der Ort anzusehen, an dem er die geschuldete Leistung zu erbringen hat, in der Regel also der Betrieb des Auftraggebers. In anderen Entscheidungen, so der BFH, werde die Formulierung verwendet, es handele sich um den Ort, an dem oder von dem aus die beruflichen und oder gewerblichen Leistungen erbracht werden, ohne dass in diesem Formulierungsunterschied allerdings eine inhaltliche Abweichung zu sehen sei. Die für Arbeitnehmer entwickelten Ausnahmen von der – für PKW-Nutzer – mit der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG verbundenen Abzugsbeschränkung gelten allerdings auch zugunsten der Bezieher von Gewinneinkünften. Dies sei bisher vor allem für Steuerpflichtige entschieden worden, die an – so die Terminologie der damaligen Rechtsprechung – ständig wechselnden Einsatzstellen tätig waren. Die dargestellte, zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.6 EStG entwickelt Definition der Betriebsstätte weiche zwar vom allgemeinen Betriebsstättenbegriff des § 12 AO ab, der eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen über die ihm genutzte Einrichtung voraussetze. Diese normspezifische Gesetzesauslegung sei jedoch im Hinblick auf den mit § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG verfolgten Zweck, die Bezieher von Gewinneinkünften in Bezug auf regelmäßige Fahrten mit Arbeitnehmern gleichzustellen, geboten. Demgegenüber diene der Betriebsstättenbegriff des § 12 AO im Wesentlichen der Abgrenzung von Besteuerungsgrundlagen zwischen verschiedenen Steuergläubigern (z.B. Gewerbesteuerzerlegung nach § 28 des Gewerbesteuergesetzes, nationales Zugriffsrecht auf die Einkünfte von Steuerausländer nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, Aufrechterhaltung des nationalen Zugriffsrechts in Anwendung des im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen entwickelten Betriebsstättenbegriffs), was für den Regelungsbereich des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG indes nicht von Bedeutung sei (BFH-Urteil vom 22.10.2014 X R 13/13, BStBl II 2015, 273 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).

Demgegenüber geht der für die Besteuerung der nichtselbstständigen Einkünfte zuständige VI. Senat des BFH davon aus, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sei, der der Arbeitnehmer zugeordnet sei und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsuche. Das sei regelmäßig im Betrieb des Arbeitgebers oder im Zweigbetrieb der Fall, nicht aber bei der Tätigkeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers. Dementsprechend habe der Senat die Frage, ob eine Tätigkeitsstätte beim Kunden des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte sein könne, ebenso verneint wie diejenige, ob ein Leiharbeitnehmer typischerweise über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfüge (BFH-Urteil vom 15.05.2013 VI R 18/12 BFH/NV 2013, 1693 [BFH 15.05.2013 – VI R 18/12] mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Begründet wird dies damit, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich dann nicht an einer regelmäßigen Tätigkeitsstätte sei, sondern auswärts tätig, wenn er außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Tätigkeitsstätte (Betrieb, Zweigbetrieb oder Betriebsstätte) tätig werde, wie dies insbesondere bei Leiharbeitnehmern, aber auch bei allen anderen Arbeitnehmern der Fall sei, die vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden des Arbeitgebers tätig würden. Insoweit gelte eine generalisierende und typisierende Betrachtungsweise (BFH VI R 18/12 a.a.O.).

Vorliegend ist der Kläger selbständig tätig und erzielt entsprechende Einkünfte. Er ist somit nicht in den Betrieb eines Arbeitgebers eingegliedert und unterliegt auch nicht dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers, wie dies im Verhältnis Arbeitgeber – Arbeitnehmer typischerweise gegeben ist. Seine völlige tatsächliche und rechtliche Selbstständigkeit wird auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. So ergibt sich aus § 1 des Rahmenvertrages, dass der Auftragnehmer (hier: der Kläger) frei sei in der Annahme eines Einzelvertrages. Dass der Kläger seit vielen Jahren, nämlich seit 1999, aufgrund der jeweils hintereinander geschalteten Einzelverträge für die Firma A bei C in E tätig ist, ändert an dieser Sachlage nichts. Die vorliegende Konstellation ähnelt zwar einem Leiharbeitsverhältnis insoweit, als auch hier ein Dreiecksverhältnis vorliegt: A als Auftraggeber – Kläger als Auftragnehmer – C als Kunde. Der wesentliche Unterschied liegt jedoch darin, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt, der Auftraggeber somit nicht Arbeitgeber und der Kläger nicht Arbeitnehmer ist, somit eine arbeitsrechtliche Eingliederung in ein Unternehmen eines Arbeitgebers fehlt. Da der Kläger – wie dargestellt – frei ist, ob er die Einzelverträge annimmt oder nicht, somit kein Direktionsrecht eines Arbeitgebers vorliegt, kann dieser Sachverhalt nicht mit dem eines Leiharbeitsverhältnisses verglichen werden. Insbesondere kann sich der Kläger aufgrund seiner Selbstständigkeit, anders als bei einem Leiharbeitsverhältnis mit dem dort gegebenen Direktionsrecht des Arbeitgebers, auf seine auswärtige Tätigkeit aufgrund eigener Entscheidung einstellen.

Der erkennende Senat hält daher die Rechtsprechung des VI. Senats des BFH auf den vorliegenden Fall nicht für anwendbar und folgt der dargestellten Rechtsprechung des X. Senats.

Nach Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung verbringt er die ganz überwiegende Arbeitszeit vor Ort bei C in E. Die von der Betriebsprüfung festgestellten Zeiten von durchschnittlich 08:00 bis 18:00 Uhr Tätigkeit in E werden auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Die demgegenüber vom Kläger von zuhause aus erbrachten Tätigkeiten, nämlich nach dessen Darstellung zweibis dreimal in der Woche für 1 bis 2,5 Stunden, wobei dies stark differieren könne, sind demgegenüber völlig untergeordnet und begründeten keine eigenständige Betriebsstätte.

Dies wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Der Ort, an dem die beruflichen Leistungen des Klägers erbracht werden, somit auch die Betriebsstätte im Sinne der dargestellten Rechtsprechung, ist somit in E.

Der Beklagte hat daher zutreffend für die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte die Entfernungspauschale und nicht die tatsächlich angefallenen Kosten in Ansatz gebracht.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – abzuweisen.

Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu.

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4. Okt. 2012  Zu § 30 GewStG. R 30.1 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten1 Eine einheitliche mehrgemeindliche Betriebstätte liegt vor, wenn …
www.steuerschroeder.de/steuergesetze/ustr/33
(2) 1Der Ort einer Betriebsstätte ist nach § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG Leistungsort, wenn die sonstige Leistung von dort ausgeführt wird, d.h. die sonstige Leistung …
www.steuerschroeder.de/…/investitionsabzugsbetrag-verwendung.html
Die betriebliche Nutzung des Wirtschaftsgutes in einer inländischenBetriebsstätte des begünstigten Betriebes im Verbleibens- und Nutzungszeitraum ergibt …
www.steuerschroeder.de/steuergesetze/erbsth/E.13b.5
Betriebsstätte in einem Drittstaat. nicht begünstigungsfähiges Betriebsvermögen (> R E 13b.5 Absatz 4 Satz 2 und 3). Beteiligung an einer Personengesellschaft …

Einkommensteuer: BFH: Keine Steuerermäßigung für vertragsgemäße Kapitalauszahlung aus einer Pensionskasse

Die einmalige Kapitalabfindung laufender Ansprüche gegen eine Pensionskasse führt nicht zu ermäßigt zu besteuernden außerordentlichen Einkünften, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. September 2016 X R 23/15 unterliegen die Einkünfte aus der Pensionskasse, die der betrieblichen Altersversorgung dient, dann vielmehr dem regulären Einkommensteuertarif.

Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin aufgrund einer Entgeltumwandlung Ansprüche gegen eine Pensionskasse erworben. Der entsprechende Vertrag sah vor, dass die Versicherten anstelle der Rente eine Kapitalabfindung wählen konnten. Hiervon machte die Klägerin mit ihrem Ruhestandseintritt Gebrauch. Da die Beitragszahlungen nach § 3 Nr. 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als steuerfrei behandelt worden waren, hatte die Klägerin die Kapitalabfindung zu versteuern. Diese grundsätzliche Steuerpflicht stand nicht im Streit. Die Klägerin begehrte aber die Anwendung des in § 34 EStG vorgesehenen ermäßigten Steuersatzes, weil es sich um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten handele.Dies hat der BFH – anders als noch das Finanzgericht als Vorinstanz – abgelehnt. Die Anwendung der Steuerermäßigung des § 34 EStG setzt stets voraus, dass die begünstigten Einkünfte als „außerordentlich“ anzusehen sind. Die Zusammenballung von Einkünften darf daher nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkunftserzielung entsprechen. Vorliegend war die Zahlung der Kapitalabfindung aber nicht atypisch, sondern vertragsgemäß, weil den Versicherten schon im ursprünglichen Vertrag ein entsprechendes Wahlrecht eingeräumt worden war.

Ohne dass dies im Streitfall entscheidungserheblich war, hat der BFH schließlich Zweifel geäußert, ob Verträge, die von Anfang an ein Kapitalwahlrecht vorsehen, überhaupt nach § 3 Nr. 63 EStG in seiner ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung durch Steuerbefreiung der entsprechenden Einzahlungen gefördert werden können.

BFH, Pressemitteilung Nr. 2/17 vom 11.01.2017 zum Urteil X R 23/15 vom 20.09.2016

 

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden nach Flächenschlüssel

Bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes kann für den Vorsteuerabzug – im Gegensatz zu den Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung – nicht darauf abgestellt werden, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen; vielmehr kommt es insoweit auf die prozentualen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes an.

Bei der Herstellung eines solchen Gebäudes ermöglicht der objektbezogene Flächenschlüssel regelmäßig eine sachgerechte und „präzisere“ Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug als der gesamtumsatzbezogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel.

Die Neuregelung der Aufteilungsmethode für den Vorsteuerabzug durch den am 01.01.2004 in Kraft getretenen § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG kann eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 1 UStG bewirken.

Einer entsprechenden Vorsteuerberichtigung stehen weder die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes entgegen noch liegt darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung in Vorjahre.

BFH, Urt. v. 10.08.2016, XI R 31/09, StBdirekt-Nr. 016401

Verfassungsmäßigkeit der Entfernungspauschale

 

  1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale sämtliche gewöhnlichen wie au­ßergewöhnlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßige Arbeitsstätte abgegolten werden.

 

  1. Insbesondere ist in dem Umstand, dass der Gesetzgeber Be­nutzer öffentlicher Verkehrsmittel von der abzugsbeschränken­den Wirkung der Entfernungspauschale ausgenommen hat, kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu erblicken.

 

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2, § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2, GG Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 Satz 1, PBefG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 8 Abs. 2, § 42, § 46 Abs. 2 Nr. 1, § 47

Beschluss vom 15. November 2016, VI R 4/15

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 29. Juli 2014, 7 K 784/13 (EFG 2015, 1184)

 

 

Tenor

 

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 29. Juli 2014  7 K 784/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klä­ger zu tragen.

 

Gründe

 

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  1. Streitig ist, ob Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte mit den tatsächlichen Kosten oder nur in Höhe der Entfernungspauschale angesetzt werden können.

 

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Die verheirateten Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden für das Streitjahr (2010) zur Einkommensteuer zusammen veran­lagt. Sie erzielten im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nicht­selbständiger Arbeit.

 

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In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernung 43 km) die tat­sächlichen Kosten von 0,44 €/km geltend. Der Beklagte und Re­visionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) berücksichtigte die geltend gemachten Wegekosten hingegen lediglich in Höhe der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommen­steuergesetzes ‑‑EStG‑‑).

 

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Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das Fi­nanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1184 veröffentlichten Gründen ab.

 

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Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Umstand, dass Arbeitnehmer Aufwendungen für Fahr­ten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nur in Höhe einer Entfernungspauschale geltend machen, mit öffentli­chen Verkehrsmitteln reisende Steuerpflichtige hingegen die tatsächlich entstandenen Kosten absetzen könnten, verstoße ge­gen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

 

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Sie beantragen,
das Urteil des FG Nürnberg vom 29. Juli 2014  7 K 784/13 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2010 in Ge­stalt der Teileinspruchsentscheidung vom 17. Mai 2013 da­hingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Aner­kennung weiterer Werbungskosten in Höhe von 5.415 € her­abgesetzt wird,
hilfsweise dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 2 EStG im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG gemäß Art. 100 GG zur Entscheidung vor­zulegen.

 

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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

 

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  1. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichts­ordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für un­begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforder­lich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hat­ten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Revision der Kläger ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte zu Recht nur nach Maßgabe der Entfernungspauschale zum Werbungskostenabzug zugelassen.

 

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  1. Auf das Streitjahr (2010) ist nach § 52 Abs. 23d Satz 1 EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG i.d.F. des Geset­zes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungs­pauschale vom 20. April 2009 (BGBl I 2009, 774) anzuwenden. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 2, Abs. 4 EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 4 Buchst. a Doppelbuchst. aa, Buchst. b und Buchst. d des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Un­ternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285) tritt nach dessen Art. 6 Satz 1 erst am 1. Januar 2014 in Kraft.

 

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  1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG sind Werbungskos­ten auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwi­schen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regel­mäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und re­gelmäßiger Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind durch die Entfernungspauschalen „sämt­liche Aufwendungen“ abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte veranlasst sind, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen für die Benutzung öf­fentlicher Verkehrsmittel. Diese können nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG auch angesetzt werden, soweit sie den als Entfernungspau­schale abziehbaren Betrag überschreiten.

 

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Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat das FA die Aufwendungen des Klägers für seine arbeitstäglichen Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte zutreffend mit 2.967 € beziffert und in dieser Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt. Denn der Kläger hat die Wegstrecken nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, son­dern mit einem Kfz zurückgelegt. Damit ist der Abzug seiner über die Entfernungspauschale hinausgehenden tatsächlich ent­standenen Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG ausgeschlossen.

 

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Die Richtigkeit der einfachrechtlichen Rechtsanwendung ist zwischen den Beteiligten zu Recht auch nicht streitig.

 

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  1. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet im Streitfall aus.

 

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  1. a) Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale sämtliche gewöhnlichen wie au­ßergewöhnlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte abgegolten werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 EStG). Der Gesetzgeber hat das ihm eingeräumte Regelungsermessen insoweit nicht über­schritten. Vielmehr erweisen sich diese berufliche Mobilitäts­kosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelungen für den ‑‑auch hier vorliegenden‑‑ Grundfall, den immer wiederkehren­den Fahrten zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte, nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (z.B. Senatsurteile vom 6. November 2014 VI R 21/14, BFHE 247, 427, BStBl II 2015, 338; vom 20. März 2014 VI R 29/13, BFHE 245, 196, BStBl II 2014, 849; vom 9. Februar 2012 VI R 22/10, BFHE 236, 426, BStBl II 2012, 827, m.w.N.). Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechts­gleicher Rechte des Klägers durch die Anwendung der im Streit­fall werbungskostenabzugsbeschränkend wirkenden Entfernungs­pauschale liegt nicht vor.

 

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  1. b) Der Umstand, dass der Gesetzgeber entsprechende Aufwendun­gen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG, auch soweit sie den als Entfernungspau­schale abziehbaren Betrag überschreiten, zum Werbungskostenab­zug zulässt, verstößt ebenfalls nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

 

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  1. aa) Zum einen verkennen die Kläger die Reichweite des allge­meinen Gleichheitssatzes im Hinblick auf eine möglicherweise gleichheitswidrige Begünstigung der Benutzer öffentlicher Ver­kehrsmittel. Die gleichheitswidrige Privilegierung einer Grup­pe stellt sich zwar als Benachteiligung der übrigen Steuer­pflichtigen dar (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 21. Oktober 1994 VI R 15/94, BFHE 175, 368, BStBl II 1995, 142, unter VI.; vom 24. Februar 1999 X R 171/96, BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450, unter C.II.2.; vom 14. November 2001 X R 32‑33/01, BFHE 197, 199, BStBl II 2002, 183, unter C.II.3.; Senatsurteil vom 11. September 2008 VI R 13/06, BFHE 223, 39, BStBl II 2008, 928, unter C.II.5.; Tipke, Die Steuer­rechtsordnung, Bd. III, 1395, 1400 f.). Dennoch kann durch den Gleichheitssatz kein allgemeines und generelles Abwehrrecht eines jeden Steuerpflichtigen gegenüber solchen Rechtsvor­schriften begründet werden, die zu einer gleichheitswidrigen Steuerentlastung führen (hierzu Seer in Tipke/Kruse, Abgaben­ordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 88; Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, 2. Aufl., § 124 Rz 274; Sachs, Festschrift für Friauf, S. 309, 328; grundlegend Maurer, Festschrift für Weber, S. 345, 354 f.; BVerfG-Beschluss vom 26. Juli 2010 2 BvR 2227/08, 2 BvR 2228/08, BVerfGK 17, 438; Senatsbeschluss vom 21. September 2006 VI R 81/04, BFHE 215, 196, BStBl II 2007, 114).

 

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  1. bb) Zum anderen teilt der Senat die verfassungsrechtlichen Be­denken der Kläger an der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG auch in der Sache nicht.

 

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(1) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behan­deln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismä­ßigkeitserfordernisse reichen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entschei­dungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz die­selben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien be­grenzt: Durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Ge­bot der Folgerichtigkeit. Die für die Lastengleichheit im Ein­kommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteu­er grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruf­lichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsi­chernden Aufwendungen andererseits (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, m.w.N.).

 

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(2) Diesen verfassungs- wie einfachrechtlichen Maßstäben wird die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG gerecht. Denn der Ge­setzgeber wahrt damit das objektive Nettoprinzip in besonderer Weise und trägt folgerichtig dem Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit Rechnung. Überdies ist der Steuergesetzgeber grundsätzlich nicht gehindert, außerfiskali­sche Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen. Er darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten ver­pflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünsch­ten Verhaltens oder durch steuerliche Verschonung eines er­wünschten Verhaltens ein Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden. Verfolgt der Gesetzgeber er­kennbar solche Förderungs- und Lenkungsziele, können sie steu­erliche Belastungen oder Entlastungen rechtfertigen, sofern die Regelung gleichheits- und zweckgerecht ausgestaltet ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.; Senatsurteil vom 26. März 2009 VI R 42/07, BFHE 224, 448, BStBl II 2009, 724).

 

20

Hiernach ist die Privilegierung öffentlicher Verkehrsmittel in § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn diese Regelung ist erkennbar von umwelt- und verkehrspoliti­schen Zielen getragen (vgl. BTDrucks 14/4242, 5). Es ist des­halb gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Ge­setzgeber Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel von der abzugsbegrenzenden Wirkung der Entfernungspauschale ausnimmt. Der Umstand, dass diese Verkehrsmittel insbesondere gegenüber dem motorisierten privaten Individualverkehr in Bezug auf den Primärenergieverbrauch und den Ausstoß von Treibhausgasen um­weltfreundlicher sind, rechtfertigt deren Privilegierung.

 

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(3) Die Auffassung der Kläger, nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG seien ‑‑entgegen der umweltpolitischen Zielsetzung dieser Vor­schrift‑‑ auch Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem Taxi jenseits der Entfernungspauschale zu berücksichtigen, kann verfassungsrechtliche Zweifel an der sach- und zweckgerechten Ausgestaltung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 2 EStG nicht begründen.

 

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Dabei kann der Senat offen lassen, ob es sich bei einem Taxi einfachrechtlich um ein öffentliches Verkehrsmittel i.S. die­ser Vorschriften handelt (so FG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2014  13 K 339/12 E, juris). Allein der Umstand, dass die Beförderung von Personen mit Kfz im Gelegenheitsverkehr etwa einem Taxi nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 47 des Perso­nenbeförderungsgesetzes i.d.F. vom 8. August 1990 (PBefG) i.V.m. § 46 Abs. 2 Nr. 1 PBefG genehmigungspflichtig ist und nach § 8 Abs. 2 PBefG zum öffentlichen Personennahverkehr zählt, zwingt hierzu jedenfalls nicht. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG lässt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch dahingehend verstehen, dass lediglich Aufwendungen für regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel (im Linien­verkehr, § 42 PBefG) nicht unter die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale fallen sollen.

 

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Der Gesetzgeber ist jedenfalls bei der Ordnung von Massener­scheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfah­rungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wie­dergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generali­sierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.).

 

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Diese Typisierungsgrundsätze hat der Gesetzgeber auch dann nicht verfehlt, wenn nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG Taxikosten jenseits der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu be­rücksichtigen wären. Denn der Steuergesetzgeber hat die um­weltpolitische Zwecksetzung der Regelungen über die Entfer­nungspauschale insoweit an einem Regelbefund (Fahrten mit re­gelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmitteln) und nicht an einem Ausnahmetatbestand ausgerichtet.

 

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  1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin