Solidaritätszuschlag: Kein Abzug fiktiver Gewerbesteuer

Solidaritätszuschlag: Kein Abzug fiktiver Gewerbesteuer

Bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags wird nur gezahlte Gewerbesteuer berücksichtigt. Ein Abzug „fiktiver“ Gewerbesteuer kommt nicht in Betracht.

Hintergrund

Die Kläger der beiden Streitfälle erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Einkünfte aus Gewerbebetrieb hatten sie nicht und mussten deshalb keine Gewerbesteuer zahlen. Die Kläger beantragen beim Finanzamt trotzdem die Anrechnung einer fiktiven Gewerbesteuer, soweit es um den Solidaritätszuschlag ging. Ihre Begründung: Steuerpflichtige mit nichtgewerblichen Einkünften seien sonst gegenüber Gewerbetreibenden benachteiligt. Die tarifliche Einkommensteuer und damit auch die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag vermindern sich bei gewerblichen Einkünften um einen bestimmten Prozentsatz des Gewerbesteuermessbetrags.

Entscheidungen

In beiden Fällen wurden die Klagen vom Finanzgericht abgewiesen. Die Richter werten die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als eine Kompensation für die Zusatzbelastung, die bei Steuerpflichtigen mit gewerblichen Einkünften mit der Erhebung der Gewerbesteuer einhergeht. Diese Ungleichbehandlung gegenüber anderen Einkunftsarten ist gerechtfertigt; das gilt auch für die an die Minderung der Einkommensteuer anknüpfende Minderung der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag.

Müssen unter der Rechnungsanschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden?

Müssen unter der Rechnungsanschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden?

Mit dieser Frage beschäftigte sich das Finanzgericht Köln. Es hält einen Vorsteuerabzug auch aus Rechnungen für möglich, die eine Anschrift ausweisen, unter der keine geschäftlichen bzw. zumindest keine büromäßigen Aktivitäten stattfinden.

Hintergrund

Das Finanzamt verweigerte einem Kfz-Einzelhändler die Vorsteuererstattung aus Rechnungen über den Einkauf von Fahrzeugen. Es war der Ansicht, bei dem Rechnungsaussteller handelte es sich um eine Scheinfirma, weil nicht festgestellt werden konnte, dass unter der angegebenen Anschrift irgendwelche geschäftliche Aktivitäten des Rechnungsausstellers stattgefunden haben. Der Einzelhändler hatte jedoch versichert, dass er die Fahrzeuge bei seinem Geschäftspartner „vor Ort“ abgeholt habe. Außerdem hatte er dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Rahmen seiner Möglichkeiten überprüft, ebenso den Personalausweis, einen Handelsregisterauszug und die Steuernummer.

Entscheidung

Die Klage des Einzelhändlers hatte Erfolg. Das Finanzgericht berücksichtigte den Vorsteuerabzug aus den strittigen Rechnungen, obwohl an der angegebenen Anschrift keine geschäftlichen Aktivitäten stattgefunden haben. Das Gericht hält die Anforderungen an die Anschrift, dass dort geschäftliche Aktivitäten stattfinden müssen, für überholt. Die Angabe der Anschrift auf der Rechnung hat den Zweck, den leistenden Unternehmer eindeutig zu identifizieren und soll es u. a. auch der Finanzverwaltung ermöglichen, den Unternehmer postalisch zu erreichen. Ist die postalische Erreichbarkeit (z. B. um Schreiben zu übersenden bzw. Schriftstücke zuzustellen) gewährleistet, kommt es nicht darauf an, welche Aktivitäten unter der Postanschrift erfolgen.

Ersatz für entgehende Einnahmen: Wann ist eine solche Zahlung steuerbegünstigt?

Ersatz für entgehende Einnahmen: Wann ist eine solche Zahlung steuerbegünstigt?

Verzichtet ein Unternehmer auf ihm zustehende öffentliche Fördergelder, um einen jahrelangen Rechtsstreit beizulegen, und erhält er dafür eine Entschädigung, handelt es sich um einen Ersatz für entgehende Einnahmen, der steuerbegünstigt ist.

Hintergrund

K betrieb als Einzelunternehmer eine mobile Altenpflege mit Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. K hatte ab 1995 Zuschüsse nach dem Landesgesetz über Pflegehilfen beantragt, die zunächst abgelehnt worden waren. Diese Zuschüsse dienten der Förderung der betriebsnotwendigen Aufwendungen. Im Anschluss an ein Musterverfahren schloss K einen Vergleich. Er erhielt Zahlungen von rund 190.000 EUR und nahm im Gegenzug sämtliche Förderanträge für diesen Zeitraum zurück.

Das Finanzamt besteuerte die Einnahmen aus dem Vergleich nicht tarifbegünstigt, sondern mit dem Regelsteuersatz. Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die Zahlungen seien nicht als Ersatz für entgehende Einnahmen geleistet worden, da sie rechtlich noch bestehende Förderansprüche vorausgesetzt hätten.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob dagegen das Urteil des Finanzgerichts auf und wendete die Steuerbegünstigung nach der sog. Fünftelregelung an.

Die Fünftelregelung kommt u. a. bei Entschädigungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen in Betracht. Eine Entschädigung setzt begrifflich voraus, dass es sich um eine Ersatzleistung handelt. Sie darf nicht die vertraglich vereinbarte Erfüllungsleistung sein, sondern muss aufgrund einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage geleistet werden.

Das ist hier der Fall. Nach dem Vergleich wurde eine neue Rechtsgrundlage geschaffen, da die Zahlung die Rücknahme der Förderanträge voraussetzte und der Höhe nach von den gesetzlich vorgegebenen Fördergeldern abwich. Der Vergleich begründete einen Entschädigungsanspruch des K und dieser verzichtete auf die ihm nach dem Pflegehilfengesetz zustehende Förderung.

Sozialversicherungsrecht: Ausschluss von SGB II-Leistungen für Unionsbürger – Sozialhilfe bei tatsächlicher Aufenthaltsverfestigung

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat in drei Urteilen vom 03.12.2015 unter Berücksichtigung der Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums konkretisiert, in welchen Fallgestaltungen Unionsbürger aus den EU-Mitgliedstaaten existenzsichernde Leistungen nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beziehungsweise dem Sozialhilferecht (SGB XII) beanspruchen können (vergleiche zu den Sachverhalten Terminvorschau Nr. 54/15). Dies erfolgt im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. September 2015 (Rs. C-67/14 „Alimanovic“), wonach der ausnahmslose Ausschluss von Unionsbürgern mit einem alleinigen Aufenthaltsrecht nur (noch) zur Arbeitsuche von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II europarechtskonform ist.

Der 4. Senat hat hierzu entschieden, dass der Ausschluss arbeitsuchender Unionsbürger von SGB II-Leistungen auch für diejenigen Unionsbürger greift („Erst-Recht“), die über kein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz oder dem Aufenthaltsgesetz verfügen. Auch bei fehlender Freizügigkeitsberechtigung sind aber zumindest Sozialhilfeleistungen im Ermessenswege zu erbringen. Im Falle eines verfestigten Aufenthalts – über sechs Monate – ist dieses Ermessen aus Gründen der Systematik des Sozialhilferechts und der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in der Weise reduziert, dass regelmäßig zumindest Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe zu erbringen ist.

Im Falle eines griechischen Staatsangehörigen, der nach einer kurzen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung Ende 2011/Anfang 2012 SGB II-Leistungen auch für die Zeit ab Februar 2013 begehrt, ist das zusprechende Urteil des Landessozialgerichts auf die Revision des Jobcenters aufgehoben und die Sache zur Klärung der Aufenthaltsrechte im streitigen Zeitraum zurückverwiesen worden. Der formell und materiell wirksame Vorbehalt der Bundesregierung zum Europäischen Fürsorgeabkommen schließt SGB II-Leistungen, nicht jedoch Sozialhilfeleistungen in gesetzlicher Höhe an den Kläger aus (Az. B 4 AS 59/13 R).

Die Kläger im Verfahren B 4 AS 44/15 R, eine bereits 2008 nach Deutschland zugezogene Familie rumänischer Staatsangehörigkeit, unterfallen zwar dem Leistungsausschluss für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Wegen ihres verfestigten Aufenthalts in Deutschland haben sie jedoch Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe. Der beigeladene Sozialhilfeträger wurde verurteilt, diese Leistungen zu erbringen. In dem dritten Verfahren („Alimanovic“) hat der 4. Senat das Urteil des Landessozialgerichts auf die Revision des Jobcenters aufgehoben. Zwar waren die Kläger, eine seit langem im Bundesgebiet lebende Mutter mit drei Kindern schwedischer Staatsangehörigkeit, die nur in kürzeren Beschäftigungen beziehungsweise Arbeitsgelegenheiten tätig waren, als Arbeitsuchende von SGB II-Leistungen ausgeschlossen. Es ist jedoch noch zu prüfen, ob sich die Kläger auf andere Aufenthaltsrechte im Zusammenhang mit der Ausbildung und Integration der Kinder im Bundesgebiet berufen können.

Hinweis zur Rechtslage

§ 7 Abs 1 SGB II

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind

1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,

2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, ….

§ 23 SGB XII

(1) 1Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. … 3Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. …

(3) Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, sowie ihre Familienangehörigen haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe.

Art. 1 EFA

Jeder der Vertragschließenden verpflichtet sich, den Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge („Fürsorge“) zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.

Quelle: BSG, Pressemitteilung vom 03.12.2015 zu den Urteilen B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 R vom 03.12.2015

 

Offenbare Unrichtigkeit bei mechanischem Versehen?

Offenbare Unrichtigkeit bei mechanischem Versehen?

Gibt der Sachbearbeiter beim Finanzamt Daten aus einer eingereichten komprimierten Einkommensteuererklärung manuell ein und werden dabei erklärte Einkünfte zwar abgehakt, aber nicht übernommen, kann der Bescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden.

Hintergrund

Die Kläger haben die Einkommensteuererklärung 2008 elektronisch an das Finanzamt übermittelt und die komprimierte Erklärung nachgereicht. Dem Finanzamt standen jedoch keine elektronischen Daten zur Verfügung.

Der Sachbearbeiter im Finanzamt hakte u. a. die erklärten Vermietungseinkünfte in der komprimierten Steuererklärung ab, übernahm diese aber nicht in das Computerprogramm. Infolgedessen blieben diese Einkünfte im Einkommensteuerbescheid 2008 unberücksichtigt. Später berichtigte das Finanzamt den Bescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit.

Entscheidung

Das Finanzgericht war der Ansicht, dass hier eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, die korrigiert werden kann. Die erklärten Vermietungseinkünfte sind bei der Bearbeitung des Steuerfalls „abgehakt“ worden. Dadurch hat der Sachbearbeiter bekundet, dass diese Daten maschinell zu verarbeiten sind. Hätte er eine andere Auffassung vertreten, hätte dies dokumentiert werden müssen. Für einen Dritten ist auch offenkundig, dass die erklärten und kommentarlos „abgehakten“ Einkünfte nur aufgrund eines mechanischen Versehens nicht in die Datenverarbeitung übernommen worden sind.

Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass der Fehler bei der vom Bearbeiter nicht verwendeten Durchführung eines Vorjahresvergleichs am Bildschirm durch Einblendung der Vorjahresdaten hätte vermieden werden können. Eine Korrektur wäre vielmehr nur dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn sie aufgrund eklatanter Bearbeitungsmängel einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde. Das ist hier aber nicht der Fall.

Steuerbescheid: Ist eine schlichte Änderung nach einem Einspruchsverfahren möglich?

Steuerbescheid: Ist eine schlichte Änderung nach einem Einspruchsverfahren möglich?

Wurde über eine Frage bereits in einem Einspruchsverfahren entschieden, ist diesbezüglich eine schlichte Änderung nicht mehr möglich.

Hintergrund

Klägerin war eine aus 2 Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese erzielte 2003 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nachdem die Steuerfahndung ermittelt hatte, wurde der ursprüngliche Feststellungsbescheid über diese Einkünfte geändert. Gegen diesen geänderten Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom März 2012 stellte das Finanzamt die Einkünfte erneut fest. Im April 2012 stellte der steuerliche Berater der Klägerin einen Antrag auf eine Änderung des Feststellungsbescheids in der Form der Einspruchsentscheidung. Seine Begründung: Das Finanzamt habe bei der Feststellung der Einkünfte eine zu hohe ortsübliche Miete angesetzt. Das Finanzamt lehnte die Änderung auch im Einspruchsverfahren ab. Es sei keine Änderungsbestimmung einschlägig.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Denn auch nach Auffassung des Finanzgerichts kam eine Änderung des Feststellungsbescheids nicht in Betracht. Im Einspruchsverfahren sei bereits eine grundsätzlich abschließende Prüfung der Tat- und Rechtsfragen erfolgt. Deshalb komme nach einem Einspruchsverfahren im Regelfall keine schlichte Änderung in Betracht. Auch die Frage der zutreffenden Höhe der ortsüblichen Miete sei bereits Gegenstand des Einspruchsverfahrens gewesen. Eine andere Änderungsnorm sei nicht ersichtlich.

Zukünftige Zinsverbindlichkeiten: Rückstellung nicht möglich

Zukünftige Zinsverbindlichkeiten: Rückstellung nicht möglich

Rückstellungen dürfen für einen noch nicht bestimmbaren Aufwand gebildet werden. Für zukünftige Zinsen aufgrund eines Erfüllungsrückstandes ist die Bildung einer Rückstellung steuerlich jedoch nicht zulässig.

Hintergrund

Klägerin war eine GmbH, die in einen internationalen Konzern eingebunden war. Von einer Schwestergesellschaft erhielt diese ein Darlehen. Bezüglich der Zinsen war vereinbart, dass der Zinssatz über einen Zeitraum von 10 Jahren jährlich ansteigen sollte. Zahlbar waren die Zinsen jeweils zum 28.2. eines Jahres. Der durchschnittliche Effektivzins lag bei 5,2 %. Zum 31.12.2008 bildete die Klägerin eine Rückstellung für die Zinsen des Jahres 2008 unter Berechnung eines Zinssatzes von 5,2 %. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wurde die ursprünglich vom Finanzamt akzeptierte Rückstellung aber nicht mehr in voller Höhe anerkannt. Im Einspruchs- und Klageverfahren führte die Klägerin aus, der Zinssatz von 5,2 % sei marktüblich. Diese effektive Zinsbelastung befinde sich in Höhe der Differenz zwischen der zu zahlenden Zinshöhe für 2008 und der Effektivverzinsung in einem Erfüllungsrückstand. Hierfür sei eine Rückstellung zu passivieren.

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage der GmbH keinen Erfolg. Eine Rückstellung komme nach Ansicht der Finanzrichter nur dann in Betracht, wenn ein Verlust aus einem schwebenden Geschäft drohe oder ein Erfüllungsrückstand bestehe. Dabei komme eine Rückstellung für drohende Verluste steuerlich bereits wegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht in Betracht. Für einen Erfüllungsrückstand sei erforderlich, dass ein Vertragspartner mit seiner vertraglich vereinbarten Leistung im Rückstand ist. Hierbei sei auf das schuldrechtliche Geschäft abzustellen. Nach dem Darlehensvertrag sei die Klägerin aber in 2008 nur zur Zahlung von 1,8 % Zinsen verpflichtet gewesen.

Fehler des Steuerpflichtigen: Wann diese korrigiert werden können

Fehler des Steuerpflichtigen: Wann diese korrigiert werden können

Offenbare Unrichtigkeiten im Steuerbescheid können vom Finanzamt geändert werden. Die Berichtigung von Fehlern, die auf einer unzutreffenden Rechtsanwendung beruhen, ist jedoch nicht möglich.

Hintergrund

X ordnete für das Jahr 2005 – entgegen einer vorgelegten Bankbestätigung – Einkünfte aus Stillhaltergeschäften den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften statt richtigerweise den Einkünften aus sonstigen Leistungen zu. Dem folgte das Finanzamt. Dadurch kamen die Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften mit einem Verlustvortrag aus Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zur Verrechnung. Bei der Berücksichtigung als sonstige Leistung wären hierauf keine Verlustvorträge verrechnet worden.

Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das Finanzamt den Einkommensteuer-Bescheid wegen offenbarer Unrichtigkeit und berücksichtigte die Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften bei den Einkünften aus sonstigen Leistungen. Dem folgte das Finanzgericht. Es vertrat die Auffassung, eine Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit sei möglich.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dieser Ansicht des Finanzgerichts und gab der Klage des X statt.

Zum einen ist X kein Fehler unterlaufen, der zu einer Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berechtigt. Denn der steuerliche Berater des X hat im Rahmen der Zuordnung der Stillhaltergeschäfte zu den privaten Veräußerungsgeschäften umfangreiche rechtliche Erwägungen angestellt. Er hat die Zuordnungsfrage intern in der Kanzlei mit seiner Sachbearbeiterin eingehend erörtert. Es fehlt daher an offenbar fehlerhaften Angaben, die das Finanzamt als eigene mechanische Fehler hätte übernehmen können.

Zum anderen ist auch der Veranlagungssachbearbeiterin des Finanzamts kein mechanisches Versehen unterlaufen. Denn aus ihren Prüfvermerken ergibt sich, dass sie den von X eingetragenen Betrag durch Saldierung der von X in einer Anlage zur Einkommensteuer-Erklärung aufgeführten Gewinne und Verluste nachvollzogen hat. Da eine Saldierung nur in Betracht kommt, wenn die saldierten Geschäftsvorfälle das gleiche steuerrechtliche Schicksal teilen, kann nicht verneint werden, dass die Sachbearbeiterin einem sachverhalts- oder rechtsfolgenbezogenen Denkfehler unterlegen ist.

Wann der Arbeitsweg zur Arbeitszeit zählt

Wann der Arbeitsweg zur Arbeitszeit zählt

Ein spanisches Unternehmen für Sicherheitssysteme zählte die Anfahrt seiner Techniker zum ersten Kunden des Tags nicht zur Arbeitszeit. Die Anfahrtszeiten zu den Einsatzorten betrugen jedoch teilweise über 100 km bzw. bis zu 3 Stunden betragen. Vor dem EuGH bekamen die Arbeitnehmer Recht.

Hintergrund

Das beklagte spanische Unternehmen wartet und installiert Sicherheitssysteme und ist in den meisten spanischen Provinzen tätig. Die Verwaltung und Koordination erfolgt mittlerweile von der Zentrale in Madrid aus.

Die angestellten Techniker betreuen die Gebiete, die teilweise mehrere Provinzen umfassen. Dazu werden ihnen Firmenfahrzeuge und Mobiltelefone zur Verfügung gestellt. Einen festen Beschäftigungsort haben die Techniker nicht; ihnen wird abends vom Arbeitgeber ein Fahrplan mit verschiedenen Standorten, die sie am nächsten Tag aufsuchen müssen, sowie Uhrzeiten und Kundenterminen übermittelt.

Das Sicherheitsunternehmen rechnete die tägliche Fahrtzeit zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Standort des ersten und des letzten zugewiesenen Kunden nicht als Arbeitszeit, sondern als Ruhezeit an; teilweise betrugen die Anfahrten über 100 km bzw. bis zu 3 Stunden. Als Arbeitszeit wurde die Zeit zwischen der Ankunft am Standort des ersten Kunden und der Abfahrt beim letzten Kunden berechnet, wobei ausschließlich die Einsatzzeiten an den Standorten sowie die Fahrtzeiten von einem Kunden zum anderen berücksichtigt wurde.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied: Arbeitnehmer, die keinen festen oder gewöhnlichen Arbeitsort haben, üben während der gesamten Fahrtzeit ihre Tätigkeit aus oder nehmen ihre Aufgaben wahr. Die Fahrten der Arbeitnehmer zu den vom Arbeitgeber bestimmten Kunden sind nämlich das notwendige Mittel, um an den jeweiligen Standorten die technischen Leistungen erbringen zu können. Denn auch während dieser Fahrtzeit stehen die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung und unterstehen seinen Anweisungen dergestalt, dass dieser die Reihenfolge der Kunden jederzeit ändern, einen Termin hinzufügen oder auch streichen kann.

Sozialversicherungsrecht: Hartz IV-Leistungsausschluss für EU-Bürger verfassungsgemäß

Der Ausschluss arbeitsuchender Unionsbürger von der Grundsicherung für Arbeitsuchende in § 7 Abs. 1 SGB II ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Diese Auffassung vertritt das Sozialgericht Dortmund in einem Beschluss vom 23.11.2015 (Az. S 30 AS 3827/15 ER) und lehnt die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz für einen in Kreuztal lebenden slowakischen Bauarbeiter ab.

Das Jobcenter Siegen-Wittgenstein verweigere zu Recht unter Berufung auf den Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger die Zahlung von Arbeitslosengeld II. Die verfassungsrechtliche Garantie eines menschenwürdigen Existenzminimums verlange nur die Beseitigung von Notlagen, die nicht durch eine „Hilfe zur Selbsthilfe“ beseitigt werden könnten. Die vorrangige Selbsthilfemöglichkeit des Antragstellers bestehe darin, dass eine Rückreise in sein Heimatland durchgeführt werde. Der Antragsteller habe in der Slowakei die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch Arbeitsaufnahme oder das dortige Sozialsystem sicherzustellen.

Quelle: SG Dortmund, Pressemitteilung vom 02.12.2015 zum Beschluss S 30 AS 3827/15 ER vom 23.11.2015

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin