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Gewinnerhöhende Auflösung von Verbindlichkeiten bei qualifiziertem Rangrücktritt

Gewinnerhöhende Auflösung von Verbindlichkeiten bei qualifiziertem Rangrücktritt

Kernproblem

Bis zum Inkrafttreten der GmbH-Rechtsreform im Jahr 2008 war die Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts ein häufig gewähltes Gestaltungsmittel, um die Überschuldung einer Gesellschaft im Sinne der Insolvenzordnung und die hieraus für den Geschäftsführer resultierende Insolvenzantragspflicht zu vermeiden. Der qualifizierte Rangrücktritt zeichnet sich dadurch aus, dass eine Forderung nicht nur im Rang hinter die Forderungen anderer Gläubiger zurücktritt, sondern zusätzlich – für die Dauer der Krise – nur zugleich mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Gesellschafter getilgt werden darf. Vom Bundesfinanzhof (BFH) war nunmehr die Frage zu beantworten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Verbindlichkeit auf Ebene der Kapitalgesellschaft gewinnerhöhend auszubuchen ist.

Sachverhalt

Die Alleingesellschafterin einer GmbH schloss mit dieser einen Darlehens- und Rangrücktrittsvertrag, worin sie sich verpflichtete, der GmbH ein jederzeit abrufbares verzinsliches Darlehen zu gewähren. Die Forderung der Alleingesellschafterin sollte dabei im Fall des Eintritts einer Überschuldung automatisch im Rang hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurücktreten. Des Weiteren wurde vereinbart, dass die Alleingesellschafterin während der Zeit der Überschuldung eine Befriedigung ihrer Forderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen, soweit sie bestehende Verlustvorträge übersteigen, oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuss verlangen kann. Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat die Finanzverwaltung – unter Bezugnahme auf ein mittlerweile aufgehobenes Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) aus dem Jahr 2004 – die Auffassung, dass die Verbindlichkeit bei der GmbH gewinnerhöhend aufzulösen sei. Der BFH gab dem Finanzamt Recht.

Entscheidung

Eine Verbindlichkeit, der eine Rangrücktrittsvereinbarung dergestalt zugrunde liegt, dass die Forderung des Gläubigers im Rang hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurücktritt und nur aus künftigen Jahresüberschüssen zu erfüllen ist, ist nicht auszuweisen. Dies ergebe sich zum einen bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Zum anderen sei dieses Ergebnis aber auch gerechtfertigt, da der Schuldner, solange die Gewinne noch nicht erzielt sind, zum Bilanzstichtag wirtschaftlich nicht belastet sei. Vielmehr sei die Situation vergleichbar mit dem Fall des Forderungsverzichts gegen Besserungsschein.

Konsequenz

Eine gewinnerhöhende Ausbuchung der Verbindlichkeit hätte sich vorliegend verhindern lassen, wenn die Rangrücktrittsvereinbarung zusätzlich noch die Bestimmung enthalten hätte, dass die Forderung (neben zukünftigen Gewinnen und Liquidationsüberschüssen) auch aus sonstigem Vermögen zu bedienen ist. Für den Steuerpflichtigen empfiehlt es sich daher, sämtliche Darlehens- und Rangrücktrittsverträge zu überprüfen und – sofern noch nicht geschehen – eine Regelung aufzunehmen, die auch die Möglichkeit einer Tilgung aus sonstigem freien Vermögen vorsieht.

Keine Existenzgründung: Auflösung einer Ansparrücklage

Keine Existenzgründung: Auflösung einer Ansparrücklage

Rechtslage

Existenzgründer, die eine Ansparrücklage gebildet haben, mussten diese gemäß der alten Fassung der entsprechenden Vorschrift im Einkommensteuergesetz wieder auflösen, sofern sie das begünstigte Wirtschaftsgut nicht bis zum 5. auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft haben. Für Nicht-Existenzgründer betrug diese Frist 2 Jahre.

Sachverhalt

Der Kläger erzielte in 1999 und 2000 als Arzt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus einer Ende 1995 übernommenen Praxis. Zuvor hatte der Kläger als Vertreter anderer Ärzte gearbeitet. In 1997 bis 1999 bildete der Kläger Ansparrücklagen für Existenzgründer. Diese wurden in 1998 und 2000 teilweise aufgelöst. Da der Kläger seine Praxis in 2001 aufgab, behandelte er die verbliebene Ansparrücklage als Betriebseinnahme. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger kein Existenzgründer war, weil er seit 1992 als so genannter Vertretungsarzt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt habe. Die 1997 und 1998 gebildeten Ansparabschreibungen seien daher spätestens in 1999 und 2000 aufzulösen. Die Steuerbescheide für 1999 und 2000 wurden geändert. Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Im Streitfall war eine Änderung der Steuerbescheide möglich, weil das Finanzamt den Kläger zunächst irrig als Existenzgründer angesehen und deshalb davon abgesehen hatte, die Ansparabschreibung des Klägers schon nach 2 Jahren aufzulösen. Der Kläger war kein Existenzgründer, weil er bereits von 1992 bis 1995 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bezog. Die Ansparrücklage war somit zwingend innerhalb von 2 Jahren nach deren Bildung aufzulösen.

Konsequenz

Nach der Abgabenordnung (AO) können Steuerfestsetzungen geändert werden, wenn ein bestimmter Sachverhalt in einem Bescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt wurde, dass er in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen sei und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt. Deshalb konnte das Finanzamt hier die rechtirrige Ansicht, der Kläger sei Existenzgründer, korrigieren und zum Anlass nehmen, die Veranlagung für die Vorjahre zu ändern und eine gebildete Ansparrücklage früher aufzulösen.

Auflösung einer als GbR ausgestalteten Publikumsgesellschaft

Auflösung einer als GbR ausgestalteten Publikumsgesellschaft

Kernaussage

Nach Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) steht die Geschäftsführung und Vertretung allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Dies gilt auch für eine als GbR ausgestaltete Publikumsgesellschaft. Abweichende Regelungen können durch Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss getroffen werden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Beteiligungs-Gesellschaft in Form einer GbR in Liquidation. Sie wurde mit dem Zweck errichtet, sich nach der Verschmelzung einer GmbH auf eine AG an dem geplanten Börsengang der AG zu beteiligen. Der Beklagte ist einer von ca. 3.400 Gesellschaftern. Er hatte seine Genussrechtsbeteiligung an der GmbH aufgehoben und den Abfindungsanspruch in die Beteiligung bei der GbR eingebracht (sog. Genussrechtswandler). Sowohl die GmbH als auch die AG wurden in der Folge insolvent. Eine Zahlung auf die eingebrachte Forderung erfolgte nicht. Auf einer Gesellschafterversammlung der Klägerin sollte ein Liquidator bestimmt werden. Ein Beschluss wurde nicht gefasst. Die Klägerin, vertreten durch den Gründungsgesellschafter als „Liquidator“, verlangt von dem Beklagten die Zahlung des Nominalbetrages der eingebrachten Genussrechtsforderung. Die Klage hatte in keiner Instanz Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte die Unzulässigkeit der Klage. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der AG konnte der Zweck der Klägerin nicht mehr erreicht werden. Sie war daher aufzulösen. Die Auflösung hat grundsätzlich zur Folge, dass die einzelnen Gesellschaftern verliehene Einzelgeschäftsführungsbefugnis erlischt. Die Geschäftsführung und Vertretung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinsam zu. Eine Ausnahme ergibt sich nur, wenn im Gesellschaftsvertrag etwas Abweichendes geregelt ist oder ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wurde. Dies scheidet vorliegend aus. Eine entsprechende Anwendung von gesetzlichen Vorschriften, wonach der Vorstand oder der Geschäftsführer geborener Liquidator ist, scheidet aus. Auch für eine Publikumspersonengesellschaft fehlt es an einer Regelungslücke, da die Handlungsfähigkeit der Klägerin dadurch hergestellt werden kann, dass das Gericht aus wichtigem Grund Liquidatoren bestellt.

Konsequenz

Anleger von Beteiligungsgesellschaften sollten im Falle der Auseinandersetzung der Personengesellschaft prüfen, ob die Gesellschaft noch ordnungsgemäß vertreten ist. Hierbei finden die Gesellschaftsverträge und Beitrittserklärungen Berücksichtigung. Ferner sind die Protokolle der Gesellschafterversammlungen einzusehen.