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Fristlose Kündigung bei heimlicher Aufzeichnung einer Betriebsratssitzung

Fristlose Kündigung bei heimlicher Aufzeichnung einer Betriebsratssitzung

Kernfrage

Mitglieder des Betriebsrates genießen besonderen Kündigungsschutz. Sie können aber (auch fristlos) gekündigt werden, wenn ihnen besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen, insbesondere im Rahmen ihrer Amtsausübung, zur Last gelegt werden können. Unter anderem ist es unzulässig, Betriebsratssitzungen ohne vorherige Ankündigung auf Tonband aufzunehmen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte über die Zulässigkeit und die Beweisanforderungen an eine fristlose Kündigung wegen des heimlichen Aufnehmens einer Betriebsratssitzung zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Klägerin war langjährig unbeanstandet im Unternehmen beschäftigt und Mitglied des Betriebsrates. Kurz vor Beginn einer Betriebsratssitzung war sie auf ihrem Handy angerufen worden und hatte zum Telefonat den Raum verlassen. Als sie zurückkehrte, meinte eine weitere Teilnehmerin der Sitzung, sie habe das Handy noch eingeschaltet und zeichne die Sitzung auf. Die weiteren Einzelheiten der Sitzung und der Auseinandersetzung darüber, ob das Handy eingeschaltet gewesen war, sind streitig geblieben. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis aufgrund des Vorfalls nach Anhörung fristlos. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage hatte die Klägerin vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg.

Entscheidung

Das Gericht stellte zwar fest, dass das heimliche Aufzeichnen von Betriebsratssitzung wegen des Verstoßes gegen die Persönlichkeitsrechte der weiteren Teilnehmer und des an das Amt des Betriebsrats gestellten Vertrauenserfordernisses geeignet sei, auch eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, selbst wenn lediglich der dringende Verdacht bestehe. Im konkreten Fall sei aber nicht zweifelsfrei erwiesen, dass ein heimliches Abhören überhaupt vorgelegen habe. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin seit langen Jahren unbeanstandet im Unternehmen beschäftigt gewesen sei. Hinzu komme, dass sich der Betriebsrat aus eigenem Recht hätte gegen das Abhören verteidigen können, so dass nicht zwingend damit zu rechnen gewesen sei, dass der Arbeitgeber mit Kündigung reagiere. Im Übrigen wäre es dem Arbeitgeber durch Abmahnung möglich gewesen, die Klägerin für die Zukunft auf die Sensibilität ihres Amtes hinzuweisen.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht angesichts der Beweislage nicht. Dem Grunde nach ist die heimliche Aufnahme einer Betriebsratssitzung aber geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Allerdings wird auf Beweisebene nachgewiesen werden müssen, dass ein bewusstes und gewolltes Mitschneiden vorgelegen hat.