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Wirtschaftliches Eigentum bei gebundener Mitwirkung an inkongruenter Kapitalerhöhung?

Wirtschaftliches Eigentum bei gebundener Mitwirkung an inkongruenter Kapitalerhöhung?

Kernaussage

Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gehört auch zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen gehalten hat. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mindestens 10 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.

Sachverhalt

Der Kläger hatte im Juli 1999 einen Geschäftsanteil von 12,6 % an einer GmbH erworben. In derselben notariellen Urkunde, aber vor Unterschriftsleistung, hielten die Gesellschafter – darunter auch der Kläger – eine Gesellschafterversammlung ab und beschlossen eine Erhöhung des Stammkapitals. Damit verminderte sich die Beteiligung des Klägers auf 0,0208 %. Im August 2000 veräußerte der Kläger seinen Gesellschaftsanteil. Der Veräußerungsgewinn betrug rd. 1,5 Mio. EUR. Das Finanzamt besteuerte diesen Gewinn, da der Steuerpflichtige innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Veräußerung eine Beteiligung von mehr als 10 % an der GmbH gehalten habe. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die Steuerfestsetzung ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hingegen hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Das Finanzamt war zu Unrecht von einer wesentlichen Beteiligung des Klägers an der GmbH ausgegangen und hatte den Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsanteils des Klägers zu Unrecht der Besteuerung unterworfen. Der Kläger war nach Auffassung des BFH innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der GmbH nicht wesentlich beteiligt. Er hatte vor der inkongruenten Kapitalerhöhung keine tatsächliche freie Verfügungsbefugnis über einer Beteiligung von 12,6 % erworben. Denn es war ihm zu keinem Zeitpunkt möglich, aus einer wesentlichen Beteiligung resultierende Rechte – jenseits der Mitwirkung an der inkongruenten Kapitalerhöhung – auszuüben. Seine Position bestand allein in der gebundenen Mitwirkung an der Herstellung der vorweg vereinbarten Gesellschaftsstruktur unter Reduzierung der eigenen Beteiligungsquote. Die aus der Beteiligung resultierenden Verwaltungsrechte standen dem Kläger ausschließlich in Gestalt einer einmaligen vorweg gebundenen Stimmrechtsausübung zu. Für die tatsächliche Wahrnehmung von vermögensrechtlichen Ansprüchen ließ die konkrete Vertragsgestaltung keinerlei Raum.

Konsequenz

Wirtschaftliches Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil erlangt, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrechte) ausüben und im Konfliktfall durchsetzen kann. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, besteht insbesondere keine tatsächliche freie Verfügungsbefugnis, kann eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft abweichende Zuordnung des Wirtschaftsgutes anzunehmen sein.

Insolvenzvermerk im Grundbuch bei Eigentum einer Erbengemeinschaft

Insolvenzvermerk im Grundbuch bei Eigentum einer Erbengemeinschaft

Kernfrage

Kommt es zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, wird in den Grundbüchern von im Eigentum des Insolvenzschuldners stehenden Grundstücken ein sogenannter Insolvenzvermerk eingetragen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Insolvenzvermerk auch bei Grundstücken eingetragen werden kann, die im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehen, bei der sich nur ein Mitglied in Insolvenz befindet.

Sachverhalt

Bei einer Erbengemeinschaft, bestehend aus drei Mitgliedern, fiel ein Miterbe in Insolvenz. Darauf hin wurde bei einem Grundstück, das die Erbengemeinschaft hielt, der Vermerk eingetragen: „Nur lastend auf dem Anteil des Insolvenzschuldners: Über das Vermögen des Eigentümers ist das Insolvenzverfahren eröffnet.“ Gegen diese Eintragung wandten sich die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft und verlangten Löschung; unterlagen aber schließlich vor dem Bundesgerichtshof.

Entscheidung

Die Eintragung des Insolvenzvermerks, lastend auf dem Anteil am Grundstück desjenigen Miterben, der in Insolvenz gefallen ist, ist zulässig. Dass das Grundstück im Eigentum einer – nicht rechtsfähigen – Erbengemeinschaft steht, ist nicht hinderlich. Die Richter entschieden, geschützt werden müsse die Insolvenzmasse vor einem gutgläubigen Erwerb des in Insolvenz befindlichen Anteils durch einen Dritten. Würde der Insolvenzvermerk nicht eingetragen, dann könnte der Insolvenzschuldner trotz seiner gesetzlich angeordneten Verfügungsbeschränkung aufgrund seiner Insolvenz im Rahmen der Erbengemeinschaft über das Grundstück gemeinschaftlich mit den anderen Miterben verfügen. Die Verfügung könnte unter Umgehung des Insolvenzverwalters vorgenommen werden.

Konsequenz

Die Entscheidung ist aus insolvenzrechtlicher Sicht richtig. Für Erbengemeinschaften ist es erforderlich, darauf zu achten, dass der Insolvenzvermerk zutreffend eingetragen wird. Das heißt, der Insolvenzvermerk ist beschränkt auf den Anteil am Nachlassgrundstück einzutragen, der sich auch tatsächlich in Insolvenz befindet.