Schlagwort-Archive: Grundbuch

Grundbuch kann bei Erbfall auch ohne Erbschein berichtigt werden

Grundbuch kann bei Erbfall auch ohne Erbschein berichtigt werden

Kernaussage
Die nach einem Erbfall notwendige Grundbuchberichtigung kann ohne Erbschein erfolgen, wenn sich die Erbfolge aus einer dem Grundbuchamt vorliegenden öffentlichen Testamentsurkunde ergibt. Das Grundbuchamt hat die Testamentsurkunde auszulegen und kann nur bei einem weiterhin klärungsbedürften Sachverhalt auf der Vorlage eines – kostenpflichten – Erbscheins bestehen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm kürzlich entschieden.

Sachverhalt
Die im Jahr 2012 und 2013 verstorbenen Eheleute aus Freckenhorst hatten 1999 einen notariellen Erbvertrag errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu „Alleinerben“ und ihre beiden Kinder u. a. zu „Nacherben“ mit hälftigem Anteil eingesetzt hatten. Nach ihrem Tode haben ihre Kinder beim Grundbuchamt beantragt, sie aufgrund des Erbvertrages als Eigentümer im Grundbuch des zum Nachlass gehörenden Grundstücks in Freckenhorst einzutragen. Das Grundbuchamt hat daraufhin den Antragstellern aufgegeben, ihre Erbenstellung durch einen Erbschein nachzuweisen, weil diese aufgrund des nicht widerspruchsfreien Wortlautes mit dem Erbvertrag allein nicht hinreichend belegt sei.

Entscheidung
Die dagegen erhobene Beschwerde der Antragsteller hatte Erfolg. Nach Ansicht des OLG hat das Grundbuchamt die beantragte Grundbuchberichtigung zu Unrecht von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht. Nach der Grundbuchordnung kann ein in einer öffentlichen Urkunde enthaltenes Testament Grundlage einer Grundbuchberichtigung sein. Das gilt auch dann, wenn das Grundbuchamt die sich aus dem Testament ergebende Erbfolge erst im Wege der Auslegung ermitteln kann. Nur bei Zweifeln tatsächlicher Art, wenn weiterer Sachverhalt aufzuklären ist, kann ein Erbschein verlangt werden. Das war hier nicht der Fall.

Konsequenz
Zwar ließ der Wortlaut des Erbvertrages nicht klar erkennen, ob die Kinder nur Schlusserben nach dem letztversterbenden Elternteil sein sollten. Nach dem Wortlaut war es auch denkbar, dass bereits beim Tod des erstversterbenden Elternteils eine Vor- und Nacherbschaft eintreten sollte, nach der der überlebende Ehegatte Vor-erbe und beide Kinder Nacherben werden sollten, ohne dass damit auch die Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten geregelt war. In Bezug auf die beantragte Grundbuchberichtigung musste diese Unklarheit aber nicht weiter aufgeklärt werden. Die Auslegung des Erbvertrags, der die Kinder auch als „unsere Erben“ bezeichnete, führte zu dem Ergebnis, dass auch bei Annahme einer Vor- und Nacherbfolge nach dem erstversterbenden Elternteil zusätzlich eine Schlusserbeneinsetzung der Kinder nach dem letztversterbenden Elternteil gewollt war. Damit stand in jedem Fall fest, dass beide Kinder (in Erbengemeinschaft) Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes geworden waren.

Insolvenzvermerk im Grundbuch bei Eigentum einer Erbengemeinschaft

Insolvenzvermerk im Grundbuch bei Eigentum einer Erbengemeinschaft

Kernfrage

Kommt es zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, wird in den Grundbüchern von im Eigentum des Insolvenzschuldners stehenden Grundstücken ein sogenannter Insolvenzvermerk eingetragen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Insolvenzvermerk auch bei Grundstücken eingetragen werden kann, die im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehen, bei der sich nur ein Mitglied in Insolvenz befindet.

Sachverhalt

Bei einer Erbengemeinschaft, bestehend aus drei Mitgliedern, fiel ein Miterbe in Insolvenz. Darauf hin wurde bei einem Grundstück, das die Erbengemeinschaft hielt, der Vermerk eingetragen: „Nur lastend auf dem Anteil des Insolvenzschuldners: Über das Vermögen des Eigentümers ist das Insolvenzverfahren eröffnet.“ Gegen diese Eintragung wandten sich die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft und verlangten Löschung; unterlagen aber schließlich vor dem Bundesgerichtshof.

Entscheidung

Die Eintragung des Insolvenzvermerks, lastend auf dem Anteil am Grundstück desjenigen Miterben, der in Insolvenz gefallen ist, ist zulässig. Dass das Grundstück im Eigentum einer – nicht rechtsfähigen – Erbengemeinschaft steht, ist nicht hinderlich. Die Richter entschieden, geschützt werden müsse die Insolvenzmasse vor einem gutgläubigen Erwerb des in Insolvenz befindlichen Anteils durch einen Dritten. Würde der Insolvenzvermerk nicht eingetragen, dann könnte der Insolvenzschuldner trotz seiner gesetzlich angeordneten Verfügungsbeschränkung aufgrund seiner Insolvenz im Rahmen der Erbengemeinschaft über das Grundstück gemeinschaftlich mit den anderen Miterben verfügen. Die Verfügung könnte unter Umgehung des Insolvenzverwalters vorgenommen werden.

Konsequenz

Die Entscheidung ist aus insolvenzrechtlicher Sicht richtig. Für Erbengemeinschaften ist es erforderlich, darauf zu achten, dass der Insolvenzvermerk zutreffend eingetragen wird. Das heißt, der Insolvenzvermerk ist beschränkt auf den Anteil am Nachlassgrundstück einzutragen, der sich auch tatsächlich in Insolvenz befindet.

Zu den Grenzen der Einsicht in das Grundbuch

Zu den Grenzen der Einsicht in das Grundbuch

Kernaussage

Ein Anspruch auf Einsicht in das Grundbuch besteht nur bei berechtigtem Interesse an der Auskunft (§ 12 GBO). Ein solches liegt nur vor, wenn sachliche Gründe genannt werden können, so dass unbefugte Absichten oder Neugier keinen Anspruch rechtfertigen.

Sachverhalt

Die Antragstellerin hat gegen einen Dritten eine Forderung von mehr als 10.000 EUR. Der von ihr beauftragte Gerichtsvollzieher fand in der Wohnung des Schuldners keine pfändbaren Gegenstände. Er gab gegenüber dem Gerichtsvollzieher an, Leistungen nach dem SBG II (sogenannte Hartz IV-Leistungen) zu beziehen, die Miete werde vom Sozialamt gezahlt. Die Antragstellerin wollte dies überprüfen und sicherstellen, dass der Schuldner nicht Eigentümer des Mehrfamilienhauses ist. Auf ihre Anfrage beim Grundbuchamt wurde mitgeteilt, dass dies nicht der Fall ist. Daraufhin verlangte die Antragstellerin Einsicht ins Grundbuch. Sie wollte Namen und Anschrift des Eigentümers feststellen, um zu klären, ob dieser Vermieter des Schuldners ist, um dann eventuell einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution pfänden zu können. Das Grundbuchamt wies den Antrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg.

Entscheidung

Vorliegend war die Grenze zur bloßen Neugier an einer Einsicht in das Grundbuch überschritten. Der Gesetzgeber hat das Grundbuch nicht als öffentliches Register ausgestaltet, in das jedermann zu Informationszwecken Einsicht nehmen kann. Die Rechtsposition des im Grundbuch Eingetragenen genießt grundrechtlichen Schutz. Bei Privatpersonen folgt dies aus dem Recht der informationellen Selbstbestimmung. Aufgrund des Geheimhaltungsinteresses des Eigentümers über die Rechts- und Vermögensverhältnisse an dem Grundstück ist für die Einsicht in das Grundbuch daher ein berechtigtes Interesse darzulegen. Die Antragstellerin steht in keiner rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zum Grundstückseigentümer. Dass der Schuldner auf dem Grundstück wohnt, reicht nicht aus, denn es ist nicht erkennbar, dass dieser werthaltige Ansprüche gegen den Grundstückseigentümer hat.

Konsequenz

Wegen der grundrechtlich geschützten Rechtsposition der im Grundbuch Eingetragenen ist eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung erforderlich, ob tatsächlich ein berechtigtes, also nach allgemeiner Ansicht verständiges, Interesse vorliegt.