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Ist Entsorgung von Speiseabfällen landwirtschaftliche Dienstleistung?

Ist Entsorgung von Speiseabfällen landwirtschaftliche Dienstleistung?

Kernaussage

Das Finanzgericht Münster entschied kürzlich, dass ein Unternehmer mit der Entsorgung von Speiseabfällen, die er nach Aufbereitung als Schweinefutter verwendet, keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen erbringt.

Sachverhalt

Ein Landwirt, der einen Mastbetrieb bewirtschaftet und umsatzsteuerlich unter die Regelung „Pauschalierer“ fällt, verfütterte in den Jahren 2003 bis 2005 an die von ihm gehaltenen Schweine Speisereste, die er mittels eines Spezialfahrzeuges bei verschiedenen Großküchen und Restaurants abholte und thermisch aufbereitete. Das den Großküchen und Gastronomieunternehmen für die Abnahme/Entsorgung der organischen Abfälle in Rechnung gestellte Entgelt unterwarf der Landwirt ebenfalls der Durchschnittsbesteuerung, da diese Tätigkeit umsatzsteuerlich als Nebenbetrieb zu werten sei. Der zuständige Betriebsprüfer (BP) folgte dieser Auffassung jedoch nicht und bewerte die Entsorgung von Speiseabfällen umsatzsteuerlich als sonstige Leistung, die als solche nicht der Durchschnitts- sondern der Regelbesteuerung zu unterwerfen sei. Zudem stellte die BP fest, dass die Speiseabfälle nicht wertlos seien, sodass zur Festsetzung der Umsatzsteuer neben dem Erlös aus der Abholung von Speiseabfällen auch der Wert der Abfälle als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sei. Hiergegen klagte der Landwirt und obsiegte zum Teil.

Entscheidung

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Abholung/Entsorgung von Speiseresten grundsätzlich keine landwirtschaftliche Dienstleistung im Sinne der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist und somit eine sonstige Leistung darstellt. Folglich ist eine Durchschnittsbesteuerung nicht zulässig. Selbst wenn die entsprechenden Anforderungen an eine Begünstigung erfüllt wären, käme im vorliegenden Fall eine Behandlung der Entsorgung der organischen Abfälle als Nebenbetrieb nicht in Frage. Denn die durch diese Tätigkeit erzielten Umsätze übersteigen die auf die Schweinemast entfallenden Umsätze deutlich, so dass sie nicht mehr von „untergeordneter Bedeutung“ sind. Bei der Bemessung der Bedeutung unerheblich ist, dass der Landwirt den wesentlichen Teil seiner Arbeitskraft für den landwirtschaftlichen Betrieb aufgewendet hat. Die Erhöhung der Bemessungsgrundlage um den Wert der Speisereste ist hingegen nicht rechtens, da diese für Großküchen und Restaurants wertlos sind. Somit kommt es zu keinem tauschähnlichen Umsatz, der eine Einbeziehung des Wertes bei der Berechnung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage rechtfertigen würde.

Konsequenz

Erbringt ein Landwirt im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs Dienstleistungen, die über die originär landwirtschaftliche Tätigkeit hinausgehen, jedoch als landwirtschaftliche Dienstleistungen einzustufen sind, ist fortlaufend zu prüfen, ob das Verhältnis des im land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb erzielten Umsatzes im Vergleich zu dem aus dem Nebenbetrieb stammenden Umsatz weiterhin eine umfassende Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung rechtfertigt.