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Höhe der Werbungskosten bei Autounfall auf der Fahrt zur Arbeit

Höhe der Werbungskosten bei Autounfall auf der Fahrt zur Arbeit

Kernproblem

Nichtselbstständig tätige Steuerpflichtige können die Entfernungspauschale geltend machen. Hiermit sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anfallen. Ausdrücklich ausgenommen von der Abgeltung sind Unfallkosten, die anlässlich einer solchen Fahrt entstehen. Berufliche Unfallkosten sind zusätzlich als Werbungskosten abzugsfähig. Erfolgt eine Reparatur des Privatwagens, lassen sich die abzugsfähigen Aufwendungen ohne Weiteres ermitteln. Wird der Pkw nicht repariert, können sich Auslegungsprobleme ergeben. Dann ist für den Werbungskostenabzug nach einem fiktiven Buchwert oder dem zumeist höheren Zeitwert vor dem Unfall auszugehen. Die Lösung hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) geliefert.

Sachverhalt

Ein Richter erlitt auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall. Die Reparaturkosten hätten ca. 10.000 DM betragen; den Zeitwert vor dem Unfall schätzte der Richter auf 11.500 DM. So entschied er sich zum Verkauf des nicht reparierten Unfallwagens und erzielte noch einen Preis von 3.500 DM. Die Differenz von 8.000 DM machte der Richter als Werbungskosten geltend. Hierbei berief er sich auf eine telefonische Auskunft seiner Sachbearbeiterin, die ihm diesen Ansatz bestätigt hatte. In der späteren Veranlagung unterblieb jedoch ein Abzug, weil das Finanzamt unter Berücksichtigung der amtlichen Nutzungsdauern (damals 5 Jahre) einen fiktiven Pkw-Buchwert von Null und somit keinen abzugsfähigen Verlust ermittelt hatte. Im späteren Klageverfahren ging das Finanzgericht wegen geringer Laufleistung zwar von 8 Jahren Nutzungsdauer aus; doch auch das half nicht weiter, weil der Buchwert noch unter dem Verkaufspreis lag. So hoffte der Richter auf ein anderes Urteil des BFH.

Entscheidung

Der BFH kam zu keiner anderen Entscheidung. Für die Berechnung des als Werbungskosten abziehbaren Substanzschadens sei bei unterbliebener Reparatur nicht vom Zeitwert des Fahrzeugs vor dem Unfall auszugehen, sondern von den um fiktive Absetzungen für Abnutzung geminderten Anschaffungskosten (fiktiver Buchwert). Das ergebe sich aus den Vorschriften der als Werbungskosten abzugsfähigen Absetzungen für Abnutzung. Nach der Systematik war im Streitfall eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung gegeben, für deren Bewertung vom Buchwert auszugehen ist.

Konsequenz

Das materielle Ergebnis überrascht nicht, auch wenn es nicht dem wirtschaftlichen Schaden entspricht. Zur telefonischen (Falsch-)Auskunft des Finanzamts bemerkte der BFH, dass es hier schon an der für eine Bindung erforderlichen Erteilung durch den zuständigen Sachgebietsleiter oder Vorsteher fehle.

Unfallkosten steuerlich geltend machen!

Überrascht von Schnee, Eis und Eisregen haben Tausende von Arbeitnehmern in diesen Tagen mit ihrem Pkw auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte selbstverschuldete Unfälle erlitten. Die von der Versicherung nicht gedeckten Schäden können unter Beachtung der folgenden Ausführungen steuerlich anerkannt werden:

Der Unfall muss auf der direkten Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingetreten sein. Das polizeiliche Aufnahmeprotokoll ist dabei ein sicheres  Beweismittel.

Es muss sich entfernungsmäßig nicht um die kürzeste Strecke handeln, sondern die gefahrene Strecke muss im Vergleich zur kürzesten Strecke verkehrsgünstiger sein. Eine gut ausgebaute Umgehungsstraße kann auch ohne verkehrsgünstiger zu sein anerkannt werden, sofern sie zuverlässiger erscheint, weil keine Ampeln, Bauarbeiten oder Staubildungen vorhanden sind.

Umwege sind schädlich, außer es werden Arbeitskollegen mitgenommen oder eine Tankstelle aufgesucht. Alkoholbedingte Unfälle scheiden aus. Die selbst getragenen Reparaturkosten sind absetzbar, eine unfallbedingte Wertminderung wird nicht zugelassen. Gezahlte Versicherungsentschädigungen sind anzurechnen. Traurig schauen allerdings Autofahrer drein, deren ehemals neu gekaufter Pkw bei Eintritt des Unfalles älter als acht Jahre ist und nicht mehr repariert wird.

Beträgt der Zeitwert des Autos vor dem Unfall z.B. 11.000 EUR und nach dem Unfall 3.000 EUR, ist der Schaden in Höhe des Differenzbetrages von 8.000 EUR nicht absetzungsfähig. Steuerlich wirksam ist nur der Buchwert, der nach Ablauf der vorgeschriebenen Nutzungsdauer von acht Jahren 0 EUR beträgt. Für Arbeitnehmer, die ein gebrauchtes Auto gekauft haben, sieht es etwas günstiger aus. Ist es bei Kauf z.B. acht Jahre alt und passiert der Unfall zwei Jahre nach Kauf, ist wie folgt zu rechnen: Der Kaufpreis von z.B. 12.000 EUR ist auf die geschätzte Restnutzungsdauer zu verteilen. Ist wegen des Alters, des Zustandes und der Jahreslaufleistung des Pkw eine verbleibende Nutzungsdauer von drei Jahren anzunehmen, so existiert bei Eintritt des Unfalles noch ein Drittel des Kaufpreises als Rest- oder Buchwert. Von diesem Buchwert (4.000 EURO) ist der zu erzielende Verkaufserlös für das Schrottauto (z.B. 1.000 EUR) abzuziehen und die Differenz (im Beispiel 3.000 EUR) steuerlich abzugsfähig.

Bei einem Pkw, der bei Kauf nicht neu, aber jünger als acht Jahre alt ist, muss der Kaufpreis anteilig auf die verbleibenden Jahre der achtjährigen Nutzungsdauer verteilt werden, um den Buchwert zu bestimmen.

Quelle: Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e. V., 24.01.2013