Verfügung betr. bilanzsteuerrechtliche Beurteilung der Rückkaufoptionen im Kfz-Handel im Zusammenhang mit Leasing-Restwertmodellen des Volkswagenkonzerns

Bilanzierung der Rückkaufoption im Kfz-Handel

Aufgrund des BFH-Urteils vom 17. 11. 2010 I R 83/09 (BStBl. 2011 II S. 812) bestimmte das BMF-Schreiben vom 12. 10. 2011 (BStBl. I S. 967)[1] , dass Kraftfahrzeughändler Rückkaufoptionen zu vorher festgelegten Restwerten unter bestimmten Voraussetzungen als Verbindlichkeit zu passivieren haben. Die Verbindlichkeit ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit dem für die Rückkaufoption geleisteten Entgelt zu bewerten. Für den rückkaufverpflichteten Händler kann darüber hinaus – z. B. aufgrund eines sich abzeichnenden Preisverfalls auf dem Gebrauchtwagenmarkt – ein die Höhe des Entgelts für die Rückkaufoption übersteigendes Risiko bestehen, welches als Drohverlust aus einem schwebenden Geschäft gem. § 5 Abs. 4 a EStG nicht passivierungsfähig ist.

Beim Käufer und Optionsberechtigten (Leasinggesellschaft) ist nach dem BMF-Schreiben vom 12. 10. 2011 (BStBl. I S. 967)[2] ein nichtabnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut anzusetzen, das gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten zu bewerten ist und dem Wert der beim Kfz-Händler angesetzten Verbindlichkeit entspricht.

Wird im ursprünglichen Kaufvertrag kein gesondertes Entgelt für die Rückkaufoption ausgewiesen, muss der Wert der anzusetzenden Verbindlichkeit und des immateriellen Wirtschaftsguts durch Schätzung ermittelt werden (vgl. BFH vom 17. 11. 2010 I R 83/09 , BStBl. 2011 II S. 812). Der Wert kann dabei aus Vergleichen von Veräußerungen mit und ohne Einräumung von Rückkaufoptionen abgeleitet werden. Zu einer ggf. erfolgten Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, dass sie der Option im Zeitpunkt der Einräumung wirtschaftlich keinen eigenen Wert beimessen, wird auf die Verfügung OFD Nordrhein-Westfalen vom 25. 7. 2014 (DB S. 1770) [3] verwiesen.

Absicherung des Restwertrisikos des Händlers durch sog. Restwertmodelle

Zur Absicherung des Risikos aus der Rückkaufverpflichtung des Händlers bieten verschiedene Automobilhersteller sog. Restwertmodelle an. Dabei werden die Restwertrisiken, die sich durch Abweichungen zwischen dem Händlereinkaufspreis des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Rückkaufs und dem vorher im Rahmen der Option vereinbarten Restwert ergeben, durch den jeweiligen Hersteller (z. B. der Audi AG) oder von anderer Seite (zum Teil) ausgeglichen.

Bei Teilnahme eines Händlers an den Restwertmodellen des Volkswagenkonzerns für die Rückkaufverpflichtung des Händlers ist weiterhin eine Verbindlichkeit nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 12. 10. 2011 (BStBl. I S. 967)[4] auszuweisen. Die Höhe der anzusetzenden Verbindlichkeit wird durch die Absicherung des Restwerts grds. nicht beeinflusst. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 17. 11. 2010 I R 83/09 (BStBl. 2011 II S. 812) ausgeführt, dass der Optionsverkäufer das für die erzwingbare Erfüllung seiner Verpflichtung bezogene Entgelt als Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch die Begebung des Optionsrechts eingeht, bezieht. Der Optionsverkäufer verpflichte sich als „Stillhalter”, die Ausübung der Option zu dulden und sich zur Erfüllung der Abnahmepflicht bereitzuhalten. Diese Rücknahmeverpflichtung besteht gegenüber dem Optionsberechtigten folglich unabhängig davon, ob das Unternehmen an einem Restwertmodell teilnimmt.

In einigen Fällen wurde die Schätzung des Werts der für die Rückkaufoption anzusetzenden Verbindlichkeit an das vom Händler an den Hersteller zur Absicherung des vollen Restwertrisikos zu zahlende Entgelt angelehnt. Soweit für die Gewährung der Rückkaufoption kein gesondertes Entgelt ausgewiesen wird und dies auch nicht durch Vergleiche von Veräußerungen mit und ohne Einräumung von Rückkaufoptionen ermittelt werden kann, bestehen gegen diese Handhabung grds. keine Bedenken.

Erfolgt die Absicherung des Händler-Restwertrisikos jedoch anteilig durch den Berechtigten der Rückkaufoption selbst, dürfte das Vorstehende nicht gelten. Da in diesem Fall das Restwertrisiko (ggf. zum Teil) bei dem Berechtigten der Rückkaufoption – der Leasinggesellschaft – verbleibt, muss dieser Umstand bei der Bewertung der Verbindlichkeit, die vor allem das Restwertrisiko des Händlers ausweist, berücksichtigt werden.

Der Ausgleichsanspruch, der gegenüber dem Hersteller aufgrund der Restwertabsicherung besteht, entsteht in den meisten Fällen erst dann, wenn die Option durch den Berechtigten ausgeübt wird und sich eine negative Differenz zwischen dem aktuellen Händlereinkaufswert und dem vereinbarten Restwert ergibt. Bei Abschluss des ursprünglichen Kaufvertrags mit Vereinbarung der Rückkaufoption ist daher (noch) keine Forderung auszuweisen. Im Zeitpunkt des Rückkaufs mindert der Anspruch gegenüber dem Hersteller die Anschaffungskosten des zurückerworbenen Fahrzeugs, sodass auch hier keine Forderung zu aktivieren ist.

Teilnahme des Händlers am Leasing-Restwertmodell der Audi AG

Entsprechend dem Ergebnis einer Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene wird im sog. Leasing-Restwertmodell der Audi AG der endfällig zu zahlende Beteiligungsbetrag der Kfz-Händler zur betragsmäßigen Sicherung der Höhe der Anschaffungskosten des zurückerworbenen Pkw gezahlt und gehört daher zu den Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB . Die Beteiligungsbeträge sind beim Kfz-Händler nicht rückstellungsfähig, da diese Aufwendungen zukünftige Anschaffungskosten darstellen, für die nach § 5 Abs. 4 b Satz 1 EStG keine Rückstellungen gebildet werden dürfen. Die näheren Einzelheiten sind dem Schreiben des FM Rheinland-Pfalz vom 21. 11. 2011 an das BMF zu entnehmen.

Als Sicherungsgeschäft i. S. d. § 5 Abs. 1 a Satz 2 EStG „zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken” kann das entgeltliche Audi-Restwertmodell nicht qualifiziert werden. Eine eventuell handelsbilanziell gebildete Bewertungseinheit ist demzufolge für die steuerliche Bilanz nicht zu übernehmen.

Diese Verfügung ersetzt die Verfügung der OFD Rheinland vom 16. 4. 2012 .

OFD Nordrhein-Westfalen – S 2137 – 2012/0007 – St 143