Das Verwaltungsgericht Koblenz hatte sich in zwei Eilverfahren mit der Frage zu befassen, wann die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) durch die Fahrerlaubnisbehörde zulässig ist und wann nicht. Während die Richter eine solche Anordnung bei wiederholten einfachen Verkehrsverstößen im Einzelfall als rechtswidrig einstuften, hielten sie es für rechtmäßig, einen Fahrerlaubnisinhaber bei nachgewiesenem gelegentlichen Cannabis-Konsum zur Durchführung einer MPU zu verpflichten.
Dieses Erfordernis sei im Fall aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis nicht erfüllt gewesen, so die Koblenzer Verwaltungsrichter. Der dortige Antragsteller war wegen zweimaliger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, eines Überholvorgangs ohne Beachtung des Gegenverkehrs sowie einer Fahrt unter Alkoholeinfluss (im Zeitraum von September 2017 bis Februar 2019) zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert worden. Zwar könnten wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften ausnahmsweise zu einer solchen Anordnung berechtigen, dies gelte aber nur, sofern Maßnahmen nach dem sog. Fahreignungs-Bewertungssystem (früheres Punktsystem) nicht ausreichten. Hierbei handele sich um ein abgestuftes System, das erst ab acht Punkten einen Fahrerlaubnisentzug vorsehe. Eine vorherige Entziehung der Fahrerlaubnis sei nur in eng begrenzten, besonders gelagerten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller (dessen Fahreignungsregister fünf Punkte aufwies) nach dem Durchlaufen von präventiven Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zu verkehrsordnungsgemäßem Verhalten zurückfinde.
Anders bewerteten die Richter dagegen den Fall aus dem Landkreis Birkenfeld. Hier war durch eine Blutprobe anlässlich einer Polizeikontrolle ein zumindest gelegentlicher Cannabis-Konsum des Antragstellers nachgewiesen worden. Zwar verbiete sich auch in Fällen eines Cannabis-Konsums die Anordnung einer MPU, wenn der Fahrzeugführer zwischen Konsum und Fahren zu trennen wisse. Hiervon könne im Fall des Antragstellers aber nicht die Rede sein. Er habe zum Zeitpunkt der Polizeikontrolle unter akutem Einfluss von Cannabis gestanden. Zudem habe seine Blutprobe einen so hohen Wert ausgewiesen, dass schon nach statistischen Erhebungen von Beeinträchtigungen wie Antriebssteigerungen, erhöhter Risikobereitschaft sowie einer Herabsetzung der Sehschärfe mit verzögerten Reaktionen auszugehen sei. Der Antragsteller habe auch entsprechende Ausfallerscheinungen (Augenlidflattern und starkes Zittern der Hände) gezeigt.
Gegen die Entscheidungen können die Beteiligten Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erheben.
Quelle: VG Koblenz, Pressemitteilung vom 08.07.2020 zu den Beschlüssen 4 L 487/20 vom 18.06.2020 und 4 L 494/20 vom 23.06.2020