Versetzung ins Ausland während Elternzeit kann missbräuchlich sein

Versetzung ins Ausland während Elternzeit kann missbräuchlich sein

Kernfrage

Grundsätzlich steht es dem Arbeitgeber, wenn dies arbeitsvertraglich vereinbart ist, im Rahmen seines Weisungsrechts frei, zu bestimmen, an welchem Ort der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat. Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte nunmehr über die Reichweite dieses Weisungsrechts gegenüber einem Arbeitnehmer in Elternzeit zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Klägerin war in leitender Position bei Arbeitgeber beschäftigt und Mutter eines 13-monatigen Kindes. Vor der Elternzeit war zwischen den Parteien vereinbart worden, dass die Klägerin während der Elternzeit 30 Stunden pro Woche weiterarbeiten werde, und zwar 3 Tage von zuhause aus und 2 Tage „im Büro“, zu dem die Klägerin 30 km fahren musste. Etwas später teilte der Arbeitgeber mit, dass das bisherige Büro, in dem die Klägerin ihre Tätigkeit verrichtete, geschlossen worden sei und sie nunmehr 2 Tage pro Woche in der Konzernzentrale in London arbeiten solle. Die Kosten für Anreise und Übernachtung sollte die Klägerin im Wesentlichen selbst tragen. Gegen diese Änderung der Arbeitsbedingungen wehrte sich die Klägerin gerichtlich und gewann.

Entscheidung

Zum einen stand nach Auffassung des Gerichts nicht abschließend fest, ob die gesamte Niederlassung des Arbeitgebers, in dem das Büro der Klägerin lag, geschlossen worden war. Unabhängig davon komme die Weisung des Arbeitgebers einer unzulässigen Strafversetzung gleich, weil bereits die Reise nach London zur Arbeitsleistung an 2 Tagen deutlich mehr als einen Arbeitstag in Anspruch nehme. Damit stünden dem vereinbarten Arbeitsumfang (= 30 Wochenstunden) ein Reiseaufwand und Abwesenheitszeiten von mindestens gleicher Zeit gegenüber. Dies sei unzumutbar und sprenge das vereinbarte Modell zur Arbeit in der Elternzeit. Über den Antrag konnte im einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden werden, weil es der Klägerin nicht – wie sonst üblich – zumutbar war, zunächst der Weisung Folge zu leisten und ein Urteil abzuwarten.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht, sie erhöht aber den Schutz von Arbeitnehmern in Elternzeit deutlich, weil sich diese schneller gegen arbeitgeberseitige Weisungen verteidigen können.