In unserem Existenzgründungslexikon gibt es insgesamt 135 Begriffe.
Offene Handelsgesellschaft
Inhaltsübersicht
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1. Allgemein
Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) (§ 105 HGB) ist eine Personengesellschaft (Wahl der Rechtsform), bei der die Gesellschafter ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe unter gemeinsamer Firma betreiben und bei der die Haftung der Gesellschafter nicht beschränkt ist.
Gesellschafter können natürliche Personen, eine andere offene Handelsgesellschaft, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder eine Kommanditgesellschaft sein.
Die Organisationsform der OHG steht allen Gewerbetreibenden offen.
Ein Handelsgewerbe betreibt laut § 1 Abs. 2 HGB jeder Gewerbetreibender, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
2. Warum die OHG wählen?
Kleinere und mittlere Unternehmen (oft Familienbetrieben) wählen diese Rechtsform, weil sie den Gesellschaftern genügend Raum für Kreditwürdigkeit, Arbeits- und Kapitaleinsatz lässt. Die Kreditwürdigkeit ist wegen der unbeschränkten Haftung aller Gesellschafter optimal.
Nach der im Gesetz vorgeschlagenen Struktur sind die Gesellschafter gleichberechtigt, sie tragen volle Verantwortung, können also großen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit ausüben. Anstelle eines Kapitals können sie ihren Arbeitseinsatz in die Gesellschaft einbringen.
3. Gründung
Die Gründung einer OHG kann formlos erfolgen, auch der Gesellschaftsvertrag muss nicht schriftlich abgeschlossen zu werden, trotzdem ist es zu empfehlen. Eine Höhe der Kapitaleinlage ist nicht festgelegt. Die notarielle Form ist erforderlich, wenn ein Grundstück in das Gesellschaftsvermögen eingebracht wird.
Der Gesellschaftervertrag sollte u.a. folgenden Inhalt haben:
Rechtsform, Firma, Sitz
Geschäftsgegenstand
Gesellschafter und Kapitaleinlagen
Geschäftsführung und Vertretung einschließlich der Vergütungen
Gesellschafterversammlung
Gesellschafterbeschlüsse
Entnahmen der Gesellschafter
Verfügung/Vererbung von Gesellschaftsanteilen
Ausschluss von Gesellschaftern
Kündigung von Gesellschaftern
Abfindung von Gesellschaftern
Wettbewerbsverbote.
Gemäß § 106 HGB muss die Gesellschaft bei dem zuständigen Handelsregister zur Eintragung angemeldet werden. Die Anmeldung muss von einem Notar beglaubigt werden.
4. Geschäftsführung und Vertretung
Die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsbefugnis können bei der OHG unterschiedlich geregelt sein. Aus der Geschäftsführungsbefugnis folgt nicht automatisch die Vertretungsbefugnis.
Grundsätzlich ist jeder Gesellschafter zur Geschäftsführung der Gesellschaft berechtigt. Die Regelung kann durch den Gesellschaftsvertrag abgeändert werden.
Gemäß § 125 HGB ist auch grundsätzlich jeder Gesellschafter allein vertretungsberechtigt. Hier kann aber im Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung vereinbart werden: z.B. Einzel- oder Gesamtvertretung aller Gesellschafter.
Zu beachten ist, dass nach § 125 Abs. 2 S. 3 HGB trotz der Vereinbarung einer Gesamtvertretung die Abgabe einer Willenserklärung gegenüber nur einem der zur Gesamtvertretung berechtigten Gesellschafter ausreichend ist.
5. Geschäftsbriefe
Gemäß § 125a HGB müssen auf Geschäftsbriefen einer OHG folgende Angaben aufgeführt sein:
die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft
das Registergericht
die Nummer, in der die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist.
6. Haftung
Die OHG haftet als Gesellschaft selbst (§ 124 HGB). Darüber hinaus haften die Gesellschafter einer OHG unbeschränkt auch mit ihrem Privatvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft (vgl. § 128 HGB).
Hinweis:
Kommt die OHG ihrer Verpflichtung nicht nach, können die Gläubiger unverzüglich auch gegen die Gesellschafter selbst vorgehen, sie müssen nicht zuerst die OHG zu verklagen.
Andererseits unterliegt der Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters grundsätzlich auch der Haftung für die Privatschulden des Gesellschafters. Ein Privatgläubiger kann nicht in den Gesellschaftsanteil des Gesellschafters vollstrecken. Er kann aber gemäß § 135 HGB die Gesellschaft sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahres kündigen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Der Gläubiger hat innerhalb der letzten zwölf Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners erfolglos versucht.
Der Gläubiger besitzt einen nicht nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel auf Pfändung und Überweisung des Abfindungsanspruches.
Andere Gesellschafter haften nicht für Privatschulden eines Gesellschafters.
Scheidet ein Gesellschafter aus der OHG aus, so haftet er gemäß § 160 HGB bis zum Ablauf von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden für bis zu seinem Ausscheiden entstandene und innerhalb der Fünf-Jahres-Frist fällig gewordene Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
Wird die Gesellschaft aufgelöst, endet die Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden gemäß § 159 HGB spätestens fünf Jahre nach der Auflösung der Gesellschaft.
7. Die Anforderungen in Kürze
Formvorschriften: | keine |
Handelsregister: | Eintraggung |
Mindestkapital: | kein |
Vertretung: | Gesellschafter gemeinschaftlich |
Haftung: | unbeschränkt auch Privatvermögen, anteilig, unmittelbar |
Aufsichtsorgan: | kein |
Jahresabschluss: | Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung |
Steuern vom Ertrag: | Einkommensteuer bei den Gesellschaftern, Gewerbesteuer bei der Gesellschaft |
8. Vorteile
gutes Image
erhöhte Kreditwürdigkeit
steuerliche Vorteile
Verteilung der Haftung auf mehrere Gesellschafter
9. Nachteile
hohes Haftungsrisiko
keine alleinige Vertretungs- und Entscheidungsbefugnis