Vorfälligkeitsentschädigungen als nachträgliche Werbungskosten?

Vorfälligkeitsentschädigungen als nachträgliche Werbungskosten?

Kernproblem

Bis zum letzten Jahr galt der Grundsatz, dass die nach dem Verkauf einer vorher vermieteten Immobilie angefallenen Schuldzinsen nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind. Denn mit der Veräußerung sah man den Zusammenhang mit der Einkunftserzielung als unterbrochen an. Dann änderte der Bundesfinanzhof (BFH) seine ständige Rechtsprechung und ließ den Abzug nachträglicher Werbungskosten für den Fall zu, dass der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der finanzierten Anschaffungskosten ausreichte. Der vom BFH entschiedene Fall betraf jedoch eine Immobilie, die innerhalb der Spekulationsfrist veräußert wurde; und das Hauptargument des Senats für seinen Sinneswandel war die Verlängerung der Spekulationsfristen auf 10 Jahre sowie eine Verknüpfung des zu ermittelnden Veräußerungsergebnisses mit einer vorangegangenen steuerbaren Nutzung des Grundstücks. Während die Finanzverwaltung das Urteil nur auf der Spekulationsfrist unterliegende Fälle anwenden möchte, vertritt die Beraterschaft eine vollumfängliche Anwendung. Jetzt werden solche Streitfälle in den Finanzgerichten (FG) anhängig.

Sachverhalt

Der beim Finanzgericht Düsseldorf entschiedene Fall betraf eine Immobilienbesitzerin, die sich bei Veräußerung ihres vermieteten Objekts zur lastenfreien Übertragung verpflichtete. Dafür zahlte sie der kreditgebenden Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von ca. 3.500 EUR und beantragte in der Steuerklärung den Werbungskostenabzug. Weil sich der Vorgang außerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist ereignete, lehnte das Finanzamt den Abzug ab. Mit der Klage berief sich die Steuerpflichtige auf die neuere Rechtsprechung des BFH.

Entscheidung

Die Düsseldorfer Richter schlugen sich auf die Seite der Finanzverwaltung und führten aus, dass der BFH in der neueren Entscheidung die Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bei Veräußerungen außerhalb der Spekulationsfrist ausdrücklich offen gelassen habe. Die Finanzrichter sahen auch keinen Anlass für eine Erweiterung der begünstigenden Rechtsprechung, zumal dann eine Vergleichbarkeit mit dem Veräußerer von Betriebsvermögen nicht gegeben sei; denn gerade diese habe den BFH zu seiner Änderung der Rechtsprechung bewogen.

Konsequenz

Nachdem das Finanzgericht die Revision zugelassen hatte, ist diese bereits beim BFH anhängig geworden. Vergleichbare Fälle sollten mit Hinweis hierauf offen gehalten und zum Ruhen gebracht werden.

Strenge Anforderungen bei Beweis der geringen Sorgfalt eins Gesellschafters

Strenge Anforderungen bei Beweis der geringen Sorgfalt eins Gesellschafters

Kernaussage

Die Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für vertragswidriges Verhalten ist auf den Maßstab der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten begrenzt. An den Beweis, in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden, sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Umstand, dass sich der Gesellschafter zugleich selbst schädigt, reicht zum Nachweis nicht aus.

Sachverhalt

Der Beklagte und der Versicherungsnehmer (VN) der Klägerin schlossen sich zu einer GbR zusammen, um Statikleistungen für den Neubau eines Parkhauses arbeitsteilig zu erbringen. Die Gesamtvergütung sollte hälftig geteilt werden. Der Kläger war absprachegemäß nur für die statische Berechnung sowie die Ausführungspläne der Fundamente verantwortlich. Der Versicherungsnehmer erbrachte die gleichen Leistungen in Bezug auf die Decken. Wegen auftretender Mängeln stand nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens fest, dass diese auf Fehler der statischen Berechnung der Geschossdecken zurückzuführen waren. Die Klägerin regulierte als Berufsversicherer den Schaden und verlangt nunmehr einen hälftigen Ausgleich durch den Beklagten. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Beklagten Recht.

Entscheidung

Der Gesamtschuldnerausgleich zwischen den Gesellschaftern bemisst sich regelmäßig nach dem Maßstab der vereinbarten Gewinn- und Verlustbeteiligung. Etwas anders kann gelten, wenn die Verpflichtung der Gesellschaft zum Ausgleich im Außenverhältnis auf schuldhaftem Verhalten eines Gesellschafters beruht. Wegen Mitverschuldens kann sodann die Haftung im Innenverhältnis sogar ganz ausgeschlossen sein. Die Haftung der Gesellschafter ist allerdings auf den Maßstab der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten begrenzt. Vorliegend hätte die Klägerin beweisen müssen, dass der Versicherungsnehmer – für den Beklagten erkennbar – in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden pflegt. Ein Vortrag dahingehend, der Versicherungsnehmer erstelle die ihm obliegende Tragwerksplanung immer leicht fahrlässig und dies sei für den Beklagten erkennbar, liegt nicht vor.

Konsequenz

Die Haftung für eigenübliche Sorgfalt kann dazu führen, dass derjenige, der in eigenen Angelegenheiten etwas nachlässig zu handeln pflegt, begünstigt ist. Dies kann nur zu Lasten der Mitgesellschafter ergehen, wenn das Verhalten des Schädigers für diese erkennbar ist.

Fristlose Kündigung bei geringer Nebentätigkeit für Konkurrenz?

Fristlose Kündigung bei geringer Nebentätigkeit für Konkurrenz?

Kernaussage

Übt ein Arbeitnehmer nur in geringem Umfang eine Nebentätigkeit für einen Wettbewerber aus, so rechtfertigt dieser Wettbewerbsverstoß nicht ohne weiteres eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorausgegangene Abmahnung. Entscheidend ist, wie stark die Interessen des Arbeitgebers durch den Wettbewerbsverstoß beeinträchtigt worden sind und ob der Arbeitnehmer in Schädigungsabsicht gehandelt hat.

Sachverhalt

Die Arbeitgeberin betreibt eine Gebäudereinigung. Die Arbeitnehmerin war seit 2006 als Kundenbetreuerin dort beschäftigt und betreute u. a. ein Objekt, dass die Arbeitgeberin zum 1.5.2011 an ein Konkurrenzunternehmen verlor. Seit dem 1.5.2011 war der Ehemann der Arbeitnehmerin in diesem Objekt als Reinigungskraft in Nebentätigkeit tätig. Spätestens seit dem 1.8.2011 führte dann auch die Arbeitnehmerin in dem Objekt Reinigungsarbeiten für das Konkurrenzunternehmen durch (ca. 19 Std./Monat für ca. 185 EUR/Monat). Die Arbeitnehmerin ist Betriebsratsmitglied und seit dem 1.3.2012 in dieser Funktion freigestellt. Im Jahr 2012 erhielt die Arbeitgeberin Kenntnis von der Nebentätigkeit und beantragte daraufhin beim Betriebsrat die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Arbeitnehmerin. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung; hierauf zog die Arbeitgeberin vor das Arbeitsgericht und bekam Recht. Das Landesarbeitsgericht sah dies indes anders.

Entscheidung

Während des Bestehens der Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer zwar grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält. Bei Bestimmung der Reichweite dieses Wettbewerbsverbots ist jedoch die geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist daher festzustellen, ob die anderweitige Tätigkeit zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers führt, was bei bloßen Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsverbot wohl nicht der Fall sein dürfte. Hier erschien die Interessenbeeinträchtigung der Arbeitgeberin durch das Wettbewerbsverbot eher gering. Es handelte sich um einfach gelagerte Tätigkeiten, die keiner besonderen Sachkunde bedurften und deren Vorteil für den Wettbewerber kaum messbar sein dürfte. Es wurden keine Geschäftsgeheimnisse verraten und es bestand kein Kundenkontakt. Die die Interessen der Arbeitgeberin nur leicht verletzenden Tätigkeiten wurden schließlich nur in einem geringen Umfang ausgeführt. Die Arbeitnehmerin handelt zudem auch nicht in Schädigungsabsicht.

Konsequenz

Insgesamt wäre vor dem Ausspruch der Kündigung als milderes Mittel eine Abmahnung erforderlich gewesen.

Grundstückskaufverträge: BMF akzeptiert nur unbedingte Option

Grundstückskaufverträge: BMF akzeptiert nur unbedingte Option

Kernaussage

Grundstücksverkäufe an Unternehmer können als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) oder als „normale“ steuerfreie Veräußerung zu behandeln sein. Von Bedeutung ist diese Differenzierung im Hinblick auf eine mögliche Berichtigung der im Zusammenhang mit dem Objekt geltend gemachten Vorsteuer (nach § 15a UStG). Bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen ergibt sich keine Vorsteuerberichtigung für den Verkäufer, da der Erwerber in dessen „Fußstapfen“ tritt und das Vorsteuerkorrekturpotential fortführt. Liegt hingegen keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, ist der Verkauf steuerfrei. Eine Korrektur der Vorsteuer zuungunsten des Verkäufers kann dann nur durch eine Option zur Umsatzsteuer vermieden werden (§ 9 Abs. 1 UStG). Gehen die Vertragsparteien davon aus, dass der Verkauf als Geschäftsveräußerung im Ganzen zu behandeln ist, wird häufig zusätzlich eine Umsatzsteuerklausel vereinbart, wonach zur Umsatzsteuer optiert wird, um eine Vorsteuerberichtigung zu vermeiden, falls die Finanzverwaltung den Verkauf nicht als Geschäftsveräußerung im Ganzen qualifiziert.

Aktuelle Rechtslage

Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums (BMF) ist eine Option zur Umsatzsteuer nur noch bis zur formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Jahr des Vertragsabschlusses zulässig. Diese tritt mit Ablauf der Einspruchsfrist des entsprechenden Umsatzsteuerbescheides ein. Bisher beinhalteten die Umsatzsteuerklauseln häufig nur eine bedingte Option zur Umsatzsteuer, die dann eintrat, wenn die Finanzverwaltung die Geschäftsveräußerung im Ganzen endgültig abgelehnt hatte. Aufgrund der geänderten Rechtslage wurde nunmehr zu einer unbedingten Option geraten, da befürchtet wurde, dass die bedingte Option ins Leere läuft. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. hatte diese Auffassung bestätigt, eine Stellungnahme des BMF fehlte hierzu allerdings noch.

Neue Verwaltungsanweisung

Das BMF bestätigt nun die Auffassung der OFD Frankfurt a. M.

Konsequenzen

Nur unbedingte Optionen sind nach Ansicht des BMF wirksam. Bei entsprechenden Grundstückskaufverträgen muss die Option daher unbedingt erklärt werden. Da eine fehlerhafte Option richtig Geld kosten kann, bietet es sich an, hier externen Rat einzuholen. Auf jeden Fall ist davon abzuraten, Formulierungen aus alten Verträgen o. ä. als Muster zu nutzen. Denn diese beruhen in der Regel noch auf der alten und inzwischen überholten Rechtslage.

Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Einkunftsberechnung für Unterhalt abziehbar?

Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Einkunftsberechnung für Unterhalt abziehbar?

Kernproblem

Werden unterhaltsberechtigte Personen bei Ausbildung oder Unterhalt unterstützt, kann ein Abzug als außergewöhnliche Belastung (agB) bei der Einkommensteuer in Betracht kommen. Der dafür geltende Höchstbetrag von 8.004 EUR wird gekürzt um eigene Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person, soweit diese einen unschädlichen Betrag von 624 EUR übersteigen. Das gilt auch bei Unterstützung der eigenen Kinder, für die kein Kindergeld/Kinderfreibetrag mehr gewährt wird (z. B. nach dem Überschreiten der Altersgrenze). Werden für das Kind Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung übernommen, erhöht sich der Betrag von 8.004 EUR um die Beiträge, soweit sie sich nicht bereits bei den Eltern als Sonderausgabe ausgewirkt haben (das sind bei gesetzlicher Krankenversicherung i. d. R. 4 % der Beiträge). Verdient das Kind eigenes Geld, ist der Höchstbetrag wegen der geringen Unschädlichkeitsgrenze schnell aufgebraucht. Ob dann zumindest die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung die Einkünfte des Kindes mindern, war Gegenstand einer Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg.

Sachverhalt

Eltern hatten ihren in Ausbildung befindlichen Sohn unterstützt, der eine Ausbildungsvergütung von 7.944 EUR bezog. Von dessen Einkünften wollten Sie bei Beantragung der außergewöhnliche Belastung neben dem Werbungskosten-Pauschbetrag die kompletten Pflichtversicherungsbeiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung zum Abzug bringen. Zur Begründung trugen sie vor, dass die Beiträge dem Sohn tatsächlich für den Lebensunterhalt nicht zur Verfügung gestanden hätten und deshalb durch ihre Unterhaltsaufwendungen abgedeckt werden müssten. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (zumindest zum Teil) auch den abzugsfähigen Höchstbetrag erhöhten und sich damit doppelt auswirken würden; den Abzug der Renten- und Arbeitslosenversicherung sehe das Gesetz nicht vor. Gegen die Einspruchsentscheidung klagten die Eltern vor dem Finanzgericht.

Entscheidung

Der Sichtweise der Eltern ist das Finanzgericht nicht gefolgt. Die Richter argumentierten mit dem Wortlaut des Gesetzes, das weder eine Erhöhung des Höchstbetrages noch einen Abzug von den Einkünften des Kindes über das gesetzlich bestimmte Maß zuließe. Die Berücksichtigung sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten, weil zum einen ein Teilbetrag von 624 EUR anrechnungsfrei bliebe, zum anderen der abziehbare Höchstbetrag der außergewöhnlichen Belastungen deutlich über dem Existenzminimum liege.

Konsequenz

Obwohl das Finanzgericht eine Revision nicht zulassen wollte, ist das Verfahren beim BFH anhängig geworden. Und hoffnungslos sollten die Aussichten nicht sein, denn schließlich wurden bis zum Jahr 2011 bei einkommensabhängiger Zahlung des Kindergelds nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch Sozialversicherungsbeiträge des Kindes abgezogen. Daher sollten eigene Verfahren offen gehalten werden.

Können Sonderzahlungen an Arbeitnehmer (Weihnachtsgeld) von Stichtagsregelungen abhängig gemacht werden?

Können Sonderzahlungen an Arbeitnehmer (Weihnachtsgeld) von Stichtagsregelungen abhängig gemacht werden?

Kernaussage

Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, ist eine solche Stichtagsregelung unwirksam.

Sachverhalt

Seit 2006 war der Kläger als Controller bei dem beklagten Verlagsunternehmen beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Diese wurde ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnet. Jeweils im Herbst eines Jahres übersandte die Beklagte ein Schreiben an alle Arbeitnehmer, in dem „Richtlinien“ der Auszahlung aufgeführt waren. In dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es u. a., die Zahlung erfolge „an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis“ befänden. Für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung sollten Verlagsangehörige 1/12 des Bruttomonatsgehalts erhalten. Nach den Richtlinien erhielten im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer die Sonderzahlung anteilig. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund seiner Kündigung am 30.9.2010. Mit seiner Klage beanspruchte der Kläger anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung. Die Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat das Verlagsunternehmen zur Zahlung verurteilt. Nach den Richtlinien soll die Sonderzahlung einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, zugleich aber auch der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit dienen. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen, wie sie in den Richtlinien vereinbart sind, nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unwirksam, denn die Klausel benachteiligt den Kläger unangemessen. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken der dort ebenfalls geregelten arbeitsrechtlichen Vorschriften, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Der Vergütungsanspruch wurde nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte.

Konsequenz

Dient die Sonderzahlung auch der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit, darf dem Arbeitnehmer ein solcher bereits erarbeiteter Lohn nicht durch eine Stichtagsregelung in AGB wieder entzogen werden.

Kindergeld auch für Kinder einer eingetragenen Lebenspartnerin

Kindergeld auch für Kinder einer eingetragenen Lebenspartnerin

Kernaussage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell entschieden, dass einer Lebenspartnerin ein Kindergeldanspruch auch für die in den gemeinsamen Haushalt aufgenommenen Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin zusteht. Der BFH hat damit die für Ehegatten geltende Regelung auf Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft angewandt, nach der im Haushalt lebende gemeinsame Kinder der Ehegatten zusammengezählt werden. Sobald beide Lebenspartner oder Ehegatten zusammen mehr als 2 Kinder haben, ist diese Regelung günstiger, als wenn jeder einzelne Ehegatte oder Lebenspartner für seine Kinder Kindergeld beantragt. Denn das Kindergeld steigt ab dem dritten Kind von 184 EUR auf 190 EUR an und beträgt für das vierte und jedes weitere Kind 215 EUR.

Sachverhalt

Im Streitfall lebt die Klägerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie wohnt gemeinsam mit ihren beiden minderjährigen Kindern, ihrer eingetragenen Lebenspartnerin sowie mit deren beiden minderjährigen Kindern in einem Haushalt. Für ihre Kinder erhält sie Kindergeld. Darüber hinaus begehrte sie für den Zeitraum ab Dezember 2009 vergeblich Kindergeld für die in dem gemeinsamen Haushalt versorgten Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Nach seiner Meinung ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen Einkommensteuer- und Kindergeldfestsetzungen die Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen auch insoweit geboten, als Kindergeldfestsetzungen noch nicht bestandskräftig sind. Der Gesetzgeber habe mit Gesetz vom 15.7.2013 eine Gleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern für das gesamte Einkommensteuergesetz mithin auch für das dort im 10. Abschnitt geregelte Kindergeldrecht bezweckt.

Konsequenz

Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 7.5.2013 entschieden hatte, dass der Ausschluss eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren sei, sind nunmehr die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden (§ 2 Abs. 8 EStG). Die Neuregelung des Gesetzes vom 15.7.2013 findet auch bei noch nicht bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen Anwendung (§ 52 Abs. 2a EStG). Der BFH hat mit seinem Urteil entschieden, dass diese Anwendungsregelung auch für Kindergeldfestsetzungen gilt.

Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen

Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen

Kernaussage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich die Maßstäbe präzisiert, die für den steuermindernden Abzug von Betriebsausgaben für die Vergütung von Arbeitsleistungen naher Angehöriger gelten.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer eine in den Streitjahren stetig wachsende Werbeagentur. Er schloss zunächst mit seinem in Frührente befindlichen Vater, später auch mit seiner Mutter einen Arbeitsvertrag ab. Die Eltern sollten für den Kläger Bürohilfstätigkeiten im Umfang von 10 bzw. 20 Wochenstunden erbringen. Das Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, es seien keine Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geführt worden. Das Finanzgericht bestätigte diese Auffassung und führte aus, die Arbeitsverträge seien nicht entsprechend der Vereinbarung durchgeführt worden, weil beide Elternteile tatsächlich mehr als die vertraglich festgelegten 10 bzw. 20 Wochenstunden gearbeitet hätten. Darauf hätten sich fremde Arbeitnehmer nicht eingelassen.

Entscheidung

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Ob ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen steuerlich anzuerkennen ist, wird anhand eines Fremdvergleichs beurteilt. Dabei hängt die Intensität der Prüfung auch vom Anlass des Vertragsschlusses ab. Hätte der Steuerpflichtige im Falle der Nichtbeschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen.

Konsequenz

Vor allem war für den BFH der Umstand, dass beide Elternteile „unbezahlte Mehrarbeit“ geleistet haben sollen, für die steuerrechtliche Beurteilung nicht von wesentlicher Bedeutung. Entscheidend für den Betriebsausgabenabzug ist, dass der Angehörige für die an ihn gezahlte Vergütung die vereinbarte Gegenleistung (Arbeitsleistung) tatsächlich erbringt. Dies ist auch dann der Fall, wenn er seine arbeitsvertraglichen Pflichten durch Leistung von Mehrarbeit übererfüllt. Ob Arbeitszeitnachweise geführt worden sind, betrifft hier nicht die Frage der Fremdüblichkeit des Arbeitsverhältnisses, sondern hat allein Bedeutung für den – dem Steuerpflichtigen obliegenden – Nachweis, dass der Angehörige die vereinbarten Arbeitsleistungen tatsächlich erbracht hat.

Wann besteht Anspruch auf Wiedereinstellung rückkehrwilliger Arbeitnehmer?

Wann besteht Anspruch auf Wiedereinstellung rückkehrwilliger Arbeitnehmer?

Kernfrage

Wechselt ein Arbeitnehmer im Zuge der Ausgliederung eines Geschäftsbereichs zu einem anderen Arbeitgeber, steht ihm, wenn er dem Übergang auf den neuen Arbeitgeber zugestimmt hat, dem Grunde nach kein Recht auf Wiedereinstellung beim alten Arbeitgeber zu. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der alte Arbeitgeber beim Ausscheiden eine Rückkehrzusage gemacht hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr über die Auslegung einer solchen Wiedereinstellungszusage zu entscheiden.

Sachverhalt

Ein Mitarbeiter einer Krankenkasse hatte auf Wiedereinstellung gegen das Land Berlin geklagt. Er war bei Ausgliederung der Krankenversicherung 1992 aus dem hoheitlichen Bereich zur damals neu gegründeten BKK Berlin gewechselt. Das Land hatte ihm dabei schriftlich ein Rückkehrrecht für den Fall der Auflösung/Schließung der BKK Berlin zugesagt. Aus der BKK Berlin war über die Jahre durch Zusammenschlüsse die sog. City BKK entstanden, die schließlich im Juni 2011 durch das Bundesversicherungsamt geschlossen wurde. Vor Schließung machte der Mitarbeiter von seinem Rückkehrrecht Gebrauch, das vom Land damit zurückgewiesen wurde, dass die BKK Berlin nicht mehr existiere.

Entscheidung

Das BAG gab dem Mitarbeiter recht. Dieser hat einen Anspruch auf Wiedereinstellung beim beklagten Land und zwar dergestalt, dass der Arbeitnehmer zum einen zu den Konditionen (wieder) eingestellt werden muss, wie der Arbeitnehmer dies anbietet, und zum anderen auch unter Anerkennung der Betriebszugehörigkeitszeiten, die der Arbeitnehmer bei dem anderen Arbeitgeber geleistet hat. Hier war das eingeräumte Rückkehrrecht dahingehend zu verstehen, dass den seinerzeit zu dem neuen Arbeitgeber gewechselten Mitarbeitern, ihre sichere Rechtsposition beim beklagten Land erhalten bleiben sollte. Der Mitarbeiter war mithin so zu stellen, als wäre er durchgehend beim beklagten Land beschäftigt gewesen. Die Tatsache, dass der neue Arbeitgeber zwischenzeitlich durch Zusammenschlüsse neu organisiert war, spielte keine Rolle für das gewährte Rückkehrrecht.

Konsequenz

Die Entscheidung gilt außerhalb des öffentlichen Sektors wohl für alle Fälle eines (Teil)Betriebsübergangs, in denen eine Rückkehrgarantie gewährt wird. Sie macht deutlich, dass solche Rückkehrgarantien sorgsam und unter Einbeziehung aller denkbaren Eventualitäten formuliert werden müssen. Formulierungsschwächen gehen zu Lasten des Arbeitgebers.

Keine Witwenrente bei neuer Ehe mit Exfrau nach Eintritt in Ruhestand

Keine Witwenrente bei neuer Ehe mit Exfrau nach Eintritt in Ruhestand

Kernaussage

Sagt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu, kann er auch den Umfang seiner Leistungen festlegen (z. B. Invaliditätsrente, Witwenrente). Betriebsrentenzusagen, die den Anspruch auf Hinterbliebenenrente davon abhängig machen, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, sind grundsätzlich zulässig (Spätehenklausel). Eine erneute Ehe mit der Ex-Ehefrau führt nicht dazu, dass die Anwartschaft auf eine Hinterbliebenenrente wiederauflebt.

Sachverhalt

Der Kläger ist zum Ablauf des Jahres 1992 aus seinem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und in den Ruhestand eingetreten. Seitdem bezieht er von der beklagten Unterstützungskasse Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach deren Versorgungsordnung. Im gleichen Jahr ließ er sich von seiner langjährigen Ehefrau scheiden. Ein Versorgungsausgleich (Übertragung von Rentenanwartschaften) wurde nicht durchgeführt. Im Jahr 1996 ging der Kläger eine neue Ehe ein. Nachdem auch diese Ehe geschieden wurde, heiratete der Kläger erneut seine erste Ehefrau im Jahr 2008. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass die Ehefrau im Falle seines Ablebens keinen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung habe, da die Ehe erst nach Eintritt des Versorgungsfalls (Rentenbeginn) geschlossen wurde. Hiergegen richtet sich die Klage, die in allen Instanzen erfolglos blieb.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte fest, dass nach der Versorgungsordnung kein Anspruch auf Witwenrente besteht, weil die aktuelle Ehe erst nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen wurde (Spätehenklausel). Unerheblich ist, dass der Kläger bereits während des Arbeitsverhältnisses in erster Ehe mit seiner jetzigen Ehefrau verheiratet war. Die Späteheklausel ist grundsätzlich wirksam. Sie führt weder zu einer Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) noch verstößt sie gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zudem führt sie auch unter Beachtung grundrechtlicher Wertungen (Ehefreiheit) nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung.

Konsequenz

Ursprünglich hätte die Ehefrau eine Anwartschaft auf eine Witwenrente gehabt. Nach der Scheidung führt eine erneute Ehe mit der Ehefrau nicht nur zu einem „Unterbrechen“ und damit nicht zu einem Wiederlaufleben der Anwartschaft.