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Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 AStG

Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung – BsGaV

BMF, Mitteilung vom 05.08.2013

A. Problem und Ziel

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wurde im Bereich des § 1 Außensteuergesetzes (AStG) vor allem ein neuer Absatz 5 eingefügt, der den Inhalt des OECD Betriebsstättenberichts 2010, der vom Rat der „Organisation for Economic Cooperation and Development“ (OECD) am 22. Juli 2010 verabschiedet und veröffentlicht worden ist, in innerstaatliches Recht umsetzt.

Der OECD Betriebsstättenbericht 2010 beruht auf den international entwickelten Grundsätzen zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die grenzüberschreitende Aufteilung der Einkünfte zwischen einer Betriebsstätte und dem Unternehmen, zu dem sie gehört (Authorised OECD Approach – AOA).

Die Regelung im neuen Absatz 5 hat den Zweck, die Besteuerung grenzüberschreitender Vorgänge im Hinblick auf die Einkünfteabgrenzung bzw. Einkünfteaufteilung klar und für alle Investitionsalternativen (Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Betriebsstätten) einheitlich zu regeln. Damit folgt Deutschland innerstaatlich den internationalen Bemühungen, die bisher weitgehend uneinheitliche Praxis der internationalen Betriebsstättenbesteuerung auf der Grundlage eines international anerkannten Standards (Fremdvergleichsgrundsatz) zu vereinheitlichen.

B. Lösung

§ 1 Abs. 6 AStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG enthält die Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes, die sich über die bisherige Ermächtigung in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG hinaus auch auf die Einkünfteaufteilung bzw. Einkünfteermittlung in grenzüberschreitenden Betriebsstättenfällen erstreckt. § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG wurde deshalb aufgehoben.

Durch die Rechtsverordnung soll, noch konkreter als durch das Gesetz möglich, sichergestellt werden, dass von Steuerpflichtigen und Verwaltung wettbewerbsneutrale und im internationalen Kontext akzeptable Lösungen gefunden werden, die auf den international anerkannten Grundsätzen für die Einkünfteaufteilung von Betriebsstätten basieren. Dies sichert deutsche Besteuerungsrechte und hilft, internationale Besteuerungskonflikte zu vermeiden.

Zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes regelt die Rechtsverordnung für inländische Unternehmen mit einer in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte sowie für ausländische Unternehmen mit einer inländischen Betriebsstätte u. a.:

  1. die Art und Weise der Berechnung der Betriebsstätteneinkünfte (Hilfs- und Nebenrechnung); in dieser Hilfs- und Nebenrechnung werden vor allem die der Betriebsstätte zuzuordnenden Vermögenswerte, ihr Dotationskapital und die übrigen, ihr zuzuordnenden Passiva sowie die Geschäftsvorfälle der Betriebsstätte erfasst;
  2. unter welchen Umständen anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen („Dealings“) zwischen einer Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen, zu dem sie gehört, vorliegen;
  3. welche Besonderheiten für bestimmte Branchen, insbesondere für Banken, für Versicherungen, für Bau- und Montageunternehmen und für Explorationsunternehmen zu beachten sind;
  4. in welchen Fällen zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten von widerlegbaren Vermutungen auszugehen ist; dies ist notwendig, da eine rechtliche Abgrenzung auf der Basis des Zivil- oder Handelsrechts innerhalb eines Unternehmens nicht möglich ist.

Die Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung – BsGaV) finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF

EU-Antisubventionsuntersuchung zu Solarpaneel-Einfuhren aus China geht ohne Einführung vorläufiger Zölle weiter

Die Europäische Kommission ergreift keine vorläufigen Maßnahmen im Verfahren gegen die Einfuhr subventionierter Sonnenkollektoren, Zellen und Wafer aus der Volksrepublik China. Die am 8. November 2012 auf Veranlassung des betroffenen Wirtschaftszweigs der Union eingeleitete Antisubventionsuntersuchung der EU läuft parallel zu der entsprechenden Antidumpinguntersuchung. Die Europäische Kommission kann binnen 9 Monaten beschließen, vorläufige Ausgleichszölle einzuführen. Im jetzigen Fall führt die Kommission keine vorläufigen Maßnahmen ein; gleichwohl setzt sie die Untersuchung aktiv fort, um bis zum Ende dieses Jahres zu endgültigen Feststellungen zu gelangen.

Da eine etwaige Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union bereits in der Vorphase durch die vorläufigen Antidumpingmaßnahmen gegen die betreffende Ware und die diesbezügliche Preisverpflichtung der chinesischen Ausführer ausgeschlossen wurde, wird der Schutz des Wirtschaftszweigs der Union vor unfairen Handelspraktiken durch den jetzigen Beschluss nicht beeinträchtigt. Der Verzicht auf vorläufige Antisubventionsmaßnahmen greift einem etwaigen späteren Beschluss im Rahmen der endgültigen Sachaufklärung allerdings nicht vor.

Hintergrund

Die Kommission ist von Rechts wegen verpflichtet, eine Untersuchung einzuleiten, wenn ein Wirtschaftszweig der Union einen zulässigen Antrag stellt und Beweise dafür vorlegt, dass eine aus einem oder mehreren Ländern ausgeführte Ware subventioniert und der Wirtschaftszweig infolgedessen geschädigt wird. Ein derartiger Antrag wurde im letzten Jahr von der europäischen Solarbranche gegen die Einfuhren von Solarpaneelen, Zellen und Wafern aus China gestellt. Daraufhin kam die Kommission ihrer Pflicht nach und leitete am 8. November 2012 eine Antisubventionsuntersuchung ein. Nach den EU-Regeln und den WTO-Regeln ist die Einleitung und Durchführung paralleler Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen zur selben Ware zulässig.

Die parallele Antidumpinguntersuchung und die Preisverpflichtung der chinesischen Ausführer

In der parallel laufenden Antidumpinguntersuchung wurden am 5. Juni 2013 vorläufige Zölle eingeführt. Die Untersuchung wird trotz der Preisverpflichtung der chinesischen ausführenden Unternehmen, die am 2. August von der Europäischen Kommission akzeptiert worden war, weitergeführt. Die Sachverständigen befassen sich nun intensiv mit den Stellungnahmen und Beiträgen, die im Rahmen der Untersuchung nach der Einführung der vorläufigen Maßnahmen bei der Kommission eingingen. Die am 27. Juli 2013 angekündigte Preisverpflichtungsvereinbarung geht auf die vorläufigen Maßnahmen zur Einführung von Antidumpingzöllen zurück. Die Preisverpflichtung trat am 6. August in Kraft. Die Kommission erklärte sich bereit, das Nötige zu tun, um die Antisubventionsuntersuchung im endgültigen Stadium in die Preisverpflichtung einzubeziehen, falls dies gerechtfertigt ist.

Das weitere Vorgehen

Sobald die Kommission ihre Analysen sowohl im Antidumping– als auch im Antisubventionsverfahren abgeschlossen hat, wird sie alle interessierten Parteien über ihre Feststellungen unterrichten, damit sie dazu Stellung nehmen können. Nach umfassender Auswertung und Einschätzung der Stellungnahmen wird die Kommission ihre endgültigen Feststellungen aus den beiden Untersuchungen treffen. Die Frist für die Einführung endgültiger Zölle läuft in beiden Fällen am 5. Dezember 2013 aus.

Die Kommission führt derzeit auch eine Antidumping- und eine Antisubventionsuntersuchung zu den Einfuhren von Solarglas aus China durch. Solarglas ist ein Rohstoff, der zur Herstellung der aus China stammenden Solarpaneele eingesetzt wird. Die Solarglasuntersuchung ist aber ein eigenständiger Fall. Die Feststellungen in den Solarpaneeluntersuchungen haben darauf keinen Einfluss.

Weiterführende Informationen

Pressemitteilung vom 8. November 2012: Einfuhren von Solarpaneelen aus China – EU leitet Antisubventionsuntersuchung ein (MEMO/12/844)

Pressemitteilung vom 27. Juli 2013: Einvernehmliche Lösung im Solarpaneel-Fall zwischen der EU und China (MEMO/13/729)

Rede von EU-Handelskommissar Karel De Gucht zur einvernehmlichen Lösung im Solarpaneel-Fall zwischen der EU und China, 29. Juli 2013 (MEMO/13/730)

BFH ändert „Fahrtrichtung“ bei der Besteuerung von Dienstwagen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Datum vom 10.07.2013 vier Urteile veröffentlicht, in denen er sich zur Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen äußert. Insbesondere in seiner Entscheidung Az. VI R 31/10 macht er darauf aufmerksam, dass die Anwendung der 1 %-Regelung auch dann greift, wenn faktisch keine private Nutzung des vom Arbeitgeber überlassenen Fahrzeugs erfolgt.

In seiner Begründung führt der BFH aus, dass bereits die Überlassung des Dienstwagens durch den Arbeitgeber zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers führt. Der hieraus resultierende geldwerte Vorteil ist – anders als nach der Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG, die nur zur Anwendung kommt, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einsetzt – nach der 1 %-Regelung zu bewerten und damit „unabhängig von Nutzungsart und -umfang“ abgegolten.

Bislang ging der BFH in seiner Rechtsprechung davon aus, dass bei fehlendem ordnungsgemäßem Fahrtenbuch der Beweis des ersten Anscheins zwar für eine private Nutzung des überlassenen Dienstwagens spricht. Diese Vermutung (sog. Anscheinsbeweis) konnte jedoch durch den Steuerpflichtigen entkräftet werden. Hierfür reichte regelmäßig aus, dass die ernstliche Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs bestand (vgl. BFH-Urteil vom 21.04.2010, Az. VI R 46/08). Diese Handhabe entfällt künftig.

Die aktuell veröffentlichen Entscheidungen stellen damit eine Rechtsprechungsänderung des BFH dar. Lediglich das ordnungsgemäße Führen eines Fahrtenbuchs bzw. ein arbeitsvertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot kann die Besteuerung des geldwerten Vorteils künftig verhindern. Einer besonderen Überwachung des Nutzungsverbots durch den Arbeitgeber bedarf es hingegen nicht. Auch stellt der BFH nochmals klar, dass die unbefugte Privatnutzung des betrieblichen Fahrzeugs nicht zwingend Lohncharakter hat.

Die Entscheidung des BFH, für welchen Zeitraum ein Fahrtenbuch geführt werden muss, um als ordnungsgemäß anerkannt zu werden (unterjähriger Wechsel von der 1 %-Regelung zur Fahrtenbuchmethode), steht weiterhin aus (Az. VI R 35/12).

www.dstv.de

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V., Pressemitteilung vom 12.07.2013

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Anwendungsvoraussetzung der 1 %-Regelung – Entkräftung des Anscheinsbeweises
Übernahme von Beiträgen für die Mitgliedschaft in einem Golfclub als Arbeitslohn

 Leitsatz

1. Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen PKW tatsächlich privat nutzt, zu einem lohnsteuerlichen Vorteil (Abgrenzung vom BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 19/05 , BFHE 215, 256 , BStBl II 2007, 116).

2. Ob der Arbeitnehmer den Beweis des ersten Anscheins, dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch die substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts zu entkräften vermag, ist damit für die Besteuerung des Nutzungsvorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG unerheblich (Änderung der Rechtsprechung).

3. Die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft eines angestellten GmbH-Geschäftsführers in einem Golfclub führt zu Arbeitslohn, auch wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist.

 Gesetze

EStG §§ 42d, 41a Abs. 1, 38 Abs. 1 und Abs. 3, 19 Abs. 1, 8 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 2 bis 4, 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2

 Instanzenzug

Niedersächsisches FG vom 25. Juni 2009 11 K 72/08 (EFG 2010, 1185) BFH VI R 31/10

 Gründe

[1 ] I. Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge.

[2 ] Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Die Klägerin hatte zunächst zwei Geschäftsführer, nämlich Steuerberater/Rechtsanwalt A und Steuerberater B. Seit 2001 war A alleiniger Geschäftsführer der Klägerin, nicht aber Gesellschafter der Klägerin. Die Klägerin übernahm im Dezember 2000 für A die Aufnahmegebühr für den Golfclub X in Höhe von 3.250 DM. Im Januar 2001 übernahm sie für A eine sog. Investitionsumlage in Höhe von 1.500 DM sowie den Jahresbeitrag in Höhe von 1.700 DM, ebenfalls für den Golfclub X. Aus diesen Vorgängen zog sie keine lohnsteuerlichen Konsequenzen. Darüber hinaus standen A in den Streitjahren (1998 bis 2001) nacheinander zwei PKW zur Verfügung, die er nach seinem Anstellungsvertrag auch für Privatfahrten nutzen durfte. Im Zeitraum Januar 1998 bis März 2000 nutzte er einen PKW Mercedes mit einem Bruttolistenpreis in Höhe von 75.500 DM; im Zeitraum April 2000 bis Oktober 2001 einen PKW Mercedes mit einem Bruttolistenpreis in Höhe von 121.300 DM.

[3 ] Die Klägerin versteuerte für die private PKW-Nutzung im Zeitraum Januar 1998 bis Dezember 2000 monatlich 130 DM (250 km x 0,52 DM/km) sowie im Zeitraum Januar 2001 bis Oktober 2001 monatlich 145 DM (250 km x 0,58 DM/km) als geldwerten Vorteil.

[4 ] Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) einen Haftungsbescheid, mit dem er die Klägerin nach § 42d des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Arbeitgeberin in Anspruch genommen hat. Dem Prüfer folgend war er zu der Auffassung gelangt, die Zahlungen an den Golfclub X seien steuerbarer Arbeitslohn des A. Weiterhin sei dessen Nutzungsvorteil aus der privaten Nutzung der betrieblichen PKW fehlerhaft lohnversteuert worden. Denn dieser sei nicht mit den tatsächlichen Kosten anzusetzen, sondern nach der sog. 1 %-Regelung zu bewerten.

[5 ] Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1185 veröffentlichten Gründen ab.

[6 ] Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

[7 ] Sie beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 25. Juni 2009 11 K 72/08 und den Haftungsbescheid vom 23. Mai 2003 i.d.F. des Einspruchsbescheids vom 29. Januar 2008 aufzuheben.

[8 ] Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

[9 ] II. Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO— ). Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

[10 ] 1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn —auch soweit er durch einen Dritten gewährt wird— für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.

[11 ] a) Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt das nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu einem als Lohnzufluss nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers (Urteile des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 6. November 2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142 , BStBl II 2002, 370; vom 7. November 2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256 , BStBl II 2007, 116; VI R 95/04, BFHE 215, 252 , BStBl II 2007, 269; vom 4. April 2008 VI R 68/05, BFHE 221, 17 , BStBl II 2008, 890; vom 28. August 2008 VI R 52/07, BFHE 223, 12 , BStBl II 2009 , 280 ; vom 21. April 2010 VI R 46/08, BFHE 229, 228 , BStBl II 2010, 848; vom 6. Oktober 2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383 , BStBl II 2012, 362). Der Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 2012 VI R 51/11 , BFHE 240, 69 , BStBl II 2013, 385, sowie vom 10. Februar 1961 VI 89/60 U, BFHE 72, 376, BStBl III 1961, 139; vom 21. Juni 1963 VI 306/61 U, BFHE 77, 191, BStBl III 1963, 387).

[12 ] Die Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt damit unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers (Gröpl, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG , § 8 Rz C 22; Blümich/Glenk, § 8 EStG Rz 113; Steiner in Lademann, § 8 EStG Rz 107; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 8 Rz 396; a.A. Kister in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 EStG Rz 80, 83). Denn der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung umfasst das Zurverfügungstellen des Fahrzeugs selbst sowie die Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur–, Wartungs- und Treibstoffkosten und damit nutzungsabhängige wie -unabhängige Kosten (vgl. Senatsurteile in BFHE 240, 69 , BStBl II 2013, 385, sowie in BFHE 72, 376, BStBl III 1961, 139; in BFHE 77, 191, BStBl III 1963, 387). Selbst wenn der Arbeitnehmer den hierzu überlassenen PKW tatsächlich nicht privat nutzen sollte, erspart er sich zumindest die (nutzungsunabhängigen) Kosten, die er für das Vorhalten eines betriebsbereiten Kfz verausgaben müsste (Abgrenzung vom BFH-Urteil in BFHE 215, 256 , BStBl II 2007, 116).

[13 ] b) Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen bzw. verbilligten Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung fließt dem Arbeitnehmer mit der Inbesitznahme des Dienstwagens und nicht (erst) mit der tatsächlichen privaten Nutzung des PKW zu.

[14 ] aa) Allein der Anspruch auf eine vom Arbeitgeber zugesagte Leistung —etwa die arbeitsvertragliche Zusage, den dienstlichen PKW auch privat nutzen zu dürfen— vermag den Zufluss von Arbeitslohn nicht zu begründen (vgl. BFH-Urteile vom 23. Juni 2005 VI R 124/99 , BFHE 209, 549 , BStBl II 2005, 766; VI R 10/03, BFHE 209, 559 , BStBl II 2005, 770; vom 20. Juni 2001 VI R 105/99, BFHE 195, 395 , BStBl II 2001, 689; vom 14. November 2012 VI R 56/11, BFHE 239, 410 , BStBl II 2013, 382).

[15 ] bb) Zugeflossen ist eine Einnahme erst dann, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 4. Mai 2006 VI R 19/03 , BFHE 213, 381 , BStBl II 2006, 832; vom 14. Juni 2005 VIII R 47/03, BFH/NV 2005, 2181 ; vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643 ; jeweils m.w.N.). Das ist regelmäßig der Fall, wenn der Leistungserfolg eingetreten ist. Deshalb ist bei Nutzungsüberlassungen der geldwerte Vorteil bereits mit der tatsächlichen Überlassung des jeweiligen Wirtschaftsgutes zum Gebrauch zugeflossen; einer tatsächlichen Nutzung des Gegenstands durch den Arbeitnehmer bedarf es in diesen Fällen nicht (Bergkemper, Finanz-Rundschau 2007, 1032 ; vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 89/04 , BFHE 217, 555 , BStBl II 2007, 719).

[16 ] cc) Ob die Klägerin den auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis), dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch die substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts (Gegenbeweis) zu entkräften vermag, ist damit für die Besteuerung des Nutzungsvorteils unerheblich. An der gegenteiligen Rechtsauffassung, wie sie der Senat beispielsweise im Urteil in BFHE 229, 228 , BStBl II 2010, 848 formuliert hat, hält der Senat nicht länger fest. Die belastbare Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, genügt damit nicht, um die Besteuerung des Nutzungsvorteils auszuschließen. Davon kann nur abgesehen werden, wenn der Steuerpflichtige zur privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs nicht (länger) befugt ist.

[17 ] 2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das FG den geldwerten Vorteil trotz des Vortrags der Klägerin, ihr Geschäftsführer habe den dienstlichen PKW nicht privat genutzt, zu Recht —ohne weitere Feststellungen zum Sachverhalt— als Arbeitslohn angesehen.

[18 ] Dem Geschäftsführer der Klägerin stand nach den bindenden und unbestrittenen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO ) ein Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Mit der Zurverfügungstellung des Dienstwagens, dem Verschaffen der Sachherrschaft, ist dem Arbeitnehmer der streitgegenständliche Nutzungsvorteil zugeflossen. Denn damit ist ihm die umfassende Möglichkeit zur privaten Nutzung des Fahrzeugs eingeräumt worden. Eines weiteren Zutuns der Arbeitgeberin bedurfte es hierzu nicht. Diese hat vielmehr ihre arbeitsvertraglich geschuldete Leistung mit der Überlassung des PKWs erbracht.

[19 ] 3. Ebenfalls zutreffend hat das FG den Vorteil des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzungsüberlassung mit der 1 %-Regelung bewertet.

[20 ] a) Nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist der Vorteil aus der privaten Nutzungsüberlassung eines betrieblichen PKW der Höhe nach mit der 1 %-Regelung zu bewerten, sofern nicht das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird.

[21 ] aa) Die 1 %-Regelung ist insoweit eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung. Deshalb bleiben nach mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung individuelle Besonderheiten hinsichtlich der Art und der Nutzung des Dienstwagens bei der Bewertung der Nutzungsvorteile grundsätzlich ebenso unberücksichtigt wie nachträgliche Änderungen des Fahrzeugwertes (Urteil in BStBl II 2013, 385, m.w.N.).

[22 ] bb) Der Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen. Auch wenn § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG für die „private Nutzung” die entsprechende Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anordnet, setzt § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG , anders als die Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG , die nur insoweit zur Anwendung kommt, als der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat (BFH-Urteil vom 22. September 2010 VI R 57/09 , BFHE 231, 139 , BStBl II 2011, 359), keine entsprechende tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs voraus. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG erklärt lediglich eine besondere Bewertungsregel für entsprechend anwendbar. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die betriebsfremde (private) Nutzung eines betrieblichen PKW nicht nach den allgemeinen Regeln und damit nicht mit dem durch die Nutzungsentnahme verursachten Aufwand, sondern pauschal nach der 1 %-Regelung zu bewerten. Die Geltungsanordnung des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG erschöpft sich darin, dieses Bewertungsmaß auf die Bewertung eines lohnsteuerlichen Vorteils, der dem Grunde nach feststehen muss, zu erstrecken. Der private Nutzungsvorteil ist demnach nicht —wie bei Sachbezügen üblich— nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen, sondern —entsprechend der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG — pauschal mit 1 % des Bruttolistenneupreises zu bemessen.

[23 ] cc) Nur eine derartige Auslegung von § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG trägt dem Sinn und Zweck der Regelung als pauschalierende und stark typisierende Bewertungsregelung hinreichend Rechnung. Ansonsten müssten die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse für die Anwendung der Vorschrift in den Blick genommen werden. Mit der Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an den Bruttolistenneupreis hat der Gesetzgeber jedoch erkennbar davon Abstand genommen, den Nutzungsvorteil (auch) danach zu bestimmen. Vielmehr sollen mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, sämtliche geldwerten Vorteile, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs ergeben, unabhängig von Nutzungsart und -umfang (pauschal) abgegolten werden (BFH-Urteil vom 13. Oktober 2010 VI R 12/09 , BFHE 231, 540 , BStBl II 2011, 361).

[24 ] dd) Ihre Rechtfertigung schöpft diese pauschale Bewertung aus dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass bestimmte Kfz, sofern hierzu überlassen (BFH-Urteil in BFHE 235, 383 , BStBl II 2012, 362, m.w.N.), typischerweise und nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden (BFH-Urteile vom 13. Februar 2003 X R 23/01 , BFHE 201, 499 , BStBl II 2003, 472; in BFHE 229, 228 , BStBl II 2010, 848).

[25 ] b) aa) Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH dahingehend präzisiert, dass nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder —wenn ein solcher nicht vorhanden ist— den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind. Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist (vgl. BFH-Urteile vom 9. November 2005 VI R 27/05 , BFHE 211, 508 , BStBl II 2006, 408; vom 16. November 2005 VI R 64/04, BFHE 211, 513 , BStBl II 2006, 410; vom 16. März 2006 VI R 87/04, BFHE 212, 546 , BStBl II 2006, 625; vom 14. Dezember 2006 IV R 62/04, BFH/NV 2007, 691 ; vom 10. April 2008 VI R 38/06, BFHE 221, 39 , BStBl II 2008, 768).

[26 ] Allerdings gibt ein Fahrtenbuch erst dann im gebotenen Umfang ohne die Möglichkeit nachträglicher Manipulation hinreichend Aufschluss über die Fahrten, wenn nicht nur die Anzahl der gefahrenen Kilometer in Form der zurückgelegten Strecke selbst, sondern auch die Anfangs- und Endpunkte der Fahrten hinreichend konkret benannt sind. Denn ohne diese Angaben ließe sich allenfalls die an den jeweiligen Tagen gefahrene Strecke ersehen und der Umkreis bestimmen, in dem sich das Fahrzeug aufgehalten haben könnte, ohne aber beurteilen zu können, welchem Zweck die jeweiligen Fahrten gedient haben. Diese Angaben sind im Fahrtenbuch selbst zu machen (BFH-Urteil vom 1. März 2012 VI R 33/10 , BFHE 236, 497 , BStBl II 2012, 505; Schneider, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 1892 ).

[27 ] bb) Dass das FG die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher als nicht ordnungsgemäß verworfen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

[28 ] (1) Die Beurteilung, ob das Fahrtenbuch ordnungsgemäß ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des FG (BFH-Urteil in BFHE 221, 39 , BStBl II 2008, 768, m.w.N.). Dieses hat im Streitfall die Ordnungsmäßigkeit der Fahrtenbücher in den streitigen Zeiträumen Januar 1998 bis Oktober 2001 als mangelhaft erachtet, weil es u.a. festgestellt hat, dass in den Fahrtenbüchern aussagefähige Angaben zum Zweck der jeweiligen Fahrt fehlen und die Fahrten nach Ausgangs- und Endpunkten nicht vollständig wiedergegeben worden sind.

[29 ] (2) Die Würdigung des FG, dass die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher deshalb keine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der dort getroffenen Angaben bieten und zum Nachweis des zu versteuernden privaten Anteils an der Gesamtfahrleistung ungeeignet sind, ist möglich und nachvollziehbar. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, so dass der Senat hieran mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO ).

[30 ] c) Eine andere Art, die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse nachzuweisen, kennt das Gesetz nicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 17 , BStBl II 2008, 890, m.w.N.). Vielmehr handelt es sich bei der 1 %-Regelung zur Ermittlung der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs —sofern kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird— um eine zwingende Bewertungsregelung (BFH-Urteil in BFHE 215, 252 , BStBl II 2007, 269, m.w.N.). Deshalb sind —entgegen der Auffassung der Klägerin— insbesondere Reisekosten- und Spesenabrechnungen, aber auch andere Unterlagen wie Werkstattrechnungen, Terminkalender, Fahrtaufzeichnungen in Form einer Excel-Tabelle sowie Angaben von Mitarbeitern, Arbeitskollegen oder Familienangehörigen zu den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen nicht geeignet, das Verhältnis der privaten zur beruflichen Nutzung zu belegen.

[31 ] 4. Ebenfalls zu Recht hat das FG entschieden, dass die streitbefangenen Beiträge für die Mitgliedschaft ihres Geschäftsführers im Golfclub X zu Arbeitslohn führen und deshalb der angefochtene Haftungsbescheid auch hinsichtlich der auf diese Beiträge entfallenden Lohnsteuer (zuzüglich Annexsteuern) rechtmäßig ist.

[32 ] a) Die Mitgliedschaft in einem Sport-, Geselligkeits- oder Freizeitverein betrifft die private Sphäre des Arbeitnehmers. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist, weil sich auf diesem Weg Kontakte mit (zukünftigen) Kunden des Arbeitgebers anknüpfen oder vorhandene Geschäftsbeziehungen intensivieren lassen. Ein solcher beruflicher Bezug lässt sich vom privaten Bereich nicht trennen, da er oftmals eine Folgewirkung von privaten Kontakten (gemeinsame Unterhaltung, gemeinsamer Verzehr, sportliche Betätigungen im Verein) ist oder weil sich aus vorhandenen geschäftlichen Beziehungen private Freundschaften durch eine gemeinsame Mitgliedschaft in Vereinen entwickeln können, und zwar auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer —wie im Streitfall— sportlich nicht betätigt oder beispielsweise mangels Platzreife nicht betätigen kann. Damit kommt auch eine Aufteilung der angefallenen Aufwendungen entsprechend einem beruflichen bzw. privaten Anteil der Veranlassungsbeiträge nicht in Betracht. Greifen —wie hier— die —für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden— beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1 , BStBl II 2010, 672, m.w.N.).

[33 ] b) Ersetzt daher die Klägerin A Beiträge (u.Ä.) für dessen Mitgliedschaft im Golfclub X, so wendet sie ihm Vorteile im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis zu, die als Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Daran ändert —jedenfalls im Streitfall— der Umstand nichts, dass A aufgrund einer dienstlichen Weisung dem Verein beigetreten ist und dort im Interesse seiner Arbeitgeberin Kunden gewinnen sollte. Anders könnte die Rechtslage allenfalls dann sein, wenn eine aufgedrängte Bereicherung vorliegt, die Klägerin A den Beitritt zum Golfclub X derart aufgedrängt hätte, dass er sich dem nicht hätte entziehen können, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen. Dies wurde von der Klägerin nicht vorgetragen und das FG hat solche Umstände auch nicht festgestellt; solche Umstände werden auch regelmäßig nicht gegeben sein (vgl. BFH-Urteil vom 15. Mai 1992 VI R 106/88 , BFHE 168, 532 , BStBl II 1993, 840).

[34 ] 5. Dass das FA die streitbefangene Lohnsteuer nebst Annexsteuern durch einen Haftungsbescheid festsetzen durfte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Ebenfalls zu Recht streiten die Beteiligten nicht um die Bemessung der Lohnsteuerschuld.

[35 ] 6. Die geltend gemachten Verfahrensrügen der mangelhaften Sachverhaltsaufklärung und des Verstoßes gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs greifen nicht durch. Von einer Begründung sieht der Senat ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO ).

 

Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Arbeitsmarktdienstleistungen

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird in Abschnitt 4.21.2 Absatz 3 Satz 2 bis 4 und in Abschnitt 4.21.5 Absatz 5 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 8. Juli 2013 – IV D 3 – S-7183 / 11 / 10001 (2013/0648439) – geändert worden ist, jeweils die Angabe „§ 6 SGB II“ durch die Angabe „§§ 6, 6a SGB II“ ersetzt.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7179 / 09 / 10003-05 vom 12.07.2013

Auskunftspflicht Dritter: Kein Verweigerungsrecht wegen privatrechtlich vereinbarter Geheimhaltung

Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform

Die Antwort auf ein Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung kann nicht mit der Begründung verweigert werden, die Geheimhaltung der Daten sei privatrechtlich vereinbart worden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 16. Mai 2013 (II R 15/12) entschieden.

Im Streitfall ging es dem Finanzamt darum zu erfahren, welche Nutzer Verkaufserlöse von mehr als 17.500 Euro pro Jahr über eine Internethandelsplattform erzielt hatten. Name und Anschrift der Händler sollten ebenso angegeben werden wie deren Bankverbindung. Außerdem sollte eine Aufstellung der einzelnen Verkäufe vorgelegt werden. Ab einem Umsatz von mehr als 17.500 Euro pro Jahr ist Umsatzsteuer zu entrichten.

Das Sammelauskunftsverlangen war gerichtet an die deutsche Schwestergesellschaft eines in Luxemburg ansässigen Betreibers einer Internethandelsplattform. Die in Deutschland ansässige GmbH hatte die Internethandelsplattform früher selbst betrieben. Nach der Übertragung des Geschäfts auf ihre in Luxemburg ansässige Schwestergesellschaft hatte sie sich dazu verpflichtet, umfangreiche Datenverarbeitungsleistungen für diese auf der Grundlage luxemburgischen Rechts zu erbringen. Außerdem hatte sie sich verpflichtet, die von ihr zu verarbeitenden Daten nicht an Dritte weiterzugeben.

Vor Gericht argumentierte die Klägerin, sie könne die von ihr verlangten Auskünfte nicht erteilen, da sie hierzu nach den für sie bindenden Weisungen ihrer Schwestergesellschaft nicht befugt sei. Sie könne ihre Schwestergesellschaft auch nicht dazu bringen, der Datenherausgabe zuzustimmen. Die Daten stünden ihr auch tatsächlich nicht zur Verfügung, da sie auf Servern im Ausland gespeichert seien, die ihr weder gehörten noch von ihr verwaltet oder gepflegt würden.

Das Finanzgericht (FG) hat daraufhin der Klage stattgegeben und das Sammelauskunftsersuchen aufgehoben, da der Klägerin die Erteilung der Auskunft in tatsächlicher Hinsicht unmöglich sei. Auf die Revision des Finanzamts hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Das FG hat – wie sich aus der Begründung des Urteils ergibt – keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen, dass der Klägerin der Zugriff auf die Daten aus technischen Gründen unmöglich ist. Dass die Datenserver im Ausland stehen, steht dem Zugriff auf die Daten nicht entgegen. An die tatsächliche Würdigung des FG war der BFH deshalb nicht gebunden. Das FG hat vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass sich die Klägerin gegenüber ihrer Schwestergesellschaft zur Geheimhaltung der Daten verpflichtet hatte. Die darin liegende rechtliche Wertung hat der BFH verworfen. Die privatrechtlich vereinbarte Geheimhaltung kann der öffentlich-rechtlichen Auskunftspflicht nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden. Das Urteil des FG konnte deshalb keinen Bestand haben.

Das FG muss nun feststellen, ob die Klägerin tatsächlich auf die fraglichen Daten zugreifen kann. Der BFH hat dem FG außerdem umfangreiche Hinweise für die weitere Bearbeitung des Falles erteilt.

BFH, Pressemitteilung Nr. 39/13 vom 10.07.2013 zum Urteil II R 15/12 vom 16.05.2013

Dienstwagenbesteuerung: Anwendung der 1%-Regelung auch bei fehlender privater Nutzung

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung, führt dies beim Arbeitnehmer auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug tatsächlich nicht privat nutzt. Der Vorteil ist, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt worden ist, nach der 1 %-Regelung zu bewerten. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einer Reihe von Urteilen vom 21. März 2013 und 18. April 2013 entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung korrigiert. Bisher wurde in derartigen Fällen die tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs vermutet. Der Steuerpflichtige konnte die Vermutung unter engen Voraussetzungen widerlegen. Diese Möglichkeit ist nun entfallen.

Im Streitfall (VI R 31/10) stellte die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, ihrem Geschäftsführer einen Dienstwagen zur Verfügung. Nach dem Anstellungsvertrag durfte er den Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen. Bei der Lohnsteuer setzte die Klägerin für die private Nutzung lediglich eine Kostenpauschale an, denn eine private Nutzung des Dienstwagens habe nicht stattgefunden. Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung erließ das Finanzamt einen Lohnsteuerhaftungsbescheid. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt. Die vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit, den Dienstwagen auch privat nutzen zu dürfen, führt beim Arbeitnehmer zu einem Vorteil, der als Lohn zu versteuern ist. Ob der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der privaten Nutzung Gebrauch gemacht hat, ist dafür unerheblich, denn der Vorteil in Gestalt der konkreten Möglichkeit, das Fahrzeug auch zu Privatfahrten nutzen zu dürfen, ist dem Arbeitnehmer bereits mit der Überlassung des Fahrzeugs zugeflossen. Deshalb hatte das Finanzgericht den geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung zu Recht (auch ohne weitere Feststellungen zum Sachverhalt) als Arbeitslohn angesehen.

Der BFH bestätigte auch die Auffassung der Vorinstanz, dass der Vorteil nach der 1 %-Regelung zu bewerten sei. § 8 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzt keine tatsächliche Nutzung voraus, sondern verweist nur auf die 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, sollen sämtliche geldwerten Vorteile, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des Dienstwagens ergeben – unabhängig von Nutzungsart und -umfang – pauschal abgegolten werden. Diese Typisierung hat der BFH wiederholt als verfassungsgemäß erachtet. Da im Streitfall ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt worden war, kam eine andere Entscheidung nicht in Betracht.

In zwei weiteren Urteilen vom 21. März 2013 (VI R 46/11 und VI R 42/12) sowie in einem Urteil vom 18. April 2013 (VI R 23/12) hat der BFH aber auch (nochmals) verdeutlicht, dass die 1 %-Regelung nur zur Anwendung kommt, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung arbeitsvertraglich oder doch zumindest auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung überlassen hat.

BFH, Pressemitteilung Nr. 38/13 vom 10.07.2013 zu den Urteilen VI R 31/10, VI R 46/11, VI R 42/12 vom 21.03.2013 und VI R 23/12 vom 18.04.2013

Abstandnahme vom Steuerabzug gemäß § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG bei sog. „abgesetzten Beständen“

Bei Schachtelbeteiligungen im Sinne des § 43b EStG kann der Schuldner der Kapitalerträge vom Steuerabzug Abstand nehmen, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine Freistellungsbescheinigung des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) vorlegt (§ 50d Abs. 2 Satz 1 EStG).

Durch die Verlagerung des Steuerabzugs bei girosammelverwahrten inländischen Aktien auf die letzte inländische auszahlende Stelle durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz vom 25. Juni 2011 (BStBl I Seite 1126) nimmt der Schuldner der Kapitalerträge den Steuerabzug allerdings nicht mehr vor. Vielmehr wird die Bruttodividende über die Hauptzahlstelle der ausschüttenden Aktiengesellschaft an Clearstream Banking (Clearstream) weitergeleitet. Clearstream nimmt auf Grundlage des belieferten Bestandes zum Dividendenstichtag die Verteilung der Dividende im Rahmen des Dividendenregulierungsprozesses vor. Clearstream behält entweder selbst Kapitalertragsteuer als letzte inländische auszahlende Stelle ein oder leitet die Bruttodividende über die Verwahrkette an die letzte inländische auszahlende Stelle weiter, die in diesem Fall den Steuerabzug vornimmt.

Eine inländische auszahlende Stelle kann allerdings nicht vom Steuerabzug nach § 50d Abs. 2 EStG Abstand nehmen, da dies nach dem Wortlaut der Norm dem Schuldner der Kapitalerträge vorbehalten ist.

Um auch zukünftig die Abstandnahme vom Steuerabzug in den Fällen der Schachtelbeteiligung nach § 43b EStG zu gewährleisten, haben Kunden von Clearstream jedoch die Möglichkeit, bei Clearstream verwahrte (Teil-)Bestände als so genannte „abgesetzte Bestände“ zu behandeln. Die „abgesetzten Bestände“ werden auf einem besonderen Unterkonto verbucht. Der Kunde erhält über die Absetzung eine Anzeige.

Die Absetzung bewirkt, dass Clearstream für diese Bestände die Dividende nicht von der Hauptzahlstelle anfordert, weil diese Bestände nicht am Dividendenregulierungsprozess der Clearstream Banking teilnehmen. Die Auszahlung der Dividende erfolgt in diesem Fall durch die Hauptzahlstelle der ausschüttenden Aktiengesellschaft. Es wird in diesen Fällen nicht beanstandet, wenn die Hauptzahlstelle des Emittenten gegen Vorlage einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG und des Nachweises der Absetzung des Bestandes die Dividende ohne Steuerabzug an den Gläubiger der Kapitalerträge auszahlt.

Quelle: BMF, Schreiben IV C 1 – S-2411 / 0:001 vom 05.07.2013

Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts

Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 5. Juli 2013 das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts gebilligt. Es kann damit Bundespräsident Gauck zur Unterschrift vorgelegt werden.

Das Gesetz gestaltet die Prozesskostenhilfe, die allen Bürgern Rechtsschutz unabhängig von ihren Einkünften garantiert, künftig deutlich effizienter. Die Länder hatten den Beschluss des Bundestages am 7. Juni des Jahres in den Vermittlungsausschuss verwiesen, um eine Entlastung der Justizhaushalte der Länder zu erreichen. Bund und Länder einigten sich am 26. Juni jedoch darauf, das Gesetz unverändert zu bestätigen.

Das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts finden Sie auf der Homepage des Bundesrats.

Quelle: Bundesrat, Pressemitteilung vom 05.07.2013

Durchbruch für den elektronischen Rechtsverkehr

Der Gesetzentwurf zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten hat am 05.07.2013 den Bundesrat passiert. Hierzu erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Durch die Neuregelungen wird die Justiz an die moderne elektronische Kommunikationsinfrastruktur angeschlossen. Der elektronische Zugang zum Recht wird so für alle Bürgerinnen und Bürger spürbar und nachhaltig erleichtert und überdies beschleunigt Ich freue mich sehr, dass dieser wichtige Durchbruch zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs nun gelungen ist.

Überall dort, wo es möglich und sinnvoll ist, wird der gerichtliche Posteingang und Postausgang von Papier auf die elektronische Form umgestellt. Zu diesem Zweck wird der qualifizierten elektronischen Signatur sichere Übermittlungswege als Alternativen zur Seite gestellt. Durch klare bundeseinheitliche Regelungen für den elektronischen Rechtsverkehr wird dabei das notwendige Vertrauen bei den Verfahrensbeteiligten geschaffen.

Die Anliegen blinder und sehbehinderter Verfahrensbeteiligter wird in dem Gesetz besonders berücksichtigt. Ausdrücklich ist daher die Barrierefreiheit im elektronischen Rechtsverkehr vorgeschrieben.

Das Gesetz enthält weitere Neuregelungen, die die Entwicklung in der digitalen Welt in den Verfahrensordnungen nachzeichnen und dadurch Rechtssicherheit für Bürger und Wirtschaft schaffen. Dies sind zum Beispiel besondere Vorschriften über die Beweiskraft von De-Mail-Nachrichten und über den Beweiswert von gescannten öffentlichen Urkunden im Prozess.

Zum Hintergrund
Die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten ist in Deutschland bisher in den zehn Jahren seit der Einführung hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Im Gegensatz zum außerprozessualen Geschäftsverkehr, der in vielen Bereichen inzwischen weitgehend auf elektronischem Wege erfolgt, basiert die Kommunikation mit der Justiz noch fast ausschließlich auf Papier. Gründe hierfür sind zum einen die mangelnde Akzeptanz der – für die formgerechte Einreichung bislang notwendigen – qualifizierten elektronischen Signatur. Zum anderen ist die Einreichung elektronischer Dokumente noch immer längst nicht bei jedem deutschen Gericht möglich.

Seit dem Jahr 2012 steht mit der De-Mail ein weiterer Übermittlungsweg zur Verfügung, dessen Vorteile (z. B. Authentifizierung der Benutzerkonten) im allgemeinen Geschäftsverkehr und bei der Kommunikation mit Behörden, aber auch speziell für E-Justice genutzt werden können. Die Bundesrechtsanwaltskammer wird daneben bis 2016 elektronische Anwaltspostfächer einrichten, die auf der Grundlage eines sicheren Verzeichnisdienstes ein hohes Authentifizierungsniveau erreichen.

Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts über den Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz am 19. Dezember 2012 ist dieser in Bundesrat und Bundestag beraten worden. Dabei haben sich in einzelnen Punkten Änderungen ergeben: Über den Regierungsentwurf hinaus wird insbesondere nach dem Vorbild des Anwaltspostfachs ein Behördenpostfach auf Basis des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) entstehen und die Einführungsphase mit Rücksicht auf die Belange der Länder flexibler gestaltet. Die Vorschriften über die Barrierefreiheit wurden zudem weiter ausgebaut. Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten enthält demnach im Wesentlichen folgende Regelungen:

1. Weitere Öffnung der Justiz für elektronische Eingänge
In die Zivilprozessordnung und in die anderen Verfahrensordnungen wird eine Regelung eingefügt, die eine anwenderfreundliche Kommunikation per De-Mail sowie – aus dem elektronischen Anwaltspostfach und aus dem Behördenpostfach – über das EGVP an das Gericht ermöglicht. Um künftige Technologien für die Justiz zeitnah nutzbar zu machen, können durch Rechtsverordnung der Bundesregierung weitere sichere elektronische Übermittlungswege zugelassen werden. Die Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur ist für eine Formwahrung nicht mehr erforderlich, wenn das elektronische Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wird. Die zulässigen Dateiformate werden bundeseinheitlich durch Rechtsverordnung festgelegt. Ein fehlerhaftes Format führt auch bei fristgebundenen Prozesshandlungen nicht zum sofortigen Rechtsverlust, sondern kann unabhängig vom Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes korrigiert werden, wenn nach der Fehlermeldung des Gerichts unverzüglich das elektronische Dokument im richtigen Format eingereicht wird.
Auch die Mahngerichte werden für elektronische Eingänge weiter geöffnet. Nach dem Gesetz können ab 1. Januar 2018 Mahnanträge und Anträge auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids durch die elektronische Identifizierungsfunktion des neuen Personalausweises (nPA) signiert werden. Dieser Identitätsnachweis erzeugt ein für den Mahnantrag hinreichendes Authentifizierungsniveau.

2. Fortentwicklung des Zustellungsrechts
Die Justiz übermittelt Urteile, Beschlüsse, Schriftsätze und Ladungen nach wie vor nahezu ausschließlich in Papierform. Die tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ließen bisher eine Umstellung auf eine elektronische Zustellung noch nicht zu. Bis 2016 wird für jeden Rechtsanwalt ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach auf der Grundlage eines sicheren Verzeichnisdienstes bei der Bundesrechtsanwaltskammer eingeführt; dem im Wesentlichen entsprechend wird ein elektronisches Postfach für Behörden eingerichtet. Außerdem steht mit De-Mail ein neuer sicherer Übermittlungsweg für elektronische Dokumente zur Verfügung. Das Zustellungsrecht wird an diese technische Entwicklung angepasst. Gerichtliche Dokumente können künftig auf einem der sicheren Übermittlungswege rechtssicher, schnell und kostengünstig zugestellt werden. Als Zustellungsnachweises ist im Gesetz ein strukturiertes elektronisches Empfangsbekenntnis vorgesehen, das an die Justiz zurückgesandt wird.

3. Rechtssicheres ersetzendes Scannen
Scannprodukte haben nicht den Beweiswert von Papierurkunden, so dass das ersetzende Scannen zu einem Beweisverlust führt. Da eine elektronische Archivierung erhebliche Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Papierarchiv bietet, wird eine neue Beweisvorschrift geschaffen, die dem Scannprodukt einer öffentlichen Urkunde einen höheren Beweiswert verleiht, wenn das Scannen von einer Behörde oder einem Notar durchgeführt wird und die notwendigen Sicherheitsstandards eingehalten werden.

4. Beweissichere elektronische Erklärungen über De-Mail abgeben und empfangen
Die De-Mail-Infrastruktur bietet die Chance, den elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr beweissicher auszugestalten, ohne dass der Nutzer über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügen muss. Bei einer vom Provider qualifiziert elektronisch signierten Absenderbestätigung ist die von dem De-Mail-System gewährleistete Authentizität und Integrität ausreichend, um von einem Anschein für die Echtheit einer per De-Mail abgegebenen Erklärung auszugehen. Diese Erhöhung des Beweiswertes eines per De-Mail versandten elektronischen Dokuments ist durch eine Ergänzung der Beweisregeln in der Zivilprozessordnung umgesetzt.

5. Einführung eines Schutzschriftenregisters
Zur Vereinfachung der Verfahrensabläufe für Rechtsanwälte und Justiz wird ein zentrales länderübergreifendes Schutzschriftenregister (vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen einen erwarteten Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung) errichtet werden. Dieses wird auf den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit erstreckt. Gerichte erhalten elektronischen Zugang. Eine im Schutzschriftenregister eingestellte Schutzschrift gilt als bei allen ordentlichen Gerichten eingereicht; für Rechtsanwälte besteht ab 2017 eine Nutzungspflicht.

6. Barrierefreier Zugang
Eine zentrale Bedingung für die Chance auf die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist ein barrierefreier Zugang zu den Gerichten. Der Gesetzentwurf gewährleistet, dass der elektronische Zugang zur Justiz selbst barrierefrei ausgestaltet ist: In § 191a GVG ist künftig vorgesehen, dass die Übermittlungswege und elektronische Dokumente im elektronischen Rechtsverkehr barrierefrei zu gestalten sind. Gleiches gilt für elektronische Formulare und die Ausgestaltung des besonderen Postfachs der Rechtsanwälte und des Schutzschriftenregisters.

7. Zeitplan für das Inkrafttreten
Die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen sollen schrittweise in Kraft treten. Schon am Tag nach der Verkündung tritt die Vorschrift über den Beweiswert von Scannprodukten in Kraft, damit auf diesem Gebiet Rechtssicherheit eintritt. Am 1. Juli 2014 sollen die Beweisvorschrift für De-Mail-Nachrichten sowie die Vorschriften Gültigkeit erlangen, die eine Zustellung von Urteilen und Beschlüssen nicht mehr in Ausfertigung, sondern nur noch in beglaubigter Abschrift vorsehen. Zum 1. Januar 2016 sollen die Vorschriften über das Schutzschriftenregister sowie über das elektronische Anwaltspostfach in Kraft treten.

Ab 1. Januar 2018 soll der elektronische Zugang zu allen deutschen Gerichten ohne qualifizierte elektronische Signatur bei Nutzung eines sicheren Übermittlungsweges eröffnet sein. Da einzelne Länder für die Einrichtung der notwendigen IT-Infrastruktur mehr Zeit benötigen, erlaubt der Entwurf, das Inkrafttreten der Zugangsregelungen durch Länderverordnung bis zum 1. Januar 2020 hinauszuschieben. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist der elektronische Zugang zu den Gerichten bundeseinheitlich eingeführt. Eine Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte und Behörden können die Länder frühestens ab 2020 vorsehen, wobei eine einjährige Phase der Freiwilligkeit im betreffenden Land vorauszugehen hat. Bundesweit tritt die Nutzungspflicht 2022 in Kraft.

Quelle: BMJ, Pressemitteilung vom 05.07.2013

DStV begrüßt Einführung der PartG mbB

Der Bundesrat hat am 5. Juli 2013 dem Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) zugestimmt. Zuvor hatte der Deutsche Bundestag bereits am 13. Juni 2013 das Gesetz in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Es kann damit noch in diesem Sommer in Kraft treten.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) begrüßt die Einführung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung als wichtige Maßnahme zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland. DStV-Präsident StB/WP Harald Elster betont: „Die PartG mbB ist die richtige Antwort auf die seit einigen Jahren zu beobachtenden Tendenzen zur Wahl ausländischer Gesellschaftsformen wie die Limited Liability Partnership (LLP).“ Im deutschen Recht – so Elster weiter – wird damit endlich eine neue Gesellschaftsform geschaffen, die den Besonderheiten freiberuflicher Zusammenschlüsse gerecht wird, eine angemessene Haftungsbegrenzung für Berufsfehler vorsieht und den Verbraucher durch eine entsprechende Versicherung schützt.

Mit der PartG mbB können auch Steuerberater zukünftig die persönliche Haftung der Partner für berufliche Fehler ausschließen und die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränken. Die Mindestsumme der hierfür erforderlichen Berufshaftpflichtversicherung beträgt für Steuerberater ebenso wie für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer 1 Mio. Euro.

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V., Pressemitteilung vom 05.07.2013