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Verzicht auf die Erstellung eines Anhangs durch das MicroBilG

Am 27. Dezember 2012 ist das Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz
(MicroBilG) im BGBl. 2012, Teil I, S. 2751, veröffentlicht
worden und am 28. Dezember 2012 in Kraft getreten.
Das Gesetz ermöglicht es Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB), die
an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen zwei der drei nach
folgenden Merkmale nicht überschreiten:
– Umsatzerlöse bis 700.000 Euro,
– Bilanzsumme bis 350.000 Euro und
– durchschnittlich zehn beschäftigte Arbeitnehmer,
bestimmte Erleichterungen in Anspruch zu nehmen.

Die Neuregelungen gelten für alle Geschäftsjahre, deren Abschlussstich-
tag nach dem 30. Dezember 2012 liegt.

Die Kleinstkapitalgesellschaft kann grundsätzlich die folgenden Erleich-
terungen in Anspruch nehmen:
– Erstellung einer verkürzten Bilanz,
– Aufstellung einer verkürzten Gewinn- und Verlustrechnung,
– Verzicht auf einen Anhang.

Wird kein Anhang aufgestellt, müssen bestimmte Mindestinformationen
(u.a. zu Haftungsverhältnissen) unter der Bilanz ausgewiesen werden.
Es sollte überprüft werden, ob die Satzung des kleinen Unternehmens,
das die Erleichterungen des MicroBilG in Anspruch nehmen und vor
allen Dingen auf die Erstellung eines Anhangs verzichten möchte, die
Geschäftsführung zur Erstellung eines Anhangs verpflichtet. Gegebe-
nenfalls müsste die Gesellschafterversammlung einen satzungsdurchbrechenden
Beschluss fassen oder die Satzung müsste geändert werden.
Diesbezüglich sollte juristischer Rat eingeholt werden.

Steuererklärungsfristen für das Kalenderjahr 2012

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 2. Januar 2013 die gleich
lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder hinsichtlich
der Steuererklärungsfristen für das Kalenderjahr 2012 veröffentlicht. Die
Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2012 müssen danach grundsätz-
lich bis zum 31. Mai 2013 abgegeben werden.

Werden Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände,
Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften i. S. d. §§ 3 und 4 StBerG
angefertigt, verlängert sich die Frist nach § 109 AOautomatisch bis zum
31. Dezember 2013. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den
Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr ab
weichenden Wirtschaftsjahr ermitteln (Abschn. IAbs. 2), tritt an die Stelle
des 31. Dezember 2013 der 31. Mai 2014.

Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der
Steuererklärungen bis zum 28. Februar 2014 bzw. in den Fällen des Ab-
schn. IAbs. 2 bis zum 31. Juli 2014 verlängert werden.

Nach dem Schreiben bleibt es den Finanzämtern vorbehalten, in be-
stimmten Fällen (Abschn. II Abs. 2) Erklärungen mit angemessener Frist für
einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern.
Im Übrigen wird laut gleichlautendem Erlass davon ausgegangen, dass die
Erklärungen laufend fertiggestellt und unverzüglich eingereicht werden.

Erweiterung des § 13b UStG auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen

Umsatzsteuer; Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG ) auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen – Anpassung des Abschnitts 13b.1 UStAE

 Bezug: BMF v. 1.10.2010 – IV D 3 – S 7015/10/10002

 Bezug: BMF v. 23.6.2011 – IV D 3 – S 7258 b/11/10001

Durch Artikel 6 i. V. m. Artikel 7 des Sechsten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 16. Juni 2011 (BGBl. 2011 I S. 1090 ) wird mit Wirkung vom 1. Juli 2011 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG ) auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen erweitert (§ 13b Absatz 2 Nummer 10 UStG in der ab 1. Juli 2011 geltenden Fassung).

Darüber hinaus führt bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Lieferungen der in der Anlage 3 des UStG bezeichneten Gegenstände (§ 13b Absatz 2 Nummer 7 UStG ) die bisherige Verwaltungsauffassung in Abschnitt 13b. 1 Absatz 22c Satz 5 UStAE in der Praxis zu Anwendungsproblemen.

 I. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschnitt 13b. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846 ), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 23. Juni 2011 – IV D 3 – S 7158-b/11/10001 (2011/0502963) – (BStBl 2011 I S. 677 ) geändert worden ist, wie folgt geändert:

  1. 1.           In Absatz 2 Satz 1 wird nach Nummer 11 folgende Nummer 12 angefügt:

„12. Lieferungen von Mobilfunkgeräten sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 € beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt (§ 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG ).”

  1. 2.           In Absatz 22c wird Satz 5 gestrichen und Satz 3 wie folgt gefasst:

3Bei durch Bruch, Verschleiß oder aus ähnlichen Gründen nicht mehr gebrauchsfähigen Maschinen, Elektro- und Elektronikgeräten, Heizkesseln  und Fahrzeugwracks  ist  aus Vereinfachungsgründen  davon auszugehen, dass sie unter die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG fallen;  dies gilt auch für Gegenstände, für die es eine eigene Zolltarifposition gibt .”

  1. 3.           Nach Absatz 22h werden folgende Zwischenüberschrift und die Absätze 22i bis 22k angefügt:

Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen

(22i)   1  Mobilfunkgeräte sind Geräte, die zum Gebrauch mittels eines zugelassenen Mobilfunk-Netzes und auf bestimmten Frequenzen hergestellt oder hergerichtet wurden, unabhängig von etwaigen weiteren Nutzungsmöglichkeiten.   2  Hiervon werden insbesondere alle Geräte erfasst, mit denen Telekommunikationsleistungen in Form von Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke in Anspruch genommen werden können, z. B. Telefone zur Verwendung in beliebigen drahtlosen Mobilfunk-Netzwerken (insbesondere für den zellularen Mobilfunk – Mobiltelefone – und Satellitentelefone).   3  Ebenso fällt die Lieferung von kombinierten Produkten (sog. Produktbundle), d. h. gemeinsame Lieferungen von Mobilfunkgeräten und Zubehör zu einem einheitlichen Entgelt, unter die Regelung, wenn die Lieferung des Mobilfunkgeräts die Hauptleistung darstellt.   4  Die Lieferung von Geräten, die reine Daten übertragen, ohne diese in akustische Signale umzusetzen, fällt dagegen nicht unter die Regelung.   5  Zum Beispiel gehören daher folgende Gegenstände nicht zu den Mobilfunkgeräten im Sinne von § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG :

  1. 1.             Navigationsgeräte;
  2. 2.             Computer, soweit sie eine Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke nicht ermöglichen (z. B. Tablet-PC);
  3. 3.             mp3-Player;
  4. 4.             Spielekonsolen;
  5. 5.             On-Board-Units.

(22j)   1  Ein integrierter Schaltkreis ist eine auf einem einzelnen (Halbleiter-)Substrat (sog. Chip) untergebrachte elektronische Schaltung (elektronische Bauelemente mit Verdrahtung).   2  Zu den integrierten Schaltkreisen zählen insbesondere Mikroprozessoren und CPUs (Central Processing Unit, Hauptprozessor einer elektronischen Rechenanlage).   3  Die Lieferungen dieser Gegenstände fallen unter die Umsätze im Sinne von § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG (vgl. Absatz 2 Nr. 12), sofern sie (noch) nicht in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand (Endprodukt) eingebaut wurden.   4  Ein Gegenstand ist für die Lieferung auf der Einzelhandelsstufe insbesondere dann geeignet, wenn er ohne weitere Be- oder Verarbeitung an einen Endverbraucher geliefert werden kann.

 Beispiel:

1  Der in Halle ansässige Chiphersteller C liefert dem in Erfurt ansässigen Computerhändler A CPUs zu einem Preis von insgesamt 20 000 €.   2  Diese werden von C an A unverbaut, d. h. ohne Einarbeitung in ein Endprodukt, übergeben.   3  A baut einen Teil der CPUs in Computer ein und bietet den Rest in seinem Geschäft zum Einzelverkauf an.   4  Im Anschluss liefert A unverbaute CPUs in seinem Geschäft an den Unternehmer U für insgesamt 6 000 €.   5  Außerdem liefert er Computer mit den eingebauten CPUs an den Einzelhändler E für insgesamt 7 000 €.

6  A schuldet als Leistungsempfänger der Lieferung des C die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 10 UStG , weil es sich insgesamt um die Lieferung unverbauter integrierter Schaltkreise handelt; auf die spätere Verwendung durch A kommt es nicht an.

7  Für die sich anschließende Lieferung der CPUs von A an U schuldet U als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 10 UStG , weil es sich insgesamt um die Lieferung unverbauter integrierter Schaltkreise handelt; auf die spätere Verwendung durch U kommt es nicht an.

8  Für die Lieferung der Computer mit den eingebauten CPUs von A an E schuldet A als leistender Unternehmer die Umsatzsteuer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ), weil Liefergegenstand nicht mehr integrierte Schaltkreise, sondern Computer sind.

5  Die Lieferungen folgender Gegenstände fallen beispielsweise nicht unter die in § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG genannten Umsätze, auch wenn sie elektronische Komponenten im Sinne der Sätze 1 und 2 enthalten:

  1. 1.             Antennen;
  2. 2.             elektrotechnische Filter;
  3. 3.             Induktivitäten (passive elektrische oder elektronische Bauelemente mit festem oder einstellbarem Induktivitätswert);
  4. 4.             Kondensatoren;
  5. 5.             Sensoren (Fühler).

(22k)   1  Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen fallen nur unter die Regelung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG , wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist und die Summe der für die steuerpflichtigen Lieferungen dieser Gegenstände in Rechnung zu stellenden Bemessungsgrundlagen mindestens 5 000 € beträgt.   2  Abzustellen ist dabei auf alle im Rahmen eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgangs gelieferten Gegenstände der genannten Art.   3  Als Anhaltspunkt für einen wirtschaftlichen Vorgang dient insbesondere die Bestellung, der Auftrag oder der (Rahmen-)Vertrag.

 Beispiel:

1  Der in Stuttgart ansässige Großhändler G bestellt am 1. 7. 01 bei dem in München ansässigen Handyhersteller H 900 Mobilfunkgeräte zu einem Preis von insgesamt 45 000 €.   2  Vereinbarungsgemäß liefert H die Mobilfunkgeräte in zehn Tranchen mit je 90 Stück zu je 4 500 € an G aus.

3  Die zehn Tranchen Mobilfunkgeräte stellen einen zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgang dar, denn die Lieferung der Geräte erfolgte auf der Grundlage einer Bestellung über die Gesamtmenge von 900 Stück.   4  G schuldet daher als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für diese zusammenhängenden Lieferungen (§ 13b Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 10 UStG ).

4  Bei der Anwendung des Satzes 1 bleiben nachträgliche Entgeltminderungen für die Beurteilung der Betragsgrenze von 5 000 € unberücksichtigt; dies gilt auch für nachträgliche Teilrückabwicklungen.

  1. 4.           In Absatz 23 wird die Angabe „§ 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1, Nr. 7, Nr. 8 Satz 1 und Nr. 9” durch die Angabe „§ 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1, Nr. 7, Nr. 8 Satz 1, Nr. 9  und Nr. 10 ” ersetzt.
  2. 5.           In Absatz 33 wird die Angabe „Absatz 2 Nr. 2 bis 11” durch die Angabe „Absatz 2 Nr. 2 bis  12 ” ersetzt.
  3. 6.           In Absatz 35 wird folgender Satz 3 angefügt:

3  In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 12 ist auch im Fall einer Anzahlungsrechnung für die Prüfung der Betragsgrenze von 5 000 € auf den gesamten wirtschaftlichen Vorgang und nicht auf den Betrag in der Anzahlungsrechnung abzustellen.

  1. 7.           In Absatz 52 wird folgender Satz 6 angefügt:

6  Zum Übergang auf die Anwendung der Erweiterung des § 13b UStG ab 1. 7. 2011 auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen vgl. BMF-Schreiben vom 24. 6. 2011 , BStBl 2011 I S. 687 … .”

 

Diese Regelungen sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2011 ausgeführt werden.

 II. Anwendungsregelungen

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt beim Übergang auf die Anwendung der Erweiterung des § 13b UStG ab 1. Juli 2011 auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen Folgendes:

§ 13b Absatz 2 Nummer 10 i. V. m. Absatz 5 Satz 1 UStG ist auf Umsätze und Teilleistungen anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2011 ausgeführt werden (§ 27 Absatz 1 Satz 1 UStG ), sowie insbesondere in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem 1. Juli 2011 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (§ 13b Absatz 4 Satz 2, § 27 Absatz 1 Satz 2 UStG ).

 1 Schlussrechnung über nach dem 30. Juni 2011 erbrachte Leistungen bei Abschlagszahlungen vor dem 1. Juli 2011

Bei nach dem 30. Juni 2011 ausgeführten Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 10 UStG ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist. Entsprechend hat der leistende Unternehmer eine Rechnung auszustellen, in der das (Netto-)Entgelt anzugeben ist sowie ein Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 14a Absatz 5 UStG ). Dies ist unabhängig davon, ob der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teile des Entgelts vor dem 1. Juli 2011 vereinnahmt hat oder nicht.

Hat der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teile des Entgelts vor dem 1. Juli 2011 vereinnahmt und hierfür auch eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erstellt, hat er die Rechnung(en) über diese Zahlungen im Voranmeldungszeitraum der tatsächlichen Ausführung der Leistung zu berichtigen (§ 27 Absatz 1 Satz 3 UStG , § 14c Absatz 1 Sätze 1 und 2 UStG ). In der Schlussrechnung sind die gezahlten Abschlagszahlungen nur dann mit ihrem Bruttobetrag (einschließlich Umsatzsteuer) anzurechnen, wenn die Umsatzsteuer bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Schlussrechnung nicht an den Leistungsempfänger zurückerstattet wurde.

Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem 1. Juli 2011 vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass das vor dem 1. Juli 2011 vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert (= in einer Voranmeldung oder in einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet) wurden. In derartigen Fällen ist keine Berichtigung der über geleistete Abschlagszahlungen erteilten Rechnungen durchzuführen.

 2. Berichtigung einer vor dem 1. Juli 2011 erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung erst nach dem 30. Juni 2011 erfolgt

Wurden für Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 10 UStG Abschlagszahlungen oder Anzahlungen vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 4, § 13b Absatz 4 Satz 2 UStG ). Entscheidend für die Steuerentstehung ist nicht, wann die Rechnung erstellt worden ist, sondern der Zeitpunkt der Vereinnahmung des entsprechenden Entgelts oder des Teilentgelts. Vereinnahmt der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teilentgelt für Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 10 UStG nach dem 30. Juni 2011, ist hierfür der Leistungsempfänger Steuerschuldner (§ 13b Absatz 2 und 5 Satz 1 UStG). Ist die hierfür vom leistenden Unternehmer erstellte Rechnung vor dem 1. Juli 2011 erstellt worden und wurde die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, ist die Rechnung entsprechend zu berichtigen.

 3. Abrechnungen nach dem 30. Juni 2011 über Leistungen, die vor dem 1. Juli 2011 erbracht worden sind

Für steuerpflichtige Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 10 UStG , die vor dem 1. Juli 2011 erbracht worden sind, ist der leistende Unternehmer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 UStG Steuerschuldner. § 13b Absatz 2 Nummer 10 i. V. m. Absatz 5 UStG ist nicht anzuwenden. Der leistende Unternehmer muss entsprechend eine Rechnung ausstellen, die die in § 14 Absatz 4 Satz 1 UStG vorgeschriebenen Angaben enthält. Hierzu gehört auch die Angabe des anzuwendenden Steuersatzes sowie des auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrags (§ 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 UStG ).

 4. Berichtigung nach dem 30. Juni 2011 einer vor dem 1. Juli 2011 erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen

Hat der leistende Unternehmer für Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 10 UStG einen Teil des Entgelts vor dem 1. Juli 2011 vereinnahmt und wurde die Leistung oder die Teilleistung danach ausgeführt, entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 4 UStG ). Steuerschuldner ist der leistende Unternehmer.

Stellt sich nach dem 30. Juni 2011 heraus, dass die in Rechnung gestellte und vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Anzahlung in der Höhe unrichtig war, ist die ursprüngliche Rechnung zu berichtigen (§ 17 Absatz 1 UStG ), sofern der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde und insoweit die Grundlage für die Versteuerung der Anzahlung entfallen ist.

Hinsichtlich einer berichtigten Anzahlung wird der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner nach § 13b Absatz 4 Satz 2 und Absatz 5  UStG , soweit ein weiteres Teilentgelt nach dem 30. Juni 2011 vom leistenden Unternehmer vereinnahmt wird.

 Beispiel 1:

Unternehmer A und Unternehmer B handeln mit Mobilfunkgeräten im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 10 UStG und geben monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Sie vereinbaren, dass A an B Mobilfunkgeräte für insgesamt 50 000 € liefern soll. A stellt am 3. Juni 2011 eine Abschlagsrechnung über 10 000 € zuzüglich 1 900 € Umsatzsteuer aus. Die Rechnung wird von B noch im Juni 2011 bezahlt. Im Juli 2011 stellt sich heraus, dass der Anzahlung falsche Voraussetzungen zugrunde gelegt wurden. Danach hätte nur eine Anzahlung mit einem Entgelt von 4 000 € in Rechnung gestellt werden dürfen. Der überzahlte Betrag wird B zurückerstattet. Die Lieferung der Mobilfunkgeräte wird im August 2011 ausgeführt.

A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass nur noch ein Entgelt in Höhe von 4 000 € zuzüglich 760 € Umsatzsteuer auszuweisen ist. Die Änderungen gegenüber der ursprünglichen Rechnung hat er in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli 2011 entsprechend zu berücksichtigen. B hat den in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2011 geltend gemachten Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli 2011 entsprechend zu mindern.

 Beispiel 2:

Sachverhalt wie in Beispiel 1, jedoch hätte eine Anzahlung mit einem Entgelt von 11 000 € in Rechnung gestellt werden müssen. B zahlt den Mehrbetrag im August 2011.

A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass sie ein Entgelt in Höhe von 11 000 € enthält. Hinsichtlich der vor dem 1. Juli 2011 geleisteten Anzahlung bleibt es bei der Steuerschuld des A, so dass insoweit weiterhin eine Umsatzsteuer von 1 900 € auszuweisen ist. Die ursprüngliche Besteuerung (A erklärt den Umsatz in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2011, B hat den Vorsteuerabzug in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2011 geltend gemacht) bleibt unverändert. Für die (Rest-)Anzahlung, die im August 2011 geleistet wird, ist in der Rechnung nur das (Netto-)Entgelt von 1 000 € anzugeben. Außerdem muss A den B insoweit auf dessen Steuerschuldnerschaft hinweisen. B muss das (Netto-)Entgelt von 1 000 € sowie die Steuer hierauf von 190 € in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für August 2011 anmelden und kann gleichzeitig diese Steuer als Vorsteuer abziehen (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 UStG ).

Schätzungsbefugnis bei Buchführungsmängeln

Schätzungsbefugnis bei Buchführungsmängeln

 Leitsatz

1. Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln.
2. Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können.
3. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist unter Berücksichtigung der generellen Akzessorietät der Aufbewahrungspflicht im Lichte der im Einzelfall jeweils bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungspflichten einschränkend auszulegen. Danach müssen bei einer abstrakten Bestimmung der Reichweite der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4a AO fallenden, Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind.
4. Mängel in der Kassenbuchführung können der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen. Dies gilt umso mehr, wenn die Aufzeichnungen zugleich dazu dienen, die Umsätze entsprechend § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG nach unterschiedlichen Steuersätzen aufzuteilen.

 Gesetze

FGO § 96 Abs. 1
,
AO § 90 Abs. 2
,
AO § 146
,
AO § 147
,
AO § 158
,
AO § 162
,
UStG § 3
Abs. 9, UStG § 22 Abs. 1, UStG § 22 Abs. 2

 Instanzenzug

FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.02.2009 5 K 5221/05 B BFH XI R 5/10

 Gründe

1  I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Dienstgebäude der Behörde X in Berlin eine Kantine. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes . Von den im Streitjahr 2001 ausgeführten Umsätzen bezeichnete er einen Anteil von 53,19 % als zum ermäßigten Steuersatz zu besteuernde „Außer-Haus-Verkäufe”.

2  Im Jahr 2003 führte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Im Bericht vom 14. Oktober 2003 führte die Prüferin unter Tz. 5 zur steuerlichen Beurteilung der Buchführung aus:

3  „Die Prüfung ergab Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen.

4  Die Ergebnisse der Buchführung können unter Berücksichtigung der in den nachfolgenden Textziffern behandelten Änderungen der Besteuerung zugrunde gelegt werden.”

5  Unter Tz. 6 werden als Mängel der Buchführung angeführt:

6  „In der jährlichen Bestandsaufnahme wurde nicht das Verpackungsmaterial (Pappteller, Pappschalen, Einschlagpapier usw.) erfasst.

7  Desweiteren wurden keine Speise- und Getränkekarten vorgelegt.”

8  Weitere Feststellungen, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen, enthält der Bericht nicht. Unter Tz. 14 nahm die Prüferin „nach Zusammenstellung des betrieblichen Datenmaterials…eine Umverteilung der 7%igen und der 16%igen USt-Erlöse für Speisen und Getränke” vor. Bei durchschnittlich 361 Gästen täglich an 260 Arbeitstagen und einem täglichen Durchschnittsverzehr von 5,11 DM, hätten —ausgehend von dem vom Kläger genannten Anteil der ermäßigt zu versteuernden Umsätze von 53,19 %— 49 920 „Außer-Haus-Verkäufe” im Kalenderjahr stattfinden müssen. Das im Jahr 2001 eingekaufte Verpackungsmaterial habe aber weit unter dem gelegen, was für so viele Verkäufe benötigt worden wäre.

9  Das FA ging daraufhin in dem geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 5. Februar 2004 von einem Anteil von 27 % der „Außer-Haus-Verkäufe” aus. Der dagegen eingelegte Einspruch, in dem der Kläger u.a. vortrug, der erklärte Anteil der „Außer-Haus-Verkäufe” entspreche dem der Vorpächter der Kantine, hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2005 wird u.a. ausgeführt, die Übertragung der Kassenbons in das Kassenbuch sei „nicht identisch” erfolgt. Zum Beispiel seien am 2. und 3. Januar 2001 auf den Kassenbons sämtliche Umsätze als „Im-Haus” registriert worden, während im Kassenbuch eine Aufteilung in „Außer-Haus” und „Im-Haus”-Umsätze erfolgt sei. Am 30. Oktober 2001 seien nach der Registrierkasse Umsätze zu 7 % in Höhe von 373,70 DM und zu 16 % in Höhe von 1.908,70 DM getätigt worden. Im Kassenbuch seien vom Kläger für diesen Tag Umsätze zu 7 % in Höhe von 1.100 DM und zu 16 % in Höhe von 1.182,10 DM erklärt worden.

10  Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens trug das FA in der Klageerwiderung vom 11. August 2005 u.a. vor, derartige Abweichungen bei der Gegenüberstellung der Kassenbons mit den jeweiligen Eintragungen im Kassenbuch habe es an 25 Arbeitstagen gegeben. Weiter machte das FA geltend, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Bei einer täglichen Abgleichung des Soll-Ist-Kassenbestands wäre aufgefallen, dass die zu vergleichenden Kassenbestände voneinander abwichen.

11  Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es ließ offen, ob die Buchführung des Klägers formell nicht ordnungsgemäß sei, weil er das Verpackungsmaterial nicht in den jährlichen Bestandsaufnahmen erfasst und die Speise- und Getränkekarten nicht aufbewahrt habe. Denn selbst eine formelle Ordnungswidrigkeit der Buchführung würde das FA noch nicht zur Durchführung einer Schätzung berechtigen. Eine solche erfordere stets Anzeichen für eine sachliche Fehlerhaftigkeit der Buchführung. Hierzu habe das FA aber keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Grundlagen der anhand des Verpackungsmaterials vorgenommenen Schätzung des FA seien nicht hinreichend substantiiert und vom Kläger in nachvollziehbarer Weise angegriffen worden.

12  Mit seiner Revision trägt das FA vor, die Vorentscheidung verstoße gegen die §§ 162 und 146 der Abgabenordnung (AO). Neben der fehlenden jährlichen Bestandsaufnahme des Verpackungsmaterials und der Nichtvorlage der Speise- und Getränkekarten habe das FA in der Einspruchsentscheidung und im Klageabweisungsantrag vom 11. August 2005 auf die nicht identische Übertragung von mehreren Kassenbons in das Kassenbuch und auf die nicht im zeitlichen Ablauf erfassten Barausgaben hingewiesen sowie auf die mangelnde Kassensturzfähigkeit. Dies begründe auch Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung. Das FG hätte unter Zugrundelegung des Akteninhalts die Missstände in der Buchführung feststellen und die Buchführung als weder formell noch sachlich ordnungsgemäß verwerfen müssen.

13  Außerdem habe das FG verkannt, dass die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr auf dem Gelände auf Grund des räumlichen Zusammenhangs eine Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) darstelle, die als sonstige Dienstleistung nicht dem nur für bestimmte Lieferungen geltenden ermäßigten Steuersatz unterfallen könne.

14  Das FA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15  Der nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger verweist auf seine bereits früher gegenüber dem FA und dem FG abgegebenen Stellungnahmen.

16  II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO —). Das FG hat nicht beachtet, dass es sich von dem Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ) bilden musste. Es hat ferner den Vortrag des FA nicht berücksichtigt, dass Barausgaben nicht im zeitlichen Ablauf erfasst und Kassenbons nicht identisch in das Kassenbuch übertragen worden seien und die Kassensturzfähigkeit nicht gewährleistet gewesen sei.

17  1. Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO ). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO ). Das Gleiche gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO ).

18  a) Nach § 158 AO sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Eine formell ordnungsmäßige Buchführung hat die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 22. August 1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719 ; BFH-Beschluss vom 13. Juli 2010 V B 121/09 , BFH/NV 2010, 2015 , unter 1.a).

19  Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO ). Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO ). Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87 , BFHE 158, 301 , BStBl II 1990, 109, unter 1., m.w.N.). Das Kassenbuch ist wesentlicher Teil der Buchführung, zumal wenn der Steuerpflichtige nach der Art seines Unternehmens vorwiegend Bargeschäfte tätigt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 41/82 , BFH/NV 1985, 12 ).

20  Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Dabei ist u.a. ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ).

21  b) Ergibt die Würdigung des Sachverhalts, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist, so kann das Ergebnis dieser Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden. Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96 , BFH 183, 358, BStBl II 1998, 51, unter 1.a).

22  c) Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall maßgebend (vgl. z.B. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung , Finanzgerichtsordnung , § 158 AO , Rz 13). Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (vgl. BFH-Urteile vom 17. November 1981 VIII R 174/77 , BFHE 135, 11 , BStBl II 1982, 430; vom 26. Oktober 1994 X R 114/92, BFH/NV 1995, 373 , und vom 7. Juni 2000 III R 82/97, BFH/NV 2000, 1462 ; BFH-Beschluss vom 9. Januar 2008 X B 144/07 , Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R645; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 23, m.w.N.). Ob ggf. nur unwesentliche formelle Buchführungsmängel vorliegen, unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/ Hepp/Spitaler —HHSp—, § 158 AO Rz 3).

23  d) Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können. Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderungen an die nötigen Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 358 , BStBl II 1998, 51).

24  e) Die Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung möglich ist. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein (vgl. Klein/Rüsken, AO , 10. Aufl., § 162 Rz 53; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 96, m.w.N.; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 162 Rz 167; wohl auch Söhn in HHSp, § 121 AO Rz 93, m.w.N.). Eine vom FA vorgenommene Schätzung wird vom FG in vollem Umfang überprüft und ggf. durch eine eigene Schätzung ersetzt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 143/84 , BFHE 149, 121 , BStBl II 1987, 412, unter 2.).

25  2. Nach diesen Grundsätzen durfte es das FG nicht offenlassen, ob die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ganz oder teilweise aus den vom FA geltend gemachten Gründen zu verneinen ist.

26  a) Soweit das FA vorträgt, der Kläger habe entgegen der aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO folgenden Aufbewahrungspflicht keine Speise- und Getränkekarten aufbewahrt, ist allerdings zu beachten, dass der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO grundsätzlich durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht begrenzt wird.

27  aa) Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 147 Abs. 1 AO ist akzessorisch. Das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen. Durch die Abhängigkeit der Aufbewahrungspflicht von einer im Gesetz angeordneten Aufzeichnungspflicht wird der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen sachgemäß begrenzt. Diese Beschränkung trägt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit der in § 147 Abs. 1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht ebenso Rechnung wie der von Verfassungs wegen geforderten Verhältnismäßigkeit der Norm (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06 , BFHE 225, 302 , BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

28  bb) Dies gilt auch für § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO , wonach sonstige Unterlagen aufzubewahren sind, „soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind”.

29  Zwar lässt der weite Wortlaut der Vorschrift die Deutung zu, dass nach ihr ohne Rücksicht auf eine Aufzeichnungpflicht sämtliche für die Besteuerung bedeutsamen Unterlagen aufzubewahren sind. Dementsprechend hat das FG München im Urteil vom 29. Oktober 2009 15 K 219/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 10 ) ohne nähere Begründung im dortigen Streitfall angenommen, durch die Nichtaufbewahrung von Speisekarten habe der Kläger gegen § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO verstoßen.

30  § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist aber unter Berücksichtigung der generellen Akzessorietät der Aufbewahrungspflicht im Lichte der im Einzelfall jeweils bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungspflichten einschränkend auszulegen. Danach müssen bei einer abstrakten Bestimmung der Reichweite der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4a AO fallenden, Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 302 , BStBl II 2010, 452, unter II.1.b cc, m.w.N.).

31  b) Zutreffend rügt das FA, dass das FG wesentlichen, bereits in der vom FG in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung und im Schriftsatz vom 11. August 2005 vorgetragenen Sachverhalt unberücksichtigt gelassen und damit gegen seine Pflicht verstoßen habe, sein Urteil auf das Gesamtergebnis des Verfahrens zu stützen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ).

32  aa) Das FA hat in der Einspruchsentscheidung sowie in der Klageerwiderung auf die „nicht identische” Übertragung mehrerer Kassenbons in das Kassenbuch durch den Kläger und darauf hingewiesen, die Aufzeichnungen der Barausgaben seien nicht im zeitlichen Ablauf erfasst worden. Die Kassenaufzeichnungen hätten nicht den Abgleich des tatsächlichen Kassenbestands mit dem des buchmäßigen Kassenbestands (Kassenbuch) ermöglicht. Mit diesem für die Frage der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung maßgeblichen Vortrag hat sich das FG nicht erkennbar auseinandergesetzt, denn es hat sich in den Entscheidungsgründen weder mit der Verbuchung der Bareinnahmen noch mit der Führung des Kassenbuchs befasst.

33  bb) Zwar ist das FG nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2003 X B 102/02, BFH/NV 2003, 1209 ; vom 1. April 2008 X B 154/04, BFH/NV 2008, 1116 , unter II.3., m.w.N.). Zumindest die wesentlichen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachen und Rechtsausführungen müssen jedoch in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 7. Aufl., § 119 Rz 10a).

34  Zu diesen wesentlichen Umständen gehört im Streitfall insbesondere auch die Feststellung, ob der Kläger seiner Pflicht, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen und die Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten, nachgekommen ist. Zumal wenn —wie hier— vorwiegend Bargeschäfte getätigt worden sind, können Mängel in der Kassenbuchführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1990 X R 54/87 , BFH/NV 1990, 683 ). Dies gilt umso mehr im vorliegenden Fall, in dem die Aufzeichnungen zugleich dazu dienten, die Umsätze entsprechend § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG nach unterschiedlichen Steuersätzen aufzuteilen.

35  3. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang den Einwänden des FA gegen die Kassenaufzeichnungen des Klägers nachgehen und prüfen, inwieweit die Speise- und Getränkekarten zum Verständnis und zur Überprüfung der für die zutreffende Umsatzbesteuerung in § 22 UStG vorgeschriebenen Aufzeichnung zur Trennung der Umsätze nach Steuerarten im Einzelfall von Bedeutung sind.

36  a) Ob die danach ggf. festzustellenden Mängel der Buchführung und die fehlerhafte Nichtaufnahme des noch vorhandenen Verpackungsmaterials bei der jährlichen Bestandsaufnahme (§ 146 AO ) zur Feststellung der formellen Ordnungswidrigkeit führen, ist in erster Linie eine Tatfrage und deshalb zunächst vom FG zu entscheiden, zumal bei der Beurteilung eines Buchführungsfehlers nicht auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1462 unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 31. Juli 1969 IV R 57/67 , BFHE 97, 246, BStBl II 1970, 125; vom 15. März 1972 I R 60/70, BFHE 105, 138 , BStBl II 1972, 488, und vom 12. Dezember 1972 VIII R 112/69, BFHE 109, 167 , BStBl II 1973, 555; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 158 AO Rz 13, m.w.N.).

37  b) Das FG muss sich vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen eine Überzeugung bilden. Dies ergibt sich aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO , wonach das Gericht „nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung” entscheidet. Deshalb muss das FG den vom FA gegen die Richtigkeit der Buchführung des Klägers vorgebrachten Umständen nachgehen. Das FG wird ggf. von der ihm gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO zustehenden eigenen Schätzungsbefugnis Gebrauch zu machen haben (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 149, 121 , BStBl II 1987, 412, unter 2.).

38  c) Das FG wird hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf die vom Kläger erbrachten Leistungen die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in seinem Urteil vom 10. März 2011 in den verbundenen Rechtssachen C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 —Bog u.a.— (Deutsches Steuerrecht 2011, 515, Umsatzsteuer-Rundschau 2011, 272 ) und die dazu ergangenen BFH-Urteile (vom 8. Juni 2011 XI R 33/08, BFH/NV 2011, 1927 und XI R 37/08, BFHE 234, 443 , BFH/NV 2011, 1976 , sowie vom 30. Juni 2011 V R 35/08, BFHE 234, 491 , BFH/NV 2011, 1811 und V R 3/07, BFHE 234, 484 , BFH/NV 2011, 2186 ) berücksichtigen.

Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder Dienstleistungen i. S. d. § 35a EStG

Anwendungsschreiben zu § 35a EStG ; Überarbeitung des BMF-Schreibens vom 26.10.2007 – IV C 4 – S 2296 b/07/0003 ; BStBl 2007 I S. 783

 

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des § 35a EStG Folgendes:

 

I. Überblick über die zum 1. 1. 2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen

 

1. Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung” vom 21. 12. 2008 ( BGBl 2008 I S. 2896, BStBl 2009 I S. 133)

1 Die Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen wurde zum 1. 1. 2009 auf 20 Prozent von 6 000 Euro (= 1 200 Euro) verdoppelt. Nach § 52 Abs. 50b Satz 4 EStG ist die Regelung erstmals für im Veranlagungszeitraum 2009 geleistete Aufwendungen anzuwenden, soweit die den Aufwendungen zu Grunde liegenden Leistungen nach dem 31. 12. 2008 erbracht worden sind.

 

2. Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz – FamLeistG) vom 22. 12. 2008 ( BGBl 2008 I S. 2955, BStBl 2009 I S. 136)

2 Die Regelungen über die Steuerermäßigung für haushaltsnahe sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und haushaltsnahe Dienstleistungen einschließlich Pflegeleistungen, die bisher in mehreren gesonderten Tatbeständen erfasst waren, wurden in einer Vorschrift zur Förderung privater Haushalte als Auftraggeber einer Dienstleistung bzw. als Arbeitgeber sozialversicherungspflichtig Beschäftigter zusammengefasst. Die Förderung wurde auf einheitlich 20 Prozent der Aufwendungen von bis zu 20 000 Euro, höchstens 4 000 Euro pro Jahr ausgeweitet. Auch für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse i. S. d. § 8a SGB IV gilt ab 1. 1. 2009 der einheitliche Satz von 20 Prozent; es bleibt aber bei dem Ermäßigungshöchstbetrag von 510 Euro. Nach § 52 Abs. 50b Satz 5 EStG ist die Regelung erstmals für im Veranlagungszeitraum 2009 geleistete Aufwendungen anzuwenden, soweit die den Aufwendungen zu Grunde liegenden Leistungen nach dem 31. 12. 2008 erbracht worden sind.

3 Im Rahmen der Zusammenfassung und Vereinheitlichung der Fördertatbestände ist die Zwölftelungsregelung des § 35a Abs. 1 Satz 2 EStG a. F. entfallen. Außerdem wurde die Regelung des § 33a Abs. 3 EStG zum Abzug von Aufwendungen für Haushaltshilfen als außergewöhnliche Belastung mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 aufgehoben. Für die Tatbestände, die bisher unter diese Regelung gefallen sind, kann ab 2009 die Steuerermäßigung nach Maßgabe der einheitlichen Förderung des § 35a Abs. 2 EStG in Anspruch genommen werden. Zum Ausschluss der Steuerermäßigung bei Berücksichtigung der Aufwendungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen ( § 35a Abs. 5 EStG , § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG a. F.) s. Rdnrn. 28, 29.

 

II. Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder Dienstleistungen i. S. d. § 35a EStG

 

1. Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse

4 Der Begriff des haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisses ist gesetzlich nicht definiert. Im Rahmen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses werden Tätigkeiten ausgeübt, die einen engen Bezug zum Haushalt haben. Zu diesen Tätigkeiten gehören u. a. die Zubereitung von Mahlzeiten im Haushalt, die Reinigung der Wohnung des Steuerpflichtigen, die Gartenpflege und die Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern sowie von kranken, alten oder pflegebedürftigen Personen. Die Erteilung von Unterricht (z. B. Sprachunterricht), die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie sportliche und andere Freizeitbetätigungen fallen nicht darunter.

 

2. Geringfügige Beschäftigung i. S. d. § 8a SGB IV

5 Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 1 EStG ( § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG a. F.) kann der Steuerpflichtige nur beanspruchen, wenn es sich bei dem haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnis um eine geringfügige Beschäftigung i. S. d. § 8a SGB IV handelt. Es handelt sich nur dann um ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i. S. dieser Vorschrift, wenn der Steuerpflichtige am Haushaltsscheckverfahren teilnimmt und die geringfügige Beschäftigung in seinem inländischen oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt ausgeübt wird.

6 Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter können im Rahmen ihrer Vermietertätigkeit nicht am Haushaltsscheckverfahren teilnehmen. Die von ihnen eingegangenen geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse sind nicht nach § 35a Abs. 1 EStG ( § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG a. F.) begünstigt. Sie fallen unter die haushaltsnahen Dienstleistungen. Zur Berücksichtigung der Aufwendungen siehe Rdnr. 10.

 

3. Beschäftigungsverhältnisse in nicht inländischen Haushalten

7 Bei einem nicht inländischen Haushalt, der in einem Staat liegt, der der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört, setzt die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 1 EStG ( § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG a. F.) voraus, dass das monatliche Arbeitsentgelt 400 Euro nicht übersteigt, die Sozialversicherungsbeiträge ausschließlich von dem Arbeitgeber zu entrichten sind und von ihm auch entrichtet werden. Bei anderen haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen ist für die Gewährung einer Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EStG ( § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a. F.) Voraussetzung, dass aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialversicherung in dem jeweiligen Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums entrichtet werden.

 

4. Beschäftigungsverhältnisse mit nahen Angehörigen oder zwischen Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bzw. einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft

8 Da familienrechtliche Verpflichtungen grundsätzlich nicht Gegenstand eines steuerlich anzuerkennenden Vertrags sein können, sind entsprechende Vereinbarungen zwischen in einem Haushalt zusammenlebenden Ehegatten (§§  1360 , 1356 Abs. 1 BGB) oder zwischen Eltern und in deren Haushalt lebenden Kindern ( § 1619 BGB ) nicht begünstigt. Dies gilt entsprechend für die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Auch bei in einem Haushalt zusammenlebenden Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft oder einer nicht eingetragenen Lebenspartnerschaft kann regelmäßig nicht von einem begünstigten Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden, weil jeder Partner auch seinen eigenen Haushalt führt und es deshalb an dem für Beschäftigungsverhältnisse typischen Über- und Unterordnungsverhältnis fehlt. Zur haushaltsbezogenen Inanspruchnahme der Steuerermäßigung vgl. Rdnr. 50.

9 Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse mit Angehörigen, die nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen leben (z. B. mit Kindern, die in einem eigenen Haushalt leben), können steuerlich nur anerkannt werden, wenn die Verträge zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sind, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und tatsächlich auch so durchgeführt werden.

 

5. Haushaltsnahe Dienstleistung

 

Grundsatz

10 Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen i. S. d. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG gehören nur Tätigkeiten, die nicht zu den handwerklichen Leistungen i. S. d. § 35a Abs. 3 EStG ( § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG a. F.) gehören, gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden und für die eine Dienstleistungsagentur oder ein selbstständiger Dienstleister in Anspruch genommen wird. Dazu gehören auch geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, die durch Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter im Rahmen ihrer Vermietertätigkeit eingegangen werden. Eine beispielhafte Aufzählung begünstigter und nicht begünstigter haushaltsnaher Dienstleistungen enthält Anlage 1. Keine begünstigte haushaltsnahe Dienstleistung ist die als eigenständige Leistung vergütete Bereitschaft auf Erbringung einer Leistung im Bedarfsfall. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Bereitschaftsdienst Nebenleistung einer ansonsten begünstigten Hauptleistung ist. S. auch Rdnrn. 17 und 25.

 

Personenbezogene Dienstleistungen

11 Personenbezogene Dienstleistungen (z. B. Frisör- oder Kosmetikerleistungen) sind keine haushaltsnahen Dienstleistungen, selbst wenn sie im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Leistungen können jedoch zu den Pflege- und Betreuungsleistungen i. S. der Rdnr. 13 gehören, wenn sie im Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufgeführt sind.

 

Öffentliches Gelände, Privatgelände, nicht begünstigte Aufwendungen

12 Bei Dienstleistungen, die sowohl auf öffentlichem Gelände als auch auf Privatgelände durchgeführt werden (z. B. Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst), sind nur Aufwendungen für Dienstleistungen auf Privatgelände begünstigt. Das gilt auch dann, wenn eine konkrete Verpflichtung besteht (z. B. zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Gehwegen und Bürgersteigen). Zur betrags- oder verhältnismäßigen Aufteilung auf öffentliche Flächen und Privatgelände s. Rdnr. 36. Nicht begünstigt sind Aufwendungen, bei denen die Entsorgung im Vordergrund steht (z. B. Müllabfuhr). Etwas anderes gilt, wenn die Entsorgung als Nebenleistung zur Hauptleistung anzusehen ist. Auch Aufwendungen, bei denen eine Gutachtertätigkeit im Vordergrund steht, sind nicht begünstigt. Das Gleiche gilt für Verwaltergebühren.

 

Pflege- und Betreuungsleistungen

13 Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 verdoppelt sich der Höchstbetrag der Steuerermäßigung für Pflege- und Betreuungsleistungen für Personen, bei denen ein Schweregrad der Pflegebedürftigkeit der Pflegestufen I bis III i. S. der §§  14 , 15  SGB XI besteht, die nach § 43 Abs. 3 SGB XI als Härtefall anerkannt sind oder die Leistungen der Pflegeversicherung beziehen (§ 35a Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz  EStG a. F.). Dies gilt nicht für Aufwendungen von Personen der sog. Pflegestufe 0, die nach dem BFH-Urteil vom 10. 5. 2007 ( BStBl 2007 II S. 764) ihnen gesondert in Rechnung gestellte Pflegesätze nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung geltend machen können. Der Nachweis ist durch eine Bescheinigung (z. B. Leistungsbescheid oder -mitteilung) der sozialen Pflegekasse oder des privaten Versicherungsunternehmens, das die private Pflege-Pflichtversicherung durchführt, durch ein amtsärztliches Attest oder nach § 65 Abs. 2 EStDV zu führen. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 sind die Aufwendungen für haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen in dem Fördertatbestand des § 35a Abs. 2 EStG mit aufgegangen (vgl. Rdnr. 2). Die Feststellung und der Nachweis einer Pflegebedürftigkeit oder der Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung sowie eine Unterscheidung nach Pflegestufen ist ab 2009 nicht mehr erforderlich. Es reicht aus, wenn Dienstleistungen zur Grundpflege, d. h. zur unmittelbaren Pflege am Menschen (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) oder zur Betreuung in Anspruch genommen werden. Die Steuerermäßigung steht neben der pflegebedürftigen Person auch anderen Personen zu, wenn diese für Pflege- oder Betreuungsleistungen aufkommen, die in ihrem inländischen oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt bzw. im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person durchgeführt werden. Die Steuerermäßigung ist haushaltsbezogen. Werden z. B. zwei pflegebedürftige Personen in einem Haushalt gepflegt, kann die Steuerermäßigung nur einmal in Anspruch genommen werden.

 

6. Haushalt des Steuerpflichtigen

 

Voraussetzung

14 Das haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnis, die haushaltsnahe Dienstleistung oder die Handwerkerleistung müssen in einem inländischen oder in einem anderen in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden. Beschäftigungsverhältnisse oder Dienstleistungen, die ausschließlich Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die außerhalb des Haushalts des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden, sind nicht begünstigt. Danach gehört z. B. die Tätigkeit einer Tagesmutter nur zu den begünstigten Tätigkeiten i. S. d. § 35a EStG , wenn die Betreuung im Haushalt des Steuerpflichtigen erfolgt. Die Begleitung von Kindern, kranken, alten oder pflegebedürftigen Personen bei Einkäufen und Arztbesuchen sowie kleine Botengänge usw. sind nur dann begünstigt, wenn sie zu den Nebenpflichten der Haushaltshilfe, des Pflegenden oder Betreuenden im Haushalt gehören. Pflege- und Betreuungsleistungen sind begünstigt, wenn die Pflege und Betreuung im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person durchgeführt wird. In diesem Fall ist Voraussetzung, dass der Haushalt der gepflegten oder betreuten Person im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegt ( § 35a Abs. 4 EStG , § 35a Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz  EStG a. F.).

 

Zubehörräume und Außenanlagen

15 Zur Haushaltsführung gehört auch das Bewirtschaften von Zubehörräumen und Außenanlagen. Die Grenzen des Haushalts i. S. des § 35a EStG werden daher regelmäßig – unabhängig von den Eigentumsverhältnissen – durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Maßgeblich ist, dass der Steuerpflichtige den ggf. gemeinschaftlichen Besitz über diesen Bereich ausübt und für Dritte dieser Bereich nach der Verkehrsanschauung der (Wohn-)Anlage, in der der Steuerpflichtige seinen Haushalt betreibt, zugeordnet wird. So gehört z. B. auch eine an ein Mietwohngrundstück angrenzende, im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer stehende Gartenanlage zum Haushalt der Bewohner, und zwar unabhängig davon, ob der Bewohner diese Gartenanlage als Miteigentümer kraft eigenen Rechts oder als Mieter kraft abgeleiteten Rechts bewirtschaften darf.

 

Wohnen in einem Alten(wohn)heim, einem Pflegeheim oder einem Wohnstift

16 Eine Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 1 bis 3  EStG (§ 35a Abs. 1 und 2  EStG a. F.) ist auch möglich, wenn sich der eigenständige und abgeschlossene Haushalt in einem Heim, wie z. B. einem Altenheim, einem Altenwohnheim, einem Pflegeheim oder einem Wohnstift befindet. Ein Haushalt in einem Heim ist gegeben, wenn die Räumlichkeiten des Steuerpflichtigen nach ihrer Ausstattung für eine Haushaltsführung geeignet sind (Bad, Küche, Wohn- und Schlafbereich), individuell genutzt werden können (Abschließbarkeit) und eine eigene Wirtschaftsführung des Steuerpflichtigen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird.

17 Zu den begünstigten haushaltsnahen Dienstleistungen bei einer Heimunterbringung gehören neben den in dem eigenständigen und abgeschlossenen Haushalt des Steuerpflichtigen durchgeführten und individuell abgerechneten Leistungen (z. B. Reinigung des Appartements, Pflege- oder Handwerkerleistungen im Appartement) u. a. die Hausmeisterarbeiten, die Gartenpflege sowie kleinere Reparaturarbeiten, die Dienstleistungen des Haus- und Etagenpersonals sowie die Reinigung der Gemeinschaftsflächen, wie Flure, Treppenhäuser und Gemeinschaftsräume ( BFH, Urteil v. 29. 1. 2009 , BStBl 2010 II S. 166 . Reparatur- und Instandsetzungskosten, die ausschließlich auf Gemeinschaftsflächen entfallen, sind regelmäßig nicht begünstigt. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um kalkulatorische Kosten handelt oder die Aufwendungen gegenüber dem Heimbewohner (einzeln) abgerechnet werden. Die Tätigkeit von Haus- und Etagendamen, deren Aufgabe neben der Betreuung des Bewohners noch zusätzlich in der Begleitung des Steuerpflichtigen, dem Empfang von Besuchern und der Erledigung kleiner Botengänge besteht, ist grundsätzlich den haushaltsnahen Dienstleistungen zuzurechnen. Zur Anspruchsberechtigung im Einzelnen s. Rdnr. 25.

 

Weitere Fälle eines Haushalts des Steuerpflichtigen

18 Zu dem inländischen oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen gehört auch eine Wohnung, die der Steuerpflichtige einem bei ihm zu berücksichtigenden Kind ( § 32 EStG ) zur unentgeltlichen Nutzung überlässt. Das Gleiche gilt für eine vom Steuerpflichtigen tatsächlich eigen genutzte Zweit-, Wochenend- oder Ferienwohnung sowie eine tatsächlich eigen genutzte geerbte Wohnung. Der Steuerpflichtige kann deshalb für Leistungen, die in diesen Wohnungen durchgeführt werden, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch nehmen; dies gilt auch, wenn die Leistungen für die eigen genutzte geerbte Wohnung noch vom Erblasser in Anspruch genommen und die Rechnungsbeträge vom Erben überwiesen worden sind. Die Steuerermäßigung wird – auch bei Vorhandensein mehrerer Wohnungen – insgesamt nur einmal bis zu den jeweiligen Höchstbeträgen gewährt.

 

Wohnungswechsel, Umzug

19 Der Begriff „im Haushalt” ist nicht in jedem Fall mit „tatsächlichem Bewohnen” gleichzusetzen. Beabsichtigt der Steuerpflichtige umzuziehen, und hat er für diesen Zweck bereits eine Wohnung oder ein Haus gemietet oder gekauft, gehört auch diese Wohnung oder dieses Haus zu seinem Haushalt, wenn er tatsächlich dorthin umzieht. Hat der Steuerpflichtige seinen Haushalt durch Umzug in eine andere Wohnung oder ein anderes Haus verlegt, gelten Maßnahmen zur Beseitigung der durch die bisherige Haushaltsführung veranlassten Abnutzung (z. B. Renovierungsarbeiten eines ausziehenden Mieters) noch als im Haushalt erbracht. Voraussetzung ist, dass die Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu dem Umzug stehen. Für die Frage, ab wann oder bis wann es sich um einen Haushalt des Steuerpflichtigen handelt, kommt es im Übrigen grundsätzlich auf das wirtschaftliche Eigentum an. Bei einem Mietverhältnis ist deshalb der im Mietvertrag vereinbarte Beginn des Mietverhältnisses oder bei Beendigung das Ende der Kündigungsfrist und bei einem Kauf der Übergang von Nutzen und Lasten entscheidend. Ein früherer oder späterer Zeitpunkt für den Ein- oder Auszug ist durch geeignete Unterlagen (z. B. Meldebestätigung der Gemeinde, Bestätigung des Vermieters) nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann auf das in der Regel anzufertigende Übergabe-/Übernahmeprotokoll abgestellt werden.

 

III. Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen

20 § 35a Abs. 3 EStG ( § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG a. F.) gilt für alle handwerklichen Tätigkeiten für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen, in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder kleine Ausbesserungsarbeiten handelt, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden, oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die im Regelfall nur von Fachkräften durchgeführt werden. Eine beispielhafte Aufzählung begünstigter und nicht begünstigter handwerklicher Tätigkeiten enthält Anlage 1. Handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme sind nicht begünstigt. Als Neubaumaßnahmen gelten alle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit einer Nutz- oder Wohnflächenschaffung bzw. -erweiterung anfallen.

21 Das beauftragte Unternehmen muss nicht in die Handwerksrolle eingetragen sein; es können auch Kleinunternehmer i. S. d. § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz mit der Leistung beauftragt werden.

 

IV. Anspruchsberechtigte

 

Arbeitgeber, Auftraggeber

22 Der Steuerpflichtige kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG grundsätzlich nur in Anspruch nehmen, wenn er entweder Arbeitgeber des haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisses oder Auftraggeber der haushaltsnahen Dienstleistung oder Handwerkerleistung ist.

 

Wohnungseigentümergemeinschaften

23 Besteht ein Beschäftigungsverhältnis zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft (z. B. bei Reinigung und Pflege von Gemeinschaftsräumen) oder ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft Auftraggeber der haushaltsnahen Dienstleistung bzw. der handwerklichen Leistung, kommt für den einzelnen Wohnungseigentümer eine Steuerermäßigung in Betracht, wenn in der Jahresabrechnung

  • die im Kalenderjahr unbar gezahlten Beträge nach den begünstigten haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen jeweils gesondert aufgeführt sind (zur Berücksichtigung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen – siehe Rdnr. 10),
  • der Anteil der steuerbegünstigten Kosten ausgewiesen ist (Arbeits- und Fahrtkosten, siehe auch Rdnr. 35) und

der Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers individuell errechnet wurde. Die Aufwendungen für Dienstleistungen, die sowohl auf öffentlichem Gelände als auch auf Privatgelände durchgeführt werden (vgl. Rdnr. 12), sind entsprechend aufzuteilen (vgl. Rdnr. 36).

Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Interessen einen Verwalter bestellt und ergeben sich die Angaben nicht aus der Jahresabrechnung, ist der Nachweis durch eine Bescheinigung des Verwalters über den Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers zu führen. Ein Muster für eine derartige Bescheinigung ist als Anlage 2 beigefügt. Das Datum über die Beschlussfassung der Jahresabrechnung kann formlos bescheinigt oder auf der Bescheinigung vermerkt werden.

 

Mieter

24 Auch der Mieter einer Wohnung kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beanspruchen, wenn die von ihm zu zahlenden Nebenkosten Beträge umfassen, die für ein haushaltsnahes Beschäftigungsverhältnis, für haushaltsnahe Dienstleistungen oder für handwerkliche Tätigkeiten geschuldet werden und sein Anteil an den vom Vermieter unbar gezahlten Aufwendungen entweder aus der Jahresabrechnung hervorgeht oder durch eine Bescheinigung (vgl. Rdnr. 23) des Vermieters oder seines Verwalters nachgewiesen wird. Das gilt auch für den Fall der unentgeltlichen Überlassung einer Wohnung, wenn der Nutzende die entsprechenden Aufwendungen getragen hat.

 

Wohnen in einem Alten(wohn)heim, einem Pflegeheim oder einem Wohnstift

25 Für Bewohner eines Altenheims, eines Altenwohnheims, eines Pflegeheims oder eines Wohnstiftes (vgl. Rdnr. 16) gilt nach Abschluss eines sog. Heimvertrages Folgendes: Aufwendungen für Dienstleistungen, die innerhalb des Appartements erbracht werden, wie z. B. die Reinigung des Appartements oder die Pflege und Betreuung des Heimbewohners, sind begünstigt. Aufwendungen für Dienstleistungen, die außerhalb des Appartements erbracht werden, sind im Rahmen der Rdnrn. 16 und 17 begünstigt. Das gilt jeweils auch für die von dem Heimbetreiber pauschal erhobenen Kosten, sofern die damit abgegoltene Dienstleistung gegenüber dem einzelnen Heimbewohner nachweislich tatsächlich erbracht worden ist. Darüber hinausgehende Dienstleistungen fallen grundsätzlich nicht unter die Steuerermäßigungsregelung des § 35a EStG , es sei denn, es wird nachgewiesen, dass die jeweilige haushaltsnahe Dienstleistung im Bedarfsfall von dem Heimbewohner abgerufen worden ist. Das gilt sowohl für Dienstleistungen des Heimbetreibers selbst, ggf. mittels eigenen Personals, als auch für Dienstleistungen eines externen Anbieters. Rdnrn. 23 und 24 gelten sinngemäß. Aufwendungen für die Möglichkeit, bei Bedarf bestimmte Pflege- oder Betreuungsleistungen in Anspruch zu nehmen, sind begünstigt.

 

Arbeitgeber-Pool

26 Schließen sich mehrere Steuerpflichtige als Arbeitgeber für ein haushaltsnahes Beschäftigungsverhältnis zusammen (sog. Arbeitgeber-Pool), kann jeder Steuerpflichtige die Steuerermäßigung für seinen Anteil an den Aufwendungen in Anspruch nehmen, wenn für die an dem Arbeitgeber-Pool Beteiligten eine Abrechnung über die im jeweiligen Haushalt ausgeführten Arbeiten vorliegt. Wird der Gesamtbetrag der Aufwendungen für das Beschäftigungsverhältnis durch ein Pool-Mitglied überwiesen, gelten die Regelungen für Wohnungseigentümer und Mieter (vgl. Rdnr. 23 und 24) entsprechend.

 

V. Begünstigte Aufwendungen

 

1. Ausschluss der Steuerermäßigung bei Betriebsausgaben oder Werbungskosten

27 Die Steuerermäßigung für Aufwendungen ist ausgeschlossen, soweit diese zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten gehören oder wie solche behandelt werden. Gemischte Aufwendungen (z. B. für eine Reinigungskraft, die auch das beruflich genutzte Arbeitszimmer reinigt) sind unter Berücksichtigung des zeitlichen Anteils der zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führenden Tätigkeiten an der Gesamtarbeitszeit sachgerecht aufzuteilen.

 

2. Ausschluss der Steuerermäßigung bei Berücksichtigung der Aufwendungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen; Aufwendungen für Kinderbetreuung

 

Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen

28 Eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG kommt nur in Betracht, soweit die Aufwendungen nicht vorrangig als Sonderausgaben (z. B. Erhaltungsmaßnahme nach § 10f EStG ) oder als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Für den Teil der Aufwendungen, der durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wird, kann der Steuerpflichtige die Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch nehmen. Werden im Rahmen des § 33 EStG Aufwendungen geltend gemacht, die dem Grunde nach sowohl bei § 33 EStG als auch bei § 35a EStG berücksichtigt werden können, ist davon auszugehen, dass die zumutbare Belastung vorrangig auf die nach § 35a EStG begünstigten Aufwendungen entfällt.

 

Behinderten-Pauschbetrag

29 Nimmt die pflegebedürftige Person einen Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 Satz 1 i. V. mit Abs. 3 Satz 2 oder 3   EStG (bis VZ 2007: den erhöhten Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG ) in Anspruch, schließt dies eine Berücksichtigung der Pflegeaufwendungen nach § 35a EStG bei ihr aus. Das Gleiche gilt für einen Angehörigen, wenn der einem Kind zustehende Behinderten-Pauschbetrag auf ihn übertragen wird.

 

Kinderbetreuungskosten

30 Fallen Kinderbetreuungskosten dem Grunde nach unter die Regelungen des § 9c EStG (§§ 4f oder 9 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 10 Abs. 1 Nr. 5 oder 8 EStG a. F.), kommt ein Abzug nach § 35a EStG nicht in Betracht ( § 35a Abs. 5 Satz 1 EStG , § 35a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3  EStG a. F.). Dies gilt sowohl für den Betrag, der zwei Drittel der Aufwendungen für Dienstleistungen übersteigt, als auch für alle Aufwendungen, die den Höchstbetrag von 4 000 Euro je Kind übersteigen.

 

Au-pair

31 Bei Aufnahme eines Au-pairs in eine Familie fallen in der Regel neben den Aufwendungen für die Betreuung der Kinder auch Aufwendungen für leichte Hausarbeiten an. Wird der Umfang der Kinderbetreuungskosten nicht nachgewiesen (vgl. Rdnr. 5 des BMF-Schreibens vom 19. 1. 2007, BStBl 2007 I S. 184), kann ein Anteil von 50 Prozent der Gesamtaufwendungen im Rahmen der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG berücksichtigt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 35a EStG (insbesondere die Zahlung auf ein Konto des Au-pairs) vorliegen.

 

3. Umfang der begünstigten Aufwendungen

 

Arbeitsentgelt

32 Zu den begünstigten Aufwendungen des Steuerpflichtigen nach § 35a Abs. 1 und Abs. 2 Alt. 1 EStG ( § 35a Abs. 1 EStG a. F.) gehört der Bruttoarbeitslohn oder das Arbeitsentgelt (bei Anwendung des Haushaltsscheckverfahrens und geringfügiger Beschäftigung i. S. d. § 8a SGB IV ) sowie die vom Steuerpflichtigen getragenen Sozialversicherungsbeiträge, die Lohnsteuer ggf. zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (U 1 und U 2) und die Unfallversicherungsbeiträge, die an den Gemeindeunfallversicherungsverband abzuführen sind.

 

Nachweis des Arbeitsentgelts

33 Als Nachweis dient bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (s. Rdnr. 5), für die das Haushaltsscheckverfahren Anwendung findet, die dem Arbeitgeber von der Einzugstelle (Minijob-Zentrale) zum Jahresende erteilte Bescheinigung nach § 28h Abs. 4 SGB IV . Diese enthält den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, die Höhe des Arbeitsentgelts sowie die vom Arbeitgeber getragenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen. Zusätzlich wird in der Bescheinigung die Höhe der einbehaltenen Pauschsteuer beziffert.

34 Bei sozialversicherungspflichtigen haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen, für die das allgemeine Beitrags- und Meldeverfahren zur Sozialversicherung gilt und bei denen die Lohnsteuer pauschal oder nach Maßgabe der vorgelegten Lohnsteuerkarte erhoben wird, sowie bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen ohne Haushaltsscheckverfahren gelten die allgemeinen Nachweisregeln für die Steuerermäßigung.

 

Arbeitskosten, Materialkosten

35 Begünstigt sind generell nur die Arbeitskosten. Das sind die Aufwendungen für die Inanspruchnahme der haushaltsnahen Tätigkeit selbst, für Pflege- und Betreuungsleistungen bzw. für Handwerkerleistungen einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen- und Fahrtkosten. Materialkosten oder sonstige im Zusammenhang mit der Dienstleistung, den Pflege- und Betreuungsleistungen bzw. den Handwerkerleistungen gelieferte Waren bleiben mit Ausnahme von Verbrauchsmitteln außer Ansatz.

36 Der Anteil der Arbeitskosten muss grundsätzlich anhand der Angaben in der Rechnung gesondert ermittelt werden können. Auch eine prozentuale Aufteilung des Rechnungsbetrages in Arbeitskosten und Materialkosten durch den Rechnungsaussteller ist zulässig. Bei Wartungsverträgen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Anteil der Arbeitskosten, der sich auch pauschal aus einer Mischkalkulation ergeben kann, aus einer Anlage zur Rechnung hervorgeht. Dienstleistungen, die sowohl auf öffentlichem Gelände als auch auf Privatgelände durchgeführt werden (vgl. Rdnr. 12), sind vom Rechnungsaussteller entsprechend aufzuteilen. Zur Aufteilung solcher Aufwendungen bei Wohnungseigentümergemeinschaften genügt eine Jahresbescheinigung des Grundstücksverwalters, die die betrags- oder verhältnismäßige Aufteilung auf öffentliche Flächen und Privatgelände enthält. Entsprechendes gilt für die Nebenkostenabrechnung der Mieter. Abschlagszahlungen können nur dann berücksichtigt werden, wenn hierfür eine Rechnung vorliegt, welche die Voraussetzungen des § 35a EStG erfüllt. Ein gesonderter Ausweis der auf die Arbeitskosten entfallenden Mehrwertsteuer ist nicht erforderlich.

 

Versicherungsleistungen

37 Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen, die im Zusammenhang mit Versicherungsschadensfällen entstehen, können nur berücksichtigt werden, soweit sie nicht von der Versicherung erstattet werden. Dabei sind nicht nur erhaltene sondern auch in späteren Veranlagungszeiträumen zu erwartende Versicherungsleistungen zu berücksichtigen. Das gilt auch für Versicherungsleistungen, die zur medizinischen Rehabilitation erbracht werden, wie z. B. für Haushaltshilfen nach § 10 Abs. 2 Satz 2, § 36 Abs. 1 Satz 2, § 37 Abs. 1 Satz 2, § 39 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, § 10 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 38 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 SGB V , § 54 Abs. 2 , § 55 SGB VII , § 54 SGB IX . In solchen Fällen ist nur die Selbstbeteiligung nach § 35a EStG begünstigt.

38 Empfangene Leistungen der Pflegeversicherung des Steuerpflichtigen sowie die Leistungen im Rahmen des Persönlichen Budgets i. S. d. § 17 SGB IX sind anzurechnen, soweit sie ausschließlich und zweckgebunden für Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für haushaltsnahe Dienstleistungen i. S. d. § 35a Abs. 2 i. V. m. Abs. 5  EStG (§ 35a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 5  EStG a. F.), die keine Handwerkerleistungen i. S. d. § 35a Abs. 3 EStG ( § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG a. F.) sind, gewährt werden. Danach sind Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI und der Kostenersatz für zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45b SGB XI auf die entstandenen Aufwendungen anzurechnen. Leistungen der Pflegeversicherung i. S. d. § 37 SGB XI (sog. Pflegegeld) sind dagegen nicht anzurechnen, weil sie nicht zweckgebunden für professionelle Pflegedienste bestimmt sind, die die Voraussetzungen des § 35a Abs. 5 EStG ( § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG a. F.) erfüllen (Ausstellung einer Rechnung, Überweisung auf ein Konto des Empfängers).

 

Beispiel 1:

Ein pflegebedürftiger Steuerpflichtiger der Pflegestufe II mit dauerhafter erheblicher Einschränkung seiner Alltagskompetenz erhält im Veranlagungsjahr 2009 in seinem eigenen Haushalt Pflegesachleistungen in der Form einer häuslichen Pflegehilfe sowie zusätzliche Betreuung. Er nimmt dafür einen professionellen Pflegedienst in Anspruch. Die monatlichen Aufwendungen betragen 1.400 €. Die Pflegeversicherung übernimmt die Aufwendungen in Höhe von monatlich 980 € (§ 36 Abs. 3 Nr. 2. a SGB XI). Darüber hinaus erhält der Steuerpflichtige einen zusätzlichen Kostenersatz nach § 45b SGB XI in Höhe von monatlich 100 €.

Es handelt sich um die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG , für die der Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung in Anspruch nehmen kann. Die Beträge nach § 36 SGB XI sowie der Kostenersatz nach § 45b SGB XI sind anzurechnen.

Die Steuerermäßigung für die Pflege- und Betreuungsleistungen wird für den Veranlagungszeitraum 2009 wie folgt berechnet:

1.400 € × 12 Monate 16.800 €
– (980 € + 100 €) × 12 Monate – 12.960 €
verbleibende Eigenleistung 3.840 €

Davon 20 % = 768 €. Der Steuerpflichtige kann 768 € als Steuerermäßigungsbetrag in Anspruch nehmen.

 

 

Beispiel 2:

Eine pflegebedürftige Steuerpflichtige der Pflegestufe I beantragt anstelle der häuslichen Pflegehilfe ( § 36 SGB XI ) ein Pflegegeld nach § 37 SGB XI . Im Veranlagungsjahr 2009 erhält sie monatlich 215 €. Die Steuerpflichtige nimmt zur Deckung ihres häuslichen Pflege- und Betreuungsbedarfs zusätzlich einzelne Pflegeeinsätze eines professionellen Pflegedienstes in Anspruch. Die Aufwendungen dafür betragen jährlich 1.800 €.

Es handelt sich um die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG , für die die Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung in Anspruch nehmen kann. Das Pflegegeld ist nicht anzurechnen.

Die Steuerermäßigung für die Pflege- und Betreuungsleistungen wird für den Veranlagungszeitraum 2009 wie folgt berechnet:

20 % von 1.800 € = 360 €. Die Steuerpflichtige kann 360 € als Steuerermäßigungsbetrag in Anspruch nehmen.

 

 

Beispiel 3:

Ein pflegebedürftiger Steuerpflichtiger der Pflegestufe II nimmt im Veranlagungszeitraum 2009 die ihm nach § 36 Abs. 3 SGB XI zustehende Sachleistung nur zur Hälfte in Anspruch (490 €/Monat). Er erhält daneben ein anteiliges Pflegegeld ( § 38 i. V. mit § 37 SGB XI ) in Höhe von monatlich 210 €. Die durch die Pflegeversicherung im Wege der Sachleistung zur Verfügung gestellten regelmäßigen professionellen Pflegeeinsätze werden durch den Steuerpflichtigen durch gelegentliche zusätzliche Beauftragungen eines Pflegedienstes ergänzt. Die Aufwendungen hierfür betragen jährlich 1.800 Euro. Die weiteren Pflege- und Betreuungsdienstleistungen erfolgen durch Freunde des Steuerpflichtigen, von denen eine Person im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung i. S. des § 8a SGB IV zu einem Monatslohn einschließlich der pauschalen Abgaben i. H. von 380 € beschäftigt wird. Einen Teil des Pflegegeldes leitet der Steuerpflichtige an die anderen Hilfspersonen weiter.

Die Inanspruchnahme des Pflegedienstes ist nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt. Die Beträge nach § 36 Abs. 3 SGB XI sind anzurechnen, das Pflegegeld nach § 37 SGB XI ist nicht anzurechnen. Das geringfügige Beschäftigungsverhältnis fällt unter § 35a Abs. 1 EStG .

Die Steuerermäßigung für das geringfügige Beschäftigungsverhältnis wird für den Veranlagungszeitraum 2009 wie folgt berechnet:

380 € × 12 Monate 4.560 €

Davon 20 % = 912 €. Der Steuerpflichtige kann 510 € (= Höchstbetrag) als Steuerermäßigung in Anspruch nehmen.

Die Steuerermäßigung für die zusätzlich zu den Sachleistungen der Pflegeversicherung selbst finanzierten externen Pflegeeinsätze wird für den Veranlagungszeitraum 2009 wie folgt berechnet:

20 % von 1.800 € = 360 €. Der Steuerpflichtige kann (510 € + 360 € =) 870 € als Steuerermäßigungsbetrag in Anspruch nehmen.

 

39 Wird die Steuerermäßigung für Pflege- und Betreuungsaufwendungen von einem Angehörigen oder einer anderen Person geltend gemacht, ist Rdnr. 38 entsprechend anzuwenden, wenn das Pflegegeld an diese Person weitergeleitet wird.

 

Beispiel 4:

Eine pflegebedürftige Person der Pflegestufe II nimmt im Veranlagungsjahr 2009 in ihrem eigenen Haushalt einen professionellen Pflegedienst in Anspruch. Die monatlichen Gesamtaufwendungen hierfür betragen 1.300 €. Durch die Pflegeversicherung werden Pflegesachleistungen nach § 36 Abs. 3 Nr. 2.a SGB XI in Höhe von 980 € monatlich übernommen. Die darüber hinausgehenden Aufwendungen trägt der Sohn in Höhe von monatlich 320 €.

Es handelt sich um die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG , für die der Sohn eine Steuerermäßigung in Anspruch nehmen kann. Die Beträge nach § 36 SGB XI sind anzurechnen.

Die Steuerermäßigung für die Pflege- und Betreuungsleistungen wird für den Veranlagungszeitraum 2009 wie folgt berechnet:

Steuerpflichtiger:

1.300 € × 12 Monate 15.600 €
– 980 € × 12 Monate – 11.760 €
Eigenleistung des Sohnes 3.840 €

Davon 20 % = 768 €. Der Sohn kann 768 € als Steuerermäßigungsbetrag in Anspruch nehmen.

 

 

Beispiel 5:

Ein pflegebedürftiger Steuerpflichtiger der Pflegestufe II beantragt anstelle der häuslichen Pflegehilfe ( § 36 SGB XI ) ein Pflegegeld nach § 37 SGB XI . Im Veranlagungsjahr 2009 erhält er monatlich 420 €. Der Steuerpflichtige wird grundsätzlich von seiner Tochter betreut und gepflegt. Er reicht das Pflegegeld an die Tochter weiter. Zu ihrer Unterstützung beauftragt die Tochter gelegentlich zusätzlich einen professionellen Pflegedienst. Die Aufwendungen hierfür haben 2009 insgesamt 1.800 € betragen. Diese Kosten hat die Tochter getragen.

Bei der Beauftragung des Pflegedienstes handelt es sich um die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG , für die die Tochter eine Steuerermäßigung in Anspruch nehmen kann. Die an sie weitergeleiteten Beträge nach § 37 SGB XI sind nicht anzurechnen.

Die Steuerermäßigung für die Pflege- und Betreuungsleistungen wird bei der Tochter für den Veranlagungszeitraum 2009 wie folgt berechnet:

20 % von 1.800 € = 360 €. Die Tochter kann 360 € als Steuerermäßigungsbetrag in Anspruch nehmen.

Den Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG kann die Tochter nicht in Anspruch nehmen, da sie durch Weiterleitung des Pflegegeldes durch den Vater an sie Einnahmen i. S. des § 33b Abs. 6 Satz 1 und 2  EStG erhält und sie das Pflegegeld nicht nur treuhänderisch für den Vater verwaltet, um daraus Aufwendungen des Pflegebedürftigen zu bestreiten (vgl. H 33b „Pflege-Pauschbetrag” EStH 2008 ).

 

 

Beispiel 6:

Ein pflegebedürftiges Ehepaar lebt mit seiner Tochter in einem Haushalt. Der Vater hat Pflegestufe II, die Mutter Pflegestufe I. Der Vater wird täglich durch einen professionellen Pflegedienst gepflegt und betreut. Die Aufwendungen wurden 2009 von der Pflegeversicherung als Pflegesachleistung in Höhe von monatlich 980 € übernommen (§ 36 Abs. 3 Nr. 2.a SGB XI). Die Mutter hat 2009 Pflegegeld nach § 37 SGB XI in Höhe von monatlich 215 € bezogen. Bei ihrer Pflege hilft die Tochter. Sie erhält als Anerkennung das Pflegegeld von der Mutter.

Die monatlichen Aufwendungen für den Pflegedienst des Vaters betragen nach Abzug der Leistungen der Pflegeversicherung 320 €. Zu ihrer Unterstützung beauftragt die Tochter gelegentlich zusätzlich einen Pflegedienst für die Mutter. Die Aufwendungen hierfür haben 2009 insgesamt 1.200 € betragen. Diese Kosten hat die Tochter getragen.

Es handelt sich um die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG , für die die Eltern und die Tochter eine Steuerermäßigung in Anspruch nehmen können. Die Beträge nach § 36 SGB XI sind anzurechnen, die Beträge nach § 37 SGB XI sind nicht anzurechnen.

Die Steuerermäßigung für die Pflege- und Betreuungsleistungen wird für den Veranlagungszeitraum 2009 wie folgt berechnet:

Eltern: Eigenleistung 320 € × 12 Monate 3.840 €

Davon 20 % = 768 €. Die Eltern können 768 € als Steuerermäßigungsbetrag in Anspruch nehmen.

Tochter: Eigenleistung 1.200 €

Davon 20 % = 240 €. Der Tochter kann 240 € als Steuerermäßigung in Anspruch nehmen. Den Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG kann die Tochter nicht in Anspruch nehmen, da sie durch Weiterleitung des Pflegegeldes durch die Mutter an sie Einnahmen i. S. des § 33b Abs. 6 Satz 1 und 2  EStG erhält und sie das Pflegegeld nicht nur treuhänderisch für die Mutter verwaltet, um daraus Aufwendungen der Pflegebedürftigen zu bestreiten (vgl. H 33b „Pflege-Pauschbetrag” EStH 2008 ).

 

 

Zahlungszeitpunkt

40 Für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ist auf den Veranlagungszeitraum der Zahlung abzustellen ( § 11 Abs. 2 EStG ). Bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben (z. B. nachträgliche monatliche Zahlung oder monatliche Vorauszahlung einer Pflegeleistung), die innerhalb eines Zeitraums von bis zu zehn Tagen nach Beendigung bzw. vor Beginn eines Kalenderjahres fällig und geleistet worden sind, werden die Ausgaben dem Kalenderjahr zugerechnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gehören die Abgaben für das in den Monaten Juli bis Dezember erzielte Arbeitsentgelt, die erst am 15.1. des Folgejahres fällig werden, noch zu den begünstigten Aufwendungen des Vorjahres.

 

Dienst- oder Werkswohnung

41 Für vom Arbeitnehmer bewohnte Dienst- oder Werkswohnungen gilt Folgendes: Lässt der Arbeitgeber haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen von einem (fremden) Dritten durchführen und trägt er hierfür die Aufwendungen, kann der Arbeitnehmer die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nur in Anspruch nehmen, wenn er die Aufwendungen – neben dem Mietwert der Wohnung – als Arbeitslohn (Sachbezug) versteuert hat und der Arbeitgeber eine Bescheinigung erteilt hat, aus der eine Aufteilung der Aufwendungen nach haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen, jeweils unterteilt nach Arbeitskosten und Materialkosten, hervorgeht. Zusätzlich muss aus der Bescheinigung hervorgehen, dass die Leistungen durch (fremde) Dritte ausgeführt worden sind und zu welchem Wert sie zusätzlich zum Mietwert der Wohnung als Arbeitslohn versteuert worden sind. Die Steuerermäßigung kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn die haushaltsnahen Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen durch eigenes Personal des Arbeitgebers durchgeführt worden sind.

 

Wohnungseigentümer und Mieter

42 Bei Wohnungseigentümern und Mietern ist erforderlich, dass die auf den einzelnen Wohnungseigentümer und Mieter entfallenden Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen sowie für Handwerkerleistungen entweder in der Jahresabrechnung gesondert aufgeführt oder durch eine Bescheinigung des Verwalters oder Vermieters nachgewiesen sind. Aufwendungen für regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen (wie z. B. Reinigung des Treppenhauses, Gartenpflege, Hausmeister) werden grundsätzlich anhand der geleisteten Vorauszahlungen im Jahr der Vorauszahlungen berücksichtigt, einmalige Aufwendungen (wie z. B. Handwerkerrechnungen) dagegen erst im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung. Soweit einmalige Aufwendungen durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden, können die Aufwendungen erst im Jahr des Abflusses aus der Instandhaltungsrücklage oder im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung, die den Abfluss aus der Instandhaltungsrücklage beinhaltet, berücksichtigt werden. Wird eine Jahresabrechnung von einer Verwaltungsgesellschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr erstellt, gilt nichts anderes. Es ist aber auch nicht zu beanstanden, wenn Wohnungseigentümer die gesamten Aufwendungen erst in dem Jahr geltend machen, in dem die Jahresabrechnung im Rahmen der Eigentümerversammlung genehmigt worden ist. Für die zeitliche Berücksichtigung von Nebenkosten bei Mietern gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Handwerkerleistungen, die im Jahr 2005 erbracht worden sind, sind auch dann nicht begünstigt, wenn die Jahresabrechnung 2005 im Jahr 2006 durch die Eigentümerversammlung genehmigt worden ist. Zu den Höchstbeträgen in den Veranlagungszeiträumen 2008 und 2009 vgl. Rdnr. 48.

43 Die Entscheidung, die Steuerermäßigung hinsichtlich der Aufwendungen für die regelmäßig wiederkehrenden Dienstleistungen im Jahr der Vorauszahlung und für die einmaligen Aufwendungen im Jahr der Beschlussfassung oder für die gesamten Aufwendungen die Steuerermäßigung erst im Jahr der Beschlussfassung in Anspruch zu nehmen, hat jeder einzelne Eigentümer bzw. Mieter im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung zu treffen. Zur Bescheinigung des Datums über die Beschlussfassung s. Rdnr. 23. Hat sich der Wohnungseigentümer bei einer Abrechnung mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr dafür entschieden, die gesamten Aufwendungen erst in dem Jahr geltend zu machen, in dem die Jahresabrechnung im Rahmen der Eigentümerversammlung genehmigt worden ist, hat das zur Folge, dass hinsichtlich der regelmäßig wiederkehrenden Dienstleistungen die Aufwendungen des abweichenden Wirtschaftsjahres maßgebend sind. Eine davon abweichende andere zeitanteilige Aufteilung der Aufwendungen ist nicht möglich. Auch für den Fall, dass die Beschlussfassungen über die Jahresabrechnungen für zwei Kalenderjahre in einem Kalenderjahr getroffen werden, kann die Entscheidung für alle in einem Jahr genehmigten Abrechnungen, die Steuerermäßigung im Jahr der Vorauszahlung oder in dem der Beschlussfassung in Anspruch zu nehmen, nur einheitlich getroffen werden. Für die Frage der Höhe der zulässigen Steuerermäßigung nach den zum 1. 1. 2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen gelten die Erläuterungen in Rdnr. 48 entsprechend.

 

4. Nachweis

 

Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007

44 Sowohl bei Aufwendungen im Rahmen einer haushaltsnahen Dienstleistung als auch bei Handwerker- oder Pflege- und Betreuungsleistungen ist die Steuerermäßigung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007 davon abhängig, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf ein Konto des Erbringers der Leistung durch einen Beleg des Kreditinstituts nachweist ( § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2007 ). Bei Wohnungseigentümern und Mietern sind die sich aus Rdnr. 42 ergebenden Nachweise mit der Antragstellung vorzulegen.

 

Ab Veranlagungszeitraum 2008

45 Ab Veranlagungszeitraum 2008 ist die Steuerermäßigung davon abhängig, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Dienstleistung, der Handwerkerleistung oder der Pflege- oder Betreuungsleistung erfolgt ist (§ 35a Abs. 2 Satz 5 i. V. mit § 52 Abs. 1 und Abs. 50b  EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008 , § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG i. d. F. des FamLeistG). Bei Wohnungseigentümern und Mietern müssen die sich aus Rdnr. 42 ergebenden Nachweise vorhanden sein. Daraus folgt, dass es ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ausreicht, wenn der Steuerpflichtige die Nachweise auf Verlangen des Finanzamtes vorlegen kann.

 

Zahlungsarten

46 Die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt in der Regel durch Überweisung. Beträge, für deren Begleichung ein Dauerauftrag eingerichtet worden ist oder die durch eine Einzugsermächtigung abgebucht oder im Wege des Online-Bankings überwiesen wurden, können in Verbindung mit dem Kontoauszug, der die Abbuchung ausweist, anerkannt werden. Das gilt auch bei Übergabe eines Verrechnungsschecks oder der Teilnahme am Electronic-Cash-Verfahren oder am elektronischen Lastschriftverfahren. Barzahlungen, Baranzahlungen oder Barteilzahlungen können nicht anerkannt werden ( BFH, Urteil vom 20. 11. 2008 , BStBl 2009 II S. 307). Das gilt selbst dann, wenn die Barzahlung von dem Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung, der Pflege- und Betreuungsleistung oder der Handwerkerleistung tatsächlich ordnungsgemäß verbucht worden ist und der Steuerpflichtige einen Nachweis über die ordnungsgemäße Verbuchung erhalten hat oder wenn eine Barzahlung durch eine später veranlasste Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung ersetzt wird.

 

Konto eines Dritten

47 Die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung durch den Steuerpflichtigen ist auch möglich, wenn die haushaltsnahe Dienstleistung, Pflege- oder Betreuungsleistung oder die Handwerkerleistung, für die der Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten hat, von dem Konto eines Dritten bezahlt worden ist.

 

VI. Höchstbeträge

 

Übergang von Veranlagungszeitraum 2008 auf Veranlagungszeitraum 2009

48 Für die Höhe der zulässigen Steuerermäßigung nach den zum 1. 1. 2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen (vgl. hierzu Rdnrn. 1 bis 3) kommt es nach § 52 Abs. 50b Satz 4 und 5  EStG darauf an, wann die den Aufwendungen zugrunde liegende Leistung erbracht worden ist. Danach gilt der erhöhte Förderbetrag erstmals für Aufwendungen, die im Veranlagungszeitraum 2009 bezahlt und deren zu Grunde liegende Leistungen nach dem 31. 12. 2008 erbracht worden sind. Die höheren Förderbeträge sind daher z. B. nicht zu gewähren, wenn

  • haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen 2008 erbracht worden sind, die Rechnung aber erst im Veranlagungszeitraum 2009 bezahlt wurde,
  • im Fall von Wohnungseigentümern und Mietern die Jahresabrechnung 2008 erst im Jahr 2009 durch die Eigentümerversammlung genehmigt worden ist (s. Rdnr. 42), die zugrunde liegenden Leistungen aber schon 2008 erbracht wurden.

In diesen Fällen richtet sich die Steuerermäßigung auch im Veranlagungszeitraum 2009 noch nach den Höchstbeträgen des § 35a EStG a. F. Sind dem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 2009 weitere nach § 35a EStG begünstigte Aufwendungen entstanden, bei denen sowohl die Durchführung als auch die Bezahlung der Leistung erst 2009 erfolgte, richtet sich die Bemessung der Steuermäßigung für diese Aufwendungen nach § 35a EStG i. d. F. des FamLeistG. Die für Maßnahmen aus dem Veranlagungszeitraum 2008 im Veranlagungszeitraum 2009 geltend zu machenden Aufwendungen einschließlich der für den Veranlagungszeitraum 2009 zu gewährenden Steuerermäßigungsbeträge dürfen die jeweiligen Höchstbeträge nach § 35a EStG i. d. F. des FamLeistG insgesamt nicht überschreiten. Auf den für den Veranlagungszeitraum 2009 maßgebenden Höchstbetrag nach § 35a Abs. 3 EStG von 1.200 Euro werden ggf. im Jahr 2009 in Anspruch genommene Steuerermäßigungsbeträge für Handwerkerleistungen aus 2008, max. also bis 600 Euro, angerechnet. Es ist nicht möglich, im Jahr 2009 beide Höchstbetragsregelungen für Handwerkerleistungen kumulativ in Anspruch zu nehmen. Bei Aufwendungen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen gilt Entsprechendes. Zur mehrfachen Inanspruchnahme der Steuerermäßigungen s. im Übrigen Rdnr. 51.

 

Zwölftelungsregelung

49 Bis einschl. Veranlagungszeitraum 2008 mindern sich die Höchstbeträge nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG a. F. für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach § 35a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht vorgelegen haben, um ein Zwölftel. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Staat erst im Laufe eines Kalenderjahres der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum beigetreten ist. Diese Zwölftelungsregelung ist im Rahmen der Vereinheitlichung und Zusammenfassung (vgl. Rdnrn. 2, 3) ab dem Veranlagungszeitraum 2009 weggefallen.

 

Haushaltsbezogene Inanspruchnahme

50 Die Höchstbeträge nach § 35a EStG können nur haushaltsbezogen in Anspruch genommen werden ( § 35a Abs. 5 Satz 4 EStG , § 35a Abs. 3 EStG a. F.). Leben z. B. zwei Alleinstehende im gesamten Veranlagungszeitraum in einem Haushalt und sind beide Arbeitgeber im Rahmen eines haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisses oder Auftraggeber haushaltsnaher Dienstleistungen, von Pflege- und Betreuungsleistungen oder von Handwerkerleistungen, kann jeder seine tatsächlichen Aufwendungen grundsätzlich nur bis zur Höhe des hälftigen Abzugshöchstbetrages geltend machen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn beide einvernehmlich eine andere Aufteilung wählen und dies gegenüber dem Finanzamt anzeigen. Das gilt auch für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

 

VII. Mehrfache Inanspruchnahme der Steuerermäßigungen

51 Neben der Steuerermäßigung für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i. S. d. § 8a SGB IV kann der Steuerpflichtige auch die Steuerermäßigung für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis beanspruchen. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG a. F. vor, ist für das hiernach förderbare Beschäftigungsverhältnis die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 und 2  EStG a. F. ausgeschlossen ( § 35a Abs. 2 Satz 4 EStG a. F.). Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 sind die Fördertatbestände – abgesehen von der Steuerermäßigung für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i. S. d. § 8a SGB IV ( § 35a Abs. 1 EStG ) und der Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen ( § 35a Abs. 3 EStG ) – vereinheitlicht und zusammengefasst worden; nach § 35a Abs. 2 EStG können für die anderen haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen zusammengefasst und einheitlich auf Antrag 20 Prozent der gesamten begünstigten Aufwendungen, höchstens insgesamt 4 000 Euro als Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden. Die Förderung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie der Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind, sind in diesem Höchstbetrag mit aufgegangen ( § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG ).

 

VIII. Anrechnungsüberhang

52 Entsteht bei einem Steuerpflichtigen infolge der Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a EStG ein sog. Anrechnungsüberhang, kann der Steuerpflichtige weder die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer in Höhe dieses Anrechnungsüberhangs noch die Feststellung einer rück- oder vortragsfähigen Steuerermäßigung beanspruchen ( BFH, Urteil vom 29. 1. 2009 , BStBl 2009 II S. 411).

 

Elterngeld | Ausschluss ausländischer Staatsangehöriger mit Aufenthaltstiteln (BVerfG)

Der Ausschluss ausländischer Staatsangehöriger mit humanitären Aufenthaltstiteln vom Bundeserziehungsgeld und vom Bundeselterngeld ist verfassungswidrig. Das BVerfG hat die entsprechenden Vorschriften daher wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und gegen das Verbot der geschlechtsbezogenen Diskriminierung für nichtig erklärt (BVerfG, Beschluss v. 10.7.2012 – 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10 1 BvL 3/11; veröffentlicht am 29.8.2012). 

Hintergrund: Nach dem bis zum 31.12.2006 geltenden Bundeserziehungsgeldgesetz in der hier maßgeblichen Fassung von 2006 (BErzGG) und dem am 1.1. 2007 in Kraft getretenen Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)  ist die Gewährung von Erziehungs- bzw. Elterngeld an ausländische  Staatsangehörige davon abhängig, über welche Art von Aufenthaltstiteln  die Betroffenen verfügen (§ 1 Abs. 6 BErzGG und § 1 Abs. 7 BEEG). Die zum unbefristeten Aufenthalt berechtigende Niederlassungserlaubnis führt  immer zur Anspruchsberechtigung. Hingegen sind die Inhaber einer befristeten Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nur dann anspruchsberechtigt, wenn die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Vom Anspruch auf Erziehungs- oder Elterngeld auch dann grds. ausgenommen sind allerdings ausländische Staatsangehörige, denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt ist. Für die Inhaber solcher humanitärer Aufenthaltserlaubnisse gilt jedoch eine Rückausnahmeregelung, wonach sie dann einen Anspruch auf Erziehungs- oder Elterngeld haben, wenn sie sich seit mindestens drei Jahren  rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und eines der in § 1 Abs. 6 Nr. 3b BErzGG bzw. § 1 Abs. 7 Nr. 3b BEEG genannten Merkmale der Arbeitsmarktintegration erfüllen, das heißt im Bezugszeitraum entweder im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, Arbeitslosengeld I beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen.

Sachverhalt: Die Kläger des Ausgangsverfahrens verfügten während des streitigen Zeitraums über humanitäre Aufenthaltstitel, waren zur Erwerbstätigkeit berechtigt und erfüllten auch das Aufenthaltserfordernis, nicht jedoch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Nr. 3b BErzGG bzw. § 1 Abs. 7 Nr. 3b BEEG. Ihre auf Gewährung von  Erziehungs- bzw. Elterngeld gerichteten Klagen führten zur Vorlage durch das Bundessozialgericht, das die Regelungen in § 1 Abs. 6 Nr. 3b BErzGG  und § 1 Abs. 7 Nr. 3b BEEG für unvereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz hält.

Hierzu führte das BVerfG u.a. aus: Die vorgelegten Regelungen benachteiligen die betroffenen ausländischen Eltern in verfassungswidriger Weise (Art. 3 Abs. 1 GG). Sie verwehren Inhabern humanitärer Aufenthaltstitel, die die genannten Merkmale der Arbeitsmarktintegration nicht erfüllen, eine Leistung, die andere Eltern mit identischem Aufenthaltstitel erhalten. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Die vorgelegten Regelungen verstoßen überdies gegen das Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Sie benachteiligen Frauen im Vergleich zu Männern, weil sie den Anspruch auf Erziehungs- oder Elterngeld von arbeitsmarktbezogenen Voraussetzungen abhängig machen, die Frauen schwerer erfüllen können als Männer. So stehen Frauen aufgrund mutterschutzrechtlicher Vorschriften – anders als Männer – in den ersten acht Wochen nach der Geburt eines Kindes dem Arbeitsmarkt aus rechtlichen Gründen nicht zur Verfügung. Zudem ist stillenden Müttern die Ausübung einer Erwerbstätigkeit praktisch nur unter erschwerten Umständen möglich.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilug v. 29.8.2012

-> Elterngeld Rechner

 

Notarkosten bei Betriebsübertragung an die nächste Generation

Ein neues Musterverfahren des Bundes der Steuerzahler (BdSt) geht der Frage nach, ob Beratungs- und Beurkundungskosten für die Übertragung eines Betriebes an die nächste Generation steuerlich absetzbar sind. Rechtsberatung oder die notarielle Beurkundung von Verträgen verursachen zum Teil hohe Kosten.

Bislang stellt sich die Finanzverwaltung aber quer, diese Kosten im Zusammenhang mit einer vorweggenommenen Erbfolge zu berücksichtigen. Für sie ist die Betriebsübergabe dann ein rein privater Vorgang. Sie verweigert deshalb die steuerliche Anerkennung der Kosten. Nach Ansicht des BdSt sollten Notar- und Rechtsberatungskosten bei Übertragung eines Betriebes oder Betriebsanteils als Betriebsausgabe geltend gemacht werden können. Nun wird das oberste deutsche Steuergericht klären, ob die Steuerzahler die anfallenden Kosten absetzen dürfen.

Hintergrund zum Musterprozess:
Im vorliegenden Fall hatte der Vater Anteile an einer Personengesellschaft auf seinen Sohn übertragen. Die Kosten für die Rechtsberatung und Beurkundung, die in diesem Zusammenhang entstanden sind, will das Finanzamt nicht bei der Personengesellschaft als Betriebsausgabe berücksichtigen. Das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV R 44/12 anhängig. Damit erweitert sich die Liste der BdSt-Musterverfahren wieder um einen Fall mit weitreichender Bedeutung für die Steuerzahler. Bei der stetig wachsenden Zahl der Unternehmensnachfolgen ist eine eindeutige Rechtslage bei der Übertragung eines Betriebes an die nächste Generation wichtig.
Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.

Betrieblicher Schuldzinsenabzug

Das BMF äußert sich zu Bilanzierungskonkurrenz und Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.

Betrieblicher Schuldzinsenabzug nach § 4 Absatz 4a EStG;
Bilanzierungskonkurrenz und Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens

Mit Urteil vom 22. September 2011 (BStBl 2012 II S. 10) hat der BFH entschieden, dass die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts während des Bestehens einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG darstellt, wenn der Vorgang zum Buchwert stattgefunden hat. Mit Urteil vom 23. Februar 2012 (BStBl 2013 II S. 1) hat der BFH entschieden, dass § 4 Absatz 4a Satz 5 EStG auch dann anzuwenden sei, wenn die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens durch die Belastung eines Kontokorrentkontos finanziert wird. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 17. November 2005 (BStBl I S. 1019) unter Berücksichtigung der Änderungen durch das BMF-Schreiben vom 7. Mai 2008 (BStBl I S. 588) sowie der Vereinfachungsregelung durch das BMF-Schreiben vom 4. No vember 2008 (BStBl I S. 957) geändert. Folgende Rdnrn. 10b und 41 werden neu eingefügt, Rdnr. 27 wird wie folgt neu gefasst:

„10b Die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund des Bestehens einer Bilanzierungskonkurrenz stellt weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG dar, wenn der Vor-gang zum Buchwert stattgefunden hat (BFH vom 22. September 2011, BStBl 2012 II S. 10).

Eine geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund des Bestehens einer Bilanzierungskonkurrenz im vorstehenden Sinne liegt u. a. vor, wenn:
a) ein Wirtschaftsgut nach Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ei-nem anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist (BFH vom 22. September 2011, a. a. O.)
b) ein Wirtschaftsgut nach Verschmelzung einem anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist. Beispiel: Zum Betriebsvermögen der A-GmbH gehört eine fremdfinanzierte Beteiligung an der B-GmbH. Die B-GmbH ist ihrerseits an der C-KG als Kommanditistin beteiligt. Weiteres Betriebsvermögen hat die B-GmbH nicht. Die B-GmbH wird auf die A-GmbH verschmol-zen, so dass die A-GmbH nunmehr unmittelbar an der C-KG beteiligt ist. Da die Beteili-gung an der C-KG das einzige Betriebsvermögen der B-GmbH war, wird das Refinanzie-rungsdarlehen, das bisher bei der A-GmbH zu passivieren war, aufgrund des geänderten Finanzierungszusammenhangs nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zum Buchwert in das Sonder-betriebsvermögen der C-KG überführt.

Hierzu ist nicht erforderlich, dass zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ein gesondertes Darlehen aufgenommen wird. Ob Schuldzinsen i. S d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vorliegen, ist ausschließlich nach der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel zu bestimmen. Werden Darlehensmittel zunächst auf ein betriebliches Kontokorrentkonto überwiesen, von dem sodann die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bezahlt werden, oder wird zunächst das Kontokorrentkonto belastet und anschließend eine Umschuldung in ein Darlehen vorgenommen, kann ein Finanzierungszusammenhang mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagever-mögens nur angenommen werden, wenn ein enger zeitlicher und betragsmäßiger Zusammenhang zwischen der Belastung auf dem Kontokorrentkonto und der Darlehensaufnahme be-steht. Dabei wird unwiderlegbar vermutet, dass die dem Kontokorrentkonto gutgeschriebenen Darlehensmittel zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens verwendet werden, wenn diese innerhalb von 30 Tagen vor oder nach Auszahlung der Darlehensmittel tatsächlich über das entsprechende Kontokorrentkonto finanziert wurden. Beträgt der Zeitraum mehr als 30 Tage, muss der Steuerpflichtige den erforderlichen Finanzierungszusammenhang zwischen der Verwendung der Darlehensmittel und der Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nachweisen. Eine Verwendung der Darlehensmittel zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens scheidet aus, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Verwendung der Darlehensmittel bereits abschließend finanziert waren und die erhaltenen Darlehensmittel lediglich das eingesetzte Eigenkapital wieder auffüllen (BFH vom 9. Februar 2010, BStBl 2011 II S. 257).

Werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über ein Kontokorrentkonto finanziert und entsteht oder erhöht sich dadurch ein negativer Saldo des Kontokorrentkontos, sind die dadurch veranlassten Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar. Der Anteil der unbeschränkt abziehbaren Schuldzinsen ist dabei nach der Zinszahlenstaffelmethode oder durch Schätzung zu ermitteln. Entsprechend den Rdnrn. 11 bis 18 des BMF-Schreibens vom 10. November 1993 (BStBl I S. 930) ist für die Ermittlung der als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen der Sollsaldo des Kontokorrentkontos anhand der zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle nach seiner Veranlassung aufzuteilen und sind die Sollsalden des betrieblichen Unterkontos zu ermitteln. Hierbei ist davon auszugehen, dass mit den eingehenden Betriebs-einnahmen zunächst private Schuldenteile, dann die durch sonstige betriebliche Aufwendungen entstandenen Schuldenteile und zuletzt die durch die Investitionen entstandenen Schuldenteile getilgt werden.

 

Steuerklassenwahl bei Ehegatten für das Jahr 2013

BMF: Geändertes Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2013 bei Ehegatten, die beide Arbeitnehmer sind

Ehegatten, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind, nicht dauernd getrennt leben und beide Arbeitslohn beziehen, können bekanntlich für den Lohnsteuerabzug wählen, ob sie beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will. Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge beider Ehegatten in etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte ca. 60 Prozent, der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt. Bei abweichenden Verhältnissen des gemeinsamen Arbeitseinkommens kann es aufgrund des verhältnismäßig niedrigen Lohnsteuerabzugs zu Steuernachzahlungen kommen. Aus diesem Grund besteht bei der Steuerklassenkombination III/V generell die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Zur Vermeidung von Steuernachzahlungen bleibt es den Ehegatten daher unbenommen, sich trotzdem für die Steuerklassenkombination IV/IV zu entscheiden, wenn sie den höheren Steuerabzug bei dem Ehegatten mit der Steuerklasse V vermeiden wollen; dann entfällt jedoch für den anderen Ehegatten die günstigere Steuerklasse III. Zudem besteht die Möglichkeit, die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor zu wählen (siehe „Faktorverfahren“).

(siehe auch online Rechner Steuerklassen bzw. Tipps zu der Steuerklassenwahl)

Um verheirateten Arbeitnehmern die Steuerklassenwahl zu erleichtern, haben das Bundesministerium der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder die in der Anlage beigefügten Tabellen ausgearbeitet. Aus den Tabellen können die Ehegatten nach der Höhe ihrer monatlichen Arbeitslöhne die Steuerklassenkombination feststellen, bei der sie die geringste Lohnsteuer entrichten müssen. Soweit beim Lohnsteuerabzug Freibeträge zu berücksichtigen sind, sind diese vor Anwendung der jeweils in Betracht kommenden Tabelle vom monatlichen Bruttoarbeitslohn abzuziehen.
Die Tabellen erleichtern lediglich die Wahl der für den Lohnsteuerabzug günstigsten Steuerklassenkombination. Ihre Aussagen sind auch nur in den Fällen genau, in denen die Monatslöhne über das ganze Jahr konstant bleiben. Im Übrigen besagt die im Laufe des Jahres einbehaltene Lohnsteuer noch nichts über die Höhe der Jahressteuerschuld. Die vom Arbeitslohn einbehaltenen Beträge an Lohnsteuer stellen im Regelfall nur Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuerschuld dar. In welcher Höhe sich nach Ablauf des Jahres Erstattungen oder Nachzahlungen ergeben, lässt sich nicht allgemein sagen; hier kommt es immer auf die Verhältnisse des Einzelfalles an. Das Finanzamt kann Einkommensteuer-Vorauszahlungen festsetzen, wenn damit zu rechnen ist, dass die Jahressteuerschuld die einzubehaltende Lohnsteuer um mindestens 400 Euro im Kalenderjahr übersteigt. Auf die Erläuterungen im „Kleinen Ratgeber für Lohnsteuerzahler 2013“, der auf der Internetseite der jeweiligen obersten Finanzbehörde des Landes abgerufen werden kann, wird hingewiesen.

Auswirkungen der Steuerklassenwahl oder des Faktorverfahrens
Bei der Wahl der Steuerklassenkombination oder der Anwendung des Faktorverfahrens sollten die Ehegatten daran denken, dass die Entscheidung auch die Höhe der Entgelt-/Lohnersatzleistungen, wie Arbeitslosengeld I, Unterhaltsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Elterngeld und Mutterschaftsgeld oder die Höhe des Lohnanspruchs bei der Altersteilzeit beeinflussen kann. Eine vor Jahresbeginn getroffene Steuerklassenwahl wird bei der Gewährung von Lohnersatzleistungen von der Agentur für Arbeit grundsätzlich anerkannt. Wechseln Ehegatten im Laufe des Kalenderjahres die Steuerklassen, können sich bei der Zahlung von Entgelt-/Lohnersatzleistungen (z. B. wegen Arbeitslosigkeit eines Ehegatten oder Inanspruchnahme von Altersteilzeit) unerwartete Auswirkungen ergeben. Deshalb sollten Arbeitnehmer, die damit rechnen, in absehbarer Zeit eine Entgelt-/Lohnersatzleistung für sich in Anspruch nehmen zu müssen oder diese bereits beziehen, vor der Neuwahl der Steuerklassenkombination bzw. der Anwendung des Faktorverfahrens zu deren Auswirkung auf die Höhe der Entgelt-/Lohnersatzleistung den zuständigen Sozialleistungsträger bzw. den Arbeitgeber befragen.

1 Im geänderten Merkblatt für das Jahr 2013 ist die Anhebung des Grundfreibetrags auf 8 130 Euro durch das Gesetz zum Abbau der kalten Progression berücksichtigt.

2 aktives Beschäftigungsverhältnis, keine Versorgungsbezüge

Zuständige Behörde für die Anträge
Anträge zum Steuerklassenwechsel oder zur Anwendung des Faktorverfahrens sind an das Finanzamt zu richten, in dessen Bezirk die Ehegatten im Zeitpunkt der Antragstellung ihren Wohnsitz haben. Die Steuerklasse ist eines der für den Lohnsteuerabzug maßgebenden Lohnsteuerabzugsmerkmale. Im Kalenderjahr 2013 gilt die im Kalenderjahr 2012 verwendete Steuerklasse weiter. Soll diese Steuerklasse nicht zur Anwendung kommen, kann eine andere Steuerklasse oder abweichende Steuerklassenkombination beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Weil ein solcher Antrag nicht als Wechsel der Steuerklassen gilt, geht das Recht, einmal jährlich die Steuerklasse zu wechseln, nicht verloren. Für das Faktorverfahren gilt dies entsprechend.

Ein Steuerklassenwechsel oder die Anwendung des Faktorverfahrens im Laufe des Jahres 2013 kann in der Regel nur einmal, und zwar spätestens bis zum 30. November 2013, beim Wohnsitzfinanzamt beantragt werden. Nur in den Fällen, in denen im Laufe des Jahres 2013 ein Ehegatte keinen Arbeitslohn mehr bezieht (z. B. Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis) oder verstirbt, kann das Wohnsitzfinanzamt bis zum 30. November 2013 auch noch ein weiteres Mal einen Steuerklassenwechsel vornehmen oder das Faktorverfahren anwenden. Das Gleiche gilt, wenn ein Ehegatte nach vorangegangener Arbeitslosigkeit wieder Arbeitslohn bezieht, nach einer Elternzeit das Dienstverhältnis wieder aufnimmt oder wenn sich die Ehegatten im Laufe des Jahres auf Dauer trennen.
Der Antrag ist von beiden Ehegatten gemeinsam, mit dem beim Finanzamt erhältlichen Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten“ oder in Verbindung mit der Berücksichtigung eines Freibetrags auf dem amtlichen Vordruck „Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung“ bzw. „Vereinfachter Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung“ zu beantragen. Bei der Wahl des Faktorverfahrens sind zusätzlich die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Jahres 2013 aus den ersten Dienstverhältnissen anzugeben.

Steuerklassenwahl
Für die Ermittlung der Lohnsteuer sind zwei Tabellen zur Steuerklassenwahl aufgestellt worden.

• Die Tabelle I ist zu benutzen, wenn der höher verdienende Ehegatte in allen Zweigen sozialversichert ist (z. B. auch bei Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und freiwilliger Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung).

• Die Tabelle II ist zu benutzen, wenn der höher verdienende Ehegatte in keinem Zweig sozialversichert ist und keinen steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers zur Kranken- und Pflegeversicherung erhält (z. B. privat krankenversicherte Beamte).

Ist einer der Ehegatten nicht in allen Zweigen sozialversichert (z. B. rentenversicherungspflichtiger, privat krankenversicherter Arbeitnehmer) oder einer der Ehegatten in keinem Zweig sozialversichert, jedoch zuschussberechtigt (z. B. nicht rentenversicherungspflichtiger, privat krankenversicherter Arbeitnehmer mit steuerfreiem Zuschuss des Arbeitgebers zur Kranken- und Pflegeversicherung), führt die Anwendung der Tabellen zu unzutreffenden Ergebnissen.

Beide Tabellen gehen vom monatlichen Arbeitslohn A3 des höher verdienenden Ehegatten aus. Dazu wird jeweils der monatliche Arbeitslohn B3 des geringer verdienenden Ehegatten angegeben, der bei einer Steuerklassenkombination III (für den höher verdienenden Ehegatten) und V (für den geringer verdienenden Ehegatten) grds. nicht überschritten werden darf, wenn der geringste Lohnsteuerabzug erreicht werden soll. Die Spalten 2 und 5 sind maßgebend, wenn der geringer verdienende Ehegatte in allen Zweigen sozialversichert ist; ist der geringer verdienende Ehegatte in keinem Zweig sozialversichert und hat keinen steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten, sind die Spalten 3 und 6 maßgebend. Übersteigt der monatliche Arbeitslohn des geringer verdienenden Ehegatten den nach den Spalten 2, 3 oder 5 und 6 der Tabellen in Betracht kommenden Betrag, führt die Steuerklassenkombination IV/IV für die Ehegatten grds. zu einem geringeren oder zumindest nicht höheren Lohnsteuerabzug als die Steuerklassenkombination III/V.

Beispiele:

1. Ein Arbeitnehmer-Ehepaar, beide in allen Zweigen sozialversichert, bezieht Monatslöhne (nach Abzug etwaiger Freibeträge) von 3.000 € und 1.700 €. Da der Monatslohn des geringer verdienenden Ehegatten den, nach dem Monatslohn des höher verdienenden Ehegatten in der Spalte 2 der Tabelle I ausgewiesenen Betrag von 2.149 € nicht übersteigt, führt in diesem Falle die Steuerklassenkombination III/V zur geringsten Lohnsteuer.
Vergleich der Lohnsteuerabzugsbeträge:
a) Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse III 230,50 €
für 1.700 € nach Steuerklasse V 346,16 €
insgesamt also 576,66 €
b) Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse IV 466,25 €
für 1.700 € nach Steuerklasse IV 145,91 €
insgesamt also 612,16 €

2. Würde der Monatslohn des geringer verdienenden Ehegatten 2.500 € betragen, so würde die Steuerklassenkombination IV/IV insgesamt zur geringsten Lohnsteuer führen.
Vergleich der Lohnsteuerabzugsbeträge:
a) Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse III 230,50 €
für 2.500 € nach Steuerklasse V 602,83 €
insgesamt also 833,33 €
b) Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse IV 466,25 €
für 2.500 € nach Steuerklasse IV 335,58 €
insgesamt also 801,83 €

Faktorverfahren
Anstelle der Steuerklassenkombination III/V können Arbeitnehmer-Ehegatten auch die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor wählen. Durch das Faktorverfahren wird erreicht, dass bei jedem Ehegatten die steuerentlastenden Vorschriften (insbesondere der Grundfreibetrag) beim eigenen Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden (Anwendung der Steuerklasse IV). Mit dem Faktor 0,… (stets kleiner als eins) wird außerdem die steuermindernde Wirkung des Splittingverfahrens beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt. Der Antrag kann beim Finanzamt formlos oder in Verbindung mit dem förmlichen Antrag auf Eintragung eines Freibetrags gestellt werden. Dabei sind die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Jahres 2013 aus den ersten Dienstverhältnissen anzugeben. Das Finanzamt berechnet danach den Faktor mit drei Nachkommastellen ohne Rundung und trägt ihn jeweils zur Steuerklasse IV ein. Der Faktor wird wie folgt berechnet: voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren („Y“) geteilt durch die Summe der Lohnsteuer für die Arbeitnehmer-Ehegatten gemäß Steuerklasse IV („X“). Ein etwaiger Freibetrag wird hier nicht gesondert berücksichtigt, weil er bereits in die Berechnung der voraussichtlichen Einkommensteuer im Splittingverfahren einfließt. Die Arbeitgeber der Ehegatten ermitteln die Lohnsteuer nach Steuerklasse IV und mindern sie durch Multiplikation mit dem entsprechenden Faktor.

Die Höhe der steuermindernden Wirkung des Splittingverfahrens hängt von der Höhe der Lohnunterschiede ab. Mit dem Faktorverfahren wird der Lohnsteuerabzug der voraussichtlichen Jahressteuerschuld sehr genau angenähert. Damit können höhere Nachzahlungen (und ggf. auch Einkommensteuer-Vorauszahlungen) vermieden werden, die bei der Steuerklassenkombination III/V auftreten können. In solchen Fällen ist die Summe der Lohnsteuer im Faktorverfahren dann folgerichtig höher als bei der Steuerklassenkombination III/V. Grundsätzlich führt die Steuerklassenkombination IV/IV-Faktor zu einer erheblich anderen Verteilung der Lohnsteuer zwischen den Ehegatten als die Steuerklassenkombination III/V. Die Ehegatten sollten daher beim Faktorverfahren – ebenso wie bei der Steuerklassenkombination III/V – daran denken, dass dies die Höhe der Entgelt-/Lohnersatzleistungen oder die Höhe des Lohnanspruchs bei Altersteilzeit beeinflussen kann (s. oben). Das Bundesministerium der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder halten auf ihren Internetseiten neben dem Lohnsteuerrechner auch eine Berechnungsmöglichkeit für den Faktor bereit, damit die Arbeitnehmer-Ehegatten die steuerlichen Auswirkungen der jeweiligen Steuerklassenkombination prüfen können.

Wie bei der Wahl der Steuerklassenkombination III/V sind die Arbeitnehmer-Ehegatten auch bei der Wahl des Faktorverfahrens verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einzureichen.

Beispiel zur Ermittlung und Anwendung des Faktors:
Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV:
Arbeitnehmer-Ehegatte A: für 36.000 € (monatlich 3.000 € x 12) = 5.595 €
Arbeitnehmer-Ehegatte B: für 20.400 € (monatlich 1.700 € x 12) = 1.751 €.
Summe der Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV (entspricht „X“) beträgt 7.346 €.
Die voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren (entspricht „Y“) beträgt 7.138 €.
Der Faktor ist Y geteilt durch X, also 7.138 € : 7.346 € = 0,971
(Der Faktor wird mit drei Nachkommastellen berechnet und nur eingetragen, wenn er kleiner als 1 ist).
Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV mit Faktor 0,971:
Arbeitnehmer-Ehegatte A für 36.000 € (5.595 € x 0,971) = 5.432 €
Arbeitnehmer-Ehegatte B für 20.400 € (1.751 € x 0,971) = 1.700 €
Summe der Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor 0,971 = 7.132 €.
Im Beispielsfall führt die Einkommensteuerveranlagung:
– bei der Steuerklassenkombination III/V zu einer Nachzahlung in Höhe von 218 € (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren 7.138 € – Summe Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination III/V 6.920 € [2.766 € + 4.154 €]),
– bei der Steuerklassenkombination IV/IV zu einer Erstattung in Höhe von 208 € (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren 7.138 € – Summe Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV 7.346 €),
– bei der Steuerklassenkombination IV/IV-Faktor weder zu einer hohen Nachzahlung noch zu einer Erstattung (in diesem Fall nur Rundungsdifferenz in Höhe von 6 €; voraussichtliche Einkommensteuer Splittingverfahren 7.138 € – Summe der Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV mit Faktor 7.132 €).

Die Lohnsteuer ist im Faktorverfahren wesentlich anders verteilt (5.432 € für A und 1.700 € für B) als bei der Steuerklassenkombination III/V (2.766 € für A und 4.154 € für B). Die Lohnsteuerverteilung im Faktorverfahren entspricht der familienrechtlichen Verteilung der Steuerlast im Innenverhältnis der Ehegatten.

Grunderwerbsteuer Steuerschuldner

Finanzministerium Baden-Württemberg
Schreiben vom: 18.12.2012
Aktenzeichen: 3 – S 453./5/3
Eingestellt am: 18.01.2013

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Grunderwerbsteuer – Anzahl der Steuerschuldner

1. In folgenden Fällen sind mindestens zwei Steuerschuldner vorhanden:

– Beim rechtsgeschäftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), nämlich der Käufer und der Verkäufer, beim Tausch die Tauschpartner, beim Einbringen der Einbringende und der Empfänger (Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Auflage, § 13 Rz. 2);

– beim Vertrag zugunsten eines Dritten der Verkäufer und der Käufer. Der Dritte ist nicht Steuerschuldner (Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 5);

– bei der Umwandlung und der Anwachsung sind zwar grundsätzlich zwei Steuerschuldner vorhanden, jedoch geht die Steuerschuld auf den Rechtsnachfolger über (§ 45 Abs. 1 AO), sodass am Ende nur ein Steuerschuldner verbleibt (Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 33);

– bei der Auflassung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) der Auflassende und der Auflassungsempfänger (Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 15);

– beim Eigentumserwerb kraft Gesetzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) – ausgenommen Enteignungsverfahren – der bisherige Eigentümer und der Erwerber (Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 17);

– bei der Anteilsvereinigung innerhalb eines Organkreises (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG), und zwar alle Mitglieder des Organkreises (Boruttau, GrEStG, 17. Auflage, § 13 Rz. 42; Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 19) – bis auf die Organmutter, es sei denn, dass diese selbst Anteile an der Gesellschaft hält und so zur Anteilsvereinigung „beiträgt” (Hofmann, GrEStG, 9. Auflage, § 13 Rz. 16);

– bei der Übertragung der schon in einer Hand vereinigten Anteile auf einen anderen Erwerber (§ 1 Abs. 3 Nrn. 3 und 4 GrEStG) der bisherige Anteilsinhaber und der Anteilserwerber (Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 14);

– bei der gemischten Schenkung bzw. Schenkung unter einer Auflage die Vertragspartner des Schenkungsvertrages (Hofmann a. a. O., § 13 Rz. 3).

Nach oben

2. In folgenden Fällen ist nur ein Steuerschuldner vorhanden:

– Beim Erwerb im Enteignungsverfahren ▶ Erwerber (§ 13 Nr. 3 GrEStG);

– beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren ▶ Meistbietender (§ 13 Nr. 4 GrEStG);

– bei der Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot nach § 1 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 GrEStG ▶ Benennungsberechtigter (Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 13);

– bei Änderung des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG ▶ Personengesellschaft (§ 13 Nr. 6 GrEStG);

– bei der Vereinigung von mindestens 95 v. H. aller Anteile einer Gesellschaft in einer Hand ▶ Erwerber (§ 13 Nr. 5a GrEStG).

3. Besondere Fälle

– Miteigentümer

Erwerben mehrere Personen (z. B. Eheleute) ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum (= Miteigentum), so schuldet jeder Erwerber nur die auf seinen Anteil entfallende Steuer. Die Miteigentümer sind untereinander nicht Gesamtschuldner (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1994, BStBl 1995 II S. 174). Das gilt entsprechend für die auf der Veräußererseite beteiligten Miteigentümer (Hofmann a. a. O., § 13 Rz. 5).

– Einheitliche Verträge

Bei einheitlichen Verträgen ist der Bauunternehmer, der mit dem Grundstückserwerber nur einen Bauerrichtungsvertrag abschließt, nicht Schuldner der auf die Bauleistungen entfallenden Grunderwerbsteuer ( BFH-Urteil vom 27. Oktober 1999, II R 17/99, BStBl 2000 II S. 34), wohl aber (neben dem Erwerber) auch der Grundstücksveräußerer für die gesamte Steuer (Hofmann a. a. O., § 13 Rz. 6, Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 6).

– Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Erwirbt eine GbR ein Grundstück, so ist sie selbst – nicht ihre Gesellschafter – Schuldnerin der Grunderwerbsteuer . Der Bescheid ist an die Gesellschaft als solche zu richten. Falls die GbR sich einen Namen zugelegt hat, ist dieser im Bescheid anzugeben; andernfalls müssen die Gesellschafter als solche benannt werden (Pahlke/Franz a. a. O., § 13 Rz. 22). Die Bekanntgabe des Bescheids richtet sich nach dem AEAO zu § 122 AO, Tz. 2.4.1.2, 2.4.1.3., AO-Handbuch 2012.

– Haftung der Gesellschafter einer GbR

Der Gesellschafter einer GbR haftet nach § 191 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 128 HGB (analog) für die Grunderwerbsteuerschuld der Gesellschaft (Hofmann a. a. O., § 13 Rz. 28). Die Haftung ist – soweit sie in Betracht kommt – durch Haftungsbescheid geltend zu machen (AO-Kartei zu § 191 AO).

Ich bitte, die Finanzämter entsprechend zu unterrichten und den Erlass in geeigneter Form in die Grunderwerbsteuer -Kartei aufzunehmen.