Betrieblicher Schuldzinsenabzug

Das BMF äußert sich zu Bilanzierungskonkurrenz und Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.

Betrieblicher Schuldzinsenabzug nach § 4 Absatz 4a EStG;
Bilanzierungskonkurrenz und Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens

Mit Urteil vom 22. September 2011 (BStBl 2012 II S. 10) hat der BFH entschieden, dass die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts während des Bestehens einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG darstellt, wenn der Vorgang zum Buchwert stattgefunden hat. Mit Urteil vom 23. Februar 2012 (BStBl 2013 II S. 1) hat der BFH entschieden, dass § 4 Absatz 4a Satz 5 EStG auch dann anzuwenden sei, wenn die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens durch die Belastung eines Kontokorrentkontos finanziert wird. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 17. November 2005 (BStBl I S. 1019) unter Berücksichtigung der Änderungen durch das BMF-Schreiben vom 7. Mai 2008 (BStBl I S. 588) sowie der Vereinfachungsregelung durch das BMF-Schreiben vom 4. No vember 2008 (BStBl I S. 957) geändert. Folgende Rdnrn. 10b und 41 werden neu eingefügt, Rdnr. 27 wird wie folgt neu gefasst:

„10b Die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund des Bestehens einer Bilanzierungskonkurrenz stellt weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG dar, wenn der Vor-gang zum Buchwert stattgefunden hat (BFH vom 22. September 2011, BStBl 2012 II S. 10).

Eine geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund des Bestehens einer Bilanzierungskonkurrenz im vorstehenden Sinne liegt u. a. vor, wenn:
a) ein Wirtschaftsgut nach Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ei-nem anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist (BFH vom 22. September 2011, a. a. O.)
b) ein Wirtschaftsgut nach Verschmelzung einem anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist. Beispiel: Zum Betriebsvermögen der A-GmbH gehört eine fremdfinanzierte Beteiligung an der B-GmbH. Die B-GmbH ist ihrerseits an der C-KG als Kommanditistin beteiligt. Weiteres Betriebsvermögen hat die B-GmbH nicht. Die B-GmbH wird auf die A-GmbH verschmol-zen, so dass die A-GmbH nunmehr unmittelbar an der C-KG beteiligt ist. Da die Beteili-gung an der C-KG das einzige Betriebsvermögen der B-GmbH war, wird das Refinanzie-rungsdarlehen, das bisher bei der A-GmbH zu passivieren war, aufgrund des geänderten Finanzierungszusammenhangs nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zum Buchwert in das Sonder-betriebsvermögen der C-KG überführt.

Hierzu ist nicht erforderlich, dass zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ein gesondertes Darlehen aufgenommen wird. Ob Schuldzinsen i. S d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vorliegen, ist ausschließlich nach der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel zu bestimmen. Werden Darlehensmittel zunächst auf ein betriebliches Kontokorrentkonto überwiesen, von dem sodann die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bezahlt werden, oder wird zunächst das Kontokorrentkonto belastet und anschließend eine Umschuldung in ein Darlehen vorgenommen, kann ein Finanzierungszusammenhang mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagever-mögens nur angenommen werden, wenn ein enger zeitlicher und betragsmäßiger Zusammenhang zwischen der Belastung auf dem Kontokorrentkonto und der Darlehensaufnahme be-steht. Dabei wird unwiderlegbar vermutet, dass die dem Kontokorrentkonto gutgeschriebenen Darlehensmittel zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens verwendet werden, wenn diese innerhalb von 30 Tagen vor oder nach Auszahlung der Darlehensmittel tatsächlich über das entsprechende Kontokorrentkonto finanziert wurden. Beträgt der Zeitraum mehr als 30 Tage, muss der Steuerpflichtige den erforderlichen Finanzierungszusammenhang zwischen der Verwendung der Darlehensmittel und der Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nachweisen. Eine Verwendung der Darlehensmittel zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens scheidet aus, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Verwendung der Darlehensmittel bereits abschließend finanziert waren und die erhaltenen Darlehensmittel lediglich das eingesetzte Eigenkapital wieder auffüllen (BFH vom 9. Februar 2010, BStBl 2011 II S. 257).

Werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über ein Kontokorrentkonto finanziert und entsteht oder erhöht sich dadurch ein negativer Saldo des Kontokorrentkontos, sind die dadurch veranlassten Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar. Der Anteil der unbeschränkt abziehbaren Schuldzinsen ist dabei nach der Zinszahlenstaffelmethode oder durch Schätzung zu ermitteln. Entsprechend den Rdnrn. 11 bis 18 des BMF-Schreibens vom 10. November 1993 (BStBl I S. 930) ist für die Ermittlung der als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen der Sollsaldo des Kontokorrentkontos anhand der zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle nach seiner Veranlassung aufzuteilen und sind die Sollsalden des betrieblichen Unterkontos zu ermitteln. Hierbei ist davon auszugehen, dass mit den eingehenden Betriebs-einnahmen zunächst private Schuldenteile, dann die durch sonstige betriebliche Aufwendungen entstandenen Schuldenteile und zuletzt die durch die Investitionen entstandenen Schuldenteile getilgt werden.