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Laufende Zahlungen eines Elternteil auf rückständige Unterhaltsansprüche des Kindes sind nicht als Unterhaltsrente im Sinne des § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG anzusetzen.

Rechtsprechung der niedersächsischen Justiz

Dokumentansicht

Bestimmung des Kindergeldberechtigten

Laufende Zahlungen eines Elternteil auf rückständige Unterhaltsansprüche des Kindes sind nicht als Unterhaltsrente im Sinne des § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG anzusetzen.

Revision eingelegt – BFH-Az.: III R 57/13

Niedersächsisches Finanzgericht 3. Senat, Urteil vom 26.09.2013, 3 K 158/13

§ 1612 Abs 1 S 1 BGB, § 1612 Abs 3 S 1 BGB, § 64 Abs 3 S 2 EStG

Tatbestand

1
Streitig ist noch, ob der Klägerin Kindergeld für den Zeitraum von August bis November 2012 zusteht.

2
Die Tochter der Klägerin (A) bemühte sich nach dem Erreichen der Fachhochschulreife im Sommer 2012 weiter um einen Ausbildungsplatz. Sie bezog zum August 2012 eine eigene Wohnung und erhielt laufend Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des Kindergeldes. Die Tochter gab insoweit an, dass der Landkreis X, dort das Jobcenter X, ihr das „Kindergeld vorgestreckt“ habe. Der Landkreis X machte mit Schreiben vom 28. August 2012 Erstattungsansprüche nach § 102 ff. SGB X geltend.

3
Die Familienkasse lehnte den Antrag auf Kindergeld zunächst mangels nachgewiesener Bewerbungsbemühungen ab. Im Einspruchsverfahren erfuhr die Familienkasse, dass die Tochter der Klägerin mit anwaltlicher Hilfe aus einer Urkunde über die Verpflichtung zum Unterhalt vom November 1999 und einer Urkunde zur Abänderung eines Unterhaltstitels vom Mai 2002 gegen ihren Vater Ansprüche auf rückständigen Unterhalt für die Zeit bis zu ihrer Volljährigkeit in Höhe von rund 16.000 € zzgl. Anwaltskosten etc. geltend gemacht hatte. Der Vater hatte daraufhin zur Vermeidung der Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung – im Streitzeitraum – ab August 2012 monatliche Zahlungen in Höhe von 200 € an die Tochter erbracht. Die Familienkasse vertrat daraufhin die Rechtsansicht, diese Zahlungen seien als Unterhaltsrente im Sinne des § 64 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen. Da die Klägerin ihrerseits keine Unterhaltsrente an die Tochter zahle, sei sie nicht kindergeldberechtigt. Dagegen richtet sich die Klage.

4
Die Klägerin ist der Ansicht, Zahlungen auf rückständigen Unterhalt seien nicht als Unterhaltsrente zu berücksichtigen. Sodann stehe ihr gemäß § 64 Abs. 3 Satz 3 EStG das Kindergeld zu, da sie von den Berechtigten dazu bestimmt worden sei, das Kindergeld zu erhalten.

5
Die Klägerin beantragt,

6
den Bescheid über die Ablehnung des Kindergeldes für die Tochter A ab August 2012 vom 31. Oktober 2012 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 26. März 2013 dahingehend zu ändern, dass die Beklagte verpflichtet wird, für A für den Zeitraum von August 2012 bis April 2013 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

7
Die Beklagte beantragt,

8
die Klage abzuweisen

9
und hält daran fest, dass als Barunterhalt jede laufende und regelmäßige Zahlung zu verstehen sei, wenn es sich wiederkehrend um in etwa in gleichen zeitlichen Abständen geleistete Geldbeträge handele. Im Streitfall seien vom Vater unstreitig, wenn auch nachträglich, laufend Unterhaltszahlungen erbracht worden. Die Klägerin habe selbst keinen Barunterhalt geleistet. Dies schließe die Klägerin gemäß § 64 Abs. 3 EStG als Kindergeldberechtigte aus, auch wenn im Übrigen – ebenfalls unstreitig – für die Tochter ein Kindergeldanspruch für den Zeitraum von August bis November 2012 bestehe. Auch der BFH stelle lediglich auf laufende Zahlungen ab und halte es für unerheblich, für welchen Zeitraum Unterhalt gezahlt werde.

 

Entscheidungsgründe

10
Die Klage ist hinsichtlich des Kindergeldes für den Zeitraum von August 2012 bis November 2012 begründet und im Übrigen unbegründet.

11
1. Kindergeld für August 2012 bis November 2012:

12
Die Klägerin hat gemäß § 64 Abs. 3 Satz 3 EStG für den vorgenannten Zeitraum Anspruch auf Kindergeld für A, da keiner der Eltern die Tochter in ihren Haushalt aufgenommen hatte, keiner der Eltern dem Kind eine Unterhaltsrente zahlte und die Eltern die Klägerin zur Kindergeldberechtigten bestimmt hatten.

13
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die laufenden Zahlungen des Kindesvaters in Höhe von 200 € monatlich nicht als Unterhaltsrente im Sinne des § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG anzusetzen.

14
Unter dem in § 64 Abs. 3 EStG verwendeten Begriff der Unterhaltsrente fallen nach ständiger Rechtsprechung auch des BFH Unterhaltsleistungen im Sinne des § 1612 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2003 VIII R 67/00, BFH/NV 2004, 934 m.w.N.). Dazu bestimmt das BGB:

15
„§ 1612 BGB  Art der Unterhaltsgewährung

16
(1) 1Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. 2Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen.

17
 (2) 1Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. 2Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

18
 (3) 1Eine Geldrente ist monatlich im Voraus zu zahlen. 2Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt.“

19
Danach handelt es sich gemäß § 1612 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 3 Satz 1 BGB bei Unterhalt um eine monatlich im Voraus zu zahlende – also laufende – Geldrente, die sich dem Grunde und der Höhe nach der Unterhaltsverpflichtung der Eltern einerseits und der Unterhaltsbedürftigkeit der Tochter andererseits richtet.

20
Bei der Regelung des § 64 Abs. 3 EStG geht es um die Bestimmung des (richtigen) Kindergeldberechtigten. Die Norm dient allein der Zuweisung des Kindergeldes an einen Elternteil. Dazu soll die Verknüpfung zwischen der festzulegenden Kindergeldberechtigung einerseits und der Unterhaltsrente andererseits nach der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs 13/1558, S. 165 zu § 3 Abs. 3 BKGG n.F., der § 64 Abs. 3 EStG entspricht) im § 64 Abs. 3 EStG sicherstellen, dass derjenige das Kindergeld erhält, der durch den (laufenden) Kindesunterhalt am meisten belastet ist. Der Gesetzgeber stellt in einem gestuften System – soweit dies hier streiterheblich ist – auf die Höhe der der gezahlten Unterhaltsrente oder in der Diktion des BFH auf die Höhe des „laufenden Barunterhalt“ (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2003 VIII R 67/00, BFH/NV 2004, 934; BFH-Beschlüsse vom 28. Oktober 2004 VIII B 253/04, BFH/NV 2005, 346 und vom 28. Oktober 2005 III B 107/05, BFH/NV 2006, 549 unter II. 2. a aa) der Gründe m.w.N.) ab. Als laufender Barunterhalt wird insoweit der Teil einer laufenden Unterhaltszahlung, der quasi aus der Weiterleitung des Kindergeldes besteht, nicht einbezogen, da der Zahlende insoweit nicht belastet ist (BFH, Urteil vom 2. 6. 2005 III R 66/04, BStBl II 2006, 184). Es kommt darauf an, wer durch die Unterhaltsrente (laufend) finanziell höher belastet ist. Eine nachträglich erbrachte Unterhaltsleistung wirkt sich auf die Bestimmung des Unterhaltsberechtigten gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht aus, da die Regelung des § 64 Abs. 3 Satz 1 EStG ausschließlich auf den „laufenden Barunterhalt“ abstellt (BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2005, aaO., unter II. 2. a aa) der Gründe).

21
Im Streitfall haben die Eltern beide – unstreitig – tatsächlich keinen laufenden Barunterhalt an die Tochter im Sinne des § 1612 BGB gezahlt, ohne dass es durch die Änderung der Vorschrift im Jahre 2000 noch darauf ankäme, ob sie dazu verpflichtet gewesen wären. Es hat aber auch kein Beteiligter geltend gemacht, dass die Tochter noch Ansprüche auf laufenden Unterhalt gegen ihre Eltern gehabt habe. Die Zahlungen hatten ihren Rechtsgrund allein in der Verpflichtung des Vaters zur Nachzahlung des Unterhalts für frühere Jahre (rückständiger Unterhalt). Dies hat die Klägerin im Einzelnen nachgewiesen. Diese Verbindlichkeit belastete den Vater bereits laufend in der Vergangenheit in den Monaten, in denen er diese Leistungen bereits zu erbringen gehabt hätte. Im Sinne der BFH war er durch diese Zahlungen zwar wirtschaftlich im Streitzeitraum belastet; diese Belastung rührte aber gerade nicht von einer Verpflichtung zur Zahlung eines „laufenden Barunterhalts“ her. Dies wäre aber Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher Zahlungen bei der Bestimmung der Kindergeldberechtigung für den Streitzeitraum.

22
Die Rechtsansicht der Beklagten, aus dem BFH-Beschluss im Umkehrschluss folgern zu wollen, dass Zahlungen auf rückständigen Unterhalt zwar nicht im (zurückliegenden) Monat des Rechtsgrundes für die Zahlung aber im Monat der tatsächlichen Zahlung zu berücksichtigen seien, findet weder in der zitierten Entscheidung noch in der gesetzlichen Regelung eine Stütze.

23
Es widerspräche auch dem Wortlaut und Sinne und Zweck des § 64 EStG, wenn man jedwede laufende Zahlung eines Elternteils erfassen wollte. Das Gesetz erfasst nämlich nur eine „Unterhaltsrente“ und hat damit eindeutig eine Beschränkung auf den Rechtsgrund der (laufenden) Zahlung in den Wortlaut der Regelung aufgenommen.

24
Ein erweiterndes Verständnis der Norm wäre geeignet, zu widersprüchlichen Ergebnissen zu führen: Die Unterhaltsverpflichtung des Vaters, auf der die Zahlungen beruhen, betreffen Zeiträume, in denen die Tochter in den Haushalt der Mutter aufgenommen war. Für diese Zeiträume konnte der Vater kein Kindergeld beanspruchen. Wollte man – wie die Beklagte – nunmehr Zahlungen auf rückständigen Unterhalt im Rahmen des § 64 Abs. 3 EStG berücksichtigen, würde der vormals widerrechtlich keinen Unterhalt leistende Elternteil dadurch begünstigt, dass ihm seine späteren Zahlungen eine Kindergeldberechtigung vermitteln würden.

25
Die laufenden Zahlungen des Vaters auf den rückständigen Unterhalt zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung sind danach nicht auf den Streitzeitraum zu beziehen. Danach leisteten beide Elternteile für den Zeitraum August bis November 2012 keine Unterhaltsrenten, so dass ihre untereinander einvernehmlich vorgenommene Berechtigtenbestimmung zugunsten der Klägerin durchgreift.

26
Letztlich ist im Streitfall die aufgeworfene Rechtsfrage – wirtschaftlich betrachtet – letztlich eher theoretischer Natur. In den Fällen, dass beide Eltern keinen Unterhalt zahlen oder zahlen können und ein Sozialleistungsträger für die Eltern einspringen muss, wird die Familienkasse auf Antrag stets eine Abzweigung gemäß § 74 Abs. 1 EStG zu beachten haben. Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten nach § 64 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG hat dann zwar gleichwohl zu erfolgen, diese Entscheidung kann letztlich wirtschaftlich überlagert werden durch eine Anordnung der Familienkasse, das Kindergeld an das Kind oder eine andere Person, die das Kind unterhält, auszuzahlen (vgl. Blümich-Treiber, EStG, § 64 Rz. 54). Im Streitfall hat die Tochter bereits angegeben, vom Landkreis X Sozialleistungen ohne Anrechnung von Kindergeld erhalten zu haben. Der Landkreis X hat auch bereits die Erstattung eine festzusetzen Kindergeldes an sich beantragt. Danach wird die Klägerin voraussichtlich trotz ihres Teilerfolges kein Kindergeld ausgezahlt bekommen.

27
2. Kindergeld für Dezember 2012 bis April 2013:

28
Für den übrigen Zeitraum besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Die Tochter nahm – nach einer erstmals abgeschlossenen Ausbildung als Assistentin für Wirtschaftsinformatik im Jahre 2010 – zum 15. November 2012 eine Beschäftigung mit 30 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit auf. Dies schließt nach der ab dem Jahre 2012 geltenden Fassung des § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG den Anspruch auf Kindergeld aus.

29
3. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs wegen der als Unterhaltsrente zu berücksichtigenden Zahlungen von Elternteilen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das Finanzgericht Münster hat im Urteil vom 23. März 2007 (4 K 1807/05 Kg, EFG 2007, 372) auch rückständigen Unterhalt als Unterhaltsrente im Sinne des § 64 Abs. 3 Satz 3 EStG angesehen, während das FG Hamburg im Urteil vom 16. Februar 2001 (I 289/99, juris) – wie der erkennende Senat – entschieden hat, dass die Zahlung rückständigen Unterhalts nicht bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten einzubeziehen ist.

Az. 3 K 487/12 – Urteil vom 30.10.2013 Rücklage nach § 6c EStG bei der Übertragung von Nutzungsrechten zur Errichtung eines Windparks („überirdischer Bodenschatz“)

Rechtsprechung der niedersächsischen Justiz

Dokumentansicht

Rücklage nach § 6c EStG bei der Übertragung von Nutzungsrechten zur Errichtung eines Windparks (überirdischer Bodenschatz)

1. Ein Nutzungsrecht zur Errichtung eines Windparks kann ein vom Grund und Boden getrenntes, eigenständiges Wirtschaftsgut darstellen.
2. Die Rechtsprechung des BFH zur Qualifizierung eines Bodenschatzes als Wirtschaftsgut ist auch auf Rechte zur überirdischen Nutzung von Grundstücken anzuwenden.
3. Wird von dem Käufer eines Grundstücks eine als Entschädigungsprovision bezeichnete Zahlung an den Verkäufer geleistet, weil ein bereits vor dem Verkauf vereinbartes Nutzungsrecht zur Errichtung eines Windparks auf dem Grundstück in Anspruch genommen wird, handelt es sich nicht um einen nachträglichen Veräußerungserlös für den Grund und Boden, sondern um einen ggf. nicht steuerbaren Kaufpreis für ein eigenständiges Wirtschaftsgut Nutzungsrecht.
4. Eine Rücklage nach § 6c EStG kann insoweit nicht gebildet werden.

Niedersächsisches Finanzgericht 3. Senat, Urteil vom 30.10.2013, 3 K 487/12

§ 350 AO, § 94 BGB, § 5 EStG, § 6b EStG, § 6c EStG

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine an den Kläger geleistete Zahlung als nachträglicher Erlös für die Veräußerung von Grund und Boden qualifiziert und in eine Rücklage nach §§ 6b, 6c des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG) eingestellt werden kann.

2
Der Kläger ist Landwirt und wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Gewinne werden durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und aufgrund des Wirtschaftsjahres vom 1. Juli bis 30. Juni halbjährlich auf die Veranlagungszeiträume verteilt.

3
Mit Datum vom 12. Januar 2007 schloss der Kläger mit der P. Windpark Fonds GmbH & Co. KG (im Folgenden: P.KG) einen Nutzungsvertrag (im Folgenden: Nutzungsvertrag). Vertragszweck war die Überlassung von Flächen zur Errichtung eines Windparks und deren Nutzung zur Energieerzeugung. In § 6 vereinbarten die Parteien ein jährliches Nutzungsentgelt, dessen Zahlung mit Inbetriebnahme des Windparks, spätestens 9 Monate danach, beginnen sollte. Die Höhe des Nutzungsentgeltes wurde nach einem Prozentsatz der Gesamtvergütung festgelegt, sollte jedoch mindestens 15.300 € pro Jahr betragen. Nach § 13 des Nutzungsvertrages verpflichtete sich der Kläger dazu, dass bei einem Eigentümerwechsel der belasteten Fläche in den zugrunde liegenden Übertragungsvertrag eine Klausel aufzunehmen sei, wonach die von ihm eingegangenen Verpflichtungen von dem neuen Eigentümer übernommen werden würden. Eine Genehmigung für die Errichtung des Windparks lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor.

4
Mit notariellem Vertrag vom 18. Dezember 2007 (im Folgenden: der Kaufvertrag) veräußerte der Kläger einen Teil der mit dem Nutzungsrecht belasteten Grundstücksflächen mit einer Gesamtgröße von 161.979 m2. Der Buchwert der veräußerten Flächen betrug 120.779,79 €. Der Bodenrichtwert für land- und forstwirtschaftlich genutzten Grund und Boden betrug zum 1. Januar 2008 0,65 €, so dass der Verkehrswert dieser Grundflächen bei etwa 106.000 € gelegen haben dürfte. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 114.000 € vereinbart. Der Übergang von Nutzen und Lasten fand am 28. Februar 2008 mit der vollständigen Zahlung dieses Kaufpreises statt.

5
In § 3 Buchstabe b) des Kaufvertrages wurden die aus dem Nutzungsvertrag eingegangen Verpflichtungen von dem Käufer übernommen. In § 3 Buchstabe a) wurde für den Fall, dass „die Firma P. […] den vorgenannten Grundbesitz mit Windenergieanlagen bebauen“ sollte, vereinbart, dass der Käufer eine einmalige Entschädigungsprovision in Höhe des mit dem Faktor 11 multiplizierten Jahrespachtpreises an den Kläger zu leisten habe.

6
In der Anlage zu seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 ermittelte der Kläger aus dem Verkauf des Grund und Bodens einen (nichtabzugsfähigen) Verlust i. H. v. (114.000 € ./. 120.779,79 € =) 6.779,79 €.

7
Nachdem die P.KG im Laufe des Jahres 2009 die entsprechende Genehmigung auf dem Gerichtswege erstritten hatte, wurde der von dem Kläger veräußerte Grundbesitz im Zeitraum Oktober 2009 bis März 2010 mit Windparks bebaut und entsprechend der Vereinbarung im Kaufvertrag eine Entschädigungsprovision i. H. v. insgesamt 123.780,35 € in 4 Raten von September bis November 2010 an den Kläger bezahlt.

8
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009, das Streitjahr, legte der Kläger eine Berichtigung der Anlage zu seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 vor und behandelte darin die erhaltene Zahlung i. H. v. 123.780,35 € als nachträgliche Kaufpreiszahlung für den Grund und Boden. Gleichzeitig beantragte er, den dadurch entstandenen Gewinn aus der Veräußerung i. H. v. 117.000,56 € (ebenfalls rückwirkend für das Wirtschaftsjahr 2007/08) in eine Rücklage nach § 6c EStG einzustellen. Von dieser Rücklage sollten für das Wirtschaftsjahr 2008/09 und 2009/10 17.650 € (zzgl. Zinsen i. H. v. 2.118 €) gewinnerhöhend aufgelöst werden.

9
Das beklagte Finanzamt folgte dieser Berechnung bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2009 nicht und qualifizierte die Entschädigungsprovision nicht als nachträglichen Veräußerungserlös für den Grund und Boden, sondern als Entschädigung für die Übertragung der Rechte aus dem Nutzungsvertrag. Da es somit auch nicht die Bildung einer Rücklage zuließ, verminderte es den erklärten Gewinn aus dem Wirtschaftsjahr 2009/10 um (17.650 € + 2.118 € =) 19.768 €.

10
Die von dem Kläger mit 17.649 € erklärten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft minderte der Beklagte um (19.768 € / 2 =) 9.844 € auf 7.805 € und setzte die Einkommensteuer für das Jahr 2009 durch Bescheid vom 1. September 2011 mit 0 € fest.

11
Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger hiergegen Klage erhoben.

12
Sie sind der Auffassung, bei der Entschädigungsprovision handele es sich um eine nachträgliche Kaufpreiszahlung für den Grund und Boden. Das Nutzungsrecht sei untrennbar mit dem Grund und Boden verbunden und könne gar nicht separat veräußert werden. Durch die Errichtung des Windparks habe sich der Wert der Grundflächen erhöht. Im Kaufvertrag habe man daher für diesen Fall eine Nachbesserungsklausel vereinbart, aufgrund derer im Jahr 2009 die Nachzahlung auf den Kaufpreis erfolgt sei.

13
Die Kläger beantragen,

14
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 1. September 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2012 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines um 9.844 € höheren Gewinnes bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft festzusetzen.

15
Der Beklagte beantragt,

16
die Klage abzuweisen.

17
Er ist der Auffassung, die Zahlung der Entschädigungsprovision führe nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Vielmehr sei sie für den Verzicht des Nutzungsrechts gezahlt worden und somit nicht nach § 6c EStG begünstigt. Eine Besteuerung habe bei Zufluss im Wirtschaftsjahr 2010/11 zu erfolgen.

 

Entscheidungsgründe

18
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere liegt – was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – die nach § 350 AO erforderliche Beschwer der Kläger vor.

19
Zwar begehren die Kläger – bei Festsetzung einer Steuer von Null – eine höhere Steuer. In einem solchen Fall kann eine Beschwer aber dann bestehen, wenn sich die höhere Festsetzung, z.B. aufgrund des Bilanzenzusammenhangs, in Folgejahren günstiger auswirkt (BFH-Urteil vom 27. Mai 1981 – I R 123/77, BStBl II 1982, 211). Das ist im Streitfall gegeben. Der Kläger begehrt die Berücksichtigung einer Rücklage nach § 6c EStG, die im Streitjahr zwar teilweise mit gewinnerhöhender Wirkung aufgelöst werden soll, deren grundsätzliche Anerkennung in Folgejahren aber ggf. zu der Möglichkeit führt, ansonsten steuerpflichtige Veräußerungsgewinne auf dann angeschafften Grund und Boden zu übertragen. Darüber hinaus schlösse die zutreffende Bildung der Rücklage für das Streitjahr die Besteuerung der im Jahr 2010 geleisteten Zahlungen im Wirtschaftsjahr 2010/11 aus.

20
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die im Jahr 2010 an den Kläger geleisteten Zahlungen sind nicht als nachträgliche Kaufpreiszahlung für den im Jahr 2008 veräußerten Grund und Boden zu qualifizieren und berechtigten daher nicht zur Bildung einer Rücklage nach § 6c EStG.

21
1. Steuerpflichtige, die Grund und Boden veräußern, können – wenn sie ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung ermitteln – nach § 6c Abs. 1 EStG i. V. m. § 6b Abs. 1 EStG bei Vorliegen der in § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 bis 5 EStG genannten Voraussetzungen im Wirtschaftsjahr der Veräußerung einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns von den Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter anderer Wirtschaftsgüter abziehen. Soweit dieser Abzug nicht vorgenommen wird, kann im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden, die als Betriebsausgabe zu behandeln ist (§§ 6b Abs. 3 Satz 1, 6c Abs. 1 Satz 2 EStG).

22
a. § 6b Abs. 1 EStG begünstigt nur die Veräußerung des „nackten“ Grund und Bodens. Der Begriff „Grund und Boden“ wird daher enger gefasst als der Begriff „Grundstück“ nach bürgerlichem Recht (§ 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Ein Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne kann einkommensteuerrechtlich aus mehreren Wirtschaftsgütern bestehen, nämlich einerseits aus dem Grund und Boden und andererseits beispielsweise aus einem aufstehenden Gebäude, Anlagen auf oder im Grund und Boden, aber auch einem im Grund und Boden ruhenden, aber bereits entdeckten und in den wirtschaftlichen Verkehr gebrachten Bodenschatz. Bei der Veräußerung eines Grundstücks, welches einkommensteuerrechtlich aus zwei oder mehr selbständigen Wirtschaftsgütern besteht, muss dann der auf den Grund und Boden entfallende Anteil am Veräußerungsgewinn ggf. gesondert ermittelt werden, da z. B. die nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG bestehenden Übertragungsmöglichkeiten bei den einzelnen veräußerten Wirtschaftsgütern unterschiedlich sind oder, wie bei der Veräußerung eines Bodenschatzes, gar keine Übertragungsmöglichkeit besteht (BFH-Urteile vom 20. März 2003 – IV R 27/01, BStBl II 2003, 878; vom 24. August 1989 – IV R 38/88, BStBl II 1989, 1016).

23
b. Im Streitfall stellt das von dem Kläger mit der P.KG vereinbarte Nutzungsrecht – ähnlich einem Bodenschatz – ein vom Grund und Boden getrenntes, eigenständiges Wirtschaftsgut dar.

24
Als Wirtschaftsgut werden sowohl Sachen und Rechte verstanden, wie auch wirtschaftliche Werte jeder Art, also tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb, die (1) einen Vermögenswert haben, deren Erlangung der Kaufmann sich also etwas kosten lässt, die (2) nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind, wobei die selbständige Bewertungsfähigkeit als gegeben angesehen wird, wenn der wirtschaftliche Wert als Einzelheit von Bedeutung und (z. B.) bei einer Veräußerung greifbar ist, und die – was allerdings strittig ist – (3) längerfristig nutzbar sind, also einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen (BFH-Urteile vom 14. November 1978 – VIII R 72/76, BStBl. II 1979, 298; vom 24. Juli 1996 – X R 139/93, BFH/NV 1997, 105; Weber-Grellet, in Schmidt, EStG. 31. Auflage 2012, § 5 EStG Rz. 94;Buciek, in Blümich, 120. Auflage, § 5 EStG Rz. 303 ff.).

25
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bilden Bodenschätze, wie z. B. Sand- und Kiesvorkommen, grundsätzlich bürgerlich-rechtlich und auch steuerrechtlich mit dem Grund und Boden eine Einheit, solange sie im Boden lagern und nicht abgebaut werden. Er wird greifbar und zu einem selbständigen Wirtschaftsgut, wenn mit der Aufschließung – z. B. durch den Antrag auf Abbaugenehmigung – oder der Verwertung – z. B. durch Veräußerung – begonnen wird (BFH Großer Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2006 – GrS 1/05, BStBl II 2007, 508). Für die Verwertung in diesem Sinne reicht es regelmäßig aus, dass im Grundstückskaufvertrag mit einem Abbauunternehmen – auch ohne bereits erteilte Abbaugenehmigung – ein gesonderter Kaufpreis für den Bodenschatz ausgewiesen wird. Daraus ist erkennbar, dass der Abbauunternehmer den Kaufpreis zu dem Zweck aufwendet, demnächst mit der Ausbeutung zu beginnen (BFH-Urteil vom 4. September 1997 – IV R 88/96, BStBl II 1998, 657). Wird der Kaufpreis für den Bodenschatz unter der Bedingung vereinbart, dass die Genehmigung für seinen Abbau erteilt wird, entsteht das Wirtschaftsgut Bodenschatz allerdings – nach § 4 des Bewertungsgesetzes – erst im Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung (BFH-Urteile vom 7. Dezember 1989 – IV R 1/88, BStBl. II 1990, 317; vom 17. März 2010 – X R 38/06, BStBl II 2011, 622).

26
Im Streitfall sind diese Voraussetzungen – entsprechend angewendet auf das Nutzungsrecht als „über der Erdoberfläche befindlicher Bodenschatz“ – nach Auffassung des Senats erfüllt, so dass sich – jedenfalls mit dem Eintritt der vereinbarten Bedingung, also dem Beginn der Errichtung des Windparks im Jahr 2009 – insoweit ein vom Grund und Boden eigenständiges Wirtschaftsgut gebildet hat.

27
Das zwischen dem Kläger und der P.KG vereinbarte Nutzungsrecht ist ein Recht, das – was sich an dem im Nutzungsvertrag festgelegten Nutzungsentgelt und der im Kaufvertrag bestimmten Entschädigungsprovision zeigt – einen Vermögenswert hat, es ist – auch dies zeigt sich insbesondere an der im Kaufvertrag zusätzlich zum Grundstückskaufpreis vereinbarten Entschädigungsprovision – einer selbständigen Bewertung zugänglich und es ist ohne Frage längerfristig nutzbar. Durch den Abschluss des Nutzungsvertrags am 12. Januar 2007 hat der Kläger das Nutzungsrecht an seinen Grundstücksflächen der P.KG überlassen und das Recht somit zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht. Entsprechend wurde im Rahmen des späteren Kaufvertrages eine eigenständige Vereinbarung über dieses Nutzungsrecht geschlossen und zusätzlich zu dem für den Grund und Boden zu zahlenden – verkehrsüblichen – Kaufpreis die Zahlung eines als Entschädigungsprovision bezeichneten Geldbetrages vereinbart. Es spielt dabei keine Rolle, dass die Genehmigung für die Nutzung der Grundstücke für die Bebauung mit Windrädern im Zeitpunkt des Abschlusses sowohl des Nutzungs- als auch des Kaufvertrages noch nicht vorlagen. Denn die Zahlung des Geldbetrages wurde für den Fall vereinbart, dass „die Firma P. […] den vorgenannten Grundbesitz mit Windenergieanlagen bebauen“ würde. Es handelt sich um eine aufschiebende Bedingung, mit deren Eintritt sich das Nutzungsrecht spätestens als Wirtschaftsgut verselbständigt hat. Die Zahlung der „Entschädigungsprovision“ erfolgte somit in keinem Fall für den („nackten“) Grund und Boden, sondern für das zwischenzeitlich entstandene eigenständige Wirtschaftsgut „Nutzungsrecht“.

28
2. Inwieweit der Gewinn aus der Veräußerung des Nutzungsrechts – entsprechend den Grundsätzen über die Besteuerung von Bodenschätzen – im Wirtschaftsjahr 2010/11 überhaupt steuerbar und damit bei Zufluss der Einkommensteuer der Kläger zu unterwerfen sein wird, kann an dieser Stelle offen bleiben. Jedenfalls kann er im Streitjahr nicht für die Bildung einer Rücklage nach § 6c EStG wegen der Veräußerung von Grund und Boden verwendet werden.

29
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

30
III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist. Es liegt bisher keine finanzgerichtliche Rechtsprechung darüber vor, ob die zur steuerlichen Behandlung von Bodenschätzen ergangene Rechtsprechung ohne weiteres auf Rechte zur Nutzung eines Grundstücks zur Bebauung mit Windrädern übertragen werden kann.

Steuersparmodelle – Eine modellhafte Gestaltung bzw. ein vorgefertigtes Konzept i.S.d. § 15b Abs.2 EStG liegt bei der Beteiligung an einem thesaurierenden Investmentfonds nur vor, wenn dieser auf die Erzielung von Steuervorteilen angelegt ist, nicht aber schon, wenn die Beteiligung dem Anleger einen individuellen Steuervorteil bietet.

Rechtsprechung der niedersächsischen Justiz

Dokumentansicht

Einkommensteuer 2008

Eine modellhafte Gestaltung bzw. ein vorgefertigtes Konzept i.S.d. § 15b Abs.2 EStG liegt bei der Beteiligung an einem thesaurierenden Investmentfonds nur vor, wenn dieser auf die Erzielung von Steuervorteilen angelegt ist, nicht aber schon, wenn die Beteiligung dem Anleger einen individuellen Steuervorteil bietet.

Niedersächsisches Finanzgericht 3. Senat, Urteil vom 26.09.2013, 3 K 12341/11

§ 15b Abs 2 EStG, § 20 Abs 2b EStG

Tatbestand

1
Streitig ist die Frage, ob negative Zwischengewinne nicht abgezogen werden können, weil ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15 b Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegt.

2
Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Mit Datum vom 18. Dezember 2008 erwarb der Kläger 1.018,496 Anteile an dem am 28. September 2007 in Luxemburg errichteten thesaurierenden Investmentfonds LUX Multi-Flex Madone zum Kurs von 981,84 € je Anteil. Die Anschaffungskosten dieser Wertpapiere betrugen danach 1.000.000,11 €. In der Kaufabrechnung wies die C S einen steuerpflichtigen negativen Zwischengewinn in Höhe von 460.288,90 € aus. Diesen negativen Zwischengewinn gab der Kläger auf der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung 2008 als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen an.

3
Der Beklagte berücksichtigte den negativen Zwischengewinn in dem Einkommensteuer-bescheid 2008 vom 26. August 2010 nicht. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Am 18. November 2010 legten die Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 Einspruch ein. Da zu diesem Zeit-punkt die Einspruchsfrist bereits abgelaufen war, legte der Beklagte das Schreiben als einen Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 gemäß § 164 Abs. 2 AO aus. In der Sache begehrten die Kläger die Berücksichtigung des negativen Zwi-schengewinns aus den Investmentpapieren LUX Multi-Flex Madone. Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

4
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 unter Berücksichtigung der negativen Zwischengewinne aus den Investmentzertifikaten LUX Multi-Flex Madone. Ein Steuerstundungsmodell gemäß § 20 Abs. 2 b EStG in Ver-bindung mit § 15 b EStG liege nur vor bei einer modellhaften Gestaltung, die weitere Zu-satzleistungen zur Kapitalanlage desselben Anbieters beinhalte. Der Kläger habe jedoch keine Zusatzleistungen in Anspruch genommen. Die Finanzierung erfolge durch Eigenka-pital. Die Kläger verweisen auf die Kommentierung im Kommentar Her-mann/Heuer/Raupach § 20 Randnummer 645 sowie den Aufsatz von Brandter/Geiser in DStR 2009, 1732 ff.

5
Die Kläger beantragen,

6
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 15. Dezember 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2011 den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuer 2008 unter Berücksichtigung eines negati-ven Zwischengewinns in Höhe von 460.288,90 € bei den Einkünften aus Kapi-talvermögen niedriger festzusetzen.

7
Der Beklagte beantragt,

8
die Klage abzuweisen.

9
Zwar handele es sich bei dem Investmentfonds LUX Multi-Flex Madone um ein Investmentvermögen, bei dem entsprechend § 9 Investmentsteuergesetz ein sogenannter Ertragsausgleich stattfindet. Bei diesem stellten die beim Erwerb gezahlten Zwischengewinne beim Erwerber der Anteile grundsätzlich negative Einnahmen aus Kapitalvermögen dar. Allerdings liege im Streitfall ein steuerschädliches Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG vor. Gemäß § 15b Abs. 1 EStG dürften Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürften auch nicht nach § 10 d EStG abgezogen werden. Sie würden lediglich die Einkünfte mindern, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erziele. Gemäß § 20 Abs. 2 b EStG in der für das Streitjahr 2008 geltenden Gesetzesfassung sei § 15b EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sinngemäß anzuwenden.

10
Gemäß § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG liege ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b Abs. 1 EStG vor, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden solle, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Gemäß § 15b Abs. 3 EStG sei das Ausgleichs  und Abzugsverbot des Abs. 1 allerdings nur anzuwenden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals oder bei Einzelinvestitionen des eingesetzten Eigenkapitals 10 % übersteige. Gemäß § 20 Abs. 2 b Satz 2 EStG liege ein solches vorgefertigtes Konzept auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen würden. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt. Während die negativen Zwischengewinne im Erwerbsjahr 2008 der tariflichen Steuerbelastung unterliegen würden, komme für die ab dem Jahr 2009 erzielten positiven Einnahmen der besondere Steuersatz des § 32 d Abs. 1 EStG 2009 in Höhe von 25 % – die so genannte Abgeltungssteuer – zur Anwendung. Damit handele es sich um ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 20 Abs. 2 b Satz 2 EStG. Mit dem vorgefertigten Konzept hätte dem Kläger die Möglichkeit geboten werden sollen, in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen, wohingegen wegen der Einführung der Abgeltungssteuer die positiven Erträge mit einem deutlich geringeren Steuersatz zu versteuern wären, nämlich nur mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 %. Während im Jahre 2008 sich der Steuervorteil auf 199.426 € belaufe, würden in den Folgejahren aufgrund der Abgeltungssteuer maximal Steuern in Höhe von 115.072 € anfallen. Den Klägern verbleibe ein endgültiger Steuervorteil von mindestens 84.354 €. Würden die Kläger in den Folgejahren tatsächlich niedrigere Erträge als 460.288 € erzielen, so würde sich dieser Vorteil weiter erhöhen.

11
Im Streitfall würden die innerhalb der Anfangsphase angefallenen negativen Einnahmen die vom Gesetzgeber vorgegebene Grenze von 10 % des eingesetzten Eigenkapitals erheblich übersteigen. Damit seien die Voraussetzungen des § 15b Abs. 3 EStG erfüllt. So-weit in dem von den Klägern zitierten Aufsatz die Auffassung vertreten werde, bei der Prüfung der Nichtaufgriffsgrenze des § 15b Abs. 3 EStG seien Zwischengewinne außer Ansatz zu lassen, könne dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber spreche von Verlusten. Ob diese Verluste aus negativen Einnahmen oder aus einem Überschuss von Auf-wendungen über die Erträge resultierten, könne letztlich dahingestellt bleiben. Liege aber ein Steuerstundungsmodell vor, dann könnten die negativen Zwischengewinne nicht mit anderen Einkünften gleich welcher Einkunftsart verrechnet werden. Sie würden lediglich die Einkünfte, die der Kläger in den Jahren ab 2009 aus dem Investmentfonds beziehe mindern.

12
Der Beklagte hat den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2008 zwischenzeitlich mehrfach aus für das Klageverfahren nicht erheblichen Gründen geändert, und zwar zu-letzt durch Bescheid vom 29. Mai 2013.

13
Die Verfahrensbeteiligten haben mit Schriftsätzen vom 20. November 2011 (Kläger) und 19. Dezember 2011 (Beklagter) auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

14
Die Klage ist begründet.

15
Gem. § 15b Abs. 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b Abs. 1 EStG liegt nach § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. § 15 b Abs. 1 EStG ist nur anzuwenden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals oder bei Einzelinvestoren des eingesetzten Eigenkapitals 10 Prozent übersteigt (§ 15 b Abs. 3 EStG). Der nach § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust ist gem. § 15b Abs. 4 EStG jährlich gesondert festzustellen.

16
Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist gem. § 20 Abs. 2b EStG § 15b EStG sinngemäß anzuwenden. Ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG liegt nach § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen.

17
Im Streitfall ist die Verlustverrechnung deshalb nicht gem. § 20 Abs. 2b EStG i.V.m. §15b EStG ausgeschlossen, weil mit dem Investmentpapier LUX Multi-Flex Madone keine „modellhafte Gestaltung“ bzw. ein „vorgefertigtes Konzept“ im Sinne des § 15b Abs. 2 EStG vorliegt. Wie sich aus diesen Begriffen bzw. der Gesetzesformulierung „dem Steuerpflichtigen .. die Möglichkeit geboten werden soll“ ergibt, setzt das Steuerstundungsmodell voraus, dass ein Anbieter ein Finanzprodukt gestaltet, dass den Anliegern die Möglichkeit bietet, die im Gesetz im Einzelnen beschriebenen Steuervorteile zu erzielen. In der Rechtsprechung wird zudem gefordert, dass es sich an nicht näher bestimmte Interessenten wendet oder zur wiederholten Verwendung bestimmt ist (BFH Beschluss des I. Senats vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437) und der Investor bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung typischerweise passiv ist (FG Rheinland-Pfalz, Urteil des 3. Senats vom 30. Januar 2013 3 K 1185/12, EFG 2013, 849); ein vorgefertigtes Konzept wird charakterisiert durch einen Gesamtplan eines vom an der Anlage Interessierten verschiedenen Dritten, der durch die Entwicklung einzelner oder einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Leistungen und Maßnahmen die Erreichung des angestrebten Ziels in Gestalt hoher verrechenbarer Verluste in der Anfangsphase der Investition ermöglichen soll (Hessisches Finanzgericht Urteil des 1. Senats vom 17. Dezember 2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510). Das Finanzprodukt muss zudem auf die Erzielung von Steuervorteilen hin konzipiert werden. Kein Steuerstundungsmodell im Sinne der §§ 20 Abs. 2b, 15b EStG liegt zur Überzeugung des Senats hingegen vor, wenn ein Finanzprodukt nicht konzeptionell auf die Erzielung eines bestimmten Steuervorteils hin angelegt ist, sondern lediglich ein Steuerpflichtiger erkennt, dass der Erwerb eines am Markt existierendes Finanzprodukt ihm die Erzielung eines individuellen Steuervorteils ermöglicht.

18
Letzteres ist hier der Fall. Bei dem Investmentpapier LUX Multi-Flex Madone handelt es sich um ein thesaurierendes Investmentzertifikat, bei dem gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Investmentsteuergesetz positive wie negative Zwischengewinne zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Der von den Klägern erzielte Steuervorteil besteht darin, dass diese den mit Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 zum Jahreswechsel 2008/2009 vollzogenen Systemwechsel bei der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen und die damit einhergehende Änderung der Höhe der Steuersätze für sich ausgenutzt haben, indem sie im Veranlagungszeitraum 2008 die negativen Zwischengewinne zum individuellen Grenzsteuersatz abgezogen, die positiven Gewinne in einem der nachfolgenden Veranlagungszeiträumen hingen nur mit dem (niedrigeren) pauschalierten Abgeltungssteuersatz versteuern mussten. Diesen Steuervorteil konnte ausschließlich ein deutscher Anleger des luxemburgischen Finanzprodukts erzielen; er war auf einen Einmaleffekt im Zeitpunkt der Änderung der Steuersätze beschränkt. Der Beklagte hat nicht dargetan, dass das Investmentzertifikat von dem Anbieter des Finanzprodukts gezielt deshalb aufgelegt worden ist, um den genannten Steuerspareffekt zu erzielen. Dies ist im Übrigen auch deshalb in sich nicht schlüssig, weil der Fonds lange vor Erwerb der Anteile durch den Kläger aufgelegt wurde und dem negativen Zwischengewinn, den der Kläger mit Erwerb seiner Anteile erzielte, ein ebenso hoher dem alten Besteuerungsregime unterliegender positiver Zwischengewinn desjenigen Anlegers gegenüberstand, der die vom Kläger erworbenen Anteile veräußert hat. Auf die Anlegerschaft des Fonds im Ganzen bezogen glichen sich infolgedessen positive und negative Zwischengewinne aus, so nicht davon gesprochen werden kann, dass „modellhaft“ „nach einem vorgefertigten“ Konzept Steuervorteile generiert wurden.

19
Schließlich kann den Verlusten auch nicht unter dem Aspekt des § 42 AO die Anerkennung versagt werden. Gem. § 42 Abs. 1 AO können durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts die Steuergesetze nicht umgangen werden. Ein Missbrauch liegt nach § 42 Abs. 2 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.

20
Im Streitfall liegt auf der Hand, dass für die Kläger neben dem zweifelsfrei angestrebten Steuerspareffekt für die Anlageentscheidung auch Fragen der Anlagesicherheit und der Ertragsfähigkeit des Fonds als außersteuerliche Motive eine Rolle gespielt haben werden; in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger die Investmentzertifikate auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 erworben hat, in deren Verlauf bekanntermaßen eine Vielzahl von Investmentfonds zusammengebrochen sind. Hätte der Kläger sein eingesetztes Kapital nicht zurück erhalten, so wäre das Investment für ihn trotz Steuerersparnis ein grober Fehlschlag gewesen. Im Übrigen ist der Abschluss von Rechtsgeschäften im Hinblick auf anstehende Steuersatzänderungen nicht als rechtsmissbräuchlich zu erachten.

21
Die Ermittlung der festzusetzenden Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen, weil sie einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert.

22
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

23
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Steuervergünstigungen nach § 35a des Einkommensteuergesetzes

Rechtsprechung der niedersächsischen Justiz

Dokumentansicht

Steuervergünstigungen nach § 35a des Einkommensteuergesetzes

Es besteht kein Anspruch auf Auszahlung der Steuervergünstigungen für Handwerkerleistungen oder haushaltsnahe Dienstleistungen, wenn bereits ohne solche Aufwendungen keine Einkommensteuer festzusetzen ist.

Niedersächsisches Finanzgericht 3. Senat, Urteil vom 24.01.2012, 3 K 267/11

§ 35a Abs 1 EStG, § 35a Abs 2 EStG

Tatbestand

1
Streitig ist, ob für Handwerkerleistungen im Sinne des § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG), bei denen sich eine steuerliche Auswirkung nicht ergibt, eine negative Einkommensteuer festzusetzen und an die Kläger auszuzahlen ist.

2
Der Kläger ist Rentner und bezieht eine Altersrente. Die Klägerin ist Hausfrau und erzielte im Streitjahr keine eigenen Einkünfte. Die Einkünfte der Kläger führten nach Abzug der Sonderausgaben und der Anwendung des Splittingtarifs zu keiner festzusetzenden Einkommensteuer (Bescheid vom 20. August 2009).

3
Die Kläger hatten zusammen mit ihrer Einkommensteuererklärungen 2007 und 2008 auch die Berücksichtigung von Handwerkerleistungen gemäß § 35a EStG in Höhe von 3.017 € (2007) und von 2.341 € (2008) beantragt. Das FA hat in den Einkommensteuerbescheiden 2007 und 2008 darauf hingewiesen, dass die Handwerkerleistungen nicht berücksichtigt worden seien, weil sie sich steuerlich nicht ausgewirkt hätten (vgl. Erläuterungen zum Bescheid). Mit zwei gesonderten Einspruchsentscheidungen vom 29. Juni 2011, die den Klägern in einem Briefumschlag übersandt worden sind, verwarf das FA die Einsprüche als unbegründet.

4
Die Kläger betrachteten – nach eigenen Angaben – die zugegangenen Einspruchsbescheide als nur einen Einspruchsbescheid und ein Doppel des gleichen Einspruchsbescheides. Ein Exemplar dieser Einspruchsbescheide – nämlich für das Streitjahr 2008 – gaben Sie an ihre früheren Prozessbevollmächtigten weiter und beauftragten diesen mit der Klageerhebung.

5
Der frühere Prozessbevollmächtigte der Kläger erhob am 28. Juli 2011 per Telefax Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 in Gestalt des Einspruchsbescheides für 2008.

6
Zugleich übersandte der frühere Prozessbevollmächtigte der Kläger eine Durchschrift seiner Klageschrift an die Kläger. Diese schrieben ihrem Prozessbevollmächtigten unter dem 29. Juli 2011, dass offenbar ein Irrtum vorliegen müsse, da nach ihren Unterlagen sich der Einspruchsbescheid – nämlich das bei ihnen verbliebene vermeintliche Doppel der Einspruchsentscheidung – auf das Streitjahr 2007 und nicht auf das Jahr 2008 beziehe. Man stehe deshalb nach Urlaubsrückkehr ab dem 9. August 2011 wieder für Rückfragen zu Verfügung.

7
Die Kläger beantragen, die Klageverfahren auf das Streitjahr 2007 zu erstrecken und ihnen insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

8
Die Kläger sind der Ansicht, die Verweigerung eines entsprechenden Steuerguthabens verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), da ihnen verglichen mit einer „Familie Mustermann“ mit höheren Einkünften im Ergebnis der steuerliche Vorteil verwehrt werde. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verhinderung der Schwarzarbeit, die Konjunkturbelebung und der Nutzen von Energiesparmaßnahmen werde auch durch die von ihnen beauftragten Handwerkerleistungen bewirkt. Dann dürfe man sie von den steuerlichen Vorteilen nicht ausschließen. Die Regelung des § 35a EStG benachteilige viele Millionen Steuerpflichtige – möglicherweise bis zu 30 Millionen – mit geringem Einkommen. Diese Benachteiligung wiederhole sich jährlich. Der Bundesfinanzhof habe selbst angedeutet, dass höchstens in einem Veranlagungszeitraum eine ausnahmsweise gerechtfertigte gleichheitswidrige Wirkung entstehen dürfe (Rn. 24 (2. b aa) der Gründe a.E.) des BFH-Urteils vom 29. Januar 2009 VI R 44/08, BStBl II 2009, 411). Bei Geringverdienerhaushalten könnten ebenfalls jährlich wiederkehrend solche Aufwendungen entstehen und damit fortgesetzt gleichheitswidrige Wirkungen erzeugt werden.

9
Überdies seien Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG betroffen, weil die Familie des Klägers insoweit von staatlicher Förderung ausgeschlossen werde und sie ihr Eigentum nicht in gleicher Weise mit finanzieller Unterstützung des Staates erhalten und sanieren könnten.

10
Die Kläger beantragen sinngemäß,

11
den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 25. September 2008 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 29. Juni 2011 dahingehend zu ändern, dass eine an die Kläger auszuzahlende negative Einkommensteuer in Höhe von 600 € (20% von 3.017 € max. aber 600 €) festgesetzt wird und

12
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 20. August 2009 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 29. Juni 2011 dahingehend zu ändern, dass eine an die Kläger auszuzahlende negative Einkommensteuer in Höhe von 469 € (20% von 2.341 €) festgesetzt wird.

13
Der Beklagte beantragt,

14
die Klage abzuweisen.

15
Das FA hält daran fest, dass weder nach der Gesetzeslage noch nach der Rechtsprechung des BFH die Festsetzung einer solchen negativen Einkommensteuer in Betracht komme.

16
Die Kläger machten erstmals mit Schreiben vom 12. Januar 2012 geltend, dass sich die Klage auch auf das Streitjahr 2007 beziehen solle und beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Klagefrist.

 

Entscheidungsgründe

17
Die Klage ist hinsichtlich des Streitjahres 2007 unzulässig und im Übrigen unbegründet.

18
1. Die Klage zur Einkommensteuer 2007 ist unzulässig, da weder ihr früherer Prozessbevollmächtigter noch die Kläger selbst fristgerecht gemäß § 47 der Finanzgerichtsordnung (FGO) innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Einspruchsbescheides zur Einkommensteuer 2007 Klage erhoben haben. Der Einspruchsbescheid 2007 datiert vom 29. Juni 2011 und gilt nach § 122 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) am dritten Tage nach der Aufgabe zu Post als bekannt gegeben. Der Einspruchsbescheid zur Einkommensteuer gilt danach zunächst am 2. Juli 2011 als bekanntgegeben. Da es sich bei diesem Datum um einen Samstag handelte, erfolgte die Bekanntgabe am nächsten Werktag (4. Juli 2011). Die Klagefrist begann am 5. Juli 2011 und endete am 4. August 2011. Bis zum Ablauf dieser Klagefrist ist für das Streitjahr 2007 keine Klage erhoben worden.

19
Den Klägern ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO zu gewähren, da sie jedenfalls nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt und die versäumte Rechtshandlung (Klageerhebung) nachgeholt haben. Ihnen ist nach eigenen Angaben bereits am 29. Juli 2011 und damit noch innerhalb der laufenden Klagefrist (s.o.) aufgefallen, dass nach ihren Unterlagen (auch) Klage wegen der Einkommensteuer 2007 zu erheben sein würde, da ihnen bei ihren Unterlagen der Einspruchsbescheid für das Streitjahr 2007 vorlag. Sie haben dies sogar ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten schriftlich mitgeteilt. Bis zum Eingang ihres Wiedereinsetzungsantrages vom 12. Januar 2012, der am 16. Januar 2012 bei Gericht einging, sind jedenfalls mehr als die gesetzlich zulässigen zwei Wochen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) seit Wegfall des Hindernisses vergangen. Unter diesen Umständen kann es dahinstehen, ob die Kläger im Übrigen ohne Verschulden gehindert waren, fristgerecht Klage zu erheben.

20
2. Der Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)), da die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer gesetzlich nicht vorgesehen ist und insoweit auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

21
Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG im Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Fassung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – unter weiteren Voraussetzungen – auf Antrag um 20 %, höchstens 600 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Kommt keine oder nur eine teilweise Steuerermäßigung in Betracht, weil die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, bereits Null beträgt oder unter dem nach Maßgabe des § 35a EStG im Einzelfall berechneten Steuerermäßigungsbetrag liegt, so sieht die Vorschrift keine Leistung in Höhe der „verlorenen“ Steuerermäßigung vor (BFH-Urteil vom 29. Januar 2009, aaO; ebenso vorgehend FG Köln, Urteil vom 14. August 2008 10 K 4217/07, EFG 2009, 36; zustimmend Schneider, BFH/PR 2009, 211, Bergkemper, FR 2009, 825).

22
Der Ausschluss solcher Rechtsfolgen entspricht gefestigten Grundsätzen des Einkommensteuerrechts. Denn sowohl die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer als auch die hierdurch im wirtschaftlichen Ergebnis bewirkte unmittelbare Gewährung von (Sozial-) Leistungen sind dem Einkommensteuergesetz fremd. Solche Leistungen wollte der Gesetzgeber auch nicht durch die Einführung des § 35a EStG durch das „Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, das auf den Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss) des Bundestages vom 13. November 2002 in der Bundestags-Drucksache 15/77 beruhte, schaffen. Vielmehr sollte die Förderung ausschließlich durch einen Abzug von der bestehenden Steuerschuld erfolgen. Dies ergibt sich aus der Begründung des Ausschusses für seine Beschlussempfehlung (BT-Drs. aaO., S. 5):

23
„Der private Haushalt erhält bei Aufwendungen für hauswirtschaftliche Beschäftigungsverhältnisse und für die Inanspruchnahme hauswirtschaftlicher Dienstleistungen einen Abzug von der Steuerschuld. Diese Steuerermäßigung wirkt sich regelmäßig erst im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer aus, jedoch auch bereits bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen. Damit sich die Steuerermäßigung bei Arbeitnehmern nicht erst im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer auswirkt, sondern bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren, wird § 39a Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe c entsprechend ergänzt, so dass die Steuerermäßigung dabei in einen Freibetrag umgerechnet und vom Finanzamt auf der Lohnsteuerkarte als vom Arbeitslohn abzuziehender Freibetrag eingetragen werden kann.“

24
Diese Intention des Gesetzgebers hat entsprechend Niederschlag im Wortlaut des Gesetzes gefunden, da nach § 35a Abs. 1 Satz 1 EStG sich beim Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen lediglich die tarifliche Einkommensteuer entsprechend ermäßigt. Der Gesetzgeber wollte im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit insoweit – anders als bei einer auszuzahlenden Sozialleistung – auch nur eine allenfalls geringfügige steuerliche Auswirkung zulassen (BT-Drs. aaO., S. 9 unter h):

25
„Pro 100 000 Erwerbstätige, die Mini-Jobs mit einem durchschnittlichen Entgelt von 400 Euro monatlich anmelden, entstehen der Sozialversicherung Beitragsmehreinnahmen von rund 50 Mio. Euro jährlich. Diesen Mehreinnahmen stehen allenfalls geringfügige Mindereinnahmen bei der Lohn- und Einkommensteuer gegenüber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit für viele derartiger Beschäftigungen keine Steuern entrichtet wurden, da die Tätigkeiten in der Illegalität ausgeübt wurden.“

26
Diese Begründung lässt sich entsprechend auf die haushaltsnahen Dienstleistungen übertragen. Gerade wenn, wie die Kläger geltend machen, insgesamt 30 Millionen Steuerpflichtige betroffen sein würden, besteht jedenfalls kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Auszahlung einer entsprechenden Subvention, weil hier die von den Klägern angesprochenen Steuerpflichtigen durch die bereits mit Null festgesetzte Einkommensteuer gar keine steuerlichen Lasten zu tragen haben und damit im Einkommensteuerrecht gar nicht weiter entlastet werden können. Steuerliche Nachteile entstehen diesem Personenkreis gerade nicht, so dass aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Ansprüche entstehen (können).

27
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

NRW: Landesregierung lehnt geplante Steuer auf Mobilfunkantennen ab

Die Stadt Remscheid ist bei der Suche nach neuen Steuereinnahmen erfolglos geblieben. Das Kommunalministerium hat in Abstimmung mit dem Finanzministerium die von der Stadt geplante Steuer für Mobilfunkantennen abgelehnt. Das teilte NRW-Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf mit. „Für Kommunen sind Steuern eine wichtige Einnahmequelle und zugleich ein Bestandteil ihrer Selbstverwaltung. Aber bei einer örtlichen Aufwandsteuer müssen die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Das war bei der Mobilfunkantennensteuer nicht der Fall“, betonte Jäger.

Der Rat der Stadt Remscheid hatte im Februar dieses Jahres eine Steuer auf Mobilfunkantennen beschlossen. Diese wird in NRW bislang nicht erhoben. Bevor eine solche Steuer eingeführt werden darf, müssen Innen- und Finanzministerium den rechtlichen Rahmen prüfen. Die Ministerien hatten gegenüber der Stadt Bedenken geäußert. Diese konnte die Stadt nicht entkräften. Deswegen wurde die Steuer nun abgelehnt.

Im Fall der Mobilfunkantennensteuer blieben einige Punkte ungeklärt. So muss unter anderem sichergestellt werden, dass die Steuer nur mit Wirkung auf das Stadtgebiet von Remscheid erhoben wird. Dies ist aber praktisch nicht möglich. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass der Steuer ein besonderer Aufwand beim Nutzen des Mobiltelefons gegenüber stehen muss. Ob mobiles Telefonieren aber einen besonderen Aufwand darstellt, erscheint fraglich, weil das Handy inzwischen ein Alltagsgegenstand geworden ist. Darüber hinaus darf die Nutzung eines Handys nicht beruflich veranlasst sein. Hier konnte die Stadt Remscheid nicht darlegen wie sie beruflich veranlasste Mobilfunkgespräche von privat veranlassten unterscheiden wollte. „Jede Kommune muss sich Gedanken machen, wie sie ihre Finanzen konsolidieren kann. Dies muss sich aber im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen. Der Erfindungsreichtum darf dabei nicht übertrieben werden“, sagte Jäger.

Bei neuen Steuern prüfen die Ministerien nicht nur die Rechtmäßigkeit. In NRW wird zudem darauf geachtet, dass die zu erwartenden Einnahmen den Verwaltungsaufwand für die Steuererhebung übersteigen. Außerdem soll sich die Finanzlage einer Stadt durch die neue Steuer nicht nur unwesentlich verbessern. Deswegen haben das Kommunal- und das Finanzministerium im Jahr 2011 auch die vom Rat der Stadt Essen beschlossene Solariensteuer nicht genehmigt.

Quelle: Landesregierung NRW, Pressemitteilung vom 19.11.2013

Kernbrennstoffsteuer auf dem europarechtlichen Prüfstand

Das Finanzgericht Hamburg ruft den Gerichtshof der Europäischen Union an, um die Kernbrennstoffsteuer zu überprüfen.

Zum 1. Januar 2011 trat das Kernbrennstoffsteuergesetz in Kraft, mit dem der Bund eine neue Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoffen eingeführt hat. Als die Klägerin im Juni 2011 in dem von ihr betriebenen Kraftwerk die Kernbrennstäbe wechselte, gab sie eine Steueranmeldung über rund 154 Mio. Euro Kernbrennstoffsteuer ab, legte aber sogleich Rechtmittel ein.

Am heutigen 19. November 2013 fand die mündliche Verhandlung ihrer Klage vor dem 4. Senat des Finanzgerichts Hamburg statt (Az. 4 K 122/13). Nach Schluss der Verhandlung hat der Präsident des Finanzgerichts Hamburg und Vorsitzende des 4. Senats, Christoph Schoenfeld, angekündigt, der Senat werde dem EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen zuleiten und den EuGH um die Auslegung verschiedener Vorschriften des Europäischen Rechts bitten. Für den 4. Senat sei nicht zweifelsfrei festzustellen, ob das Kernbrennstoffsteuergesetz im Einklang mit dem Europarecht stehe oder ob es wegen Europarechtswidrigkeit unangewandt bleiben müsse. Das Verfahren der Klägerin werde beim Finanzgericht Hamburg ausgesetzt werden, bis die Antwort des EuGH vorliege.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer für Vorabentscheidungsverfahren des EuGH beträgt rund 15 Monate. Das Vorabentscheidungsersuchen lässt die Pflicht des Steuerpflichtigen zur Zahlung der festgesetzten Steuer unberührt.^

Zum Hintergrund

Nach dem Kernbrennstoffsteuergesetz wird die Verwendung von Kernbrennstoff (Uran 233 und 235 sowie Plutonium 239 und 241) zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom besteuert. Die Steuer wird durch die Hauptzollämter von den Kernkraftwerksbetreibern erhoben und entsteht immer dann, wenn ein Brennelement in einen Kernreaktor eingesetzt und eine sich selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst wird. Bei einem Steuersatz von 145 Euro je Gramm Kernbrennstoff wurde bei Einführung der Steuer eine jährliche Einnahme von 2,3 Mrd. Euro erwartet. Von den damals noch 17 Kernkraftwerken sind nach der auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima folgenden Energiewende allerdings nur noch 9 Anlagen in Betrieb.

Das Kernbrennstoffsteuergesetz war von Beginn an rechtlich umstritten. Aufgrund erheblicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes gewährte das Finanzgericht Hamburg der Klägerin bereits mit Beschluss vom 10. Januar 2012 (Az. 4 V 288/11) vorläufigen Rechtsschutz, der allerdings vom Bundesfinanzhof aus formellen Gründen wieder aufgehoben wurde. In weiteren Eilverfahren äußerte neben dem Finanzgericht Hamburg auch das Finanzgericht München ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Kernbrennstoffsteuer, wohingegen das Finanzgericht Baden-Württemberg das Gesetz für verfassungs- und europarechtsgemäß gehalten hat.

In dem Klageverfahren eines anderen Kernkraftwerksbetreibers hat der 4. Senat des Finanzgerichts Hamburg das Kernbrennstoffsteuergesetz bereits mit Beschluss vom 19. Januar 2013 dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt (Az. 4 K 270/11). Nach Ansicht des Senats sei das Gesetz mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes verfassungswidrig, denn bei der Kernbrennstoffsteuer handele es sich nicht um eine in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallende Verbrauchsteuer.

Gerichtspräsident Schoenfeld teilte mit, Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens in dem heute verhandelten Fall werde zunächst die Frage sein, ob ein Gericht den EuGH über-haupt wegen eines Gesetzes anrufen darf, das das Gericht dem Bundesverfassungsgericht bereits wegen angenommener Verfassungswidrigkeit zur Überprüfung vorgelegt habe. Präsident Schoenfeld weiter: „In der Sache werden wir den EuGH insbesondere fragen, ob die europäische Energiesteuerrichtlinie die Erhebung einer Steuer auf die zur Erzeugung von elektrischem Strom eingesetzten Kernbrennstoffe verbietet. Es ist auch zu fragen, ob die Kernbrennstoffsteuer als eine indirekte Steuer auf elektrischen Strom im Sinne der europäischen Verbrauchsteuersystemrichtlinie anzusehen ist. Die Frage ist deshalb von Bedeutung, weil diese Richtlinie den Mitgliedsstaaten die Erfindung neuer Stromsteuern zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwehrt.“ Im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens werde der 4. Senat dem EuGH auch Fragen der Klägerin zur Vereinbarkeit der Kernbrennstoffsteuer mit dem europäischen Beihilferecht und dem Euratom-Vertrag zuleiten.

Der Beschluss mit den ausformulierten Vorabentscheidungsfragen liegt noch nicht vor. Beschlüsse mit Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH sind unanfechtbar.

Beim Finanzgericht Hamburg sind eine Reihe von Klagen für 5 Kernkraftwerke anhängig, deren Gesamtstreitwert sich auf mehr als 2,1 Mrd. Euro beläuft. Zuständig für diese Klagen ist beim Finanzgericht Hamburg der 4. Senat, der als Gemeinsamer Senat für die Länder Freie und Hansestadt Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein eine länderübergreifende Zuständigkeit für Zoll-, Verbrauchsteuer- und Marktordnungsrecht hat.

Quelle: FG Hamburg, Pressemitteilung vom 19.11.2013 zum Beschluss 4 K 122/13 vom 19.11.2013

Berücksichtigung ausländischer Verhältnisse; Ländergruppeneinteilung ab 1. Januar 2014

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 4 – S-2285 / 07 / 0005:013 vom 18.11.2013

Unter Bezugnahme auf das Abstimmungsergebnis mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist die Ländergruppeneinteilung ab dem Veranlagungszeitraum 2014 überarbeitet worden. Änderungen sind durch Fettdruck hervorgehoben. Gegenüber der Ländergruppeneinteilung zum 1. Januar 2012 ergeben sich insbesondere folgende Änderungen:

Amerikanisch-Samoa: Neuaufnahme in Gruppe 3,
Äquatorialguinea: von Gruppe 3 nach Gruppe 2,
Aruba: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Barbados: von Gruppe 2 nach Gruppe 3,
Bermuda: Neuaufnahme in Gruppe 1,
China: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Cookinseln: von Gruppe 3 nach Gruppe 2,
Französisch-Polynesien: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Griechenland: von Gruppe 1 nach Gruppe 2,
Grönland: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Malediven: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Neukaledonien: Neuaufnahme in Gruppe 1,
Peru: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Puerto Rico: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Südsudan: Neuaufnahme in Gruppe 4,
Thailand: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Tuvalu: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Ungarn: von Gruppe 2 nach Gruppe 3.

Die Beträge des § 1 Abs. 3 Satz 2, des § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3, des § 32 Abs. 6 Satz 4, des § 33a Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 2 EStG sind ab dem Veranlagungszeitraum 2014 wie in der Tabelle im Anhang anzusetzen.

Den Anhang finden Sie auf den Seiten des BMF.

Quelle: BMF

Berücksichtigung ausländischer Verhältnisse;
BEZUG
Ländergruppeneinteilung ab 1. Januar 2014
BMF-Schreiben vom 4. Oktober 2011 (BStBl I 2011 Seite 961)
GZ
IV C 4 – S 2285/07/0005 :013
DOK
2013/1038632
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)
Unter Bezugnahme auf das Abstimmungsergebnis mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist die Ländergruppeneinteilung ab dem Veranlagungszeitraum 2014 überarbeitet worden. Änderungen sind durch Fettdruck hervorgehoben. Gegenüber der Ländergruppen-einteilung zum 1. Januar 2012 ergeben sich insbesondere folgende Änderungen:
Amerikanisch-Samoa: Neuaufnahme in Gruppe 3,
Äquatorialguinea: von Gruppe 3 nach Gruppe 2,
Aruba: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Barbados: von Gruppe 2 nach Gruppe 3,
Bermuda: Neuaufnahme in Gruppe 1,
China: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Cookinseln: von Gruppe 3 nach Gruppe 2,
Französisch-Polynesien: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Griechenland: von Gruppe 1 nach Gruppe 2,
Grönland: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Malediven: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Neukaledonien: Neuaufnahme in Gruppe 1,
Peru: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Puerto Rico: Neuaufnahme in Gruppe 2,
Seite 2
Südsudan: Neuaufnahme in Gruppe 4,
Thailand: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Tuvalu: von Gruppe 4 nach Gruppe 3,
Ungarn: von Gruppe 2 nach Gruppe 3.
Die Beträge des § 1 Absatz 3 Satz 2, des § 10 Absatz 1 Nummer 5 Satz 3, des § 32 Absatz 6 Satz 4, des § 33a Absatz 1 Satz 6 und Absatz 2 Satz 2 EStG sind ab dem Veranlagungs-zeitraum 2014 wie folgt anzusetzen:
in voller Höhe
mit ¾
mit ½
mit ¼
Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen bzw. der unterhaltenen Person
1
2
3
4
Andorra
Äquatorialguinea
Algerien
Afghanistan
Australien
Aruba
Amerikanisch-Samoa
Ägypten
Belgien
Bahamas
Antigua und Barbuda
Albanien
Bermuda
Bahrain
Argentinien
Angola
Brunei Darussalam
Cookinseln
Aserbaidschan
Armenien
Dänemark
Estland
Barbados
Äthiopien
Finnland
Französisch-Polynesien
Bosnien und Herzegowina
Bangladesch
Frankreich
Griechenland
Botsuana
Belize
Hongkong
Grönland
Brasilien
Benin
Insel Man
Korea, Republik
Bulgarien
Bhutan
Irland
Kroatien
Chile
Bolivien, Plurinationaler Staat
Island
Malta
China
Burkina Faso
Israel
Oman
Costa Rica
Burundi
Italien
Portugal
Dominica
Côte d’Ivoire
Japan
Puerto Rico
Dominikanische Republik
Dschibuti
Kaimaninseln
Saudi-Arabien
Gabun
Ecuador
Kanada
Slowakei
Grenada
El Salvador
Kanalinseln
Slowenien
Iran, Islamische Republik
Eritrea
Katar
Taiwan
Jamaika
Fidschi
Kuwait
Trinidad und Tobago
Kasachstan
Gambia
Liechtenstein
Tschechische Republik
Kolumbien
Georgien
Luxemburg
Turks- und Caicos-Inseln
Kuba
Ghana
Macau
Lettland
Guatemala
Monaco
Libanon
Guinea
Neukaledonien
Libyen
Guinea-Bissau
Neuseeland
Litauen
Guyana
Niederlande
Malaysia
Haiti
Norwegen
Malediven
Honduras
Österreich
Mauritius
Indien
Palästinensische Gebiete
Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik
Indonesien
San Marino
Mexiko
Irak
Schweden
Montenegro
Jemen
Schweiz
Namibia
Jordanien
Seite 3
in voller Höhe
mit ¾
mit ½
mit ¼
Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen bzw. der unterhaltenen Person
1
2
3
4
Singapur
Nauru
Kambodscha
Spanien
Niue
Kamerun
Vereinigte Arabische Emirate
Palau
Kap Verde
Vereinigte Staaten
Panama
Kenia
Vereinigtes Königreich
Peru
Kirgisistan
Zypern
Polen
Kiribati
Rumänien
Komoren
Russische Föderation
Kongo
Serbien
Kongo, Demokratische Republik
Seychellen
Korea, Demokratische Volksrepublik
St. Kitts und Nevis
Kosovo
St. Lucia
Laos, Demokratische Volksrepublik
St. Vincent und die Grenadinen
Lesotho
Südafrika
Liberia
Suriname
Madagaskar
Thailand
Malawi
Türkei
Mali
Tuvalu
Marokko
Ungarn
Marshallinseln
Uruguay
Mauretanien
Venezuela, Bolivarische Republik
Mikronesien, Föderierte Staaten von
Weißrussland/Belarus
Moldau, Republik
Mongolei
Mosambik
Myanmar
Nepal
Nicaragua
Niger
Nigeria
Pakistan
Papua Neuguinea
Paraguay
Philippinen
Ruanda
Salomonen
Sambia
Samoa
São Tomé und Principe
Senegal
Sierra Leone
Simbabwe
Somalia
Sri Lanka
Sudan
Südsudan
Seite 4
in voller Höhe
mit ¾
mit ½
mit ¼
Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen bzw. der unterhaltenen Person
1
2
3
4
Swasiland
Syrien, Arabische Republik
Tadschikistan
Tansania, Vereinigte Republik
Timor-Leste
Togo
Tonga
Tschad
Tunesien
Turkmenistan
Uganda
Ukraine
Usbekistan
Vanuatu
Vietnam
Zentralafrikanische Republik
Dieses Schreiben ersetzt ab dem Veranlagungszeitraum 2014 das BMF-Schreiben vom 4. Oktober 2011 (BStBl I 2011 Seite 961).
Im Auftrag
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet.

Deutsch-kanadisches Doppelbesteuerungsabkommen

Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und Kanadas nach Artikel 27 (Amtshilfe bei der Steuererhebung) des deutsch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommens

BMF, Schreiben IV B 5 – S-1301-KANN / 07 / 10003 vom 19.11.2013

Auf der Grundlage des Artikels 27 des deutsch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommens wurde am 22. Oktober 2013 mit der zuständigen Behörde Kanadas die anliegende Vereinbarung über die für die Amtshilfe bei der Erhebung steuerlicher Ansprüche anzuwendenden Verfahren getroffen. Amtshilfefähig sind nach dieser Vereinbarung steuerliche Ansprüche, die in den Veranlagungszeiträumen ab dem 1. Januar 2001 entstanden sind.

Das deutsch-kanadische Doppelbesteuerungsabkommen finden Sie auf den Seiten des BMF.

Quelle: BMF

Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen (deutsch-kanadisches Doppelbesteuerungsabkommen);
Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und Kanadas nach Artikel 27 (Amtshilfe bei der Steuererhebung) des deutsch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommens
ANLAGEN
1 (Vereinbarung nebst 3 Anlagen)
GZ
IV B 5 – S 1301-KAN/07/10003
DOK
2013/1036753
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)
Auf der Grundlage des Artikels 27 des deutsch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommens wurde am 22. Oktober 2013 mit der zuständigen Behörde Kanadas die anliegende Vereinbarung über die für die Amtshilfe bei der Erhebung steuerlicher Ansprüche anzuwendenden Verfahren getroffen. Amtshilfefähig sind nach dieser Vereinbarung steuerliche Ansprüche, die in den Veranlagungszeiträumen ab dem 1. Januar 2001 entstanden sind.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Im Auftrag
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet.
Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und Kanadas nach Artikel 27 (Amtshilfe bei der Steuererhebung) des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen
Artikel 27 des am 19. April 2001 unterzeichneten und am 28. März 2002 in Kraft getretenen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen (im Folgenden als „das Abkommen“ bezeichnet) sieht die Amtshilfe bei der Erhebung steuerlicher Ansprüche vor.
Nach Artikel 27 Absatz 10 des Abkommens verständigen sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten über den Anwendungsmodus dieses Artikels sowie darüber, wie sichergestellt werden kann, dass beide Vertragsstaaten in vergleichbarem Maße Amtshilfe leisten.
Die zuständigen Behörden vereinbaren hiermit, dass für die Amtshilfe bei im jeweiligen Staat entstehenden steuerlichen Ansprüchen die folgenden Verfahren Anwendung finden:
I. Für die Durchführung der Amtshilfe bei der Steuererhebung zuständige Behörden
1. Ersuchen um Amtshilfe bei der Erhebung steuerlicher Ansprüche und der zugehörige Schriftverkehr sind an die für die Durchführung der Amtshilfe bei der Steuererhebung zuständige Behörde des ersuchten Staates zu senden. Hierbei handelt es sich derzeit um:
– 2 –
Director Bundeszentralamt für Steuern
Competent Authority Services Division Referat St I 1 (Amtshilfe)
International & Large Business Directorate 53221 Bonn
Canada Revenue Agency DEUTSCHLAND
5th Floor, Canada Building
344 Slater Street
Ottawa, Ontario K1A 0L5
KANADA
Tel.: +49-288-406-4016
Fax: +1(613)990-7370 Fax: +49-288-406-3117
2. Informationen oder Fragen zur Erhebung steuerlicher Ansprüche, Beitreibungsmaßnahmen oder Zahlungsbearbeitung sind an die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle und in Kopie an die in Absatz 1 genannte zuständige Behörde zu richten. In Deutschland handelt es sich bei der für das Beitreibungsprogramm zuständigen Stelle um die in Absatz 1 genannte zuständige Behörde. Die für das Beitreibungsprogramm in Kanada zuständige Stelle lautet wie folgt:
Director
Program Sectors Division
Canada Revenue Agency
395 Terminal Avenue, 6th Floor
Ottawa, Ontario K1A OS5
KANADA
Attention: Manager
Treaty Collections Program
Tel.: +1-613-954-1524
Fax: +1-613-954-1438
– 3 –
II. Voraussetzungen für ein Ersuchen um Amtshilfe bei der Steuererhebung
1. Steuerliche Ansprüche können für folgende Steuern bestehen:
a. in Kanada
aa) nach dem kanadischen Einkommensteuergesetz (Income Tax Act) erhobene Steuern,
bb) nach dem kanadischen Verbrauchsteuergesetz (Excise Tax Act) erhobene Steuern,
cc) nach dem kanadischen Verbrauchsteuergesetz (Alkohol, Tabak) (Excise Act) erhobene Steuern und
dd) Einkommensteuern oder Umsatzsteuern, die Kanada für eine Provinz oder ein Territorium erhebt;
b. in Deutschland
aa) die Einkommensteuer,
bb) die Körperschaftsteuer,
cc) die Vermögensteuer,
dd) die Gewerbesteuer,
ee) den Solidaritätszuschlag,
ff) die Grundsteuer,
gg) die Erbschaftsteuer,
hh) die Grunderwerbsteuer,
ii) die Umsatzsteuer ohne Einfuhrumsatzsteuer,
jj) die Versicherungsteuer und
kk) die Kraftfahrzeugsteuer.
Daneben kann ein steuerlicher Anspruch auch Zinsen und Säumnis- oder Verspätungszuschläge sowie Kosten und Verwaltungsbußen umfassen.
Für andere Steuern kann ebenfalls Amtshilfe bei der Steuererhebung geleistet werden, sofern dies zwischen den zuständigen Behörden, die diese Vereinbarung unterzeichnet haben, vereinbart wird.
– 4 –
2. Das Ersuchen um Amtshilfe bei der Steuererhebung kann sich auf den Steuerschuldner oder auf jede andere Person beziehen, die aufgrund der Rechtsvorschriften des ersuchenden Staates für die Steuerschuld haftet, wobei es gleichgültig ist, ob die betreffende Person in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten ansässig ist.
3. Amtshilfefähig sind nur steuerliche Ansprüche für Steuern, die in Veranlagungszeiträumen ab dem 1. Januar 2001 entstanden sind.
4. Die zuständigen Behörden, die diese Vereinbarung unterzeichnet haben, können von Zeit zu Zeit Kriterien vereinbaren um sicherzustellen, dass beide Vertragsstaaten in vergleichbarem Maße Amtshilfe leisten. Dazu gehören gegebenenfalls Obergrenzen für die Anzahl der pro Jahr übermittelten Fälle.
5. Die Offenlegung von Informationen im Zusammenhang mit der Amtshilfe bei der Steuererhebung unterliegt Artikel 26 (Informationsaustausch) des Abkommens, einschließlich der Vereinbarung vom 20. April 2001 zwischen den zuständigen Behörden betreffend den Datenschutz nach Artikel 26 Absatz 3 des Abkommens, sowie den innerstaatlichen Gesetzen, Regelungen und Vorschriften der Vertragsstaaten zur Vertraulichkeit.
6. Amtshilfeersuchen können für unanfechtbar festgesetzte steuerliche Ansprüche gestellt werden. Nach Artikel 27 Absatz 2 des Abkommens ist ein steuerlicher Anspruch unanfechtbar festgesetzt, wenn der ersuchende Staat nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berechtigt ist, den steuerlichen Anspruch beizutreiben und alle Einspruchs- und Klagerechte des Steuerpflichtigen, die Beitreibung in dem ersuchenden Staat zu verhindern, ausgeschöpft sind.
III. Einleitung eines Amtshilfeverfahrens
1. Ein Ersuchen um Amtshilfe bei der Steuererhebung setzt voraus, dass im Staat der ersuchenden Behörde bereits innerstaatliche Beitreibungsmaßnahmen durchgeführt worden sind und die Maßnahmen weder zur vollständigen Tilgung der Forderung oder des steuerlichen Anspruchs geführt haben noch voraussichtlich führen werden.
– 5 –
2. Die zuständige Behörde des ersuchenden Staates ersucht auf schriftlichem Wege jeweils in deutscher und englischer Sprache um Amtshilfe und bestätigt dabei, dass der steuerliche Anspruch, der Gegenstand des Ersuchens um Amtshilfe bei der Steuererhebung ist, unanfechtbar festgesetzt ist (siehe Anlage A).
3. Dem in Absatz 2 genannten schriftlichen Ersuchen ist das als Anlage B, Ersuchen um Amtshilfe, enthaltene Formular ausgefüllt beizufügen, in dem konkrete Angaben zu dem steuerlichen Anspruch enthalten sind, der Gegenstand des Ersuchens ist, und bestätigt wird, dass der Betrag zurzeit geschuldet wird (Ersuchen um Amtshilfe: B1 – Deutschland, B2 – Kanada).
4. Zur Erleichterung der Beitreibung werden dem Ersuchen alle Hinweise beigefügt, die den ersuchten Staat bei der Beitreibung unterstützen können (z. B. zu Vermögensgegenständen und Konten).
5. Werden nach Stellung eines ersten Ersuchens weitere steuerliche Ansprüche gegenüber dem Steuerpflichtigen vollstreckbar, können diese zusätzlichen Steuerschulden nicht dem ersten Anspruch hinzugefügt werden. Es kann ein weiteres Ersuchen gestellt werden.
6. Ein steuerlicher Anspruch eines ersuchenden Staates wird vom ersuchten Staat nicht allein deshalb zurückgewiesen, weil er nur Zinsbeträge betrifft.
7. Die in einem Ersuchen enthaltenen Zinsbeträge werden von der für das Beitreibungsprogramm zuständigen Stelle des ersuchenden Staates bis zu dem Tag berechnet, an dem das Ersuchen gestellt wird. Die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchenden Staates kann den geschuldeten Zinsbetrag von Zeit zu Zeit aktualisieren, in der Regel jedoch frühestens sechs Monate nach der letzten Aktualisierung. Die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates ist nicht verpflichtet, Zinsen zu berechnen.
8. Die zuständige Behörde des ersuchten Staates teilt der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Ersuchens schriftlich mit, dass der steuerliche Anspruch zur Beitreibung angenommen wurde.
– 6 –
IV. Durchführung eines Amtshilfeverfahrens
1. Wird das Ersuchen angenommen, unterrichtet die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates so bald wie möglich, doch in jedem Fall innerhalb von neun Monaten nach der Annahme, über die getroffenen Maßnahmen und ihre Ergebnisse.
2. Jede für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle führt Beitreibungsmaßnahmen gemäß ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften, Grundsätzen und Verfahren sowie dieser Vereinbarung durch. Der ersuchte Staat setzt den Steuerpflichtigen über die Steuerschuld und das übermittelte Ersuchen durch den ersuchenden Staat nach Maßgabe des Abkommens in Kenntnis und fordert den Steuerpflichtigen zur Zahlung auf.
3. Die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates kann einen Zahlungsplan in Übereinstimmung mit den im ersuchten Staat üblichen Verfahrensweisen vereinbaren.
4. Unterbreitet der Steuerpflichtige einen Kompromiss- oder Vergleichsvorschlag, setzt die zuständige Behörde des ersuchten Staates die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchenden Staates über diesen Vorschlag in Kenntnis. Die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates kann ihre Beitreibungsmaßnahmen fortführen, bis sie von der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates die Anweisung erhält, diese Maßnahmen einzustellen oder auszusetzen. Die zuständige Behörde des ersuchenden Staates entscheidet zeitnah über den Vorschlag und setzt die zuständige Behörde des ersuchten Staates über ihre Entscheidung in Kenntnis.
5. Vor der Einleitung von Maßnahmen zur Beschlagnahme oder Veräußerung des Hauptwohnsitzes eines Steuerpflichtigen zur Befriedigung eines steuerlichen Anspruchs holt der ersuchte Staat die schriftliche Zustimmung der für das Beitreibungsprogramm zuständigen Stelle des ersuchenden Staates ein.
– 7 –
6. Die für das Beitreibungsprogramm zuständigen Stellen können bezüglich der Einzelheiten aller zur Beitreibung angenommenen Ersuchen unmittelbar miteinander verkehren. Zu diesen Einzelheiten zählen unter anderem Maßnahmen zur Bearbeitung des Ersuchens, die Aussetzung von Beitreibungsmaßnahmen sowie die ausstehenden Beträge der steuerlichen Ansprüche. Die zuständige Behörde oder die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchenden Staates kann jederzeit die Aussetzung der Beitreibung verlangen.
7. Verliert der steuerliche Anspruch, nachdem ein Ersuchen um Amtshilfe bei seiner Erhebung gestellt wurde, seine Eigenschaft als vollstreckbarer steuerlicher Anspruch nach dem Recht des ersuchenden Staates, teilt die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle dieses Staates der zuständigen Behörde des ersuchten Staates dies unverzüglich mit und die zuständige Behörde des ersuchten Staates setzt alle Beitreibungsmaßnahmen aus.
8. Nimmt der ersuchende Staat nach Übermittlung eines Ersuchens wieder Beitreibungsmaßnahmen oder die Kommunikation mit dem Steuerschuldner auf, unterrichtet er den ersuchten Staat unverzüglich hiervon. Der ersuchte Staat kann dann die Beitreibungsmaßnahmen aussetzen.
9. Den steuerlichen Ansprüchen des ersuchenden Staates wird keine Vorrangigkeit gewährt, die ansonsten für Steuern nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates gilt. Im Falle von Konkurs, Zwangsverwaltung oder sonstiger Insolvenz meldet die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates für die Steuern, die der Steuerpflichtige dem ersuchenden Staat schuldet, Konkursforderungen als nicht gesicherter gewöhnlicher beziehungsweise als gesicherter Gläubiger an.
10. Hat ein Steuerpflichtiger gegenüber beiden Vertragsstaaten Schulden, kann die zuständige Behörde des ersuchten Staates alle beim Steuerpflichtigen beigetriebenen Beträge mit den diesem Vertragsstaat geschuldeten Beträgen verrechnen, bevor sie sie mit den steuerlichen Ansprüchen des ersuchenden Staates verrechnet.
– 8 –
V. Kosten
1. Die üblichen Kosten der Amtshilfe bei der Steuererhebung werden von dem ersuchten Staat getragen; alle außergewöhnlichen Kosten (z. B. Sachverständigenkosten und andere Rechtskosten) werden von dem ersuchenden Staat getragen. Zu den üblichen Kosten zählen die internen Verwaltungskosten (wie Gehälter und Gemeinkosten) und geringfügige externe Kosten (wie Gerichtskosten). Die bei den in Abschnitt II Absatz 2 genannten Personen beigetriebenen üblichen Kosten kann der ersuchte Staat einbehalten.
2. Außergewöhnliche Kosten, die nicht beim Steuerschuldner beigetrieben werden können, werden nur mit vorheriger Zustimmung der für das Beitreibungsprogramm zuständigen Stelle des ersuchenden Staates eingegangen. Verweigert die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchenden Staates die Übernahme außergewöhnlicher Kosten, kann die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates die Durchführung der diese Kosten verursachenden Beitreibungsmaßnahmen ablehnen. Sobald die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates annimmt, dass außergewöhnliche Kosten entstehen könnten, setzt sie die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchenden Staates, soweit möglich unter Angabe der geschätzten Höhe dieser Kosten, hierüber in Kenntnis, sodass der ersuchende Staat darüber entscheiden kann, ob diese Kosten eingegangen werden sollen.
3. Der ersuchende Staat erstattet dem ersuchten Staat die Kosten, die ihm durch die aufgrund eines Amtshilfeersuchens ergriffenen Maßnahmen entstanden sind, das wegen Nichtbestehens des steuerlichen Anspruchs unberechtigt war.
VI. Rechtsstreitigkeiten
Im Falle von Rechtsstreitigkeiten infolge der Anwendung des Programms zur Amtshilfe bei der Steuererhebung konsultieren sich die zuständigen Behörden und die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle bei Bedarf. Sie leisten ebenfalls die bei Rechtsstreitigkeiten angemessene und erforderliche Unterstützung.
– 9 –
VII. Beendigung eines Amtshilfeverfahrens
In folgenden Fällen wird die Beitreibung eines steuerlichen Anspruchs eingestellt und im ersuchten Staat keine weiteren Maßnahmen getroffen:
a. Vollständige Zahlung: Der steuerliche Anspruch wurde vollständig beglichen.
b. Verlust des Rechts auf Beitreibung / Rücknahme des Ersuchens: Verliert der ersuchende Staat nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften das Recht, den steuerlichen Anspruch beizutreiben, oder möchte er aus irgendeinem Grund das Ersuchen zurücknehmen, setzt er die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates unverzüglich über die Rücknahme des Ersuchens in Kenntnis. Darauf folgt eine schriftliche Mitteilung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates über die Rücknahme. Die zuständige Behörde des ersuchten Staates bestätigt die Rücknahme des Ersuchens schriftlich.
c. Nicht beitreibbare Ansprüche: Stellt der ersuchte Staat fest, dass ein steuerlicher Anspruch nicht beitreibbar ist, gibt die zuständige Behörde das Ersuchen mit einem Bericht zurück, in dem näher erläutert wird, warum die Forderung nicht beitreibbar ist.
d. Sonstige Fälle: Stellt die zuständige Behörde des ersuchten Staates, nachdem sie einen steuerlichen Anspruch zur Beitreibung angenommen hat, fest, dass der Anspruch dem Abkommen, seinen Grundsätzen oder seiner Auslegung widerspricht, kann die zuständige Behörde nach Konsultation mit der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates das Ersuchen mit einem Bericht zurückgeben, in dem die Gründe für die Rückgabe des Ersuchens näher erläutert werden.
VIII. Zahlungsabwicklung
Die Zahlung der vom ersuchten Staat beigetriebenen Beträge an den ersuchenden Staat erfolgt per Banküberweisung und die für das Beitreibungsprogramm zuständige Stelle des ersuchten Staates übermittelt der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates ein Schreiben, in dem die beigetriebenen Beträge einzeln aufgestellt sind.
– 10 –
IX.Wirksamkeit des Programms / Änderungen / Operative Anpassungen
1. Die zuständigen Behörden, die diese Vereinbarung unterzeichnet haben, konsultieren sich bei Bedarf bezüglich der Wirksamkeit des Programms. Sie können diese Vereinbarung gegebenenfalls durch Briefwechsel ändern.
2. Die für das Beitreibungsprogramm zuständigen Stellen können regelmäßig operative Anpassungen vornehmen, die mit dieser Vereinbarung im Einklang stehen und ihre Grundsätze unberührt lassen.
X. Inkrafttreten des Anwendungsmodus / Kündigung
1. Diese Vereinbarung findet am Tag ihrer Unterzeichnung durch die unten genannten zuständigen Behörden Anwendung. Maßgebend ist der Tag der zweiten Unterzeichnung.
2. Diese Vereinbarung kann von beiden zuständigen Behörden, die diese Vereinbarung unterzeichnet haben, schriftlich gekündigt werden.
Diese Vereinbarung wurde in zweifacher Ausfertigung, jede in englischer Sprache, erstellt.
Für die zuständige Behörde Für die zuständige Behörde
der Bundesrepublik Deutschland Kanadas
Datum: 22. Oktober 2013
Dieter Eimermann Costa Dimitrakopoulus
Bundesministerium der Finanzen Canada Revenue Agency
Attachment A /Anlage A
Name and address of the
competent authority of the requested State /
Name und Anschrift
der zuständigen Behörde des ersuchten Staates
Attention: / z. H.:
Date / Datum
Dear XXXX /Anrede
RE.: Application for assistance in collection – “name of taxpayer” /
Betr.: Ersuchen um Amtshilfe bei der Steuererhebung – „Name des Steuerpflichtigen“ Article 27 Canada-Germany Double Taxation Agreement Artikel 27 deutsch-kanadisches Doppelbesteuerungsabkommen
Pursuant to Article 27 of the Canada-Germany Double Taxation Agreement, this is to apply for the assistance of [requested State] regarding the collection of a revenue claim pertaining to [name of taxpayer(s)] in the amount of [$/€XXXX.XX].
The undersigned, as representative of the competent authority of [applicant State], certifies that the above-noted revenue claim has been finally determined and that recovery measures have been carried out in [applicant State] but have neither led, nor are likely to lead, to full repayment of the debt or revenue claim. If, at any time during the execution of this application for assistance in collection, the right under our internal law to collect this revenue claim is lost, prompt notification will be issued and the request for assistance will be withdrawn.
Gemäß Artikel 27 des deutsch-kanadischen Doppelbesteuerungs-abkommens wird hiermit [der ersuchte Staat] um Amtshilfe bei der Beitreibung eines steuerlichen Anspruchs in Bezug auf [Name(n) des(r) Steuerpflichtigen] in Höhe von [XXXX.XX $/Euro] ersucht.
Als Vertreter der zuständigen Behörde [des ersuchenden Staates] bestätigt der Unterzeichnende, dass der oben genannte steuerliche Anspruch unanfechtbar festgesetzt ist und Beitreibungs-maßnahmen in [ersuchender Staat] durchgeführt worden sind, die weder zur vollständigen Tilgung der Forderung/des steuerlichen Anspruchs geführt haben noch voraussichtlich führen werden. Erlischt während der Ausführung des Amtshilfeersuchens das Recht auf
Additional information regarding the outstanding revenue claim pertaining to [name of taxpayer(s)] is attached. The use or disclosure of information pertaining to this revenue claim is governed by the provisions of Article 27 of the Canada-Germany Double Taxation Agreement.
Should additional information or clarification be required, please do not hesitate to contact me.
Yours sincerely,
[competent authority of the applicant State]
encl.
Erhebung dieses steuerlichen Anspruchs nach unserem Recht, wird dies unverzüglich mitgeteilt und das Amtshilfeersuchen zurückgezogen.
Zusätzliche Angaben zu dem ausstehenden steuerlichen Anspruch betreffend [Name des Steuerpflichtigen] sind beigefügt. Für die Verwendung und Offenlegung von Informationen zu diesem steuerlichen Anspruch gelten die Bestimmungen des Artikels 27 des deutsch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommens.
Sollten Sie weitere Auskünfte benötigen oder Klärungsbedarf haben, können Sie sich gerne an mich wenden.
Schlussformel
[Zuständige Behörde des ersuchenden Staates]
Anlagen:
Attachment B1 – Germany
Finanzamt:
/ Tax office:
Aktenzeichen: / Reference:
Ort / Town
Datum / Date
Konten der Finanzkasse:
/ Revenue office accounts:
Rückstandsanzeige / Notice of arrears
Name:
/ Name:
Beruf:
/ Occupation:
Anschrift:
/ Adress:
Geburtsdatum:
/ Date of birth:
Geburtsort:
/ Place of birth:
Beschäftigt bei:
/ Employed by:
Letzte Anschrift in der Bundesrepublik Deutschland:
/ Most recent address in the Federal Republic of Germany:
Staatsangehörigkeit:
/ Nationality:
In der Zeit vom: / From:
Bis
/ To
Wohnsitz1) – gewöhnlicher Aufenthalt1) – Betriebsstätte1) – in
/ Place of residence1) – Usual abode1) – Permanent establishment1) – in
Von der/den vorbezeichneten Person(en) werden folgende Steuern und steuerliche Nebenleistungen, die durch Leistungsgebot angefordert worden sind, geschuldet: / The above-named individual(s) owe the following taxes and associated fiscal charges, which have been demanded by payment order:
Schuldgrund (insbesondere Steuerart und Zeitraum)
/ Debt (particularly the type of tax and period)
Fälligkeit
/ Due date of payment
Schuldbetrag in Euro
/ Amount owed in €
Säumniszuschläge
/ Default surcharges
Zeitpunkt der Verjährung2) / Date of time-barring2)
Betrag in Euro / Amount in €
berechnet bis / calculated until
Summe / Subtotal
Summe Schuldgrund / Debt subtotal
Summe der Säumniszuschläge / Default surcharge subtotal
Vollstreckungskosten / Costs of enforcement
Gesamtanspruch / Total claimed
Angaben zur Ausführung der Zahlung /Payment instruction
Bitte überweisen Sie den beigetriebenen Forderungsbetrag an / Please remit the amount of the claim recovered to:
– Kontonummer / Bank account number (IBAN):
– Internationale Bankleitzahl / Bank identification code (BIC):
– Name der Bank / Name of the bank:
– Name des Kontoinhabers / Name of the account holder:
– Anschrift des Kontoinhabers / Address of the account holder:
– Bei der Zahlung anzugebende Referenz / Payment reference to be used at the transfer of the money:
Die Summe der Forderungen aus Haftungsbescheid vom __________ wurde fällig am ____________ .
/ The total demanded on the payment order dated __________ was due on __________ .
Abdruck des Dienststempels / Stamp Unterschrift des berechtigten Bediensteten des Finanzamtes / Signature of the authorised tax office official
Bestätigung / Confirmation
Der in der vorstehenden Rückstandsanzeige ausgewiesene Gesamtanspruch ist vollstreckbar – und bestandskräftig.3)
/ The total claimed in the above notice of arrears is enforceable and non-appealable.4)
Ort / Place Datum / Date Unterschrift, Dienstbezeichnung / Signature, Grade
Abdruck des Dienststempels / Official stamp
1) Zutreffendes bitte ankreuzen / Please cross where applicable
2) Verjährungsdaten sind immer anzugeben. / Dates of time-barring must always be stated
3) ggf. streichen / Delete if inapplicable
ARTIKEL 27/ARTICLE 27
Ersuchen um Amtshilfe bei der Steuererhebung
Request for Assistance in Collection
ZWISCHEN DEUTSCHLAND UND KANADA
BETWEEN GERMANY AND CANADA
Staatsangehörigkeit
Geschlecht:
Residency:
Staatsangehörigkeit:
Geschlecht:
Residency:
Datum des
Gesamtbetrag
Steuerbescheid
Geänderter Steuerbescheid
Unanfechtbar/Finally
Verjährung/Statute of
Steuerbescheids/
Total Amount
Assessed /
Re-assessed
festgesetzt/Determined
/Limitations
Date of Assessment
Steuer/Tax
Zuschläge und Geldbußen/Penalty
Zinsen/Interest
Datum/Date
Datum/Date
$0,00
$0,00
$0,00
$0,00
$0,00
$0,00
$0,00
$0,00
$0,00
$0,00
Insgesamt/Total
-$
-$
-$
-$
Steuerart / Revenue Type
Für das Jahr Periode / For year period
Geschuldeter Betrag / Balance
Maßgebender Zeitpunkt für die Zinsberechnung/Effective Interest Date (DD/MM/YY)
Previous Address in the requested State:
Previous Telephone Number:
Letzte bekannte Adresse im ersuchten Staat:
Last Known Address in requesting State:
Männlich/Weiblich:Male/Female
B. Angaben zu den einzuziehenden Forderungen/Particulars of Debt Outstanding
Aktuelle Anschrift im ersuchten Staat:
Aktuelle Telefonnummer:
Current Address in the requested State:
Current Telephone Number:
Frühere Anschrift im ersuchten Staat:
Frühere Telefonnummer:
Spouse’s Full Name:
Geburtsdatum:
Steuer- / Identifikationsnummer des Ehegatten (Deutschland):
Sozialversicherungsnummer des Ehegatten (Kanada):
Date of Birth (DD-MMM-YY):
Spouse Identification Number (Germany):
Spouse Social Insurance Number (Canada):
Previous Address in the requested State:
Previous Telephone Number:
Letzte bekannte Adresse im ersuchten Staat:
Last Known Address in requested State:
Männlich/Weiblich:Male/Female
Bekannt als: Known Alias(es):
Vor- und Nachname des Ehegatten
Aktuelle Anschrift im ersuchten Staat
Aktuelle Telefonnummer:
Current Address in requested State:
Current Telephone Number:
Frühere Anschrift im ersuchten Staat:
Frühere Telefonnummer:
Geburtsdatum:
Steuer- / Identifikationsnummer (Deutschland):
Sozialversicherungsnummer (Kanada):
Date of Birth (DD-MMM-YY):
Taxpayer Identification Number (Germany):
Social Insurance Number (Canada):
Attachment B2 – Canada
A. Angaben zum Schuldner/Debtor Information
Debtor’s Full Name:
Name und Vorname des Schuldners
Bekannt als: Known Alias(es):
ARTIKEL 27/ARTICLE 27
Ersuchen um Amtshilfe bei der Steuererhebung
Request for Assistance in Collection
ZWISCHEN DEUTSCHLAND UND KANADA
BETWEEN GERMANY AND CANADA
Betrag
Description
Name and Address of Payor
Amount
Description
Location
Wire transfer Instructions/Hinweis zur Überweisung eingezogener Beträge:
Make payments in $ CDN to the Receiver General, and wire to/ Überweisung in $ CAN an den Receiver General: BANK: The Bank of Nova Scotia, 40 King Street West, Toronto, Ontario, Canada M5H 1H1. SWIFT: NOSCATT BANK NO: 02 Transit No: 47696 Beneficiary name/Begünstigter: Canada Revenue Agency Beneficiary Account No./Konto des Begünstigten: 476961134515 Description field: Authorization number: 122-22715 Charge Detail: OUR
Weitere Informationen, die für den Vertragspartner für die Steuererhebung hilfreich sein können. / Other information that may be of assistance to the Treaty Partner in the collection of the account.
Der Unterzeichnete bestätigt, dass dieser steuerliche Anspruch gemäß Artikel 27 Absatz 2 des am 19. April 2001 unterzeichneten und am 28. März 2002 in Kraft getretenen Abkommens zwischen Kanada und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen unanfechtbar festgesetzt ist. / The undersigned certifies that this revenue claim is finally determined in accordance with paragraph 2, Article 27 of the Agreement Between Canada and the Federal Republic of Germany for the Avoidance of Double Taxation with Respect to Taxes on Income and Certain Other Taxes, the Prevention of Fiscal Evasion and the Assistance in Tax Matters signed on 19th day of April 2001 and which entered into force on the 28th day of March 2002.
Datum/Date:
Collections Programm-Administrator/Collections Program Adminstrator
E. Other Information/Weitere Informationen
D. Anlage/Assets:
Beschreibung
Standort
Geschätzter Wert
Estimated Value
Frequency of Payment
C. Einnahmequelle/Source of Income:
Beschreibung
Name und Anschrift des Zahlenden
Häufigkeit der Zahlung

Grunderwerbsteuer – Verfügung betr. Gegenstand des Erwerbsvorgangs bei einheitlichem Vertragswerk

Vom 10. Juli 2013 (GrESt-Kartei ND 1983 § 9 GrEStG Karte 25)
(OFD Niedersachsen S 4521-276-St 262)
Der für den Umfang der Gegenleistung i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird durch das von den Vertragsparteien gewollte wirtschaftliche Ergebnis bestimmt.
1. Maßgeblichkeit der vertraglichen Vereinbarungen
Ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in bebautem oder unbebautem Zustand ist, richtet sich nach den Vereinbarungen der Parteien. Haben sie das bebaute Grundstück zum Vertragsgegenstand gemacht, ist es in diesem Zustand zu besteuern, unabhängig davon, ob das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts noch unbebaut war.
Fehlen derartige Vereinbarungen – was häufig vorkommt –, ist grundsätzlich der Zustand maßgeblich, in dem sich das Grundstück bei Vertragsabschluss befindet (Boruttau, 17. Auflage, § 9 Rdnr. 136 bis 142; Pahlke/Franz, 4. Auflage, § 9 Rdnr. 4 ff.).
2. Künftiger Grundstückszustand als Gegenstand des Erwerbsvorgangs
Die Frage, in welchem Zustand ein Grundstück zu besteuern ist, stellt sich insbesondere dann, wenn getrennte Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über die Errichtung eines Gebäudes abgeschlossen werden.
Solche Verträge können bereits zivilrechtlich verknüpft sein (Hinweis auf Ziffer 2.1), sie können aber auch nach den besonderen grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen als Einheit zu behandeln sein (Hinweis auf Ziffer 2.2).
2.1. Zivilrechtliche Verknüpfung des Grundstückskaufvertrags mit dem Bauvertrag (rechtlicher Zusammenhang)
Vereinbaren die Parteien in einer Urkunde die Übertragung eines Grundstücks und die Errichtung eines Gebäudes durch den Verkäufer, so spricht dies für das Vorliegen eines (gemischten) Vertrags. Entscheidend ist aber nicht so sehr das Zusammenfassen der Vereinbarungen in einer Urkunde, sondern der aus den Gesamtumständen abzuleitende Parteiwille (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 161, 161 a). Indizien für einen dahingehenden Parteiwillen sind:
 – Bezeichnung im Vertragstext;
 – Zusammenfassung der Vereinbarungen in einer Urkunde;
 – ein einheitlicher Preis.
Der Bundesfinanzhof geht bei Vorliegen eines Vertrags davon aus, dass Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück ist (BFH vom 13. April 1983 II R 53/81, BStBl. 1983 II S. 606).
Liegen zwei oder mehrere Verträge vor, sind sie als ein einheitlicher Vertrag zu werten, wenn ihre Gültigkeit ausdrücklich voneinander abhängig ist (BGH-Urteil vom 24. November 1983 VII ZR 34/83, NJW 1984 S. 869) oder – auch ohne ausdrückliche Bestandsverknüpfung –, wenn sie nach
dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander „stehen und fallen“ sollen.
Dabei reicht es aus, wenn nur eine der Vertragsparteien einen solchen Einheitswillen erkennen lässt und die andere Partei ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt (BGH-Urteil vom 24. November 1983, NJW 1984 S. 869; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 163). Ob die Vereinbarungen miteinander „stehen und fallen“, ist unter Berücksichtigung der Interessenslage der Vertragsparteien, ihrem Verhalten vor und bei Vertragsabschluss und dem tatsächlichen Geschehensablauf zu ermitteln (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 164; BFH vom 13. August 2003 II R 52/01, BFH/NV 2004 S. 663, und BFH vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
Für eine Vertragsverknüpfung sprechen:
 – Baubeginn vor Vertragsabschluss (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1981 II R 124/79, BStBl. 1982 II S. 330);
 – Fehlen einer Vereinbarung aller Erwerber über die gemeinsame Baufertigstellung (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 164);
 – Grundstücksverkäufer veräußert nur an Erwerber, die vorher eine Treuhandvollmacht zum Abschluss der übrigen Verträge erteilt haben (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr., 164; BFH vom 28. Oktober 1998 II R 36/96, BFH/NV 1999 S. 667).
Der Vertragsverknüpfung steht nicht entgegen,
 – dass die Vereinbarungen in unterschiedlichen Urkunden niedergelegt wurden (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 164);
 – dass – wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen beteiligt sind – der Verkäufer und das mit der Gebäudeerrichtung beauftragte Unternehmen nicht identisch sind.
Die rechtliche Einheit mehrerer Verträge hat zur Folge, dass alle Verträge beurkundungspflichtig sind (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 162; Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rdnr. 17). In der Praxis werden hiervon betroffene Bauverträge gleichwohl oft nicht beurkundet, ihre (zeitweilige) Unwirksamkeit nehmen die Beteiligten in Kauf. Sie wird nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB n. F. (§ 313 Satz 2 BGB a. F.) durch Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch geheilt. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Januar 1994 II R 52/90, BStBl. II S. 409, unterliegt ein infolge unvollständiger Beurkundung unwirksames (nichtiges) Rechtsgeschäft gleichwohl der Steuer (§ 41 Abs. 1 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), wenn die Beteiligten ihren Erklärungen gemäß auf die Erfüllung hinwirken (Pahlke/Franz a. a. O., § 9 Rdnr. 17).
Die zivilrechtliche Einheit von getrennten Verträgen führt zu einer Besteuerung des bebauten Grundstücks (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 162). Die (schwierigen) Zivilrechtsfragen haben für die Grunderwerbsteuer jedoch an Bedeutung verloren, weil auch bei fehlender zivilrechtlicher Verknüpfung Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück sein kann, wenn die Voraussetzungen eines objektiv engen sachlichen Zusammenhangs vorliegen (Hinweis auf Ziffer 2.2).
2.2. Objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauvertrag
Der Bundesfinanzhof hat an seiner ständigen Rechtsprechung mit Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99, BStBl. 2000 II S. 34, festgehalten: „Ob als Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das
zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, kann sich ’(auch)‚ aus dem tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäft, d. h. aus dem Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung des Veräußerers oder aus mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv engem sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder Umständen ergeben, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann auch aus dem Zusammenwirken mehrerer Personen auf der Veräußererseite folgen, wenn die Umstände des Zusammenwirkens ergeben, dass der Erwerber ein bebautes Grundstück erhält (BFH-Urteil vom 23. November 1994 II R 53/94, BFHE 176, 450, BStBl. 1995 II S. 331). Ist dies der Fall, so gehören alle Aufwendungen des Grundstückserwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die von ihm für die Verschaffung des bebauten Grundstücks gewährt werden.“
Danach kommt es entscheidend darauf an, aus welchen Kriterien das Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs abgeleitet werden kann. Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang kann vorliegen, wenn der Erwerber (spätestens) mit Abschluss des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Das ist der Fall, wenn er dem Veräußerer gegenüber rechtlich oder faktisch im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags an ein Bebauungskonzept gebunden ist.
Ein Bebauungskonzept liegt vor, wenn auf ein bestimmtes Grundstück ein bestimmtes Gebäude zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis gebaut werden soll (BFH-Urteil vom 30. April 2003 II R 29/01, BFH/NV S. 1446; BFH-Urteil vom 13. August 2003 II R 52/01, BFH/NV 2004 S. 663; BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
Rechtlicher Zusammenhang (= zivilrechtliche Verknüpfung der Verträge)
Objektiv enger sachlicher Zusammenhang (= tatsächliche Verknüpfung der Verträge)
A)
Pflicht zur Grundstücksübereignung und Gebäudeerrichtung aufgrund eines Vertrags oder
A
Einheitliches Vertragsangebot und
B)
Ausdrückliche Bestandsverknüpfung mehrerer Verträge oder
B
keine Entscheidungsmöglichkeit des Erwerbers über das „Ob“ und das „Wie“ einer Bebauung
C)
Vereinbarungen sind derart voneinander abhängig, dass sie miteinander „stehen und fallen“.
(Hinweis auch auf das Schaubild unter Ziffer 2.2.1)
2.2.1. Zeitliche Abfolge der Verträge
Hat sich der Erwerber schon vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags oder zeitgleich mit ihm durch den Abschluss eines Gebäudeerrichtungsvertrages an die Bebauung des Grundstücks gebunden, so liegt immer ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Vereinbarungen vor (BFH-Urteil vom 12. März 1997 II R 86/94, BFH/NV 1998 S 80; Pahlke/Franz, a. a. O.; § 9 Rdnr. 19 und 20; Boruttau a. a. O., § 9 Rdnr. 167).
Bei Abschluss des Bauvertrags nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags ist ein sachlicher Zusammenhang z. B. gegeben
 – bei einem faktischen Zwang (Ziffer 2.2.2) oder
 – bei der Hinnahme eines von der Veräußererseite vorbereiteten Geschehensablaufs (Ziffer 2.2.3).
Der Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 28. März 2012 II R 57/10 (BStBl. II S. 920) entschieden, dass auch ein Zeitraum von rund 19 Monaten der Annahme eines einheitlichen Vertragswerks nicht entgegensteht, wenn besondere Umstände hinzutreten. Im Entscheidungsfall war das Grundstück im Erwerbszeitpunkt noch vermietet und der Beginn der geplanten Bauarbeiten vom Auszug des Mieters abhängig.
Liegt nach objektiven Kriterien ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag vor und wird dieser vom Käufer bestritten, muss er nachweisen, dass er in der Auswahl des Bauunternehmers frei war und er hiervon auch Gebrauch gemacht hat. Innerhalb weniger Tage erstellte Angebote anderer Unternehmen sprechen für Gefälligkeitstatbestände.
2.2.2. Faktischer Zwang
Faktische Zwänge sind nach objektiven Kriterien zu bestimmen.
So kann eine Eigentumswohnung auf einem unbebauten Grundstück nicht für sich allein, sondern nur durch Errichtung des betreffenden Gesamtgebäudes hergestellt werden (Ausnahme: Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rz. 22). Bei Reihenhäusern- und Doppelhaushälften kommt es darauf an, ob die einzelne Einheit für sich (also unabhängig von den benachbarten Einheiten) errichtet werden kann.
Ein faktischer Zwang kann auch in der Form bestehen, dass der Grundstückserwerber bei Nichtabschluss des Gebäudeerrichtungsvertrages (spürbare) wirtschaftliche Nachteile hinnehmen
müsste, z. B. wenn der Veräußerer das Grundstück zu einem überhöhten Preis anbietet und so die Errichtung des Gebäudes konkurrenzlos günstig anbieten kann (Mischkalkulation).
Ist der bisherige Grundstückseigentümer Bauunternehmer, besteht in aller Regel ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem mit ihm abgeschlossenen Werkvertrag zur Bebauung des Grundstücks. Der Grundstückshandel soll gerade diesem Zweck dienen; der Bauunternehmer hat ein wirtschaftliches Interesse am Abschluss aller Verträge. Das unbebaute Grundstück wird daher nur ausnahmsweise Gegenstand der Besteuerung sein, insbesondere bei einem nachgewiesenen Notverkauf zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit.
2.2.3. Hinnahme eines vorbereiteten Geschehensablaufs
Die Hinnahme eines von der Anbieterseite vorbereiteten Geschehensablaufs durch den Erwerber indiziert nach dem BFH-Urteil vom 23. November 1994 II R 53/94 (BStBl. 1995 II S. 331) – unabhängig von der zeitlichen Abfolge der Vertragsabschlüsse – einen objektiv engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Gebäudeerrichtung. Ein vorbereiteter Geschehensablauf liegt vor, wenn der Grundstücksverkäufer dem Interessenten aufgrund einer konkreten und annähernd bis zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und er dieses Angebot nur als einheitliches annehmen oder ablehnen kann. Für diese Beurteilung ist es unmaßgeblich, ob die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung inhaltlich maßgebend von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden ist (BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269). Bloße Bebauungsvorschläge der Veräußererseite genügen jedoch nicht für die Annahme, dass ein vorbereiteter Geschehensablauf hingenommen wird.
Entscheidend ist, dass schon die Akzeptanz des von der Anbieterseite vorbereiteten Geschehensablaufs durch den Erwerber den objektiv engen sachlichen Zusammenhang indiziert.
Der Erwerber kann die indizierte Einheitlichkeit der Verträge widerlegen, indem er nachweist, dass entgegen dem ersten Anschein ein Zusammenhang nicht bestand. Ein bloßes Bestreiten reicht ebenso wenig aus wie die Vorlage von Gefälligkeitsangeboten anderer Bauuntemehmen (Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rdnr. 25).
Der objektiv enge sachliche Zusammenhang wird nicht dadurch beseitigt, dass dem Erwerber nach dem Gebäudeerrichtungsvertrag freigestellt wird, bestimmte Bauleistungen in Eigenarbeit zu erbringen oder anderweitig freihändig zu vergeben. Auch die eigene Erledigung verwaltungstechnischer Arbeiten, z. B. die Einholung der Baugenehmigung oder die Durchführung des Teilungsverfahrens steht der Annahme eines einheitlichen Vertragswerkes nicht entgegen (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 176).
2.2.4. Die Veräußererseite besteht aus mehreren Personen
Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen auf (Grundstückseigentümer, Makler, Bauunternehmen, Initiator, Bevollmächtigte, Treuhänder usw.), reicht für den objektiv sachlichen Zusammenhang die Bindung an eine bestimmte Bebauung nicht aus (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 167). Vielmehr muss eine Verbindung der Personen oder ein objektiv erkennbar
abgestimmtes Verhalten der Veräußererseite, das auf den Abschluss der Verträge hinwirkt, hinzutreten (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 171).
Eine Verbindung der Personen liegt vor, wenn sie personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng miteinander verbunden sind.
Ein zu einem sachlichen Zusammenhang führendes Zusammenwirken der auf der Veräußererseite tätigen Vertragspartner liegt vor, wenn sie ihr Verhalten aufeinander abstimmen und dadurch bewirken, dass der Interessent das Grundstück nur erhält, wenn er auch die übrigen Verträge abschließt (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 171 – 173). Eines schriftlichen Vertrags zwischen den auf der Veräußererseite verbundenen bzw. auftretenden Personen bedarf es hierbei nicht. Es genügt ein tatsächliches, einvernehmliches Zusammenwirken, das bereits dann gegeben ist, wenn der im Übrigen passive Grundstückseigentümer dem Bauunternehmen das Grundstück „an die Hand“ gibt (BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
Für Absprachen sprechen folgende Indizien:
 – Das Bauunternehmen wirbt in Anzeigen/Prospekten/Internet unter Angabe des – Grundstücks;
 – die von einem Grundstückseigentümer verkauften Grundstücke eines Baugebiets werden von demselben oder einem ihm verbundenen Unternehmen bebaut;
 – das Bauunternehmen wurde dem Kunden vom Grundstückseigentümer benannt.
Darüber hinaus wird ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag indiziert, wenn die Veräußererseite aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot annimmt. Die Abgabe eines einheitlichen Angebots durch eine von mehreren auf der Veräußererseite handelnden Personen ist kaum denkbar, ohne dass diesem Angebot eine Abstimmung mit den übrigen Personen zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 2. März 2006 II R 47/04, BFH/NV S. 1509). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Erwerber das einheitliche Angebot der Veräußererseite unverändert annimmt oder ob er der Veräußererseite konkrete Vorgaben macht, die dann zur Grundlage für das einheitliche, vom Erwerber akzeptierte Angebot über den Erwerb von Grundstück und Gebäude werden (BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
2.3. Fehlen der Gebäudeherstellungsverpflichtung auf der Veräußererseite
Fehlt es neben der Übereignungsverpflichtung an der Verpflichtung des Veräußerers der Veräußererseite zur Herstellung/Errichtung des Gebäudes, sondern wird das Gebäude vielmehr durch den Erwerber errichtet, liegt eine grunderwerbsteuerlich nicht relevante eigennützige Leistung des Erwerbers an sich selbst vor (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 47, 48). Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist dann nicht das bebaute Grundstück, sondern nur das unbebaute Grundstück; es zählen somit nur die Anschaffungskosten des unbebauten Grundstücks zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer neben dem Grundstück Dienst- bzw. Sachleistungen anbietet, sich zur Lieferung beweglicher Gegenstände (Baumaterialien, Fertighausteile) oder zur Bereitstellung von Planungsunterlagen verpflichtet (BFH-Urteil vom 27. Oktober 2004 II R 12/03, BStBl. 2005 II S. 220).
Davon abzugrenzen sind die Fälle, in denen – nach den oben aufgezeigten Grundsätzen (Ziffern 2.1 und 2.2) – Erwerbsgegenstand das Grundstück mit zu errichtendem Gebäude ist und der Erwerber Eigenleistungen erbringt. In diesen Fällen gehört das Entgelt für die Gebäudeerrichtung zur Gegenleistung. Die erbrachten Eigenleistungen des Grundstückserwerbers sind allerdings nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 217, 218; Pahlke/Franz, a. a. O., § 8 Rdnrn. 11, 12; § 9 Rdnr. 52).
2.4. Erwerb eines (teil)bebauten Grundstücks
Ist ein Grundstück bei Vertragsabschluss (teil)bebaut, unterliegt es mindestens in diesem Zustand der Grunderwerbsteuer. Für die Grunderwerbsteuer kann ein Grundstück nicht in dem Zustand zum Erwerbsgegenstand gemacht werden, den es nicht mehr hat und nicht mehr erhalten soll (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1981 II R 124/79, BStBl. 1982 II S. 330 und BFH-Urteil vom 16. Januar 2002 II R 16/00, BStBl. II S. 431).
2.5. Erwerbe durch Funktionsträger (Treuhänder oder Projektanbieter)
Erwerben Funktionsträger mit bestimmendem Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung Teile des Objekts (z. B. weil sich nicht genügend Interessenten gefunden haben), dann ist das Grundstück in dem Zustand zu besteuern, in dem es sich bei Vertragsabschluss befindet. Die künftig anfallenden Baukosten sind nicht zu besteuern (Hinweis auf Karte 7 b zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei; Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rdnr. 41).
2.6. Baubetreuung
Beschränkt sich die Tätigkeit des Baubetreuers darauf, die Bauplanung zu erstellen, die Baugenehmigung zu beantragen und die Finanzierung zu besorgen, dann ist das unbebaute Grundstück Besteuerungsgegenstand. Anders verhält es sich, wenn das Baubetreuungsunternehmen einen Festpreis garantiert oder/und Absprachen mit Bauunternehmen/dem Grundstückseigentümer getroffen hat, die bewirken, dass der Interessent das Grundstück nur zusammen mit der Bauleistung erhalten kann.
3. Umfang der Gegenleistung bei Bejahung des einheitlichen Vertragswerkes
Wird das einheitliche Vertragswerk bejaht, hat dies zur Folge, dass zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage im Sinne des § 8 i. V. m. § 9 GrEStG) alle Leistungen des Erwerbers gehören, die dieser an den Grundstücksveräußerer und Dritte gewährt, um das Grundstück in seinem zukünftigen (bebauten) Zustand zu erwerben (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 195 ff.).
Zur Bemessungsgrundlage gehören somit z. B.:
 – der Grundstückskaufpreis;
 – die Baukosten für das Gebäude (soweit die Bauleistungen von der Veräußererseite erbracht werden);
 – die auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallende Umsatzsteuer (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei);
 – alle sonstigen Aufwendungen, die die Durchführung der Baumaßnahme betreffen (z. B. übernommene Makler- und Vermessungskosten, Hinweis auf Karte 4 und Karte 13 zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei);
 – vom Erwerber übernommene Erschließungskosten des Veräußerers (Hinweis auf Karte 15 zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
Nicht zur Bemessungsgrundlage zählen
 – die Eigenleistung des Erwerbers sowie
 – Leistungen, die dem Erwerber selbst aufgrund eigener Verpflichtung gegenüber Dritten entstanden sind (Grundbuch- und Notarkosten).
Betreffend die Einbeziehung von gesondert vereinbarten Bauleistungen weise ich auf meine Verfügung OFD Niedersachsen vom 12. Juli 2006 S 4521 – 146 – StO 262 – hin.
4. Umsatzsteuer
4.1. Einbeziehung der auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallenden Umsatzsteuer
Zu der Einbeziehung der auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallenden Umsatzsteuer gelten die unter Ziffer 4.1.1 und Ziffer 4.1.2 aufgeführten Grundsätze.
Allgemeine Hinweise
Die Einbeziehung der auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallenden Umsatzsteuer in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage im Rahmen des einheitlichen Vertragswerks ist weder verfassungsrechtlich zu beanstanden (Beschluss des BVerfG vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II S. 212; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 204) noch verstößt diese Einbeziehung gegen geltendes Gemeinschaftsrecht (Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. November 2008 C-156/08; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 203).
Gegen die ständige Rechtsprechung des BFH zum einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht bestehen keine unions- oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie steht nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate des BFH (BFH-Urteil vom 27. September 2012 II R 7/12, BStBl. 2013 II S. 86).
§ 4 Nr. 9 a UStG grenzt die umsatzsteuerpflichtigen von den umsatzsteuerfreien Vorgängen ab und enthält kein Gesetzesverbot, ob und inwieweit in bestimmten Fällen Grunderwerbsteuer zu erheben ist. Die Frage, ob ein Vorgang grunderwerbsteuerpflichtig ist, richtet sich allein nach den Regeln des GrEStG, dem insoweit Vorrang gebührt (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99, BStBl. 2000 II S. 34).
4.1.1. Eine Person auf der Veräußererseite
4.1.1.1. Vertragsgegenstand ist das bebaute Grundstück (Hinweis auf Ziffer 1)
Grunderwerbsteuerrechtlich ist das Grundstück in diesem (bebauten) Zustand zu besteuern, unabhängig davon, ob das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts noch unbebaut ist.
Umsatzsteuerlicher Leistungsgegenstand ist ebenfalls das bebaute Grundstück, sodass die Leistungen (Grundstückslieferung und Bauerrichtung) des Unternehmers insgesamt nach § 4 Nr. 9 a UStG umsatzsteuerfrei sind.
Wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG Gebrauch gemacht, stellt die Umsatzsteuer keine Gegenleistung dar (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
4.1.1.2. Vertragsgegenstand ist der künftige (bebaute) Grundstückszustand (Hinweis auf Ziffer 2)
Sind die mit derselben Person auf der Veräußererseite und getrennt voneinander abgeschlossenen Verträge grunderwerbsteuerrechtlich als einheitliches Vertragswerk zu qualifizieren, ist umsatzsteuerlicher Leistungsgegenstand regelmäßig ebenfalls das bebaute Grundstück, sodass die Leistungen (Grundstückslieferung und Bauerrichtung) des Unternehmers grundsätzlich insgesamt nach § 4 Nr. 9 a UStG umsatzsteuerfrei sind.
Wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG für die Grundstückslieferung und Bauerrichtung Gebrauch gemacht, stellt die auf die Grundstückslieferung
und Bauerrichtung entfallende Umsatzsteuer keine Gegenleistung dar (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
4.1.2. Mehrere Personen auf der Veräußererseite
Ist entsprechend der unter Ziffer 2.2.4 dargelegten Grundsätze grunderwerbsteuerlich von einem einheitlichen Vertragswerk auszugehen, ist die Leistung des grundstücksveräußernden Unternehmers gemäß § 4 Nr. 9 a UStG umsatzsteuerfrei, währenddessen die Leistungen der anderen Personen auf der Veräußererseite grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegen.
Wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG für die Lieferung des Grundstücks Gebrauch gemacht, stellt die auf die Grundstückslieferung entfallende Umsatzsteuer keine Gegenleistung dar (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
Die auf die Bauleistungen entfallende und in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ist hingegen als Gegenleistung mit in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es kann insoweit zu einer zulässigen Doppelbelastung der Bauleistungen mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer kommen (Beschluss des EuGH vom 27. November 2008 C-156/08; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 203).
5. Objektive Beweislast/Indizien
Die objektive Beweislast für das Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerkes liegt bei der Finanzverwaltung. Zumeist kann der Beweis nur über Indizien erbracht werden.
Mögliche Indizien für ein einheitliches Vertragswerk können lt. Rechtsprechung z. B. sein:
 – Der gleichartige Geschehensablauf in Parallelfällen in demselben Baugebiet;
 – das Vorliegen eines einheitlichen Angebotes für Grundstück und Gebäude;
 – Stellung des Bauantrages durch die Veräußererseite;
 – Erteilung der Baugenehmigung an die Veräußererseite;
 – zeitliche Nähe der Vertragsabschlüsse/gemeinsamer Ort der Vertragsabschlüsse;
 – Beauftragung des Architekten und/oder der maßgeblichen Bauhandwerker durch die Veräußererseite;
 – Empfehlung bestimmter Bauleistender durch den Veräußerer;
 – Einholung weiterer Angebote von anderen Bauunternehmen spricht nicht gegen ein einheitliches Vertragswerk;
 – Vereinbarung eines Rücktrittsrechtes vom Grundstückskaufvertrag zugunsten des Käufers, wenn dieses Rücktrittsrecht bei Leistungsstörungen im Rahmen des Bauerrichtungsvertrages ausgeübt werden kann;
 – Provisionsversprechen/Zahlungen auf der Veräußererseite, in der Regel durch Bauunternehmer an Makler usw. (Aufklärung ggf. über KM durch Betriebsprüfung beim Bauunternehmer);
 – einheitliche Bauplanung für eine gesamte Reihenhauszeile oder ein Doppelhaus durch die Veräußererseite;
 – personelle Verflechtungen zwischen Veräußerer und Bauträger (insbesondere gleiche nahestehende Gesellschafter);
 – bei Bauherrengemeinschaften die Angabe einer Gesamtinvestitionssumme im Rahmen eines „Beteiligungsangebotes“.
In der Regel kann nur das Zusammentreffen mehrerer Indizien zur Bejahung eines einheitlichen Vertragswerkes führen.
6. Anzeigepflichten
Die Anzeigepflicht der Notare nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erstreckt sich auch auf Verträge, die (zivil-)rechtlich (Hinweis auf Ziffer 2.1) mit dem Grundstückskaufvertrag eine Einheit bilden (Boruttau, a. a. O., § 18 Rdnr. 21). Das gilt unabhängig davon, ob sie in derselben oder einer anderen Niederschrift beurkundet worden sind oder ob die Verträge mit dem Grundstückskaufvertrag im Wege einer Verknüpfungsabrede rechtlich verbunden sind (z. B. Treuhandvertrag, Baubetreuungsvertrag, Generalunternehmervertrag, Bauvertrag usw.; Hinweis auf das Merkblatt der Oberfinanzdirektion Hannover – ab 1. Januar 2010: Oberfinanzdirektion Niedersachsen – über die steuerlichen Beistandspflichten der Notare auf den Gebieten der Grunderwerbsteuer, der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Ertragsteuern, Stand: Juli 2005, Teil A, Ziffer 3). Etwas anderes gilt nur, wenn der Notar mit Gewissheit ausschließen kann, dass die Verträge für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind (Hinweis auf Karte 7 zu § 18 GrEStG der GrESt-Kartei; Boruttau, a. a. O., § 18 Rdnr. 22).
Die Verletzung der Anzeigepflicht durch einen Notar führt nicht zur Anlaufhemmung im Sinne von § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO (BFH-Urteil vom 16. Februar 1994 II R 125/90, BStBl. II S. 866). Die Verletzung der Anzeigepflicht kann jedoch zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO von 4 auf 5 Jahre (bei leichtfertiger Steuerverkürzung) bzw. auf 10 Jahre (bei Steuerhinterziehung) führen (Boruttau, a. a. O., § 18 Rdnr. 42).
Die Beteiligten haben auch nicht notariell beurkundete Verträge (z. B. Werkverträge) gemäß § 19 GrEStG dem Finanzamt anzuzeigen (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 69/94, BStBl. 1997 II S. 85; Pahlke/Franz, a. a. O., § 19 Rdnr. 10). Die Verletzung der Anzeigepflicht der Beteiligten schiebt den Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO hinaus.
Besteht sowohl eine Anzeigepflicht des Notars als auch der Parteien des Erwerbsvorgangs und hat der Notar seiner Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG vollständig entsprochen, ist eine eventuelle Anzeigepflichtverletzung der Beteiligten für § 170 AO ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 II R 9/04, BStBl. II S. 780).
Ferner weise ich auf meine Verfügung OFD Niedersachsen vom 2. Mai 2006 S 4603 – 1 –StO 262 hin.
7. Bearbeitungshinweise
7.1. Ermittlung des Sachverhalts
Liegt ein erworbenes unbebautes Grundstück in einem Baugebiet oder gibt es andere Hinweise auf eine beabsichtigte Bebauung, so ist der Erwerber durch Übersendung des Vordrucks GrESt 9 (Einzelsteuern_OFD/GrESt_09_Anfrage_Besteuerungsgegenstand_Erwerber) zu bitten, Angaben zur Bebauung zu machen. Für Anfragen beim Veräußerer ist der Vordruck GrESt 8 (Einzelsteuern_OFD/GrESt_08_Anfrage_Besteuerungsgegenstand_Veraeuss.) zu verwenden.
Bei einheitlichen Verträgen ist der Bauunternehmer, Initiator usw. nach dem BFH-Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99 (BStBl. 2000 II S. 34) nicht Schuldner der auf die Bauleistungen usw. entfallenden Grunderwerbsteuer. Diese Personen sind daher nicht nach §§ 88, 90 – 93 AO zur Auskunft verpflichtet. Bei ihrer Inanspruchnahme als auskunftspflichtige Dritte (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AO) sind die gegebenenfalls anfallenden Kosten (§ 107 AO) zu bedenken.
Bestehen Anhaltspunkte für eine personelle/wirtschaftliche/gesellschaftsrechtliche Verbindung von Unternehmen, ist die Beziehung zu klären.
Wird die erbetene schriftliche Auskunft nicht erteilt oder führt sie nicht zu einer Klärung, sollte das Finanzamt nach § 93 Abs. 5 AO eine mündliche Auskunft an Amtsstelle anordnen.
Kann der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden, ist das für die Außenprüfung zuständige Finanzamt zu ersuchen, die Prüfung auch auf die Grunderwerbsteuer zu erstrecken. Von einem Prüfungsersuchen ist abzusehen, wenn vor Ablauf der für die Grunderwerbsteuer geltenden Festsetzungsfrist nicht mit einem Prüfungsbeginn zu rechnen ist.
7.2. Auswertung von Zeitungsanzeigen
Die in der örtlichen Presse erscheinenden Anzeigen sind auszuwerten. Darüber hinaus können Indizien zur Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung auch aus den Bauschildern innerhalb eines Baugebiets (Nachweis über Foto/Digitalkamera des Finanzamts) gewonnen werden.
7.3. Steuerfestsetzung
Werden in demselben Baugebiet mehrere Grundstücke vom selben Eigentümer verkauft, ist – gleicher Sachverhalt unterstellt – für alle Erwerber eine einheitliche Besteuerung anzustreben. Bestehen Hinweise, dass Besteuerungsgegenstand das bebaute Grundstück ist, ist der Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Gelingt das in absehbarer Zeit nicht, ist die Steuer unter Einbeziehung der Baukosten (gegebenenfalls schätzen) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) festzusetzen (nicht vorläufig nach § 165 AO).
7.4. Bescheidänderung
Wird nachträglich bekannt, dass ein Grundstückskaufvertrag in einem engen sachlichen Zusammenhang mit einem Bauvertrag steht und soll deshalb die Grunderwerbsteuerfestsetzung geändert werden, ist dem Steuerpflichtigen vor der Bescheidänderung Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben (AO-Kartei ND § 91 AO Karte 1).
Eine bereits bestandskräftige Steuerfestsetzung kann aufgrund neuer Tatsachen regelmäßig nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden. Der Steuerpflichtige kann sich nicht auf eine Verletzung der Ermittlungspflichten des Finanzamts berufen, da er seinerseits seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt hat, wenn er eine Gegenleistung erhöhende Tatsache (wie z. B. den Abschluss eines Generalunternehmervertrags) nicht angezeigt hat. Ob der Steuerpflichtige weiß, dass ein solcher Vertrag grunderwerbsteuerlich relevant ist, ist unerheblich (BFH-Urteil vom 25. März 1992 II R 46/89, BStBl. II S. 680; BFH-Urteil vom 14. Mai 2003 II R 25/01, BFH/NV S. 1395; BFH-Urteil vom 25. Januar 2006 II R 61/04, BFH/NV S. 1059).
Bei jeder Bescheidänderung (auch nach § 164 Abs. 2 AO) ist § 176 AO (Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden) zu beachten. Danach muss z. B. eine dem
Steuerpflichtigen günstige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die bei der Erst-/Vorbehaltsfestsetzung berücksichtigt wurde, auch dann weiter angewendet werden, wenn der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert hat (Hinweis auf AEAO zu § 176).
8. Steuerschuldnerschaft
Bei einheitlichen Verträgen ist der Bauunternehmer, der mit dem Grundstückserwerber nur einen Bauerrichtungsvertrag abschließt, nach dem BFH-Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99 (BStBl. 2000 II S. 34), nicht Schuldner der auf die Bauleistungen entfallenden Grunderwerbsteuer, wohl aber (neben dem Erwerber) auch der Grundstücksveräußerer für die gesamte Steuer (Hofmann, 9. Auflage, § 13 Rdnr. 6; Pahlke/Franz, a. a. O., § 13 Rdnr. 6; Karte 1, Ziffer 2.2 zu § 13 GrEStG der GrESt-Kartei).
GrESt-Kartei ND:
Folgende Karteiblätter sind auszusondern:
 – Karte 10 a zu § 1 GrEStG (Kontrollnummer 429),
 – Karte 10 b zu § 1 GrEStG (Kontrollnummer 378).

Kurzinformation betr. Bezüge für Wehrdienst, Zivildienst und Freiwilligendienste Leistende (§ 3 Nr. 5 EStG)

Vom 2. September 2013
(FSen Berlin III B – S 2342 – 1/2011)
Mit der Neufassung von § 3 Nr. 5 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG gilt ab dem
Veranlagungszeitraum 2013 Folgendes:
Steuerfrei sind nach § 3 Nr. 5 Buchstabe
 a)Geld und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des
Wehrpflichtgesetzes erhalten.
 b)Geld und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes
erhalten.
 c)der nach § 2 Abs. 1 Wehrsoldgesetz an freiwillig Wehrdienst Leistende gezahlte
Wehrsold.
Nicht aber: andere Bezüge wie Wehrdienstzuschlag, besondere Zuwendungen sowie
unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung.
 d)die an Reservisten der Bundeswehr i. S. d. § 1 ResG nach dem Wehrsoldgesetz
gezahlten Bezüge.
 e)die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 6 Wehrsoldgesetz und Zivildienstleistende
nach § 35 Zivildienstgesetz erhalten (gilt auch für den freiwilligen Wehrdienst).
 f)das Taschengeld1
(oder vergleichbare Geldleistung) an Personen, die einen in § 32
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG genannten zivilen Freiwilligendienst leisten, wie
z. B. Bundesfreiwilligendienst (BFD), freiwilliges soziales Jahr (FSJ), freiwilliges
ökologisches Jahr (FÖJ), entwicklungspolitischer Freiwilligendienst „weltwärts“ und
Internationaler Jugendfreiwilligendienst (IJFD).
Zeitliche Anwendung
Grundsätzlich ist die Neufassung von § 3 Nr. 5 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum
2013 anzuwenden (§ 52 Abs. 4 g Satz 1 EStG). Hierbei bestehen jedoch die folgenden
Besonderheiten:
Freiwilliger Wehrdienst:
Die Steuerpflicht für neben dem Wehrsold gezahlte Bezüge gilt für Dienstverhältnisse, die
nach dem 31. 12. 2013 beginnen. Für Dienstverhältnisse, die vor dem 1. 1. 2014 begonnen
haben, gilt die bisherige, vollumfängliche Steuerfreiheit weiter (§ 52 Abs. 4 g Satz 2 EStG).
Bundesfreiwilligendienst: Vor der Neufassung von § 3 Nr. 5 EStG waren die Bezüge an Bundesfreiwilligendienst
Leistende im Billigkeitswege in voller Höhe steuerfrei zu belassen. An dieser
Billigkeitsregelung ist nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden der Länder auch
noch für den Veranlagungszeitraum 2013 festzuhalten. Für Bezüge, die ab dem 1. 1. 2014
gezahlt werden, erstreckt sich die Steuerfreiheit nur noch auf das Taschengeld.
Hinweis: Für die übrigen zivilen Freiwilligendienste ist die allgemeine Anwendungsregelung
maßgebend (erstmalige Steuerfreiheit des in 2013 ausgezahlten Taschengeldes).

1
[Amtl. Anm.:] Das Taschengeld für BFD/FSJ/FÖJ beträgt höchstens 6 % der
Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (2013: 348,– EUR
monatlich).