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Steuerberater

Eigene Geschäfte des Arbeitnehmers mit Kunden rechtfertigt fristlose Kündigung

Eigene Geschäfte des Arbeitnehmers mit Kunden rechtfertigt fristlose Kündigung

Kernfrage
Arbeitnehmer dürfen im Marktbereich ihres Arbeitgebers keine eigenen Dienste und Leistungen anbieten. Insoweit erwächst aus dem Arbeitsvertrag während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot. Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu befinden, ob ein Wettbewerbsverstoß durch den Arbeitnehmer dessen fristlose Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigen könne, und zwar selbst dann, wenn der eigentliche Wettbewerbsverstoß bereits Jahre her, aber dem Arbeitgeber nicht bekannt war.

Sachverhalt
Der Kläger hatte für seinen Arbeitgeber einen Begutachtungsauftrag durchgeführt. Die anschließende Reparatur beim Kunden führte er „schwarz“ auf eigene Rechnung durch. Als der Arbeitgeber im Rahmen einer Reklamation der Reparaturmaßnahme 3 Jahre später von dem Vorfall erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber recht, weil der fristlose Kündigungsgrund einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit eröffnet sei. Denn Arbeitnehmer dürfen im Marktbereich ihres Arbeitgebers keine eigenen Leistungen erbringen. Auch die Tatsache, dass bereits ein langjähriges Arbeitsverhältnis bestand, half dem Arbeitnehmer in der Interessenabwägung nicht. Darüber hinaus könne auch die Tatsache, dass zwischen eigentlichem Verstoß und Entdeckung Jahre vergangenen waren, nicht zugunsten des Arbeitnehmers gewertet werden. Denn die 2-Wochen-Frist bei fristlosen Kündigungen, die gewahrt werden müsse, beginne erst mit Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen.

Konsequenz
Wird ein Arbeitnehmer für Kunden seines Arbeitgebers auf eigene Rechnung tätig, ist eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung in der Regel auch Jahre später noch gerechtfertigt.

Voranmeldungszeitraum nach Wegfall der Organschaft

Voranmeldungszeitraum nach Wegfall der Organschaft

Kernaussage
Ist eine Gesellschaft im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert, so gilt die Gesellschaft nicht als Unternehmer i. S. d. Umsatzsteuergesetzes (UStG). Mit Beendigung der Organschaft lebt die Unternehmereigenschaft wieder auf. Die Gesellschaft muss nun selbst Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben. Die Finanzverwaltung hat aktuell dargestellt, wie der Voranmeldungszeitraum für solche Gesellschaften nach Beendigung der Organschaft zu bestimmen ist.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) differenziert zwischen Neugründungs- und übrigen Fällen. Hatte die ehemalige Organgesellschaft erst im Jahr ihres Ausscheidens aus der Organschaft ihre unternehmerische Tätigkeit aufgenommen oder in dem vorhergehenden Kalenderjahr, so ist die Voranmeldung monatlich abzugeben (Neugründungsfall). In allen übrigen Fällen kann der Voranmeldungszeitraum aus Vereinfachungsgründen auf Basis der Umsatzsteuer des dem Ausscheiden vorangehenden Kalenderjahres des bisherigen Organkreises bestimmt werden. Allerdings steht es der Gesellschaft auch frei, einen anderen Voranmeldungszeitraum zu beantragen. Der Nachweis, dass hierzu die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, ist durch Ermittlung der fiktiv auf die Gesellschaft entfallenden Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr zu erbringen.

Konsequenzen
Die Aussagen des BMF dürften grundsätzlich dem bisherigen Vorgehen in der Praxis entsprechen. Interpretationsbedürftig ist jedoch der Begriff der „fiktiven Steuer“. Zum einen könnte hiermit die Steuer gemeint sein, die aus der Umsatzsteuerjahreserklärung des betreffenden Jahres tatsächlich auf die Organgesellschaft entfällt. In diesem Fall dürfte die fiktive Steuer aus der Finanzbuchhaltung der bisherigen Organgesellschaft zu entnehmen sein. Fiktiv könnte zum anderen aber auch bedeuten, dass von der Organgesellschaft gegenüber dem Organträger erbrachte Umsätze bzw. von dieser bezogene Umsätze zu berücksichtigen sind. Diese wirken sich im Rahmen der Organschaft nicht aus, da sie hier nicht steuerbare Innenumsätze darstellen. Eine Klarstellung diesbezüglich wäre wünschenswert.

Hinweise zum Vorsteuervergütungsverfahren

Hinweise zum Vorsteuervergütungsverfahren

Kernaussage
Im Ausland ansässige Unternehmen, die im Inland Leistungen beziehen, können sich unter bestimmten Voraussetzungen die ihnen in Rechnung gestellte (deutsche) Vorsteuer vergüten lassen. Vergleichbare Regelungen existieren auch häufig im Ausland für die Vergütung von ausländischer Vorsteuer an in Deutschland ansässige Unternehmen. Zwischen den Mitgliedsstaaten ist die Vergütung generell vorgesehen und vereinheitlicht, im Verhältnis zu Drittländern ist dies im Einzelfall zu prüfen.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt gibt in einer aktuellen Verfügung einen Überblick der geltenden Regelungen. Ausführlich thematisiert wird das Procedere der Ausstellung der Unternehmerbescheinigung (Vordruck USt 1 TN). Diese wird in Drittländern zum Nachweis der Unternehmereigenschaft und steuerlichen Erfassung in Deutschland im Rahmen der Beantragung der Vorsteuervergütung benötigt. Für andere Zwecke darf die Bescheinigung nicht verwendet werden.

Konsequenzen
Die Verfügung bietet Unternehmen einen guten Einstieg in die Thematik der Vorsteuervergütung und Hinweise zu vertiefenden Quellen. Allerdings werden viele Unternehmen nicht umhin kommen, externen Rat einzuholen, wenn Anträge auf die Vergütung von Vorsteuer insbesondere in Drittländern zu stellen sind. Kleine Mängel können hier schon zur Versagung des Anspruchs führen, insoweit ist Vorsicht geboten.

Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unternehmerisch veranlasst?

Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unternehmerisch veranlasst?

Kernaussage
Während Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ertragsteuerlich der privaten Kfz-Nutzung zugerechnet werden, werden sie in der Umsatzsteuer der unternehmerischen Nutzung zugeordnet. Sie berechtigen daher grundsätzlich zum Vorsteuerabzug. Der Bundesfinanzhof (BFH) muss nun entscheiden, ob dies so bleibt.

Sachverhalt und Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Münster hatte die Fahrten eines Unternehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als private Nutzung qualifiziert. Die Richter beriefen sich hierbei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das die Beförderung von Arbeitnehmern zur Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber ebenfalls der unternehmensfremden Nutzung zugeordnet hatte. Nun ist die Revision beim BFH anhängig.

Konsequenz
Das Urteil des FG steht im Widerspruch zur derzeitigen Auffassung der Finanzverwaltung. Solange die Entscheidung des BFH aussteht, besteht daher vorerst kein Anlass die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Allerdings ist die weitere Entwicklung zu verfolgen. Es ist auch fraglich, ob sich für viele Unternehmer etwas ändern wird, sollte der BFH dem FG folgen. Denn in der Praxis ist zu beobachten, dass die „Vorteile“ die die Umsatzsteuer bei der Besteuerung der privaten Kfz-Nutzung im Gegensatz zur ertragsteuerlichen Betrachtung mit sich bringt, selten in vollem Umfang genutzt werden. So ist den Wenigsten bekannt, dass neben der 1 %- und der Fahrtenbuchmethode für Zwecke der Umsatzsteuer die unternehmerische Nutzung auch geschätzt werden darf. Die Schätzung bietet i. d. R. Vorteile, wenn ertragsteuerlich die „Kostendeckelung“ zum Tragen kommt oder das Fahrtenbuch formal als nicht ordnungsgemäß verworfen wird, jedoch als Grundlage einer Schätzung noch taugt.

Zum Vorsteuerabzug von Gesellschaftern für ihre Gesellschaft

Zum Vorsteuerabzug von Gesellschaftern für ihre Gesellschaft

Kernaussage
Nach Auffassung der Finanzverwaltung und nach der bisherigen Rechtsprechung herrscht im Hinblick auf den Vorsteuerabzug eine klare Trennung zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern. Gesellschafter können daher z. B. nur den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Wirtschaftsgütern geltend machen, die sie ihrer Gesellschaft überlassen, wenn sie selbst hiermit unternehmerisch tätig werden. Dies ist bei entgeltlicher, nicht jedoch bei unentgeltlicher Überlassung der Fall. Wird dies nicht beachtet, so ist der Vorsteuerabzug sowohl für die Gesellschaft als auch für den Gesellschafter verloren. Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat nun im Anschluss an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Bedenken, ob diese Rechtslage aufrecht erhalten werden kann.

Sachverhalt
Der Gesellschafter einer Steuerberater-GbR (i. W. GbR) erwarb einen Mandantenstamm und überließ diesen unentgeltlich seiner GbR. Das Finanzamt versagte ihm den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes.

Entscheidung
Der XI. Senat des BFH tendiert dazu, dem Gesellschafter den Vorsteuerabzug zu gewähren. Er beruft sich hierbei auf die jüngste Rechtsprechung des EuGH. Dieser hatte einer Gesellschaft den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines Wirtschaftsguts durch einen ihrer Gesellschafter zugestanden, das dieser steuerfrei auf seine Gesellschaft übertragen hatte. Der ebenfalls für Umsatzsteuer zuständige V. Senat des BFH hat es jedoch auf Anfrage abgelehnt, seine bisherige Rechtsprechung zu ändern. Er vertritt den Standpunkt, dass das Urteil des EuGH nicht auf unentgeltliche Nutzungsüberlassungen anwendbar ist. Der XI. Senat hat nun zur Klärung den Fall dem EuGH vorgelegt.

Konsequenz
Es ist zu hoffen, dass der EuGH nun für Rechtssicherheit sorgt. Denn nicht nur die Senate des BFH sind sich uneins hinsichtlich der Konsequenzen des Urteils, sondern auch die Fachliteratur. Zum einen misst diese dem Urteil nur in wenigen Fällen Bedeutung bei, zum anderen wird die Auffassung vertreten, dass Gesellschaftern nun der Vorsteuerabzug aus allen Ausgaben für ihre Gesellschaft zustehen müsste, sofern deren Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bedeutung hätte dies z. B. für Holdinggesellschaften. Bis zur Entscheidung sind Gestaltungen zu vermeiden, die den Vorsteuerabzug gefährden. Wirtschaftsgüter sollten daher den Gesellschaften entgeltlich von den Gesellschaftern überlassen werden. In noch offenen Fällen können unter Berufung auf das beim EuGH anhängige Verfahren Rechtsmittel eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

Gesellschafterrechte nach Ausscheiden aus der Gesellschaft

Gesellschafterrechte nach Ausscheiden aus der Gesellschaft

Kernaussage
Der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat grundsätzlich ein Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses. Dies gilt in der Regel auch über das Bestehen der Gesellschaft oder die Zugehörigkeit des Gesellschafters zu der Gesellschaft hinaus.

Sachverhalt
Die Parteien sind Rechtsanwälte. Sie waren in einer Partnerschaftsgesellschaft verbunden. Der Kläger ist zwischen Einreichung und Zustellung der Klage im vorliegenden Verfahren zum 30.6.2010 ausgeschieden. Auf einer Gesellschafterversammlung am 19.5.2010 wurden folgende Beschlüsse gefasst: Der Kläger wurde aufgefordert, die von ihm Anfang Mai 2010 von den Konten der Partnerschaft abgeräumten bzw. entnommenen Beträge über insgesamt 85.000 EUR unverzüglich, bis spätestens 28.5.2010, an die Partnerschaft zurückzuzahlen. Der Kläger wurde weiterhin aufgefordert, die von ihm bereits aus den Kanzleiräumen entfernten Original-Akten, insbesondere die am Wochenende des 15./16.5.2010 aus der Kanzlei beiseite geschafften Akten in die Kanzleiräume zurückzubringen; dies gelte vor allem, soweit sie Angelegenheiten beträfen, bei denen der Partnerschaft Ansprüche (z. B. auf Auslagenerstattung) zustehen könnten. Der Kläger begehrt gerichtlich die Feststellung, dass diese Beschlüsse nichtig sind, hilfsweise, dass sie keine Rechtswirkung entfalten.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem klagenden Rechtsanwalt Recht. Der Gesellschafter einer Personengesellschaft hat grundsätzlich ein Interesse an der Feststellung eines unwirksamen Gesellschafterbeschlusses. Dies gilt grundsätzlich auch über das Bestehen der Gesellschaft oder die Zugehörigkeit des Gesellschafters zur Gesellschaft hinaus. Vorliegend besteht das Feststellungsinteresse, da der Beschlussinhalt nicht mit dem Ausscheiden des Gesellschafters hinfällig wird. Außerdem kommt den Beschlüssen ein Regelungscharakter innerhalb der Gesellschaft zu.

Konsequenz
 Der BGH führt seine Rechtsprechung fort, wonach bei Personengesellschaften auch nach dem Ausscheiden ein Feststellungsinteresse bestehen kann. Insofern ist die Entscheidung nicht nur für Anwaltsgesellschaften, sondern für sämtliche Personengesellschaften bedeutsam.

Wann sind Kündigungs- und Vertragsstrafeklauseln in Vertriebsverträgen wirksam?

Wann sind Kündigungs- und Vertragsstrafeklauseln in Vertriebsverträgen wirksam?

Kernaussage
Eine gegenüber einem Handelsvertreter im Nebenberuf verwendete Formularbestimmung, die eine Vertragskündigung nach einer Laufzeit von 3 Jahren nur unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres vorsieht, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Auch eine AGB-Klausel, wonach eine Vertragsstrafe unabhängig von dem Verschulden des Vertragspartners verwirkt werden kann, benachteiligt diesen unangemessen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Finanzdienstleister. Mit dem Beklagten besteht ein Handelsvertretervertrag im Nebenberuf. Der Vertrag sieht vor, dass nach einer Vertragslaufzeit von 3 Jahren die Kündigung nur unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres zulässig ist. Außerdem enthält der Vertrag eine Klausel, wonach der Handelsvertreter bei Wettbewerbsverstößen eine Vertragsstrafe unabhängig vom Verschulden verwirkt. Nach der Kündigung des Handelsvertreters ohne Einhaltung der vereinbarten Frist verlangte der Kläger im Wege einer Stufenklage zunächst Auskunft, wie viele Verträge der Handelsvertreter nach der Kündigung abgeschlossen hat. Nach mehreren Instanzen hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Der BGH entschied, dass der Auskunftsanspruch nicht für den gesamten Zeitraum bestehe. Die formularmäßige Vereinbarung der Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Jahresende ist unwirksam, da sie der AGB-Inhaltskontrolle nicht standhält. Sie benachteiligt den Handelsvertreter unangemessen, weil ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis rascher als ein hauptberufliches beendet werden soll und selbst bei einem hauptberuflichen zumindest mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden kann. Auch die Vertragsstrafe benachteiligt den Handelsvertreter unangemessen und hält daher einer Inhaltskontrolle nicht stand. Denn die Vertragsstrafe greift auch ohne Verschulden des Handelsvertreters und es bestehen keine gewichtigen Gründe, die dies rechtfertigen.

Konsequenz
Wenn sich bei freien Vertriebspartnern von den gesetzlichen Normalfällen im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen gelöst wird, ist darauf zu achten, dass ausgewogene Vereinbarungen getroffen werden. Andernfalls besteht die Gefahr der Unwirksamkeit der AGB aufgrund unangemessener Benachteiligung.

Zugriff des Finanzamts auf Daten einer Apotheke?

Zugriff des Finanzamts auf Daten einer Apotheke?

Kernaussage
Führt ein Apotheker über die nach der Rechtsprechung zulässige Ermittlung der Tageseinnahmen durch Tagesendsummenbons hinaus freiwillig eine von seiner PC-Kasse erstellte Datei mit Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe, ist er in der Regel nicht verpflichtet, diese Datei dem Finanzamt bei einer Betriebsprüfung vorzulegen. Das hat das Hessische Finanzgericht aktuell entschieden.

Sachverhalt
Geklagt hatte eine Apothekerin, die die Bareinnahmen ihrer Apotheke mit einer so genannte PC-Kasse erfasste. Die baren Tageseinnahmen stellte sie durch fortlaufende Tagesendsummenbons (Z-Bons) mit anschließender Nullstellung des Kassenspeichers fest. Die Summe der täglichen Bareinnahmen wurde manuell in das Kassenbuch übertragen, das Grundlage der Buchführung war. Der Aufforderung des Betriebsprüfers, auch die elektronische Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, kam sie nicht nach. Zwar legte sie dem Betriebsprüfer eine CD mit Daten aus ihrem Kassensystem vor; die Datei mit der Einzeldokumentation der Verkäufe hatte sie dabei jedoch entfernt.

Entscheidung
Für die Aufforderung des Finanzamtes, auch die Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, bestand keine Rechtsgrundlage. Denn für die Klägerin, die nicht an andere gewerbliche Unternehmen, sondern an Endverbraucher liefere, habe aufgrund der Größe und der Einzelumsatzhäufigkeit weder nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) noch nach der Abgabenordnung (AO) oder nach berufsrechtlichen Bestimmungen eine Verpflichtung bestanden, die einzelnen Barverkäufe manuell oder auf einem Datenträger aufzuzeichnen, so die Richter. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität für eine ordnungsgemäße Buchführung auch im Computerzeitalter nicht erforderlich, Einzelaufzeichnungen zu führen, wenn der Unternehmer – wie die klagende Apothekerin – gegen Barzahlung Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft verkaufe. Ausreichend sei in solchen Fällen, auf Einzelaufzeichnungen zu verzichten und die festgestellten Tagesendsummen täglich-fortlaufend in ein Kassenbuch zu übertragen. Die Führung des Kassenbuchs solle die streitigen Einzelaufzeichnungen gerade ersetzen. Dass die Klägerin gleichwohl zusätzlich die einzelnen Barverkäufe freiwillig und programmgesteuert in einer gesonderten Datei gespeichert habe, ändere hieran nichts und führe nicht zu einer Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung. Denn die Datei sei grundsätzlich nicht Bestandteil der nach der AO aufzubewahrenden Grundaufzeichnungen. Dass die Datei für das Finanzamt bei einer Verprobung der Pflichtaufzeichnungen hilfreich und interessant sein könne, sei unerheblich. Für den Betrieb der Apothekerin sei die gesonderte Aufzeichnung des Warenausgangs und der Einnahmen gerade nicht erforderlich.

Konsequenz
Das Finanzgericht hat praxisrelevant aber auch klargestellt, dass die hier streitige Frage des Bestehens einer Vorlagepflicht von der Frage einer im Übrigen erkennbaren Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung und der dadurch eröffneten Schätzungsbefugnis des Finanzamtes strikt zu trennen sei. So ließen nicht ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen (z. B. Differenzen zwischen den Tagessummen laut Z-Bons und den Eintragungen im Kassenbuch oder die nicht zeitgerechte Führung des Kassenbuchs) den Schluss zu, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind und berechtigten das Finanzamt zu Zuschätzungen.

Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung

Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung

Kernproblem
Natürliche Personen sind in Deutschland mit ihrem Welteinkommen steuerpflichtig, wenn sie entweder ihren Wohnsitz und/oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Nach der gesetzlichen Definition hat ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob diese Voraussetzungen auch erfüllt sind, wenn ein Pilot im Inland nur eine so genannten Standby-Wohnung angemietet hat, war Ende 2012 Gegenstand eines Finanzgerichtverfahrens.

Sachverhalt
Kläger ist ein Pilot, der als europäischer Nicht-EU-Bürger in der Nähe eines deutschen Flughafens im Wechsel mit anderen Piloten eine Standby-Wohnung angemietet hatte. Hierdurch erfüllte er seine arbeitsvertragliche Pflicht, wonach er auf Abruf seines Arbeitgebers innerhalb von 60 Minuten den Flugdienst anzutreten hat. Hauptmieter war ein Kollege des Klägers. Der Mietvertrag war dabei so ausgestaltet, dass maximal 3 Personen gleichzeitig die Wohnung benutzen durften. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Standby-Wohnung einen Wohnsitz begründe, mit der Folge, dass der Kläger in Deutschland nicht nur – wie geschehen – den Inlandsanteil seines Arbeitslohns, sondern vielmehr seine gesamten Einkünfte zu versteuern habe. Gegen den erlassenen Lohnsteuernachforderungsbescheid legte der Pilot erfolgreich Klage ein.

Entscheidung
Nach Auffassung des Gerichts begründet eine Person, die wie der Kläger eine Wohnung im ständigen Wechsel mit anderen Personen nutzt, dort in aller Regel keinen steuerlichen Wohnsitz. Entscheidende Bedeutung maßen die Richter dem Umstand bei, dass der Kläger die Wohnung nur dann nutzen konnte, wenn diese nicht zuvor von 3 anderen Kollegen in Beschlag genommen wurde. Damit fehle es aber an der Möglichkeit, in zeitlicher und räumlicher Hinsicht uneingeschränkt über die Wohnung verfügen zu können. Eine gemeinsame Nutzungsmöglichkeit, wie z. B. in einer Wohngemeinschaft, habe ebenfalls nicht bestanden, da der Kläger immer damit rechnen musste, sich anstelle der Standby-Wohnung ein anderes Übernachtungsquartier suchen zu müssen.

Konsequenz
Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger im Inland einen Wohnsitz begründet, lässt sich regelmäßig nur aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls bestimmen. Im Fall des Piloten mit einer Standby-Wohnung sind die Voraussetzungen nach Auffassung des Finanzgerichts Hessen nicht erfüllt. Gegen die Entscheidung ist zwischenzeitlich Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden.

Zur Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben

Zur Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben

Kernproblem
Steuerberatungskosten, die einem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit steuerlich relevanten Einkünften entstehen, sind einkommensteuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Für private Steuerberatungskosten bis einschließlich zum Veranlagungsjahr 2005 galt ein gesetzlicher Abzug als Sonderausgaben. Hierunter fielen z. B. der Gebührenanteil des Steuerberaters für den Mantelbogen bei Erstellung der Einkommensteuererklärung oder für eine Erbschaftsteuererklärung. Seit dem Jahr 2006 ist die steuerliche Berücksichtigung der privaten Steuerberatungskosten komplett gestrichen worden. Natürlich sind hiergegen Interessenvertreter von Beratern und Steuerzahlern vorgegangen, so dass es eine Fülle von Einsprüchen gegen die Einkommensteuerbescheide ab 2006 gab. Darin wurde insbesondere der Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip angeprangert. Die Rechtsbehelfe sind überwiegend beim Bundesfinanzhof (BFH) angelangt und dort abgewiesen worden. Wie geht es hinsichtlich eines eigenen Einspruchs weiter?

Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden
Das Bundesfinanzministerium hat am 2.4.2013 auf seiner Internetseite eine Allgemeinverfügung zur Zurückweisung der Einsprüche und Änderungsanträge veröffentlicht, die wegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten eingelegt bzw. gestellt worden sind. Aber was hat das für eine Bedeutung? Normalerweise müssten alle Einsprüche durch eine Einspruchsentscheidung entschieden werden. Um dieses Massenverfahren zu vermeiden, bietet das Gesetz die Möglichkeit der Allgemeinverfügung, wovon die Finanzverwaltung in diesem Fall Gebrauch gemacht hat. Will man persönlich hiergegen vorgehen, muss beim Finanzgericht geklagt werden. Die Frist dafür beträgt allerdings 1 Jahr und beginnt mit Herausgabe des Bundessteuerblatts, in dem die Allgemeinverfügung veröffentlicht wird. Das war am 17.4.2013 im BStBl 2013 I S. 348.

Konsequenz
Nachdem der BFH in mindestens 3 Urteilen entschieden hat, dass die Aufhebung der steuerlichen Berücksichtigung privater Steuerberatungskosten kein Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt, und hiergegen offensichtlich auch keine Verfassungsbeschwerden eingereicht wurden, hat eine Klage zurzeit wenig Aussicht auf Erfolg. Da die Klagefrist 1 Jahr beträgt, kann die weitere Entwicklung abgewartet werden. Wichtig: Steuerbescheide ergehen nun auch nicht mehr vorläufig in Bezug auf den Abzug privater Steuerberatungskosten.