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Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung nach Einlage von zuvor zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzten Wirtschaftsgütern; Anwendung der Urteile des BFH vom 18. August 2009 (X R 40/06 – BStBl 2010 II S. 961) und vom 28. Oktober 2009 (VIII R 46/07 – BStBl 2010 II S. 964)

Bezug: BMF v. 27.10.2010 – IV C 3 – S 2190 /09/10007

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach Einlage von zuvor zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzten Wirtschaftsgütern Folgendes:

 Die AfA in gleichen Jahresbeträgen von Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, wird nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts ermittelt (§ 7 Absatz 1 Satz 1 EStG). Bei einer Einlage aus dem Privatvermögen in ein Betriebsvermögen tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Einlagewert (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 EStG).

Einlagewert ist grundsätzlich der Teilwert (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Bei der Einlage eines abnutzbaren Wirtschaftsgutes in ein Betriebsvermögen innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung oder Herstellung (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchstabe a i. V. m. Satz 2 EStG) ermittelt sich der Einlagewert nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der AfA nach § 7 EStG , den erhöhten Absetzungen (außerplanmäßige AfA) sowie etwaigen Sonderabschreibungen, die auf den Zeitraum zwischen der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts und der Einlage entfallen, unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut vor der Einlage zur Einkunftserzielung genutzt worden ist ( R 6.12 Absatz 1 EStR).

 Werden Wirtschaftsgüter nach einer Verwendung zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 EStG in ein Betriebsvermögen eingelegt, ist nach § 7 Absatz 1 Satz 5 EStG eine vom Einlagewert nach § 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 EStG abweichende AfA-Bemessungsgrundlage zu ermitteln. Die Abschreibung des eingelegten Wirtschaftsguts nach § 7 Absatz 1 EStG bemisst sich in diesem Fall abweichend von R 7.3 Absatz 6 Satz 1 und 2 EStR 2008 nach folgenden Grundsätzen:

Fallgruppe 1

 Ist der Einlagewert des Wirtschaftsguts höher als oder gleich den historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist die AfA ab dem Zeitpunkt der Einlage nach dem um die bereits in Anspruch genommenen AfA oder Substanzverringerungen (planmäßigen AfA), Sonderabschreibungen oder erhöhten Absetzungen geminderten Einlagewert zu bemessen.

Beispiel 1:

A erwarb im Jahr 01 ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude (Anschaffungskosten 800.000 Euro, davon entfallen 700.000 Euro auf das Gebäude). Er vermietete das Grundstück an eine Versicherung und machte im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Gebäude AfA geltend. Nach Beendigung des Mietverhältnisses im Jahr 25 legt er das Grundstück mit aufstehendem Gebäude zu Beginn des Jahres 26 in das Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens ein. Das Gebäude wird nicht zu Wohnzwecken verwendet. Der Teilwert des Gebäudes beträgt zu diesem Zeitpunkt 1.000.000 Euro. Bis zur Einlage des Gebäudes hat A insgesamt 350.000 Euro als AfA in Anspruch genommen.

B 1 Die Bemessungsgrundlage für die Afa des Gebäudes im Betriebsvermögen beträgt 650.000 Euro. Sie wird nach dem Einlagewert (1.000.000 Euro) abzüglich der bis dahin in Anspruch genommenen AfA (350.000 Euro) ermittelt, denn der Einlagewert (1.000.000 Euro) ist höher als die historischen Anschaffungskosten (700.000 Euro).
B 2 Nach § 7 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 EStG ist von der nach § 7 Absatz 1 Satz 5 ermittelten Bemessungsgrundlage das Gebäude nach der Einlage jährlich mit einem Betrag von 19.500 Euro (= 3 % von 650.000 Euro) abzusetzen. Der nach Ablauf von 33 Jahren verbleibende Restwert von 6.500 Euro ist im Folgejahr abzusetzen. Von dem danach verbleibenden Restbuchwert in Höhe von 350.000 € darf keine AfA vorgenommen werden. Bei einer Veräußerung ist dieser Restbuchwert gewinnmindernd zu berücksichtigen. § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 und § 7 Absatz 1 Satz 7 EStG bleiben unberührt.

Fallgruppe 2

 Ist der Einlagewert des Wirtschaftsguts geringer als die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aber nicht geringer als die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist die AfA ab dem Zeitpunkt der Einlage nach denfortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bemessen.

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, der Teilwert beträgt im Zeitpunkt der Einlage jedoch 400.000 Euro.

B 3 Die Bemessungsgrundlage für die AfA des Gebäudes im Betriebsvermögen beträgt 350.000 Euro. Die AfA wird nach den fortgeführten Anschaffungskosten bemessen, weil der Einlagewert (400.000 Euro) geringer als die historischen Anschaffungskosten (700.000 Euro) jedoch höher als die fortgeführten Anschaffungskosten (350.000 Euro) ist.
B 4 Nach § 7 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 EStG ist von der nach § 7 Absatz 1 Satz 5 ermittelten Bemessungsgrundlage das Gebäude jährlich mit einem Betrag von 10.500 Euro (= 3 % von 350.000 Euro) abzusetzen. Der nach Ablauf von 33 Jahren verbleibende Restwert von 3.500 Euro ist im Folgejahr abzusetzen. Von dem danach verbleibenden Restbuchwert in Höhe von 50.000 € darf keine AfA vorgenommen werden. Bei einer Veräußerung ist dieser Restbuchwert gewinnmindernd zu berücksichtigen. § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 und § 7 Absatz 1 Satz 7 EStG bleiben unberührt.

Fallgruppe 3

 Ist der Einlagewert des Wirtschaftsguts geringer als die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, bemisst sich die weitere AfA nach diesem ungeminderten Einlagewert.

Beispiel 3:

Wie Beispiel 1, der Teilwert beträgt im Zeitpunkt der Einlage jedoch 100.000 Euro.

B 5 Die Bemessungsgrundlage für die AfA des Gebäudes im Betriebsvermögen beträgt 100.000 Euro. Die AfA wird nach dem Einlagewert (100.000 Euro) bemessen, weil dieser geringer ist als die fortgeführten Anschaffungskosten (350.000 Euro).
B 6 Nach § 7 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 EStG ist vom Einlagewert des Gebäudes jährlich ein Betrag von 3.000 Euro (= 3 % von 100.000 Euro) abzusetzen. Der nach Ablauf von 33 Jahren verbleibende Restbuchwert von 1.000 Euro ist im Folgejahr abzusetzen. Das insgesamt geltend gemachte AfA-Volumen (vor und nach der Einlage) beträgt damit 450.000 Euro. Der von den ursprünglichen Anschaffungskosten des Gebäudes nicht abgeschriebene Betrag in Höhe von 250.000 Euro stellt einen einkommensteuerlich unbeachtlichen Wertverlust im Privatvermögen dar.

Fallgruppe 4

 Der Einlagewert eines Wirtschaftsguts nach § 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchstabe a i. V. m. Satz 2 EStG gilt gleichzeitig auch als AfA-Bemessungsgrundlage gemäß § 7 Absatz 1 Satz 5 EStG.

 Die vorstehenden Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Rz. 5 ist erstmals auf Einlagen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2010 vorgenommen werden.

Dieses Schreiben entspricht dem BMF-Schreiben vom 27.10.2010 GZ IV C 3 – S 2190/09/10007 und ist im BStBl 2010 I S. 1204 veröffentlicht.

 

 

Anmerkung des BayLfSt:

Zum besseren Verständnis der Fallgruppe 4 soll nachfolgendes Beispiel dienen:

A erwarb Anfang des Jahres 01 ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude (AK 800.000 Euro, davon entfallen 700.000 Euro auf das Gebäude). Er vermietete das Grundstück an eine Versicherung und machte im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Gebäude AfA geltend (jährlich 2 % von 700.000 € = 14.000 €). Nach 2 Jahren legt er das Grundstück mit aufstehendem Gebäude zu Beginn des Jahres 03 in das Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens ein. Das Gebäude wird nicht zu Wohnzwecken verwendet. Der Teilwert des Gebäudes beträgt zu diesem Zeitpunkt 810.000 Euro. Bis zur Einlage des Gebäudes hat A insgesamt 28.000 Euro als AfA in Anspruch genommen.

Da die Einlage innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung erfolgt, sind als Einlagewert des Gebäudes nicht der höhere Teilwert sondern die fortgeführten AK anzusetzen (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchstabe a i. V. m. Satz 2 EStG). Diese betragen 700.000 € – 28.000 € (= AfA) = 672.000 €. Dieser Betrag bildet gleichzeitig auch die AfA-Bemessungsgrundlage gemäß § 7 Absatz 4 Satz 1 HS 2 i. V. m. § 7 Absatz 1 Satz 5 EStG. Die AfA beträgt somit jährlich 3 % von 672.000 € = 20.160 € (§ 7 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Absetzungen für Abnutzung bei Gebäuden nach einer Entnahme; hier: Anwendung des BFH-Urteils XI R 5/90 vom 29. April 1992 (BStBl II S. 969)

BMF v. 30.10.1992 – S 2196 BStBl 1992 I S. 651

  Der BFH vertritt im o. a. Urteil entgegen der Anweisung in
Abschnitt 43 Abs. 6 Satz 2 EStR 1990  die Auffassung, daß bei der
Berechnung der AfA für ein früher betrieblich genutztes Gebäude bei
der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein
höherer Gebäudewert angesetzt werden kann, als er bei der Aufgabe des
Gewerbebetriebs berücksichtigt worden ist, wenn der Aufgabewert
seinerzeit fälschlich ermittelt wurde. Damit weicht der BFH von dem
Grundsatz ab, daß die Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem
Betriebsvermögen in das Privatvermögen ein anschaffungsähnlicher
Vorgang ist, bei dem die Bemessungsgrundlage für die weitere AfA nicht
höher sein kann als der Aufwand, der jemals für das überführte
Wirtschaftsgut erwachsen ist (vgl.  BFH-Urteil vom 9. August 1983,
BStBl II S. 759). Maßgebend für die weitere Gebäude-AfA ist demnach
der Teilwert oder gemeine Wert, mit dem das Gebäude bei der
Überführung steuerlich erfaßt worden ist.Die Auffassung des BFH im o. a. Urteil vom 29. April 1992 würde
demgegenüber dazu führen, daß bei der AfA-Bemessung Aufwendungen
verteilt würden, die (tatsächlich oder fiktiv) nicht entstanden sind.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der
Länder sind daher die in dem o. a.  BFH-Urteil vom 29. April 1992
enthaltenen Rechtsgrundsätze über den entschiedenen Einzelfall hinaus
nicht anzuwenden

Absetzungen für Abnutzung (AfA); hier: Nutzungsdauer von PKW und Kombifahrzeugen

BMF v. 03.12.1992 – S 2353 / S 1551 BStBl 1992 I S. 734

 Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der Absetzungen für Abnutzung von PKW und Kombifahrzeugen folgendes:

1. Die in der AfA-Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter unter Pos. B V 2a festgelegte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für PKW und Kombifahrzeuge wird auf fünf Jahre und der maßgebende AfA-Satz auf 20 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geändert. Diese Regelung gilt grundsätzlich für alle Fahrzeuge, die nach dem 31. Dezember 1992 angeschafft oder hergestellt worden sind; maßgebend ist der Tag der Erstzulassung.

2. Bei der Ermittlung des privaten Nutzungswerts eines Dienstwagens nach Abschnitt 31 Abs. 7 Nr. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien sind die Absetzungen für Abnutzung wie bisher für die ersten 48 Monate nach der Erstzulassung des Kraftfahrzeugs jeweils mit 1/48 seines Listenpreises (vgl. Abschnitt 31 Abs. 7 Nr. 4 Sätze 2 und 3 LStR 1993 ) anzusetzen, wenn die Erstzulassung vor dem 1. Januar 1993 erfolgt ist; sie sind für die ersten 60 Monate nach der Erstzulassung jeweils mit 1/60 des Listenpreises anzusetzen, wenn die Erstzulassung nach dem 31. Dezember 1992 erfolgt ist.

3. Soweit Absetzungen für Abnutzung für PKW und Kombifahrzeuge außerhalb eines Betriebsvermögens im Rahmen der Einkommensbesteuerung zu berücksichtigen sind, ist für Fahrzeuge, die nach dem 31. Dezember 1992 erstmals zugelassen worden sind, ebenfalls grundsätzlich von einer Nutzungsdauer von fünf Jahren auszugehen. Ebenso kann für früher erstmals zugelassene Kraftfahrzeuge, für die bisher eine längere Nutzungsdauer angenommen worden ist, eine Nutzungsdauer von fünf Jahren zugrunde gelegt werden; Abschnitt 38 Abs. 1 Satz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien 1990 ist nicht mehr anwendbar. Für Kraftfahrzeuge, die im Zeitpunkt der Anschaffung nicht neu gewesen sind, ist die entsprechende Restnutzungsdauer zugrunde zu legen. Soweit die Steuerfestsetzungen bereits bestandskräftig sind, können die bisher nicht ausgeschöpften AfA-Beträge aus Vereinfachungsgründen bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1992 berücksichtigt werden.

Umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen im Rahmen der rechtlichen Betreuung

Art. 10 Nr. 3 Buchst. b Doppelbuchst. aa Dreifachbuchst. ccc und Buchst, b Doppelbuchst, bb sowie Art. 10 Nr. 3 Buchst. e des AmtshilfeRLUmsG, BFH-Urteil vom 17. Februar 2009, XI R 67/06, BFH-Urteil vom 25. April 2013, V R 7/11

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7172 / 13 / 10001 vom 22.11.2013

Kurzfassung

In seinem Schreiben behandelt der BMF folgende Punkte:

  1. Änderung des § 4 Nr. 16 und 25 UStG aufgrund des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes:
    1. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG
    2. § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe c UStG
  2. Anwendung der BFH-Urteile vom 17. Februar 2009, XI R 67/06, und vom 25. April 2013, V R 7/11
  3. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
    1. Änderung des Abschnitts 4.16.5,
    2. Änderung des Abschnitts 4.18.1,
    3. Streichung der Abs. 5 bis 9 in Abschnitt 4.25.1,
    4. Einfügung eines Abschnitts 4.25.2
  4. Anwendungsregelungen

Das Schreiben im Volltext finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF

Artikel 10 Nr. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe ccc und Buchsta-be b Doppelbuchstabe bb sowie Artikel 10 Nr. 3 Buchstabe e des AmtshilfeRLUmsG, BFH-Urteil vom 17. Februar 2009, XI R 67/06, BFH-Urteil vom 25. April 2013, V R 7/11
GZ
IV D 3 – S 7172/13/10001
DOK
2013/1007334
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)
I. Änderung des § 4 Nr. 16 und 25 UStG aufgrund des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes
Durch Artikel 10 Nr. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe ccc und Buch-stabe b Doppelbuchstabe bb sowie Artikel 10 Nr. 3 Buchstabe e des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809, BStBl 2013 I S. 802) wurde in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG und in § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe c UStG eine Umsatzsteuerbefreiung für rechtliche Betreuungsleistungen eingeführt. Die Ände-rungen sind am 1. Juli 2013 in Kraft getreten.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:
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1. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG -neu-
Mit der Ergänzung des neuen § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG werden ab dem 1. Juli 2013 Einrichtungen, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 des Bürgerlichen Gesetz-buchs (BGB) durch Betreuungsbeschluss übertragen wurde, als umsatzsteuerbegünstigte Ein-richtungen anerkannt. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff „Ein-richtungen“ i. S. des Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL, auf dessen Rechtsgrund-lage § 4 Nr. 16 UStG beruht, unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leis-tungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen.
Damit erfasst die Steuerbefreiung künftig grundsätzlich auch die nach §§ 1896 ff. BGB er-brachten Betreuungsleistungen, insbesondere solche, die von Vereinsbetreuern und Betreu-ungsvereinen sowie von Berufsbetreuern erbracht werden.
2. § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe c UStG -neu-
Ferner werden im Gleichklang mit der Einführung des neuen § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG auch die Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind, nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe c UStG von der Umsatzsteuer befreit. Auch hier gilt, dass der Begriff „Einrichtungen“ unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen umfasst.
Die Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB dient – wie die Vormundschaft – der Fürsorge für Minderjährige, wenn in Teilbereichen ihre Angelegenheiten nicht von dem Sorgeberech-tigten (Eltern oder Vormund) wahrgenommen werden können. Die Ergänzungspflegschaft kann sich, der Betreuung vergleichbar, auf die gesamte Personen- oder Vermögenssorge oder auf einzelne Angelegenheiten dieser Bereiche beziehen. So kann auch die Ergänzungspfleg-schaft für Vermögensangelegenheiten des Minderjährigen erforderlich sein, insbesondere in den Fällen des § 1909 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. mit § 1638 Abs. 1 BGB.
Die sonstigen Pflegschaften des BGB sind mit der Vormundschaft und Ergänzungspflegschaft nicht vergleichbar, da diese nicht auf die Fürsorge für Minderjährige gerichtet sind und somit bei ihnen der spezifisch soziale Charakter nicht gegeben ist. Für die Leistungen im Rahmen der sonstigen Pflegschaften des BGB wird deshalb keine Umsatzsteuerbefreiung gewährt. Unter die sonstigen Pflegschaften fallen die Abwesenheitspflegschaft für abwesende Volljäh-rige (§ 1911 BGB) und die Nachlasspflegschaft (§§ 1960 ff. BGB) sowie die Sammlungs-pflegschaft (§ 1914 BGB). Sie betreffen nur die Verwaltung von Vermögen und haben keinen spezifischen Bezug auf Minderjährige, für die die elterlichen Sorgeberechtigten ersetzt wer-den müssen. Des Weiteren zählen hierzu die Pflegschaft für einen unbekannten Beteiligten
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nach § 1913 BGB und die Pflegschaft für eine Leibesfrucht nach § 1912 BGB, die ebenfalls in der Regel nur die Verwaltung von Vermögen betreffen.
Auch Verfahrenspfleger oder -beistände üben keine den Betreuern oder Vormündern ver-gleichbare Tätigkeit aus, da sie lediglich in Gerichtsverfahren auftreten und dort die Interes-sen der betroffenen Person zur Geltung bringen. Im Vergleich zu diesen Personengruppen ist der Gegenstand der Leistung begrenzt, z. B. nur auf die Stellungnahme zur Frage, wer das Sorgerecht erhalten soll. Eine umfassende Personen- oder Vermögenssorge wird nicht wahr-genommen. In Familiensachen kann die Stellungnahme des Verfahrensbeistands gutachten-ähnlichen Charakter haben. Eine durch den Gleichbehandlungsgrundsatz veranlasste Umsatz-steuerbefreiung lässt sich hieraus nicht ableiten. Es handelt sich auch nicht um eine eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundene Leistung, da eine Vertretung vor Ge-richt keine nach den SGB beschriebene Leistung darstellt.
Leistungen, die nach § 1908i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden (Dienste, die zum Gewerbe oder Beruf des Betreuers oder des Vormunds gehören), fallen weder nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG noch nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe c UStG unter die Steuerbefreiung, da es sich bei ihnen nicht um Betreuungsleistungen im ei-gentlichen Sinne handelt; z. B. wenn der Betreuer Rechtsanwalt ist und den Betreuten in ei-nem Prozess vertritt oder wenn er Steuerberater ist und die Steuererklärung für den Betreuten erstellt.
II. Anwendung der BFH-Urteile vom 17. Februar 2009, XI R 67/06, und vom 25. April 2013, V R 7/11
Bereits mit Urteil vom 17. Februar 2009, XI R 67/06 (BStBl II S. xxx)1, hat der BFH ent-schieden, dass Leistungen sog. Betreuungsvereine als steuerfrei anzusehen sind, sofern sich der Verein entgegen der Beschränkung des sog. Abstandsgebots des § 4 Nr. 18 Buchstabe c UStG unmittelbar auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL beruft.
Ferner hat der BFH mit Urteil vom 25. April 2013, V R 7/11 (BStBl II S. xxx)2, entschieden, dass sich ein gemäß § 1896 BGB gerichtlich zur Erbringung von Betreuungsleitungen bestell-ter Berufsbetreuer für die Anwendung der Steuerbefreiung der aufgrund dieser Bestellung erbrachten Betreuungsleistungen unmittelbar auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL berufen kann.
In diesen Urteilen führt der BFH aus, dass rechtliche Betreuungsleistungen Dienstleistungen sind, die unmittelbar Ausdruck der in Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL genann-ten Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit sind. Dem BFH zufolge sind Betreuungsverei-
1 Das Urteil wird zeitgleich mit diesem Schreiben im Bundessteuerblatt II veröffentlicht.
2 Das Urteil wird zeitgleich mit diesem Schreiben im Bundessteuerblatt II veröffentlicht.
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ne und Berufsbetreuer als andere in der Bundesrepublik Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter anzusehen, wenn die Betreuungsvereine bzw. die Vereins- oder Be-rufsbetreuer nach §§ 1896 ff. BGB gerichtlich bestellt und überwacht sind.
Im Übrigen bestätigt der BFH im Urteil vom 25. April 2013, V R 7/11 die Regelung im neuen § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG, dass Leistungen, die nach § 1908i BGB i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden, nicht umsatzsteuerfrei sind. Denn Leistungen, die z. B. einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung nach diesen Vorschriften des BGB vergütet werden, sind keine mit der Sozialfürsorge eng verbunde-nen Leistungen. Sie sind auch nicht i. S. des Artikel 134 Buchstabe a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Be-treuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Ein-richtung erbracht wird.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:
Eine Einrichtung, die gemäß § 1896 BGB gerichtlich zur Erbringung von Betreuungsleistungen bestellt wurde, kann sich für die Anwendung der Steuerfreiheit der aufgrund dieser Bestellung vor dem 1. Juli 2013 erbrachten Leistungen unmittelbar auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL berufen. Die Steuerbefreiung gilt – ebenso wie die Neuregelung in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG – unabhängig von der Rechtsform des leistenden Unternehmers, d. h. sowohl Betreuungsvereine, wie auch Berufsbetreuer und Vereinsbetreuer können sich unmit-telbar auf das Unionsrecht berufen, sofern ihre Betreuungsleistungen nicht bereits nach nationa-lem Recht befreit sind.
Aufgrund der Vergleichbarkeit der Leistung und der Anerkennungsvoraussetzungen können sich auch Einrichtungen, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind, für die Steuerbefreiung der aufgrund dieser Bestel-lung vor dem 1. Juli 2013 erbrachten Leistungen unmittelbar auf Artikel 132 Abs. 1 Buch-stabe g und h MwStSystRL berufen.
Leistungen, die nach § 1835 Abs. 3 BGB (Vormund, Ergänzungspfleger) oder § 1908i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB (Betreuer) vergütet werden (Dienste, die zum Gewerbe oder Beruf des Betreuers oder des Vormunds gehören), fallen nicht unter die Steuerbefreiung.
Außerdem gilt entsprechend dem BFH-Urteil vom 17. Februar 2009, XI R 67/06, die Voraus-setzung des § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchstabe c UStG (sog. Abstandsgebot) auch als erfüllt, wenn das Entgelt für die in Betracht kommende Leistung von den zuständigen Behörden genehmigt ist oder das genehmigte Entgelt nicht übersteigt. Dementsprechend erfüllen neben den im v. g.
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BFH-Urteil genannten festgesetzten Stundensätzen für rechtliche Betreuungsleistungen auch die im Rahmen des außergerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahrens gezahlten Fallpau-schalen, die sich der Höhe nach an die im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelte Beratungshilfevergütung anlehnen, die Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 Buchstabe c UStG.
Rechnungsberichtigung
Beruft sich ein Vormund, Ergänzungspfleger oder Betreuer für im Rahmen seiner Amtsfüh-rung bereits erbrachte Leistungen direkt auf die Steuerbefreiung nach Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL, ist eine Anwendung des § 14c UStG für den in diesem Zusam-menhang gegenüber dem zuständigen Gericht gestellten Vergütungsantrag ausgeschlossen, wenn aus dem Vergütungsantrag hervorgeht, dass das Mündel, der Pflegling oder die betreute Person Leistungsempfänger war (namentliche Nennung der Person notwendig) und der An-trag lediglich auf die Vergütung der an das Mündel, den Pflegling oder die betreute Person ausgeführten Leistung durch die Landesjustizkasse gerichtet ist. Unter diesen Voraussetzun-gen ist der Vergütungsantrag nicht als Rechnung anzusehen. Auch die hierauf ergehende ge-richtliche Vergütungsentscheidung stellt in diesem Fall keine Rechnung im Sinne des § 14c UStG dar.
In den Fällen, in denen der Vormund, Ergänzungspfleger oder Betreuer gegenüber dem Mün-del, dem Pflegling oder der betreuten Person seine Leistung in Rechnung gestellt hat, sind die Regelungen des § 14c Abs. 1 UStG zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn die Vergütung zuvor durch das Gericht festgesetzt wurde. Eine Rechnungsberichtigung ist möglich, im Falle mehrerer Berichtigungen kann auch eine einzige Korrekturmeldung zusammengefasst erfol-gen (vgl. Abschnitt 14c.1 Abs. 7 Sätze 3 bis 5 UStAE).
III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Entsprechend den Ausführungen unter I. und II. wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 21. November 2013 – IV D 2 – S 7203/07/10002 :004 (2013/1059833), BStBl I S. XXX, geän-dert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 4.16.5 wird wie folgt geändert:
a) Nach Absatz 19 wird folgende Zwischenüberschrift und folgender neuer Absatz 20 eingefügt:
„Rechtliche Betreuungsleistungen (§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG)
(20) 1Rechtliche Betreuung erhalten volljährige Personen, die ihre Angelegenheiten auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ganz oder teilweise nicht besorgen können. 2Rechtliche Betreuungsleistungen nach §§ 1896 ff. BGB sind nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG steuerfrei, wenn sie von Einrichtungen erbracht
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werden, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 BGB durch einen Betreuungsbeschluss über-tragen wurde.
3Der Begriff „Einrichtungen“ erfasst – unabhängig von der Rechts- oder Organisa-tionsform des Leistungserbringers – sowohl natürliche als auch juristische Personen. 4Nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe k UStG fallen Leistungen, die nach § 1908i Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden (Dienste, die zum Gewerbe oder Beruf des Betreuers gehören), da es sich bei ihnen nicht um Betreuungsleistungen im eigent-lichen Sinne handelt; z. B. wenn der Betreuer Rechtsanwalt ist und den Betreuten in einem Pro-zess vertritt oder wenn er Steuerberater ist und die Steuererklärung für den Betreuten erstellt (vgl. BFH-Urteil vom 25. 4. 2013, V R 7/11, BStBl II S. XXX). 5Zu rechtlichen Betreuungsleistun-gen für Kinder und Jugendliche vgl. auch Abschnitt 4.25.2 Abs. 7 ff.“
b) Der bisherige Absatz 20 wird neuer Absatz 21.
c) In der Zwischenüberschrift vor dem neuen Absatz 21 wird der Klammerzusatz wie folgt gefasst: „(§ 4 Nr. 16 Buchstabe l UStG)“
2. Abschnitt 4.18.1 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 14 wird wie folgt gefasst: „(14) Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Leistungen im Rahmen der rechtlichen Be-treuung vgl. Abschnitt 4.16.5 Abs. 20.“
b) Nach Absatz 14 wird folgender neuer Absatz 15 angefügt:
„(15) 1Die Voraussetzung des § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchstabe c UStG gilt auch als erfüllt, wenn das Entgelt für die in Betracht kommende Leistung von den zuständigen Behörden genehmigt ist oder das genehmigte Entgelt nicht übersteigt (vgl. BFH-Urteil vom 17. 2. 2009, XI R 67/06, BStBl 2013 II S. XXX). 2Dementsprechend erfüllen auch die im Rahmen des außergerichtlichen Verbrau-cherinsolvenzverfahrens gezahlten Fallpauschalen, die sich der Höhe nach an die im Rechtsan-waltsvergütungsgesetz (RVG) geregelte Beratungshilfevergütung anlehnen, die Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 Buchstabe c UStG.“
3. In Abschnitt 4.25.1 werden die bisherigen Absätze 5 bis 9 gestrichen.
4. Nach Abschnitt 4.25.1 wird folgender Abschnitt 4.25.2 eingefügt:
„4.25.2. Eng mit der Jugendhilfe verbundene Leistungen
Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen
(1) Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe a UStG auch die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen (vgl. Abschnitt 4.25.1 Absätze 3 und 4) selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG bezeichneten Leistungen (vgl. Abschnitt 4.25.1 Abs. 1 und 2) stehen.
(2) 1In § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe a UStG wird auf „die von der Jugendhilfe begünstigten Personen“ abgestellt. 2Danach ist die Einbeziehung von Eltern in die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen für die Steuerbefreiung unschädlich, sofern diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den Leistungen der Jugendhilfe stehen.
Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen
(3) 1Nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe b UStG sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die übli-chen Naturalleistungen steuerfrei, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen
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und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren.
2Hinsichtlich des Begriffs der Vergütung für geleistete Dienste wird auf Abschnitt 4.18.1 Abs. 7 hingewiesen.
(4) Durch das Abstellen auf den „Empfänger der Jugendhilfeleistungen“ wird auch insoweit eine steu-erfreie Einbeziehung von Eltern ermöglicht.
Leistungen von Vormündern und Ergänzungspflegern
(5) Von der Umsatzsteuer sind nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe c UStG auch die Leistungen befreit, die von einer Einrichtung erbracht werden, die als Vormund nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden ist, es sei denn, es handelt sich um Leistungen, die nach § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden.
(6) Für alle Pflegschaften gelten die Vorschriften über die Vormundschaft nach § 1915 BGB entspre-chend; hinsichtlich der von nicht mittellosen Pfleglingen zu zahlenden Vergütung gilt eine Sonderregelung zur Berechnung der Vergütung abweichend von § 3 Abs. 1 bis 3 Vormünder- und Betreuer-vergütungsgesetz (§ 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB).
(7) 1Die Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB dient – wie die Vormundschaft – der Fürsorge für Minderjährige, wenn deren Angelegenheiten in Teilbereichen nicht von dem Sorgeberechtigten (Eltern oder Vormund) besorgt werden können. 2Die Ergänzungspflegschaft kann sich, der Betreuung vergleich-bar, auf die gesamte Personen- oder Vermögenssorge oder auf einzelne Angelegenheiten dieser Teilberei-che beziehen. 3Wird die Pflegschaft in Teilbereichen wahrgenommen, bleibt die sorgerechtliche Zustän-digkeit der Eltern oder des Vormunds in den übrigen Angelegenheiten bestehen. 4So kann z. B. Eltern, die ihr Kind vernachlässigen, nur die Personensorge entzogen und einem Ergänzungspfleger übertragen wer-den; die Vermögenssorge bleibt in diesem Fall bei den Eltern. 5Andererseits kann auch die Ergänzungs-pflegschaft für Vermögensangelegenheiten des Minderjährigen erforderlich sein, insbesondere in den Fällen des § 1909 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 1638 Abs. 1 BGB.
(8) 1Die sonstigen Pflegschaften des BGB sind mit der Vormundschaft und Ergänzungspflegschaft nicht vergleichbar, da diese nicht auf die Fürsorge für Minderjährige gerichtet sind und somit bei ihnen der spezifisch soziale Charakter nicht gegeben ist. 2Für die Leistungen im Rahmen der sonstigen Pflegschaften des BGB wird deshalb keine Umsatzsteuerbefreiung gewährt. 3Unter die sonstigen Pflegschaften fallen die Abwesenheitspflegschaft für abwesende Volljährige (§ 1911 BGB) und die Nachlasspflegschaft (§§ 1960 ff. BGB) sowie die Sammlungspflegschaft (§ 1914 BGB). 4Sie betreffen nur die Verwaltung von Vermögen und haben keinen spezifischen Bezug auf Minderjährige, für die die elterlichen Sorgeberechtigten ersetzt werden müssen. 5Des Weiteren zählen hierzu die Pflegschaft für einen unbekannten Beteiligten nach § 1913 BGB und die Pflegschaft für eine Leibesfrucht nach § 1912 BGB, die ebenfalls in der Regel nur die Verwaltung von Vermögen betreffen.
(9) 1Auch Verfahrenspfleger oder -beistände üben keine den rechtlichen Betreuern (vgl. Ab-schnitt 4.16.5 Abs. 20) oder Vormündern vergleichbare Tätigkeit aus, da sie lediglich in Gerichtsverfah-ren auftreten und dort die Interessen der betroffenen Person vertreten. 2Deshalb wird auch für diese Tä-tigkeiten keine Umsatzsteuerbefreiung gewährt. 3Bei den Verfahrenspflegern oder -beiständen ist der Gegenstand der Leistung begrenzt, z. B. nur auf die Stellungnahme zu der Frage, wer das Sorgerecht erhalten soll. 4Eine umfassende Personen- oder Vermögenssorge wird hingegen nicht wahrgenommen.
Reiseleistungen im Drittland
(10) Liegen für Leistungen nach § 4 Nr. 25 UStG auch die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Reiseleistungen im Drittland (§ 25 Abs. 2 UStG) vor, geht die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 UStG der Steuerbefreiung nach § 25 Abs. 2 UStG vor.“
IV. Anwendungsregelungen
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Das BMF-Schreiben vom 21. September 2000 – IV D 1 – S 7175 – 1/00 – (BStBl I S. 1251) ist nicht mehr anzuwenden. Soweit die Regelungen zur Umsatzsteuerpflicht von rechtlichen Betreuungs-leistungen in den vorstehenden Abschnitten II und III über die des BMF-Schreibens vom 21. September 2000 hinausgehen, ist es nicht zu beanstanden, wenn der leistende Unterneh-mer diese Regelungen auf Umsätze anwendet, die nach dem 30. Juni 2013 erbracht werden.
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Ferner wird es für Umsätze, für die im Rahmen des außergerichtlichen Verbraucherinsol-venzverfahrens Fallpauschalen gezahlt werden und die vor dem 1. Januar 2014 erbracht wer-den, nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Ab-schnitt 4.18.1 Abs. 15 UStAE umsatzsteuerpflichtig behandelt.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Im Auftrag
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet.

Erstmaliger Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch den Arbeitgeber und Anwendungsgrundsätze für den Einführungszeitraum 2013

Bundesministerium der Finanzen, IV C 5 – S-2363 / 13 / 10003

Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 25.07.2013

Fundstellen

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale;
Erstmaliger Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch den Arbeitgeber und Anwendungsgrundsätze für den Einführungszeitraum 2013


  • I. Starttermin
  • II. Einführungszeitraum für das ELStAM-Verfahren
  • III. Arbeitgeber
    • 1. Papierverfahren im Einführungszeitraum
    • 2. Bescheinigung bei unzutreffenden ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs (Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug)
    • 3. Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen
    • 4. Erstmaliger Einsatz des ELStAM-Verfahrens nach dem Starttermin
    • 5. ELStAM bei verschiedenen Lohnarten
    • 6. Anwendung der abgerufenen ELStAM
    • 7. Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM
    • 8. Beendigung des Dienstverhältnisses bei Anwendung des ELStAM-Verfahrens
    • 9. Entgegennahme und Aufbewahrung der Lohnsteuerkarte 2010/Papierbescheinigung(en)
    • 10. Härtefallregelung
  • IV. Arbeitnehmer
  • V. Finanzamt

Nach § 52b EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I Seite 1809 ) sind im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder für den Lohnsteuerabzug ab dem Kalenderjahr 2013 die folgenden Regelungen zu beachten:

I. Starttermin

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 – IV C 5 – S 2363/07/0002-03 , DOK 2012/1170782 – (BStBl I Seite 1258, ELStAM-Startschreiben) hat das Bundesministerium der Finanzen als Starttermin für das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM-Verfahren) den 1. November 2012 festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt können die Arbeitgeber, die ELStAM der Arbeitnehmer mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 abrufen. Der Arbeitgeber hat das ELStAM-Verfahren grundsätzlich für laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31. Dezember 2012 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2012 zufließen, anzuwenden.

II. Einführungszeitraum für das ELStAM-Verfahren

Nach der Regelung in § 52b Absatz 5 Satz 2 EStG ist für die Einführung des ELStAM-Verfahrens ein Zeitraum zu bestimmen (Einführungszeitraum). Auf der Grundlage dieser Vorschrift wird hiermit das Kalenderjahr 2013 als Einführungszeitraum bestimmt. Damit wird insbesondere den Arbeitgebern ein längerer Umstellungszeitraum auf das ELStAM-Verfahren angeboten, um auch eventuelle technische und organisatorische Probleme, die bei einem gleichzeitigen Einstieg aller Arbeitgeber zu einem festen Termin entstehen könnten, zu vermeiden. Daraus folgt auch, dass der Arbeitgeber die ELStAM spätestens für den letzten im Kalenderjahr 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum abzurufen und anzuwenden hat. Ein Abruf mit Wirkung ab 2014 ist verspätet.

Weil im Einführungszeitraum das Lohnsteuerabzugsverfahren nach Maßgabe der Regelungen für das Papierverfahren oder für das ELStAM-Verfahren durchgeführt werden kann, sind abweichend vom BMF-Schreiben vom 6. August 2013 – IV C 5 – S 2363/13/10003 , DOK 2013/0563339 – (BStBl I Seite xxx) die folgenden Regelungen zu beachten.

III. Arbeitgeber

1. Papierverfahren im Einführungszeitraum

Solange der Arbeitgeber im Einführungszeitraum das ELStAM-Verfahren nicht anwendet, sind für den Lohnsteuerabzug folgende Papierbescheinigungen zugrunde zu legen:

  1. Die Lohnsteuerkarte 2010 oder
  2. eine vom Finanzamt nach § 52b Absatz 3 EStG ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013).

Sind von den unter Nummer 1 und 2 genannten Papierbescheinigungen abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale anzuwenden, kann sie der Arbeitnehmer anhand folgender amtlicher Bescheinigungen nachweisen:

  1. Mitteilungsschreiben des Finanzamts zur „Information über die erstmals elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale)“ nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012,
  2. Ausdruck oder sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Übergangszeitraum 2012 und Einführungszeitraum 2013 gültigen ELStAM oder
  3. Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (Tz. III. 2) aufgrund abweichender Meldedaten (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG) bis zur Bereitstellung der ELStAM nach Aufhebung der Abrufsperre, längstens bis zum Ablauf der Gültigkeit (§ 52b Absatz 5a Satz 4 und 5 EStG).

Die in den vor dem 1. Januar 2013 ausgestellten Ausdrucken oder sonstigen Papierbescheinigungen eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) bleiben weiterhin gültig und sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum zugrunde zu legen (§ 52b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 EStG). Ein erneuter Antrag des Arbeitnehmers ist hierfür nicht erforderlich.

Das Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012 ist nur dann für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V). Hingegen ist der Ausdruck bzw. die sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Einführungszeitraum 2013 gültigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V).

Legt der Arbeitnehmer ein Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012, einen Ausdruck bzw. eine sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts oder eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug dem Arbeitgeber zum Zweck der Berücksichtigung beim Lohnsteuerabzug vor, sind allein die ausgewiesenen Lohnsteuerabzugsmerkmale auf der zuletzt ausgestellten amtlichen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug maßgebend. Sämtliche auf einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 oder einer anderen zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten amtlichen Bescheinigung eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale werden überschrieben. Diese vereinfachte Nachweismöglichkeit besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2013 in ein neues erstes Dienstverhältnis wechselt.

Somit sind die zuletzt eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale – unabhängig von der eingetragenen Gültigkeit – vom Arbeitgeber zunächst auch noch für das Lohnsteuerabzugsverfahren im Einführungszeitraum zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber braucht nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die einzelnen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Grunde bzw. der Höhe nach noch vorliegen.

Zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgegennahme und Aufbewahrung der vom Finanzamt ausgestellten Papierbescheinigungen vgl. Tz. III. 9.

Ist auf der Lohnsteuerkarte 2010 eine Lohnsteuerbescheinigung erteilt und die Lohnsteuerkarte an den Arbeitnehmer herausgegeben worden, kann der Arbeitgeber bei fortbestehendem Dienstverhältnis die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 im Einführungszeitraum 2013 weiter anwenden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich bestätigt, dass die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 auch weiterhin für den Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum 2013 zutreffend sind (§ 52b Absatz 1 Satz 5 EStG). Eine amtliche Bescheinigung ist hierfür nicht vorgesehen, so dass eine formlose Erklärung des Arbeitnehmers als Nachweis ausreicht. Diese schriftliche Bestätigung ist als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen.

Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Kalenderjahr 2013 während des Einführungszeitraums ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber die Vereinfachungsregelung des § 52b Absatz 4 EStG anwenden. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 nach der Steuerklasse I vornehmen. Dazu hat der Auszubildende seinem Arbeitgeber die Identifikationsnummer, den Tag der Geburt und ggf. die rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft mitzuteilen und schriftlich zu bestätigen, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt.

Wurde die vorstehende Vereinfachungsregelung bereits im Kalenderjahr 2011 oder 2012 in Anspruch genommen, kann im Einführungszeitraum 2013 die Lohnsteuer weiterhin nach der Steuerklasse I ermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist eine schriftliche Bestätigung des Auszubildenden, dass es sich weiterhin um sein erstes Dienstverhältnis handelt.

2. Bescheinigung bei unzutreffenden ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs (Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug)

Bei Einführung des ELStAM-Verfahrens bzw. dem erstmaligen Abruf der ELStAM durch den Arbeitgeber kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung für den Arbeitnehmer aufgrund fehlerhafter Meldedaten materiell unzutreffende ELStAM bereitstellt, da die Finanzämter nicht befugt sind, in der ELStAM-Datenbank gespeicherte Meldedaten zu ändern. Es können auch aus anderen Gründen unzutreffende ELStAM gespeichert sein, deren Berichtigung aus technischen Gründen nicht zeitnah möglich ist.

Hat das Finanzamt in diesen Fällen eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausgestellt (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG, Tz. V. 2), wird der Arbeitgeberabruf durch das Finanzamt gesperrt, sog. Vollsperrung. Meldet der Arbeitgeber oder sein Vertreter den Arbeitnehmer trotz erfolgter Sperrung an, erhält er die Mitteilung „Keine Anmeldeberechtigung“. Die Regelungen des § 39e Absatz 6 Satz 8 EStG (Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse VI) sind nicht anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat.

Der Arbeitgeber darf die Lohnsteuerabzugsmerkmale dieser Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug nur dann für den angegebenen Zeitraum anwenden, wenn ihm die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 des Arbeitnehmers mit einer der Steuerklassen I bis V (erstes Dienstverhältnis) vorliegt. Zur Anwendung der kalenderjahrbezogen bescheinigten Lohnsteuerabzugsmerkmale vgl. Tz. V. 2.

Erfolgte die Sperrung der ELStAM vor dem erstmaligen Abruf durch den Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer und nicht das Finanzamt dem Arbeitgeber die Aufhebung der Sperrung mitzuteilen (Tz. IV und V. 2). Dazu hat der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber das Informationsschreiben seines Wohnsitzfinanzamts über die Aufhebung der Sperrung auszuhändigen. Aufgrund dieser Mitteilung hat der Arbeitgeber den beschäftigten Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden (Tz. III. 4) und die entsprechenden ELStAM abzurufen. Diese Grundsätze gelten auch bei einem Arbeitgeberwechsel während der Dauer der Sperrung.

Hat das Finanzamt die ELStAM nach ihrem erstmaligen Abruf gesperrt, wird dem Arbeitgeber die Aufhebung der Sperrung durch Bereitstellung sog. Änderungslisten automatisch mitgeteilt. Daraufhin hat der Arbeitgeber die bereitgestellten ELStAM abzurufen und ab der dem Abruf folgenden Lohnabrechnung anzuwenden.

3. Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen

Bei unzutreffenden ELStAM, die auf vom Finanzamt zu bildenden Merkmalen beruhen (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuerklassenkombination bei Ehegatten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert das Finanzamt auf Veranlassung des Arbeitnehmers die ELStAM in der Datenbank. Daraufhin werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM zur Verfügung gestellt.

Nimmt das Finanzamt die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf vor (z. B. bei Feststellung des Fehlers im Rahmen des Ermäßigungsverfahrens), werden dem Arbeitgeber beim erstmaligen Abruf die zutreffenden ELStAM bereitgestellt. Der vom Finanzamt in diesem Fall ausgestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) kann auch vor dem erstmaligen Arbeitgeberabruf nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.

Nimmt das Finanzamt die Korrektur nach dem erstmaligen Abruf vor, werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM bereitgestellt (sog. Änderungsmitteilung), die rückwirkend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Abrufs angewendet werden können. Zur Beschleunigung der Korrektur eines unzutreffenden Lohnsteuerabzugs kann der in diesem Fall ausgestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) vor dem Abruf der korrigierten ELStAM nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.

4. Erstmaliger Einsatz des ELStAM-Verfahrens nach dem Starttermin

Nach dem Starttermin hat der Arbeitgeber oder sein Vertreter die beschäftigten Arbeitnehmer im Einführungszeitraum für den Einsatz des ELStAM-Verfahrens in der ELStAM-Datenbank anzumelden. Dazu soll der Arbeitgeber sämtliche Arbeitnehmer einer lohnsteuerlichen Betriebsstätte zeitgleich in das ELStAM-Verfahren einbeziehen. Um den Arbeitgebern den Einstieg in das ELStAM-Verfahren zu erleichtern, bestehen abweichend davon aber keine Bedenken, die Arbeitnehmer im Einführungszeitraum auch stufenweise (zu verschiedenen Zeitpunkten) in das ELStAM-Verfahren zu überführen. Wählt der Arbeitgeber diese Möglichkeit, hat er für den Lohnsteuerabzug – bezogen auf die jeweilige Betriebsstätte – sowohl die Regelungen für das Papierverfahren als auch für das ELStAM-Verfahren zu beachten.

Der Arbeitgeber soll dem Arbeitnehmer den Zeitpunkt für die erstmalige Anwendung der ELStAM zeitnah mitteilen. Eine Mitteilung des erstmaligen Abrufs der ELStAM gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ist nicht erforderlich. Bei der Anmeldung in der ELStAM-Datenbank hat der Arbeitgeber auch anzugeben, ob es sich um ein erstes oder ein weiteres Dienstverhältnis des Arbeitnehmers handelt. Diese Angaben sind für die programmgesteuerte Bildung der Lohnsteuerklasse erforderlich.

Ein erstes Dienstverhältnis darf der Arbeitgeber während des Einführungszeitraums nur anmelden,

wenn ihm für den betreffenden Arbeitnehmer

  • die Lohnsteuerkarte 2010 oder
  • eine vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013)

mit einer der Steuerklassen I bis V vorliegt

oder wenn

  • er im Rahmen der Vereinfachungsregelung für Auszubildende (§ 52b Absatz 4 EStG) den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer Ersatzbescheinigung nach der Steuerklasse I vorgenommen hat oder
  • er die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 nach § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG aufgrund einer Erklärung des Arbeitnehmers weiter angewendet hat (§ 52b Absatz 5 Satz 5 EStG).

Diese Grundsätze gelten – mit Ausnahme der Fälle des § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG (Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale 2010 ohne Lohnsteuerkarte 2010) – auch bei Begründung eines neuen Dienstverhältnisses im Einführungszeitraum. Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Einführungszeitraum nach Einstieg des Arbeitgebers in das ELStAM-Verfahren ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber ein erstes Dienstverhältnis ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer Ersatzbescheinigung anmelden, wenn der Auszubildende seinem Arbeitgeber dies entsprechend schriftlich bestätigt.

5. ELStAM bei verschiedenen Lohnarten

Auch wenn der Arbeitgeber verschiedenartige Bezüge zahlt, sind diese aufgrund des Grundsatzes eines einheitlichen Dienstverhältnisses zu einem Arbeitgeber zusammenzurechnen. In den folgenden Fällen handelt es sich um ein einheitliches Dienstverhältnis, so dass die Lohnsteuer für die Bezüge einheitlich und nach denselben ELStAM zu erheben ist. Der Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis des Arbeitnehmers durch denselben Arbeitgeber ist nicht möglich.

Beispiele für die Zahlung verschiedenartiger Bezüge:

  • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber neben einer Betriebsrente noch Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis; die Lohnsteuer wird nicht pauschal erhoben.
  • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber Hinterbliebenenbezüge und eigene Versorgungsbezüge oder Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis.
  • Ein Arbeitnehmer ist in Elternzeit und arbeitet gleichwohl beim selben Arbeitgeber weiter.

Behandelt der Arbeitgeber solche Bezüge bei der Durchführung des Lohnsteuerabzugs wie Bezüge aus unterschiedlichen Dienstverhältnissen, sind für Lohnabrechnungszeiträume, die vor dem 1. Januar 2015 enden, bzw. für sonstige Bezüge, die vor dem 1. Januar 2015 zufließen, die vom Arbeitgeber abgerufenen ELStAM für einen der gezahlten Bezüge anzuwenden. Für den jeweils anderen Bezug ist die Steuerklasse VI ohne weiteren Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis zu Grunde zu legen. Für den Lohnsteuereinbehalt von Versorgungsbezügen nach der Steuerklasse VI ist § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 1 EStG zu berücksichtigen, wonach kein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag anzusetzen ist. Die Lohnsteuerbescheinigung ist entsprechend den getrennt abgerechneten Bezügen auszustellen und an die Finanzverwaltung zu übermitteln.

6. Anwendung der abgerufenen ELStAM

Nach erfolgreichem Abruf der ELStAM hat der Arbeitgeber für die angemeldeten Arbeitnehmer die Vorschriften des ELStAM-Verfahrens (§§ 38 bis 39e EStG, Regelverfahren) anzuwenden. Danach sind die vom Arbeitgeber oder seinem Vertreter abgerufenen ELStAM grundsätzlich für die nächste auf den Abrufzeitpunkt folgende Lohnabrechnung anzuwenden und im Lohnkonto aufzuzeichnen (§§ 52b Absatz 5 Satz 3, 41 Absatz 1 Satz 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7).

Eine erneute Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach der Lohnsteuerkarte 2010 und den vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen ist grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 52b Absatz 5a Satz 1 und 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7). Dieser Grundsatz ist auch dann zu beachten, wenn ein späterer Abruf oder eine spätere Anwendung der ELStAM aufgrund technischer Störungen nicht möglich ist. In diesen Fällen sind die Regelungen des § 39c EStG (Einbehaltung der Lohnsteuer ohne Lohnsteuerabzugsmerkmale) anzuwenden.

Scheitert allerdings der erstmalige Abruf der ELStAM während des Einführungszeitraums aufgrund technischer Probleme, kann der Arbeitgeber bis zum vorletzten Lohnzahlungszeitraum des Einführungszeitraums weiterhin das Papierverfahren und die Regelungen des § 52b EStG anwenden.

Weichen die erstmals abgerufenen ELStAM von den auf der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen eingetragenen bzw. im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen ab, besteht für den Arbeitgeber weder eine Korrekturpflicht nach § 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG noch eine Anzeigepflicht nach § 41c Absatz 4 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG, da er bei Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer vorgelegten Lohnsteuerkarte 2010, der vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen vorschriftsmäßig gehandelt hat. Abweichungen können z. B. dann auftreten, wenn der Arbeitnehmer seiner Anzeigeverpflichtung im Papierverfahren bei Änderungen der Lohnsteuerabzugsmerkmale zu seinen Ungunsten nicht nachgekommen ist (z. B. Steuerklasse III oder II anstatt I).

7. Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM

Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM

Abweichend von Tz. III. 6 kann der Arbeitgeber nach § 52b Absatz 5a Satz 7 EStG auf eine sofortige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM einmalig verzichten. Statt dessen kann er den Lohnsteuerabzug für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten weiter nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen durchführen. Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.

Für eine verzögerte Anwendung der erstmals abgerufenen ELStAM ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, solch eine betriebsinterne Abstimmung lohnsteuerlich zu dokumentieren; es sind keine Aufzeichnungen im Lohnkonto erforderlich.

In diesem 6-Monats-Zeitraum kann der Arbeitgeber insbesondere die Funktionsfähigkeit der eingesetzten Lohnabrechnungsprogramme absichern. Ferner ermöglicht diese Regelung, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die abgerufenen ELStAM zur Überprüfung vorab mitteilt. Hierfür – aber auch für eine spätere Prüfung der ELStAM – stellt die Finanzverwaltung einen Vordruck (Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“) im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit.

Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM nach erstmaligem Lohnsteuerabzug

Der Arbeitgeber kann ferner nach § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG und abweichend von Tz. III. 6 auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010 oder einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten durchführen, wenn die erstmalige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM zu einem vom bisherigen Verfahren abweichenden Lohnsteuerabzug führt. In diesem Zeitraum kann der Arbeitnehmer mit dem Finanzamt die Abweichungen der ELStAM von den bislang berücksichtigten Lohnsteuerabzugsmerkmalen aufklären. Auch hierzu kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Abweichungen zwischen den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen und den ELStAM durch den Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ mitteilen.

Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.

Lohnsteuerabzug nach Korrektur der ELStAM bzw. nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums

Nach Vorlage der Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (z. B. bei unzutreffenden Meldedaten) durch den Arbeitnehmer oder nach Eingang einer sog. Änderungsmitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM hat der Arbeitgeber diese Merkmale entsprechend Tz. III. 2 bzw. III. 3 anzuwenden. Spätestens nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums hat der Arbeitgeber die (erstmals) abgerufenen ELStAM anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat oder keine sog. Änderungsmitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM eingeht, z. B. weil die (erstmals) bereitgestellten ELStAM zutreffend sind.

Keine Rückrechnungsverpflichtung des Arbeitgebers

Wendet der Arbeitgeber die Regelungen des § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG an, besteht für ihn weder eine Rückrechnungs-/Korrekturpflicht noch eine Anzeigeverpflichtung für den 6-Monats-Zeitraum bzw. auf den 1. Januar 2013 (vgl. Tz. III. 6).

8. Beendigung des Dienstverhältnisses bei Anwendung des ELStAM-Verfahrens

Hat der Arbeitgeber die ELStAM des Arbeitnehmers bereits angewendet, hat der Arbeitgeber den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses (z. B. in Fällen des Arbeitgeberwechsels) der Finanzverwaltung unverzüglich mitzuteilen (sog. Abmeldung, § 39e Absatz 4 Satz 5 EStG). Eine solche elektronische Abmeldung ist auch dann erforderlich, wenn das Finanzamt den Arbeitgeberabruf gesperrt hat (vgl. Tz. III. 2).

9. Entgegennahme und Aufbewahrung der Lohnsteuerkarte 2010/Papierbescheinigung(en)

Der Arbeitgeber hat auch im Einführungszeitraum die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatzbescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen entgegenzunehmen, aufzubewahren sowie die darauf eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale in das Lohnkonto zu übernehmen. Die so aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmale sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum bis zur erstmaligen Anwendung der ELStAM für den jeweiligen Arbeitnehmer zugrunde zu legen.

Auf Anforderung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Einführungszeitraum die vorgelegten Bescheinigungen (Tz. III. 1) zur Änderung nicht mehr zutreffender Lohnsteuerabzugsmerkmale durch das Finanzamt vorübergehend zu überlassen oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses vor Ablauf des Kalenderjahres 2014 innerhalb einer angemessenen Frist auszuhändigen (§ 52b Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 EStG).

Die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatzbescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen dürfen erst nach Ablauf des Kalenderjahres 2014 vernichtet werden (§ 52b Absatz 1 Satz 4 EStG).

10. Härtefallregelung

Weil der Einführungszeitraum zum 31. Dezember 2013 endet, können Härtefallanträge auf Nichtteilnahme am ELStAM-Verfahren (§ 39e Absatz 7 EStG) für das Kalenderjahr 2013 frühestens mit Wirkung ab dem letzten Lohnzahlungszeitraum in 2013 gestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt steht das Papierverfahren ohnehin zur Verfügung.

IV. Arbeitnehmer

Papierverfahren vor Einsatz des ELStAM-Verfahrens

Bis zum erstmaligen Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum sind für den Nachweis der Lohnsteuerabzugsmerkmale die Regelungen für die Papierbescheinigungen in Tz. III. 1 zu beachten. Die Vereinfachungsregelung für Auszubildende nach § 52b Absatz 4 EStG kann weiterhin angewandt werden (Tz. III. 4).

Sind aufgrund geänderter Lebensverhältnisse für das Kalenderjahr 2013 gegenüber den Verhältnissen des Jahres 2012 abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale (Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) maßgebend, kann das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung für 2011 oder 2012, 2013 berichtigen. Weicht die Eintragung der Steuerklasse oder die Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010, der Ersatzbescheinigung 2011 oder 2012 oder der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen von den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres 2013 zu Gunsten des Arbeitnehmers ab oder ist die Steuerklasse II bescheinigt und entfallen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) im Laufe des Kalenderjahres 2013, besteht auch im Jahr 2013 – wie bisher – eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Finanzamt (§ 52b Absatz 2 Satz 2 und 3 EStG).

Wechselt der Arbeitnehmer im Einführungszeitraum seinen Arbeitgeber, hat er sich die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 sowie die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen vom bisherigen Arbeitgeber aushändigen zu lassen und dem neuen Arbeitgeber vorzulegen.

Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013

Für die Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG ist zu beachten, dass die für die Kalenderjahre 2010, 2011 oder 2012 bescheinigten Beträge in 2013 ohne weiteren Antrag nur für den Zeitraum des Papierverfahrens bis zum Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum gelten.

Entspricht ein für das Kalenderjahr 2010, 2011 oder 2012 eingetragener Freibetrag im Kalenderjahr 2013 nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen, z. B. Minderung des Freibetrags aufgrund geringerer Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als Werbungskosten, ist der Arbeitnehmer zwar nicht verpflichtet, die Anpassung des Freibetrags auf den dem Arbeitgeber vorliegenden Bescheinigungen (Tz. III. 1) zu veranlassen. Unterbleibt jedoch ein Antrag auf Herabsetzung des Freibetrags, kann dies zu Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung führen.

Sollen Freibeträge auch bei Anwendung der ELStAM durch den Arbeitgeber in 2013 (weiter) berücksichtigt werden, sind diese grundsätzlich im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für 2013 neu zu beantragen. Entsprechendes gilt für das Faktorverfahren (§ 39f EStG), die Steuerklasse II bei volljährigen Kindern sowie für antragsgebundene Kinderzähler, sofern nicht bereits für das Kalenderjahr 2012 eine mehrjährige Berücksichtigung des Kindes beantragt worden ist. Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene werden weiterhin in der Regel mehrjährig berücksichtigt.

Korrektur der ELStAM nach Einsatz des ELStAM-Verfahrens

Stellt die Finanzverwaltung im Einführungszeitraum dem Arbeitgeber ELStAM bereit, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, kann er beim Wohnsitzfinanzamt eine Berichtigung der ELStAM beantragen (vgl. Tz. III. 2 und 3). Macht der Arbeitgeber von der Regelung im § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG (Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM) Gebrauch, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitnehmers (Tz. III. 7).

Zur Erleichterung der Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Finanzamt in Abweichungsfällen kann der Arbeitnehmer den Vordruck „Antrag auf Korrektur der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ verwenden, der im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit steht.

Auf die Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber über die vom Finanzamt mitgeteilte Aufhebung einer Abrufsperre zu informieren, wird hingewiesen (Tz. III. 2 und V. 2).

V. Finanzamt

1. Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013

Sind beim Arbeitnehmer im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für das Kalenderjahr 2013 Freibeträge zu berücksichtigen, hat das Finanzamt diese Lohnsteuerabzugsmerkmale in der ELStAM-Datenbank zu speichern. In diesen Antragsfällen ist dem Arbeitnehmer stets ein Ausdruck der ELStAM mit den ab 2013 geltenden Merkmalen zur Vorlage beim Arbeitgeber auszustellen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2013 die Berücksichtigung eines Kinderzählers, der Steuerklasse II, eines Faktors oder einer anderen Steuerklassenkombination bei Ehegatten beantragt hat.

2. Unzutreffende ELStAM

Allgemeines

Werden dem Arbeitgeber ELStAM bereitgestellt, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, hat das Wohnsitzfinanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die gebildeten ELStAM zu prüfen und sie ggf. zu ändern.

Unzutreffende ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs

Entsprechen die programmgesteuert gebildeten ELStAM nicht den tatsächlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers und sind somit unzutreffend (z. B. wegen fehlerhafter Meldedaten), hat das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug auszustellen (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG) und den Arbeitgeberabruf zu sperren, sog. Vollsperrung (vgl. Tz. III. 2). Die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug kann für das Kalenderjahr 2013 und 2014 ausgestellt werden, wobei der Faktor (§ 39f EStG) sowie Freibeträge nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG stets nur bezogen auf ein Kalenderjahr zu bescheinigen sind.

Hat das Finanzamt ein sog. Fehlerticket erstellt, wird ihm die Korrektur der Unstimmigkeiten bzw. Fehler in der ELStAM-Datenbank mitgeteilt. Im Anschluss daran hat das Finanzamt die Sperrung aufzuheben. Erfolgte die Sperrung nach dem erstmaligen Abruf der ELStAM, erhält der Arbeitgeber automatisch eine sog. Änderungsmitteilung mit den korrigierten ELStAM. Erfolgte die Sperrung bereits vor dem erstmaligen Abruf, ist deren Aufhebung dem Arbeitnehmer zur Information des Arbeitgebers mitzuteilen (Informationsschreiben, vgl. Tz. III. 2). In diesem Fall hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden.

Lebenspartnerschaften

Derzeit übermitteln die Meldebehörden lediglich die Information an die Finanzverwaltung, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Lebenspartner handelt. Neben dem Merkmal der Lebenspartnerschaft wird die Identifikationsnummer des anderen Lebenspartners derzeit noch nicht mitgeteilt. Daher ist eine programmgesteuerte Bildung der für Ehegatten möglichen Steuerklassenkombinationen für Lebenspartner im ELStAM-Verfahren noch nicht möglich.

Die Berücksichtigung der für Ehegatten möglichen Steuerklassen und Steuerklassenkombinationen beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber setzt in diesen Fällen einen Antrag beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt voraus. Da diese Lohnsteuerabzugsmerkmale noch nicht automatisiert gebildet werden können, stellt das Finanzamt nach § 52b Absatz 5a Satz 3 EStG (vgl. Tz. III. 2) eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug aus, die der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs vorzulegen hat. Der Arbeitgeberabruf für die ELStAM ist entsprechend zu sperren.

Nach der technischen Umsetzung der programmgesteuerten Bildung von Steuerklassenkombinationen für Lebenspartnerschaften gelten die für Ehegatten zu beachtenden Regelungen entsprechend. Sollen die automatisch gebildeten Steuerklassen aus Sicht der Lebenspartner nicht zur Anwendung kommen, kann eine abweichende Steuerklassenkombination beim zuständigen Finanzamt beantragt werden; Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“). Ein solcher Antrag gilt nicht als Änderung der Steuerklassen im Sinne des § 39 Absatz 6 Satz 3 EStG. Das Recht, einmal jährlich die Steuerklasse zu wechseln, bleibt davon unberührt (§ 39 Absatz 6 Satz 4 EStG). Ebenso gilt eine Änderung der Steuerklassen bei Wiederaufnahme der Lebenspartnerschaft nicht als Steuerklassenwechsel.

Leben die Lebenspartner dauernd getrennt, haben sie dies dem Finanzamt unverzüglich anzuzeigen (Vordruck „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“). Dadurch wird – ungeachtet eines etwaigen Steuerklassenwechsels im Trennungsjahr – ab Beginn des darauf folgenden Jahres die Steuerklasse I gebildet.

Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen

Betreffen die für den Arbeitnehmer bereitgestellten unzutreffenden ELStAM vom Finanzamt zu bildende Merkmale (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuerklassenkombination bei Ehegatten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert es auf Veranlassung des Arbeitnehmers die ELStAM, die daraufhin dem Arbeitgeber elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden.

Wird die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf der ELStAM durchgeführt, z. B. im Lohnsteuerermäßigungsverfahren, werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM beim erstmaligen Abruf bereitgestellt. Nimmt der Arbeitgeber bereits am ELStAM-Verfahren teil, erhält der Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM mit der nächsten sog. Änderungsmitteilung bereitgestellt.

Dem Arbeitnehmer ist stets ein Ausdruck der ELStAM (ggf. mit Freibetrag) zur Vorlage beim Arbeitgeber auszuhändigen. Nimmt der Arbeitgeber noch nicht am ELStAM-Verfahren teil, hat er den Ausdruck entsprechend den Grundsätzen der Tz. III. 1 und 3 zu berücksichtigen.

3. Keine Rückforderung der Papierbescheinigungen

Das Finanzamt hat die im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens 2013 ausgestellten Bescheinigungen für den Lohnsteuerabzug 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen nicht zurückzufordern.

Dieses Schreiben ist ab dem 1. November 2012 anzuwenden.

Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Normen:

EStG:52b

Fundstellen:

BStBl-2013-I-0943

DB-2013-1753

DStR-2013-1663

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

ELStAM – Hinweise zum Jahreswechsel

Deutscher Steuerberaterverband e. V., Mitteilung vom 19.11.2013

Mit den jüngst herausgegebenen Informationen zum Jahreswechsel (Stand: 6.11.2013) bietet die Finanzverwaltung der Praxis erneut Unterstützung beim Einstieg in das elektronische Lohnsteuerverfahren. Die Beschreibungen geben Hinweise zur Auslieferung der ELStAM im Zuge des Wechsels 2013/2014 und im Hinblick auf den Abschluss des Einführungsjahres.

Umstiegszeitpunkt nicht verpassen
Die Broschüre, die in Kürze auch auf der Internetseite Elster abrufbar sein soll, bildet den faktischen Schlusspunkt der Einführungsphase. Es gilt zwar weiterhin die Kulanzfrist, wonach der Arbeitgeber mit Zustimmung des Arbeitnehmers auf die Anwendung der erstmals abgerufenen ELStAM verzichten und weiter die Merkmale der Lohnsteuerkarte 2010 oder der entsprechenden Ersatzbescheinigungen für die Dauer von bis zu sechs Monaten zugrunde legen kann. Dieser Zeitraum reicht jedoch nur dann in 2014 hinein, wenn der Arbeitgeber pro Arbeitnehmer mindestens eine Abrechnung über das elektronische Lohnsteuerverfahren im bald endenden Einführungszeitraum 2013 vornimmt. Daher naht der späteste Umstiegszeitpunkt: Mit der Lohnabrechnung 12/2013 muss der Arbeitgeber für alle Arbeitnehmer mit dem elektronischen Lohnsteuerverfahren begonnen haben.

BMF-Schreiben ab 2014 beachten
Ab 2014 ist in der Praxis nicht mehr das extra für den Einführungszeitraum 2013 verfasste BMF-Schreiben vom 25.07.2013, sondern das generell für ELStAM geltende BMF-Schreiben vom 07.08.2013 zu beachten.

www.dstv.de

Quelle: DStV

Bundesministerium der Finanzen, IV C 5 – S-2363 / 13 / 10003

Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 25.07.2013

Fundstellen

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale;
Erstmaliger Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch den Arbeitgeber und Anwendungsgrundsätze für den Einführungszeitraum 2013


  • I. Starttermin
  • II. Einführungszeitraum für das ELStAM-Verfahren
  • III. Arbeitgeber
    • 1. Papierverfahren im Einführungszeitraum
    • 2. Bescheinigung bei unzutreffenden ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs (Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug)
    • 3. Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen
    • 4. Erstmaliger Einsatz des ELStAM-Verfahrens nach dem Starttermin
    • 5. ELStAM bei verschiedenen Lohnarten
    • 6. Anwendung der abgerufenen ELStAM
    • 7. Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM
    • 8. Beendigung des Dienstverhältnisses bei Anwendung des ELStAM-Verfahrens
    • 9. Entgegennahme und Aufbewahrung der Lohnsteuerkarte 2010/Papierbescheinigung(en)
    • 10. Härtefallregelung
  • IV. Arbeitnehmer
  • V. Finanzamt

Nach § 52b EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I Seite 1809 ) sind im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder für den Lohnsteuerabzug ab dem Kalenderjahr 2013 die folgenden Regelungen zu beachten:

I. Starttermin

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 – IV C 5 – S 2363/07/0002-03 , DOK 2012/1170782 – (BStBl I Seite 1258, ELStAM-Startschreiben) hat das Bundesministerium der Finanzen als Starttermin für das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM-Verfahren) den 1. November 2012 festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt können die Arbeitgeber, die ELStAM der Arbeitnehmer mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 abrufen. Der Arbeitgeber hat das ELStAM-Verfahren grundsätzlich für laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31. Dezember 2012 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2012 zufließen, anzuwenden.

II. Einführungszeitraum für das ELStAM-Verfahren

Nach der Regelung in § 52b Absatz 5 Satz 2 EStG ist für die Einführung des ELStAM-Verfahrens ein Zeitraum zu bestimmen (Einführungszeitraum). Auf der Grundlage dieser Vorschrift wird hiermit das Kalenderjahr 2013 als Einführungszeitraum bestimmt. Damit wird insbesondere den Arbeitgebern ein längerer Umstellungszeitraum auf das ELStAM-Verfahren angeboten, um auch eventuelle technische und organisatorische Probleme, die bei einem gleichzeitigen Einstieg aller Arbeitgeber zu einem festen Termin entstehen könnten, zu vermeiden. Daraus folgt auch, dass der Arbeitgeber die ELStAM spätestens für den letzten im Kalenderjahr 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum abzurufen und anzuwenden hat. Ein Abruf mit Wirkung ab 2014 ist verspätet.

Weil im Einführungszeitraum das Lohnsteuerabzugsverfahren nach Maßgabe der Regelungen für das Papierverfahren oder für das ELStAM-Verfahren durchgeführt werden kann, sind abweichend vom BMF-Schreiben vom 6. August 2013 – IV C 5 – S 2363/13/10003 , DOK 2013/0563339 – (BStBl I Seite xxx) die folgenden Regelungen zu beachten.

III. Arbeitgeber

1. Papierverfahren im Einführungszeitraum

Solange der Arbeitgeber im Einführungszeitraum das ELStAM-Verfahren nicht anwendet, sind für den Lohnsteuerabzug folgende Papierbescheinigungen zugrunde zu legen:

  1. Die Lohnsteuerkarte 2010 oder
  2. eine vom Finanzamt nach § 52b Absatz 3 EStG ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013).

Sind von den unter Nummer 1 und 2 genannten Papierbescheinigungen abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale anzuwenden, kann sie der Arbeitnehmer anhand folgender amtlicher Bescheinigungen nachweisen:

  1. Mitteilungsschreiben des Finanzamts zur „Information über die erstmals elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale)“ nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012,
  2. Ausdruck oder sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Übergangszeitraum 2012 und Einführungszeitraum 2013 gültigen ELStAM oder
  3. Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (Tz. III. 2) aufgrund abweichender Meldedaten (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG) bis zur Bereitstellung der ELStAM nach Aufhebung der Abrufsperre, längstens bis zum Ablauf der Gültigkeit (§ 52b Absatz 5a Satz 4 und 5 EStG).

Die in den vor dem 1. Januar 2013 ausgestellten Ausdrucken oder sonstigen Papierbescheinigungen eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) bleiben weiterhin gültig und sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum zugrunde zu legen (§ 52b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 EStG). Ein erneuter Antrag des Arbeitnehmers ist hierfür nicht erforderlich.

Das Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012 ist nur dann für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V). Hingegen ist der Ausdruck bzw. die sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Einführungszeitraum 2013 gültigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V).

Legt der Arbeitnehmer ein Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012, einen Ausdruck bzw. eine sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts oder eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug dem Arbeitgeber zum Zweck der Berücksichtigung beim Lohnsteuerabzug vor, sind allein die ausgewiesenen Lohnsteuerabzugsmerkmale auf der zuletzt ausgestellten amtlichen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug maßgebend. Sämtliche auf einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 oder einer anderen zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten amtlichen Bescheinigung eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale werden überschrieben. Diese vereinfachte Nachweismöglichkeit besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2013 in ein neues erstes Dienstverhältnis wechselt.

Somit sind die zuletzt eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale – unabhängig von der eingetragenen Gültigkeit – vom Arbeitgeber zunächst auch noch für das Lohnsteuerabzugsverfahren im Einführungszeitraum zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber braucht nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die einzelnen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Grunde bzw. der Höhe nach noch vorliegen.

Zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgegennahme und Aufbewahrung der vom Finanzamt ausgestellten Papierbescheinigungen vgl. Tz. III. 9.

Ist auf der Lohnsteuerkarte 2010 eine Lohnsteuerbescheinigung erteilt und die Lohnsteuerkarte an den Arbeitnehmer herausgegeben worden, kann der Arbeitgeber bei fortbestehendem Dienstverhältnis die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 im Einführungszeitraum 2013 weiter anwenden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich bestätigt, dass die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 auch weiterhin für den Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum 2013 zutreffend sind (§ 52b Absatz 1 Satz 5 EStG). Eine amtliche Bescheinigung ist hierfür nicht vorgesehen, so dass eine formlose Erklärung des Arbeitnehmers als Nachweis ausreicht. Diese schriftliche Bestätigung ist als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen.

Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Kalenderjahr 2013 während des Einführungszeitraums ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber die Vereinfachungsregelung des § 52b Absatz 4 EStG anwenden. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 nach der Steuerklasse I vornehmen. Dazu hat der Auszubildende seinem Arbeitgeber die Identifikationsnummer, den Tag der Geburt und ggf. die rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft mitzuteilen und schriftlich zu bestätigen, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt.

Wurde die vorstehende Vereinfachungsregelung bereits im Kalenderjahr 2011 oder 2012 in Anspruch genommen, kann im Einführungszeitraum 2013 die Lohnsteuer weiterhin nach der Steuerklasse I ermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist eine schriftliche Bestätigung des Auszubildenden, dass es sich weiterhin um sein erstes Dienstverhältnis handelt.

2. Bescheinigung bei unzutreffenden ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs (Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug)

Bei Einführung des ELStAM-Verfahrens bzw. dem erstmaligen Abruf der ELStAM durch den Arbeitgeber kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung für den Arbeitnehmer aufgrund fehlerhafter Meldedaten materiell unzutreffende ELStAM bereitstellt, da die Finanzämter nicht befugt sind, in der ELStAM-Datenbank gespeicherte Meldedaten zu ändern. Es können auch aus anderen Gründen unzutreffende ELStAM gespeichert sein, deren Berichtigung aus technischen Gründen nicht zeitnah möglich ist.

Hat das Finanzamt in diesen Fällen eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausgestellt (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG, Tz. V. 2), wird der Arbeitgeberabruf durch das Finanzamt gesperrt, sog. Vollsperrung. Meldet der Arbeitgeber oder sein Vertreter den Arbeitnehmer trotz erfolgter Sperrung an, erhält er die Mitteilung „Keine Anmeldeberechtigung“. Die Regelungen des § 39e Absatz 6 Satz 8 EStG (Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse VI) sind nicht anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat.

Der Arbeitgeber darf die Lohnsteuerabzugsmerkmale dieser Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug nur dann für den angegebenen Zeitraum anwenden, wenn ihm die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 des Arbeitnehmers mit einer der Steuerklassen I bis V (erstes Dienstverhältnis) vorliegt. Zur Anwendung der kalenderjahrbezogen bescheinigten Lohnsteuerabzugsmerkmale vgl. Tz. V. 2.

Erfolgte die Sperrung der ELStAM vor dem erstmaligen Abruf durch den Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer und nicht das Finanzamt dem Arbeitgeber die Aufhebung der Sperrung mitzuteilen (Tz. IV und V. 2). Dazu hat der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber das Informationsschreiben seines Wohnsitzfinanzamts über die Aufhebung der Sperrung auszuhändigen. Aufgrund dieser Mitteilung hat der Arbeitgeber den beschäftigten Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden (Tz. III. 4) und die entsprechenden ELStAM abzurufen. Diese Grundsätze gelten auch bei einem Arbeitgeberwechsel während der Dauer der Sperrung.

Hat das Finanzamt die ELStAM nach ihrem erstmaligen Abruf gesperrt, wird dem Arbeitgeber die Aufhebung der Sperrung durch Bereitstellung sog. Änderungslisten automatisch mitgeteilt. Daraufhin hat der Arbeitgeber die bereitgestellten ELStAM abzurufen und ab der dem Abruf folgenden Lohnabrechnung anzuwenden.

3. Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen

Bei unzutreffenden ELStAM, die auf vom Finanzamt zu bildenden Merkmalen beruhen (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuerklassenkombination bei Ehegatten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert das Finanzamt auf Veranlassung des Arbeitnehmers die ELStAM in der Datenbank. Daraufhin werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM zur Verfügung gestellt.

Nimmt das Finanzamt die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf vor (z. B. bei Feststellung des Fehlers im Rahmen des Ermäßigungsverfahrens), werden dem Arbeitgeber beim erstmaligen Abruf die zutreffenden ELStAM bereitgestellt. Der vom Finanzamt in diesem Fall ausgestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) kann auch vor dem erstmaligen Arbeitgeberabruf nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.

Nimmt das Finanzamt die Korrektur nach dem erstmaligen Abruf vor, werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM bereitgestellt (sog. Änderungsmitteilung), die rückwirkend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Abrufs angewendet werden können. Zur Beschleunigung der Korrektur eines unzutreffenden Lohnsteuerabzugs kann der in diesem Fall ausgestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) vor dem Abruf der korrigierten ELStAM nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.

4. Erstmaliger Einsatz des ELStAM-Verfahrens nach dem Starttermin

Nach dem Starttermin hat der Arbeitgeber oder sein Vertreter die beschäftigten Arbeitnehmer im Einführungszeitraum für den Einsatz des ELStAM-Verfahrens in der ELStAM-Datenbank anzumelden. Dazu soll der Arbeitgeber sämtliche Arbeitnehmer einer lohnsteuerlichen Betriebsstätte zeitgleich in das ELStAM-Verfahren einbeziehen. Um den Arbeitgebern den Einstieg in das ELStAM-Verfahren zu erleichtern, bestehen abweichend davon aber keine Bedenken, die Arbeitnehmer im Einführungszeitraum auch stufenweise (zu verschiedenen Zeitpunkten) in das ELStAM-Verfahren zu überführen. Wählt der Arbeitgeber diese Möglichkeit, hat er für den Lohnsteuerabzug – bezogen auf die jeweilige Betriebsstätte – sowohl die Regelungen für das Papierverfahren als auch für das ELStAM-Verfahren zu beachten.

Der Arbeitgeber soll dem Arbeitnehmer den Zeitpunkt für die erstmalige Anwendung der ELStAM zeitnah mitteilen. Eine Mitteilung des erstmaligen Abrufs der ELStAM gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ist nicht erforderlich. Bei der Anmeldung in der ELStAM-Datenbank hat der Arbeitgeber auch anzugeben, ob es sich um ein erstes oder ein weiteres Dienstverhältnis des Arbeitnehmers handelt. Diese Angaben sind für die programmgesteuerte Bildung der Lohnsteuerklasse erforderlich.

Ein erstes Dienstverhältnis darf der Arbeitgeber während des Einführungszeitraums nur anmelden,

wenn ihm für den betreffenden Arbeitnehmer

  • die Lohnsteuerkarte 2010 oder
  • eine vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013)

mit einer der Steuerklassen I bis V vorliegt

oder wenn

  • er im Rahmen der Vereinfachungsregelung für Auszubildende (§ 52b Absatz 4 EStG) den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer Ersatzbescheinigung nach der Steuerklasse I vorgenommen hat oder
  • er die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 nach § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG aufgrund einer Erklärung des Arbeitnehmers weiter angewendet hat (§ 52b Absatz 5 Satz 5 EStG).

Diese Grundsätze gelten – mit Ausnahme der Fälle des § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG (Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale 2010 ohne Lohnsteuerkarte 2010) – auch bei Begründung eines neuen Dienstverhältnisses im Einführungszeitraum. Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Einführungszeitraum nach Einstieg des Arbeitgebers in das ELStAM-Verfahren ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber ein erstes Dienstverhältnis ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer Ersatzbescheinigung anmelden, wenn der Auszubildende seinem Arbeitgeber dies entsprechend schriftlich bestätigt.

5. ELStAM bei verschiedenen Lohnarten

Auch wenn der Arbeitgeber verschiedenartige Bezüge zahlt, sind diese aufgrund des Grundsatzes eines einheitlichen Dienstverhältnisses zu einem Arbeitgeber zusammenzurechnen. In den folgenden Fällen handelt es sich um ein einheitliches Dienstverhältnis, so dass die Lohnsteuer für die Bezüge einheitlich und nach denselben ELStAM zu erheben ist. Der Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis des Arbeitnehmers durch denselben Arbeitgeber ist nicht möglich.

Beispiele für die Zahlung verschiedenartiger Bezüge:

  • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber neben einer Betriebsrente noch Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis; die Lohnsteuer wird nicht pauschal erhoben.
  • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber Hinterbliebenenbezüge und eigene Versorgungsbezüge oder Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis.
  • Ein Arbeitnehmer ist in Elternzeit und arbeitet gleichwohl beim selben Arbeitgeber weiter.

Behandelt der Arbeitgeber solche Bezüge bei der Durchführung des Lohnsteuerabzugs wie Bezüge aus unterschiedlichen Dienstverhältnissen, sind für Lohnabrechnungszeiträume, die vor dem 1. Januar 2015 enden, bzw. für sonstige Bezüge, die vor dem 1. Januar 2015 zufließen, die vom Arbeitgeber abgerufenen ELStAM für einen der gezahlten Bezüge anzuwenden. Für den jeweils anderen Bezug ist die Steuerklasse VI ohne weiteren Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis zu Grunde zu legen. Für den Lohnsteuereinbehalt von Versorgungsbezügen nach der Steuerklasse VI ist § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 1 EStG zu berücksichtigen, wonach kein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag anzusetzen ist. Die Lohnsteuerbescheinigung ist entsprechend den getrennt abgerechneten Bezügen auszustellen und an die Finanzverwaltung zu übermitteln.

6. Anwendung der abgerufenen ELStAM

Nach erfolgreichem Abruf der ELStAM hat der Arbeitgeber für die angemeldeten Arbeitnehmer die Vorschriften des ELStAM-Verfahrens (§§ 38 bis 39e EStG, Regelverfahren) anzuwenden. Danach sind die vom Arbeitgeber oder seinem Vertreter abgerufenen ELStAM grundsätzlich für die nächste auf den Abrufzeitpunkt folgende Lohnabrechnung anzuwenden und im Lohnkonto aufzuzeichnen (§§ 52b Absatz 5 Satz 3, 41 Absatz 1 Satz 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7).

Eine erneute Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach der Lohnsteuerkarte 2010 und den vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen ist grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 52b Absatz 5a Satz 1 und 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7). Dieser Grundsatz ist auch dann zu beachten, wenn ein späterer Abruf oder eine spätere Anwendung der ELStAM aufgrund technischer Störungen nicht möglich ist. In diesen Fällen sind die Regelungen des § 39c EStG (Einbehaltung der Lohnsteuer ohne Lohnsteuerabzugsmerkmale) anzuwenden.

Scheitert allerdings der erstmalige Abruf der ELStAM während des Einführungszeitraums aufgrund technischer Probleme, kann der Arbeitgeber bis zum vorletzten Lohnzahlungszeitraum des Einführungszeitraums weiterhin das Papierverfahren und die Regelungen des § 52b EStG anwenden.

Weichen die erstmals abgerufenen ELStAM von den auf der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen eingetragenen bzw. im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen ab, besteht für den Arbeitgeber weder eine Korrekturpflicht nach § 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG noch eine Anzeigepflicht nach § 41c Absatz 4 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG, da er bei Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer vorgelegten Lohnsteuerkarte 2010, der vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen vorschriftsmäßig gehandelt hat. Abweichungen können z. B. dann auftreten, wenn der Arbeitnehmer seiner Anzeigeverpflichtung im Papierverfahren bei Änderungen der Lohnsteuerabzugsmerkmale zu seinen Ungunsten nicht nachgekommen ist (z. B. Steuerklasse III oder II anstatt I).

7. Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM

Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM

Abweichend von Tz. III. 6 kann der Arbeitgeber nach § 52b Absatz 5a Satz 7 EStG auf eine sofortige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM einmalig verzichten. Statt dessen kann er den Lohnsteuerabzug für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten weiter nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen durchführen. Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.

Für eine verzögerte Anwendung der erstmals abgerufenen ELStAM ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, solch eine betriebsinterne Abstimmung lohnsteuerlich zu dokumentieren; es sind keine Aufzeichnungen im Lohnkonto erforderlich.

In diesem 6-Monats-Zeitraum kann der Arbeitgeber insbesondere die Funktionsfähigkeit der eingesetzten Lohnabrechnungsprogramme absichern. Ferner ermöglicht diese Regelung, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die abgerufenen ELStAM zur Überprüfung vorab mitteilt. Hierfür – aber auch für eine spätere Prüfung der ELStAM – stellt die Finanzverwaltung einen Vordruck (Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“) im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit.

Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM nach erstmaligem Lohnsteuerabzug

Der Arbeitgeber kann ferner nach § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG und abweichend von Tz. III. 6 auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010 oder einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten durchführen, wenn die erstmalige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM zu einem vom bisherigen Verfahren abweichenden Lohnsteuerabzug führt. In diesem Zeitraum kann der Arbeitnehmer mit dem Finanzamt die Abweichungen der ELStAM von den bislang berücksichtigten Lohnsteuerabzugsmerkmalen aufklären. Auch hierzu kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Abweichungen zwischen den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen und den ELStAM durch den Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ mitteilen.

Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.

Lohnsteuerabzug nach Korrektur der ELStAM bzw. nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums

Nach Vorlage der Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (z. B. bei unzutreffenden Meldedaten) durch den Arbeitnehmer oder nach Eingang einer sog. Änderungsmitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM hat der Arbeitgeber diese Merkmale entsprechend Tz. III. 2 bzw. III. 3 anzuwenden. Spätestens nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums hat der Arbeitgeber die (erstmals) abgerufenen ELStAM anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat oder keine sog. Änderungsmitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM eingeht, z. B. weil die (erstmals) bereitgestellten ELStAM zutreffend sind.

Keine Rückrechnungsverpflichtung des Arbeitgebers

Wendet der Arbeitgeber die Regelungen des § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG an, besteht für ihn weder eine Rückrechnungs-/Korrekturpflicht noch eine Anzeigeverpflichtung für den 6-Monats-Zeitraum bzw. auf den 1. Januar 2013 (vgl. Tz. III. 6).

8. Beendigung des Dienstverhältnisses bei Anwendung des ELStAM-Verfahrens

Hat der Arbeitgeber die ELStAM des Arbeitnehmers bereits angewendet, hat der Arbeitgeber den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses (z. B. in Fällen des Arbeitgeberwechsels) der Finanzverwaltung unverzüglich mitzuteilen (sog. Abmeldung, § 39e Absatz 4 Satz 5 EStG). Eine solche elektronische Abmeldung ist auch dann erforderlich, wenn das Finanzamt den Arbeitgeberabruf gesperrt hat (vgl. Tz. III. 2).

9. Entgegennahme und Aufbewahrung der Lohnsteuerkarte 2010/Papierbescheinigung(en)

Der Arbeitgeber hat auch im Einführungszeitraum die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatzbescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen entgegenzunehmen, aufzubewahren sowie die darauf eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale in das Lohnkonto zu übernehmen. Die so aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmale sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum bis zur erstmaligen Anwendung der ELStAM für den jeweiligen Arbeitnehmer zugrunde zu legen.

Auf Anforderung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Einführungszeitraum die vorgelegten Bescheinigungen (Tz. III. 1) zur Änderung nicht mehr zutreffender Lohnsteuerabzugsmerkmale durch das Finanzamt vorübergehend zu überlassen oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses vor Ablauf des Kalenderjahres 2014 innerhalb einer angemessenen Frist auszuhändigen (§ 52b Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 EStG).

Die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatzbescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen dürfen erst nach Ablauf des Kalenderjahres 2014 vernichtet werden (§ 52b Absatz 1 Satz 4 EStG).

10. Härtefallregelung

Weil der Einführungszeitraum zum 31. Dezember 2013 endet, können Härtefallanträge auf Nichtteilnahme am ELStAM-Verfahren (§ 39e Absatz 7 EStG) für das Kalenderjahr 2013 frühestens mit Wirkung ab dem letzten Lohnzahlungszeitraum in 2013 gestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt steht das Papierverfahren ohnehin zur Verfügung.

IV. Arbeitnehmer

Papierverfahren vor Einsatz des ELStAM-Verfahrens

Bis zum erstmaligen Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum sind für den Nachweis der Lohnsteuerabzugsmerkmale die Regelungen für die Papierbescheinigungen in Tz. III. 1 zu beachten. Die Vereinfachungsregelung für Auszubildende nach § 52b Absatz 4 EStG kann weiterhin angewandt werden (Tz. III. 4).

Sind aufgrund geänderter Lebensverhältnisse für das Kalenderjahr 2013 gegenüber den Verhältnissen des Jahres 2012 abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale (Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) maßgebend, kann das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung für 2011 oder 2012, 2013 berichtigen. Weicht die Eintragung der Steuerklasse oder die Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010, der Ersatzbescheinigung 2011 oder 2012 oder der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen von den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres 2013 zu Gunsten des Arbeitnehmers ab oder ist die Steuerklasse II bescheinigt und entfallen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) im Laufe des Kalenderjahres 2013, besteht auch im Jahr 2013 – wie bisher – eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Finanzamt (§ 52b Absatz 2 Satz 2 und 3 EStG).

Wechselt der Arbeitnehmer im Einführungszeitraum seinen Arbeitgeber, hat er sich die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 sowie die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen vom bisherigen Arbeitgeber aushändigen zu lassen und dem neuen Arbeitgeber vorzulegen.

Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013

Für die Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG ist zu beachten, dass die für die Kalenderjahre 2010, 2011 oder 2012 bescheinigten Beträge in 2013 ohne weiteren Antrag nur für den Zeitraum des Papierverfahrens bis zum Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum gelten.

Entspricht ein für das Kalenderjahr 2010, 2011 oder 2012 eingetragener Freibetrag im Kalenderjahr 2013 nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen, z. B. Minderung des Freibetrags aufgrund geringerer Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als Werbungskosten, ist der Arbeitnehmer zwar nicht verpflichtet, die Anpassung des Freibetrags auf den dem Arbeitgeber vorliegenden Bescheinigungen (Tz. III. 1) zu veranlassen. Unterbleibt jedoch ein Antrag auf Herabsetzung des Freibetrags, kann dies zu Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung führen.

Sollen Freibeträge auch bei Anwendung der ELStAM durch den Arbeitgeber in 2013 (weiter) berücksichtigt werden, sind diese grundsätzlich im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für 2013 neu zu beantragen. Entsprechendes gilt für das Faktorverfahren (§ 39f EStG), die Steuerklasse II bei volljährigen Kindern sowie für antragsgebundene Kinderzähler, sofern nicht bereits für das Kalenderjahr 2012 eine mehrjährige Berücksichtigung des Kindes beantragt worden ist. Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene werden weiterhin in der Regel mehrjährig berücksichtigt.

Korrektur der ELStAM nach Einsatz des ELStAM-Verfahrens

Stellt die Finanzverwaltung im Einführungszeitraum dem Arbeitgeber ELStAM bereit, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, kann er beim Wohnsitzfinanzamt eine Berichtigung der ELStAM beantragen (vgl. Tz. III. 2 und 3). Macht der Arbeitgeber von der Regelung im § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG (Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM) Gebrauch, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitnehmers (Tz. III. 7).

Zur Erleichterung der Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Finanzamt in Abweichungsfällen kann der Arbeitnehmer den Vordruck „Antrag auf Korrektur der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ verwenden, der im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit steht.

Auf die Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber über die vom Finanzamt mitgeteilte Aufhebung einer Abrufsperre zu informieren, wird hingewiesen (Tz. III. 2 und V. 2).

V. Finanzamt

1. Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013

Sind beim Arbeitnehmer im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für das Kalenderjahr 2013 Freibeträge zu berücksichtigen, hat das Finanzamt diese Lohnsteuerabzugsmerkmale in der ELStAM-Datenbank zu speichern. In diesen Antragsfällen ist dem Arbeitnehmer stets ein Ausdruck der ELStAM mit den ab 2013 geltenden Merkmalen zur Vorlage beim Arbeitgeber auszustellen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2013 die Berücksichtigung eines Kinderzählers, der Steuerklasse II, eines Faktors oder einer anderen Steuerklassenkombination bei Ehegatten beantragt hat.

2. Unzutreffende ELStAM

Allgemeines

Werden dem Arbeitgeber ELStAM bereitgestellt, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, hat das Wohnsitzfinanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die gebildeten ELStAM zu prüfen und sie ggf. zu ändern.

Unzutreffende ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs

Entsprechen die programmgesteuert gebildeten ELStAM nicht den tatsächlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers und sind somit unzutreffend (z. B. wegen fehlerhafter Meldedaten), hat das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug auszustellen (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG) und den Arbeitgeberabruf zu sperren, sog. Vollsperrung (vgl. Tz. III. 2). Die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug kann für das Kalenderjahr 2013 und 2014 ausgestellt werden, wobei der Faktor (§ 39f EStG) sowie Freibeträge nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG stets nur bezogen auf ein Kalenderjahr zu bescheinigen sind.

Hat das Finanzamt ein sog. Fehlerticket erstellt, wird ihm die Korrektur der Unstimmigkeiten bzw. Fehler in der ELStAM-Datenbank mitgeteilt. Im Anschluss daran hat das Finanzamt die Sperrung aufzuheben. Erfolgte die Sperrung nach dem erstmaligen Abruf der ELStAM, erhält der Arbeitgeber automatisch eine sog. Änderungsmitteilung mit den korrigierten ELStAM. Erfolgte die Sperrung bereits vor dem erstmaligen Abruf, ist deren Aufhebung dem Arbeitnehmer zur Information des Arbeitgebers mitzuteilen (Informationsschreiben, vgl. Tz. III. 2). In diesem Fall hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden.

Lebenspartnerschaften

Derzeit übermitteln die Meldebehörden lediglich die Information an die Finanzverwaltung, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Lebenspartner handelt. Neben dem Merkmal der Lebenspartnerschaft wird die Identifikationsnummer des anderen Lebenspartners derzeit noch nicht mitgeteilt. Daher ist eine programmgesteuerte Bildung der für Ehegatten möglichen Steuerklassenkombinationen für Lebenspartner im ELStAM-Verfahren noch nicht möglich.

Die Berücksichtigung der für Ehegatten möglichen Steuerklassen und Steuerklassenkombinationen beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber setzt in diesen Fällen einen Antrag beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt voraus. Da diese Lohnsteuerabzugsmerkmale noch nicht automatisiert gebildet werden können, stellt das Finanzamt nach § 52b Absatz 5a Satz 3 EStG (vgl. Tz. III. 2) eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug aus, die der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs vorzulegen hat. Der Arbeitgeberabruf für die ELStAM ist entsprechend zu sperren.

Nach der technischen Umsetzung der programmgesteuerten Bildung von Steuerklassenkombinationen für Lebenspartnerschaften gelten die für Ehegatten zu beachtenden Regelungen entsprechend. Sollen die automatisch gebildeten Steuerklassen aus Sicht der Lebenspartner nicht zur Anwendung kommen, kann eine abweichende Steuerklassenkombination beim zuständigen Finanzamt beantragt werden; Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“). Ein solcher Antrag gilt nicht als Änderung der Steuerklassen im Sinne des § 39 Absatz 6 Satz 3 EStG. Das Recht, einmal jährlich die Steuerklasse zu wechseln, bleibt davon unberührt (§ 39 Absatz 6 Satz 4 EStG). Ebenso gilt eine Änderung der Steuerklassen bei Wiederaufnahme der Lebenspartnerschaft nicht als Steuerklassenwechsel.

Leben die Lebenspartner dauernd getrennt, haben sie dies dem Finanzamt unverzüglich anzuzeigen (Vordruck „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“). Dadurch wird – ungeachtet eines etwaigen Steuerklassenwechsels im Trennungsjahr – ab Beginn des darauf folgenden Jahres die Steuerklasse I gebildet.

Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen

Betreffen die für den Arbeitnehmer bereitgestellten unzutreffenden ELStAM vom Finanzamt zu bildende Merkmale (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuerklassenkombination bei Ehegatten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert es auf Veranlassung des Arbeitnehmers die ELStAM, die daraufhin dem Arbeitgeber elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden.

Wird die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf der ELStAM durchgeführt, z. B. im Lohnsteuerermäßigungsverfahren, werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM beim erstmaligen Abruf bereitgestellt. Nimmt der Arbeitgeber bereits am ELStAM-Verfahren teil, erhält der Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM mit der nächsten sog. Änderungsmitteilung bereitgestellt.

Dem Arbeitnehmer ist stets ein Ausdruck der ELStAM (ggf. mit Freibetrag) zur Vorlage beim Arbeitgeber auszuhändigen. Nimmt der Arbeitgeber noch nicht am ELStAM-Verfahren teil, hat er den Ausdruck entsprechend den Grundsätzen der Tz. III. 1 und 3 zu berücksichtigen.

3. Keine Rückforderung der Papierbescheinigungen

Das Finanzamt hat die im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens 2013 ausgestellten Bescheinigungen für den Lohnsteuerabzug 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen nicht zurückzufordern.

Dieses Schreiben ist ab dem 1. November 2012 anzuwenden.

Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Normen:

EStG:52b

Fundstellen:

BStBl-2013-I-0943

DB-2013-1753

DStR-2013-1663

Umsatzsteuerfreiheit eines ärztlichen Notfalldienstes

Die Leistungen eines ärztlichen Notfalldienstes werden als Einheit behandelt und sind unter Umständen umsatzsteuerfrei. So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12.

Der Kläger, ein eingetragener Verein und Mitglied eines amtlich anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege, betrieb für eine kassenärztliche Vereinigung nachts sowie an den Wochenenden und Feiertagen einen ärztlichen Notfalldienst. Dazu unterhielt er mit Funk ausgerüstete Kraftwagen mit je einem ausgebildeten Rettungshelfer als Fahrer zur Beförderung von Notfallärzten zu Notfallpatienten sowie eine Leitzentrale, die Notfallanrufe entgegennahm, an die diensthabenden Ärzte weiterleitete und ggf. Rettungs- oder Krankenfahrzeuge anforderte. Im Falle eines Einsatzes wurde der diensthabende Arzt in seiner Wohnung oder Praxis abgeholt und zu den Notfallpatienten gebracht. Auf Wunsch des Arztes begleiteten die Fahrer ihn in die Wohnung des Patienten und assistierten dem Arzt. Das Finanzamt unterwarf die Umsätze des Klägers aus dem ärztlichen Notfalldienst der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Der BFH bestätigte das Urteil des FG. Die beim Betrieb des Notfalldienstes ausgeführten Leistungen sind umsatzsteuerrechtlich als Einheit zu betrachten. Der Umsatz war im Streitfall auch steuerfrei, weil der Verein Mitglied eines amtlich anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege ist und auch die übrigen Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes erfüllt, insbesondere weil er auch personenbezogene Leistungen erbringt, die den begünstigten Personen unmittelbar zugutekommen.

BFH, Pressemitteilung 79/13 vom 20.11.2013 zum Urteil V R 13/12 vom 08.08.2013

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 8.8.2013, V R 13/12

Richtlinienkonforme enge Auslegung des § 4 Nr. 18 UStG – Betrieb eines Notfalldienstes – Bündel von Leistungen als einheitlicher Umsatz – Preisvergleich i.S. von § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG

Leitsätze

1. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG geht der Steuerbefreiung für Leistungen von Wohlfahrtsverbänden und deren Mitgliedern in § 4 Nr. 18 UStG als lex specialis vor.

 

2. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot kommt § 4 Nr. 18 UStG nur eine durch den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 UStG begrenzte Wirkung zu.

 

3. Eine derartige durch den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 UStG begrenzte Wirkung des § 4 Nr. 18 UStG kommt aber nur in Betracht, wenn die betreffenden Leistungen im Falle ihrer Ausführung durch privat-rechtliche Einrichtungen mit Gewinnstreben ihrer Art nach von § 4 Nr. 16 UStG umfasst werden könnten.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein eingetragener Verein (e.V.), der gemäß § 3 Abs. 2 seiner Satzung das Ziel verfolgt, der Gesundheit und der Wohlfahrt des Volkes zu dienen, ist Mitglied eines anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege i.S. von § 23 Nr. 4 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben arbeitet der Kläger mit anderen Vereinigungen und Einrichtungen zusammen, die auf den gleichen oder ähnlichen Gebieten tätig sind. Zu seinem Aufgabenbereich zählt u.a. die Mitwirkung im Ärztlichen Notfalldienst.
2
Mit Vertrag vom 6. Mai 1975 traf der Kläger mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), der als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) auch die Sicherstellung eines ärztlichen Notdienstes obliegt, eine Vereinbarung, nach welcher der Kläger nachts sowie an den Wochenenden und Feiertagen als Erfüllungsgehilfe der KVNo folgende Leistungen zur Durchführung des ärztlichen Notdienstes zu erbringen hatte (§§ 1, 2 des Vertrages):
Bereitstellen von zwei mit Funk ausgerüsteten Kraftwagen mit je einem Fahrer zur Beförderung von Notfallärzten bei der Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes,
Bereitstellen und Betrieb einer Leitzentrale zur Durchführung des für die Leistung der Kraftwagen erforderlichen Funk- und Fernsprechverkehrs,
Annahme und Vermittlung eingehender Notfallrufe,
Führen schriftlicher Aufzeichnungen über die Tätigkeiten unter Verwendung bestimmter Formblätter, deren Inhalt mit der KVNo abzustimmen ist,
Fernmündliche Vermittlung von Konsiliarwünschen des Notfallarztes an Fachärzte.
3
Außerdem bestand eine zwischen der Ärztekammer Nordrhein, der KVNo und dem Kläger vereinbarte „Dienstanweisung für den ärztlichen Notfalldienst“ vom 1. April 1993, in der die Aufgaben des Dienstes und die erforderliche Ausstattung näher konkretisiert waren.
4
Im Wesentlichen nahm die vom Kläger eingerichtete Leitzentrale Anrufe von Notfallpatienten entgegen und leitete diese an die jeweils diensthabenden Ärzte weiter. Im Bedarfsfall wurde mit vom Kläger eingesetzten Fahrern, bei denen es sich um ausgebildete Rettungshelfer unter Einsatz von Zivildienstleistenden handelte, und mit den hierfür bereitgestellten Fahrzeugen der jeweils diensthabende Arzt in seiner Wohnung oder Praxis abgeholt und zu den Notfallpatienten gebracht. Auf Wunsch des Arztes hatten die Fahrer diesen in die Patientenwohnung zu begleiten und ihm zu assistieren. Waren zur Versorgung der Patienten weitere Hilfsmittel (insbesondere Kranken- oder Rettungswagen) erforderlich, so konnten diese ebenfalls über die Leitzentrale angefordert werden.
5
Die Leistungen des Klägers beschränkten sich dabei nicht auf die bloße Organisation und Durchführung der Beförderung der diensthabenden Ärzte zu den Notfallpatienten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) trat der Kläger mit seinen Hilfspersonen in mehrfacher Hinsicht unmittelbar, im eigenen Namen und zusätzlich zu der jeweiligen Behandlungsleistung des diensthabenden Notarztes gegenüber den Patienten in Erscheinung.
6
Für die Notfallpatienten waren die Mitarbeiter des Klägers durch Entgegennahme der Notfallanrufe erste Ansprechstation. Die Tätigkeit des Klägers stellte sich nach den Feststellungen des FG aus Sicht des Patienten als zusätzliche Leistung im Zusammenwirken mit der angefragten ärztlichen Behandlungsleistung im Sinne einer optimalen Patientenversorgung dar. Die Mitarbeiter des Klägers hatten hiernach die Patientenanrufe in dringende und weniger dringende Fälle einzuteilen und die entsprechenden angemessenen Maßnahmen einzuleiten. Auch die sich an die Konsultation der Leitstelle anschließende notärztliche Behandlung stellte sich aus Sicht des Patienten und auch tatsächlich als arbeitsteiliges Handeln des Arztes und des Mitarbeiters des Klägers im Sinne einer qualitativ besseren Patientenversorgung dar.
7
Die Leistungen des Klägers wurden von der KVNo durch die Zahlung eines Pauschalbetrages pro Jahr, zahlbar in vierteljährlichen Raten, abgegolten.
8
In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (1993) erklärte der Kläger für den Bereich „ärztlicher Notdienst“ zunächst steuerpflichtige Umsätze und hiermit zusammenhängende Vorsteuerbeträge. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) folgte dem zunächst. Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung gelangte auch der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Umsätze des Klägers aus dem Bereich „ärztlicher Notdienst“ der Regelbesteuerung unterlägen, jedoch die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge zu erhöhen seien. Das FA folgte den Prüfungsfeststellungen, unterwarf die streitigen Umsätze des Klägers nach wie vor dem Regelsteuersatz, erhöhte aber die Vorsteuerbeträge und setzte die Umsatzsteuer 1993 durch Änderungsbescheid vom 23. September 2008 entsprechend herab.
9
Mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch machte der Kläger geltend, seine Umsätze aus dem Bereich „ärztlicher Notdienst“ seien gemäß § 4 Nr. 18 bzw. § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) steuerfrei, hilfsweise seien diese Umsätze gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt zu besteuern. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
10
Das FG gab der Klage mit dem in „Entscheidungen der Finanzgerichte“ 2012, 2070 veröffentlichten Urteil statt und begründete sein Urteil im Wesentlichen wie folgt:
11
Die vom Kläger im Bereich „ärztlicher Notdienst“ ausgeführten Leistungen seien gemäß § 4 Nr. 18 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Der Kläger sei ein „amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege“ i.S. des § 4 Nr. 18 UStG i.V.m. § 23 UStDV, der nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke verfolge. Seine Leistungen seien dem begünstigten Personenkreis auch unmittelbar zugutegekommen. Der Kläger habe durch seine Hilfspersonen im Wesentlichen Leistungen ohne Zwischenschaltung Dritter –tatsächlich– an die Notfallpatienten und damit an nach seiner Satzung begünstigte Personen erbracht.
12
Außerdem könne sich der Kläger unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen.
13
Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Zu deren Begründung trägt es im Wesentlichen vor, die Leistungen des Klägers seien nicht steuerfrei, weil sie den hilfesuchenden Notfallpatienten nicht „unmittelbar“ i.S. von § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG zugutekämen. Zivilrechtlich sei der Kläger nur gegenüber der KVNo zur Ausführung der streitigen Leistungen verpflichtet gewesen. Die KVNo habe durch die Einschaltung des Klägers ihre eigene sich aus § 75 SGB V ergebende Verpflichtung zur Sicherstellung eines ärztlichen Notdienstes erfüllt. Der Kläger habe seine Leistungen auch nicht gegenüber den Notfallpatienten, sondern gegenüber der KVNo abgerechnet. Eine unmittelbare Leistungsbeziehung habe somit nur zwischen dem Kläger und der KVNo bestanden. Die Fahrbereitschaft des Klägers sei den Notfallpatienten nur mittelbar zugutegekommen.
14
Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15
Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

16
Zur Begründung seines Antrags trägt er vor, die streitigen Leistungen seien den Notfallpatienten unmittelbar i.S. von § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG zugutegekommen. Da es sich um personenbezogene Leistungen gehandelt habe, seien sie tatsächlich gegenüber den Notfallpatienten erbracht worden. Auf die Frage, wer zivilrechtlich Vertragspartei sei, komme es nicht an.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
18
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG vorliegen.
19
1. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG

„die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, wenn

a) diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen,

b) die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Personenkreis zugutekommen und

c) die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben“.

20
Die Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG. Steuerfrei sind danach

„die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen“.

21
2. Das vom Kläger ausgeführte Bündel von Leistungen in Gestalt des Bereitstellens der Notfallfahrzeuge einschließlich Fahrern, des Bereitstellens und des Betriebes einer Leitzentrale, der Annahme und Vermittlung eingehender Notfallrufe, des Führens schriftlicher Aufzeichnungen über die Tätigkeiten sowie der fernmündlichen Vermittlung von Konsiliarwünschen des Notfallarztes an Fachärzte, stellt einen einheitlichen, von § 4 Nr. 18 UStG umfassten Umsatz dar.
22
a) Zur Beantwortung der Frage, ob mehrere Leistungen steuerrechtlich zu nur einem Umsatz oder zu mehreren eigenständigen Umsätzen führen, gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), der sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen hat, folgende Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352; BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2010 V R 9/10, BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 360, m.w.N.):
23
aa) In der Regel ist jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespaltet werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind.
24
bb) Einen einheitlichen Umsatz hat der EuGH für zwei Fallgruppen bejaht.
25
(1) Zum einen liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10. März 2011 C-497/09, Bog u.a., Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2011, 272 Rdnr. 54, m.w.N.).
26
(2) Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. z.B. EuGH-Urteil Bog u.a. in UR 2011, 272 Rdnr. 53, m.w.N.; EuGH-Beschluss vom 19. Januar 2012 C-117/11, Purple Parking Ltd. und Airpark Services Ltd., Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2012, 674 Rdnr. 29; EuGH-Urteil vom 19. Juli 2012 C-44/11, Deutsche Bank AG, BStBl II 2012, 945 Rdnr. 21).
27
b) Die hiernach erforderliche Gesamtbetrachtung aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet (z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 63/09, BFHE 233, 64, BStBl II 2011, 461, m.w.N.). Das FG hat den Sachverhalt nicht im Hinblick auf diese Frage gewürdigt. Da das FG aber die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen hat, kann der Senat diese Würdigung selbst vornehmen (BFH-Urteil vom 21. Februar 2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635). Diese führt zur Annahme einer einheitlichen Leistung, weil die einzelnen Handlungen so eng mit dem Betrieb eines Notfalldienstes verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
28
3. Die nur subsidiär eingreifende Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG ist vorliegend anwendbar, weil andere, speziellere Steuerbefreiungen nach der Art der im Streitfall erbrachten Leistungen nicht einschlägig sind.
29
a) Der EuGH hat im Urteil vom 15. November 2012 C-174/11, Zimmermann (UR 2013, 35 Rdnr. 58) entschieden, dass das nationale Recht im Rahmen der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG keine sachlich unterschiedlichen Bedingungen für Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und für die unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen darf. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den durch das EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 präzisierten unionsrechtlichen Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer ist § 4 Nr. 18 UStG daher teleologisch dahingehend einzuschränken, dass eine andere nationale Regelung des § 4 UStG, die eine steuerbefreite Leistung genau bezeichnet (wie z.B. § 4 Nr. 14 und § 4 Nr. 16 UStG), der Steuerbefreiung in § 4 Nr. 18 UStG als lex specialis vorgeht. Eine derartige durch den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 UStG begrenzte Wirkung des § 4 Nr. 18 UStG kommt aber nur in Betracht, wenn die betreffenden Leistungen –hier die des Klägers– im Falle ihrer Ausführung durch privatrechtliche Einrichtungen mit Gewinnstreben ihrer Art nach von § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG umfasst werden könnten. Das ist vorliegend nicht der Fall, weil der Betrieb eines ärztlichen Notfalldienstes unter keinem Gesichtspunkt von § 4 Nr. 16 UStG umfasst werden kann.
30
b) Liegen nach nationalem Recht die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung vor und ist deren Versagung durch eine noch mit dem Wortlaut zu vereinbarende richtlinienkonforme enge Auslegung nicht möglich, kann sich der Steuerpflichtige auf die ihm günstigere nationale Regelung berufen (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 2007 V R 55/03, BFHE 217, 48, BStBl II 2008, 31).
31
4. Das ist vorliegend der Fall, denn die Tatbestandsmerkmale des § 4 Nr. 18 UStG sind erfüllt.
32
a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger, der Mitglied in einem „amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege“ i.S. des § 4 Nr. 18 UStG i.V.m. § 23 UStDV ist, nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke verfolgt.
33
b) Im Ergebnis zutreffend hat das FG entschieden, dass die gemäß § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG erforderliche Unmittelbarkeit vorliegt.
34
aa) Das Merkmal der Unmittelbarkeit i.S. von § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG ist nach der Rechtsprechung des BFH leistungsbezogen auszulegen. Daher muss die Leistung dem nach der Satzung begünstigten Personenkreis selbst unmittelbar und nicht nur mittelbar zugutekommen (BFH-Urteile vom 7. November 1996 V R 34/96, BFHE 181, 532, BStBl II 1997, 366; vom 18. März 2004 V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798, jeweils Leitsatz 1; vom 15. September 2011 V R 16/11, BFHE 235, 521).
35
bb) Entscheidend ist dabei, dass es sich um personenbezogene Leistungen handelt, die unmittelbar den begünstigten Personen zugutekommen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 532, BStBl II 1997, 366, unter II.2.c; vom 23. Juli 2009 V R 93/07, BFHE 226, 435, BFH/NV 2009, 2073, unter II.3.b; in BFHE 235, 521). Für das unmittelbare Zugutekommen kommt es nicht darauf an, wer Vertragspartner ist. Entscheidend ist, dass die Leistungen ohne Zwischenschaltung Dritter –tatsächlich– an die nach der Satzung begünstigten Personen selbst erbracht werden (BFH-Urteil in BFHE 235, 521).
36
cc) Das ist vorliegend ungeachtet der schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen der Fall. Nach den Feststellungen des FG nahm die vom Kläger eingerichtete Leitzentrale Anrufe von Notfallpatienten entgegen und leitete diese an die jeweils diensthabenden Ärzte weiter. Für die Notfallpatienten waren die Mitarbeiter des Klägers durch Entgegennahme der Notfallanrufe damit die erste Ansprechstation. Mit vom Kläger eingesetzten Fahrern, bei denen es sich um ausgebildete Rettungshelfer unter Einsatz von Zivildienstleistenden handelte, und mit den hierfür vom Kläger bereitgestellten Fahrzeugen wurde der jeweils diensthabende Arzt in seiner Wohnung oder Praxis abgeholt und zu den Notfallpatienten gebracht. Auf Wunsch des Arztes begleiteten die Fahrer diesen in die Patientenwohnung, um ihm zu assistieren. Waren zur Versorgung der Patienten weitere Hilfsmittel (insbesondere Kranken- oder Rettungswagen) erforderlich, so konnten diese ebenfalls über die Leitzentrale angefordert werden. Mit all diesen Handlungen, die sich nach den Feststellungen des FG nicht auf die bloße Organisation und Durchführung der Beförderung der diensthabenden Ärzte zu den Notfallpatienten beschränkten, wurde der Kläger bzw. das von ihm eingesetzte Personal unmittelbar gegenüber den Patienten tätig. Nach den Feststellungen des FG trat der Kläger mit seinen Hilfspersonen in mehrfacher Hinsicht unmittelbar, im eigenen Namen und zusätzlich zu der jeweiligen Behandlungsleistung des diensthabenden Notarztes gegenüber den Patienten in Erscheinung.
37
dd) Das Urteil des XI. Senats vom 1. Dezember 2010 XI R 46/08 (BFHE 232, 232) steht dieser Beurteilung schon deshalb nicht entgegen, weil es zur Frage der Unmittelbarkeit i.S. von § 4 Nr. 18 UStG keine Aussage getroffen hat, weil der Kläger in jenem Verfahren schon kein amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege war.
38
c) Der Steuerbefreiung steht die Regelung des § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG nicht entgegen.
39
Es liegt schon deshalb kein Verstoß gegen das sog. Abstandsgebot vor, weil nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) die vom Kläger an die KVNo ausgeführten Leistungen von keinem Erwerbsunternehmen, das seine Umsätze nach kaufmännischen Grundsätzen kalkuliert, angeboten wurden. Zu Recht hat das FG entschieden, dass ein Preisvergleich i.S. von § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG voraussetzt, dass nach Art und Umfang gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen überhaupt angeboten werden (ebenso Hölzer in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 18 Rz 41).
40
d) Es kommt schließlich auch nicht darauf an, ob die Zweckbetriebsvoraussetzungen nach § 66 AO vorliegen. Wie der Senat bereits ausdrücklich entschieden hat, wird das Merkmal der Unmittelbarkeit durch die jeweiligen Leistungsbeziehungen bestimmt, so dass Erwägungen des Gemeinnützigkeitsrechts der AO zur Auslegung des § 4 Nr. 18 UStG insoweit nicht heranzuziehen sind (BFH-Urteile in BFHE 235, 521; vom 18. Oktober 1990 V R 35/85, BFHE 162, 502, BStBl II 1991, 157, unter II.2.c). Denn § 4 Nr. 18 UStG schließt wirtschaftliche Geschäftsbetriebe nicht von der Steuerfreiheit aus, so dass es für die Steuerfreiheit –anders als für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG– auch nicht entsprechend § 64 Abs. 1 AO auf eine Zweckbetriebseigenschaft ankommt. Soweit sich aus Abschn. 103 Abs. 12 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1996/2000 (jetzt Abschn. 4.18.1 Abs. 12 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses) Abweichendes ergeben sollte, schließt sich der Senat dem nicht an.

EU-Kommission verklagt Schweden wegen Mehrwertsteuer auf Postdienstleistungen

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Schweden wegen der Anwendung von Mehrwertsteuer auf bestimmte Postdienstleistungen beim Gerichtshof zu verklagen. Schweden besteuert bestimmte Dienstleistungen, die nach den EU-Vorschriften von der Mehrwertsteuer befreit sein sollten.

Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie der EU sind von öffentlichen Posteinrichtungen erbrachte Dienstleistungen und der Verkauf von Postwertzeichen von der Mehrwertsteuer befreit. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass die Befreiung von der Mehrwertsteuer für jeden Anbieter postalischer Universaldienste gilt, unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlichen oder einen privaten Betreiber handelt (Rechtssache C-357/07). Dies ist jedoch auf den „Universaldienst“ beschränkt. Dienstleistungen, die einzelvertraglich ausgehandelt wurden, dürfen nicht von der Mehrwertsteuer befreit werden.

In Schweden sind Postdienstleistungen nicht mehrwertsteuerfrei. Jeder Betreiber, auch derjenige, der den Universaldienst erbringt, ist verpflichtet, Mehrwertsteuer in Rechnung zu stellen. Somit hat es Schweden versäumt, eine im EU-Recht vorgesehene Steuerbefreiung anzuwenden.

Hintergrund

Die Kommission hat im Juli 2007 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Schweden gerichtet (IP/07/1164), dann aber das Verfahren ausgesetzt, um das Urteil in der Rechtssache C-357/07 abzuwarten. Da nunmehr feststeht, dass Schweden das EU-Recht in der Auslegung des Gerichtshofs nicht einhält, hat die Kommission beschlossen, den Gerichtshof mit der Angelegenheit zu befassen.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 20.11.2013

Umsatzsteuerbefreiung für die der Reimplantation körpereigener Knorpelzellen dienenden Dienstleistungen

Veröffentlichung des BFH-Urteils XI R 52/07 vom 29.06.2011

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7170 / 11 / 10005 vom 20.11.2013

I.

Mit Urteil vom 29. Juni 2011, XI R 52/07 (BStBl 2013 II S. xxx. Das Urteil wird zeitgleich mit diesem Schreiben im Bundessteuerblatt II veröffentlicht.), hat der BFH entschieden, dass die Umsätze aus dem Herauslösen von Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und ihre anschließende Vermehrung zur Reimplantation zu therapeutischen Zwecken nach § 4 Nr. 14 UStG in der im Streitjahr 2002 geltenden Fassung von der Umsatzsteuer befreit sind. Voraussetzung hierfür sei, dass diese Tätigkeiten von Ärzten oder im Rahmen eines arztähnlichen Berufs ausgeübt werden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze dieses Urteils nur für Umsätze anzuwenden, die bis zum 31. Dezember 2008 erbracht wurden. Nach Neufassung des § 4 Nr. 14 UStG zum 1. Januar 2009 sind Labordienstleistungen, die von Ärzten oder im Rahmen der Ausübung eines ärztlichen Berufs erbracht werden, nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei.

Mit Urteil vom 18. November 2010, C-156/09 (Verigen Transplantation Service International AG) (EuGHE I S 11733), hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf das dem o. g. Urteil des BFH vorangegangene Vorabentscheidungsersuchen entschieden, dass Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (seit 1. Januar 2007: Artikel 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) dahin auszulegen ist, dass das Herauslösen von Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und ihre anschließende Vermehrung zur Reimplantation aus therapeutischen Zwecken eine „Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin“ im Sinne dieser Bestimmung ist.

Damit folgt der EuGH seiner Entscheidung vom 8. Juni 2006, C-106/05 (EuGHE I 2006 S. 5123), wonach ein Laborarzt mit medizinischen Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung der Patienten dienen (Laboruntersuchungen), der Art nach „ärztliche Heilbehandlungen“ i. S. von Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b bzw. „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ i. S. von Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (seit 1. Januar 2007: Artikel 132 Abs. 1 Buchst. b bzw. c MwStSystRL) erbringt.

Der EuGH ist jedoch nicht von seiner früheren gefestigten Rechtsprechung, abgewichen, wonach er die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nach Artikel 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL von den ärztlichen Heilbehandlungen, die nach Artikel 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL erbracht werden, nach dem Ort abgrenzt, an dem die Leistungen erbracht werden. Nach Artikel 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL sollen Leistungen steuerfrei sein, die außerhalb von Krankenhäusern (oder ähnlichen Einrichtungen) im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses erbracht werden, sei es in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort, für alle anderen ärztlichen Leistungen soll Artikel 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL eingreifen.

Nach den Ausführungen im BFH-Urteil vom 15. März 2007, V R 55/03 (BStBl 2008 II S. 31), lässt sich diese unionsrechtlich zugrunde liegende Systematik nicht im Wege der Auslegung auf § 4 Nr. 14 UStG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung übertragen, da die nationale Rechtslage diesem Ansatz schon dem Grunde nach nicht folgt. Da § 4 Nr. 14 UStG a. F. hinsichtlich der Steuerbefreiung in erster Linie an den Beruf anknüpfte und nicht an den Ort der Leistung, konnten sich Laborärzte sowie Laboreinrichtungen auf das für sie günstigere nationale Recht, d. h. § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a. F., berufen.

Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde § 4 Nr. 14 UStG insgesamt neu gefasst. Dabei wurde auch die im Artikel 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL zugrunde liegende Systematik zur Abgrenzung der Steuerbefreiung nach dem Ort der Leistung berücksichtigt. Für ab dem 1. Januar 2009 getätigte Umsätze ist nunmehr Kriterium für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 4 Nr. 14 Buchst. a und b UStG weniger die Art der Leistung, sondern vielmehr der Ort ihrer Erbringung. Eine Steuerbefreiung der Leistungen von Laborärzten oder klinischen Chemikern kommt deshalb für ab dem 1. Januar 2009 erbrachte Leistungen nur noch unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG in Betracht.

Dieser Auffassung widerspricht auch nicht, dass eine medizinisch-technische Assistentin für Funktionsdiagnostik, wie vom BFH im Urteil vom 29. Januar 1998, V R 3/96 (BStBl II S. 453), entschieden, eine steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erbringt. Denn im Gegensatz zu einem Laborarzt erbringt diese ihre Leistungen in einem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Patienten, so dass die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG insoweit erfüllt sind.

II.

Zur Klarstellung wird Abschnitt 4.14.4 Abs. 11 siebenter Spiegelstrich des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 15. November 2013 – IV D 3 – S 7172/08/10001 (2013/1017781), BStBl I S. xxxx – geändert worden ist, wie folgt gefasst:

„- auf dem Gebiet der Humanmedizin selbständig tätige medizinisch-technische Assistentinnen für Funktionsdiagnostik und medizinisch-technische Assistenten für Funktionsdiagnostik (Gesetz über technische Assistenten der Medizin – MTAG – vgl. BFH-Urteil vom 29. 1. 1998, V R 3/96, BStBl II S. 453);“

Die Grundsätze in Teil I dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Teil II ist inhaltlich auf nach dem 31. Dezember 2008 ausgeführte Umsätze anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF

Zweifelsfragen zum Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 bis 4 und 7 EStG

Das BMF hat nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung von § 7g Abs. 1 bis 4 und 7 EStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912) zu folgenden Punkten Stellung genommen:

I. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen (§ 7g Abs. 1 EStG)

  1. Begünstigte Betriebe
  2. Begünstigte Wirtschaftsgüter
  3. Höhe des Investitionsabzugsbetrages
  4. Betriebsgrößenmerkmale nach § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG
  5. Beabsichtigte Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsgutes (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 3 EStG)
    1. Inanspruchnahme vom Investitionsabzugsbeträgen in der Steuererklärung vor der erstmaligen Steuerfestsetzung
    2. Wiederholte Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen für bestimmte Investitionen
    3. Investitionsabzugsbeträge im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe
    4. Inanspruchnahme oder Erhöhung von Investitionsabzugsbeträgen nach der erstmaligen Steuerfestsetzung
    5. Investitionsabzugsbeträge in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung
    6. Investitionsabzugsbeträge bei wesentlicher Erweiterung eines bestehenden Betriebes
    7. Benennung des Wirtschaftsgutes der Funktion nach (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG)
  6. Voraussichtliche Verwendung des begünstigten Wirtschaftsgutes (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG)
  7. Summe der Investitionsabzugsbeträge (§ 7g Abs. 1 Satz 4 EStG)

II. Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrages bei planmäßiger Durchführung der Investition und gleichzeitige gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7g Abs. 2 EStG)

  1. Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrages (§ 7g Abs. 2 Satz 1 EStG)
  2. Minderung der Anschaffungs-oder Herstellungskosten (§ 7g Abs. 2 Satz 2 EStG)

III. Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages (§ 7g Abs. 3 EStG)

  1. Die begünstigte Investition wird nicht durchgeführt
  2. Anschaffung oder Herstellung eines nicht funktionsgleichen Wirtschaftsgutes
  3. Wechsel der Gewinnermittlungsart
  4. Freiwillige Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages

IV. Nichteinhaltung der Verbleibens-und Nutzungsfristen (§ 7g Abs. 4 EStG)

  1. Schädliche Verwendung der Investition im Sinne von § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG
  2. Erforderliche Änderungen der betroffenen Steuerfestsetzungen

V. Buchtechnische und verfahrensrechtliche Grundlagen

  1. Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g Abs. 1 EStG im Abzugsjahr
  2. Gewinnhinzurechnung und gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs-/Herstellungskosten nach § 7g Abs. 2 EStG im Investitionsjahr
  3. Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages nach § 7g Abs. 3 oder 4 EStG
  4. Auswirkungen der Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 3 oder 4 EStG auf Steuerrückstellungen

VI. Zeitliche Anwendung

Das Schreiben im Volltext finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 – S-2139-b / 07 / 10002 vom 20.11.2013