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Erlöschen krankheitsbedingt nicht gewährter Urlaubsansprüche

Erlöschen krankheitsbedingt nicht gewährter Urlaubsansprüche

Rechtslage

Insbesondere eine jüngere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat dazu geführt, dass Verunsicherung im Bereich der Urlaubsansprüche besteht. Es gilt, dass der gesetzliche Mindestanspruch, wenn er wegen Krankheit nicht genommen werden kann, nicht verfällt und während der Krankheit weiter anwächst. Seither sind krankheitsbedingt nicht genommene Urlaubsansprüche ständiges Thema arbeitsgerichtlicher Entscheidungen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte zuletzt darüber zu entscheiden, ob solche Urlaubsansprüche bei Wiederaufnahme der Arbeit den normalen Befristungsregelungen unterliegen, nach denen nicht genommener Jahresurlaub bis längstens zum 31.3. des Folgejahres übertragen werden kann, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung besteht.

Sachverhalt

Der Kläger, dessen Urlaubsanspruch 30 Tage im Jahr betrug, der aber nicht ins Folgejahr übertragbar war, war zwischen Januar 2005 und Juni 2008 dauerhaft erkrankt. Nach seiner Rückkehr in den Beruf gewährte ihm der Arbeitgeber im Jahr 2008 insgesamt 30 Urlaubstage. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass ihm aus den Jahren 2005 bis 2007 noch 90 Urlaubstage zustünden.

Entscheidung

Das BAG wies die Klage ab. Zwar blieben die wegen der Krankheit nicht genommenen Urlaubsansprüche erhalten. Allerdings würden diese krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaubsansprüche bei Rückkehr zur Arbeit nicht anders behandelt als „normale“ Urlaubsansprüche. Das heißt, sie unterliegen nach Rückkehr in die Tätigkeit den gleichen Verfallfristen, so dass sie am 31.12.2008 untergegangen seien.

Konsequenz

Die Entscheidung stellt klar, dass krankheitsbedingt nicht genommene Urlaubsansprüche „normalen“ Urlaubsansprüchen gleich gestellt sind. Sie werden nicht bevorzugt behandelt, insbesondere wandeln sie sich nicht in einen Abgeltungsanspruch um. Offen gelassen hat das Bundesarbeitsgericht allerdings die – aus einem anderen Verfahren heraus beim Europäischen Gerichtshof anhängige – Frage, ob und in welchem Umfang Urlaubsansprüche über Jahre hinweg angesammelt werden können. In einem Parallelurteil unterstellte das BAG den Urlaubsabgeltungsanspruch den arbeits- oder tarifvertraglich vereinbarten Verfall- oder Ausschlussfristen. Der Abgeltungsanspruch entstehe mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und sei kein „fortgesetzter“ Urlaubs-, sondern reiner Geldanspruch, so dass er Verfall- und Ausschlussfristen zugänglich sei. Ohne eine entsprechende Klausel käme es beim Abgeltungsanspruch zur Regelverjährung von 3 Jahren.

Aufwendungen für Erststudium und Erstausbildung abziehbar

Aufwendungen für Erststudium und Erstausbildung abziehbar

Kernproblem

Die Behandlung der Kosten der erstmaligen Berufsausbildung und des Erststudiums beschäftigt seit geraumer Zeit die Gerichte. Nach einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2002 unterscheidet der Bundesfinanzhof (BFH) nicht mehr zwischen Aus- und Fortbildung, sondern stellt auf den Veranlassungszusammenhang ab. So konnten bis zum Jahr 2003 auch Kosten des Erststudiums als Werbungskosten abzugsfähig sein oder Verluste als Verlustvorträge festgestellt werden. Mit einer Änderung des EStG wollte der Gesetzgeber dann wieder ab 2004 die alte Rechtslage herstellen und ordnete solche Kosten der privaten Lebensführung zu, deren Förderung als Sonderausgaben auf 4.000 EUR eingeschränkt ist (damit auch Wegfall eines Verlustausgleichs für negative „Einkünfte“). Etwas anderes gilt nur für die im Zusammenhang mit einem Ausbildungs-Dienstverhältnis anfallenden Aufwendungen (z. B. Fachhochschulen der Beamten, Referendare), die weiterhin unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig sind. Dann herrschte erst einmal Ruhe, bis der BFH trotz neuer Gesetzeslage einigen Studenten mit vorher abgeschlossener Berufsausbildung den Werbungskostenabzug gewährte (Buchhändlerin/Lehramt, Hotelfachfrau/Tourismusmanagement, Bürokaufmann/Betriebswirt, Koch/Hotelmanagement). Anschließend wurden auch Fälle beim BFH anhängig, bei denen das Studium oder die Ausbildung unmittelbar nach der Schulausbildung begann.

Entscheidung

Der BFH entschied jetzt im Fall der Ausbildung eines Berufspiloten, dass die entstanden Aufwendungen von ca. 28.000 EUR dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten für eine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien. Einer Medizinstudentin, die unmittelbar nach dem Abitur das Studium aufgenommen hatte, bescheinigte er den Veranlassungszusammenhang zum Beruf, soweit das Studium Berufswissen vermittle und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sei. Für weitere Untersuchungen wurden beide Fälle an die Finanzgerichte zurückverwiesen.

Konsequenz

Dem Gesetzgeber sind bei der einschränkenden Gesetzesänderung handwerkliche Fehler unterlaufen. Auslöser ist die Regelung in der als Trostpflaster gedachten Zuordnung als Sonderausgaben, die begrifflich erst dann zum Zuge kommt, soweit nicht vorrangig ein Abzug als Werbungskosten in Betracht kommt. Die Einschränkung läuft dann bei beruflichem Zusammenhang ins Leere. Anders wäre es gewesen, wenn die Regelung bei den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben/Werbungskosten angesiedelt gewesen wäre. Wie das Bundesministerium der Finanzen auf seiner Homepage ankündigte, prüft es zurzeit die gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Eckpunkte, die der BFH in seinem Urteil vorgegeben hat.

Empfehlung

Unter Beachtung von Verjährungsfristen ist grundsätzlich noch die Beantragung von Verlustfeststellungen ab 2004 möglich, soweit nicht bestandskräftige Bescheide entgegenstehen.

Zugang der Amtsniederlegungserklärung des Geschäftsführers an ausländische Gesellschafter

Zugang der Amtsniederlegungserklärung des Geschäftsführers an ausländische Gesellschafter

Kernaussage

Ob eine Willenserklärung einem Empfänger mit Sitz im Ausland zugegangen ist, beurteilt sich nach dem Ortsrecht des Abgabeorts. Das Registergericht ist nur dann zur Amtsermittlung verpflichtet, wenn entweder die formalen Mindestanforderungen für eine Eintragung nicht erfüllt sind oder wenn begründete Zweifel an der Wirksamkeit der angemeldeten Erklärungen oder der Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen bestehen.

Sachverhalt

Der Antragsteller ist im Handelsregister als alleiniger Geschäftsführer einer GmbH eingetragen. Sämtliche Geschäftsanteile werden von einer amerikanischen Gesellschaft gehalten. Mit Telefaxschreiben vom 25.11.2009 erklärte der Antragsteller, sein Amt als Geschäftsführer mit Wirkung ab Eintragung im Handelsregister niederzulegen. Mit Faxschreiben vom 8.12.2009 bestätigte ein Mitarbeiter der Gesellschafterin unter deren Firma den Zugang der Erklärung. Das Handelsregister lehnte die Eintragung der Niederlegung ab und verlangte die Vorlage einer Urkunde zum Nachweis des Zugangs der Amtsniederlegungserklärung bei einem Vertretungsberechtigten der Gesellschafterin. Die hiergegen gerichtet Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab jedoch dem Antragsteller Recht und wies das Untergericht an, die Amtsniederlegung antragsgemäß ins Handelsregister einzutragen. Die Vorgerichte hatten an den Zugang der Amtsniederlegung ebenso wie an dessen Nachweis zu hohe Anforderungen gestellt. Das Registergericht hat grundsätzlich nur darüber zu wachen, dass die Eintragungen den gesetzlichen Erfordernissen und der tatsächlichen Rechtslage entsprechen. Die Niederlegung des Amts eines GmbH-Geschäftsführers ist dann wirksam, wenn sie mindestens einem Gesellschafter zugegangen ist. Ob eine Willenserklärung einem Empfänger mit Sitz im Ausland zugeht, beurteilt sich nach dem Ortsrecht des Abgabeorts. Für die Amtsniederlegungserklärung gelten somit die allgemeinen Regeln über den Zugang von Willenserklärungen. Wird die Amtsniederlegungserklärung unter Abwesenden abgegeben, wird sie mit ihrem Zugang wirksam. Bei einer Übermittlung der Erklärung über Telefax ist sie zugegangen, wenn der Druckvorgang am Empfängergerät abgeschlossen ist und dem Empfänger eine Kenntnisnahme möglich ist.

Konsequenz

Der Anmeldung der Niederlegung des Geschäftsführeramts sind die Urkunden über die Beendigung in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. Die streitige Frage, ob der Zugang der Amtsniederlegung urkundlich nachzuweisen ist, bleibt auch nach dieser Entscheidung weiterhin ungeklärt.

Betriebsaufspaltung aufgrund alleiniger Geschäftsführungsbefugnis

Betriebsaufspaltung aufgrund alleiniger Geschäftsführungsbefugnis

Rechtslage

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn die an eine Kapitalgesellschaft vermieteten oder verpachteten Vermögensgegenstände zu den wesentlichen Grundlagen der Betriebsgesellschaft gehören (sachliche Verflechtung) und eine enge personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen besteht (personelle Verflechtung). Dann unterscheidet sich die Betätigung des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines gewöhnlichen Vermieters. Die Annahme einer personellen Verflechtung setzt voraus, dass eine Person oder Personengruppe sowohl das Betriebs- als auch das Besitzunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Die Einkünfte aus dem Besitzunternehmen sind als gewerblich zu qualifizieren.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Grundstücks-GbR, an der 2 Gesellschafter beteiligt sind. Das Grundstück der GbR ist bebaut mit einem Verwaltungs- und Betriebsgebäude und war an 3 verschiedene Mietparteien vermietet (an eine GmbH, eine weitere GmbH und eine dritte Firma). Geschäftsführer der GmbH und der weiteren GmbH war einer der beiden Gesellschafter, der zugleich 80 % der Anteile an der GmbH und 50 % der Anteile an der weiteren GmbH hielt. Das Finanzamt war der Ansicht, dass zwischen der Klägerin und der GmbH eine Betriebsaufspaltung bestehe und qualifizierte die Einkünfte der GbR als gewerbliche Einkünfte.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Eine Beherrschungsidentität liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Gesellschafter, der die Betriebsgesellschaft beherrscht, bei dem als GbR organisierten Besitzunternehmen ebenfalls über die Mehrheit der Stimmen verfügt, sofern bei letzterem wenigstens für die sogenannten „Geschäfte des täglichen Lebens“ das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist. Da der geschäftsführende Gesellschafter über die alleinige Befugnis zur Führung der laufenden Geschäfte des täglichen Lebens bei der GbR verfügte, hielt das FG die Betriebsaufspaltung für rechtens.

Konsequenz

Sofern eine Betriebsaufspaltung vermieden werden soll, sollte bei einer Besitz-GbR für alle Geschäfte ein Einstimmigkeitserfordernis vereinbart werden, sofern dies in der Praxis durchführbar ist.

Geschäftsführer muss geprüften Jahresabschluss vorlegen; bei Unterlassen droht Abberufung

Geschäftsführer muss geprüften Jahresabschluss vorlegen; bei Unterlassen droht Abberufung

Rechtslage

Geschäftsführer mittlerer oder großer GmbHs müssen den Jahresabschluss für 2010 bis spätestens zum 31.8.2011 durch die Gesellschafterversammlung feststellen lassen. Kleine GmbHs haben hierfür noch bis zum 30.11.2011 Zeit. Missachtet der Geschäftsführer diese Fristen zur Aufstellung, stellt dies einen wichtigen Grund für seine Abberufung selbst dann dar, wenn die Gesellschafter Unterlagen für die Aufstellung nicht rechtzeitig einreichen.

Sachverhalt

Der alleinige GmbH-Geschäftsführer wurde auf der Gesellschafterversammlung vom 7.2.2011 mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin der GmbH mit sofortiger Wirkung abberufen. Zur Begründung wurde dargelegt, er habe den Jahresabschluss 2009 noch nicht vorgelegt. Zudem habe er der Mehrheitsgesellschafterin zuvor mehrfach die begehrte Einsicht in die Geschäftsunterlagen verwehrt. Die Minderheitsgesellschafterin stimmte gegen die Abberufung. Ein Antrag der GmbH auf Bestellung eines Notgeschäftsführers wurde vom Registergericht zurückgewiesen. Die GmbH begehrte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dem Geschäftsführer vorläufig zu untersagen, die Geschäfte zu führen. Das Landgericht wies den Antrag zurück.

Entscheidung

Die Berufung vor dem Kammergericht Berlin hatte Erfolg. Die Abberufung des Geschäftsführers war durch wichtigen Grund gerechtfertigt und das beantragte Unterlassungsverbot erforderlich, um Schaden von der GmbH abzuwenden. Der Geschäftsführer hatte seine Pflichten grob verletzt, indem er bis zur Abberufung den Jahresabschluss 2009 nicht aufgestellt und den Gesellschaftern zur Beschlussfassung vorgelegt hatte. Die Tatsache, dass die Gesellschafter die erforderlichen Unterlagen für die Aufstellung nicht übergeben hatten, vermochte den Geschäftsführer nicht zu entlasten. Als Adressat der Buchführungspflicht ist dem Geschäftsführer eine Untätigkeit bei der Aufstellung nicht erlaubt. Auch obliegt ihm die Pflicht, jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu erteilen und Einsicht in die Bücher zu gewähren. Eine diesbezügliche Weigerung stellt eine grobe Pflichtverletzung dar.

Konsequenz

Der Widerruf der Geschäftsführerbestellung ist grundsätzlich ohne wichtigen Grund möglich. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag die Zulässigkeit der Abberufung an einen wichtigen Grund koppeln. Die Verletzung von Geschäftsführerpflichten ist zur Stützung des wichtigen Abberufungs-Grundes nur begrenzt nutzbar und erfährt durch diese Entscheidung eine Erweiterung.

Kein zwangsläufiger Gestaltungsmissbrauch bei inkongruenter Gewinnausschüttung

Kein zwangsläufiger Gestaltungsmissbrauch bei inkongruenter Gewinnausschüttung

Kernaussage

Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt nicht zwangsläufig vor, wenn anlässlich einer unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft eine Gewinnausschüttung ausschließlich zugunsten des ausscheidenden Gesellschafters erfolgt.

Sachverhalt

Die Klägerin hielt eine Beteiligung von 40 % am Stammkapital einer GmbH. Im September 2000 übertrug sie ihren Geschäftsanteil unentgeltlich auf ihren Mitgesellschafter. In der gleichen notariellen Urkunde wurde eine Satzungsänderung dahingehend beschlossen, dass durch Beschluss eine von der Höhe der Beteiligungen abweichende Gewinnverteilung erfolgen kann. Sodann wurde ausgehend von einem in der Vergangenheit thesaurierten Gewinn der GmbH eine Gewinnausschüttung ausschließlich zugunsten der Klägerin in Höhe von 1,1 Mio. EUR beschlossen. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der GmbH vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, es handele sich um eine inkongruente Gewinnausschüttung, die sich als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstelle. Die Anteilsübertragung sei eine entgeltliche Übertragung, so dass sich bei der Klägerin ein Veräußerungsgewinn realisiere. Die Klägerin meinte hingegen, dass unter wirtschaftlicher Betrachtung der auf sie entfallende Teil der offenen Rücklagen mit ausgeschüttet worden sei.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die GmbH hat an die Klägerin Gewinne ausgeschüttet, die von der Klägerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind. Ein Missbrauch von Gestaltungsmitteln liegt nur dann vor, wenn die gewählte Gestaltung nach den Wertungen des Gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zu Grunde liegen, der Steuerumgehung dient, ansonsten aber nicht. Die im Streitfall gewählte Rechtsgestaltung war weder in ihren einzelnen Schritten noch insgesamt als unangemessen zu beurteilen. Die Gesellschafterversammlung hatte gesellschaftsrechtlich zulässig eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnausschüttung beschlossen. Die Ausschüttung erfolgte der Höhe nach entsprechend der Beteiligung an den thesaurierten Gewinnen der Vergangenheit, so dass die Ausschüttung allenfalls zeitlich inkongruent sein konnte.

Konsequenz

Jeder Steuerpflichtige hat das Recht, seine Angelegenheiten steueroptimal zu gestalten. Das Recht wird durch die Regelungen der Abgabenordnung (AO) und die weitgehende Auslegung der Finanzverwaltung erheblich eingeschränkt, so dass diese Entscheidung zu begrüßen ist. Aufgrund der anhängigen Revision bleibt nun die Entscheidung des Bundesfinanzhofs abzuwarten.

Ausschließungsbeschluss der Gesellschafter einer GmbH & Co. KG

Ausschließungsbeschluss der Gesellschafter einer GmbH & Co. KG

Kernaussage

Enthält der Gesellschaftsvertrag einer Kommanditgesellschaft (KG) eine Klausel, wonach ein Gesellschafter ausscheidet, wenn die übrigen Gesellschafter aus wichtigem Grund sein Ausscheiden durch schriftliche Erklärung verlangen, so ist das „Ausscheidungsverlangen“ lediglich die Umsetzung des erforderlichen Beschlusses der Gesellschafter.

Sachverhalt

Der Kläger und die Beklagten waren Kommanditisten einer GmbH & Co. KG. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Ausschließungsbeschlusses. Nach dem Gesellschaftsvertrag schied ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, „wenn er den übrigen Gesellschaftern Anlass gibt, nach § 133 HGB die Auflösung der Gesellschaft und nach § 140 HGB seine Ausschließung zu verlangen, und wenn die übrigen Gesellschafter deshalb durch schriftliche Erklärung ihm gegenüber sein Ausscheiden verlangen…“. Darüber hinaus enthielt der Gesellschaftsvertrag eine Klausel, wonach Gesellschafterbeschlüsse nur binnen 2 Monaten durch Klage beim zuständigen Gericht angefochten werden konnten. Der Fristbeginn war mit Kenntnisnahme des Beschlusses bestimmt. In einer Gesellschafterversammlung vom 31.3.2000 wurde der Ausschluss des Klägers beschlossen. Die hiergegen gerichtete Klage wurde vergleichsweise beendet. Die Gesellschaft erklärte später wegen arglistiger Täuschung die Anfechtung des Vergleichs. Diese Anfechtung war wirksam. Mit der am 27.12.2006 eingegangenen Klage hat der Kläger erneut beantragt, die Nichtigkeit des Anfechtungsbeschlusses festzustellen. Das Landgericht und das Oberlandesgericht gaben dem Kläger Recht.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies die Klage schließlich ab. Rechtsfehlerhaft hatten die Vorgerichte festgestellt, dass die zweimonatige Klagefrist nicht einzuhalten sei, weil der Gesellschaftsvertrag einen Ausschließungsbeschluss nicht vorsehe. Ein Ausschließungsverlangen der Mitgesellschafter setzt aber notwendigerweise eine Meinungsbildung voraus. Die Einigkeit der Gesellschafter wird im Beschlusswege erzielt. Das Ausscheidungsverlangen ist demgegenüber nur die Mitteilung über den Beschlussinhalt. Die damit geltende zweimonatige Klagefrist hatte der Kläger offensichtlich versäumt.

Konsequenz

Das Klageerfordernis zur Ausschließung eines Gesellschafters einer GmbH & Co. KG kann durch eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Regelung erleichtert oder auch erschwert werden. Insbesondere die Ausschließungsgründe und das Verfahren der Ausschließung werden häufig abweichend zu regeln sein.

Zur Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und AG

Zur Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und AG

Rechtslage

Bei der Betriebsaufspaltung handelt es sich um ein steuerliches Rechtsinstitut, das von der Rechtsprechung geschaffen wurde. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung ist hierzu nicht existent. Eine Betriebsaufspaltung entsteht, wenn unter wirtschaftlicher Betrachtung ein einheitliches Unternehmen in mindestens 2 rechtlich selbstständige Einheiten unterteilt wird, wobei diese sachlich und personell verflochten sind. Eine personelle Verflechtung ist auch im Verhältnis zwischen einer (börsennotierten) Aktiengesellschaft (AG) und ihrem Mehrheitsgesellschafter grundsätzlich zu bejahen.

Sachverhalt

Der Kläger ist zu 71,18 % am Grundkapital einer börsennotierten AG beteiligt. Seit Sommer 2000 verhandelte er mit der AG über die Anmietung von Räumlichkeiten, die in seinem Eigentum stehen. Nach entsprechender Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat wurde der Mietvertrag zum 1.11.2001 unterzeichnet. In der Folgezeit erklärte der Kläger aus der Grundstücksvermietung negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Anschluss an eine bei dem Kläger durchgeführte Außenprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, zwischen dem Kläger und der AG bestünde eine Betriebsaufspaltung. Das Finanzamt setzte daraufhin entsprechende Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies auch die Revision als unbegründet zurück. Die Vermietung von Wirtschaftsgütern an ein Unternehmen wird als gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das vermietende Besitzunternehmen mit dem mietenden Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten ist. Dies ist dann der Fall, wenn diejenige Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch über die Stimmmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfügt. Die Grundsätze gelten in gleicher Weise für Betriebsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH wie der AG. Die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind verfassungsgemäß. Vorliegend kann der Kläger als Mehrheitsaktionär mittelbar über die personelle Besetzung des Vorstandes und damit über die Grundlinien der Geschäftspolitik der AG entscheiden. Dies reicht für die Feststellung der personellen Verflechtung auch dann aus, wenn man hieran „strenge Anforderungen“ stellt.

Konsequenz

Die Entscheidung steht im Einklang mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die zwischenzeitlichen Änderungen im Aktiengesetz haben diese Grundsätze nicht überholt. Denn die Regelungen über die Befugnis der Hauptversammlung, die Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, sowie die Befugnis des Aufsichtsrats, die Vorstandsmitglieder zu bestellen und abzuberufen, waren nicht Gegenstand durchgreifender gesetzlicher Änderungen.

Verlagerung von privaten Darlehen in den steuerlichen Bereich

Verlagerung von privaten Darlehen in den steuerlichen Bereich

Kernaussage

Werden private Darlehen in eine Gesellschaft eingebracht, ist dieser Vorgang das zivilrechtlich zulässig und möglich. Wird allerdings vorrangig das Ziel verfolgt, private Aufwendungen in den steuerlich relevanten Bereich zu verlagern, liegt steuerrechtlich ein Rechtsmissbrauch im Sinne der Vorschriften der Abgabenordnung (AO) vor.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der Ehemann mit 10 % und die Ehefrau mit 90 % beteiligt sind. Zweck der Gesellschaft ist die Fremdvermietung eines Mehrfamilienhauses, das der Ehemann zusammen mit den darauf lastenden Grundschulden und Hypotheken durch Einbringungsvertrag auf die neu gegründete Klägerin übertragen hat. Daneben wurden 2 Darlehen eingebracht, die zur Finanzierung der selbst genutzten Immobilie aufgenommen wurden. Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Übernahme von privat veranlassten Darlehen im Zusammenhang mit der Übertragung von Grundbesitz auf die Klägerin nicht zu Anschaffungskosten führt. Ferner seien die hieraus berechnete höhere Absetzungen für Abnutzungen (AfA) sowie damit zusammenhängende Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht abzugsfähig.

Entscheidung

Dieser Auffassung folgte das Finanzgericht Münster und wies die Klage ab. Die streitigen Darlehen standen ursprünglich nicht mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang. Erst durch die Einbringung in die klagende GbR war diese verpflichtet, die Darlehen zu bedienen. Gleichwohl konnten die Aufwendungen steuerlich nicht berücksichtigt werden, da die Einbringung einen Gestaltungsmissbrauch darstellte, denn die offensichtliche Überführung von privat veranlassten Aufwendungen in die GbR diente nur dem Zweck, private Aufwendungen in einen steuerlichen Bereich zu verlagern. Die Übernahme der im Zusammenhang mit dem (weiterhin) privaten Einfamilienhaus stehenden privaten Darlehen durch die Klägerin ear steuerlich somit nicht anzuerkennen.

Konsequenz

Der Bundesfinanzhof hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision angenommen. Sofern bei Gründung einer vermögensverwaltenden GbR durch Ehegatten die Übernahme von privat veranlassten Darlehen steuerlich durch das Finanzamt nicht anerkannt wurde und entsprechend die AfA und die Werbungskosten um die Schuldzinsen gekürzt wurden, sollte gegen offene Bescheide mit Verweis auf das Aktenzeichen des anhängigen Revisionsverfahrens Einspruch eingelegt werden.

Essgewohnheiten verhindern ermäßigten Steuersatz für Pferde

Essgewohnheiten verhindern ermäßigten Steuersatz für Pferde

Kernaussage

Die Lieferung von Pferden unterliegt nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) dem ermäßigten Steuersatz. Verantwortlich hierfür ist die Anlage 2 zum UStG, die Pferde als begünstigt ausweist. Hierzu zählen auch reinrassige Zuchttiere, nicht jedoch Wildpferde. Fraglich war, ob das UStG damit der Intention der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU (MwStSystRL) entspricht, nur die Lieferung von Tieren zu begünstigen, die üblicherweise als Nahrungsmittel verarbeitet werden. Diese Frage wurde nun vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Sachverhalt

Die Kommission der europäischen Gemeinschaften hatte gegen die Bundesrepublik Deutschland geklagt und die Feststellung begehrt, dass Deutschland durch die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Lieferung, Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Pferden, die üblicherweise nicht für die Nahrungs- und Futtermittelzubereitung verwendet werden, gegen europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie verstoßen hatte.

Entscheidung

Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass nur die Lieferungen von Tieren, die gewöhnlich und allgemein dem Verzehr dienen, grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Dies gilt z. B. für Schweine, Rinder etc.. Für die Lieferung von Pferden kommt der ermäßigte Steuersatz nur zum Tragen, wenn die Lieferung erfolgt, um diese zwecks Produktion von Nahrungs- bzw. Futtermitteln zu schlachten.

Konsequenz

Die generelle Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferung von Pferden verstößt gegen das Gemeinschaftsrecht. Würden wir mehr Pferde essen, statt auf ihnen zu reiten, wäre das Urteil anders ausgefallen. Es ist zu erwarten, dass das UStG nun angepasst wird. Für Tierarten, die nicht üblicherweise verzehrt werden, wird dann wohl immer im Einzelfall zu prüfen sein, ob deren Lieferung dazu dient, sie Teil der Nahrungskette werden zu lassen. Dies gilt z. B. auch für Brieftauben. Generell, d. h. ohne Prüfung, ist der ermäßigte Steuersatz anwendbar für Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen.