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„Whistleblowing“ kann von Meinungsfreiheit gedeckt sein

„Whistleblowing“ kann von Meinungsfreiheit gedeckt sein

Kernfrage

Als Whistleblowing im Arbeitsrecht bezeichnet man die Information über Missstände beim oder über den Arbeitgeber. (Anonymes) Whistleblowing kann beim Arbeitgeber im Rahmen interner Compliance gewollt sein; oftmals informieren Arbeitnehmer aber externe Dritte (zum Beispiel Behörden) unmittelbar. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in einem Whistleblowing-Fall, über die Zulässigkeit einer deswegen ausgesprochenen Kündigung zu befinden, nachdem die deutschen Arbeitsgerichte und das Verfassungsgericht die Kündigung für rechtmäßig gehalten hatten.

Sachverhalt

Die Klägerin war mittelbar beim Land Berlin als Altenpflegerin beschäftigt und hatte bereits mehrfach über Missstände in der Qualität der Pflege (zu wenig Personal, unzureichende Betreuung) informiert, die auch durch eine Medizinische Begutachtung der Einrichtung bestätigt wurden. Nachdem die Missstände nicht abgestellt wurden, erstattete sie Ende 2004 Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber wegen Betrugs. Er täusche eine qualitativ hochwertige Versorgung vor und lasse sich diese bezahlen, erbringe diese Leistung aber tatsächlich nicht. Darauf kündigte der Arbeitgeber fristlos.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte – gegen die Entscheidungen der deutschen Gerichte, die er aufgrund fehlender Kompetenz aber nicht aufheben kann – einen Verstoß gegen die Freiheit der Meinungsäußerung fest und verurteilte den deutschen Staat zur Zahlung einer Entschädigung. Die Kündigung, die einen Eingriff in dieses Grundrecht darstelle, sei nicht gerechtfertigt. Zwar hätten die Vorwürfe rufschädigenden Charakter; es überwiege aber das öffentliche Interesse an der Offenlegung der Missstände, insbesondere im Bereich der institutionellen Altenpflege. Erschwerend für den Arbeitgeber komme im Falle der Klägerin hinzu, dass diese im Vorfeld bereits erfolglos informiert habe und nicht leichtfertig falsche Tatsachen behauptet habe.

Konsequenz

Zwar hat die Entscheidung keine Auswirkungen mehr auf das deutsche Rechtsverfahren; sie dürfte aber Signalwirkung für das deutsche wie europäische Arbeitsrecht haben. In Zukunft wird man das Kündigungsinteresse des Arbeitgebers in Fällen des Whistleblowings regelmäßig an der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers sowie dem Grad der offen gelegten Missstände und den davon ausgehenden Gefahren zu messen haben.

Pauschale Leistungsbeschreibungen gefährden den Vorsteuerabzug

Pauschale Leistungsbeschreibungen gefährden den Vorsteuerabzug

Kernaussage

Rechnungen berechtigen nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn sie alle nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) geforderten Angaben enthalten. Hierzu zählt unter anderem die genaue Beschreibung der abgerechneten Leistung.

Sachverhalt

Der Kläger war Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei, die mit einer Steuerberatungsgesellschaft eine Bürogemeinschaft unterhielt. Er war einer von mehreren Geschäftsführern der Steuerberatungsgesellschaft, nicht jedoch an ihr beteiligt. Die Steuerberatungsgesellschaft erbrachte auf Basis einer mündlichen Vereinbarung folgende Dienstleistungen für die Kanzlei: Gestellung von Personal, Büromaterial, EDV und Fachliteratur sowie Schreibarbeiten. Unterjährig leistete der Kläger Abschlagszahlungen. Zum Jahresende erfolgte die Endabrechnung. Hierzu setzte sich der Kläger mit einem der anderen Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft zusammen und schätzte die zu leistende Nachzahlung auf Basis der angefallenen Kosten. Eine exakte Abrechnung unterblieb, um administrativen Aufwand zu vermeiden. Diese Endabrechnung erkannte das beklagte Finanzamt nicht an und bemängelte die Bezeichnung „Nachzahlung Personalgestellung – Schreibarbeiten bzw. für andere Kosten (Büromaterial, Porto, EDV, Fachliteratur etc.) lt. mündlicher Vereinbarung für den Zeitraum Januar bis Dezember“ als zu unpräzise. Das Finanzamt versagte der Abrechnung sodann den Vorsteuerabzug mit der weiteren Begründung, insbesondere würden Angaben zu den tätigen Mitarbeitern und den geleisteten Stunden fehlen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Nach Ansicht des Finanzgerichts wurde der Vorsteuerabzug zu Recht versagt, weil die Leistungsbeschreibung keine genaue Identifizierung der erbrachten Leistung zuließ. Die Richter wiesen aber daraufhin, dass der Vorsteuerabzug zulässig gewesen wäre, wenn die Art und der Umfang der erbrachten Leistung weiter konkretisiert worden wären. Dazu hätten zusätzliche Angaben zu den tätigen Personen, den geleisteten Stunden und Stundensätzen gemacht werden müssen. Auf das Argument des Vorliegens einer mündlichen Vereinbarung über die Personalgestellung konnte sich der Kläger ebenfalls nicht stützen, weil eine solche im Gegensatz zu schriftlichen Vereinbarungen nicht überprüfbar ist.

Konsequenz

Allein die Angabe der Art der getätigten Leistung reicht für den Vorsteuerabzug nicht aus. Vielmehr müssen konkrete Angaben zum Umfang ergänzt werden (Mengen-, Zeitangaben). Fehlen diese, besteht bei Angaben wie z. B. Reinigung, Beratung, Schreibarbeiten etc. die Gefahr, dass dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug versagt wird. Das letzte Wort hat hier aber nun der Bundesfinanzhof (BFH). Die Revision gegen das finanzgerichtliche Urteil ist bereits eingelegt.

Geringe Manipulation von Zeiterfassungsdaten rechtfertigt keine Kündigung

Geringe Manipulation von Zeiterfassungsdaten rechtfertigt keine Kündigung

Rechtslage

Bis zur vieldiskutierten „Emily“-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verhielt es sich so, dass auch geringfügige Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers (beispielsweise auch die Unterschlagung von Pfandbons) eine fristlose Kündigung rechtfertigen konnten. Hierzu gehörte stets auch der Arbeitszeitbetrug. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat jetzt für diesen Bereich (wohl) erstmals eine mit der „Emily“-Rechtsprechung vergleichbare Richtung eingeschlagen.

Sachverhalt

Beim beklagten Arbeitgeber bestand ein Zeiterfassungssystem, in das sich die Arbeitnehmer einstempeln mussten und das einer Arbeitsstunde 12 Zeiteinheiten zuordnete, wobei zu den einzelnen Tätigkeiten im Betrieb bestimmte Zeiteinheiten hinterlegt waren. Für den hier erheblichen Ölwechsel erhielt der Kläger 9 Zeiteinheiten gutgeschrieben. Wenn ein Lehrling an der Arbeit beteiligt war, umfasste eine Arbeitsstunde 14 oder 16 Zeiteinheiten. Im konkreten Fall hatte der Kläger einen Lehrling angewiesen, ihm beim Abschrauben einer Verkleidung zu helfen, was ca. eine Minute erforderte, und sich dafür nicht in die Zeiterfassung einzustempeln. Wegen dieses Vorfalls kündigte der Arbeitgeber dem Kläger fristlos und unterlag vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Die Richter entschieden, dass ein systematischer Missbrauch der Zeiterfassung zwar weiterhin eine zur fristlosen Kündigung berechtigende schwere Pflichtverletzung darstelle und der Kläger die Zeiterfassung auch zu seinen Gunsten manipuliert habe, indem er verhinderte, dass die Hilfe des Lehrlings die Zeiteinheiten seiner Arbeitsstunde erhöhten. Der für die fristlose Kündigung zum Anlass genommene Vorwurf stelle aber eine verhältnismäßig geringe Pflichtverletzung dar, die keine Kündigung rechtfertige.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt eine deutliche Tendenz im Bereich der Rechtsprechung zu Kündigungen, die wegen Straftaten, die zu Lasten des Arbeitgebers begangen wurden, ausgesprochen werden. Dort, wo verhältnismäßig geringe Verstöße denkbar und möglich sind, scheint die Rechtsprechung zu Gunsten des Arbeitnehmers ein einmaliges bzw. geringfügiges Fehlverhalten für noch erträglich zu erachten.

Vorläufige Festsetzung der Grunderwerbsteuer

Vorläufige Festsetzung der Grunderwerbsteuer

Kernproblem

Die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage bestimmt sich regelmäßig nach dem Wert der Gegenleistung (Kaufpreis). Wird die Grunderwerbsteuer indes infolge eines Anteilsgeschäftes (Übertragung oder Vereinigung von mehr als 95 % der Anteile in einer Hand) oder einer Umwandlung (insbesondere Verschmelzung, Spaltung und Einbringung) ausgelöst, dient der Grundbesitzwert als Bemessungsgrundlage (§§ 138 ff. BewG). Bei bebauten Grundstücken entspricht dieser regelmäßig dem 12,5fachen der vereinbarten oder üblichen Jahresmiete (vermindert um einen Altersabschlag für das Gebäude). Die Anwendung dieses typisierenden Ertragswertverfahrens kann in der Praxis im Einzelfall zu erheblichen Unter- oder auch Überbewertungen führen. Infolgedessen hält der Bundesfinanzhof (BFH) die Anwendung dieser Bewertungsvorschriften für verfassungswidrig, da sie einem gleichheitsgerechten und folgerichtigen Bewertungssystem entgegenstehe. Die Prüfung der Verfassungskonformität obliegt nunmehr dem Bundesverfassungsgericht.

Reaktion der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung hat auf dieses Urteil reagiert, in dem die gleichlautenden Ländererlasse vom 1.4.2010 nunmehr durch die gleichlautenden Ländererlasse vom 17.6.2011 ersetzt wurden. Zu klären ist die Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage verfassungsgemäß ist. Deshalb haben zukünftig weiterhin Festsetzungen von Grunderwerbsteuer, die die Steuer nach den Grundbesitzwerten bemessen, vorläufig zu erfolgen.

Konsequenzen

Es ist in der Praxis darauf zu achten, dass die Festsetzungen der Grunderwerbsteuer den vorstehend erläuterten Vorläufigkeitsvermerk enthalten, wenn die Festsetzung auf der Grundlage von Grundbesitzwerten beruht. Ist ein Vorläufigkeitsvermerk nicht enthalten, sollte der Bescheid unter Hinweis auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren offen gehalten werden. Ob bzw. inwieweit Steuerpflichtige von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts profitieren werden, ist indes fraglich: Der BFH ist zwar von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt, hat jedoch eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt, da nicht mehr gewährt werden könne, als vom Bundesverfassungsgericht zu erwarten sei. Dieses hätte aber in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen dem Gesetzgeber eine Frist zur Nachbesserung gestellt und zwischenzeitlich eine befristete Weiteranwendung der Altregelung zugelassen. Eine rückwirkende Änderung oder die Feststellung der Nichtigkeit erfolgte jedoch regelmäßig nicht und ist auch im vorliegenden Fall nicht zu erwarten.

Zum Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage

Zum Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage

Rechtslage

Die Frage, ob die Gesellschafter einer GmbH die Stammeinlagen erbracht haben, kann viele Jahre nach der Gründung der Gesellschaft praktische Relevanz bekommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass der Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage im Hinblick auf daraus resultierende Anschaffungskosten (§ 17 Abs. 2 EStG) 20 Jahre nach Eintragung der GmbH nicht allein durch den entsprechenden Zahlungsbeleg geführt werden muss. Vielmehr hat anhand aller vorhandenen Einzelindizien eine Gesamtwürdigung zu erfolgen.

Sachverhalt

Die Klägerin war als Gesellschafterin einer 1986 gegründeten GmbH an deren Stammkapital zu rund einem Drittel beteiligt. Nach der Satzung waren die Stammeinlagen zur Hälfte sofort in bar einzuzahlen. Im Juni 2006 lehnte das Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab. Die GmbH wurde im Handelsregister sodann gelöscht. Für das Jahr 2006 machte die Klägerin den Verlust aus der Beteiligung an der GmbH im Halbeinkünfteverfahren steuerlich geltend. Das beklagte Finanzamt lehnte die Berücksichtigung des Verlustes ab. Das Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an, da die Klägerin die Zahlung der Stammeinlage nicht nachgewiesen habe.

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und gab der Klage statt. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Eintragung der GmbH kann aus dem Fehlen eines Einzahlungsbelegs kein Indiz dafür abgeleitet werden, dass keine Einzahlung erfolgt ist. Auch wäre es unverhältnismäßig, allein auf die Vorlage eines Zahlungsbelegs abzustellen, zumal die Klägerin keine Aufbewahrungspflichten mehr träfen. Anhand einer Gesamtwürdigung hätte das Finanzgericht die Einzelindizien für die Einzahlung berücksichtigen und werten müssen. Hierbei kommt der Einzahlungsverpflichtung laut Gesellschaftsvertrag, sowie der Tatsache, dass die GmbH tatsächlich eingetragen worden ist, ein hoher Beweiswert zu. Ergiebiges Indiz für die Einlageleistung der Klägerin ist der bilanzielle Ausweis der ausstehenden Einlage mit 0 EUR und dessen Übernahme in die Prüferbilanz, zumal der Betriebsprüfer bei Nichtverzinsung der ausstehenden Stammeinlage ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung zu veranschlagen gehabt hätte.

Konsequenz

Das Urteil des BFH hat über den entschiedenen Sachverhalt hinaus auch Bedeutung soweit es um die Beweislast hinsichtlich der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung zur Leistung der Stammeinlage geht. Dennoch ist zu empfehlen, die entsprechenden Kontoauszüge bzw. Einzahlungsbelege über die erbrachten Einlagen mit den Verträgen und Beschlüssen der Gesellschaft dauerhaft aufzubewahren.

Reverse-Charge Verfahren: Vom Zweifel haben und hätte haben müssen

Reverse-Charge Verfahren: Vom Zweifel haben und hätte haben müssen

Kernaussage

Wer Dienstleistungen von Unternehmern bezieht, die nicht im Inland ansässig sind, ist verpflichtet, die Umsatzsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (Umkehr der Steuerschuldnerschaft bzw. Reverse-Charge-Verfahren). Hat der Leistungsempfänger Zweifel, ob sein Dienstleister im Inland ansässig ist, so kann er auf den Einbehalt der Umsatzsteuer nur verzichten, wenn ihm der Dienstleister eine amtliche Bescheinigung vorlegt, aus der seine umsatzsteuerliche Registrierung im Inland hervorgeht.

Sachverhalt

Die klagende Private Limited Company (Limited) mit Sitz in England, aber Ort der Geschäftsleitung in Deutschland, erbrachte Geschäftsbesorgungsleistungen in Deutschland an eine Kommanditgesellschaft (KG). Das beklagte Finanzamt forderte von der Limited die Umsatzsteuer für die erbrachten Leistungen. Hiergegen wehrte sich die Limited mit dem Argument, dass nicht sie, sondern die KG Steuerschuldnerin sei. Die KG hätte Zweifel haben müssen, ob die Limited tatsächlich im Inland ansässig sei. Aufgrund dieser Zweifel wäre die KG verpflichtet gewesen, sich die Ansässigkeit von der Limited bescheinigen zu lassen. Da die KG dies unterlassen habe, sei sie Schuldnerin der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht wies die Klage ab; die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde blieb vor dem Bundesfinanzhof (BFH) erfolglos.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Vorinstanz, wonach die Limited, als im Inland ansässiges Unternehmen die Umsatzsteuer schuldet. In diesem Fall ist unerheblich, ob die KG die Ansässigkeit der Limited hätte bezweifeln müssen. Hat ein Unternehmer mit statuarischem Sitz im Ausland eine sonstige Leistung im Inland erbracht, steht aber fest, dass er tatsächlich nicht im Ausland, sondern im Inland ansässig war, kommt eine Steuerschuld des Leistungsempfängers für diese Leistungen nicht in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger Zweifel hinsichtlich der Ansässigkeit des Leistenden hatte oder hätte haben müssen.

Konsequenzen

Die Anwendung des Reverse-Charge Verfahrens aufgrund der Ansässigkeit kommt grundsätzlich nicht in Frage, wenn der leistende Unternehmer im Inland ansässig ist. Für den Leistungsempfänger bedeutet dies, dass er nur für die Umsatzsteuer haftet, wenn er Dienstleistungen eines tatsächlich nicht im Inland ansässigen Unternehmers bezieht und keine entsprechende Bescheinigung eingeholt hat.

Bauleistungen i. S. d. UStG

Bauleistungen i. S. d. UStG

Kernaussage

Bauunternehmer, die von Subunternehmern Bauleistungen empfangen, schulden i. d. R. die Umsatzsteuer aus den an sie erbrachten Leistungen (Umkehr der Steuerschuldnerschaft). Die Subunternehmer müssen in diesen Fällen eine Netto-Rechnung ausstellen und auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft hinweisen.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe nimmt in einer aktuellen Verfügung diesbezüglich zu wichtigen Themen Stellung. Demnach sind Reparatur- und Wartungsleistungen, die 500 EUR (netto) überschreiten, nur dann als Bauleistungen zu behandeln, wenn Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden. Ferner stellt die OFD für ca. 70 Leistungen dar, ob und ggf. unter welchen Bedingungen es sich um Bauleistungen handelt. Auch auf die Behandlung von Kleinunternehmern wird eingegangen.

Konsequenz

Anhand der aufgelisteten Leistungen wird ersichtlich, dass die Regelung in der Praxis an ihre Grenzen stößt. So sind z. B. Maschinen keine Bauleistungen, während gewerbliche Geschirrspüler als solche qualifiziert werden, wenn sie fest mit dem Gebäude verbunden sind. Um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, sollten die Leistungsempfänger daher im Zweifel von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft Gebrauch machen.

Festlegen einer durchschnittlichen Stundenzahl im Monat im Arbeitsvertrag unwirksam

Festlegen einer durchschnittlichen Stundenzahl im Monat im Arbeitsvertrag unwirksam

Rechtslage

Um Arbeitnehmer flexibler einsetzen zu können, sehen viele (Standard)Arbeitsverträge lediglich regelmäßige Rahmenarbeitszeiten vor, ohne jedoch den genauen Beschäftigungszeitraum festzulegen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr über die Wirksamkeit einer solchen Arbeitszeitklausel zu befinden, die lautete: „Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten.“

Sachverhalt

Der Kläger war auf der Grundlage der vorgenannten Arbeitsvertragsklausel beschäftigt und arbeitete tatsächlich durchschnittlich 188 Stunden im Monat. Der geltende Tarifvertrag sah für Vollzeitbeschäftigte eine Mindestarbeitszeit von 160 Stunden im Monat vor. Mit seiner Klage begehrte der Arbeitnehmer die Feststellung, dass seine monatliche Arbeitszeit dem tatsächlichen Beschäftigungsumfang entsprach, bekam aber nur teilweise Recht.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hielt die arbeitsvertragliche Klausel schließlich unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen für unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich sei. Insbesondere bleibe der Arbeitnehmer über den Umfang seiner Beschäftigung und deren Zeitraum im Unklaren. So sei die Klausel nicht so zu verstehen, dass der Kläger 150 Stunden pro Monat zu arbeiten habe; vielmehr könne es auch so sein, dass der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg auf einen Monatsdurchschnitt von 150 Stunden kommen müsse. Im Klageweg könne er aber nur die Feststellung bis zur tarifvertraglich festgelegten Mindestarbeitszeit pro Monat erreichen.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, wie genau auf arbeitsvertragliche Formulierungen zu achten ist. Eine Klausel, die zu einer Arbeitsleistung von 150 Stunden pro Monat verpflichtet hätte, wäre (wohl) wirksam gewesen.

Befragung nach dem Gesundheitszustand der Bewerber um Beamtenstelle zulässig

Befragung nach dem Gesundheitszustand der Bewerber um Beamtenstelle zulässig

Rechtslage

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind diskriminierende Bewerbungsverfahren verboten. „Klassiker“ eines solchen Verfahrens sind unzulässige Frage nach Erkrankungen des Bewerbers im Vorstellungsgespräch. Im arbeitsrechtlichen Bereich gilt hier die Einzelfallrechtsprechung. Als Faustformel kann insoweit nur gelten, dass ein aus der Tätigkeit heraus bestehender sachlicher Grund (z. B. Umgang mit kranken Menschen) Nachfragen nach besonders akuten Krankheiten (z. B. Hepatitis C) rechtfertigt. Das Verwaltungsgericht Neustadt hatte nun im beamtenrechtlichen Bereich über die Zulässigkeit genereller Krankheitsfragen zu entscheiden.

Sachverhalt

Ein schwerbehinderter Bewerber wurde im Rahmen eines Bewerbungsgespräches zur Beamtenlaufbahn nach seinem Gesundheitszustand gefragt, nachdem er selber angegeben hatte, oft müde und ohne Elan zu sein. Nachdem er abgelehnt wurde, machte er Schadensersatz auf der Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes geltend, weil die Nachfrage nach seinem Gesundheitszustand eine Ablehnung aufgrund seiner Behinderung indiziere. Der Bewerber unterlag jedoch mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Richter urteilten, eine Benachteiligung ergebe sich nicht alleine aufgrund der Nachfrage nach dem Gesundheitszustand des Bewerbers. Die Frage sei im Beamtenverhältnis zulässig, weil die gesundheitliche Eignung des Bewerbers zwingend erforderlich sei. Zudem sei die Nachfrage des potentiellen Dienstherrn auch deshalb zulässig gewesen, weil der Kläger selber angegeben hatte, oft müde und ohne Elan zu sein.

Konsequenz

Die Entscheidung erscheint einleuchtend. Dennoch kann nicht von einer Übertragung der Grundsätze „eins zu eins“ im Rahmen eines normalen Arbeitsverhältnisses ausgegangen werden, weil die gesundheitliche Eignung im Beamtenrecht gesetzlich verankert ist, so dass insoweit eine gesetzliche Einschränkung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes besteht. Im normalen Bewerbungsverfahren bleiben Gesundheitsfragen insbesondere ohne konkreten Anlass jedoch problematisch.

 

Zur rückwirkenden Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung

Zur rückwirkenden Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung

Rechtslage

Eltern steht die Zahlung von Kindergeld zu, wenn die gesetzlichen Tatbestände (§ 32 EStG) vorliegen. Eine positive Kindergeldfestsetzung bildet die Rechtsgrundlage für die fortlaufende monatliche Zahlung des Kindergeldes. Haben sich die Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, geändert, so ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben oder zu ändern.

Sachverhalt

Aufgrund der Meldung der Kläger, dass ihre Tochter die Schulausbildung voraussichtlich im März 2007 abschließen werde, setzte die Familienkasse antragsgemäß Kindergeld bis März 2007 fest. Die Tochter vollendete im Oktober 2004 ihr 18. Lebensjahr und besuchte die Schule bis Januar 2005. Im März 2005 bewarb sich die Tochter für ein freiwilliges soziales Jahr. Gegenüber der Familienkasse gab der Kläger an, seine Tochter werde voraussichtlich ab Mai 2005 ein freiwilliges soziales Jahr ableisten. Auf Anfragen der Familienkasse teilte der Kläger im Juli 2005 mit, dass seine Tochter das freiwillige soziale Jahr nicht aufgenommen hatte. Im September 2005 wurde gemeldet, dass die Tochter weder Arbeit noch Ausbildungsplatz suchend ist. Daraufhin wurde die Kindergeldzahlung rückwirkend aufgehoben und das für die Monate Februar bis September 2005 bereits gezahlte Kindergeld zurückgefordert. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision der beklagten Familienkasse hob der Bundesfinanzhof das Urteil auf und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung durch die Familienkasse war zu Recht erfolgt. Aufgrund des abgebrochenen Schulbesuchs der Tochter im Januar 2005 stand dem Kläger ab Februar 2005 kein Kindergeld mehr zu; der rechtliche Grund für die Zahlung war weggefallen. Das überzahlte Kindergeld war vom Kläger ab August 2005 zurückzuzahlen, da die Familienkasse im Juli 2005 davon Kenntnis erlangte, dass die Tochter das freiwillige soziale Jahr nicht angetreten hatte.

Konsequenz

Die rückwirkende Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung ist auch dann rechtmäßig, wenn der Begünstigte seiner Mitwirkungspflicht regelmäßig zeitnah nachkommt und der Familienkasse alle veränderten Umstände mitteilt. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass die Familienkasse trotz Kenntnis des veränderten Sachverhalts weitere Kindergeldzahlungen vornimmt. Die bloße Weiterzahlung schließt eine spätere Rückforderung nicht aus.