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Steuerberater

Wer trägt Beweislast bei Ansprüchen gegen GmbH-Geschäftsführer?

Wer trägt Beweislast bei Ansprüchen gegen GmbH-Geschäftsführer?

Kernaussage
Mit der Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung macht sich der Geschäftsführer strafbar. Daneben führt der Verstoß bei Vorliegen aller objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen zu einem Schadensersatzanspruch gegenüber dem Geschäftsführer. Die Darlegungs- und Beweislast des Sozialversicherungsträgers erstreckt sich dabei auch auf den Vorsatz des Geschäftsführers. Den Geschäftsführer trifft lediglich eine sekundäre Darlegungslast, das bedeutet, er muss die Behauptungen des Sozialversicherungsträgers widerlegen oder ernsthaft in Frage stellen.

Sachverhalt
Der Beklagte war einer von 2 Geschäftsführern einer GmbH, über deren Vermögen im Juli 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, verlangt Schadensersatz wegen Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung von 4 Arbeitnehmern. Der Beklagte verteidigt sich damit, dass er in einer räumlich ausgelagerten Betriebsstätte gearbeitet habe, er mit Verwaltungs- oder Buchhaltungsaufgaben nicht befasst gewesen sei und er auch von der drohenden Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens nichts gewusst habe. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Urteile auf und verwies die Sache wegen unzureichender tatsächlicher Feststellungen zurück.

Entscheidung
Der BGH wies für das weitere Verfahren darauf hin, dass sich die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin auf den Vorsatz des Beklagten erstreckt. Fällt die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge in den Aufgabenbereich eines anderen Geschäftsführers oder sind Angestellte damit beauftragt, muss der Geschäftsführer im Rahmen der ihm verbleibenden Überwachungspflicht dann tätig werden, wenn er Anhaltspunkte für die Nichtabführung hat. Anlass für konkrete Überwachungsmaßnahmen geben insbesondere finanzielle Krisensituationen oder ungeordnete Verhältnisse der Gesellschaft. Werden Lieferantenrechnungen nicht pünktlich gezahlt und Materialien nur gegen Vorkasse geliefert, ist dies ein Indiz für eine finanzielle Krise. Der Geschäftsführer muss dann geeignete Maßnahmen treffen, um die Abführung der Beiträge sicherzustellen sowie die Einhaltung der Pflicht zu überwachen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt nochmals die Haftungsgefahren für Geschäftsführer einer GmbH in finanzieller Krise auf. Auch eine Geschäftsverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern schließt das Haftungsrisiko nicht aus, denn das besteht gleichermaßen für alle bestellten Geschäftsführer.

Geschäftsführer-Gehalt kann verdeckte Gewinnausschüttung sein, wenn Beirat darüber entscheidet

Geschäftsführer-Gehalt kann verdeckte Gewinnausschüttung sein, wenn Beirat darüber entscheidet

Kernaussage
Bezüge der Geschäftsführer einer GmbH können auch dann zu verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) führen, wenn die Ausgestaltung der Anstellungsverträge einem Beirat übertragen wurde.

Sachverhalt
Die klagende GmbH & Co. KG ist alleinige Gesellschafterin einer GmbH. Sämtliche Kommanditisten der Klägerin sind Kinder der 3 Geschäftsführer dieser GmbH. Nach der Satzung der GmbH obliegt es dem aus familien- und gesellschaftsfremden Personen besetzten Beirat, die Höhe der Geschäftsführervergütung festzulegen. Im Rahmen einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Schluss, dass den Geschäftsführern im Prüfungszeitraum weit über der Angemessenheitsgrenze liegende Gehälter gezahlt worden seien. Als noch angemessen gelte je Geschäftsführer das 2,6fache des durchschnittlichen Jahresgehalts der Prokuristen. Die übersteigenden Beträge seien als vGA an die Klägerin als Gesellschafterin, deren Kommanditisten die Kinder der Geschäftsführer der GmbH seien, zu behandeln und würden den steuerlichen Gewinn der Klägerin erhöhen. Nach dem erfolglosen Einspruch klagte die GmbH & Co. KG vor dem Finanzgericht (FG).

Entscheidung
Das FG wies die Klage ab, lies aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zu. Das FG bejahte eine vGA, denn die GmbH hat ihrem Gesellschafter, der Klägerin, außerhalb der gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zugewendet, der seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Die Geschäftsführervergütung war teilweise unangemessen hoch und hält einem Fremdvergleich nicht stand. Mangels Fremdgeschäftsführer war ein interner Fremdvergleich nicht möglich. Ein externer Fremdvergleich anhand einer Gehaltsstrukturuntersuchung kam zu einer zu hohen Vergütung. Trotz der Zwischenschaltung eines Beirats war die zu hohe Vergütung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Zunächst ist der Beirat, anders als der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, bei einer GmbH nicht gesetzlich vorgeschrieben und kann jederzeit durch die Gesellschafter abgeschafft, ausgetauscht oder in seinen Aufgaben beschränkt werden. Damit stellt der Beirat hier kein neutrales Gegengewicht zu den die GmbH gemeinsam beherrschenden Familienstämmen dar.

Konsequenz
Überhöhte GmbH-Geschäftsführervergütungen sind häufig ein Streitpunkt mit dem Finanzamt. Die Entscheidung verdeutlicht, dass durch die bloße Zwischenschaltung eines Beirats keine überhöhten Vergütungen durchgesetzt werden können.

Haftung eines Geschäftsführers bei Schwarzlohnzahlung

Haftung eines Geschäftsführers bei Schwarzlohnzahlung

Kernaussage
Wenn ein GmbH-Geschäftsführer Schwarzlöhne an die Arbeitnehmer der von ihm geführten GmbH auszahlt, um die entsprechenden Lohnsteuerbeträge dauerhaft zu entziehen, liegt eine vorsätzliche Steuerhinterziehung vor. Der Geschäftsführer kann dann für die Beträge als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden.

Sachverhalt
Der klagende GmbH-Geschäftsführer war einer von 2 Gesellschaftern und alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Im Zuge von Ermittlungen wegen des Verdachts der Lohnsteuerverkürzung stellte das Finanzamt fest, dass die GmbH in den Jahren 2005 und 2006 auf ihren Baustellen eine unbekannte Anzahl von Personen beschäftigte, ohne Sozialversicherung und Lohnsteuer abzuführen. Daraufhin schätzte das Finanzamt die Lohnsteuerbeträge und erließ gegen die GmbH als Arbeitgeberin einen Haftungsbescheid. Später nahm das Finanzamt den GmbH-Geschäftsführer wegen eines Betrags von 71.944 EUR in Haftung. Hiergegen klagt der GmbH-Geschäftsführer vor dem Finanzgericht (FG).

Entscheidung
Das FG wie die Klage ab. Der klagende GmbH-Geschäftsführer wurde zu Recht für die Schulden der GmbH in Anspruch genommen. Der GmbH-Geschäftsführer haftet als gesetzlicher Vertreter, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung seiner Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden. Außerdem kann der GmbH-Geschäftsführer als Steuerhinterzieher in Haftung genommen werden, wenn er durch unrichtige, unvollständige oder unterlassene Angaben in abzugebenden Steueranmeldungen oder -erklärungen für die von ihm vertretene GmbH nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Eine vorsätzliche haftungsbegründende Steuerhinterziehung liegt stets vor, wenn der Geschäftsführer, wie vorliegend, Schwarzlöhne an die Arbeitnehmer der von ihm geführten GmbH auszahlt, um die entsprechenden Lohnsteuerbeträge dauerhaft zu entziehen. In Folge der berechtigen Inanspruchnahme des Geschäftsführers können die hinterzogenen Beträge geschätzt werden. Die Inanspruchnahme ist nicht ermessensfehlerhaft. Zwar kommen als Lohnsteuerschuldner auch die Arbeitnehmer in Frage. Jedoch bestand eine große Zahl von betroffenen Arbeitnehmern und teilweise waren die Namen nicht bekannt. Hinzu kam, dass das Ermessen hier vorgeprägt war, da der Geschäftsführer auch selbst seine Pflichten vorsätzlich verletzte und nicht nur aufgrund seiner Vertretereigenschaft in Anspruch genommen wurde.

Konsequenz
Für den GmbH-Geschäftsführer ist es extrem riskant, seinen steuerlichen Pflichten nicht nachzukommen.

Gemeinkosten bei der Rückstellungsbildung?

Gemeinkosten bei der Rückstellungsbildung?

Kernaussage
Bei der Bewertung einer Rückstellung für die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten können Finanzierungskosten für Aufbewahrungsräume auch dann berücksichtigt werden, wenn sie wegen eines Finanzierungspools nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend der Quote an den Gemeinkosten zugerechnet werden können.

Sachverhalt
Die klägerische Sparkasse bestritt alle Einnahmen und Ausgaben über einen sogenannten Finanzierungspool und konnte daher bestimmte Gemeinkosten nicht einem Aufwandsposten unmittelbar zuordnen. Daher berücksichtigte sie bei der Bewertung einer Rückstellung für die Aufbewahrungspflichten einen Teil des gesamten Zinsaufwandes als Finanzierungskosten für Aufbewahrungsräume. Das beklagte Finanzamt lehnte diese aufwandswirksame Berücksichtigung der Gemeinkosten ab. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen den durch die Poolfinanzierung bedingten Zinsaufwendungen und die durch die Rückstellung abgebildete Verpflichtung zur Aufbewahrung von Unterlagen sei nicht gegeben. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das erstinstanzliche Urteil auf. Er führte aus, die Beschränkung bei der Bewertung von Rückstellungen auf einen angemessenen Anteil der notwendigen Gemeinkosten verbiete eine Berücksichtigung der anteiligen Zinsen nicht. Es entspreche gängiger betriebswirtschaftlicher Sicht, die Gemeinkosten eines Unternehmens quotal der jeweiligen Ausgabe zuzurechnen. Insoweit sei eine Berücksichtigung für handelsbilanzielle Zwecke sogar geboten. Auch die steuerrechtliche Beschränkung auf „notwendige“ Gemeinkosten vermöge hieran nichts zu ändern. Aus dem Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit könne keine Einschränkung, die über die ohnehin erforderliche Angemessenheit hinausgehe, entnommen werden. Hierdurch solle lediglich das Erfordernis eines Finanzierungszusammenhanges geregelt werden. Damit garantiere das Merkmal der Notwendigkeit eine willkürfreie und unter kaufmännischen Gesichtspunkten vernünftige Zuordnung der Gemeinkosten zu den einzelnen Ausgaben.

Konsequenz
Auch bei Poolfinanzierungsmodellen können die Gemeinkosten quotal bei der Rückstellungsbildung für künftige Sachverpflichtungen berücksichtigt werden.

Wann ist Heilmittelwerbung zulässig?

Wann ist Heilmittelwerbung zulässig?

Kernaussage
Eine Bezugnahme auf Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Rechtsstreit als Beweis für gesundheitliche Aussagen vorgelegt werden, ist dann nicht irreführend, wenn diese nach anerkannten Regeln wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden.

Sachverhalt
Die Parteien vertreiben Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus, die auf unterschiedlichen Wirkstoffen beruhen. Die Beklagte warb mit der Aussage, dass der von ihr verwendete Wirkstoff zu einer geringeren Gewichtszunahme führe. Diese Aussage wurde gestützt auf eine Studie in Form einer Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen (Metaanalyse). Die Klägerin meint, die Webeaussage sei irreführend und wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. Sie wendet sich zum einen gegen die Werbeaussage unter Bezugnahme auf die Studie und zum anderen gegen die Werbeaussage ohne Bezugnahme darauf. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.

Entscheidung
Der BGH gab der Klägerin Recht, soweit die Werbeaussage unter Bezugnahme auf die Studie erfolgt. Insofern kommt eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen den Grundsatz der „Zitatwahrheit“ in Betracht. Studienergebnisse, die als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, sind nur dann aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Ob die als Metaanalyse erstellte Studie die Werbeaussage tragen kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls muss hinreichend deutlich in der Werbeaussage auf die Besonderheit der Art, Durchführung und Auswertung sowie eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft dieser Studie hingewiesen werden. Ohne Studien-Hinweis darf die Beklagte jedoch mit der geringeren Gewichtszunahme werben, da der Effekt von den Zulassungsbehörden überprüft und bestätigt wurde. Eine Irreführung liegt nur dann vor, wenn die Klägerin beweist, dass neuere wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die diese Beurteilung nicht mehr tragen.

Konsequenz
Um die Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung zu vermeiden, sollte in Werbeaussagen die Wirkungsweise mit angebotenen Waren nur dann in Verbindung gebracht werden, wenn diese wissenschaftlich belegt sind.

Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts

Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts

Kernaussage
Das „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts“ soll den steuerbegünstigten Körperschaften und den ehrenamtlich Tätigen die Arbeit erleichtern. Hierzu sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen entbürokratisiert und flexibilisiert werden.

Ausgewählte Neuregelungen
– Vereinfachung des Nachweises der Hilfsbedürftigkeit für mildtätige Körperschaften. – Verlängerung der Frist zur zeitnahen Mittelverwendung auf 2 Jahre. – Zusammenfassung der Voraussetzungen zur Rücklagenbildung in einem einzigen Paragrafen. – Schaffung der Möglichkeit, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft eine andere steuerbegünstigten Körperschaft mit zusätzlichem oder erstmalig mit Vermögen ausstattet. – Einführung eines neues Verwaltungsverfahrens zur Prüfung der Satzungen. – Anhebung der Umsatzgrenze bei Sportveranstaltungen auf 45.000 EUR. – Anhebung der Übungsleiterpauschale von 2.100 EUR auf 2.400 EUR pro Jahr; selbiger Betrag gilt für Vormünder, Betreuer und Pfleger. – Anhebung der Ehrenamtspauschale von 500 EUR auf 720 EUR. – Begrenzung der Haftung von Organmitgliedern, besonderen Vertretern, aber auch von Vereinsmitgliedern. – Aufnahme von Regelungen zur Verbrauchsstiftung im BGB. – Gemeinnützige GmbH’s dürfen Abkürzung „gGmbH“ verwenden.

Konsequenzen
Die Neuregelungen sind grundsätzlich zu begrüßen. Zu beachten ist, dass einige davon rückwirkend zum 1.1.2013 in Kraft treten. Manche treten am Tag nach der Verkündigung des Gesetzes, manche ab dem 1.1.2014 und eine erst ab dem 1.1.2015 in Kraft.

Arbeitslohn bei Betriebsveranstaltungen: 110 Euro-Grenze bleibt (noch)

Arbeitslohn bei Betriebsveranstaltungen: 110 Euro-Grenze bleibt (noch)

Kernproblem
Vom Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer gewährte Bezüge und Vorteile können Arbeitslohn darstellen, wenn sie für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft gewährt werden. Arbeitslohn liegt jedoch nicht vor, wenn die Bereicherung des Arbeitnehmers im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgt. Dies kann auch bei Leistungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen der Fall sein, denn hiermit ist zumeist die Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und damit des Betriebsklimas beabsichtigt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner bisherigen Rechtsprechung in typisierender Gesetzesauslegung eine Freigrenze geschaffen, bei deren Überschreitung Arbeitslohn als steuerpflichtig zu qualifizieren ist. Die zurzeit geltende Freigrenze beträgt seit dem Jahr 2002 unverändert 110 EUR je Veranstaltung und hat sich im Prinzip ab dem Jahr 1993 (200 DM) nicht verändert. Das war Streitpunkt vor dem BFH.

Sachverhalt
Eine Rechtsanwaltsgesellschaft führte jährlich ein Sommerfest und in der Adventszeit eine Weihnachtsfeier für ihre Mitarbeiter durch. Für das im Jahr 2007 stattgefundene Sommerfest mietete sie entsprechende Räumlichkeiten, organisierte Speisen, Getränke und Live-Musik sowie die An- und Abreise der Teilnehmer. Die Kosten beliefen sich auf durchschnittlich 175 EUR je Teilnehmer. Für den auf die Arbeitnehmer entfallenden Anteil erließ das Finanzamt einen Lohnsteuerbescheid. Hiergegen klagten die Rechtsanwälte erfolglos vor dem Finanzgericht und forderten den BFH im Revisionsverfahren auf, die Freigrenze an die Preisentwicklung anzupassen.

Entscheidung
Der BFH sah die Anpassung der Freigrenze an die Geldentwertung nicht als seine Aufgabe an und hielt zumindest noch für das Jahr 2007 an der Freigrenze von 110 EUR fest. In seiner Urteilsbegründung fordert der BFH jedoch die Finanzverwaltung praktisch dazu auf, „alsbald“ den Höchstbetrag auf der Grundlage von Erfahrungswissen neu zu bemessen. Im Übrigen behalte er sich vor, seine bisherige Rechtsprechung zur Bestimmung einer Freigrenze als Ausfluss typisierender Gesetzesauslegung zu überprüfen. Der BFH hat dem Streitfall trotz des Festhaltens an der Freigrenze an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das soll jetzt sicherstellen, dass nur untrennbare Teile der Veranstaltung berücksichtigt werden, und nicht z. B. Kosten der Buchhaltung oder eines Event-Managers, weil der Arbeitnehmer insoweit nicht bereichert ist. Zudem sind direkt zuzurechnende Zuwendungen (z. B. Taxi bei An- und Abreise) nur einzelnen Arbeitnehmern zuzuordnen.

Konsequenz
Unabhängig von der Höhe der Freigrenze sollten die Hinweise des BFH zur Ermittlung der unmittelbaren Kosten beachtet werden. Auch die direkte Zuordnung einzelner Kosten, je nach Sachverhalt und Gesellschaftsform auch an den Unternehmer/Mitunternehmer persönlich, kann dazu beitragen, die Freigrenze zu unterschreiten. Die Mühe lohnt sich, denn sonst ist auch der Vorsteuerabzug dahin.

Zufluss und Bewertung bei Verwertung von Aktienoptionen

Zufluss und Bewertung bei Verwertung von Aktienoptionen

Kernaussage
Die Gewährung von Aktienoptionen an den Arbeitnehmer führt noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss erfolgt erst in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer das gewährte Optionsrecht verwertet. Die Art der Verwertung ist hierbei unerheblich.

Sachverhalt
Dem Kläger waren von seiner Arbeitgeberin Aktienoptionen gewährt worden. Kurz darauf verkaufte er diese Optionsrechte unter Wert an eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er war. Diese GmbH übte 2 Jahre später das Optionsrecht aus und erhielt die versprochenen Aktien. Im Rahmen einer Betriebsprüfung der Arbeitgeberin des Klägers fiel der Vorgang auf. Das beklagte Finanzamt änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid des Klägers für den Veranlagungszeitraum, in dem die GmbH die Option ausgeübt und die Aktien erhalten hatte. Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das finanzgerichtliche Urteil auf und gab der Klage statt. Zu Recht sei das Finanzgericht zwar davon ausgegangen, dass die Gewährung des Optionsrechts durch den Arbeitgeber noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führe. Demgegenüber führe allerdings jegliche Verwertung dieses Optionsrechts zum Zufluss von Arbeitslohn. Eine solche Verwertung sei insbesondere der Verkauf der Option an einen anderen Rechtsträger. Hierbei sei auch nicht erheblich, ob der Verkauf möglicherweise unter Wert erfolgte. Denn auch die damit verwirklichte verdeckte Einlage stelle einen Veräußerungsvorgang dar und führe als Verwertung des Optionsrechts zum Zufluss. Zugrunde zu legen sei im konkreten Fall also der Marktwert der Aktien im Zeitpunkt des Verkaufs an die GmbH des Klägers. Jedenfalls aber sei im streitgegenständlichen Jahr kein Zufluss beim Kläger festzustellen. Eine Besteuerung sei daher nicht möglich.

Konsequenz
Die Einräumung von Optionsrechten führt noch nicht zu einem steuerpflichtigen Zufluss, wohl aber deren Verwertung. Erfolgt die Verwertung durch Ausübung des Optionsrechts, liegt im Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien im Depot ein Zufluss in Höhe des Marktwerts vor. Werden die Optionsrechte verkauft, so sind die Höhe des Kaufpreises sowie der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung maßgebend. Werden die Optionsrechte aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung (verdeckt) eingelegt, so liegt auch insoweit ein Verwertungsvorgang vor, der im Zeitpunkt der Einlage zu einem Zufluss in Höhe des Marktwerts führt.

Entfernungspauschale bei Dreiecksfahrten

Entfernungspauschale bei Dreiecksfahrten

Kernproblem
Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindert sich die Einkommensteuer um die Entfernungspauschale. Die Pauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer ist unabhängig vom tatsächlich genutzten Verkehrsmittel abzugsfähig. Ob die Strecke mit eigenem oder fremdem Pkw, öffentlichen Verkehrsmitteln, Moped, Fahrrad oder gar zu Fuß zurückgelegt wurde, ist irrelevant. Das gilt selbst für Tage, an denen z. B. wegen Nutzung einer Fahrgemeinschaft keine Kosten entstanden sind. Was für den einen von Vorteil ist, kann sich jedoch für den anderen als nachteilig erweisen. Aus Gleichheitsgrundsätzen gilt die Entfernungspauschale auch für Selbstständige. Haben diese einen Pkw im Betriebsvermögen, ergeben sich bei Ermittlung der tatsächlichen Kosten mit Abschreibungen, Reparaturen usw. zumeist wesentlich höhere Beträge, als die vom Gesetz gewährten 15 Cent je tatsächlich gefahrenem Kilometer zur Betriebsstätte und zurück. Der Abzug der tatsächlichen Kosten gilt dagegen für Reisekosten. Von daher ist entscheidend, wie so genannte „Dreiecksfahrten“ steuerlich behandelt werden.

Sachverhalt
Ein selbstständiger Steuerberater behandelte seine Dreiecksfahrten (entweder Wohnung-Mandant-Büro-Wohnung oder Wohnung-Büro-Mandant-Wohnung) komplett als betriebliche Fahrten mit vollem Kostenabzug. Das Finanzamt wollte das nur für die Teilstrecken akzeptieren, die unmittelbar beim Mandanten begannen oder endeten. Für die jeweils unmittelbare Fahrt zwischen Wohnung und Betrieb setzte es die hälftige Entfernungspauschale von 15 Cent an. Hiergegen klagte der Steuerberater auf Ansatz der tatsächlichen Kosten vor dem Finanzgericht Münster.

Entscheidung
Der Steuerberater konnte einen Teilerfolg erringen, denn das Gericht gewährte ihm zumindest die komplette Entfernungspauschale von 30 Cent. Einen darüber hinaus gehenden Abzug lehnte es ab, weil der vorherige oder nachgelagerte Mandantenbesuch die Eigenschaft der Fahrtstrecke als solche zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht automatisch aufhebe. Die typisierende Regelung gelte auch dann, wenn der gesetzgeberische Zweck zur Minderung der Wegekosten im Einzelfall nicht erreichbar sei. Wegen der pauschalierenden Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale sah das Finanzgericht allerdings auch keinen Raum für eine Halbierung, selbst wenn für einen der beiden Wege bereits ein voller Betriebsausgabenabzug gewährt wurde.

Konsequenz
Dass die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig geworden ist, wird zumindest das Renommee des klagenden Steuerberaters erhöhen. Materiell geht der Ansatz der kompletten Entfernungspauschale bereits weiter, als dies die Verwaltungsanweisungen im Lohnsteuerrecht vorsehen. Sollte die Entscheidung weiterhin Bestand haben, müsste sich das auch für Arbeitnehmer positiv auswirken.

Wann ist der Beitritt des Aufsichtsrats-Mitglieds bei Rechtsstreiten der AG zulässig?

Wann ist der Beitritt des Aufsichtsrats-Mitglieds bei Rechtsstreiten der AG zulässig?

Kernaussage
Eine Aktiengesellschaft (AG) wird im Rechtsstreit mit ihren Vorständen – auch künftige oder ausgeschiedene – durch den Aufsichtsrat vertreten. Die Vertretungsmacht steht dabei dem Gesamtaufsichtsrat als Organ zu. Ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied ist daher als eine „andere Person“ zu werten und kann zulässigerweise dem Rechtsstreit auf Seiten der AG beitreten, wenn hieran ein rechtliches Interesse besteht (sog. Nebenintervention).

Sachverhalt
Die Beklagte ist eine AG, an der 2 zerstrittene Familienstämme über eine Holding beteiligt sind. Die Kläger wurden wirksam zu Mitgliedern des Vorstandes berufen und wenden sich mit der Klage gegen einen Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrates. Dieser stimmte mit 3:3 Stimmen ab. Gemäß der Satzung der beklagten AG führt Stimmgleichheit zur Ablehnung des Beschlussantrags. Der Aufsichtsratsvorsitzende entschied, dass die Stimmen gegen die Abberufung missbräuchlich ausgeübt wurden und damit nicht zu berücksichtigen seien. Infolge dessen waren die Vorstände mit 3:0 Stimmen abberufen. Das Landgericht gab den Klägern Recht. Die Berufung wurde als unzulässig verworfen, weil der Prozessbevollmächtigte der AG nur durch den Aufsichtsratsvorsitzenden bevollmächtigt wurde. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der AG, der ein Mitglied des Aufsichtsrats als Nebenintervenient beigetreten ist. Die Kläger haben beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) ließ den Beitritt zu. Die Nebenintervention setzt einen zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit voraus. Der Streit, ob der gesetzliche Vertreter einer Partei im Verhältnis zu dieser eine andere Person im Rechtssinne ist, brauchte vorliegend nicht entschieden zu werden, denn das einzelne Aufsichtsratsmitglied ist nicht gesetzlicher Vertreter, sondern der Aufsichtsrat als Organ. Der Vorgang einheitlicher Willensbildung kann durch das einzelne Mitglied nicht ersetzt werden. Das rechtliche Interesse am Beitritt folgt aus der Verantwortung des Aufsichtsrats für die von ihm gefassten Beschlüsse.

Konsequenz
Bei der Prozessvertretung einer AG ist tunlichst auf die ordnungsgemäße Vertretungsbefugnis zu achten. Anderenfalls ist die Klage mangels Prozessfähigkeit bzw. ordnungsgemäßer Klageerhebung bereits als unzulässig abzuweisen.