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Steuerberater

Güterichter beim Finanzgericht Münster

Das Präsidium des Finanzgerichts Münster hat Prof. Dr. Alfons Brune, Vorsitzender Richter am Finanzgericht, und Dr. Sabine Haunhorst, Richterin am Finanzgericht, zu Güterichtern bestellt. Beide nehmen künftig neben ihrer originären richterlichen Tätigkeit auch die Aufgaben eines Güterichters wahr.

Das Finanzgericht Münster hat damit von der durch das Mediationsgesetz vom 25. Juli 2012 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und sein Angebot im Bereich der einvernehmlichen Streitbeilegung erweitert. Neben dem von den Verfahrensbeteiligten seit vielen Jahren geschätzten Erörterungstermin steht nunmehr für konfliktbehaftete Streitfälle zwischen Steuerpflichtigem und Finanzbehörde auch ein Güteverfahren zur Verfügung. Beantragen die Verfahrensbeteiligten ein entsprechendes Güteverfahren, so kann das Gericht sie für die Güteverhandlung sowie weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter – den Güterichter – verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen, wie es im Gesetz heißt (§ 278 Abs. 5 ZPO, § 155 FGO).

Die Güteverhandlung ersetzt jedoch keinesfalls den im finanzgerichtlichen Verfahren – insbesondere von den Richtern des Finanzgerichts Münster – seit vielen Jahren sehr erfolgreich praktizierten Erörterungstermin, in dem der für den Rechtsstreit zuständige Richter mit den Verfahrensbeteiligten die Sach- und Rechtslage diskutiert und dabei auch die Möglichkeiten einer einvernehmlichen Streitbeilegung prüft (siehe Pressemitteilung Nr. 3 vom 9. Februar 2011).

Die Güteverhandlung ist vielmehr ein ergänzendes Angebot für “spezielle Fälle”. Gemeint sind damit Streitfälle, in denen besondere Konflikte zwischen den Beteiligten bestehen, die über das eigentliche Rechtsproblem hinausgehen. Ist z.B. in “emotionsgeladenen” und “festgefahren” wirkenden Rechtsstreitigkeiten neben steuerlicher Fachkompetenz auch der Einsatz besonderer Konfliktlösungsmethoden “gefragt”, kann der Güterichter eingeschaltet werden. Dieser versucht dann eine Versachlichung des Rechtsstreites zu erreichen und mit den Beteiligten eine einvernehmliche, interessen- und sachgerechte Streitlösung zu finden, so dass der Rechtsfrieden wieder hergestellt wird.

Finanzgericht Münster

Neuer Richter beim Bundesfinanzhof

Der Richter am Finanzgericht Dr. Gregor Nöcker ist am 9. August 2012 vom Bundespräsidenten zum Richter am Bundesfinanzhof ernannt worden und hat am 10. August 2012 seinen Dienst im Bundesfinanzhof (BFH) angetreten.

Dr. Nöcker absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann und war mehrere Jahre in einer Bank tätig. Von 1990 bis 1994 studierte er Rechtswissenschaften und parallel dazu auch Betriebswirtschaft. Das Studium der Betriebswirtschaft schloss Dr. Nöcker 1998 als „Diplom-Kaufmann“ an der Fernuniversität in Hagen ab. Ein Jahr später wurde er zum Dr. jur. promoviert. Von 1997 bis zum Eintritt in die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung am 3. Juli 2000 war er in einer größeren Anwaltssozietät als Rechtsanwalt und ab Januar 2000 nach bestandener Steuerberaterprüfung auch als Steuerberater tätig. In der Finanzverwaltung war er als Sachgebietsleiter in einem Finanzamt eingesetzt. Im August 2002 wechselte Dr. Nöcker als Richter an das Finanzgericht Münster, dem er bis zu seiner Ernennung zum Richter am Bundesfinanzhof angehörte.

Das Präsidium hat Dr. Nöcker dem vornehmlich für die Besteuerung von Einzelgewerbetreibenden und die Rentenbesteuerung zuständigen X. Senat zugewiesen.

Bundesfinanzhof (BFH)

FG Rheinland-Pfalz: Aufwendungen eines Arztes für ein Theologiestudium nicht als Fortbildungskosten

“Mit Urteil zur Einkommensteuer 2007 vom 20. Juni 2012 (Az.: 3 K 1240/10) hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz zu der Frage Stellung genommen, ob die Aufwendungen für ein Theologiestudium als Fortbildungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit als Arzt zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist in einer Gemeinschaftspraxis als Facharzt für Nuklearmedizin tätig. In seiner Einkommensteuererklärung für 2007 machte er bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in einem med. Versorgungszentrum Aufwendungen für ein Theologiestudium in Höhe von rd. 1.600.-€ als Werbungskosten (WK) geltend. Er erläuterte hierzu, im Rahmen der Patientenbetreuung solle Seelsorge angeboten werden, deswegen habe er das Studium begonnen. Ein Studium mit seelsorgerischer Ausbildung sei bei der Behandlung von zum Teil Schwerstkranken, die mit teilweise dramatisch lebensverändernden Maßnahmen verbunden sei, von Vorteil. Bei vielen Patienten bestehe eine erhöhte Suizidgefahr. Grundlagen für eine adäquate seelsorgerisch/psychologische Betreuung vermittle das Medizinstudium nicht. Im Vergleich mit ärztlichen Wettbewerbern könnten Patienten angemessener betreut werden, was einen Wettbewerbsvorteil darstelle.
Nachdem das Finanzamt (FA) den begehrten Abzug als WK u.a. mit dem Hinweis darauf, dass die Aufwendungen auch eine private Mitveranlassung hätten, abgelehnt hatte, wandte sich der Kläger mit seiner Klage an das Gericht.
Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg.

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, Aufwendungen für eine solche Bildungsmaßnahme seien als WK abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit bestehe. Ob die Bildungsaufwendungen aus beruflichem Anlass getätigt würden oder ob es sich um privat veranlasste Aufwendungen handele, sei anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Im Streitfall habe der Kläger das Theologiestudium nicht begonnen, um einen theologischen Abschluss anzustreben, sondern um seine Kommunikationsfähigkeit beim Umgang mit Patienten in lebensbedrohenden Situationen zu verbessern.
Nach der Beschreibung des Grundaufbaus des Studiums sei – bei den sehr umfangreichen Fachgebieten – für das Gericht jedoch nicht ersichtlich, dass der Aspekt der seelsorgerisch/psychologischen Betreuung überhaupt eine ausschlaggebende Rolle spiele. Die Kompetenzen, die der Kläger mit dem Theologiestudium erlangen möchte, würden in diesem Studium nur am Rande berührt. Die Aspekte, bei denen der Kläger einen Fortbildungsbedarf für seine Berufsausübung sehe, seien bei einem Theologiestudium nur von ganz untergeordneter Bedeutung und die Interessen der übrigen Studierenden seien vollkommen andere, als die des Klägers. An einem objektiv feststellbaren, hinreichend konkreten Zusammenhang der Aufwendungen zu der ärztlichen Tätigkeit des Klägers fehle es demnach im Streitjahr.

In späteren Veranlagungszeiträumen sei allerdings eine Berücksichtigung von WK denkbar, wenn die Inhalte der besuchten Veranstaltungen, bzw. Vorlesungen einen konkreten Bezug zu der ärztlichen Tätigkeit des Klägers aufwiesen und sich somit auf die seelsorgerischen und kommunikativen Aspekte beziehen würden, die der Kläger in seiner Tätigkeit als Nuklearmediziner im Umgang mit Patienten nutzen wolle.

Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig geworden.”

FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 20.06.2012 – 3 K 1240/10

Pressemeldung des Gerichts: Finanzgericht Rheinland-Pfalz

 

Aufwendungen für Theologiestudium eines Arztes als Werbungskosten?

 Leitsatz

Ein Facharzt für Nuklearmedizin kann Aufwendungen für ein Theologiestudium auch dann nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit geltend machen, wenn er suizidgefährdete Patienten zu behandeln hat, das Studium jedoch keine dafür qualifizierende Inhalte vermittelt.

 Gesetze

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist rechtskräftig

 Tatbestand

Strittig ist, ob die Aufwendungen für ein Theologiestudium als Fortbildungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit als Arzt zu berücksichtigen sind.

Der im Jahr 1961 geborene Kläger ist Arzt und in einer Gemeinschaftspraxis als Facharzt für Nuklearmedizin tätig. In seiner Einkommensteuererklärung 2007 machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in einem medizinischen Versorgungszentrum Aufwendungen für ein Theologie-Studium in Höhe von 1.621 € als Werbungskosten geltend. Der Kläger erläutert hierzu, im Rahmen der Patientenbetreuung solle Seelsorge angeboten werden und aus diesem Grund habe der Kläger ein Theologie-Studium begonnen (Blatt 60 der Einkommensteuerakte). Im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 26. Februar 2009 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten nicht, da die Steuerberaterin des Klägers in einem Telefongespräch angegeben habe, die Aufwendungen sollten als Sonderausgaben angesetzt werden, um den Nachweis für die Berücksichtigung als Werbungskosten nicht erbringen zu müssen. Ein Sonderausgabenabzug komme für die Aufwendungen allerdings nicht Betracht, da es sich um kein Erststudium handele.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren legte der Kläger eine Bescheinigung seines Arbeitgebers, der „B GmbH – Institut für Medizinische Diagnostik” vom 12. Mai 2009 vor, bei der der Kläger Leiter des MVZ in der Betriebsstätte M ist. Ein Studium der Theologie, insbesondere eine seelsorgerische Ausbildung, sei bei der Behandlung von zum Teil Schwerstkranken von Vorteil. Dem Großteil der Patienten stünden große Operationen bevor oder es handle sich um Karzinompatienten (Blatt 83 der Einkommensteuerakte). Nach telefonischen Erkundigungen des Beklagten handelte es sich beim Kläger nicht um den alleinigen Leiter der Betriebsstätte in M, sondern die Leitung erfolgte zusammen mit zwei anderen Nuklearmedizinern (Blatt 84 der Einkommensteuerakte). Nach einem Schreiben der MVZ vom 8. Juni 2009, unterschrieben vom Kläger selbst, werden in dem Zentrum Patienten aus dem gesamten Spektrum der klinischen Nuklearmedizin betreut. Es handle sich sowohl um gutartige als auch um bösartige Erkrankungen. Auch bei den gutartigen Erkrankungen lägen häufig schwere Erkrankungen vor, die Operationen oder sofortige stationäre Behandlungen erforderlich machten und teilweise mit dramatischen lebensverändernden Maßnahmen verbunden seien. Die Patienten befänden sich häufig in einer akuten Notsituation, in der diese besonders intensiv seelsorgerisch/psychologisch betreut werden müssten. Nicht zuletzt bestünde bei vielen der Patienten bei Feststellung einer bösartigen Erkrankung eine hohe Suizidgefahr. Die Grundlagen für eine adäquate seelsorgerisch/psychologische Betreuung und Intervention vermittele das Medizinstudium nicht. Die gesonderte Ausbildung bedeute, dass solche Patienten im MVZ verglichen mit Wettbewerbern angemessener betreut werden könnten, was einen Wettbewerbsvorteil mit entsprechenden finanziellen Auswirkungen darstelle (Blatt 85 der Einkommensteuerakte).

Mit Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2010 wies der Beklagte den Einspruch zurück, da zwar eine teilweise berufliche Veranlassung der Aufwendungen angenommen werden könne, die Aufwendungen aber ohne Zweifel in Anbetracht der Vorbildung und des Alters des Klägers auch private Mitveranlassung hätten. Der Kläger habe auch keinen beruflich veranlassten Teil der Aufwendungen nachgewiesen, der eine objektive Aufteilung der Aufwendungen ermögliche. Die Aufwendungen seien daher nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Der Kläger trägt vor, entgegen der Auffassung des Beklagten könnten die Kosten für ein theologisches Zweitstudium, welches unter anderem auch seelsorgerische Fähigkeiten vermittle, nicht generell mit der Berufung auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG von einem Werbungskostenabzug ausgeschlossen werden mit der Begründung, dass unter Umständen private -religiöse- Interessen oder Motive persönlicher Selbsterkenntnis bei der Wahl des Studienfaches eine Rolle gespielt haben könnten. Die Inhalte eines Theologie-Studiums ergäben sich aus der Internet-Seite des Studienführers Katholische Theologie – http://www.studienfuehrer-theologie.de/html/xxx.html -. Alle Inhalte des Theologie-Studiums, welche die Seelsorge, mögliche Inhalte von Seelsorge und die Kommunikationsfähigkeit betreffen, gehörten unmittelbar zur ärztlichen Kompetenz. Sie seien objektiv durch den ärztlichen Beruf veranlasst und zur Förderung seiner beruflichen Tätigkeit bestimmt. Als Beispiel sei die Vorlesung mit dem Thema „Daseinsrisiken-Krankheit-Ärztliche Seelsorgerische Verantwortung” angeführt, bei der er selbst die Gelegenheit gehabt habe, einen Vortrag über seine Praxistätigkeit zu halten (Blatt 65ff in der Prozessakte). Wie in allen anderen Studiengängen bestünde das Studium der Theologie auch in der Vermittlung von Basiswissen und Spezialwissen. Man könne nicht einfach sofort in Seelsorge und Pastoral-Vorlesungen „einsteigen”, ohne über das für das Verständnis erforderliche Basiswissen zu verfügen. Die Studienordnung schreibe aus diesem Grund entsprechende Ausbildungsinhalte vor, die entsprechende Basisfächer enthielten, auf denen dann die Spezialgebiete aufbauten. Im Theologie-Studium nehme die Vermittlung von Fertigkeiten der existenziellen Kommunikation und der Seelsorge eine wichtige Stellung ein. Diese seien aber fachlich notwendig eingerahmt von den angrenzenden Wissensgebieten. Die Inhalte des Studiums, welche die sensible Gesprächsführung, die Kommunikation in existenziellen Krisen und die Seelsorge betreffen, seien heute integraler Bestandteil des Arztberufes. Ihre Vernachlässigung verringere die Qualität der ärztlichen Behandlung und Beratung und schmälere die beruflichen Erfolgsaussichten auf dem Arbeitsmarkt. Der seelsorgerische Aspekt bei der Betreuung von Schwerstkranken und Sterbenden sei in der ärztlichen Ausbildung in der Vergangenheit vernachlässigt worden. Die seelsorgerische Betreuung von Patienten sei in der Vergangenheit ausschließlich durch kirchliche Personen, insbesondere Krankenhausseelsorger erfolgt. Durch den Wandel der Gesellschaft im Zuge fortschreitender Säkularisierung und der Abwendung vieler Menschen von den Kirchen sowie dem zunehmenden Mangel an Seelsorgern, insbesondere durch drastische Rückgänge der Priester, ergebe sich eine Unterversorgung von bedürftigen Patienten hinsichtlich eines seelsorgerischen Beistandes und entsprechender Führung. Hinzu komme eine Verlagerung der Patienten aus dem Krankenhaus in den ambulanten Sektor, so dass sich nunmehr hier ein entsprechender seelsorgerischer Betreuungsbedarf ergebe. Gerade im Fachgebiet Nuklearmedizin ergäben sich häufig Situationen, in denen Patienten mit der Diagnose einer bösartigen Erkrankung konfrontiert seien, die einen lebensverändernden Einfluss habe und die dann unmittelbar versorgt und betreut werden müssten. Hierzu bestünde leider nur für Privatpatienten eine einschlägige Abrechnungsziffer. Der steigende Bedarf für seelsorgerisch-kommunikative Kompetenzen im Arztberuf sei inzwischen auch durch eine Veränderung des Berufsbildes und der Ausbildungskonzepte belegbar. In führenden Fachmedien sei zu lesen, dass der gegenwärtige Wandel der Medizin-Didaktik einem veränderten Arztbild der Zukunft Rechnung trage. In der medizinischen Aus- und Fortbildung müssten vor allem Schlüsselqualifikationen vermittelt werden, die eine flexible Anpassung an veränderte Anforderungsprofile erlaubten. Dazu gehörten vor allem Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeiten, aber auch Fähigkeiten des Lernens selbst, die im kollegialen Austausch ebenso wie in der alltäglichen Praxis der Patientenversorgung vielfältig unter Beweis zu stellen seien (Literaturnachweise in der Klagebegründung vom 30. April 2010, Blatt 42 der Prozessakte). Die Steigerung der kommunikativen Kompetenz sei inzwischen auch Gegenstand fachärztlicher Fortbildung. Patientenkommunikation sei als professionelle ärztliche Kompetenz zu begreifen. Es sei offensichtlich, dass die rein fachärztliche Kompetenz und Tätigkeit nicht von einer allgemein seelsorgerisch/psychologischen Kompetenz zu trennen sei. Diese gehörten eng zusammen. Mittlerweile werde auch auf Fachseminaren und in der Universitätsausbildung ein breiter Katalog an Themen im Umkreis der Patientenkommunikation und der seelsorgerischen Behandlung von Patienten angeboten. Diese Qualität spiele inzwischen nicht nur für konfessionelle Träger von Gesundheitsdiensten eine Rolle, sondern werde als „Erfahrung im Umgang mit existenziellen Fragen” begriffen. Sie sei eine wichtige Ebene im Arzt-Patienten-Kontakt. Aus dieser Situation heraus habe er sich entschlossen, sich diese Kompetenzen und Fertigkeiten, für die es in der ärztlichen Abrechnung kaum oder keine Abrechnungsziffern im Sinne eines finanziellen Vorteils gebe, in einem Zweitstudium anzueignen. Der Vorteil liege in der höheren Qualität der Leistungen, in einer erhöhten Patientenzufriedenheit und Auslastung der Praxis und in der Steigerung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Er habe sich im Streitjahr zwar zunächst hauptsächlich das Grundwissen für das Absolvieren des Studiums der katholischen Theologie angeeignet, da dieses Grundwissen zum Verständnis der weiterführenden Veranstaltungen erforderlich sei. In späteren Semestern habe er beabsichtigt, die weiterführenden Veranstaltungen zu besuchen, die auf die Verwendung theologischen Wissens in seinem Beruf als Nuklearmediziner zugeschnitten seien. Das erworbene Wissen habe er im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit verwenden wollen. Der Aspekt der seelsorgerischen Betreuung von Patienten finde zunehmend auch bei medizinischen Studien Berücksichtigung. Im Unterschied zu einem Hobby fehle bei einem Theologie-Studium der Bezug zur privaten Lebensführung. Zur Ausübung des persönlichen Glaubens sei ein Theologie-Studium nicht erforderlich. Er verfolge mit dem Theologie-Studium das Ziel einer besonderen beruflichen Qualifikation. Die Wahl der Fortbildungsmöglichkeiten liege allein in seinem Ermessen und können nur von ihm selbst beurteilt werden.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 26. Februar 2009 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2010 dahin zu ändern, dass die Aufwendungen für das theologische Zweitstudium in Höhe von 1.621 € als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Aufwendungen des Klägers für das Theologiestudium seien überwiegend privat veranlasst. Auf der aktuellen Web-Seite des ärztlichen Zentrums, in dem der Kläger arbeite, werde keinerlei Werbung mit einem besonderen Konzept der Patientenbetreuung aufgrund der theologischen Ausbildung des Klägers gemacht. Daher stünde eine berufliche Veranlassung weit weniger im Vordergrund, als dies der Kläger vortrage. Denn nach drei Jahren Studium sollten die seelsorgerischen Kenntnisse des Klägers bereits ausreichen, um einen entsprechenden Hinweis zu geben, falls damit wirklich Patienten angesprochen werden sollten. Auch sei ein Theologiestudium nicht auf die Kenntnisse, die bei einem Arzt zur Patientenbetreuung erforderlich seien, zugeschnitten. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass ein Theologiestudium auf Studenten zugeschnitten sei, die ein Priesteramt oder ein Lehramt anstrebten. Ebenso wie bei Aufwendungen für eine psychologische Fortbildung müsse auch bei einer theologischen Fortbildung verlangt werden, dass diese konkret auf den Beruf des Steuerpflichtigen zugeschnittene Kenntnisse vermittle. Bei einem Theologiestudium sei dieses Erfordernis im Streitfall aber nicht erfüllt, da ein Theologiestudium keine auf den Beruf des Arztes zugeschnittenen Kenntnisse vermittle. Es sei auch fraglich, weshalb der Kläger ein langwieriges und anspruchsvolles Theologiestudium auf sich nehme, um seine seelsorgerischen Fähigkeiten zu verbessern, wenn, wie der Kläger selbst ausführt, hierfür spezielle Fortbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Hier könne nur eine private Veranlassung der Grund sein.

 Gründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten liegen vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden. Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern. Die Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG belässt privat veranlasste Kosten im einkommensteuerrechtlich Unerheblichen, nimmt aber deren beruflich veranlassten Teil nicht vom Werbungskostenabzug aus. Erforderlich für den Werbungskostenabzug ist, dass die Aufwendungen aus beruflichen Gründen entstanden sind. Ist dies das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment liegen eben keine Aufwendungen der privaten Lebensführung vor, die i.S.d. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juli 2011 – VI R 7/10 , BFH/NV 2011, 1779 ).

Das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment ist insbesondere bei persönlichkeitsbildenden Bildungsmaßnahmen, die -auch- der Berufsförderung dienen, schwer zu bestimmen. Diese sind in der Regel ausschließlich dem privaten Bereich zuzuordnen (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 1994 – 1 K 1656/93 , EFG 1995, 8 ). Aufwendungen für eine solche Bildungsmaßnahme sind demnach als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Ob der Steuerpflichtige Bildungsaufwendungen aus beruflichem Anlass tätigt, oder ob es sich um privat veranlasste Aufwendungen handelt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 28. August 2008 – VI R 35/05 , BStBl. II 2009, 108 ). Erforderlich ist ein hinreichend konkreter Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einnahmen, die Bildungsmaßnahmen dürften nicht „ins Blaue hinein” betrieben oder aus anderen privaten Gründen getätigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 2009 – VI R 31/07 , BFH/NV 2009, 1797 ).

Dabei ist zu beachten, dass für den Nachweis der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen der Steuerpflichtige nach den allgemeinen Grundsätzen die Feststellungslast trägt (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 07. Februar 1997 – VI R 33/96 , BFH/NV 1997, 400 ). Daher reicht es nicht aus, dass ein Steuerpflichtiger den Bezug der Ausgaben zur beruflichen Tätigkeit bloß behauptet. Vielmehr muss der hinreichend konkrete Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einnahmen nachgewiesen und für das Gericht in seiner Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles nachvollziehbar sein.

Hierzu bedarf es für die Entscheidung, ob die persönlichkeitsbildende Bildungsmaßnahme auf die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung oder auf die Vermittlung von auf den Beruf zugeschnittenen und für den Beruf wichtigen psychologischen Erkenntnissen ausgerichtet ist, konkreter Feststellungen zu den Lehrinhalten und dem Ablauf der Bildungsmaßnahme sowie den teilnehmenden Personen. Die Voraussetzungen eines Werbungskostenabzugs liegen auch vor, wenn Aufwendungen zwar ihrem Anschein nach mit der privaten Lebensführung zusammenhängen, aber dennoch ausschließlich oder ganz überwiegend beruflich veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn sich private Anwendungsmöglichkeiten zwangsläufig und untrennbar aus den im beruflichen Interesse gewonnenen Erkenntnissen und Fertigkeiten ergeben. Solche Erkenntnisse können sich auch im Bereich persönlicher Erfahrungen und Entwicklungen bewegen, die für die Ausübung des Berufs erforderlich sind. In diesen Fällen liegt eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen vor, nicht dagegen handelt es sich um Aufwendungen der privaten Lebensführung, die die berufliche Tätigkeit lediglich fördern. Jedenfalls ist in diesen Fällen die private gegenüber der beruflichen Veranlassung von untergeordneter Bedeutung. Andererseits sind Kosten für persönlichkeitsbildende Bildungsmaßnahmen, die nicht primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs zugeschnitten sind, sondern gleichermaßen der persönlichen Weiterbildung dienen, nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar, da bei derartigen Bildungsmaßnahmen die der privaten Lebensführung zuzurechnenden Gesichtspunkte nicht von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Von einer nahezu ausschließlichen beruflichen Veranlassung der Aufwendungen für die Teilnahme an persönlichkeitsbildenden Bildungsmaßnahmen kann bei Steuerpflichtigen, die einem entsprechenden Beruf nicht nachgehen, nur dann ausgegangen werden, wenn im Wesentlichen ein auf den konkreten Beruf zugeschnittenes Wissen vermittelt wird und der Teilnehmerkreis des Seminars entsprechend homogen zusammengesetzt ist. Nur bei dieser Fallgestaltung können die beruflichen Gründe für die Teilnahme an einer persönlichkeitsbildenden Bildungsmaßnahme psychologischen Seminar als so gewichtig gewertet werden, dass demgegenüber die privaten Gesichtspunkte als unwesentlich zurücktreten (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2001 – VI R 40/94 , BFH/NV 2002, 182 ).

2. Der Kläger hat das Theologie-Studium nicht begonnen, um einen theologischen Abschluss anzustreben und einen entsprechenden Beruf zu ergreifen. Der Kläger hat vielmehr nach seinen Angaben beabsichtigt, seine Kommunikationsfähigkeit beim Umgang mit Patienten in lebensbedrohlichen Situationen zu verbessern und sich seelsorgerische Fähigkeiten anzueignen, um mit Patienten bei lebensbedrohlichen Diagnosen angemessen umgehen zu können. Der Kläger möchte kein fachliches Wissen erwerben und vertiefen, sondern Fähigkeiten erlangen, die zwar in der konkreten Ausübung seines Arztberufs besonders gefordert sind, aber auch in anderen Berufen und überhaupt im zwischenmenschlichen Kontakt von Bedeutung sind und sich im allgemeinen Charakter eines Menschen widerspiegeln. Die Fähigkeiten, die sich der Kläger aneignen möchte, sind dem Bereich der emotionalen Intelligenz zuzuordnen und der Persönlichkeit eines Menschen zuzurechnen. Dem Kläger geht es nach seinen Darlegungen in der mündlichen Verhandlung nicht um Glaubensinhalte der katholischen Theologie, sondern um Fähigkeiten im Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation, der seelsorgerischen Betreuung und um deren Einfluss auf naturwissenschaftliche Behandlungsmethoden, was auch nach den Darlegungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung in jüngerer Zeit Gegenstand bestimmter medizinischer Studien darstelle. Daher sind die vorgenannten Grundsätze nach der Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte für die Beurteilung der im Streitfall geltend gemachten Aufwendungen heranzuziehen, die der BFH und die Finanzgerichte zur Beurteilung des Werbungskostenabzugs bei Aufwendungen für persönlichkeitsbildende Bildungsmaßnahmen heranzieht.

Nach den vorgenannten Grundsätzen ergibt sich anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls nach diesen Grundsätzen, dass die Aufwendungen für das Theologie-Studium des Klägers nicht als Werbungskosten abziehbar sind.

a)

Aus den vom Kläger mitgeteilten Internetauftritt der Katholisch-Theologischen Fakultät der …-Universität (http://www.kath.theologie.uni-xxx .de/index.php) ergibt sich, dass die zum Studium der katholischen Theologie gehörenden Fachgebiete sehr umfangreich sind. Hierzu sind unter anderem aufgeführt (Stand Dezember 2011):

Biblische Theologie

Altes Testament

Neues Testament

Historische Theologie

Alte Kirchengeschichte und Patrologie

Mittlere und Neuere Kirchengeschichte – Religiöse Volkskunde

Projekt: Jesuiten zentraleuropäischer Provenienz

Systematische Theologie

Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft

Dogmatik und ökumenische Theologie

Moraltheologie

Sozialethik

Praktische Theologie

Kirchenrecht, kirchliche Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht

Liturgiewissenschaft und Homiletik

Pastoraltheologie

Religionspädagogik

Philosophie

Philosophie (Philosophisches Seminar)

Als allgemeine Einführung in den Gegenstand des Theologiestudiums ist in dem Studienführer Katholische Theologie, der von der Arbeitsgemeinschaft Studierende der Katholischen Theologie in Zusammenarbeit mit dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz herausgegeben wird (http://www.studienfuehrer-theologie.de/html/theologiestudium.html ), folgendes erläuternd ausgeführt:

„Im Studium der katholischen Theologie geht es um die Entstehung, Bedeutung und Wirkung des christlichen Glaubens im Kontext von Geschichte und Gesellschaft. Dazu gehört die Beschäftigung mit der Bibel und den Glaubensinhalten, mit der Geschichte des Christentums, mit der Philosophie und mit der heutigen Lebenswelt mit ihren ethischen Problemen. Fragen der Ökumene und des Dialogs mit anderen Religionen werden zunehmend wichtiger. Im Zentrum des Studiums steht die Frage nach Gott, daher auch der Name Theologie. Das Theologiestudium ist sehr vielfältig. Die verschiedenen Disziplinen von der Biblischen Theologie -Altes und Neues Testament- über Kirchengeschichte, Philosophie und Systematischen Theologie -Fundamentaltheologie, Dogmatik, Moraltheologie, Christliche Gesellschaftslehre- bis hin zur Praktischen Theologie -Pastoraltheologie, Religionspädagogik, Liturgie, Homiletik, Kirchenrecht- erschließen ihre Gegenstände mit einer Vielzahl von Methoden. Fragestellungen und Aspekte der Literatur- und Geschichtswissenschaften, der Kunst und Kulturgeschichte, der Philosophie und der Sozialwissenschaften, ja sogar der Rechtswissenschaften haben ihren Platz im Theologiestudium. Gerade diese Methodenfülle stellt eine Stärke des Theologiestudiums dar, da sie zu einer breiten und zugleich vertieften Bildung führt. Im Unterschied zur -vergleichenden- Religionswissenschaft erforscht die Theologie den christlichen Glauben nicht nur aus der Perspektive eines neutralen Beobachters, sondern auch aus der Perspektive des Teilnehmers, der in der Gottes- und Wahrheitsfrage persönlich engagiert ist. Das Theologiestudium fordert die eigene Person und deren Einstellung zur Welt und zu Gott heraus und verändert sie.”

Daraus ergibt sich, dass Vorlesungen zu den besonderen Kompetenzen, die der Kläger zur Ausübung seines Arztberufs erlangen möchte, nämlich seelsorgerisch/psychologische Kompetenzen, im Vergleich zu den übrigen Fachgebieten des Theologie-Studiums deutlich unterrepräsentiert sind. Allein in dem Fachgebiet der praktischen Theologie können diese angesiedelt werden, während die übrigen Fachgebiete hier wohl allenfalls für die katholische Konfession grundlegende Wissensbereiche erörtern. In den einführenden Erläuterungen taucht der Aspekt der seelsorgerisch/psychologischen Betreuung überhaupt nicht auf.

Einführend ist schließlich weiter erläutert, dass „beim Grundaufbau des Theologiestudiums vier Perspektiven des Forschens vorgesehen sind: eine historische begibt sich in die Geschichte von Christentum und Kirche; eine biblische müht sich darum, die richtigen Fragen an die Schrift zu stellen und daraus Konsequenzen für eine christliche Lehre zu ziehen; eine systematische führt eine fundierte Auseinandersetzung mit den christlichen Glaubensinhalten und eine praktische Sichtweise, die die Schnittstellen zum Leben der Menschen in Kirche und Gesellschaft sein soll.”

Auch nach dieser Beschreibung des Grundaufbaus des Studiums ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass der Aspekt der seelsorgerisch/psychologischen Betreuung hier überhaupt eine ausschlaggebende Rolle spielt. Diese Kompetenz könnte allenfalls bei der praktischen Sichtweise eine Rolle spielen.

Schließlich seien hier noch die besonderen Schwerpunkte bzw. Besonderheiten der Fakultät der Katholischen Theologie der …-Universität erwähnt, die sich wie folgt ergeben (http://www.studienfuehrer-theologie.de/html/xxx.html ):

„Zu den Schwerpunkten an der Katholischen Theologischen Fakultät in … gehören u. a.:

Alttestamentliche Wissenschaften: Literaturwissenschaftliche und sozialgeschichtliche Analyse des Buches Levitikus zur Erarbeitung einer umfangreicheren Kommentierung

Alte Kirchengeschichte: Forschungsprojekt „Theologie und Sklaverei von der Antike bis zur frühen Neuzeit”, frühchristliche Caritas, kulturwissenschaftliche Fragestellungen -Tod und Jenseitsvorstellungen, Volksglaube-, historische Frauenforschung

Erforschung der neuzeitlichen Geschichte des Christentums mit Schwerpunkt Lateinamerika in der Mittleren und Neueren Kirchengeschichte und in der Sozialethik

Sozialethik: Fragen der Bildungsgerechtigkeit, der globalen Gerechtigkeit, des ethischen Lernens und der Weiterentwicklung des Sozialstaates in Deutschland

Moraltheologie: Theologische Ethik im Kontext einer reflexiven Modernität, Autonomie als ethisches Prinzip und praktische Herausforderung

Fundamentaltheologie: Vernünftigkeit des Glaubens, Theologie und Naturwissenschaft, Dialog der Religionen

Liturgiewissenschaft: Interdisziplinäre hymnologische Forschung und Gesangbuchforschung, basierend auf dem Gesangbucharchiv mit weltweit einzigartigen Beständen an bisher rund 3500 deutschsprachigen Gesangbüchern des 16. bis 20. Jahrhunderts

Pastoraltheologie: „Pastoral der Präsenz” in der religiösen Landschaft der Gegenwart, Mission im Zeitalter der Globalisierung, Sakramentale Rituale im zeitgenössischen Kontext, Kirchen in der Stadt: Chancen einer urbanen Pastoral, Volksfrömmigkeit im internationalen Vergleich

Kirchenrecht: Erforschung und Edition der mittelalterlichen und neuzeitlichen kirchenrechtlichen Quellen der Mainzer Martinusbibliothek, Erforschung der Wechselwirkungen zwischen kanonischem Recht und indigenen Rechtstraditionen

Fachdidaktik: Mitarbeit bei der Entwicklung eines kompetenzorientierten Lehrplans für den katholischen Religionsunterricht in der Sekundarstufe 1

Religionspädagogik: Entwicklung der Theorie und der Praxis des katholischen Religionsunterrichts und der Katechese in der SBZ/DDR und in den ostdeutschen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland, Geschichte und Entwicklung des katholischen Religionsunterrichtes und der Katechese in Deutschland -zur Zeit: Epoche der katholischen Aufklärung und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Weimarer Republik, Drittes Reich-”

Die Kompetenzen, die der Kläger mit dem Theologiestudium erlangen möchte, werden daher von einem Theologiestudium allenfalls am Rande berührt. Allein schon der Begriff der „Seelsorge” kommt in den vorgenannten Beschreibungen des Studiums der katholischen Theologie schlichtweg nicht vor.

Weiter ist bei dem vorgenannten Internet-Auftritt ausgeführt: „Bei der Aufgabe, das wissenschaftliche Studium mit dem persönlichen Glauben und der Glaubenspraxis zu verbinden, wollen die spirituellen Angebote der Mentorate, der Hochschulgemeinden und der Priesterseminare den Studierenden helfen. Sie bieten Gelegenheiten, den eigenen Glauben in der kirchlichen Gemeinschaft zu leben, zu gestalten und zu prägen.”

Dies zeigt, dass ein Studium der Theologie viel eher geeignet erscheint, persönliche Bedürfnisse des Glaubens zu befriedigen, als praktische Hilfestellung bei der seelsorgerisch/psychologischen Betreuung von Patienten zu leisten, Für das Gericht ist daher nicht ersichtlich, dass der Kläger durch ein solches Studium in der konkreten Ausgestaltung des Studiengangs bei der …-Universität besondere Kompetenzen im Bereich der seelsorgerisch/psychologischen Betreuung von Patienten erlangen könnte.

b)

Als Berufsaussichten sind in dem vorgenannten Internet-Auftritt für Absolventen eines Studiums der katholischen Theologie folgende Bereiche genannt:

„Mit einem abgeschlossenen Theologiestudium eröffnen sich unterschiedliche Berufsfelder mit guten bis sehr guten Einstellungschancen. Neben dem klassischen Feld der kirchlichen Berufe -Priester, Pastoralreferenten u.a.- wird der Schuldienst -Religionslehrer- in den kommenden Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen. Aufgrund der vielfältigen Qualifikationen, die im Theologiestudium erworben werden können, sind Theologinnen und Theologen auch im Journalismus und im Verlagswesen, in der Erwachsenenbildung und in der politischen Arbeit, aber auch in der Werbebranche oder in den Personalabteilungen von Wirtschaftsunternehmen tätig.”

Daraus ergibt sich, dass es sich bei den Studierenden auch nicht um einen homogenen Teilnehmerkreis handelt, sondern vielmehr die Interessen der übrigen Studierenden ganz anders sind als die des Klägers. Im Ergebnis vermittelt ein Theologiestudium weder im Wesentlichen ein auf den konkreten Beruf des Klägers zugeschnittenes Wissen noch ist der Teilnehmerkreis der Studierenden entsprechend homogen zusammengesetzt. Im Gegenteil, sind die Aspekte, bei denen der Kläger einen Fortbildungsbedarf für seine Berufsausübung sieht, bei einem Theologiestudium nur von ganz untergeordneter Bedeutung und die Interessen der übrigen Studierenden vollkommen Andere als die des Klägers. Ein Werbungskostenabzug ist aber nicht bereits deswegen gegeben, weil dieser persönliche Glaube den Kläger charakterlich festigen kann und den Umgang mit Menschen in existentiellen Ausnahmesituationen erleichtert. Denn nach der Lebenserfahrung ist die Beschäftigung mit Glaubensfragen, sofern nicht ein entsprechender Beruf, wie bei den Berufsaussichten eines Absolventen des Theologiestudiums genannt, ergriffen werden soll, eher eine Frage der persönlichen Religionsausübung.

3. Auch unter dem Gesichtspunkt, ob die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sind, fehlt es in Hinblick darauf, dass sich der Kläger im Streitjahr hauptsächlich Grundlagenwissen angeeignet hat, welches ihn zu dem gewinnbringenden Besuch dem seelsorgerischen Bereich zuzurechnender und seine ärztliche Tätigkeit konkret berührender Veranstaltungen befähigen soll, bei den Aufwendungen für das Studium der katholischen Theologie, wie es sich in der Ausgestaltung des gesamten Studiengangs an der …-Universität in … darstellt, an einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit den Einnahmen des Klägers. Denn auch für den Werbungskostenabzug als vorab entstandene Werbungskosten ist erforderlich, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juli 2011 – VI R 38/10 , BFH/NV 2011, 1782 ). Die Aufwendungen für das Schaffen von Grundlagenwissen sind daher nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, da es an einem konkreten beruflichen Bezug im Streitjahr fehlt und der Bezug der Aufwendungen zur Privatsphäre im Streitjahr einen solchen möglichen Zusammenhang zu den Einnahmen in späteren Veranlagungszeiträumen, wenn der Kläger die weiterführenden, sich speziell mit seelsorgerischen Aspekten beschäftigenden Veranstaltungen besucht, in den Hintergrund treten lässt.

4. Ein Abzug der Aufwendungen als Sonderausgaben im Streitjahr, in dem der Kläger das für das Ergreifen eines entsprechenden Berufs im theologischen Bereich erforderliche Basiswissen erworben hat, kommt unter dem Gesichtspunkt der Berufsausbildungskosten nicht in Betracht. Denn Berufsausbildungskosten sind nur die Kosten für die erstmalige Berufsausbildung. Auch bei Aufwendungen für eine berufliche Umschulung und für eine berufliche Neuorientierung sind bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Werbungskosten abzugsfähig (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 2009 – VI R 31/07 , BFH/NV 2009, 1797 ). An einen objektiv feststellbaren, hinreichend konkreten Zusammenhang der Aufwendungen zu der ärztlichen Tätigkeit des Klägers fehlt es aber im Streitjahr, so dass die weiteren Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug im Streitfall nicht vorliegen.

5. Auch wenn es an einem objektiv feststellbaren, hinreichend konkreten Zusammenhang der Aufwendungen für Studium der katholischen Theologie mit der ärztlichen Tätigkeit des Klägers im Streitjahr fehlt und die Aufwendungen des Klägers für das im Streitjahr der Privatsphäre zuzuordnen sind, kann aber ein Werbungskostenabzug für die vom Kläger getätigten Aufwendungen in späteren Veranlagungszeiträumen in Betracht kommen. Voraussetzung für einen solchen Werbungskostenabzug ist aber nach dem Vorgenannten, dass die Inhalte der besuchten Veranstaltungen einen konkreten Bezug zu der ärztlichen Tätigkeit des Klägers aufweisen und sich somit auf die kommunikativen und seelsorgerischen Aspekte beziehen, die der Kläger in seiner Tätigkeit als Nuklearmediziner im Umgang mit Patienten nutzen will. Unschädlich ist dann, wenn diese berufsbezogenen Veranstaltungen im Rahmen theologischer Studien besucht werden. Der Werbungskostenabzug für Fortbildungsaufwendungen kann nicht allein auf Aufwendungen für den Besuch fachspezifischer Veranstaltungen oder von im Rahmen der Ärztefortbildung veranstalteten Fortbildungsmaßnahmen beschränkt werden, denn der Steuerpflichtige kann frei entscheiden, welche Aufwendungen er zur Erzielung von Einnahmen machen will (Drenseck in Schmidt, EStG , 30. Auflage 2011, Rn. 20 zu § 9).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

Steuerliche Behandlung von Erstattungszinsen

OFD Magdeburg v. 10.08.2012 – S 2252 – 117 – St 214

Steuerliche Behandlung von Erstattungszinsen; § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010

Zinsen i. S. v. § 233a AO, die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zahlt (Erstattungszinsen), gehören bislang unabhängig von der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen gem. § 12 Nr. 3 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

Mit Urteil vom 15.06.2010 – VIII R 33/07 , BStBl 2011 II S. 503, ist der BFH von seiner langjährigen Rechtsprechung abgewichen und hat festgestellt, dass Erstattungszinsen beim Empfänger nicht der Besteuerung unterliegen, soweit sie auf Steuern entfallen, die gemäß § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind.

Der BFH hält zwar an seiner Rechtsprechung fest, dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch eine ‚sonstige Kapitalforderung jeder Art’ i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist und die Erstattungszinsen nach § 233a AO auch als Gegenleistung dafür gezahlt werden, dass der Steuerpflichtige dem Fiskus Kapital zur Nutzung überlassen hat, zu dessen Leistung er letztlich nicht verpflichtet war. Damit können Erstattungszinsen beim Empfänger grundsätzlich der Besteuerung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterliegen.

Das gilt jedoch nicht, wenn die (Einkommen-)Steuer und darauf entfallende Nachzahlungszinsen gem. § 12 Nr. 3 EStG vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen und damit dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen sind. Diese gesetzgeberische Entscheidung strahlt auf den umgekehrten Vorgang der Erstattung solcher Steuern in der Weise aus, dass sie dem Steuerpflichtigen nicht im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG zufließen. Erstattungszinsen teilen als steuerliche Nebenleistungen das ‚Schicksal’ der Hauptforderung mit der Folge, dass sie von § 12 Nr. 3 EStG ebenfalls dem nicht steuerbaren Bereich zugewiesen werden.

Mit dem Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 08.12.2010 (Verkündung am 14.12.2010 im BGBl. 2010 Teil 1 Nr. 62, S. 1768) ist der § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG neu in das Gesetz aufgenommen worden. Danach stellen nunmehr Erstattungszinsen nach § 233a AO Erträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG dar (klarstellende Gesetzesänderung). Die Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist (§ 52a Abs. 8 ESG).

Die vorgenannte Anwendungsvorschrift hat somit zur Folge, dass die Gesetzesänderung nicht nur für zukünftige Kalenderjahre, sondern auch für vorangegangene Kalenderjahre zu beachten ist. Erstattungszinsen sind daher wie bislang bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Die Gesetzesänderung bewirkt quasi, dass das o. g. Urteil des BFH über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewendet werden kann.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass Nachzahlungszinsen, die vom Steuerpflichtigen an das Finanzamt zu zahlen sind, nach wie vor nicht steuerlich geltend gemacht werden können.

Zur Frage der – generellen – Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen ist beim BFH unter dem Az. VIII R 36/10 ein Revisionsverfahren anhängig.

Des Weiteren hat das FG Münster entschieden, dass die durch das JStG 2010 rückwirkend angeordnete Besteuerung von Zinsen verfassungsgemäß sei ( Urteil vom 16.12.2010 – 5 K 3626/03 E ). Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Revision beim BFH eingelegt. Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. VIII R 1/11 geführt.

Mit zwei weiteren Urteilen vom 10.05.2012 – 2 K 1947/00 E und 2 K 1950/00 E . hat das FG Münster (jedoch der 2. Senat) entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden, dass Erstattungszinsen ungeachtet der durch das JStG 2010 eingefügten Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG nicht steuerbar sind. Dies gilt nach Auffassung des FG auch dann, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind. in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren.

Zur Begründung führt das FG in Anlehnung an das BFH-Urteil vom 15.06.2010 – VIII R 33/07 . a. a. O.. aus, dass Erstattungszinsen zur Einkommensteuer nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 12 Nr. 3 EStG dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen würden.

Auf die Frage, ob die durch das JStG 2010 als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH neu eingefügte Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG, die Erstattungszinsen ausdrücklich den Einkünften aus Kapitalvermögen zuordne, auch rückwirkend auf die Streitjahre Anwendung finde, komme es nicht an. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sei keine Spezialregelung gegenüber § 12 Nr. 3 EStG. Vielmehr gehe § 12 Nr. 3 EStG als eine den einzelnen Einkunftsarten systematisch vorangestellte Vorschrift § 20 Abs. 1 EStG vor.

Die Revisionsverfahren werden beim BFH unter den Aktenzeichen VIII R 28/12 und VIII R 29/12 geführt.

Einsprüche, die in vergleichbaren Fällen auf die vorgenannten Verfahren gestützt werden, ruhen kraft Gesetzes gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

Mit Beschluss vom 22.12.2011 – VIII B 190/11 , hat der BFH entschieden, dass es ernstlich zweifelhaft ist, ob 2008 zugeflossene Erstattungszinsen zur Einkommensteuer der Jahre 2001 bis 2003 als Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 2010 der Steuer unterliegen. In einem weiteren Verfahren zu im Kalenderjahr 2009 zugeflossene Erstattungszinsen hat der BFH seine Rechtsauffassung bestätigt ( Beschluss vom 09.01.2012 – VIII B 95/11 ). Die Zweifel bestehen nach Auffassung des BFH insbesondere wegen der rückwirkenden Anwendung der Vorschrift (§ 52a Abs. 8 Satz 2 EStG), sodass diese auf alle Fälle anzuwenden ist, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. In vergleichbaren Fällen ist daher auf Antrag Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

 

FG Berlin-Brandenburg zum Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft

“Unternehmer, die grundsätzlich verpflichtet sind, die in ihren Lieferungen und Leistungen enthaltene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, können ihrerseits Umsatzsteuerbeträge, die sie an andere Unternehmer für Lieferungen oder Leistungen für ihr eigenes Unternehmen zu zahlen haben, als sog. Vorsteuern von der eigenen Umsatzsteuerzahllast abziehen. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte nun zu entscheiden, inwieweit dieser Vorsteuerabzug auch einer Holdinggesellschaft zusteht, die selbst kein operatives Geschäft betreibt, sondern administrative Leistungen an ihre Beteiligungsgesellschaften erbringt (Urteil vom 10. Mai 2012, Aktenzeichen 5 K 5264/09). Die klagende Holdinggesellschaft machte den Vorsteuerabzug aus Kapitalbeschaffungsleistungen geltend, die der Verbesserung der Handelbarkeit ihrer eigenen Anteile dienten. Das Finanzamt versagte dies mit dem Argument, die Aufwendungen für Kapitalbeschaffungsleistungen stünden in keinem Zusammenhang mit den eigenen steuerpflichtigen Leistungen der Gesellschaft an ihre Beteiligungsgesellschaften. Die Richter des Finanzgerichts gaben der Klägerin Recht. Bei den Kosten handelt es sich ihrer Auffassung nach um sog. Allgemeinkosten, die direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft zusammenhängen. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass die Aufwendungen für die Kapitalbeschaffungskosten im Verhältnis zu den durch die Beratung der Beteiligungsgesellschaften erzielten Dienstleistungsentgelten relativ hoch waren.

Die Finanzverwaltung hat bei dem Bundesfinanzhof in München Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil eingereicht, die dort unter dem Aktenzeichen V 73/12 anhängig ist.”

Pressemeldung des Gerichts: Finanzgericht Berlin-Brandenburg

 

Vorsteuerabzug einer – für die 100%-ige Tochter administrative Tätigkeiten ausführendeHolding aus Kapitalbeschaffungsleistungen

 Leitsatz

Bezieht eine Holdinggesellschaft für administrative Tätigkeiten von ihrer 100%-igen Tochter-GmbH, mit der eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht, eine monatliche Dienstleistungspauschale, so dass sie (eigene) ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, ist der uneingeschränkte Vorsteuerabzug der Aufwendungen für Dienstleistungen, die der Kapitalbeschaffung dienen, nicht dadurch ausgeschlossen, dass die – gegenüber der Dienstleistungspauschale deutlich höheren – Aufwendungen nicht allein der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der Holding dienen, sondern im Besonderen der Kapitalausstattung der Tochter-Organgesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden.

 Gesetze

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
UStG § 2 Abs. 1

 Instanzenzug

BFH 19.10.2012 – V B 73/12

 Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Holdinggesellschaft, die mit Einbringungsvertrag vom 5.5.2006 sämtliche Anteile an der H…E…GmbH erwarb. Das operative Geschäft – die Entwicklung und Produktion von Anlagen im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie – betreibt die GmbH. Die Klägerin erbringt aufgrund Kooperationsvertrags vom 1.9.2006 administrative Tätigkeiten für die GmbH, die der Klägerin hierfür eine monatliche Dienstleistungspauschale von 11.000 EUR zahlt. Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer umsatzsteuerlichen Organschaft aus.

Im Zuge einer Betriebsprüfung betreffend die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen über sog. Kapitalbeschaffungsleistungen in Anspruch genommen hatte. Diese laufenden wie auch einmaligen Leistungen dienten der Verbesserung der Handelbarkeit der Aktie. Das erworbene Kapitel wurde weitgehend an die GmbH durch Zuführung in die Kapitalrücklage weitergereicht. Der Beklagte versagte den Vorsteuerabzug – wie schon im Vorauszahlungsbescheid über Umsatzsteuer Juli 2007, in dem eine Vorsteuerkürzung von 3.562,50 EUR vorgenommen wurde – mit der Begründung, eine unternehmerische Veranlassung für diese Leistungen sei nicht erkennbar. Die Klägerin erziele als Holdinggesellschaft lediglich Erlöse aus Miete und überlassener Arbeitsleistung an die GmbH sowie Zinserträge. Mangels eines operativen Geschäfts könnten die Aufwendungen für Kapitalbeschaffung nicht zu Preisbestandteilen von Ausgangsumsätzen der Klägerin werden. Für das Streitjahr 2007 wurde eine Vorsteuerkürzung von 86.582,83 EUR errechnet, die mit Bescheid vom 13.1.2012 umgesetzt wurde. Auf Tz. 21 und 22 des Prüfungsberichts vom 19.8.2011 wird Bezug genommen. Den bereits gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid Juli 2007 erhobenen Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 15.9.2009 als unbegründet zurück.

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, die unternehmerische Veranlassung der streitigen Kosten sei gegeben, da bei allgemeinen Kosten niemals ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen bestehe. Zudem bestehe aufgrund der Organschaft mit der H… E…GmbH als Organgesellschaft ein Unternehmen, bei dem die Ausgangsleistungen der Organgesellschaft dem Organträger – also ihr, der Klägerin – zuzurechnen seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 13.1.2012 die Umsatzsteuer 2007 dahingehend neu festzusetzen, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 90.144,83 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Er macht geltend, die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aktie stünden weder in einem direkten Zusammenhang mit den Ausgangsumsätzen noch gehörten sie zu den Allgemeinkosten. Dies verdeutliche nicht zuletzt das Verhältnis der in Rede stehenden Aufwendungen zur Höhe der von der Klägerin erzielten Erlöse. Die Aufwendungen seien insgesamt dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen. Auf das Urteil des BFH vom 9.2.2012 (V R 40/10 ; BFH/NV 2012, 681 ) werde verwiesen.

Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung neben den Verfahrensakten ein Band Umsatzsteuerakten, ein Aktenband „Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen”, ein Ordner „Arbeitsbogen Band II”, ein Aktenband „Gesellschaftsverträge” und eine Heftung „Rechtsbehelf” vorgelegen.

 Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, soweit Vorsteuern aus Kapitalbeschaffungsaufwendungen in Höhe von 90.144,83 EUR außer Ansatz gelassen worden sind.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen, wenn er eine nach den §§ 14 , 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG , wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dann nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Aus diesem Regelungszusammenhang folgt zum Einen, dass die Klägerin als Holdinggesellschaft selbst Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein muss und zum Anderen, das diese Unternehmereigenschaft nicht erst durch ein Organschaftsverhältnis begründet werden kann, sondern bereits bestehen muss. Nach der Rechtsprechung des BFH im Anschluss an die Holding-Rechtsprechung des EuGH sind lediglich der Erwerb, das Halten oder der Verkauf von Aktien als solche nichtwirtschaftliche (nichtunternehmerische) Tätigkeiten, da sie Ausdruck der bloßen Eigentumsposition sind und nicht die Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten (Urteil des BFH vom 9.2.2012 V R 40/0 a.a.O. unter Hinweis auf Rechtsprechung des EuGH). Eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit setzt demgegenüber voraus, dass der Organträger eigene entgeltliche Leistungen erbringt, wobei Leistungen ausschließlich an die Organgesellschaft ausreichen (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG , § 2 Rz. 830 ff.; Stapperfend, UR 2006, 112 , jeweils unter Hinweis auf die Entscheidungen des EuGH vom 14.11.2000 C-142/99 – Floridienne, EuGHE 2000, I-9567 und vom 27.9.2001 C-16/00 – Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663 sowie des BFH vom 9.10.2002 V R 64/99 , BStBl II 2003, 375).

Die Klägerin hat aufgrund des Kooperationsvertrags vom 1.9.2006 unstreitig entgeltliche Leistungen in Form von dort näher bezeichneten administrativen Tätigkeiten ihrer Gesellschafter und Mitarbeiter an die H… E… GmbH erbracht. Nach der dargestellten Rechtsprechung ist sie somit unternehmerisch tätig mit der Folge, dass sie zum Vorsteuerabzug auch aus solchen Dienstleistungen berechtigt ist, die der Kapitalbeschaffung dienen. Entscheidend ist insoweit, dass die Dienstleistungen als allgemeine Kosten des Unternehmens direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers zusammenhängen (Urteil des BFH vom 1.7.2004 V R 32/00 , BStBl II 2004, 1022; Urteil des EuGH vom 27.9.2001 C-16/00 Cibo Participations a.a.O.). Der uneingeschränkte Vorsteuerabzug ist demnach entgegen der Auffassung des Beklagten nicht dadurch ausgeschlossen, dass die aktienbezogenen Aufwendungen nicht allein der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der Klägerin dienten, sondern im Besonderen der Kapitalausstattung der Organgesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden.

Denn eine Zuordnung dieser Kosten zum nichtunternehmerischen Bereich kommt nach der zitierten Rechtsprechung von EuGH und BFH deshalb nicht in Betracht, weil es sich um Allgemeinkosten handelt, die mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammenhängen. Da die Klägerin nur steuerpflichtige und nicht auch steuerfreie Umsätze ausführte, ist der Vorsteuerabzug insgesamt zu gewähren (vgl. Urteil des BFH vom 1.7.2004 V R 32/00 , BStBl II 2004, 1022). Die von dem Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des BFH vom 9.2.2012 (V R 40/10 a.a.O) lässt keine andere Beurteilung zu. Denn der diesem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt liegt insoweit entscheidend anders als derjenige im Streitfall, als dort die Holdinggesellschaft an ca. 50 Gesellschaften beteiligt war, Umsätze aber lediglich aus Beratungsleistungen für zwei dieser Gesellschaften erzielte. Deshalb ist im Streitfall – anders als dort – auch für eine Aufteilung der Gesamttätigkeit in eine nichtwirtschaftliche Haupt- und eine wirtschaftliche Nebentätigkeit kein Raum. Allein das Verhältnis der Dienstleistungsentgelte zu den deutlich höheren Aufwendungen vermag eine Aufteilung – wie auch sonst – nicht zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO – . Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung – ZPO – .

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung auf der zu dieser Rechtsfrage ergangenen Rechtsprechung des BFH beruht.

Steuerhinterziehung, auch wenn dem FA alle Tatsachen bekannt waren?

Steuerhinterziehung, auch wenn dem FA alle Tatsachen bekannt waren?

Kernaussage

Eine Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angabe von Tatsachen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) setzt keine gelungene Täuschung des zuständigen Finanzbeamten voraus. Selbst wenn dieser von sämtlichen Umständen Kenntnis hat und sämtliche Beweismittel bekannt und verfügbar waren, kann eine vollendete Steuerhinterziehung vorliegen.

Sachverhalt

Der Angeklagte hat als im Einkauf tätiger Angestellte für eine Firma Elektronikbauteile aus dem europäischen Ausland über eine Gruppe von Personen eingekauft, deren in Deutschland ansässige Firmen nur zum Zwecke der Erlangung unberechtigter Vorsteuerabzüge zwischengeschaltet waren. In Kenntnis dieser Umstände und im Wissen, dass eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht bestand, gab der Angeklagte die Eingangsrechnungen der Strohfirmen mit ausgewiesener Umsatzsteuer zum Zwecke der Verbuchung und Vornahme des Vorsteuerabzugs in die Buchhaltung der Firma weiter. Insgesamt wurde auf diese Weise Umsatzsteuer in Höhe von rund 5,18 Mio. EUR hinterzogen. Der Angeklagte wurde wegen Steuerhinterziehung in 14 Fällen zu 4 Jahren und 9 Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Mit der Revision macht der Angeklagte geltend, dass ermittelnde Steuerfahnder Kenntnis von der steuerstrafrechtlichen Verdachtslage erlangt und keine Maßnahmen zur Verhinderung der Tat ergriffen hätten.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Revision zurück. Weder das „Wissen“ des zuständigen Steuerfahnders noch dessen „Schweigen“ können für den Straf- oder Schuldausspruch berücksichtigt werden. Der Tatbestand der Steuerhinterziehung durch positives Tun in Form der Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärung erfordert keine Täuschung des Finanzbeamten. Sein Kenntnisstand ist unbeachtlich. Es genügt, dass die unrichtigen oder unvollständigen Angaben für die Steuerverkürzung ursächlich sind. Denn anders als in der Unterlassungsvariante setzt der Täter bereits bei Begehung durch aktives Tun eine Ursache, die im tatbestandsmäßigen Erfolg stets wesentlich fortwirkt.

Konsequenz

Der BGH hat in seiner Entscheidung eine bedeutsame Aussage im Bereich des Steuerstrafrechts getätigt und erstmals eine abschließende Entscheidung hinsichtlich der Frage nach dem Erfordernis der Unkenntnis getroffen. Eine strafrechtliche Entlastung dahingehend, dass die zuständigen Strafverfolgungsbehörden Kenntnis hatten und die Steuerhinterziehung (nach § 371 Abs. 1 Nr. 1 AO) als zusätzliches ungeschriebenes Merkmal einen Irrtum des zuständigen Beamten erfordere, scheidet nunmehr endgültig aus.

Zweites Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes vom Bundeskabinett beschlossen

Energieeffizienz wird in Zukunft ein noch wichtigerer Maßstab für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sein. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Energiekonzept das Ziel gesetzt, Anreize für die Ausschöpfung von Effizienzpotentialen in der deutschen Industrie zu schaffen. Der heute im Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes setzt dieses Ziel konsequent um.

Der Gesetzentwurf beinhaltet eine Nachfolgeregelung für den so genannten Spitzenausgleich für einen Zeitraum von 10 Jahren ab dem 1. Januar 2013. Es werden die zum Jahresende 2012 auslaufenden und in § 55 Energiesteuergesetz und § 10 Stromsteuergesetz in Sonderfällen gewährten Steuerbegünstigungen für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zwar im bisherigen Umfang, jedoch unter veränderten Anforderungen an die betroffen Wirtschaftszweige fortgeführt. Der Gesetzesentwurf setzt für die Gewährung einer Steuerbegünstigung zukünftig eine Erhöhung der Energieeffizienz voraus. In Übereinstimmung mit dem aktuellen Energiekonzept der Bundesregierung legt der Gesetzentwurf als Gegenleistung für die Gewährung der Steuerbegünstigung klare Energieeinsparziele fest und verlangt den Unternehmen damit spürbare Anstrengungen zur Erhöhung der Energieeffizienz ab.

Im Einzelnen:

Die bisherigen Steuerbegünstigungen im Energiesteuer- und im Stromsteuergesetz für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes wurden im Rahmen der ökologischen Steuerreform zum Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit energieintensiv produzierender Unternehmen 1999 eingeführt. Sie sind von der Europäischen Kommission beihilferechtlich bis zum 31. Dezember 2012 genehmigt.

Nach dem vorgelegten Regierungsentwurf müssen die Unternehmen, die den so genannten Spitzenausgleich ab 2013 in Anspruch nehmen wollen, Energiemanagement- oder Umweltmanagementsysteme verbindlich einführen und betreiben. Das bedeutet, dass diese Unternehmen ihren Energieverbrauch systematisch erfassen und in einem strukturierten Prozess Einsparpotenziale ermitteln müssen. Ziel ist, dass die dadurch aufgedeckten Einsparpotenziale von den Unternehmen – insbesondere den kleinen und mittelständischen Unternehmen – für Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz genutzt werden. Kleinen und mittelständischen Unternehmen wird dabei die Möglichkeit eröffnet, alternativ kostengünstigere Auditverfahren zu betreiben. Die steuerliche Begünstigung kann darüber hinaus ab dem Antragsjahr 2016 nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die begünstigten Wirtschaftszweige insgesamt – also zusammengefasst in einer Art Glocke – die gesetzlichen Vorgaben zur Reduzierung der Energieintensität ab dem Bezugsjahr 2013 kontinuierlich erreichen. Dies wird auf der Grundlage eines von einem unabhängigen wissenschaftlichen Institut erstellten Monitoring-Berichts ermittelt und von der Bundesregierung ausdrücklich festgestellt Die Einzelheiten des Monitoring-Verfahrens sind in der heute abgeschlossenen Vereinbarung zur Steigerung der Energieeffizienz zwischen der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft geregelt.

Die von den begünstigten Wirtschaftszweigen für die steuerlichen Begünstigungen zu erreichende Verbesserung der Energieeffizienz soll aufgrund von Zahlen aus der amtlichen Statistik des Statistischen Bundesamts ermittelt werden. Der nachzuweisende Zielwert steigt im Zeitablauf an: von 1,3 % für die Bezugsjahre 2013 bis 2015 auf 1,35 % für das Bezugsjahr 2016. Im Jahr 2017 werden die Ergebnisse noch einmal ergebnisoffen evaluiert, um dann für die übrige Zeit bis zum Jahr 2022 die weiteren Zielwerte festzulegen. Dabei soll der Steigerungswert des Jahres 2016 von 1,35 % nicht unterschritten werden.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Unternehmen für den Erhalt des Spitzenausgleichs ab dem 2013 ihre Effizienzanstrengungen im Vergleich zum Zeitraum 2007 bis 2012 mehr als verdreifachen werden. Den Unternehmen werden damit Anstrengungen abverlangt, die weit über ein „business as usual“-Szenario hinausgehen. Gleichzeitig werden aber die Unternehmen, die einem starken internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, durch eine entsprechende Gewährung von Steuerbegünstigungen entlastet.

Die Nachfolgeregelung ist der Europäischen Kommission als Beihilfe anzuzeigen; eine formale Genehmigung ist entsprechend der europarechtlichen Vorgaben nicht erforderlich. Die Änderungen können damit unmittelbar nach dem Abschluss des nationalen Gesetzgebungsverfahrens – nach derzeitiger Planung im Dezember 2012 – in Kraft treten.

Bundesfinanzministerium (BMF)

FG Köln: Keine Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung von Zinsen und Mieten

“Das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der ab dem Jahr 2008 teilweise erheblich geänderten gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen und Mieten (1 BvL 8/12) rechtfertigt nur dann eine Aussetzung der Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheides, wenn dem Steuerpflichtigen irreparable Nachteile drohen. Dies entschied der 13. Senat des Finanzgerichts Köln in zwei Beschlüssen vom 4. Juli 2012 (13 V 1292/12 und 13 V 1408/12).

Die Antragstellerinnen begehrten unter Berufung auf den Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 29.2.2012 (1 K 138/10) die Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden für die Jahre 2009 bzw. 2010. Sie machten geltend, dass die Neuregelung der Hinzurechnungsvorschriften durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 in § 8 Nr. 1 GewStG das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletze. Das gelte insbesondere bei den von ihnen betriebenen Unternehmensmodellen, wonach die benötigten Wirtschaftsgüter und Immobilien zum Betrieb von Hotels bzw. Altenheimen ausschließlich von Dritten angepachtet würden. Trotz tatsächlich erzielter Verluste habe die gewerbesteuerliche Hinzurechnung eine erhebliche Steuerbelastung zur Folge und gefährde damit ihre wirtschaftliche Existenz.

Der 13. Senat lehnte wie das Finanzamt eine Aussetzung der Vollziehung ab. Zwar bestünden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen. Da die Gewährung der beantragten Aussetzung der Vollziehung aber einem einstweiligen Außerkraftsetzen der Neufassung des Gewerbesteuergesetzes gleich käme, komme eine Aussetzung nur dann in Betracht, wenn das Interesse der Antragstellerinnen an der begehrten Aussetzung dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung der angefochtenen Gewerbesteuerbescheide überwiege. Die Antragstellerinnen hätten hierfür glaubhaft machen müssen, dass ihnen durch die Vollziehung der Gewerbesteuerbescheide irreparable Nachteile drohten, die ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machten. Derartige Nachteile konnte der Senat nicht feststellen, so dass die Interessenabwägung zu Lasten der Steuerpflichtigen ausfiel.

Die Antragstellerinnen haben die vom Finanzgericht zugelassenen Beschwerden zum Bundesfinanzhof in München eingelegt.”

FG Köln Beschluss vom 04.07.2012 – 13 V 1292/12 und

FG Köln Beschluss vom 04.07.2012 –  13 V 1408/12

Pressemeldung des Gerichts: Finanzgericht Köln

Referentenentwurf eines MicroBilG zur Erleichterungen der Rechnungslegung für Kleinstkapitalgesellschaften veröffentlicht

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der sogenannten Micro-Richtlinie 2012/6/EU über Erleichterungen der Rechnungslegung für Kleinstkapitalgesellschaften (MicroBilG) veröffentlicht. Stellungnahmen können bis zum 3. September 2012 beim BMJ eingereicht werden. Der HGB-Fachausschuss plant, eine Stellungnahme abzugeben. Anmerkungen/Kommentare können unter info@drsc.de hinterlegt werden.

Der Entwurf dient einerseits der Umsetzung der Micro-Richtlinie der EU, sieht aber andererseits dazu Änderungen im handelsrechtlichen Bilanzrecht vor, die besonders kleine Kapitalgesellschaften von den derzeit umfangreichen Vorgaben für die Rechnungslegung auf EU-Ebene zu entlasten.

BMJ: Weitere Entlastungen für Kleinstkapitalgesellschaften auf den Weg gebracht
Bundesministerium der Justiz (BMJ)
Information des DRSC hierzu
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) e.V.

Weitere Entscheidungen des BFH (01.08.2012)

Folgende weiteren Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Datum von heute (01.08.2012) veröffentlicht:

– BFH-Urteil vom 25.04.2012 – I R 24/11 (Sanierungserlass: Zuständigkeit für die abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags);

– BFH-Beschluss vom 15.05.2012 – VI B 111/11 (Trennungsbedingte Umgangskosten des barunterhaltspflichtigen Elternteils sind keine außergewöhnliche Belastung- Gleichklang von Steuer- und Sozialrecht);

– BFH-Beschluss vom 04.06.2012 – VI B 10/12 (Verfahrensmangel wegen unvollständiger Sachverhaltsaufklärung – Beteiligtenvernehmung);

– BFH-Urteil vom 26.01.2012 – VII R 77/10 (Einfuhrumsatzsteuerfreiheit bei innergemeinschaftlicher Weiterlieferung);

– BFH-Urteil vom 28.02.2012 – VII R 23/10 (Vermittler eines Schmuggelgeschäfts als Zollschuldner);- BFH-Beschluss vom 29.05.2012 – III S 19/11 (Vollstreckung aus durch das FG abgeänderten Bescheiden – Dauer der Wirksamkeit teils erfolgsreich angefochtener Bescheide – Formlose Mitteilung über neuberechnete Steuer kein Verwaltungsakt);

– BFH-Urteil vom 14.03.2012 – XI R 28/09 (Keine abweichende Festsetzung der USt aus Billigkeitsgründen, wenn der Organträger von der Organgesellschaft keine Mittel zur Entrichtung der Steuer erhalten hat – Organträger und Organgesellschaften als ein Unternehmer);

– BFH-Urteil vom 22.02.2012 – X R 27/10 (Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 22.02.2012 X R 12/09 – Berücksichtigung von Verlusten bei § 4 Abs. 4a EStG – Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen);

– BFH-Urteil vom 22.02.2012 – X R 12/09 (Berücksichtigung von Verlusten bei § 4 Abs. 4a EStG – Betriebsbezogene Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen – Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 4a EStG);

– BFH-Beschluss vom 25.11.2011 – III B 179/10 (Verfristung der Klage bei fehlendem Absendevermerk auf der Einspruchsentscheidung – Umdeutung eines Einspruchs gegen eine Einspruchsentscheidung in eine Klage – Verfahrensmangel bei Prozessurteil statt Sachurteil);

– BFH-Beschluss vom 16.04.2012 – VI B 136/11 (Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG);

– BFH-Beschluss vom 11.05.2012 – II B 63/11 (Feststellung einer Steuerhinterziehung durch das FG – Keine Prüfung materiellen Rechts im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde – Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 31 Abs. 5 ErbStG);

– BFH-Beschluss vom 24.05.2012 – VI B 120/11 (Grundsätzliche Bedeutung: Unterhaltsaufwendungen bei einer bestehenden Ehe bzw. Unterhaltsaufwendungen für ein Kind – Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht – Greifbare Gesetzeswidrigkeit);

– BFH-Urteil vom 28.03.2012 – II R 37/10 (Bewertung eines ehemals landwirtschaftlich genutzten Eindachhofs, bestehend aus einer Wohnung und Stallungen).

Bundesfinanzhof (BFH)