Mit Urteil vom 09. April 2025 (Az. X R 11/21) hat der Bundesfinanzhof die Rechensystematik bei der Günstigerprüfung nach § 10a Abs. 2 EStG präzisiert. Das Urteil ist vor allem für Berater relevant, die regelmäßig Riester-Verträge im Rahmen der Einkommensteuer prüfen – und hilft dabei, Fehlberechnungen bei der Steuerfestsetzung zu vermeiden.
Worum geht es bei der Günstigerprüfung?
Steuerpflichtige mit einem zertifizierten Riester-Vertrag haben grundsätzlich zwei mögliche Förderwege:
- Zulageförderung (direkte staatliche Zulage)
- Sonderausgabenabzug der Altersvorsorgebeiträge in der Einkommensteuererklärung
§ 10a Abs. 2 Satz 1 EStG regelt, dass das Finanzamt automatisch prüft, welche Variante günstiger ist – die sog. Günstigerprüfung.
Was hat der BFH nun konkret entschieden?
🔹 1. Vergleich auf Basis der tariflichen Einkommensteuer
Die Günstigerprüfung erfolgt nicht auf Basis der festzusetzenden Einkommensteuer, sondern durch Vergleich zweier Rechengrößen:
- ESt ohne Sonderausgabenabzug
- ESt mit Sonderausgabenabzug
Diese Differenz wird mit dem Zulageanspruch verglichen. Ist der Steuervorteil höher als die Zulage, wird der Sonderausgabenabzug gewährt.
🔹 2. Rechenschritte zur Einkommensteuer-Festsetzung – das ist die richtige Reihenfolge
Ist der Sonderausgabenabzug günstiger, geht es mit diesen Schritten weiter:
- Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer
- Abzug von Steuerermäßigungen nach § 35a EStG (z. B. Handwerkerleistungen, haushaltsnahe Dienstleistungen)
- Hinzurechnung der Zulage nach § 2 Abs. 6 Satz 2 EStG – um eine doppelte Förderung zu vermeiden
Diese Reihenfolge ist zwingend – und führt in Einzelfällen zu komplexen Ergebnissen.
🔹 3. Ausnahmefall: Wenn die Günstigerprüfung „ungünstig“ wird
Der BFH erkennt einen teleologischen Ausnahmefall an: Wenn die tarifliche Steuer mit Sonderausgabenabzug zwar niedriger als mit Zulage ist, aber die festzusetzende Steuer durch die Hinzurechnung der Zulage höher ausfällt als ohne Abzug, muss der Sonderausgabenabzug unterbleiben.
Das heißt: Keine Günstigerprüfung „mit Verlust“, wenn sie tatsächlich zu einer höheren Steuerlast führen würde.
Praxisrelevanz für Berater und Riester-Sparer
✅ Die Entscheidung bringt Klarheit zur Reihenfolge der Rechenschritte – insbesondere bei Mandanten mit Handwerkerleistungen oder haushaltsnahen Dienstleistungen (§ 35a EStG).
✅ Teleologische Einschränkung beugt steuerlichen Nachteilen bei gut gemeinter Günstigerprüfung vor.
✅ Die Prüfung erfolgt automatisch durch das Finanzamt, sollte aber bei Auffälligkeiten (z. B. Steuermehrbelastung trotz Riester-Abzug) unbedingt im Steuerbescheid kontrolliert werden.
Fazit: Günstigerprüfung bleibt komplex – genau hinschauen lohnt sich
Das BFH-Urteil unterstreicht: Nicht immer ist der Sonderausgabenabzug tatsächlich günstiger – auch wenn es auf den ersten Blick so scheint. Gerade bei steuerlichen Ermäßigungen nach § 35a EStG kann die Kombination mit der Riesterförderung unerwartete Effekte haben.
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