Automatisierter Kontenabruf

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegenüber Ihrem Finanzamt haben Sie, wie Sie sicherlich schon wissen, keinerlei Privatsphäre. Zwar erfolgt die Besteuerung der Kapitaleinkünfte mit der Abgeltungsteuer „anonym“ an den Fiskus. Die Finanzbehörden verfügen jedoch über ein in Europa einzigartiges Instrument zur Ermittlung privater Vermögensverhältnisse eines jeden Steuerbürgers: den Kontoabruf.

Von diesem wird nach meinen Informationen immer öfter und regelmäßiger Gebrauch gemacht. Nach dem aktuell veröffentlichten Jahresbericht der BAFin für 2011 wurden in 2011 116.908 Abfragen registriert, die sich allerdings allein auf § 24c des Kreditwesengesetzes bezogen haben. Finanzbehörden haben 13.122 Abfragen veranlasst.

Der Kontoabruf basiert auf § 24c des Kreditwesengesetzes. Dieser verpflichtet die Banken, diverse Kontostammdaten zu speichern und den Finanzbehörden zum Abruf zur Verfügung zu stellen. An das System des Kontenabrufverfahrens sind alle Kreditinstitute angeschlossen, auch inländische Zweigstellen ausländischer Banken, z. B. alle deutschen Niederlassungen Schweizer Banken.

Der Kontoabruf sollte eigentlich mit Einführung der Abgeltungsteuer zurückgefahren werden. Geplant war, diesen darauf zu beschränken, wo noch eine Erforderlichkeit besteht, Konten und Depots eines Steuerpflichtigen zu ermitteln. Somit wird eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Steuern gewährleistet.

Kontoabruf für außersteuerliche Zwecke

Zentrale Bedeutung erlangt der Kontoabruf seit Einführung der Abgeltungsteuer für außersteuerliche Zwecke. Dazu zählen u. a. die Überprüfung des Arbeitslosengeldes II, der Sozialhilfe, der Ausbildungsförderung, der Aufstiegsförderung und des Wohngeldes. Das Bundeszentralamt für Steuern ruft Konten im Auftrag von Finanzbehörden und jenen Behörden ab, die für die Genehmigung von BAföG, Sozialhilfe oder Wohngeld zuständig sind. Sprechen Sie mich/uns auf diese Themen im Rahmen Ihres nächsten Besuches an oder vereinbaren Sie gerne einen Gesprächstermin.

Wann Sie weiter im Visier des Fiskus stehen

•               Ausforschung der Kapitalerträge vor 2009

Der automatisierte Kontoabruf wird von den Finanzbehörden meiner Erfahrung nach häufig zur Ermittlung steuerpflichtiger Kapitalerträge aus den Jahren vor 2009 genutzt. Zur Aufdeckung von Altfällen vor der Abgeltungsteuer wird der Kontoabruf noch bis zum Ende der für die Steuerhinterziehung geltenden langen Festsetzungsverjährungsfrist von 10 Jahren uneingeschränkt durchgeführt werden, also noch bis einschließlich 2018.

•               Veranlagungswahlrecht

Nach der Abgabenordnung sind die Abrufe von Konten jener Steuerpflichtigen zulässig, die von ihrem Veranlagungswahlrecht Gebrauch machen. Mit diesem Veranlagungswahlrecht können Sie beantragen, dass Ihre Kapitaleinkünfte dem allgemeinen Steuertarif unterworfen werden sollen. Letzteres ist unter bestimmten Voraussetzungen von Vorteil. Diesbezüglich halte ich Infomaterial für Sie bereit und erläutern Ihnen gerne, ob eine solche Antragsveranlagung für Sie sinnvoll ist.

•               Einbezug der Kapitalerträge in den „Einkünftebegriff“

Unter bestimmten Voraussetzungen müssen die Kapitaleinkünfte zur Berechnung der Summe der Einkünfte oder des Gesamtbetrags der Einkünfte usw. herangezogen werden. Auch hierfür ermitteln die Finanzbehörden mithilfe des Kontoabrufs.

•               Erhebung bundesgesetzlich geregelter Steuern

Der Kontoabruf ist auch zulässig zur Erhebung diverser Steuern auf Bundesebene. Nähere Auskünfte darüber erteile ich Ihnen gerne.

•               Wenn Sie Sozialleistungen beantragen oder beziehen

Schließlich müssen Sie mit einer Überprüfung Ihrer Vermögensverhältnisse rechnen, wenn Sie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Ausbildungsförderung usw. beziehen.

Handlungsempfehlungen

Werden Sie von einem beabsichtigten Kontoabruf informiert, können Sie entweder mit Ihrem Finanzamt kooperieren und alle erforderlichen Unterlagen und Nachweise vorlegen, oder Sie lassen es tatsächlich auf den Kontoabruf ankommen. Entscheiden Sie sich für die erste Variante, legen Sie aber unter Umständen mehr offen, als die Finanzverwaltung durch einen Kontoabruf in Erfahrung bringen könnte. Ich empfehle Ihnen daher, in solchen Fällen mit mir Kontakt aufzunehmen. Was genau die Finanzverwaltung durch den Kontoabruf erfährt, erläutere ich Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch.

Sofern Sie mit einem drohenden Kontoabruf allerdings die Aufdeckung bislang dem Finanzamt verborgen gebliebener Inlandskonten bzw. nicht deklarierter Bankvermögenswerte befürchten, sollten Sie schnellstmöglich mit mir/uns Kontakt aufnehmen. Ich kann Sie in diesem Fall unter Umständen noch mit einer Selbstanzeige vor einer Strafe schützen. Eine solche Selbstanzeige muss jedoch schnell eingereicht werden – schneller als die Finanzverwaltung alle Informationen sichten und bearbeiten kann, die sie über das mittels Abruf ausgespähte undeklarierte Vermögen erhalten hat. Andernfalls tritt eine sog. „Sperrwirkung“ ein: Eine Selbstanzeige nach Eintritt dieser Sperrwirkung hätte keine strafbefreiende Wirkung mehr. Sprechen Sie also mit mir, bevor Sie diesen Schritt unternehmen.

Rechtsmittel gegen den Kontenabruf

Gegen den von der Finanzverwaltung beabsichtigten Kontoabruf steht Ihnen kein unmittelbares Einspruchsrecht zu. Hält sich die Finanzverwaltung hinsichtlich der Informationspflicht an die Vorgaben des Bundesfinanzministeriums und teilt sie Ihnen mit, dass Ihre Kontenstammdaten abgerufen werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch Sie nicht zum Ziel führt, ist dieser Hinweis kein sog. Verwaltungsakt, für den Sie Einspruch einlegen oder eine Anfechtungsklage vor dem Finanzgericht anstreben könnten. Ich kann gegen einen beabsichtigten Kontoabruf – sofern Sie wie erwähnt davon unterrichtet werden – auf Ihren Wunsch eine allgemeine Leistungsklage in Form einer vorbeugenden Unterlassungsklage vor dem für Sie zuständigen Finanzgericht erheben. Einen vorläufigen finanzgerichtlichen Rechtsschutz erreiche ich für Sie durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ein solcher gerichtlicher Antrag bewirkt, dass die Finanzbehörde bis zur Entscheidung in der Hauptsache an der Durchführung des beabsichtigten Kontenabrufs gehindert wird. Ein solcher Antrag setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Ein solches können Sie bzw. kann ich/können wir aus der Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung herleiten. Dass die Datenabrufe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen, bestätigt die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Sprechen Sie bei einem drohenden aber auch nach einem erfolgten Kontoabruf, von dem Sie erfahren haben, sofort mit mir. Ich erarbeite für Sie Ihre optimale Handlungs- und Verteidigungsstrategie. Auch nach einer eventuellen Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens stehe ich Ihnen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Kfm. Michael Schröder, Steuerberater
www.steuerschroeder.de