Archiv der Kategorie: Privatbereich

Nachverpfändung: Auslegung einer Eintragungsbewilligung

Nachverpfändung: Auslegung einer Eintragungsbewilligung

Kernaussage
Soll eine vor dem 20.8.2008 bestellte sofort fällige Grundschuld auf ein Grundstück erstreckt werden und ist den Umständen zu entnehmen, dass die Grundschuld der Sicherung einer Geldforderung dient, so ist die Eintragungsbewilligung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass für das neu belastete Grundstück die gesetzlichen Fälligkeitsvoraussetzungen gelten sollen. Das Grundbuchamt muss dies von Amts wegen durch einen Klarstellungsvermerk kennzeichnen.

Sachverhalt
Die Beteiligte ist Inhaberin zweier Erbbaurechte. Diese sind jeweils mit einer im Jahr 1985 zugunsten einer Bank bestellten und sofort fälligen Grundschuld belastet. Mit notarieller Erklärung aus November 2012 erstreckte die Beteiligte die Grundschulden unter Bezugnahme auf die jeweiligen Bestellungsurkunden wechselseitig jeweils auf das andere Erbbaurecht. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Beteiligten Recht. Die vor dem 20.8.2008 bestellte Sicherungsgrundschuld für eine Geldforderung ist sofort fällig, soweit sie das bereits belastete Erbbaurecht betrifft. Dagegen setzt die Fälligkeit der Grundschuld hinsichtlich des nachbelasteten Erbbaurechts aufgrund der Änderung der Rechtsvorschriften zwingend eine Kündigung unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist voraus, sofern die Grundschulderstreckung ebenso eine Geldforderung sichern soll. Muss das Grundbuchamt anhand der Umstände von einer Sicherung einer Geldforderung ausgehen, ist anzunehmen, dass die Geltung der gesetzlichen Regelung beabsichtigt ist. Denn es ist davon auszugehen, dass die Eintragungsbewilligung einen zulässigen Inhalt haben soll und die Bezugnahme auf die ursprüngliche Bestellungsurkunde einschließlich der nicht mehr zulässigen Fälligkeitsregelung nicht gewollt ist. Ist der Sicherungscharakter einer Grundschuld ersichtlich oder soll eine Bank als Grundschuldgläubigerin eingetragen werden, ist davon auszugehen, dass die Grundschuld eine Geldforderung sichert. Entsprechend ist die Eintragungsbewilligung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass für das neu belastete Grundstück die gesetzlichen Fälligkeitsvoraussetzungen gelten sollen. Dies hat das Grundbuchamt von Amts wegen durch einen Klarstellungsvermerk zu kennzeichnen

Konsequenz
Von zwingenden Schutzvorschriften zugunsten des Grundstückseigentümers sind nur für ihn günstige Abweichungen, wie die Verlängerung der Kündigungsfrist für Gläubiger, möglich.

Berufstätige Kinder: Kein Anspruch auf Kindergeld?

Berufstätige Kinder: Kein Anspruch auf Kindergeld?

Kernproblem
Der Gesetzgeber hat mit dem Steuervereinfachungsgesetz die Anspruchsvoraussetzungen für das Kindergeld und den Kinderfreibetrag ab dem 1.1.2012 neu gefasst. Für volljährige Kinder in erstmaliger Berufsausbildung oder Erststudium werden die Steuervergünstigungen unabhängig von deren Einkünften und Bezügen gewährt. Dagegen kann ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder des Erststudiums nur berücksichtigt werden, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Unschädlich bleibt nur eine Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein Minijob. Die Verschlechterung der Gesetzeslage für berufsbegleitend studierende Kinder stand jetzt auf dem Prüfstand beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG).

Sachverhalt
Eine Mutter erhielt für ihren Sohn bis einschließlich Dezember 2011 Kindergeld. Der Sohn hatte im Juni 2008 seine Erstausbildung zum Bauzeichner beendet und wurde anschließend vom Ausbildungsbetrieb übernommen. Nach einem Jahr Berufspraxis begann er im August 2009 mit einem berufsbegleitenden Studium im Fachbereich Bautechnik/Tiefbau zum staatlich geprüften Techniker. Ab Januar 2012 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Verweis auf die Vollzeitbeschäftigung und die eingetretene Gesetzesänderung auf. Die Mutter sah Ausbildung und Studium als eine „Einheit“ an und vermochte nicht einzusehen, dass „einer der nichts tue oder in der Woche nur 20 Stunden arbeite, besser gestellt werde, als einer der bereit sei, die Strapazen einer Fortbildung auf sich zu nehmen und zudem noch länger als 20 Stunden in der Woche zu arbeiten“. Mit einer geringeren Stundenzahl wäre der Sohn auf Harz IV angewiesen gewesen.

Entscheidung
Nach Auffassung des FG hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten, die er an die Gewährung einer Steuervergünstigung knüpfen kann. Die Einführung der Verwaltungsvereinfachung durch Verzicht auf die Einkünfte- und Bezügegrenze habe nach der Gesetzesbegründung eine Änderung bei der Berücksichtigung von Kindern mit einer nebenbei ausgeübten Erwerbstätigkeit erfordert. Danach bestehe nach Abschluss der ersten Berufsausbildung oder eines Erststudiums die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage sei, sich selbst zu unterhalten. Die Vermutung könne durch die im Gesetz genannten Voraussetzungen widerlegt werden. Das sieht der Senat als zulässig an, weil das Kindergeld eine Steuervergütung darstellt und der Gesetzgeber nur gehalten ist, einkommensteuerrechtlich das Familienexistenzminimum freizustellen.

Konsequenz
Das Urteil ist bereits bestandskräftig geworden. Betroffenen Kindern bleibt zu empfehlen, dafür eigene Ausbildungskosten als Werbungskosten geltend zu machen.

Unterstützung von Angehörigen im Ausland

Unterstützung von Angehörigen im Ausland

Kernproblem
Werden bedürftige nahe Angehörige im Ausland unterstützt, kann ein steuerlicher Abzug als außergewöhnliche Belastung in Betracht kommen, denn es ist nicht Voraussetzung, dass die unterstützte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Der im Inland geltende steuerliche Höchstbetrag für die Unterstützung von zurzeit 8.354 EUR wird jedoch nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterstützten Person nach der Ländergruppeneinteilung der Finanzverwaltung gekürzt. Der Abzug setzt eine gesetzliche Unterhaltspflicht voraus, die nach inländischen Maßstäben zu bestimmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) haben Personen im arbeitsfähigen Alter die zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Quellen, insbesondere ihre Arbeitskraft, zunächst auszuschöpfen, um bedürftig zu sein. Die Finanzverwaltung fordert das grundsätzlich bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs, was aber der Praxis nicht gerecht wird, wie folgender Fall aufzeigt.

Sachverhalt
Eine Betriebswirtin unterstützte ihre in Russland lebende Mutter durch Bargeldübergaben und Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bei deren Besuch in Deutschland mit insgesamt 2.497 EUR. Die Mutter war 60 Jahre alt, bezog in Russland eine Rente von umgerechnet 2.173 EUR, und musste selbst wiederum ihre in der Ukraine lebende eigene Mutter persönlich pflegen und stand ganzjährig hierfür auf Abruf, wenn Engpässe bei deren Betreuung eintraten. Das passierte im Streitjahr für 3 Monate. Das Finanzamt folgte der Verwaltungsauffassung, die unabhängig von den Verhältnissen im Wohnsitzstaat eine Erwerbsobliegenheit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres voraussetzt, und kürzte den beantragten Abzug. Lediglich für den Zeitraum der eigenen Pflegedienste sollten die Voraussetzungen erfüllt sein, weil eine Erwerbstätigkeit dann nicht verlangt werden könne. Die Betriebswirtin klagte beim Finanzgericht (FG) Köln.

Entscheidung
Die Richter sahen eine Bedürftigkeit als gegeben an und gewährten den Abzug im Wesentlichen. Zwar könne nach der Rechtsprechung des BFH selbst bei Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung am Wohnsitz nicht ohne nähere Ermittlungen geschlossen werden, die unterstützte Person habe trotz Bemühens keine Arbeitsstätte gefunden. Die Anforderungen dürften allerdings nicht überspannt werden. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts müssten die Einkünfte auch objektiv erzielbar sein, was von den persönlichen Voraussetzungen wie z. B. Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiographie, Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhinge. Der Senat hielt es bei lebensnaher Betrachtung für ausgeschlossen, dass ein Arbeitgeber zu den geschilderten Bedingungen eine 60 Jahre alte Frau einstellen würde.

Konsequenz
Eine Kürzung des Abzugs wurde lediglich in Höhe der eigenen Einkünfte nach der Ländergruppenteilung (= 50 %) vorgenommen. Das FG hat die Revision zugelassen.

Gesellschafterdarlehen: Abgeltungsteuer für Zinsen?

Gesellschafterdarlehen: Abgeltungsteuer für Zinsen?

Kernaussage
Zinsen aus Gesellschafterdarlehen unterliegen nicht der Abgeltungsteuer. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Ausnahmeregelung von der Abgeltungsteuer wurde erneut gerichtlich bestätigt.

Sachverhalt
Die Beteiligten stritten darüber, ob die Abgeltungssteuer auf Zinsen anzuwenden ist, die eine GmbH-Gesellschafterin auf Darlehen erhält, die sie der GmbH eingeräumt hat. Im Bescheid über die Einkommensteuer des Jahres 2009 wurden die Zinserträge aus dem Gesellschafterdarlehen als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und forderte eine Besteuerung der Erträge mit der Abgeltungssteuer. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück. Zur Begründung verwies es auf den Ausnahmetatbestand von der Abgeltungssteuer, wonach Zinseinnahmen nicht der Abgeltungssteuer zu unterwerfen sind, wenn die Zinsen von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner entrichtet würden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt sei. Die Klägerin hielt einen Anteil von 50 % an der Gesellschaft.

Entscheidung
Die Münsteraner Finanzrichter folgten dem Finanzamt und bejahten die Verfassungsmäßigkeit der Ausnahmeregelung. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vor. Alle Fälle, in denen Gesellschafter Einfluss auf die Darlehensaufnahme von Gesellschaften haben, würden steuerlich gleich behandelt. Für die unterschiedliche Behandlung von Darlehenszinsen, die an fremde Dritte und an Gesellschafter gezahlt werden, gebe es sachliche Gründe, die die unterschiedlichen Rechtsfolgen rechtfertigten.

Konsequenz
Die Entscheidung überrascht nicht. Die Verfassungsmäßigkeit der Ausnahmetatbestände von der Abgeltungssteuer war in anderen Entscheidungen bereits nicht bezweifelt worden. Das Finanzgericht hat die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen.

Zur Schadensersatzpflicht beim Grundstücksverkauf

Zur Schadensersatzpflicht beim Grundstücksverkauf

Kernaussage
Bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten ist der Schadensersatzanspruch des Käufers eines Grundstücks gegen den Verkäufer auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts des Grundstücks beschränkt.

Sachverhalt
Die Klägerin kaufte von den beiden Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 260.000 EUR. Nach dessen Übergabe stellte die Klägerin fest, dass das Gebäude mit echtem Hausschwamm befallen ist. Das Landgericht erließ ein Grundurteil, wonach die Beklagten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind. Im anschließenden Betragsverfahren wurden die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 89.129,86 EUR sowie von 45.000 EUR als Ausgleich des nach der Schwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwerts verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch den weitergehenden durch den Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Die Urteile sind rechtskräftig. Nach weiteren Sanierungsmaßnahmen verlangt die Klägerin von den Beklagten 499.728,86 EUR. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Nach Ansicht des Kammergerichts (KG) ist die Ersatzpflicht der Beklagten nicht begrenzt. Bei der Prüfung, ob die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, sei nicht von dem Kaufpreis, sondern von dem Verkehrswert des mangelfreien Grundstücks auszugehen. Dieser liege bei (mindestens) 600.000 EUR, während die Zahlungen, zu denen die Beklagten bislang verurteilt worden sind, sich auf insgesamt 639.230,38 EUR beliefen und sie damit nur ca. 6 % über dem Verkehrswert lägen. Hiergegen gingen die Beklagten in Revision.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidung des KG auf. Bei unverhältnismäßigen Mangelbeseitigungskosten ist zum Schutz des Verkäufers der Schadensersatz auf den mangelbedingten Minderwert der Kaufsache beschränkt. Bei Grundstücksverträgen kann davon ausgegangen werden, dass Mangelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreien Zustand oder 200 % des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.

Konsequenz
Zutreffend zieht der BGH eine Obergrenze für Mängelbeseitigungskosten ein. Problematisch ist, wenn sich erst später herausstellt, dass die Kosten unverhältnismäßig sind. Entscheidend ist jedoch grundsätzlich der Beginn der Mängelbeseitigung. Nur dann besteht keine Ersatzpflicht, wenn ein wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits angefallenen Kosten nicht weiterführen würde.

Zur Behandlung von krankheitsbedingten Aufwendungen für Treppenlift

Zur Behandlung von krankheitsbedingten Aufwendungen für Treppenlift

Kernproblem
Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer abzugsfähig, soweit sie zwangsläufig sind und die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, hat der Steuerpflichtige durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen. Das formalisierte Nachweisverlangen betrifft z. B. Kuren, Psychotherapie, allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens als medizinische Hilfsmittel oder wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden. Für andere Aufwendungen gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung.

Sachverhalt
Eheleute ließen sich wegen der Gehbehinderung des zwischenzeitlich verstorbenen Ehemanns einen Treppenlift in ihr selbst genutztes Einfamilienhaus einbauen und machten beim Finanzamt die Aufwendungen von über 18.000 EUR geltend. Hierzu legten sie ein Attest des Hausarztes vor, der eine außergewöhnliche Gehbehinderung bescheinigte. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit Verweis auf das formalisierte Nachweisverlangen für medizinische Hilfsmittel ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies den Fall an das Finanzgericht zurück. Der geforderte Nachweis sei nur in den vom Gesetz abschließend aufgezählten Fällen zu erbringen, u. a. auch für Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Hierunter fallen nach der Definition im Sozialgesetzbuch V technische Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Darunter sei ein Treppenlift nicht zu subsumieren. Das Finanzgericht habe nun die erforderlichen Feststellungen zur medizinischen Notwendigkeit für die Maßnahme nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu treffen. Das Attest des Hausarztes sei dabei als Parteivortrag zu würdigen und könne nicht als Nachweis gewertet werden. Da weder das Finanzamt noch das Finanzgericht die erforderliche Sachkunde besäßen, sei gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Konsequenz
Bei pauschaler Ablehnung des Abzugs von Krankheitskosten durch das Finanzamt sollte kritisch geprüft werden, ob das Nachweisverlangen überhaupt gefordert werden kann. Noch besser ist es, das bereits vor Entstehung der Kosten zu tun, um gegebenenfalls die geforderten Voraussetzungen zu erfüllen.

ErbSt: Bewertungsabschlag für Grundstücke im Zustand der Bebauung

ErbSt: Bewertungsabschlag für Grundstücke im Zustand der Bebauung

Kernfrage
Für Grundstücke, die reine Vermietungsobjekte darstellen, gewährt das Erbschaftsteuergesetz in seiner derzeitigen Fassung einen 10 %igen Bewertungsabschlag. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte nunmehr darüber zu befinden, ob die Gewährung dieses Bewertungsabschlags eine bereits vorhandene Vermietung voraussetzt oder nicht.

Sachverhalt
Zwei Geschwister waren Miteigentümer einer von ihnen selbstgenutzten Immobilie. Daneben hatten sie zwei weitere Grundstücke erworben und mit dem Bau von Einfamilienhäusern begonnen, die sie nach Fertigstellung vermieten wollten. Vor Fertigstellung starb die Schwester und wurde vom Bruder beerbt. Dieser vermietete alle drei Objekte und beantragte die Gewährung des Bewertungsabschlages für Vermietungsobjekte im Rahmen der Erbschaftsteuer. Dies lehnte das Finanzamt unter anderem mit der Begründung ab, Teil des Nachlasses seien nur Objekt im Zustand der Bebauung geworden.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf gab dem Bruder zu zwei Dritteln Recht. Der Gesetzeswortlaut verlange für den Bewertungsabschlag bei Vermietungsobjekten gerade nicht deren Fertigstellung; entscheidend sei alleine, dass im Zeitpunkt des Todes eine konkrete Vermietungsabsicht vorliege. Entsprechend sei für die beiden noch nicht fertig gestellten Objekte, die die Geschwister gemeinsam vermieten wollten, der Bewertungsabschlag zu gewähren, auch wenn noch keine Fertigstellung erfolgt und kein Mietvertrag abgeschlossen gewesen sei. Für das im Todeszeitpunkt selbst genutzte Objekt, das auch nicht vermietet werden sollte, könne der Bewertungsabschlag entsprechend nicht gewährt werden.

Konsequenz
Die Entscheidung ist positiv zu sehen, weil sie den Bewertungsabschlag nicht an die Fertigstellung eines Objekts knüpft, also insbesondere in Fällen plötzlichen Versterbens hilft. Allerdings wird das Bestehen einer konkreten Vermietungsabsicht regelmäßig eine Beweisbarkeitsfrage sei. Das Finanzgericht hat konsequenterweise auch die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

Zuwendung: Rückforderung vom Lebensgefährten

Zuwendung: Rückforderung vom Lebensgefährten

Kernaussage
Eine Zuwendung ist auch dann als unbenannte Zuwendung einzuordnen, wenn sie den Lebensgefährten erst für den Fall des Todes finanziell absichern soll, sofern in der zugrundeliegenden Abrede gleichwohl zum Ausdruck kommt, dass die Solidarität der Parteien auch über den Tod des Zuwendenden hinaus wirken und damit zugleich die Verbundenheit der Lebenspartner zu Lebzeiten bekräftigen soll. Die Grundlage der Zuwendung fällt jedoch mit der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft weg.

Sachverhalt
Der Kläger, Inhaber eines Sparbriefs in Höhe von 50.000 EUR mit Laufzeit bis Ende Oktober 2009, lebte seit dem Jahr 2003 mit der Beklagten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Im Mai 2007 unternahmen die Parteien eine mehrmonatige gemeinsame Europareise. Kurz zuvor veranlasste der Kläger die Aufteilung des Sparbriefs, wobei eines der neuen Papiere über einen Betrag von 25.000 EUR auf den Namen der Beklagten ausgestellt wurde. Anfang Oktober 2008 trennten sich die Parteien. Mit der Klage verlangt der Kläger zunächst die Herausgabe des Sparbriefs und nach Gutschrift des Geldbetrages auf einem Konto der Beklagten die Zahlung von 25.000 EUR nebst Zinsen durch den Nachlassverwalter der zwischenzeitlich verstorbenen Beklagten.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Berufungsurteil auf und gab der Klage statt. Anders als das Oberlandgericht war der BGH der Auffassung, dass die Ausstellung des Sparbriefs auf den Namen der Beklagten nicht als Schenkung sondern als unbenannte Zuwendung unter Lebensgefährten einzuordnen ist. Sie diente der Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. In der zugrundeliegenden Abrede kam gleichwohl zum Ausdruck, dass die Solidarität der Parteien auch über den Tod des Klägers hinaus wirken und damit zugleich die Verbundenheit der Lebenspartner zu Lebzeiten bekräftigt werden sollte. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Zuwendung die Beklagte erst für den Fall des Todes des Klägers finanziell absichern sollte. Mit Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist auch der Grund für die Zuwendung weggefallen, so dass der Kläger Anspruch auf Rückzahlung hat.

Konsequenz
Soll die Zuwendung die Lebens- und Versorgungsgemeinschaft erhalten und sichern, verfolgt der Zuwendende auch eigennützige Zwecke; es handelt sich um keine Schenkung. Ausgleichsansprüche können nach einer Trennung oder nach dem Tod desjenigen Lebensgefährten, der die Zuwendung erhalten hat, entstehen.

Zur Anwendbarkeit von § 16 BewG bei Erbschaft- und Schenkungsteuer

Zur Anwendbarkeit von § 16 BewG bei Erbschaft- und Schenkungsteuer

Kernfrage
Um sicherzustellen, dass die standardisierten Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes für Wirtschaftsgüter einerseits und dauerhafte Nutzungen (Nießbrauch, Wohnrecht usw.) andererseits nicht dazu führen, dass der Kapitalwert der abzugsfähigen Nutzung höher sein kann als der Wert des Wirtschaftsgutes selber, ist im Bewertungsgesetz eine Höchstbetragsbegrenzung vorgesehen. Der Bundesfinanzhof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob diese Bewertungsvorschrift auch auf Erwerbe nach Inkrafttreten der Erbschaftsteuerreform anwendbar ist.

Sachverhalt
Geklagt hatte ein Erwerber, der Eigentum an einer Immobilie erworben hatte, an der ein lebenslanges Wohnrecht bestellt war. In der Schenkungsteuererklärung wurden auf der Grundlage eines Sachverständigengutachten ermittelte Werten angegeben; allerdings verzichtete der Erwerber darauf, einen niedrigeren gemeinen Wert für das Objekt zu ermitteln und zu erklären. Das Finanzamt begrenzte in seinem Schenkungsteuerbescheid die Abzugsfähigkeit der lebenslangen Nutzung auf der Grundlage der bewertungsrechtlichen Begrenzungsvorschrift, in dem es den Grundbesitzwert durch 18,6 teilte und damit zu einem um rund die Hälfte geringeren Jahreswert der Nutzung gelangte als der Sachverständige. Die hiergegen gerichtete Klage hatte zunächst Erfolg, wurde aber nunmehr durch den Bundesfinanzhof abgewiesen.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof erklärt die bewertungsrechtliche Begrenzungsvorschrift zunächst auch für die Rechtslage nach der Erbschaftsteuerreform für anwendbar, weil Sinn und Zweck der Norm sich nicht geändert hätten. Dies gelte jedenfalls, wenn die Nutzung erst nach Ermittlung des Grundbesitzwertes im Rahmen der vorgesehenen Bewertungsverfahren für Grundbesitz auf Ebene der Festsetzung der Erbschaftsteuer zum Abzug gelange (Stichwort: Abzug von auf dem Wirtschaftsgut lastenden Verbindlichkeiten mit ihrem Kapitalwert). Diese Vorgehensweise greife auch nicht in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen ein, weil es dem Steuerpflichtigen unbelassen sei, die wertmindernde Nutzung bereits auf Bewertungsebene im Rahmen des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Wertes zu berücksichtigen, was aber im konkreten Fall nicht erfolgt war.

Konsequenz
Die Entscheidung macht deutlich, dass Bewertungsvorschriften, wenn bei der Bewertung abzugsfähige Nutzungen eine Rolle spielen können, besonderes Augenmerk geschenkt werden muss. Insbesondere sollte eine Vergleichsrechnung dahingehend erfolgen, ob mit dem Kapitalwert der Nutzung nicht ein niedrigerer gemeiner Wert nachgewiesen werden kann. Auf Ebene der Steuerfestsetzung droht jedenfalls die Begrenzung der Abzugsfähigkeit.

Regelmäßige Arbeitsstätte beim Ausbildungsverhältnis

Regelmäßige Arbeitsstätte beim Ausbildungsverhältnis

Kernproblem
Ob ein Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte (ab 2014: erste Tätigkeitsstätte) hat, kann Anknüpfungspunkt für viele steuerliche Fragestellungen sein. Dies gilt z. B. für die Bemessung von steuerlichen Sachbezügen bei der Überlassung eines Dienstwagens oder im Reisekostenrecht. Gleichwohl sind Fälle ohne das Vorliegen einer Arbeitsstätte denkbar. Solche Arbeitnehmer haben dann Dienstreisen und können unter anderem Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten 3 Monate oder höhere Fahrtkosten geltend machen. Erst zuletzt hatte der Bundesfinanzhof (BFH) bei einem auf 2 Jahre befristeten Zeitsoldaten und einem 3 Jahre abgeordneten Beamten die Fahrten als Reisekosten eingestuft.

Sachverhalt
Im Streitfall ging es um die Fahrten eines Auszubildenden in den Ausbildungsbetrieb seines Vaters sowie zur Berufsschule. Während das Finanzamt die Fahrten zur Berufsschule nach Dienstreisegrundsätzen behandelte, setzte es die Fahrten in den Betrieb mit der Entfernungspauschale an. In der Folge musste der Vater das im Jahr 2011 noch letztmalig einkommensabhängig gewährte Kindergeld zurückzahlen. In der erfolgreichen Klage hatte sich das Finanzgericht Rheinland-Pfalz von einer Entscheidung des BFH leiten lassen, der die Fahrtaufwendungen eines FH-Studenten während der beiden praktischen Studiensemester als Reisekosten gewertet hatte, und im Streitfall ebenso entschieden. Der BFH musste über die Revision des Finanzamts entscheiden.

Entscheidung
Der 3. Senat des BFH würdigt die Fahrten von Auszubildenden zum Ausbildungsbetrieb als solche zur regelmäßigen Arbeitsstätte. Das gelte zumindest für Ausbildungsdienstverhältnisse mit Bezug von Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit, bei denen der Auszubildende dem Ausbildungsbetrieb zugeordnet sei und diesen fortlaufend aufsuche, um dort seine für den Ausbildungszweck zentralen Tätigkeiten zu erbringen. Allein der Umstand, dass ein Ausbildungsverhältnis regelmäßig zeitlich befristet sei, reiche nicht aus, die Qualifikation als regelmäßige Arbeitsstätte zu versagen. Entgegen der Vorentscheidung sei der Fall des Studenten nicht vergleichbar, weil dort die Hochschule Mittelpunkt der Tätigkeit bliebe und zudem keine Einkünfte erzielt wurden.

Konsequenz
In Teilen der Literatur wird die Auffassung des 3. Senats in Zweifel gezogen, zumal sie zum Kindergeld und in Divergenz zu den Entscheidungen des 6. Senats im Zusammenhang mit Fahrtaufwendungen zur Universität bzw. während des Praxissemesters ergangen ist. Mit Hinweis auf ein weiteres anhängiges Verfahren (Fahrtkosten bei dualer Ausbildung) wird empfohlen, Verfahren offenzuhalten, auch um abzuwarten, ob Verfassungsbeschwerde eingelegt wird.