Archiv der Kategorie: Privatbereich

Höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1.7.2013

Höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1.7.2013

Kernaussage
Ab dem 1.7.2013 gelten höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen. Erhöht werden die geschützten Beträge, die bei einer Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte nicht gepfändet werden dürfen.

Hintergrund
Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen können. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1.7 eines jeden zweiten Jahres an die Entwicklung des steuerlichen Freibetrags für das sächliche Existenzminimum angepasst. Zuletzt sind die Pfändungsfreigrenzen zum 1.7.2011 erhöht worden.

Konkrete Anpassungen
Der steuerliche Grundfreibetrag hat sich seit dem letzten Stichtag um 1,57 % erhöht. Hieraus ergibt sich eine entsprechende Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen. Ab dem 1.7.2013 beträgt der monatlich unpfändbare Grundbetrag 1.045,04 EUR (bisher: 1.028,89 EUR). Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, um monatlich 393,30 EUR (bisher: 387,22 EUR) für die erste und um jeweils weitere 219,12 EUR (bisher 215,73 EUR) für die zweite bis fünfte Person. Je höher die Zahl der Unterhaltsberechtigten ist, desto höher ist der pfändungsfreie Betrag. Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag ebenfalls ein bestimmter Anteil.

Konsequenz
Die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen bilden den zentralen Bereich des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen. Zu beachten bleibt jedoch, dass bestimmte Einkommensbestandteile wie etwa Aufwandsentschädigungen, Gefahrenzulagen, Erziehungsgelder und Studienbeihilfen, aber auch unterschiedliche Formen von Renten- und Unterstützungsleistungen der Pfändung nicht oder nur bedingt unterworfen sind. Sonderregelungen gelten auch für die Pfändbarkeit im Fall der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen. Hier gelten die gesetzlich bezeichneten Pfändungsgrenzen nicht. Die Person, die ihre Unterhaltspflichten nicht erfüllt, muss im Fall der Zwangsvollstreckung mit deutlich weniger auskommen, als es sich nach den Beträgen der im Bundesgesetzblatt abgedruckten Tabellen ergibt. Besonderheiten gelten ebenfalls für den Fall der Kontopfändung. Ist das Arbeitseinkommen dem Schuldnerkonto gutgeschrieben, ist der gegen den Arbeitgeber gerichtete Zahlungsanspruch auf Arbeitslohn erfüllt. Stattdessen besteht nun gegenüber der kontoführenden Bank ein Anspruch auf Auszahlung der überwiesenen Beträge. Dieser Anspruch ist nicht in gleicher Weise geschützt wie das Arbeitseinkommen selbst. Kontopfändungsschutz wird seit dem 1.1.2012 ausschließlich durch das Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gewährleistet. Solche können nur für natürliche Personen vereinbart werden. Beim P-Konto erhält der Schuldner ohne gerichtliches Verfahren einen automatischen Sockel-Pfändungsschutz, der ab 1.7.2013 1.045,04 Euro beträgt.

Arbeitnehmer muss sein Zeugnis im Betrieb abholen

Arbeitnehmer muss sein Zeugnis im Betrieb abholen

Rechtslage
Jedem Arbeitnehmer steht am Ende des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis zu. In der Regel wird es dem Arbeitnehmer zugeschickt; dies stellt aber dem Grunde nach eine Serviceleistung des Arbeitgebers dar. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat jetzt grundsätzlich darüber befunden, wer verpflichtet ist, ein Zeugnis an welcher Stelle abzuholen bzw. zu übergeben.

Sachverhalt
Im Ergebnis handelt es sich bei der Entscheidung um eine sogenannte Kostenentscheidung, weil sich das Verfahren erledigt hatte. Zugrunde lag folgender Sachverhalt: Der Kläger hatte einen eigenen Zeugnisvorschlag vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber übersandt. Dieses Zeugnis sollte zunächst dem Kläger zugesandt werden, da der Zeugnistermin aber noch nicht erreicht war, teilte der Arbeitgeber dem Kläger zuletzt mit, das Zeugnis könne am Zeugnistermin (= Datum des letzten Arbeitstages) abgeholt werden. Als der Arbeitgeber nach Aufforderung zur Zusendung des Zeugnisses das Zeugnis nicht übersandte, erhob der Kläger Klage auf Zeugniserteilung. Im Gerichtstermin wurde das Zeugnis schließlich übergeben, worauf hin über die Kosten der Zeugniserteilungsklage zu entscheiden war.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht entschied zu Lasten des klagenden Arbeitnehmers. Wenn keine besondere Regelung, z. B. im Arbeitsvertrag, vorliegt und auch keine besonderen Umstände bestehen, die dafür sprechen, dass das Zeugnis auf einem besonderen Weg übergeben werden sollte, dann greifen die allgemeinen Regelungen, wonach die Leistung (= Übergabe des Zeugnisses) am Ort des Schuldners (= der Arbeitgeber) zu erbringen sei. Mit anderen Worten, bei der Zeugniserteilung handelt es sich dem Grunde nach um eine Holschuld des Arbeitnehmers.

Konsequenz
Für die Erteilung des Endzeugnisses gilt, dass es am letzten Arbeitstag am Sitz des Arbeitgebers zu übergeben ist. Eine Klage auf Zeugniserteilung ohne einen eigenen Abholversuch birgt damit die Gefahr, dass der Arbeitnehmer die Kosten des Rechtsstreits, wenn er in den Gerichtstermin geht, zu übernehmen hat.

Welche Entfernungspauschale gilt für Reisetage: ganze oder halbe?

Welche Entfernungspauschale gilt für Reisetage: ganze oder halbe?

Kernaussage
Wird aufgrund einer Dienstreise lediglich die Hin- oder Rückfahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rahmen der so genannten Pendlerpauschale durchgeführt, steht dem Steuerpflichtigen die Entfernungspauschale in unverminderter Höhe von 0,30 EUR je Entfernungskilometer zu.

Sachverhalt
Ein Steuerberater trat an verschiedenen Tagen aufgrund von vor oder im Anschluss an Mandantenbesuche stattfindenden Büroaufenthalten (Dienstreise) lediglich eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an. Für die Fahrten zwischen Wohnung und Büro machte er die tatsächlichen Kosten geltend. Das Finanzamt gewährte ihm daraufhin jedoch lediglich den Abzug der Pendlerpauschale unter Berücksichtigung der halben Pendlerpauschale in Höhe von 0,15 EUR je Entfernungskilometer. Im Anschluss an das erfolglose Einspruchsverfahren legte der Steuerpflichtige Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster ein.

Entscheidung
Die Münsteraner Richter entschieden, dass die Fahrten nicht mit den tatsächlich hierfür angefallenen Kosten, sondern nur nach den Grundsätzen der Pendlerpauschale berücksichtigt werden können. Die Regelungen zur Pendlerpauschale rechtfertigten jedoch nicht die durch das Finanzamt vorgenommene hälftige Kürzung der Kosten je Entfernungskilometer, sodass auch an Tagen einfach durchgeführter Fahrten die volle Pendlerpauschale in Höhe von 0,30 EUR zu gewähren sei. Die Richter begründeten ihre Auffassung mit der Gesetzesformulierung, aus der sich unmissverständlich ergebe, dass die Pendlerpauschale unabhängig davon, wie oft die Strecke je Arbeitstag zurückgelegt werde, welches Verkehrsmittel benutzt oder welche Kosten tatsächlich angefallen seien, in voller Höhe berücksichtig werde.

Konsequenz
Die Sichtweise des Finanzgerichts muss für Arbeitnehmer entsprechend gelten. Für sie kann das Urteil zu einer erhöhten Pauschalierungsmöglichkeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber führen. Die Pauschalierung der Lohnsteuer mit einem Steuersatz von 15 % ist auf den Betrag der geltend zu machenden Pendlerpauschale beschränkt. Führt der Arbeitnehmer an einem Tag lediglich eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch, könnte die Pauschalierung somit trotzdem in Höhe der regulären Pendlerpauschale erfolgen. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.

Grundstücksübertragung ohne Zustimmung des Ehegatten?

Grundstücksübertragung ohne Zustimmung des Ehegatten?

Kernaussage
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hierzu entschied der Bundesgerichtshof kürzlich: Wenn ein im gesetzlichen Güterstand lebender Grundstückseigentümer über ein ihm gehörendes Grundstück ohne Zustimmung des Ehegatten verfügt, darf das Grundbuchamt seine Verfügungsbefugnis nur anzweifeln, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der gesetzlichen Einschränkung bestehen.

Sachverhalt
Die Ehefrau lebte mit ihrem Ehemann im gesetzlichen Güterstand. Sie besaß ein Grundstück sowie zur Hälfte das mit ihrem Ehemann bewohnte Haus. Mit notariellem Erbvertrag aus Juni 2006 setzte die Ehefrau ihren Sohn zu ihrem alleinigen Erben ein. Außerdem erklärte sie in der notariellen Urkunde, sie beabsichtige, den Grundbesitz schon zu Lebzeiten auf ihn zu übertragen. Für den Fall, dass die beabsichtigte Grundstücksübertragung nicht bis Ende 2010 zu notariellem Protokoll erklärt worden sei, erteile sie dem Sohn unwiderrufliche Vollmacht, den Grundbesitz auf sich zu übertragen. Der Ehemann wies 2010 das Grundbuchamt darauf hin, dass die Übertragung seiner Zustimmung bedürfe, da das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen der Ehefrau darstelle. Es habe einen Wert von ca. 2,5 bis 4 Mio. EUR, das restliche Vermögen der Ehefrau betrage etwa 260.000 EUR. Nachdem der Sohn das Grundstück auf sich übertragen hatte, wurde er im Grundbuch eingetragen. Den Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs lehnte das Grundbuchamt ab.

Entscheidung
Der BGH wies die Beschwerde – wie auch zuvor das OLG – gegen die Ablehnung des Eintrags eines Amtswiderspruchs ab. Das Grundbuchamt hat keine gesetzlichen Vorschriften verletzt. Das Zustimmungsbedürfnis bildet die Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des Ehegatten. Es greift, wenn Eheleute sich verpflichten, über das Vermögen im Ganzen zu verfügen. Das Grundbuchamt ist nur dann zu einer Beanstandung verpflichtet, wenn konkrete Anhaltspunkte für die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der gesetzlichen Bestimmung vorliegen. Hier enthielt die Urkunde aus Juni 2006 kein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft, da es sich nur um eine Absichtserklärung handelte. Auch die Vollmacht ist, anders als das Geschäft des Vertreters, nicht von der gesetzlichen Verfügungsbeschränkung erfasst. Schließlich hat der Ehemann auch 2010 nicht nachgewiesen, dass das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen ausmacht. Es fehlen auch konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn – auch wenn eine solche Kenntnis bei engen Verwandten nahe liegt – Kenntnis davon hatte, dass ein Gesamtvermögensgeschäft vorlag.

Konsequenz
Bei Gesamtvermögensgeschäften ist es für den anderen Ehegatten entscheidend, dass er den Nachweis darüber erbringt.

Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

Kernaussage
Scheidet ein Arbeitnehmer, der unbedingt und schnell zu einem anderen Unternehmen wechseln möchte, lediglich aufgrund eines mündlichen Aufhebungsvertrags aus dem Arbeitsverhältnis aus, so kann er sich Jahre später regelmäßig nicht mehr auf einen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftformpflicht berufen. Die Berufung auf das Schriftformerfordernis ist in diesem Fall treuwidrig. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer bereits ein neues Arbeitsverhältnis mit einem dritten Arbeitgeber eingegangen ist.

Sachverhalt
Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten. 2007 wechselte die Klägerin auf eigenen Wunsch zu einem Schwesterunternehmen der Beklagten in die Schweiz. Die Beklagte verzichtete auf Einhaltung der Kündigungsfrist und schrieb der Klägerin, dass das Anstellungsverhältnis zum 30.7.2007 endet. Im August 2011 kündigte das Schwesterunternehmen der Klägerin. Daraufhin verklagte die Klägerin das Schwesterunternehmen auf eine Abfindung unter Anrechnung der Vorbeschäftigung, machte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend und nahm ein neues Arbeitsverhältnis in der Schweiz an.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht entschied, anders als die Vorinstanz, dass die Klägerin keine Weiterbeschäftigung verlangen kann. Zwar ist das Arbeitsverhältnis 2007 nicht formwirksam beendet worden. Entgegen der gesetzlichen Schriftformbestimmung fehlt die Schriftform für den Aufhebungsvertrag. Hierauf kann sich die Klägerin aber wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben nicht berufen. Es liegt ein widersprüchliches Verhalten vor. Denn der Klägerin wurde eine reibungslose Beendigung ihres Arbeitsverhältnis auf ihren Wunsch ermöglicht. Auf die schriftliche Bestätigung, die jedoch nicht der Schriftform genügt, da auch die Klägerin den Aufhebungsvertrag hätte unterschreiben müssen, hat diese nicht reagiert. Erst 4 Jahre später hat sich die Klägerin an den Formverstoß erinnert, was jedoch widersprüchlich zu ihrem Vorverhalten ist. Weiter hat die Klägerin durch die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht, dass sie nie an den Fortbestand des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses geglaubt hat.

Konsequenz
Der Arbeitnehmer kann sich bei einem Formverstoß nicht „die Rosinen rauspicken“, indem er 4 Jahre später einen Formverstoß rügt, der ihm vorher egal war und sogar seinem Willen entsprach. In einer solchen Situation widerspricht es Treu und Glauben, sich auf den Formverstoß zu berufen.

BFH begünstigt Leerstandszeiten bei untervermieteten Räumen

BFH begünstigt Leerstandszeiten bei untervermieteten Räumen

Kernproblem
Ist die Vermietung einer Wohnung auf Dauer beabsichtigt, können auch Werbungskosten in einer Leerstandsphase steuerlich geltend gemacht werden. Stutzig wird das Finanzamt jedoch, wenn ein Objekt längere Zeit, womöglich Jahre leersteht. Hier stellt sich dann die Frage, ob die Vermietungsabsicht nicht aufgegeben wurde. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Vermietungsbemühungen an den Markt anzupassen oder zu intensivieren sind. Besonderheiten gibt es auch bei der Vermietung von Ferienwohnungen. Wegen der Trennung zu den Kosten der privaten Lebensführung sind strengere Anforderungen zu erfüllen, falls die Wohnung auch selbstgenutzt werden kann. Die hierauf beruhende Rechtsprechung wurde jetzt in einem weiteren Fall vom BFH angewendet, in dem es um die Untervermietung einzelner Räume einer Wohnung ging. Streitpunkt waren auch hier die Leerstandszeiten.

Sachverhalt
Ein Lehrer und Bewohner einer fast 190 qm großen Wohnung mit 6 Wohnräumen nutze 2 Zimmer selbst und vermietete 4 Zimmer mit Unterbrechungen an verschiedene Untermieter weiter. Gemeinschaftseinrichtungen (Flur, Küche, Bad) wurden gemeinsam genutzt. In seiner Einkommensteuererklärung beantragte er den Abzug der Aufwendungen für die zur Vermietung bereitstehenden Zimmer. Die Kosten der Gemeinschaftseinrichtungen teilte er nach (5) Köpfen auf. Das Finanzamt wich davon ab, indem es die Leerstandszeiten der Privatnutzung zurechnete und alle Gemeinschaftskosten nach Fläche aufteilte. Der dagegen eingelegten Klage gab das Finanzgericht nur insoweit statt, als es die Aufteilung der Gemeinschaftskosten nach Köpfen akzeptierte. Der Lehrer zog daraufhin vor den BFH.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH sind die Leerstandszeiten der Vermietungstätigkeit zuzurechnen. Das gilt zumindest insoweit, wie nach vorheriger und auf Dauer angelegter Vermietung vorübergehend leerstehende Objekte weiterhin für eine Neuvermietung bereitgehalten werden. Eine theoretische Selbstnutzungsmöglichkeit steht dem nicht entgegen. Der BFH orientiert sich dabei an seiner Rechtsprechung zur Vermietung von Ferienwohnungen. Denn auch hier ist bei in Eigenregie oder durch einen Dritten ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietete und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltene Wohnungen ohne weitere Prüfung von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen und Leerstandszeiten der Vermietungstätigkeit zuzurechnen.

Konsequenz
Neben der Anwendbarkeit bei der Vermietung von Messezimmern gelten die Grundsätze der Rechtsprechung zur Ferienwohnung jetzt auch bei Untervermietung von einzelnen Räumen. Aber Vorsicht: Werden Räume oder Wohnungen auch selbstgenutzt (oder wie bei Ferienwohnungen eine Selbstnutzung vorbehalten), muss eine Prognose über die Einkunftserzielungsabsicht entscheiden. Im Fall von Ferienwohnungen haben es diejenigen besser, die sich keine Selbstnutzung vorbehalten, es aber dennoch tun und trotzdem den Vermietungsdurchschnitt der Ferienregion erreichen. Das ist zwar ungerecht und wird vom BFH zurzeit geprüft, hat aber noch Bestand.

Gesamtbild des Prospekts ist bei Fehlerbeurteilung maßgeblich

Gesamtbild des Prospekts ist bei Fehlerbeurteilung maßgeblich

Kernaussage
Für die Beurteilung der Schadensersatzpflicht aufgrund eines Prospektfehlers kommt es nicht isoliert auf eine einzelne Bestimmung, sondern das Gesamtbild des Prospekts an.

Sachverhalt
Der Kläger beteiligte sich auf der Grundlage eines Prospekts im Jahr 1993 an einem geschlossenen Immobilienfonds. Organisiert war der Fonds als GbR. Im Prospekt hieß es zur Haftung der Gesellschafter: „Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft. Diese Haftungsbeschränkung hat die Geschäftsführung/der Geschäftsbesorger der Gesellschaft durch Aufnahme entsprechender Vereinbarungen in die Verträge mit Dritten sicherzustellen. Soweit Gläubiger durch Grundpfandrechte gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück – wie auch für öffentliche Lasten – insgesamt. Darüber hinaus haften die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung.“ Nach Liquiditätsschwierigkeiten wurde der Fonds liquidiert. Der Kläger musste einen Verlustanteil von 83.000 Euro tragen. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz vom Gründungsgesellschafter, da der Prospekt fehlerhaft sei. In dem Prospekt werde der Eindruck erweckt, dass das Fondsgrundstück vorrangig vor den Gesellschaftern hafte.

Entscheidung
Der BGH entschied in letzter Instanz, dass kein Prospektfehler und damit kein Schadensersatzanspruch besteht. Es wurde nicht der Eindruck in dem Prospekt erweckt, dass die Gesellschafter erst nach der Grundstücksverwertung in Anspruch genommen werden können. Denn dem Wort „zunächst“ kommt nicht nur die Bedeutung „zeitlich vorrangig“ zu, sondern es kann auch im Sinne einer abstrakten Reihenfolge bzw. einer Aufzählung zu verstehen sein. Im Übrigen ist das Gesamtbild des Prospekts entscheidend. Hier kam nicht zum Ausdruck, dass die Gesellschafter erst nach der Grundstücksverwertung haften.

Konsequenz
Der BGH zeigt sich nicht anlegerfreundlich. Die Entscheidung liegt jedoch auf der bisherigen Linie, dass nicht isoliert missverständliche Passagen eines Prospekts zum Schadensersatz führen.

Private Steuerschulden im Todesjahr sind abziehbare Nachlassverbindlichkeiten

Private Steuerschulden im Todesjahr sind abziehbare Nachlassverbindlichkeiten

Hintergrund
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte Mitte 2012 entschieden, dass vom Erblasser herrührende Einkommensteuerverbindlichkeiten – und zwar auch solche für das Todesjahr, in dem die Einkommensteuerschuld dem Grunde nach noch nicht entstanden war – als Nachlassverbindlichkeiten die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer mindern.

Erlassinhalt
Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat nunmehr mittels Erlass und mit Wirkung für die Finanzverwaltung dieses Urteil des BFH in eine Verwaltungsanweisung umgesetzt und damit die Finanzverwaltung zur Beachtung der Rechtsprechung verpflichtet. Die noch anders lautende Regelungen in den Erbschaftsteuerrichtlinien verliert damit ihre Wirksamkeit.

Konsequenz
In allen noch offenen Fällen sind sämtliche vom Erblasser herrührende Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeit mindern zu berücksichtigen.

Wann ist eine Tatsache dem Finanzamt nachträglich bekannt geworden?

Wann ist eine Tatsache dem Finanzamt nachträglich bekannt geworden?

Kernaussage
Erklärt der Steuerpflichtige nicht entweder einen Veräußerungsgewinn selber oder alle für die Ermittlung des Gewinns relevanten Zahlen in seiner Steuererklärung, so verletzt er gegenüber dem Finanzamt seine Mitwirkungspflicht. Erfährt das Finanzamt dann nachträglich von diesem Gewinn, so kann es einen einmal erlassenen bereits bestandskräftigen Einkommenssteuerbescheid ändern.

Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 2003 Anteile an einer GmbH aus einem Insolvenzverfahren unter Einsatz von 179.000 Euro erworben. Im Jahr 2006 erhielt der Kläger Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto der GmbH in Höhe von 1,4 Mio. Euro. In seiner Steuererklärung 2006 machte der Kläger weder Angaben zu Ausschüttungen und Anschaffungskosten noch legte er eine Gewinnermittlung vor. Er fügte lediglich eine Steuerbescheinigung der GmbH über die Zahlung der 1,4 Mio. Euro bei. Im Rahmen einer nachfolgenden Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die aus dem Einlagenkonto zugeflossenen Zahlungen die Anschaffungskosten der Anteile überstiegen haben. Das Finanzamt wertete dies als Veräußerungsgewinn und passte den Steuerbescheid entsprechend an.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte das Vorgehen des Finanzamts. Voraussetzung für die Änderungsmöglichkeit ist, dass dem Finanzamt nachträglich neue Tatsachen bekannt werden. Als neu gelten Tatsachen, die dem Finanzamt bei Abschluss des Steuerbescheides nicht bekannt waren. Neu ist eine Tatsache hingegen nicht, wenn sie dem Finanzamt bei ordentlicher Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Im Rahmen dieser Ermittlungspflicht muss der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht durch richtiges, vollständiges Ausfüllen der Steuererklärung nachkommen. Zwar verlangt der Amtsermittlungsgrundsatz, dass das Finanzamt allen Zweifelsfragen, die sich offenkundig aufdrängen, nachgehen muss; allerdings stellt der Bundesfinanzhof klar, dass eine mögliche Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Finanzamtes hier dahinstehen kann. Denn der Kläger hatte seiner Mitwirkungspflicht ebenfalls nicht ausreichend genügt, da es an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Deutlichkeit der Steuererklärung mangelte.

Konsequenz
Der Bundesfinanzhof präzisiert die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen für Ausschüttungsgewinne. Die Vorlage einer Steuerbescheinigung über rückgezahlte Beträge reicht nicht aus. Es sind alle relevanten Daten anzugeben, die erforderlich sind, um dem Finanzamt eine Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens zu ermöglichen. Verletzt der Steuerpflichtige diese Pflicht zum richtigen, vollständigen und deutlichen Ausfüllen der Steuererklärung, verhindert auch eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Finanzamtes nicht die nachträgliche Änderung des Steuerbescheides.

Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abziehbar?

Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abziehbar?

Kernaussage
Nach dem Gesetz bekommt den Pflichtteil ein Abkömmling des Erblassers, der durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Das gleiche Recht steht auch den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu. Ist der Pflichtteilsberechtigte der Alleinerbe des Verpflichteten, erlischt der Pflichtteilsanspruch zivilrechtlich. Erbschaftsteuerlich behält er hingegen sein Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils.

Sachverhalt
Der im Jahre 2003 verstorbene Vater der Klägerin wurde von ihrer Mutter aufgrund eines so genannten Berliner Testaments allein beerbt. Erbschaftssteuer war für diesen Erwerb von Todes wegen nicht festzusetzen, weil die der Mutter zustehenden Freibeträge nicht überschritten waren. Die Klägerin ist Alleinerbin der später verstorbenen Mutter. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer gegen sie fest, ohne dabei den der Klägerin aufgrund der Enterbung durch den Vater zustehenden Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Die Klägerin teilte dem Finanzamt daraufhin mit, den bisher noch nicht verjährten Pflichtteilsanspruch nunmehr geltend zu machen und bat um entsprechende Reduzierung des auf sie übergegangenen Nachlasses der Mutter. Das Finanzamt folgte dem nicht.

Entscheidung
Der BFH gab der Klägerin schließlich Recht. Zu den nach dem Erbschaftsteuergesetz abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören u. a. Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen. Damit übereinstimmend gilt ein Pflichtteilsanspruch erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er geltend gemacht wird. Verstirbt der Pflichtteilsverpflichtete (hier die Mutter) vor erlöschen des Pflichtteilsanspruchs, so ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sodann dessen Erbe verpflichtet. Wird der Anspruch dann geltend gemacht, wirkt dies erbschaftsteuerlich auf den ursprünglichen Nachlass (hier der Nachlass des Vaters) zurück. Dies gilt auch dann, wenn der ursprüngliche Verpflichtete nicht damit rechnen musste, den Pflichtteilsanspruch zu Lebzeiten erfüllen zu müssen. Zivilrechtlich kann die Erfüllung des Anspruchs dann nicht mehr verlangt werden, wenn eine Konfusion von Forderung und Schuld in einer Person entsteht (wie hier bei der Klägerin der Fall). Das Erbschaftsteuerrecht folgt hinsichtlich dieser Konfusion allerdings nicht der zivilrechtlichen Beurteilung. Vielmehr gelten die infolge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen. Diese Fiktion umfasst auch das Recht des Pflichtteilsberechtigten, der der Alleinerbe des Pflichtteilsverpflichteten ist, die Geltendmachung des Pflichtteils fiktiv nachzuholen.

Konsequenz
Selbst wenn ein Steuerschuldner zugleich Pflichtteilsberechtigter und Pflichtteilsverpflichteter in einer Person sind, kann er vor Verjährung des Anspruchs diesen steuerrechtlich geltend machen und ihn als Nachlassverbindlichkeit abziehen.