Archiv der Kategorie: Privatbereich

Vorsätzliche Manipulation der Arbeitszeiterfassung rechtfertigt fristlose Kündigung

Vorsätzliche Manipulation der Arbeitszeiterfassung rechtfertigt fristlose Kündigung

Kernaussage

Die Parkplatzsuche eines Arbeitnehmers auf dem Firmenparkplatz ist grundsätzlich noch keine Arbeitszeit. Wird die Suche dennoch als Arbeitszeit erfasst, kann dieses Verhalten eine fristlose Kündigung rechtfertigen; so entschied kürzlich das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Sachverhalt

Die Klägerin, Verwaltungsangestellte einer Krankenkasse, war seit über 17 Jahren dort beschäftigt und wegen ihrer langen Betriebszugehörigkeit aufgrund des anwendbaren Tarifvertrages ordentlich kündbar. Die Mitarbeiter hatten Beginn und Ende ihrer Arbeitszeiten minutengenau in einem elektronischen Zeiterfassungssystem zu dokumentieren. Nach dem Tarifvertrag begann und endete die Arbeitszeit „an der Arbeitsstelle“. Dementsprechend waren die Arbeitnehmer schriftlich darauf hingewiesen worden, dass jegliche Manipulation der Zeiterfassung arbeitsrechtliche Konsequenzen haben werde. Die Klägerin erfasste dennoch an 7 Arbeitstagen Zeiten von insgesamt 135 Minuten, die vor Erreichen des Arbeitsplatzes angefallen waren, als Arbeitszeit. Die gegen die daraufhin folgende fristlose Kündigung erhobene Klage blieb schließlich vor dem BAG erfolglos.

Entscheidung

Die fristlose Kündigung war wirksam, weil die Klägerin wiederholt gegen ihre Pflicht zur fehlerlosen Dokumentation der Arbeitszeit verstoßen hatte. Entgegen der Ansicht der Klägerin begann deren Arbeitszeit nämlich nicht schon dann, wenn sie die Parkplatzeinfahrt durchfahren habe. Die Suche nach einem Parkplatz zählte nach den Dienstbestimmungen ausdrücklich nicht als Arbeitszeit. Der begangene Arbeitszeitbetrug stellte einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung dar; das vorsätzliche Falscherfassen der Arbeitszeit war als schwerer Vertrauensbruch zu werten. Eine vorherige Abmahnung sahen die Richter ebenfalls nicht als erforderlich an: wegen des vorsätzlichen heimlichen Verhaltens der Klägerin musste der Arbeitgeber die Pflichtverletzung unabhängig von einer Wiederholungsgefahr nicht hinnehmen.

Konsequenz

Erfolgt die Täuschung über die Arbeitszeit heimlich und mit Vorsatz, bedarf es für die fristlose Kündigung noch nicht einmal einer vorherigen Abmahnung.

Erben kann Umsatzsteuer auslösen

Erben kann Umsatzsteuer auslösen

Rechtslage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte Anfang 2010 entschieden, dass Erben durchaus der Umsatzsteuer unterliegen können, auch wenn sie das Unternehmen des Erblassers nicht weiter führen. Eine Stellungnahme seitens der Finanzverwaltung zu dem Urteil blieb bisher aus.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. folgt nun grundsätzlich dem BFH. Demnach wird der Erbe durch den Erbfall nicht Unternehmer, sondern nur dann, wenn er selbst unternehmerisch tätig wird, z. B. durch Weiterführung des geerbten Unternehmens. Liquidiert er hingegen das Unternehmen, so muss er die umsatzsteuerlichen Folgen aus der Liquidation tragen, soweit diese auch beim Erblasser angefallen wären. Veräußert er z. B. Wirtschaftsgüter, die dem Unternehmensvermögen zuzurechnen sind, so unterliegt er insoweit der Umsatzsteuer. Gleiches gilt für den Fall der Entnahme von Unternehmensvermögen, soweit diese Entnahme beim Erblasser ebenfalls zur Umsatzsteuer geführt hätte. Im Gegenzug steht dem Erben der Vorsteuerabzug sowohl aus Leistungsbezügen zu, die noch von dem Erblasser veranlasst wurden, als auch für Leistungen, die er im Zusammenhang mit der Liquidation des Unternehmens bezieht.

Konsequenzen
Wer erbt muss klären, ob die Erbmasse Unternehmensvermögen enthält. Ist dies der Fall, so muss der Erbe damit rechnen, dass der Verkauf bzw. die Entnahme des Unternehmensvermögens der Umsatzsteuer unterliegt, auch wenn er das Unternehmen nicht weiter führt. Ob Umsatzsteuer anfällt richtet sich alleine danach, wie die Veräußerung bzw. Entnahme noch zu Lebzeiten des Erblassers zu behandeln gewesen wäre.

Die Option zur Umsatzsteuer bei Grundstücksvermietungen

Die Option zur Umsatzsteuer bei Grundstücksvermietungen

Rechtslage

Die Vermietung von Grundstücken ist grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Diese Befreiung hat allerdings zur Konsequenz, dass ein Abzug von Vorsteuerbeträgen, die in Verbindung mit der Vermietung stehen, z. B. aus den Herstellungskosten des Gebäudes, nicht möglich ist. Um dies zu vermeiden, können die Vermieter auf die Steuerbefreiung verzichten. Dies ist allerdings nur möglich, soweit die Vermietung an Unternehmer für deren Unternehmen erfolgt und diese zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe erläutert in einer aktuellen Verfügung, ob und in welchem Umfang eine Option zur Umsatzsteuer möglich ist, wenn der Mieter das Grundstück nicht in vollem Umfang für sein Unternehmen nutzt bzw. zu Zwecken die den Vorsteuerabzug zulassen.

Konsequenzen

Die Verfügung sollte in der Praxis beachtet werden, wenn im Rahmen der Vermietung von Immobilien die Option zur Umsatzsteuer zur Debatte steht. Wird optiert, so ist den Vermietern zu raten, sich in solchen Fällen durch die Verwendung von geeigneten Umsatzsteuerklauseln im Mietvertrag dagegen abzusichern, dass der Mieter die Immobilie anders nutzt als zugesichert. Hierdurch kann dem Risiko begegnet werden, dass der Vorsteuerabzug des Vermieters durch eine nicht geplante Nutzung der Immobilie durch den Mieter gefährdet wird. Zusätzlich ist zu beachten, dass ein Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten einer Immobilie grundsätzlich voraussetzt, dass die Immobilie rechtzeitig dem Unternehmensvermögen zugeordnet wird. Die Entscheidung hierüber muss schon bei Bezug der Eingangsleistungen fallen und gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert werden und nicht erst wenn über die Option entschieden wird. Aufgrund der Komplexität der Materie sollte ein Angehhöriger der steuerberatenden Berufe diesbezüglich so früh wie möglich zu Rate gezogen werden.

Zeitliche Grenzen des Verlustvortrags bei Verjährung der Feststellung

Zeitliche Grenzen des Verlustvortrags bei Verjährung der Feststellung

Kernproblem

Im Zusammenhang mit dem „Hin und Her“ des Gesetzgebers bei der Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Ausbildungskosten als vorweggenommene Werbungskosten, verbunden mit der Möglichkeit einer Verlustfeststellung und späteren Berücksichtigung in einem Jahr mit positiven Einkünften, haben sich verfahrensrechtliche Fragen ergeben. Diese wurden vor einigen Jahren anhängig, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen der bis dahin geltenden ständigen Rechtsprechung den Abzug von Ausbildungskosten als Werbungskosten zuließ. Das betraf auch einen Piloten, der im Jahr 2006 auf die Idee kam, Ausbildungskosten für die Jahre 1997 bis 1999 von ca. 168.000 DM geltend zu machen.

Sachverhalt

Der Pilot hatte für die Streitjahre 1997 und 1998 keine Einkommensteuererklärungen abgegeben. Damit waren diese beiden Jahre, in denen ca. 151.000 DM der Kosten angefallen waren, bereits zum Zeitpunkt der Verlustbeantragung unstreitig verjährt. Hier lehnte das Finanzamt die Verlustfeststellung ebenso ab, wie für das Jahr 1999, weil hierfür im Jahr 2000 ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid von Null ergangen war. Ab dem Jahr 2000 wurden die Früchte der Ausbildung geerntet und wesentlich höhere (die Ausbildungskosten der Vorjahre übersteigende) Einkünfte erzielt. Die Einkommensteuerbescheide dieser Jahre waren jedoch auch bereits bestandskräftig. Nachdem das Finanzgericht die Auffassung des Finanzamts bestätigte, ging es zum BFH. Das Hauptargument des Piloten war ein Verweis auf die Abgabenordnung, denn hier steht geschrieben, dass eine (Verlust-)Feststellung trotz Verjährung noch möglich ist, wenn sie für eine andere Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, die noch nicht verjährt ist.

Entscheidung

Der BFH bezieht die vom Gesetz geforderte „Bedeutung“ der Feststellung nicht nur auf denselben oder den unmittelbar anschließenden Veranlagungszeitraum, sondern auch mittelbar auf spätere Jahre. Bis hierhin sprach noch alles für den Piloten, obwohl die normale Verjährung nach Auffassung des Senats eingetreten war. In der Folge machte es der BFH jedoch zur Voraussetzung, dass sich die Verluste nicht auswirken konnten. Dabei sei der Ausdruck „konnten“ materiell-rechtlich, und nicht verfahrensrechtlich zu verstehen. Im Ergebnis sind solche Verluste gerettet, die sich in den vorangegangenen Jahren deswegen nicht auswirken konnten, weil kein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte zur Verrechnung vorlag. Hier wurde dem Piloten dann das gute Einkommen der späteren Jahre zum Verhängnis, in denen der Verlust komplett aufgebraucht worden wäre.

Konsequenz

Auch wenn der Streitfall nicht zum Erfolg führte, wird deutlich, dass sich bei einer begünstigenden Änderung der Rechtsprechung durchaus der Blick in vergangene Jahre lohnen kann. Das gilt nach der jüngsten Entscheidung des BFH zu den Kosten des Erststudiums umso mehr.

Besteuerung nach Alterseinkünftegesetz gilt auch für rückwirkende Rentennachzahlung

Besteuerung nach Alterseinkünftegesetz gilt auch für rückwirkende Rentennachzahlung

Kernproblem

Leibrenten aus gesetzlichen Rentenversicherungen werden seit Geltung des Alterseinkünftegesetzes ab 2005 mit mindestens 50 % besteuert. Bereits mit Einführung des Gesetzes fühlten sich viele Bestandsrentner verschaukelt, die auf einmal mehr als das Doppelte an Steuern zahlen mussten, aber von dem als Kompensation gedachten erhöhten Sonderausgabenabzug nichts mehr hatten. Der Schrei nach Gerechtigkeit verschallte jedoch recht bald, denn die Richter ließen dem Staat zur verfassungsrechtlich geforderten Beseitigung der steuerlichen Ungleichbehandlung von Rentnern und Pensionären erheblichen Spielraum. Wie mag sich jetzt erst eine Rentnerin fühlen, der nach Antrag im Februar 2003 erst 2 Jahre später nach vorheriger Ablehnung eine Rentennachzahlung bewilligt wurde, was eine Differenz im Besteuerungsanteil von 46 % ausmachte?

Sachverhalt

Im Februar 2003 hatte die damals 51jährige eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt. Der Antrag wurde zunächst abgelehnt und erst 2 Jahre später im Februar 2005 von der Rentenversicherung Bund rückwirkend bewilligt. Die Rentennachzahlungen von ca. 10.700 EUR wurden vom Finanzamt mit dem Anteil von 50 % besteuert. Das war im krassen Gegensatz zur Meinung der Rentnerin, denn nach der alten Gesetzeslage hätte der Ertragsanteil nur 4 % betragen dürfen; ferner hatte sie die Verzögerung nicht zu verantworten. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hatte ein Einsehen und entschied, dass Nachzahlungen für eine Zeit vor dem Inkrafttreten des Systemwechsels jedenfalls dann noch nach der alten Rechtslage zu besteuern seien, wenn der Steuerpflichtige seine Rente so frühzeitig beantragt habe, dass er die Zahlungen vor dem Jahr 2005 hätte erwarten können. Jetzt musste der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden.

Entscheidung

Der BFH sah für die vom FG zur Hilfe genommene teleologische Reduzierung, die eine verdeckte Regelungslücke voraussetzt, keine materiell- und verfassungsrechtliche Notwendigkeit. Die Richter waren der Auffassung, das Fehlen einer gesetzlichen Ausnahmeregelung für Rentennachzahlungen deute vielmehr daraufhin, dass der Gesetzgeber eine solche nicht für nötig gehalten habe. Ansonsten hätte er ähnlich der Sonderregelungen für den Zufluss von Arbeitslohn oder regelmäßig wiederkehrender Einnahmen entsprechende Ausnahmen in das Gesetz aufgenommen.

Konsequenz

Man ist geneigt anzunehmen, dass der BFH hier den Gesetzgeber überschätzt. Auch sein Hinweis, dass man ab Verkündung der Neuregelung am 5.7.2004 auf die Beschleunigung des Rentenverfahrens hätte hinwirken können, überzeugt nicht. So gesellt sich zum Zinsschaden durch die verspätete Auszahlung noch ein Steuerschaden.

Vergütung für Praktikum zählt zu schädlichen Einnahmen für Kindergeld

Vergütung für Praktikum zählt zu schädlichen Einnahmen für Kindergeld

Kernproblem

Für ein studierendes Kind kann u. a. dann Kindergeld gezahlt werden, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Betrag von zurzeit 8.004 EUR im Jahr nicht übersteigen. Wird auch nur um 1 Euro überschritten, fällt das Kindergeld komplett weg. Während sich der Begriff der Einkünfte an den steuerlichen Einkunftsarten orientiert, sind Bezüge Zuflüsse in Geld oder Naturalleistungen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden. Bei einem Streit, den Eltern mit der Familienkasse führten, ging es jetzt darum, ob eine während des Studiums bezogene Auslandspraktikumsvergütung zu den schädlichen Einnahmen zählt und wie ggf. damit zusammenhängende Kosten für Miete und Verpflegungsmehraufwand zu behandeln sind.

Sachverhalt

Im Streitfall absolvierte das Kind ein berufsbezogenes halbjähriges Praktikum in den USA. Hierfür unterbrach es sein Studium in Deutschland und gab die Wohnung am Studienort auf. In den USA wurde ein möbliertes Zimmer angemietet und der Lebensmittelpunkt unverändert im Haus der Eltern beibehalten. Weil das Informatik studierende Kind bereits inländische selbstständige Einkünfte bezog, hätte die Berücksichtigung der Praktikantenvergütung als anzurechnende Bezüge zum Übersteigen des Jahresgrenzbetrags geführt, wenn nicht auch die in den USA entstandenen Miet- und Verpflegungsmehraufwendungen abgezogen werden konnten. Dieser Auffassung war die Familienkasse und verlangte das Kindergeld zurück. Das Finanzgericht dagegen wollte die Kosten berücksichtigen, so dass nun der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden musste.

Entscheidung

Der BFH gab der Familienkasse Recht. Dabei war entscheidungserheblich, dass das Kind die Wohnung am Studienort aufgegeben hatte, denn damit konnten die Miet- und Verpflegungsmehraufwendungen nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der doppelten Haushaltsführung bei der Ermittlung der Auslandseinkünfte abgezogen werden. Auch ein Abzug als Reisekosten scheiterte daran, dass das (unterbrochene) Studium mit der Uni als regelmäßige inländische Ausbildungsstätte keiner Einkunftsart zuzurechnen war. Schließlich sei nach Auffassung der Richter bereits im Jahresgrenzbetrag der unschädlichen Einkünfte von zurzeit 8.004 EUR der erhöhte Lebensbedarf eines auswärts untergebrachten Kindes in Ausbildung berücksichtigt.

Konsequenz

Als das Urteil ergangen ist, war noch nicht die geänderte Rechtsprechung des BFH zu den Aufwendungen eines Erststudiums verkündet. Mittlerweile stellen diese Werbungskosten dar.

Aufwendungen für Besuch einer Hochbegabtenschule als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für Besuch einer Hochbegabtenschule als außergewöhnliche Belastung

Kernproblem

Eigene Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen einkommensteuerlich absetzbar, soweit die zumutbare Eigenbelastung überschritten wird. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen. Das gilt auch für Krankheitskosten eines unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindes des Steuerpflichtigen. Die strengen Anforderungen an den Nachweis sind zuletzt durch den Bundesfinanzhof (BFH) gelockert worden, nachdem die Vorlage eines zeitlich vor der Leistung von Aufwendungen erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens nicht mehr Voraussetzung ist. Ob jetzt hierunter aber auch die Aufwendungen für den (medizinisch empfohlenen) Besuch einer Schule für Hochbegabte fallen?

Sachverhalt

Bei einem Kind war ein IQ von 133 festgestellt worden. Trotz übersprungener Grundschulklassen verhielt sich der Junge anschließend auf dem Gymnasium auffällig und aggressiv. Der Allgemeine Sozialdienst und die Hausärztin des Kindes empfahlen den Besuch einer Hochbegabtenschule in Schottland, weil eine solche Schule für die Altersgruppe in Deutschland nicht verfügbar war. Die therapeutische Notwendigkeit zur Vermeidung seelischer und sozialer Schäden wurde bescheinigt. Nachdem bereits ein Großteil der insgesamt in 2 Streitjahren angefallenen Schul- und Internatskosten von fast 50.000 EUR aufgelaufen waren, bestätigte auch ein nachträglich hinzugezogener Amtsarzt die Diagnose. Noch unter Einfluss der alten Rechtsprechung verwehrten aber Finanzamt und Finanzgericht (FG) den steuerlichen Abzug.

Entscheidung

Beim BFH kam es aufgrund der neuen Rechtsprechung zu dem erwartenden Zurückverweis an das Finanzgericht, weil der Nachweis nicht mehr zwingend vor Beginn der Behandlung geführt werden muss. Das FG hat zu prüfen, ob der Besuch der schottischen Schule wegen der Hochbegabung des Kindes medizinisch angezeigt war. Ist das der Fall, sehen die BFH-Richter die geltend gemachten Kosten durchaus als unmittelbare Krankheitskosten an. Dies gelte dann auch für Kosten einer auswärtigen Internatsunterbringung, wenn diese der Krankheit geschuldet würde, selbst wenn die Unterbringung zugleich der schulischen Ausbildung diene.

Konsequenz

Angesichts des bereits vorliegenden amtsärztlichen Gutachtens bestehen gute Erfolgsaussichten. Der BFH stellt jedoch in Frage, ob sich hieraus die Notwendigkeit der gesamten Dauer des Schulbesuchs ergebe.

Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke ab 2011

Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke ab 2011

Rechtslage

Zum 1.1.2011 wurde der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke, d. h. für solche, die sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke genutzt werden, neu geregelt. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung kann nunmehr für den Teil des Grundstücks, der nichtunternehmerisch, also z. B. privat genutzt wird, kein Vorsteuerabzug mehr geltend gemacht werden (Ende des Seeling-Modells). Im Gegenzug entfällt insoweit die Besteuerung einer Entnahme.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) an die neue Rechtslage angepasst. In Abschn. 15.6a UStAE werden die wesentlichen Aussagen hierzu getroffen.

Konsequenzen

Die neue Verwaltungsauffassung ist grundsätzlich zu beachten. Für die Praxis besonders wichtig ist, dass gemischt genutzte Grundstücke, unabhängig von der Beschränkung des Vorsteuerabzuges, unverändert in vollem Umfang dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden können und sollten. Denn hierdurch erhält der Unternehmer sich die Chance auf eine Vorsteuerkorrektur zu seinen Gunsten, wenn die unternehmerische Nutzung später ausgeweitet oder das Grundstück steuerpflichtig veräußert wird. Es ist allerdings zu beachten, dass das BMF eine vollständige Zuordnung zum Unternehmensvermögen nur akzeptiert, wenn diese dem Finanzamt schriftlich mit Abgabe der Voranmeldungen mitgeteilt wird. Auch wenn hierzu noch eine Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aussteht, sollte der Auffassung des BMF gefolgt werden, um unnötigen Ärger zu vermeiden.

Erlöschen krankheitsbedingt nicht gewährter Urlaubsansprüche

Erlöschen krankheitsbedingt nicht gewährter Urlaubsansprüche

Rechtslage

Insbesondere eine jüngere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat dazu geführt, dass Verunsicherung im Bereich der Urlaubsansprüche besteht. Es gilt, dass der gesetzliche Mindestanspruch, wenn er wegen Krankheit nicht genommen werden kann, nicht verfällt und während der Krankheit weiter anwächst. Seither sind krankheitsbedingt nicht genommene Urlaubsansprüche ständiges Thema arbeitsgerichtlicher Entscheidungen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte zuletzt darüber zu entscheiden, ob solche Urlaubsansprüche bei Wiederaufnahme der Arbeit den normalen Befristungsregelungen unterliegen, nach denen nicht genommener Jahresurlaub bis längstens zum 31.3. des Folgejahres übertragen werden kann, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung besteht.

Sachverhalt

Der Kläger, dessen Urlaubsanspruch 30 Tage im Jahr betrug, der aber nicht ins Folgejahr übertragbar war, war zwischen Januar 2005 und Juni 2008 dauerhaft erkrankt. Nach seiner Rückkehr in den Beruf gewährte ihm der Arbeitgeber im Jahr 2008 insgesamt 30 Urlaubstage. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass ihm aus den Jahren 2005 bis 2007 noch 90 Urlaubstage zustünden.

Entscheidung

Das BAG wies die Klage ab. Zwar blieben die wegen der Krankheit nicht genommenen Urlaubsansprüche erhalten. Allerdings würden diese krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaubsansprüche bei Rückkehr zur Arbeit nicht anders behandelt als „normale“ Urlaubsansprüche. Das heißt, sie unterliegen nach Rückkehr in die Tätigkeit den gleichen Verfallfristen, so dass sie am 31.12.2008 untergegangen seien.

Konsequenz

Die Entscheidung stellt klar, dass krankheitsbedingt nicht genommene Urlaubsansprüche „normalen“ Urlaubsansprüchen gleich gestellt sind. Sie werden nicht bevorzugt behandelt, insbesondere wandeln sie sich nicht in einen Abgeltungsanspruch um. Offen gelassen hat das Bundesarbeitsgericht allerdings die – aus einem anderen Verfahren heraus beim Europäischen Gerichtshof anhängige – Frage, ob und in welchem Umfang Urlaubsansprüche über Jahre hinweg angesammelt werden können. In einem Parallelurteil unterstellte das BAG den Urlaubsabgeltungsanspruch den arbeits- oder tarifvertraglich vereinbarten Verfall- oder Ausschlussfristen. Der Abgeltungsanspruch entstehe mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und sei kein „fortgesetzter“ Urlaubs-, sondern reiner Geldanspruch, so dass er Verfall- und Ausschlussfristen zugänglich sei. Ohne eine entsprechende Klausel käme es beim Abgeltungsanspruch zur Regelverjährung von 3 Jahren.

Aufwendungen für Erststudium und Erstausbildung abziehbar

Aufwendungen für Erststudium und Erstausbildung abziehbar

Kernproblem

Die Behandlung der Kosten der erstmaligen Berufsausbildung und des Erststudiums beschäftigt seit geraumer Zeit die Gerichte. Nach einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2002 unterscheidet der Bundesfinanzhof (BFH) nicht mehr zwischen Aus- und Fortbildung, sondern stellt auf den Veranlassungszusammenhang ab. So konnten bis zum Jahr 2003 auch Kosten des Erststudiums als Werbungskosten abzugsfähig sein oder Verluste als Verlustvorträge festgestellt werden. Mit einer Änderung des EStG wollte der Gesetzgeber dann wieder ab 2004 die alte Rechtslage herstellen und ordnete solche Kosten der privaten Lebensführung zu, deren Förderung als Sonderausgaben auf 4.000 EUR eingeschränkt ist (damit auch Wegfall eines Verlustausgleichs für negative „Einkünfte“). Etwas anderes gilt nur für die im Zusammenhang mit einem Ausbildungs-Dienstverhältnis anfallenden Aufwendungen (z. B. Fachhochschulen der Beamten, Referendare), die weiterhin unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig sind. Dann herrschte erst einmal Ruhe, bis der BFH trotz neuer Gesetzeslage einigen Studenten mit vorher abgeschlossener Berufsausbildung den Werbungskostenabzug gewährte (Buchhändlerin/Lehramt, Hotelfachfrau/Tourismusmanagement, Bürokaufmann/Betriebswirt, Koch/Hotelmanagement). Anschließend wurden auch Fälle beim BFH anhängig, bei denen das Studium oder die Ausbildung unmittelbar nach der Schulausbildung begann.

Entscheidung

Der BFH entschied jetzt im Fall der Ausbildung eines Berufspiloten, dass die entstanden Aufwendungen von ca. 28.000 EUR dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten für eine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien. Einer Medizinstudentin, die unmittelbar nach dem Abitur das Studium aufgenommen hatte, bescheinigte er den Veranlassungszusammenhang zum Beruf, soweit das Studium Berufswissen vermittle und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sei. Für weitere Untersuchungen wurden beide Fälle an die Finanzgerichte zurückverwiesen.

Konsequenz

Dem Gesetzgeber sind bei der einschränkenden Gesetzesänderung handwerkliche Fehler unterlaufen. Auslöser ist die Regelung in der als Trostpflaster gedachten Zuordnung als Sonderausgaben, die begrifflich erst dann zum Zuge kommt, soweit nicht vorrangig ein Abzug als Werbungskosten in Betracht kommt. Die Einschränkung läuft dann bei beruflichem Zusammenhang ins Leere. Anders wäre es gewesen, wenn die Regelung bei den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben/Werbungskosten angesiedelt gewesen wäre. Wie das Bundesministerium der Finanzen auf seiner Homepage ankündigte, prüft es zurzeit die gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Eckpunkte, die der BFH in seinem Urteil vorgegeben hat.

Empfehlung

Unter Beachtung von Verjährungsfristen ist grundsätzlich noch die Beantragung von Verlustfeststellungen ab 2004 möglich, soweit nicht bestandskräftige Bescheide entgegenstehen.