Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Erbe haftet nicht persönlich für Forderungen aus geerbtem Mietverhältnis

Erbe haftet nicht persönlich für Forderungen aus geerbtem Mietverhältnis

Rechtslage
Dass Mietrecht sieht für Erben, die auf Mieterseite ein Wohnraummietverhältnis „erben“, ein Sonderkündigungsrecht vor, um das Mietverhältnis nicht weiter fortsetzen zu müssen. Gleichzeitig haften die Erben für die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten. Hierzu gehören auch Schulden, die aus Verträgen des Erblassers herrühren. Reicht der Nachlass zur Bedienung der Nachlassverbindlichkeiten nicht aus, kann der Erbe seine Haftung zudem auf dem Nachlass beschränken. Hierzu muss er sich allerdings der erbrechtlichen Instrumente bedienen (z. B. Dürftigkeitseinrede, Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt zur beschränkten Erbenhaftung für Mietschulden entschieden.

Sachverhalt
Die Erbin war als Mieterin in einen Mietvertrag eingetreten und kündigte dieses Mietverhältnis auf der Grundlage des Sonderkündigungsrechts. Der Vermieter nahm die Erbin neben den Mieten bis zur Beendigung des Mietverhältnisses auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Anspruch. Die Erbin machte geltend, der Nachlass reiche zur Bedienung dieser Ansprüche nicht aus und erhob die Dürftigkeitseinrede.

Entscheidung
Der BGH entschied zugunsten der Klägerin. Jedenfalls dann, wenn der Erbe von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch mache, treffe ihn keine persönliche Haftung, sondern stünde ihm die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass offen. Die Forderungen des Vermieters blieben reine Nachlassverbindlichkeiten. Aus der Tatsache, dass dem Erben ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt werde, können nicht geschlossen werden, dass er den Mietvertrag (zunächst) persönlich übernehme.

Konsequenz
Der Entscheidung ist zuzustimmen, weil sie die erbrechtliche Haftungssystematik schützt. Die Entscheidung ist darüber hinaus wohl auch auf gewerbliche Mietverhältnisse entsprechend anwendbar; auch dort gibt es ein Sonderkündigungsrecht. Allerdings wird man im Bereich der Gewerbeimmobilien die handelsrechtliche Haftung beachten müssen.

Häusliches Arbeitszimmer: Kein Aufteilungsverbot

Häusliches Arbeitszimmer: Kein Aufteilungsverbot

Kernaussage
Soweit ein Arbeitszimmer büromäßig eingerichtet und eine Aufteilung im Schätzungswege möglich ist, sind laut Niedersächsischem Finanzgericht Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Falle einer gemischten Nutzung teilweise als Werbungskosten abziehbar.

Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers abziehbar sind. Der Kläger ist Eigentümer zweier Mietobjekte, in denen sich insgesamt 14 Wohnungen befinden. Dabei machte er Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend, die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Zur Begründung führte er aus, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstelle. Das Finanzamt ließ den Abzug der Aufwendungen nicht zu, da der Kläger eine ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers nicht nachweisen konnte.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sind entsprechend der Nutzung als Werbungskosten anzusetzen. Zwar setzte eine steuerwirksame Berücksichtigung solcher Kosten nach bisheriger Auffassung voraus, dass das häusliche Arbeitszimmer ausschließlich beruflich genutzt werde, so dass der Absetzbarkeit das Aufteilungs- und Abzugsverbot entgegen stand. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diesen Grundsatz aber 2009 aufgegeben. Ein teilweiser Abzug kommt – so nun die niedersächsischen Richter – danach immer dann in Betracht, wenn der Charakter als Arbeitszimmer trotz der privaten Mitbenutzung zu bejahen ist. Hieran ändere auch die private Mitbenutzung nichts. Solange also eine Schätzung anhand sachgerechter Umstände möglich sei, müsse eine Aufteilung vorgenommen werden. Dem Kläger war daher ein anteiliger Werbungskostenabzug zu gewähren.

Konsequenz
Das Urteil betont, dass das Aufteilungsverbot nach wie vor dort gilt, wo berufliche und private Tätigkeiten so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich ist. Daran ist auch bei der Einrichtung eines Arbeitszimmers zu denken. Ein Werbungskostenabzug ist nur dann möglich, wenn der Raum tatsächlich den Charakter eines Arbeitszimmers hat. Wegen der gegen das finanzgerichtliche Urteil eingelegten Revision zum BFH bleibt abzuwarten, ob die Grundsätze Bestand haben werden. Dennoch sollten in ähnlichen Fällen bis zur Klärung durch den BFH Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer geltend gemacht werden. Ergeht ein ablehnender Bescheid, sollte dieser durch Einspruch und ggf. Klage bis zur Entscheidung durch den BFH offen gehalten werden.

Jahressteuergesetz 2013 ist gescheitert

Jahressteuergesetz 2013 ist gescheitert

Kernaussage
Das Zerren um das Jahressteuergesetz 2013 geht weiter. Nachdem das Gesetz im Bundesrat gescheitert war, wurde es zur gemeinschaftlichen Ausarbeitung dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat überstellt. Dieser Vermittlungsausschuss hat sich auf einen Gesetzesentwurf geeinigt und diesen am 12.12.2012 mit knapper Mehrheit verabschiedet.

Wesentliche Streitpunkte des Gesetzes
Der Bundestag war nach dem Vermittlungsausschuss als erste Kammer mit dem neuen Gesetzesentwurf befasst. Die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Fassung des Jahressteuergesetzes wurde vom Bundestag allerdings durch Beschluss vom 17.1.2013 abgelehnt. Wesentliche Streitpunkte zwischen der Koalition aus CDU/CSU und FDP einerseits und der Opposition andererseits sind das Ehegattensplitting für eingetragene Lebenspartnerschaften und die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen. Beide Rechtsfragen hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Hinsichtlich des Splittings ist fraglich, ob nicht auch gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern eine „Ehegattensplitting“ zu gewähren ist; diese Frage stellt sich, weil zum einen die Lebenspartnerschaft der verfassungsrechtlich geschützten Ehe rechtlich gleichgestellt ist und zum anderen, weil neben der Ehe die Familie ein verfassungsrechtlich geschütztes Rechtsgut ist. Hinsichtlich der erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigung ist die Frage aufgetaucht, ob der Grundsatz der steuerlichen Lastengleichheit gewahrt ist, wenn durch einfache – vom BFH im Vorlagebeschluss aufgezeigte – Gestaltungen die Vergünstigung in Anspruch genommen werden kann, ohne dass mit dem begünstigten Vermögen tatsächlich eine Sozialbindung und der Schutz von Arbeitsplätzen verbunden ist.

Konsequenz
Wegen der wesentlichen Streitpunkte zwischen Koalition und Opposition über Betriebsvermögensvergünstigungen und Splitting für Lebenspartnerschaften ist das Jahressteuergesetz (vorerst) gescheitert. Ob abermals der Vermittlungsausschuss angerufen wird, ist fraglich. Möglicherweise wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dem Gesetzgeber bezüglich der beiden streitigen Komplexe zuvorkommen.

Bei Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag gibt es keine Ablaufhemmung

Bei Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag gibt es keine Ablaufhemmung

Kernaussage
Im Falle einer Antragsveranlagung findet die übliche Anlaufhemmung von 3 Jahren für die Festsetzungsfrist keine Anwendung.

Sachverhalt
Die Klägerin hatte im Jahr 2003 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt. Sie reichte im Januar 2008 eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 ein. Das Finanzamt lehnte die Veranlagung der Klägerin ab. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung
Auf die Revision des Finanzamts hin hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil auf und wies die Klage ab. Der BFH stellte fest, dass die vierjährige Festsetzungsfrist für Einkommensteuer mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in welchem die Steuer entsteht. Die Einkommensteuer für 2003 sei damit mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt. Die normalerweise anzuwendende Anlaufhemmung greife nicht ein, da keine Steuererklärung einzureichen war. Die Klägerin war lediglich zur Einreichung einer Einkommensteuererklärung berechtigt, nicht aber hierzu verpflichtet. Die Anlaufhemmung, die den Lauf der Festsetzungsverjährung an die Abgabe einer Steuererklärung knüpfe, sei nur dann anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige eine Erklärung abgeben müsse. Auch unter Berücksichtigung grundrechtlicher Aspekte sei diese Entscheidung gerechtfertigt. Zwischen Pflicht- und Antragsveranlagung bestünden Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verlange nämlich lediglich die Gleichbehandlung von gleichen Sachverhalten.

Konsequenz
Die Hemmung einer Festsetzungsfrist durch die Steuererklärung greift lediglich bei der Pflichtveranlagung ein. Wenn der Steuerpflichtige auf Antrag veranlagt wird, beträgt die Festsetzungsfrist für Einkommensteuer 4 Jahre, die mit Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnen. Durch die verspätete Einreichung einer Einkommensteuererklärung kann der Steuerpflichtige den Ablauf dieser Frist bei der Antragsveranlagung nicht hinauszögern.

Wann sind Pachteinnahmen aus Hotelgutscheinen zugeflossen?

Wann sind Pachteinnahmen aus Hotelgutscheinen zugeflossen?

Kernproblem
Die steuerliche Behandlung der Ausgabe von Gutscheinen hat die Gerichte in den letzten Jahren häufiger beschäftigt. Gerade im Bereich der Arbeitnehmerbesteuerung sind dabei erfreuliche Entscheidungen getroffen worden, die eine praktikablere Nutzung des kleinen Rabattfreibetrags von 44 EUR ermöglichen, z. B. bei der Ausgabe von Tank- oder anderen Warengutscheinen. Während hierbei die Frage des Zeitpunkts des Zuflusses geklärt scheint, kann sich bei anderen Einkunftsarten durchaus noch Klärungsbedarf ergeben. Der folgende, vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedene Fall betraf die steuerliche Behandlung von Hotelgutscheinen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Sachverhalt
Der Eigentümer eines Hotelgrundstücks (Immobilienfonds) hatte sich im Pachtvertrag mit dem Hotelbetreiber das Recht ausbedungen, jährlich Hotelgutscheine an seine Gesellschafter von 698.000 EUR auszuhändigen. Die Gutscheine waren frei übertragbar, wobei ein Hotelmeldesystem die jeweilige Zuordnung auf den Gesellschafter bei der Einlösung gewährleistete. Während der Immobilienfonds seine Pachteinnahmen in der Steuererklärung um den Nominalwert der tatsächlich eingelösten Hotelgutscheine bzw. bei Veräußerung um den (geringeren) Verkaufspreis erhöhte, setzte das Finanzamt die Einnahmen in Höhe des Nominalwerts der Gutscheine bei Ausgabe an. Diese Rechtsauffassung wurde vom Finanzgericht (FG) gestützt, das in dem Gutschein ein scheckähnliches Zahlungsmittel sah. Weil jedoch die bisherige Rechtsprechung nicht eindeutig war, nahm der Fonds die vom FG zugelassene Revision vor dem BFH wahr.

Entscheidung
Der BFH entschied anders und sah den Zufluss der Pachteinnahmen erst bei Verwertung des Rechts durch Einlösung oder der Veräußerung als gegeben an. Hierbei werteten die Richter den Gutschein als Sachbezug, weil der Inhaber hieraus nur eine Sachleistung, und kein Geld verlangen konnte. Folglich war der Zufluss erst im Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs möglich. Das im Lohnsteuerrecht anwendbare 3-Personen-Verhältnis (Zufluss beim Arbeitnehmer mit Hingabe des Gutscheins, wenn der Anspruch gegenüber einem Dritten besteht) sah der BFH als nicht vergleichbar an, weil im Streitfall nur dieselben beiden Parteien beteiligt waren. Zum anderen bewertete er den Verkauf der Gutscheine mit dem tatsächlich erzielten Veräußerungspreis.

Konsequenz
Ist der Gutschein bei einem Dritten einzulösen, bedeutet das Zufluss bei Ausgabe. Sind dagegen beim Deckungsverhältnis dieselben Personen beteiligt wie am Valutaverhältnis, kommt es erst bei Einlösung zum Zufluss. Der Verkauf des Gutscheins unterliegt mit dem Verkaufspreis den im Einkommensteuergesetz genannten Einkünften aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen.

6. Werbungskostenabzug trotz beabsichtigter Eigennutzung bei tatsächlicher Vermietung

Werbungskostenabzug trotz beabsichtigter Eigennutzung bei tatsächlicher Vermietung

Kernproblem
Wird eine eigene Immobilie zunächst selbstgenutzt und soll später vermietet werden, kommt es für den Abzug der Werbungskosten entscheidend auf den Zeitpunkt der Vermietungsabsicht an. Anders herum scheidet bei einem Wechsel der Absicht von der Vermietung zur Selbstnutzung oder steuerfreien Veräußerung ein Werbungskostenabzug in aller Regel aus. Werden Aufwendungen für eine im Bau befindliche Wohnung zu einer Zeit getätigt, in der der Entschluss zur Einkünfteerzielung noch nicht aufgegeben wurde, so bleibt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch dann noch bei einem Werbungskostenabzug, wenn diese Absicht später wegfällt. Umgekehrt sollte man meinen, dass die Aufwendungen bei zunächst beabsichtigter Selbstnutzung steuerlich verloren sind. Hier überrascht jedoch das Finanzgericht (FG) Köln mit einer Entscheidung.

Sachverhalt
Eine Hausbesitzerin hatte 2 vorher vermietete Mehrfamilienhäuser umfangreich zu einem Gebäude umgebaut und bei Abgabe der Steuererklärungen 2007 und 2008 angegeben, dass später 2 Wohnungen selbstgenutzt werden sollten. So wurde in dem im Februar 2010 erlassenen Einkommensteuerbescheid 2008 ein Anteil von ca. 85 % als Werbungskosten berücksichtigt. Im Mai 2010 beantragte die Hausbesitzerin die Änderung des Steuerbescheids 2008 mit der Begründung, sie sei nicht wie geplant in die beiden Wohnungen eingezogen, sondern habe sie vermietet. Nachdem der Bescheid zunächst antragsgemäß unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten geändert wurde, strich das Finanzamt nach einer Außenprüfung den anteiligen Verlust, weil die Absicht zur Selbstnutzung erst im Jahr 2010 aufgegeben worden sei. Hiergegen ist die Klage beim FG Köln anhängig geworden.

Entscheidung
Im Aussetzungsverfahren hat das FG Köln zugunsten der Vermieterin entschieden. Denn für das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht komme es entscheidend auf den Zeitpunkt an, in dem zum ersten Mal Einkünfte erzielt werden können. Eine vorher geäußerte gegenteilige Absicht sei jedenfalls dann unschädlich, wenn durch diese die spätere Erzielung von Einkünften nicht erschwert werde. Durchaus logisch erklären die Richter ihre Ansicht mit der umgekehrten Sachverhaltsgestaltung: Werde eine Wohnung umgebaut und anschließend selbstgenutzt, gewährten die Finanzbehörden keinen Werbungskostenabzug, weil die spätere tatsächliche Eigennutzung ein Indiz für die geplante Selbstnutzung darstelle. Eine vorher geäußerte Vermietungsabsicht würde dann ins Leere laufen.

Konsequenz
Ob die Entscheidung im Hauptverfahren und ggf. höchstrichterlich Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem anderen Fall die Absichtserklärung bei vor Bezugsfertigkeit entstandenen Werbungskosten als entscheidendes Kriterium angesehen. Dies wollte das FG Köln hier aber nicht gleichermaßen anwenden, weil im BFH-Fall die Wohnung nicht vermietet, sondern unmittelbar nach Fertigstellung veräußert wurde.

Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Kernaussage
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft (AG) und einem Aktionär, wonach der Aktionär seine Aktien auf die AG unentgeltlich zu übertragen hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist nichtig, wenn der Aktionär die Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.

Sachverhalt
Die klagende AG betreibt ein Verbundsystem für Versicherungsmakler. Die Beklagte ist selbstständige Versicherungsmaklerin. In einem Vertrag aus dem Jahr 2001, der auch die Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der AG regelte, verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der AG, von dieser 25 vinkulierte Namensaktien zu erwerben. Der Vertrag konnte von beiden Seiten mit einer dreimonatigen Frist gekündigt werden. Eine Vertragsklausel sah vor, dass bei einer Kündigung die 25 Aktien unentgeltlich auf die AG zurückübertragen werden müssen. Im September 2007 kündigte die AG den Vertrag zum Jahresende und klagte anschließend auf Rückübertragung der Aktien.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied als letzte Instanz, dass die Vertragsklausel, wonach die Aktien unentgeltlich zurück auf die AG zu übertragen seien, insgesamt nichtig ist, da sie gegen die guten Sitten verstößt. Zwar können Aktionäre aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit schuldrechtliche Nebenabreden treffen, die in der Satzung einer AG nicht zulässig wären. Hier wurde jedoch eine sittenwidrige Abrede zwischen einem Aktionär und der AG getroffen. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich daraus, dass entschädigungslos in die vermögensmäßige und durch das im deutschen Grundgesetz verankerte Recht auf Eigentum geschützte Rechtsposition des Aktionärs eingegriffen wird. Denn nach der Klausel musste die Beklagte als Aktionärin nach der Kündigung durch die AG ohne Entschädigung die Aktien an die AG zurückgeben. Die Klausel ist insgesamt nichtig, da grundsätzlich sittenwidrige Regelungen nicht auf ein noch soeben zulässiges Maß reduziert werden können und nicht erkennbar ist, was die Parteien gewollt hätten, wenn sie die Nichtigkeit gekannt hätten.

Konsequenz
Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie zeigt, dass der Vertragsfreiheit dort Grenzen gesetzt sind, wo einer Partei aufgrund einer schwachen Position entschädigungslos ihre Vermögensposition genommen wird. Zudem wird deutlich, dass aufgrund der gänzlichen Nichtigkeit der Klausel die Verwendung solcher sittenwidriger Regelungen riskant ist.

Anlegern einer Publikums-KG kann Auskunftsanspruch zustehe

Anlegern einer Publikums-KG kann Auskunftsanspruch zustehen

Kernaussage
Anleger, die sich als Treugeber über einen Treuhandgesellschafter an einem Filmfonds in der Form einer Publikums-KG beteiligt haben, können Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen an der Gesellschaft beteiligten Anleger verlangen, wenn ihnen im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters eingeräumt wurde.

Sachverhalt
In den Verfahren stritten Anleger von Publikumsgesellschaften in der Form von Kommanditgesellschaften (KGs) mit den Gesellschaftern darüber, ob sie ein Recht auf Auskunftserteilung über Namen, Anschriften und (in einem Fall) Beteiligungshöhe der übrigen Anleger haben. An den Publikums-KGs konnten sich die Anleger entweder direkt als Kommanditist oder indirekt über eine Treuhänderin beteiligen. Bei der direkten Beteiligung als Kommanditist wurden Name, Anschrift und Haftsumme der Anleger in das Handelsregister eingetragen. Bei der indirekten Beteiligung wurde nur die Treuhänderin im Handelsregister eingetragen, nicht jedoch die dahinter stehenden Anleger. Die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhen waren bei der indirekten Beteiligung nur der Treuhänderin oder der Publikums-KG bekannt. Die Beteiligungs- und Treuhandverträge enthalten Regelungen, wonach die Anleger keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen vom Treuhänder oder der Publikums-KG die dort bekannten Daten der anderen Anleger mitgeteilt werden.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht München gab den Klagen statt, so dass die Informationen über die Anlegeridentität herausgegeben werden mussten. Die hiergegen gerichteten Revisionen zum Bundesgerichtshof (BGH) blieben erfolglos. Zur Begründung führte der BGH aus, dass die indirekt beteiligten Anleger im Innenverhältnis durch die vertragliche Ausgestaltung den direkt beteiligten Anlegern, die eine Kommanditistenstellung innehaben, gleichgestellt sind. Da die Kommanditisten als Gesellschafter aus ihrem Mitgliedschaftsrecht heraus ein Recht darauf haben, die Identität ihres Vertragspartner zu kennen, haben dieses Recht auch die den Kommanditisten gleichgestellten Anleger, die über die Treuhandkonstruktion indirekt beteiligt sind. Ein Ausschluss dieses Rechts in den Beteiligungs- und Treuhandverträgen ist nicht möglich. Anhaltspunkte für die Gefahr eines Missbrauchs der Daten wurden nicht vorgetragen.

Konsequenz
Die Anleger in Publikums-KGs müssen sich darauf einstellen, dass nun nicht mehr die Möglichkeit besteht, durch eine Treuhandkonstruktion anonym zu bleiben.

Bedrohung durch gefälschte E-Mails im Namen des Finanzamtes

Bedrohung durch gefälschte E-Mails im Namen des Finanzamtes

Kernaussage
Während die Finanzverwaltung zunehmend Daten nur noch elektronisch akzeptiert, versendet sie selbst Unterlagen fast ausschließlich in Papierform. Eine Ausnahme hiervon bilden Steuerbescheide, die auch elektronisch im ELSTER-Verfahren bereitgestellt werden.

Aktuelle Warnung der Finanzverwaltung
Das Bundeszentralamt für Steuern warnt vor Kriminellen, die derzeit im Namen der Finanzverwaltung gefälschte E-Mails versenden. Angeblich sollen die E-Mails den ELSTER-Steuerbescheid als Anhang enthalten.

Konsequenz
Die Steuerbescheide werden nicht per E-Mail von der Finanzverwaltung versendet. Für den Empfang wird spezielle Software benötigt. Entsprechende E-Mails können daher nicht vom Finanzamt stammen. Sie sind unbedingt zu löschen, da die im Anhang befindliche Datei „Elster.exe“ Schadstoffsoftware enthält. Wer diesbezüglich unsicher ist, sollte bei Übertragung der Steuererklärungen per ELSTER einfach auf die elektronische Übermittlung eines Steuerbescheids verzichten.

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Kernproblem
Aufwendungen sind als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie in einem hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Das gilt auch für die Kosten berufsbezogener Bildungsmaßnahmen. Fallen die Aufwendungen bei einem Stipendium im Ausland an, gesellt sich aus steuerlicher Sicht die Problematik des Abzugsverbots solcher Ausgaben hinzu, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Das Finanzgericht Köln hat hierzu im Fall einer promovierten Diplom-Biologin ein rechtskräftiges Urteil gefällt.

Sachverhalt
Die Biologin war bereits während ihrer Promotionszeit mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität betraut und hatte sich aufgrund ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen einen Namen gemacht. Sie bewarb sich im Jahr 2008 um eine Forschungsstelle an einer renommierten Universität in Kanada. Den dort lehrenden Forschungsdirektor traf sie auf einem Kongress, wo er ihr die Zusage erteilte. Im Anschluss an einen Vortrag an der kanadischen Universität wurde der Biologin ein dreijähriges Stipendium angeboten, das sie im Jahr 2009 antrat. Der ihr gewährte Unterhaltszuschuss betrug monatlich 1.057 EUR und war in Kanada steuerfrei. In der Steuererklärung 2008 beantragte die Biologin den Abzug der Kongresskosten, der Reisekosten zur Vortragsveranstaltung nach Kanada sowie der Einlagerungskosten ihrer Möbel in Deutschland. Das Finanzamt verwehrte den Abzug wegen des Zusammenhangs mit den ausländischen (steuerfreien) Einkünften. Die Biologin dagegen argumentierte mit der Aussicht auf eine gehobene Stelle an einer inländischen Universität im Anschluss an das Stipendium. Mangels außergerichtlicher Einigung ging es zum Finanzgericht.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln ließ den Abzug als vorweggenommene Werbungskosten zu. Nach Überzeugung der Richter waren die getätigten Aufwendungen im entscheidendem Maße dadurch veranlasst, auf Grundlage der Forschungstätigkeit die Hochschulkarriere in Deutschland nachhaltig zu fördern und damit inländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Hochschullehrerin und Spitzenforscherin zu erzielen. Dagegen war das Bestreben nach einem steuerfreien Stipendium nach Auffassung des Gerichts eindeutig zurückgetreten. Zudem begründe die Möglichkeit späterer Einnahmeerzielung im Ausland noch keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten Auslandseinkünften.

Konsequenz
Beim Lesen der Urteilsbegründung entsteht der Eindruck, dass es sich bei der Klägerin um eine wissenschaftliche Koryphäe gehandelt haben muss, so dass dem Gericht die Entscheidung offensichtlich leicht viel. Aber auch anderen Berufsgruppen sollte die Entscheidung Mut machen, denn das Finanzgericht hat Teile seiner Begründung der BFH-Rechtsprechung zu Berufsausbildungskosten von Piloten entnommen.