Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Keine Riester-Förderung für Beamte ohne fristgemäße Einwilligung in die elektronische Übermittlung von Besoldungsdaten

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte sich im Urteil vom 9. Januar 2014 (Az. 10 K 14031/12) mit der für eine große Anzahl von Verfahren bedeutsamen Frage zu befassen, inwiefern die verspätete Einwilligung eines Beamten in die elektronische Übermittlung von Besoldungsdaten an die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute Deutsche Rentenversicherung Bund) zum Ausschluss der Altersvorsorgezulage (sog. Riester-Förderung) führen kann.

Nach Auffassung der Richterinnen und Richter handelt es sich bei der in § 10a Einkommensteuergesetz für Besoldungsempfänger geforderten Einwilligungserklärung um eine konstitutive Voraussetzung für die Gewährung der Altersvorsorgezulage. Liegt die Einwilligung nicht spätestens zum Ablauf des zweiten Kalenderjahres vor, das auf das Beitragsjahr folgt, besteht demnach kein Anspruch auf die Zulage und ist die Zulagestelle bis zur Grenze der Verjährung (vier Jahre) befugt, die möglicherweise zunächst ohne weitere Prüfung gewährte Zulage zurückzubuchen. Hat ein Beamter die Einwilligung gegenüber seiner Bezügestelle nicht rechtzeitig erklärt, kann dies dem Urteil zufolge weder durch eine rückwirkende Fristverlängerung noch im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden. Die dagegen weiter geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken vermochten die Richterinnen und Richter nicht zu teilen.

Die Entscheidung ist nur für diejenigen Zulageberechtigten bedeutsam, die nicht in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 04.03.2014 zum Urteil 10 K 14031/12 vom 09.01.2014

Grenzpendler: Zusammenveranlagung trotz hoher Kapitalerträge

Ein in Deutschland beschäftigter Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Belgien kann auch dann mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, wenn er in Deutschland hohe Kapitaleinkünfte hat. Dies hat der 4. Senat des Finanzgerichts Köln mit seinem Urteil vom 22.01.2014 (Az. 4 K 2001/13) entschieden.

Der Kläger verdiente im Streitjahr 2009 ca. 140.000 Euro Arbeitslohn in Deutschland. Außerdem bezog er hier eine Dividende in etwa derselben Höhe. Den Antrag auf Zusammenveranlagung mit seiner ebenfalls in Belgien wohnenden Ehefrau lehnte das Finanzamt ab. Es rechnete die Dividende unter Hinweis auf das deutsch-belgische Doppelbesteuerungsabkommen den belgischen Einkünften zu. Damit versteuere der Kläger weniger als 90 % seiner Einkünfte in Deutschland, was eine Zusammenveranlagung ausschließe (§ 1 Abs. 3 EStG).

Der 4. Senat hat nunmehr entschieden, dass Kapitaleinkünfte mit Einführung der Abgeltungsteuer auch im Rahmen der Grenzpendlerregelung des § 1 Abs. 3 EStG unberücksichtigt bleiben, solange nicht die Erstattung der Kapitalertragsteuer beantragt wurde.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 04.03.2014 zum Urteil 4 K 2001/13 vom 22.01.2014

Ort von sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken (insbesondere Windparks)

Bei der Bestimmung des Ortes von sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung von Windparks (insbesondere Offshore-Windparks) sind die allgemeinen Grundsätze zu beachten.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 27. Juni 2013, C-155/12 (HFR S. 859), die Voraussetzungen für die Anwendung der Ortsregelung des Art. 47 MwStSystRL für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken präzisiert. Diese sind bei der Anwendung des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG, dem Art. 47 MwStSystRL zugrunde liegt, zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen Dienstleistungen – sofern sie nicht bereits zu den ausdrücklich aufgezählten Leistungen gehören – zur Anwendbarkeit des Art. 47 MwStSystRL einen ausreichend direkten Zusammenhang mit einem Grundstück aufweisen. Unter Anwendung der vom EuGH in seinem o. g. Urteil vom 27. Juni 2013 zur Anwendbarkeit des Art. 47 MwStSystRL entwickelten Grundsätze sind für einen ausreichend direkten Zusammenhang mit einem Grundstück folgende zwei Voraussetzungen zu beachten:

  • Die Dienstleistung muss mit einem ausdrücklich bestimmten Grundstück in Zusammenhang stehen.
  • Zudem muss das Grundstück selbst Gegenstand der Dienstleistung sein. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn ein ausdrücklich bestimmtes Grundstück als wesentlicher (= zentraler und unverzichtbarer) Bestandteil einer Dienstleistung anzusehen ist.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschn. 3a.3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. Februar 2014 – IV D 2 – S-7100 / 12 / 10003 (2014/0116307) geändert worden ist, wie folgt geändert:

  1. Abs. 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

    1Die sonstige Leistung muss nach Sinn und Zweck der Vorschrift in engem Zusammenhang mit einem ausdrücklich bestimmten Grundstück stehen.“

  2. Nach Abs. 3 wird folgender Abs. 3a angefügt:

    „(3a) 1Das Grundstück selbst muss zudem Gegenstand der sonstigen Leistung sein.2Dies ist u. a. dann der Fall, wenn ein ausdrücklich bestimmtes Grundstück insoweit als wesentlicher Bestandteil einer sonstigen Leistung anzusehen ist, als es einen zentralen und unverzichtbaren Bestandteil dieser sonstigen Leistung darstellt (vgl. EuGH-Urteil vom 27.06.2013, C-155/12, HFR S. 859).“

  3. Abs. 9 wird wie folgt geändert:
    1. Nr. 3 wird wie folgt gefasst:

      „3. Lagerung von Gegenständen, wenn dem Empfänger dieser sonstigen Leistung ein Recht auf Nutzung eines ausdrücklich bestimmten Grundstücks oder eines Teils desselben gewährt wird (vgl. EuGH-Urteil vom 27.06.2013, C-155/12, HFR S. 859);“.

    2. In Nr. 7 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und es wird folgende neue Nr. 8 angefügt:

      „8. Leistungen bei der Errichtung eines Windparks im Zusammenhang mit einem ausdrücklich bestimmten Grundstück, insbesondere Studien und Untersuchungen zur Prüfung der Voraussetzungen zur Errichtung eines Windparks sowie für bereits genehmigte Windparks, ingenieurtechnische und gutachterliche Leistungen sowie Planungsleistungen im Rahmen der Projektzertifizierung (z. B. gutachterliche Stellungnahmen im Genehmigungsverfahren und standortbezogene Beratungs-, Prüf- und Überwachungsleistungen bei Projektzertifizierungen), die parkinterne Verkabelung einschließlich Umspannplattform sowie der parkexterne Netzanschluss zur Stromabführung an Land einschließlich Konverterplattform.“

  4. Abs. 10 wird wie folgt geändert:
    1. Der Einleitungssatz wird wie folgt gefasst:

      „Folgende Leistungen stehen nicht im engen Zusammenhang mit einem Grundstück bzw. das Grundstück stellt bei diesen Leistungen keinen zentralen und unverzichtbaren Teil dar:“.

    2. In Nr. 11 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und es wird folgende neue Nr. 12 angefügt:

      „12. Leistungen bei der Errichtung eines Windparks, die nicht im Zusammenhang mit einem ausdrücklich bestimmten Grundstück stehen, insbesondere die Übertragung von Rechten im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Projektverfahren sowie von Rechten an in Auftrag gegebenen Studien und Untersuchungen, Planungsarbeiten und Konzeptionsleistungen (z. B. Ermittlung der Eigentümer oder Abstimmung mit Versorgungsträgern), Projektsteuerungsarbeiten wie Organisation, Terminplanung, Kostenplanung, Kostenkontrolle und Dokumentation (z. B. im Zusammenhang mit der Kabelverlegung, Gleichstromübertragung und Anbindung an das Umspannwerk als Leistungsbündel bei der Netzanbindung).“

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. April 2014 ausgeführt werden, ist es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger – nicht zu beanstanden, wenn der Leistende und der Leistungsempfänger für Leistungen im Zusammenhang mit Windparks abweichend von den Grundsätzen dieses Schreibens von einem Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG oder nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG ausgegangen sind und an dieser Entscheidung einvernehmlich festhalten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Umsätze vom Leistenden oder vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert wurden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7117-a / 10 /10002 vom 28.02.2014

Studie empfiehlt Umstieg auf Ökosteuern

Eine von der EU-Kommission am 03.03.2014 veröffentlichte Studie spricht sich für eine Verlagerung der Besteuerung von Arbeit hin zu Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung aus.

Damit könnten Einnahmen in Höhe von real 35 Mrd. Euro im Jahr 2016 und von 101 Mrd. Euro im Jahr 2025 entstehen. Eine zweite am 03.03.2014 vorgestellte Studie befasst sich mit den positiven wirtschaftlichen Auswirkungen von verstärktem Hochwasserschutz.

Beide Studien werden in das Europäische Semester einfließen, einen 2010 geschaffenen Mechanismus für eine verbesserte Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Ländern der Europäischen Union.

EU-Umweltkommissar Janez Potocnik erklärte: „Investitionen in den Hochwasserschutz können der Wirtschaft insgesamt nutzen, vor allem durch naturbasierte Lösungen, die äußerst kosteneffizient sind. Ökologische Steuerreformen haben zudem das Potenzial, die derzeitigen staatlichen Steuereinnahmen fast zu verdoppeln, wobei neben Vorteilen für unsere Umwelt auch Spielraum für die Verringerung der Besteuerung von Arbeit oder einen Abbau des Defizits besteht. Das ist ein starkes Argument für die Veränderung des Status quo.“

In der Studie zum Potenzial für Ökosteuern wurden Daten aus zwölf Mitgliedstaaten ausgewertet. Die potenziellen Einnahmen durch die Verlagerung der Besteuerung von Arbeit auf Umweltverschmutzung (z. B. höhere Steuern für die Verursacher von Luft- und Wasserverschmutzung) liegen je nach Mitgliedstaat im Jahr 2025 zwischen etwas mehr als ein Prozent bis knapp über 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr.

Die Studien finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 03.03.2014

Grenzen der EU: Geldströme in die Schweiz – der Finanzhimmel über Europa lichtet sich

Mit der Seilbahn dauert es von Chamonix in Frankreich 20 Minuten, um den höchsten Punkt der Aiguille du Midi zu erreichen. Der Blick aus der Gondel ist atemberaubend. Kaum ein Tourist weiß, dass über das Mont Blanc-Massiv jahrelang auch Bargeld in die Schweiz geschmuggelt wurde. Doch seit der Finanzkrise im Jahr 2007 haben sich Europas Finanzmärkte geändert. Unser Artikel erklärt, warum EU-Gelder nur noch selten in die Schweiz geschmuggelt werden.

Auf den Berghängen der Grenzregion zwischen Frankreich, der Schweiz und Italien um Chamonix tummeln sich nicht nur Touristen. Jahrelang wurden hier auch Koffer voller Bargeld geschmuggelt. Regelmäßig lieferten sich die Beamten der italienischen „Guardia di Finanza“ oder die französischen „Douaniers“ dramatische Bergjagten mit Geldschmugglern.

Die ski-fahrenden Zollbeamten patrouillieren seit einiger Zeit nicht mehr die französische Grenze. Seit das Bankgeheimnis gefallen ist, bringen nur noch wenige EU-Bürger ihr Bargeld in die Schweiz.

Die EU hat sich bei den G20-Gipfeln und bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) dafür eingesetzt, die Transparenz bei Finanzgeschäften zu erhöhen. Steueroasen und Geldwäsche für die überschuldeten EU-Länder ein wichtiges Thema sind.

Viele Transaktionen, die früher hinter verschlossenen Türen stattfanden, müssen jetzt registriert werden. Auf diese Weise sind Finanztransaktionen und Bankaktivitäten transparenter geworden.

Neue Aufsichtsbehörden und mehr Schutz für Sparer
Auch die Mitgliedstaaten müssen mehr Informationen offenlegen und arbeiten grenzübergreifend zusammen, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers haben verbesserte Finanzregeln in Europa geholfen, die Einlagen europäischer Sparer besser zu sichern.

Außerdem verabschiedete das Europaparlament neue Richtlinien und schuf neue Aufsichtsbehörden, um Marktmissbrauch einzuschränken und eine weitere Bankenkrise zu verhindern.

Große Veränderung für ein kleines Land
Die europäische Bankenverordnung hat den Finanzmarkt sicherer gemacht. Auch aus diesem Grund fließt nun viel Geld aus der Schweiz in EU-Länder zurück.

Für das kleine Land, das dem Ökonomen Gabriel Zucman zufolge einst ein Drittel aller in Steueroasen investierten Gelder verwaltete, ist das eine große Veränderung.

Trotz alledem glauben die Grenzbeamten, dass Saint-Julien-en-Genevois immer noch der beste Ort in Frankreich ist, um „gute Fänge“ zu machen.

Eines allerdings hat sich verändert: Die Grenzbeamten warten nicht mehr auf die Menschen, die mit prall gefüllten Geldkoffern die Schweiz betreten. Die größten Fänge machen sie heute bei denen, die die Schweiz verlassen.

Quelle: EU-Parlament, Mitteilung vom 03.03.2014

BdSt fordert Reform des Einkommensteuertarifs – Abbau der kalten Progression – jetzt!

Der Bund der Steuerzahler fordert, dass der Abbau der kalten Progression wieder auf die Tagesordnung der Bundesregierung kommt. „Der Bundesfinanzminister muss erneut die Initiative ergreifen, damit der Einkommensteuertarif reformiert wird. Denn wenn die Löhne steigen, werden die Steuerzahler durch den überproportionalen Zugriff des Fiskus massiv zur Kasse gebeten. Diese Ungerechtigkeit haben nun auch Vertreter der Gewerkschaften erkannt und fordern ebenfalls den Abbau der kalten Progression“, betont der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel.

Abgesehen von erhöhten Grundfreibeträgen ist der Einkommensteuertarif zuletzt 2010 grundlegend reformiert worden. Von 2010 bis 2017 müssen die Löhne allein zum Inflationsausgleich um rund 13 Prozent steigen. Ohne Tarifkorrekturen führt dies – obwohl nur die Geldentwertung ausgeglichen wird -, zu höheren Durchschnittssteuersätzen für die Einkommensteuerzahler und damit zu überproportional steigenden Steuerlasten. Nach Berechnungen des Deutschen Steuerzahlerinstituts werden die Steuerzahler allein in den Jahren 2014 bis 2017 mit insgesamt 55,8 Milliarden Euro durch den ungerechten Effekt der kalten Progression geschröpft.

Der Einkommensteuertarif ist so aufgebaut, dass der Steuersatz mit dem Einkommen steigt. Damit führen Lohnerhöhungen auch zu einer höheren Steuerbelastung. Dies gilt selbst dann, wenn mit der Lohnerhöhung nur die Inflation ausgeglichen werden soll. Ohne eine regelmäßige Korrektur des Steuertarifs rutschen die Steuerzahler so in immer höhere Steuersätze hinein. Der BdSt fordert daher eine nötige Anpassung an die Lebensverhältnisse. Präsident Holznagel: „Es muss einen ‚Tarif auf Rädern‘ geben.“

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 28.02.2014

Die spanische Steuer auf den Einzelhandelsverkauf bestimmter Mineralöle verstößt gegen das Unionsrecht

Die Wirkungen dieses Urteils sind nicht zeitlich zu beschränken, da die spanische Regierung und die Generalität de Catalunya nicht gutgläubig handelten, als sie diese Steuer während eines Zeitraums von mehr als zehn Jahren aufrechterhielten.

Die Verbrauchsteuerrichtlinie betrifft u. a. Mineralöle wie Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin. Sie enthält Regeln für die Erhebung von Verbrauchsteuern in der Union, durch die verhindert werden soll, dass der Handelsverkehr durch zusätzliche indirekte Steuern übermäßig behindert wird. Nach der Richtlinie können jedoch auf Mineralöle andere indirekte Steuern als die durch sie eingeführte harmonisierte Verbrauchsteuer erhoben werden, wenn zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen müssen diese Steuern eine oder mehrere besondere Zielsetzungen verfolgen. Zum anderen müssen sie die Besteuerungsgrundsatze der Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage sowie die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung beachten.

Spanien führte eine Steuer auf den Einzelhandelsverkauf bestimmter Mineralöle (im Folgenden: IVMDH) ein und stützte sich dabei auf die letztgenannte Möglichkeit der Richtlinie. Diese Steuer war dazu bestimmt, die neuen auf die Autonomen Gemeinschaften Spaniens im Gesundheitsbereich übertragenen Zuständigkeiten sowie mögliche Umweltausgaben zu finanzieren. Die IVMDH war in Spanien vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2012 in Kraft und wurde anschließend in die harmonisierte Verbrauchsteuer auf Mineralöle integriert.

Die Transportes Jordi Besora SL, ein im Gebiet der Autonomen Gemeinschaft Katalonien niedergelassenes Gütertransportunternehmen, zahlte als Endverbraucher einen Betrag von 45.632,38 Euro als IVMDH für die Steuerjahre 2005 bis 2008. Da diese Gesellschaft die IVMDH für mit der Richtlinie unvereinbar hielt, beantragte sie die Erstattung des genannten Betrags. In diesem Zusammenhang hat das Tribunal Superior de Justicia de Catalunya (Oberster Gerichtshof von Katalonien, Spanien) den Gerichtshof gefragt, ob die IVMDH mit der Verbrauchsteuerrichtlinie vereinbar ist.

In seinem Urteil vom 27.02.2014 stellt der Gerichtshof fest, dass die IVMDH gegen die Verbrauchsteuerrichtlinie verstößt.

Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass eine solche Steuer keine besondere Zielsetzung im Sinne der Verbrauchsteuerrichtlinie hat. Damit eine Zielsetzung besonders ist, darf sie nicht reine Haushaltszwecke verfolgen. Im vorliegenden Fall sind die Einnahmen aus der IVMDH den Autonomen Gemeinschaften zugewiesen worden, um die Ausübung bestimmter Zuständigkeiten dieser Gemeinschaften zu finanzieren. Die Stärkung der Autonomie einer Gebietskörperschaft durch die Einräumung der Befugnis zur Steuererhebung ist aber eine rein fiskalische Zielsetzung, die als solche keine besondere Zielsetzung darstellt. Außerdem ergibt sich die Tatsache, dass die Einnahmen aus dieser Steuer nach dem nationalen Gesetz zwingend für die Finanzierung von Ausgaben im Gesundheitswesen zu verwenden sind, aus einer bloßen internen Organisationsvorschrift für den Haushalt Spaniens und genügt somit nicht, um bei der Steuer von einer besonderen Zielsetzung auszugehen. Andernfalls konnte jede Zielsetzung als besonders angesehen werden, was der durch die Richtlinie eingeführten harmonisierten Verbrauchsteuer jede praktische Wirksamkeit nähme.

Damit bei einer Steuer wie der IVMDH von einer besonderen Zielsetzung ausgegangen werden kann, muss sie, so der Gerichtshof, selbst darauf gerichtet sein, den Gesundheits- und den Umweltschutz zu gewährleisten. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn die Einnahmen aus dieser Steuer zwingend dafür zu verwenden waren, die sozialen und die umweltbezogenen Kosten zu senken, die auf spezifische Weise mit dem Verbrauch der mit der Steuer belasteten Mineralöle zusammenhangen, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und der Zielsetzung der fraglichen Steuer bestünde. Die Einnahmen aus der IVMDH müssen jedoch von den Autonomen Gemeinschaften für gesundheitsbezogene Ausgaben im Allgemeinen und nicht für gesundheitsbezogene Ausgaben, die auf spezifische Weise mit dem Verbrauch der besteuerten Mineralöle zusammenhangen, verwendet werden. Solche allgemeinen Ausgaben können aber durch die Einnahmen aus jedweder Steuer finanziert werden.

Zudem sieht die spanische Regelung keinen Mechanismus vor, durch den die Verwendung der Einnahmen aus der IVMDH zu Umweltzwecken im Voraus festgelegt wurde. In diesem Fall kann bei der IVMDH nur dann davon ausgegangen werden, dass sie selbst auf die Gewährleistung des Umweltschutzes gerichtet ist, wenn diese Steuer hinsichtlich ihrer Struktur, insbesondere des Steuergegenstands und des Steuersatzes, derart gestaltet ist, dass sie die Steuerpflichtigen davon abhält, Mineralöle zu verwenden, oder die Verwendung anderer Erzeugnisse mit weniger schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt fordert. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Die Generalität de Catalunya und die spanische Regierung haben beantragt, die Wirkungen des vorliegenden Urteils zeitlich zu beschränken, falls der Gerichtshof feststellen sollte, dass die IVMDH gegen das Unionsrecht verstößt. Sie weisen insbesondere darauf hin, dass die IVMDH zu zahlreichen Verfahren geführt habe und dass die Verpflichtung zur Erstattung dieser Steuer, deren Aufkommen im Zeitraum von 2002 bis 2011 sich auf ungefähr 13 Milliarden Euro belaufen habe, die Finanzierung der öffentlichen Gesundheit in den Autonomen Gemeinschaften gefährden wurde.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die zeitliche Beschränkung der Wirkungen eines Urteils nur ausnahmsweise zulässig ist, sofern zwei Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen. Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Generalität de Catalunya und die spanische Regierung gutgläubig handelten, als sie die IVMDH während eines Zeitraums von mehr als zehn Jahren aufrechterhielten. Der Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Wirkungen des Urteils nicht zeitlich zu beschränken sind. Er hat nämlich bereits im Jahr 2000 über eine Steuer mit vergleichbaren Merkmalen wie die IVMDH entschieden. Außerdem hat die Kommission den spanischen Behörden bereits im Jahr 2001 mitgeteilt, dass die Einführung einer solchen Steuer gegen das Unionsrecht verstieße. Darüber hinaus hat die Kommission im Jahr 2003 (dem auf das Inkrafttreten der IVMDH folgenden Jahr) wegen dieser Steuer ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien eingeleitet.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einem im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil für einen Mitgliedstaat ergeben konnten, für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkungen dieses Urteils rechtfertigen. Ware dies nicht so, wurden die schwersten Verstöße günstiger behandelt, da sie es sind, die die bedeutendsten finanziellen Auswirkungen für die Mitgliedstaaten haben können. Zudem wurde eine allein auf diese Art von Erwägungen gestutzte zeitliche Beschränkung der Wirkungen eines Urteils darauf hinauslaufen, dass der gerichtliche Schutz der Rechte, die die Steuerpflichtigen aus den Steuervorschriften der Union herleiten, wesentlich eingeschränkt wäre.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 27.02.2014 zum Urteil C-82/12 vom 27.02.2014

Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)

GoBD – BMF-Schreiben auf dem Prüfstand

Nachdem der erste Entwurf des BMF-Schreibens „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ in der Wirtschaft auf erhebliche Kritik gestoßen ist, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) reagiert und erste Änderungen ins Entwurfsschreiben eingearbeitet. Diese geänderte Fassung lag den Kammern und Verbänden nunmehr erneut zur Stellungnahme vor und bildete zugleich die Grundlage einer gemeinsamen Erörterung zwischen Fachleuten aus Wirtschaft, Verbänden sowie der Finanzverwaltung am 12./13.9.2013 in Berlin.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) begrüßt die Entscheidung des BMF zur Einberufung eines Fachgesprächs und das damit gesteckte Ziel, doch noch eine praxisgerechte Ausgestaltung der Neuregelungen zu erreichen. Bereits das überarbeitete Entwurfsschreiben lässt positive Tendenzen – u.a. im Hinblick auf die Anforderungen zur Kontierung von Belegen – erkennen. Dennoch besteht u.a. bei den folgenden Punkten dringend weiterer Änderungsbedarf:

  • Überarbeitung der momentan strengen zeitlichen Vorgaben zur Erfassung eines Geschäftsvorfalls,
  • praktikable Ausgestaltung der Formulierungen zur erfassungsgerechten Aufbereitung von Buchungsbelegen,
  • Anpassung der Ausführungen zur Aufbewahrung von Anschaffungsbelegen bei sog. Dauersachverhalten.

Nach gemeinsamer Diskussion zwischen Kammern und Verbänden mit Vertretern der Länder sowie des BMF werden diese und weitere Anmerkungen in den sich anschließenden Bund-Länder-Erörterungen erneut auf dem Prüfstand stehen. Die Ergebnisse dieser Gespräche bleiben somit abzuwarten.

Für den DStV nahmen an der Anhörung DStV-Präsident StB/WP Harald Elster sowie Referentin StBin/ Dipl.-Hdl. Vicky Johrden teil.

 

2. Entwurf eines BMF-Schreibens „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“

S 09/13 | 02.09.2013

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Sehr geehrter Herr Dr. Misera,
sehr geehrte Damen und Herren,

für die Einladung zum Fachgespräch am 12./13. September 2013 zum 2. Entwurf eines BMF-Schreibens bezüglich der „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ danken wir Ihnen. Gerne möchten wir zudem – in Vorbereitung auf die gemeinsame Diskussion – die Möglichkeit wahrnehmen, Ihnen unsere Anmerkungen zum überarbeiteten Entwurf bereits vorab zu übersenden.

Vorbemerkung
Über Ihre Entscheidung, den Entwurf des vorbezeichneten BMF-Schreibens gemeinsam mit Wirtschaft und Verwaltung zu erörtern, freuen wir uns. Bereits im Rahmen unserer Stellungnahme zum 1. Entwurf hatten wir auf die Bedeutung der Erarbeitung einer gemeinsamen Lösung von Fachleuten der Praxis sowie der Finanzverwaltung hingewiesen, um eine möglichst breite Akzeptanz und praxisgerechte Ausgestaltung der Neuregelungen erreichen zu können. Dieser Vorschlag wurde mit der Einladung zum Gespräch am 12./13. September 2013 in Ihrem Hause nunmehr ein Stück weit aufgegriffen und wird seitens des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) begrüßt.

Aufgrund der enormen praxisrelevanten Bedeutung der GoBD würde sich nach unserer Auffassung mehr noch die Einrichtung einer Arbeitsgruppe – zusammengesetzt aus Vertretern der Finanzverwaltung sowie den betroffenen Verbänden – anbieten. Gerade da die derzeit formulierten Grundsätze mitunter nur schwer umzusetzen sind, eine personelle und finanzielle Mehrbelastung für die Unternehmen darstellen und die Gefahr einer nicht ordnungsmäßigen Buchführung jederzeit durch die enorme Anforderungsdichte für die Steuerpflichtigen mitschwingt, sollte auch die über das Fachgespräch hinausgehende weitere Überarbeitung des BMF-Schreibens unbedingt im Dialog erfolgen.

Erwartungen
Das mit Datum vom 9. April 2013 den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegte Entwurfsschreiben zu den GoBD erreichte die Verbände und Praxis überraschend und muss(te) sich heftiger Kritik erwehren. Die Gründe hierfür sind im Wesentlichen auf die mit dem Papier einhergehenden Verschärfungen – vorrangig für kleine und mittelständische Unternehmen – zurückzuführen. Lediglich beispielhaft seien hier die 10-Tages-Frist zur grundbuchmäßigen Erfassung von Geschäftsvorfällen (Rz. 3.2.3), die Regelungen zur Aufbewahrung von Anschaffungsbelegen bei sog. Dauersachverhalten (Rz. 4.4) bzw. die Ausführungen zur Lesbarmachung von elektronischen Unterlagen (Rz. 10.2) genannt.

Die für die Unternehmen hieraus resultierenden zusätzlichen Belastungen widersprechen ganz entschieden dem seitens der Bundesregierung eingeschlagenen Weg zum Bürokratieabbau. Während die Bundesregierung einerseits in enger Zusammenarbeit mit dem Nationalen Normenkontrollrat bestrebt ist, die Kosten für Unternehmen und Verwaltung zu begrenzen und entsprechende Maßnahmen zum Abbau von Kostenbelastungen voranzubringen, weisen die im BMF-Schreiben zu den GoBD enthaltenen Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten genau in die gegenteilige Richtung. Diese Entwicklung ist für uns nicht nachvollziehbar.

Insbesondere mit Blick auf Bürger und Unternehmen, die sich den digitalen Herausforderungen, die u. a. ELSTER, ELSTAM oder auch das Projekt E-Bilanz mit sich bringen, erfolgreich stellen, und hierfür zeit- und kostenintensive Anpassungen von Arbeitsabläufen und
-prozessen hinnehmen, sollten Neuregelungen bzw. Änderungen von Gesetzen und Verwaltungsanweisungen etc. keine zusätzlichen Verschärfungen enthalten. Zudem sind ebendiese Anstrengungen zur erfolgreichen Etablierung auch seitens der Finanzverwaltung zu erwarten, weshalb beispielsweise die Forderung, dass Steuerpflichtige auf Verlangen der Finanzbehörden auf eigene Kosten Unterlagen ausdrucken und beibringen müssen, unserer Auffassung nach nicht haltbar ist.

Stattdessen sollten weiterhin Maßnahmen zur Entlastung forciert werden. Die verstärkte Einbindung des Nationalen Normenkontrollrats im Vorfeld von Gesetzesänderungen ist daher zu begrüßen, ein zusätzliches nachträgliches Gesetzescontrolling zudem wünschenswert.

Auch das überarbeitete Entwurfsschreiben zu den GoBD lässt diesen Gedanken der Entlastung und Kostenreduzierung weiterhin vermissen. Der nunmehr vorliegende zweite Entwurf zeichnet sich im Wesentlichen durch redaktionelle Änderungen aus.

Überdies beinhaltet das BMF-Schreiben in weiten Teilen nicht nur allgemeine Grundsätze, sondern sehr detaillierte Ausführungen. In Verbindung mit dem Fokus des Schreibens auf den Datenzugriff aus Sicht der Betriebsprüfungsstellen vermitteln zahlreiche Textpassagen (bspw. Rz. 19) den Eindruck, dass bereits geringfügige Fehler zur Versagung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung führen können. Hier sollte auch künftig der Ansatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben und ein Versagen erst bei schweren Verstößen folgen.

Dennoch positiv hervorheben möchten wir die Überarbeitungen in folgenden Bereichen:

Punkt 3.2.2 – Richtigkeit – Rz. 44
Im Gegensatz zur Vorversion wurde die Formulierung „erfundene Geschäftsvorfälle dürfen nicht erfasst, tatsächliche Geschäftsvorfälle dürfen nicht mit falschen Werten aufgezeichnet … werden“ gestrichen. Anderenfalls wäre der gesamte Berufsstand kriminalisiert und der steuerunehrliche Bürger als Regelfall deklariert worden. Die Streichung dieser Formulierung ist daher nur folgerichtig.

Auch der nunmehr stattdessen aufgenommenen Aussage – „Die Erfassung oder Verarbeitung von tatsächlichen Geschäftsvorfällen darf nicht unterdrückt werden“ – bedarf es unserer Auffassung nach nicht. Vielmehr wird der Grundsatz der „Richtigkeit“ bereits umfassend durch die Positivformulierung in Rz. 43 dargelegt. Wir schlagen daher vor, auf die ergänzenden Ausführungen unter Rz. 44 gänzlich zu verzichten.

Punkt 4 – Belegwesen (Belegfunktion) – Rz. 65
Positiv hervorheben möchten wir die Anpassungen der Ausführungen zu den Anforderungen an die Kontierung von Belegen. Insbesondere fand im Rahmen der Überarbeitung dieses Abschnitts der Gedanke Berücksichtigung, dass die Prüfbarkeit der Geschäftsvorfälle mitunter auch mittels alternativer Arbeitsprozesse sichergestellt werden kann und die fehlende Kontierung nicht zwingend eine negative Beurteilung hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nach sich zieht. Die Änderungen der Formulierung zu den elektronischen Belegen führen ebenfalls zu einer praktischeren Ausgestaltung und sind zu begrüßen.

Wir möchten jedoch anmerken, dass der Zusatz „Diese Prüfung erfolgt im jeweiligen Einzelfall“ unseres Erachtens nicht notwendig erscheint. Zum einen gilt dieser Zusatz regelmäßig und muss daher nicht noch einmal explizit aufgegriffen werden. Zum anderen bekräftigt der ausdrückliche Hinweis noch einmal das nachträgliche Ermessen der Finanzbehörden und bringt somit mehr Unsicherheit als Sicherheit bei den Steuerpflichtigen.

Weiterhin dringender Änderungsbedarf besteht nach Auffassung des DStV hinsichtlich der nachfolgenden Ausführungen:

Punkt 1 – Anwendungsbereich und Begrifflichkeiten – Rz. 2-8
Im Rahmen der Überarbeitung des Entwurfsschreibens wurde der Klammerzusatz „steuerrelevante Daten“ unter Rz. 2 entfernt und damit zugleich der Versuch einer Definition derselben Begrifflichkeit aufgegeben. Dieser Schritt ist grundsätzlich zu begrüßen. Dennoch bestehen an dieser Stelle weitere Unsicherheiten. Wir schlagen daher vor, zu eben dieser Thematik eine eigene Randziffer in das BMF-Schreiben aufzunehmen, aus der hervorgeht, dass lediglich steuerrelevante Daten archivierungspflichtig sind und alle weiteren Daten, die der Steuerpflichtige freiwillig bzw. für nicht steuerliche Belange in seinen Systemen führt, nicht zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen des § 147 AO gehören. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des FG Hessen vom 24.4.2013 (4 K 422/12).

Punkt 3.2.3 – Zeitgerechtheit – Rz. 48
Bereits in unserer Stellungnahme zum ersten GoBD-Entwurf hatten wir die strenge zeitliche Vorgabe von längstens 10 Tagen zur grundbuchmäßigen Erfassung eines Geschäftsvorfalls aufgegriffen, da diese weder die unterschiedlichen Unternehmensverhältnisse noch den mit der Aufzeichnungspflicht verfolgten Zweck berücksichtigt.

Entsprechend stellte im Jahre 1988 auch der BFH (Az. III R 62/87) fest, dass „die Frage, ob Aufzeichnungen zeitgerecht i.S. des § 146 Abs.1 AO 1977 sind, nicht für alle Fälle gleich beantwortet [werden kann]“. Vielmehr müssen und werden Unternehmen ihre Geschäftsvorfälle zumeist in Abhängigkeit ihres Beleganfalls verarbeiten. Insbesondere da bei der Mehrheit der Steuerpflichtigen nicht die Gefahr von Manipulation oder Verlust der Unterlagen besteht, ist eine starre zeitliche Grenze – wie sie im BMF-Schreiben festgelegt wird – nicht nötig. Die an dieser Stelle im zweiten Entwurf vorgenommenen redaktionellen Ergänzungen bringen ebenfalls keine Verbesserung.
Die Anmerkung, dass „Geschäftsvorfälle … für längere Zeit in der Schwebe gehalten werden“ geht, wie bereits die ursprüngliche Formulierung unter Rz. 44, vom steuerunehrlichen Bürger als Regelfall aus. Diese Auslegung ist nicht sachgerecht. Vielmehr lässt sie die bereits angeführten unterschiedlichen Unternehmensverhältnisse unberücksichtigt.

Selbstverständlich sind die Unternehmen – bereits zur Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufs ihres Geschäftsbetriebs – angehalten, die Erfassung ihrer Geschäftsvorfälle möglichst zeitnah vorzunehmen. Dennoch sollte es nicht zu Beanstandungen führen, wenn zwischen dem Eintreten des Geschäftsvorfalls und der buchmäßigen Erfassung ein längerer als der zurzeit vorgegebene 10-Tages-Zeitraum liegt, insbesondere sofern sichergestellt werden kann, dass die Erfassung dennoch vollständig, nachvollziehbar und richtig erfolgt. Wir regen daher nochmals an, diesen Abschnitt zu ändern und eine praxisgerechte Lösung auszuarbeiten.

Punkt 4 – Belegwesen (Belegfunktion) – Rz. 63/65
In Rz. 63 werden in der Aufzählung der Belegarten auch „betriebliche Kontoauszüge“ angeführt, die in elektronischer Form vorliegen können. Rz. 65 regelt überdies, dass ein elektronischer Beleg zur Erfüllung der Belegfunktionen mit einem Datensatz mit Angaben zur Kontierung, zum Ordnungskriterium etc. verknüpft werden kann. Dessen ungeachtet vertritt das Bayerische Landesamt für Steuern durch Verfügung vom 28.7.2010 (S 0317.1.1-3/1 St42) jedoch die Auffassung, dass „die Übermittlung und Speicherung lediglich einer Datei im pdf-Format … [den GoBS] nicht [genügt], da bei diesem Dateiformat eine leichte und nicht mehr nachvollziehbare Änderung möglich wäre“. Die damit einhergehenden Unsicherheiten sollten dringend beseitigt werden. Wir gehen daher davon aus, dass spätestens mit Einführung der GoBD die vorbezeichnete Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern keine Anwendung mehr findet.

Punkt 4.2 – Zuordnung zwischen Beleg und Grundaufzeichnung oder Buchung – Rz. 74
Zwar wurde die noch im ersten Entwurfsschreiben enthaltene Formulierung entschärft, indem in Rz. 74 das Wörtchen „ist“ durch „kann“ ausgetauscht wurde, die Problematik der unkonkreten Formulierung „bei umfangreichem Beleganfall“ wurde jedoch nicht gelöst. Hier besteht weiterhin breiter Interpretationsspielraum, der zu Unsicherheiten bei den Steuerpflichtigen führt und spätere Unstimmigkeiten im Rahmen von Betriebsprüfungen nach sich ziehen kann. Dies gilt es durch eine entsprechende Konkretisierung der Begrifflichkeit zu vermeiden.

Punkt 4.3 – Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege – Rz. 77
Bereits in unserer Stellungnahme vom 2.5.2013 hatten wir darauf aufmerksam gemacht, dass die zwingende Zuordnung einer eindeutigen Belegnummer zu jedem Geschäftsvorfall unseres Erachtens gerade für kleine Unternehmen entbehrlich ist. Hintergrund hierfür ist, dass in diesen Fällen regelmäßig bereits bei geordneter Ablage und durch Angabe von Beleg- oder Buchungsdatum sowie Kontoauszugsnummer und Name innerhalb angemessener Zeit eine exakte Zuordnung gewährleistet werden kann.

Wir hatten zudem darauf hingewiesen, dass anhand der derzeitigen Ausführungen nicht deutlich wird, an welcher Stelle des Prozesses (Papierbeleg – elektronische Erfassung – Buchung) tatsächlich welche Angaben erforderlich sind. Unserer Empfehlung, eine eindeutigere Darstellung der geforderten Angaben – ggf. unter Ergänzung beispielhafter Unterlegungen – zu erreichen, wurde bislang nicht gefolgt. Damit bleibt auch nach Überarbeitung des BMF-Schreibens unklar, wie der praktische Ablauf einiger Geschäftsvorfälle sowie die Buchungsbelege, Grundaufzeichnungen und Journale schließlich zukünftig aussehen sollen.

Insbesondere das Fordern einer zwingenden Angabe eines Buchungstextes ist überzogen und unpraktikabel. Regelmäßig ist die Wiedergabe beispielsweise eines Rechnungsinhalts mit verschiedenen Einzelpositionen überhaupt nicht möglich und kann auch nicht sinnvoll abgekürzt werden. Im Rahmen einer kontokorrentmäßigen Erfassung einer Rechnung ergeben sich Kunden- bzw. Lieferantenname sowie Belegnummer jedoch bereits aus der Gegenbuchung, sodass hieraus ohne Weiteres eine Zuordnung zum Buchungsbeleg erfolgen kann.

Auch sind die in diesem Zusammenhang im BMF-Schreiben angeführten BFH-Urteile (Urteil IV 472/60 vom 12.5.1966 und Urteil I R 73/66 vom 1.10.1969) nicht wirklich einschlägig. Zum einen äußert sich der BFH im Urteil aus dem Jahre 1969 vor allem zur ordnungsmäßigen Kassenführung. Zum anderen fordert er in dem aus dem Jahre 1966 vorliegenden Urteil ausdrücklich, „keine überspitzten Anforderungen“ an die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu stellen. Im Gegenteil sei – so der BFH wörtlich – „die Buchführung … schon dann ordnungsgemäß, wenn sie durchschnittlichen Anforderungen an die Redlichkeit und Sorgfalt … genügt“. Der Maßstab eines übermäßig gewissenhaften Kaufmanns ist nach Auffassung des BFH gerade nicht zugrunde zu legen (vgl. ebd.).

Punkt 4.4 – Besonderheiten – Rz. 81
Völlig auf Unverständnis stößt die Neuerung zur Aufbewahrung von Anschaffungsbelegen bei sog. Dauersachverhalten. Während im ersten Entwurfsschreiben vor allem die Formulierung zum „Ende der Nutzungsdauer“ zu Unklarheiten führte, da nicht deutlich herausgearbeitet wurde, ob es sich um die steuerliche oder tatsächliche Nutzungsdauer handelt, konnte diese Begrifflichkeit im zweiten Entwurf geklärt werden. Beginn, Dauer und Ende der Aufbewahrung sind jedoch weiterhin fraglich.
Der DStV weist bereits in seiner Stellungnahme vom 2.5.2013 auf die gegenwärtigen Anstrengungen des Gesetzgebers zur Umsetzung zentraler Entlastungsmaßnahmen für Bürger und Wirtschaft hin. Die gesetzliche Festschreibung einer Verkürzung der Aufbewahrungsfristen stellt eine wichtige Maßnahme zum Bürokratieabbau dar, da hierdurch der Archivierungsaufwand der Unternehmen deutlich reduziert werden kann. Vor diesem Hintergrund lief bereits die ursprüngliche Regelung zur Aufbewahrungspflicht der Anschaffungsbelege „bis zum Ende der Nutzungsdauer“ dieser seitens der Regierung angestrebten Entwicklung entgegen.

Die im Zuge der Überarbeitung eingefügte Neufassung „Die Aufbewahrungsfrist … beginnt erst mit Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer“ widerspricht nunmehr jedoch gänzlich den gewollten Entlastungen und geht in erheblichem Maße über die bisherigen Regelungen zur Aufbewahrung hinaus. Wir regen daher weiterhin dringend an, diese Ausführungen zu streichen und sich auch künftig an den gesetzlichen Vorschriften zu orientieren.

Punkt 10.2 – Lesbarmachung von elektronischen Unterlagen – Rz. 155
Bereits in unserer Stellungnahme vom 2.5.2013 haben wir angemerkt, dass es für uns nicht nachvollziehbar ist, dass Steuerpflichtige den Finanzbehörden gemäß vorliegendem Entwurfsschreiben auf Verlangen Unterlagen auf eigene Kosten ganz oder teilweise ausgedruckt zur Verfügung zu stellen haben. Dies gilt einmal mehr, da originär digitale Belege bereits aus Gründen der Rechtssicherheit im Originalformat aufzubewahren sind.

Seit mehreren Jahren forciert die Finanzverwaltung mit ELSTER, ELStAM sowie der E-Bilanz die Verpflichtung von Steuerberatern und Unternehmen zur elektronischen Übermittlung steuerlich relevanter Daten. Diese Pflichten sind regelmäßig mit Fristsetzungen verbunden, bei deren Nichteinhaltung die Finanzverwaltung entsprechende Verspätungszuschläge verhängt. Die Wirtschaft ist daher bestrebt, die an sie gerichteten Anforderungen durch Anpassung von Arbeitsabläufen und -prozessen umzusetzen. Die Aufbewahrung von Unterlagen und Belegen in sog. Dokumenten-Management-Systemen sind u. a. Ergebnis dieser zunehmenden Digitalisierung.

Unter dem Leitspruch „Elektronik statt Papier“ soll die Steuererhebung für Steuerpflichtige und Verwaltung so bürokratiearm wie möglich gestaltet werden. Diese Entwicklung darf keine Einbahnstraße zulasten der Steuerpflichtigen sein. Der DStV empfiehlt daher, die gegenwärtige Formulierung zu streichen.

Zur Umsetzung der notwendigen IT-Anpassungen regen wir überdies an, eine ausreichende Übergangsfrist in das BMF-Schreiben aufzunehmen. Auch sollten die Ausführungen nur für zukünftige Sachverhalte und nicht rückwirkend gelten.

Sehr gerne werden wir diese Anregungen im Rahmen des gemeinsamen Fachgesprächs am 12./13. September 2013 ausführlich mit Ihnen diskutieren.

 

Quelle: DStV

Verschärfungen der Selbstanzeige nur mit Augenmaß – DStV appelliert an Gesetzgeber: Hände weg von der Selbstanzeige!

Insbesondere durch die in den letzten Wochen bekannt gewordenen Einzelfälle nimmt die Diskussion über die Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige wieder an Fahrt auf. Auf Basis der Ergebnisse des Evaluierungsberichts der Bund-Länder-Facharbeitsgruppe erörtern die Staatssekretäre von Bund und Ländern am 06.03.2014, welchen Spielraum es für die Verschärfung des Instituts gibt. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) begrüßt den fundierten Bericht der Facharbeitsgruppe zwar insgesamt, da er in allen Facetten die ausgleichende Wirkung der Selbstanzeige im Spannungsfeld zwischen Steuerstrafrecht und dem Besteuerungsverfahren beleuchtet. Zudem zeigt der Bericht auf, dass die Straffreiheit sowohl im deutschen Strafrecht als auch im internationalen Vergleich generell kein Exot ist. Dennoch erachtet der DStV in seiner an die Staatssekretäre adressierten Stellungnahme S 02/14 manche von der Facharbeitsgruppe vorgeschlagene Verschärfungsoption als problematisch.

DStV befürwortet Formulierungsvorschlag zu den Anmeldesteuern
Der DStV begrüßt außerordentlich, dass sich die Facharbeitsgruppe für eine gesetzliche Änderung im Bereich der Anmeldesteuern ausspricht. Sie erkennt in ihren Ausführungen vortrefflich den aus Sicht der Praxis dringend gebotenen Handlungsbedarf: Die sich seit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aus 2011 in der Praxis in diesem Bereich ergebende Kriminalisierung redlicher Steuerpflichtiger ist – wie vom DStV unter anderem in seinem Positionspapier zum Erhalt der Selbstanzeige aufgezeigt – nicht hinnehmbar. Der DStV plädiert dafür, für die Anmeldesteuern eine gesetzliche Ausnahme zu schaffen. Der von der Facharbeitsgruppe für den Bereich der Anmeldesteuern vorgelegte Formulierungsvorschlag trifft daher weitestgehend auf die volle Zustimmung des DStV.

Erhalt der Selbstanzeige
Wie im Positionspapier des DStV gefordert, regt auch die Facharbeitsgruppe ausdrücklich und in sehr zu begrüßender Weise den Erhalt der Selbstanzeige an. Für den Fall der Abschaffung der Selbstanzeige erkennt sie zutreffend die rechtlichen Folgewirkungen, welche sich auch auf den Haushalt höchst negativ auswirken würden: Aufgrund des von Verfassungswegen im Strafrecht generell geltenden „nemo tenetur“-Grundsatzes, wonach niemand sich selbst belasten muss, stünde dem Steuerhinterzieher künftig ein weitreichendes Zeugnisverweigerungsrecht im Besteuerungsverfahren zu. Zudem würde für vergangene Zeiträume ein Beweisverwertungsverbot eintreten. Bisher unbekannte Steuerquellen blieben weiterhin unentdeckt. Die bisher hinterzogenen Steuern fielen aus.

Höhere Hürden bergen die Gefahr der faktischen Abschaffung
Die von der Facharbeitsgruppe zur Verschärfung der Selbstanzeige vorgeschlagene Ausdehnung der Berichtigungspflicht auf zehn Jahre sieht der DStV hingegen kritisch. Er zeigt in seiner Stellungnahme unter anderem auf, dass diese Handlungsoption über die gewünschte Zielsetzung hinaus schießen und zur faktischen Abschaffung des Instituts führen dürfte. Die Anhebung der Hürden zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit dürfte die Bereitschaft der Steuerhinterzieher zur Selbstanzeige deutlich mindern. Dies kann nicht im Interesse des Staates sein, da so Steuereinnahmen in Milliardenhöhe künftig verloren gingen.

Nun ist die Politik gefordert
Der DStV appelliert an die Politik, im Rahmen der derzeit hitzigen Debatte in der Öffentlichkeit nicht die dringend gebotene, gesetzliche Ausnahme für den Bereich der Anmeldesteuern aus dem Blick zu verlieren. Vor dem Hintergrund der in der Stellungnahme aufgezeigten Zweifel sollte zudem im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine Verschärfung der Selbstanzeige mit Augenmaß abgewogen werden.

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V., Mitteilung vom 04.03.2014

Lesen Sie hierzu auch „DStV appelliert an Gesetzgeber: Hände weg von der Selbstanzeige!:

Kaum ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch die Berichterstattung der Medien zu einem ausgewählten Fall geweckt, schon stellt die Politik mit der Einberufung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe die strafbefreiende Selbstanzeige erneut grundlegend in Frage. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) sieht diese aktuellen Tendenzen in seinem jüngst an den Gesetzgeber übermittelten Positionspapier für den Erhalt der Selbstanzeige kritisch.

Zwar muss die verfassungsrechtlich gebotene Gleichmäßigkeit der Besteuerung aller Steuerpflichtigen als oberste Maxime durchgesetzt werden, weshalb der Kampf gegen die Steuerkriminalität konsequent vorangetrieben werden muss. Der DStV zeigt in seinem Positionspapier jedoch auf, warum die rechtssystematischen sowie praktischen Folgen einer Verschärfung oder gar Abschaffung nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

Ein entscheidendes Argument für den Erhalt der Selbstanzeige ist ihre ausgleichende Wirkung innerhalb des Spannungsfelds zwischen Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren. Die Steuerpflichtigen treffen bei ihrer Besteuerung weitreichende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Eine fehlerhafte Steuererklärung muss selbst dann berichtigt werden, wenn damit eine eigene Straftat offen gelegt wird. Dies widerspricht dem maßgeblichen, verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz im Strafrecht: Niemand muss sich selbst einer Straftat bezichtigen. Die Verletzung dieses Grundsatzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie des Bundesverfassungsgerichts nur deshalb gerechtfertigt, weil der Steuerpflichtige durch die Selbstanzeige Sanktionsfreiheit erlangt.

Darüber hinaus fordert der DStV in seinem Positionspapier endlich die Entkriminalisierung redlicher Steuerpflichtiger durch eine gesetzliche Ausnahme für die Anmeldesteuern. Die letzte Änderung der Selbstanzeige durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz in 2011 hat in diesem Bereich zu einer hohen, nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit in der Praxis geführt. Die aktuellen Bestrebungen könnten diese noch verstärken.

Statt innerstaatliche Regeln zu verschärfen, sollte der Druck auf die Steuerstraftäter durch die Weiterentwicklung der jüngsten Initiativen gegen die Bekämpfung der Steuerhinterziehung auf internationaler Ebene weiter forciert werden. Der DStV spricht sich im Kampf gegen die Steuerkriminalität für eine weitere Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen sowie einen weitreichenden Informationsaustausch aus.

DStV wendet sich an Staatssekretäre: Verschärfungen der Selbstanzeige nur mit Augenmaß!

Insbesondere durch die in den letzten Wochen bekannt gewordenen Einzelfälle nimmt die Diskussion über die Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige wieder an Fahrt auf. Auf Basis der Ergebnisse des Evaluierungsberichts der Bund-Länder-Facharbeitsgruppe erörtern die Staatssekretäre von Bund und Ländern am 6.3.2014, welchen Spielraum es für die Verschärfung des Instituts gibt. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) begrüßt den fundierten Bericht der Facharbeitsgruppe zwar insgesamt, da er in allen Facetten die ausgleichende Wirkung der Selbstanzeige im Spannungsfeld zwischen Steuerstrafrecht und dem Besteuerungsverfahren beleuchtet. Zudem zeigt der Bericht auf, dass die Straffreiheit sowohl im deutschen Strafrecht als auch im internationalen Vergleich generell kein Exot ist. Dennoch erachtet der DStV in seiner an die Staatssekretäre adressierten Stellungnahme S 02/14 manche von der Facharbeitsgruppe vorgeschlagene Verschärfungsoption als problematisch.

DStV befürwortet Formulierungsvorschlag zu den Anmeldesteuern
Der DStV begrüßt außerordentlich, dass sich die Facharbeitsgruppe für eine gesetzliche Änderung im Bereich der Anmeldesteuern ausspricht. Sie erkennt in ihren Ausführungen vortrefflich den aus Sicht der Praxis dringend gebotenen Handlungsbedarf: Die sich seit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aus 2011 in der Praxis in diesem Bereich ergebende Kriminalisierung redlicher Steuerpflichtiger ist – wie vom DStV unter anderem in seinem Positionspapier zum Erhalt der Selbstanzeige aufgezeigt – nicht hinnehmbar. Der DStV plädiert dafür, für die Anmeldesteuern eine gesetzliche Ausnahme zu schaffen. Der von der Facharbeitsgruppe für den Bereich der Anmeldesteuern vorgelegte Formulierungsvorschlag trifft daher weitestgehend auf die volle Zustimmung des DStV.

Erhalt der Selbstanzeige
Wie im Positionspapier des DStV gefordert, regt auch die Facharbeitsgruppe ausdrücklich und in sehr zu begrüßender Weise den Erhalt der Selbstanzeige an. Für den Fall der Abschaffung der Selbstanzeige erkennt sie zutreffend die rechtlichen Folgewirkungen, welche sich auch auf den Haushalt höchst negativ auswirken würden: Aufgrund des von Verfassungswegen im Strafrecht generell geltenden „nemo tenetur“-Grundsatzes, wonach niemand sich selbst belasten muss, stünde dem Steuerhinterzieher künftig ein weitreichendes Zeugnisverweigerungsrecht im Besteuerungsverfahren zu. Zudem würde für vergangene Zeiträume ein Beweisverwertungsverbot eintreten. Bisher unbekannte Steuerquellen blieben weiterhin unentdeckt. Die bisher hinterzogenen Steuern fielen aus.

Höhere Hürden bergen die Gefahr der faktischen Abschaffung
Die von der Facharbeitsgruppe zur Verschärfung der Selbstanzeige vorgeschlagene Ausdehnung der Berichtigungspflicht auf zehn Jahre sieht der DStV hingegen kritisch. Er zeigt in seiner Stellungnahme unter anderem auf, dass diese Handlungsoption über die gewünschte Zielsetzung hinaus schießen und zur faktischen Abschaffung des Instituts führen dürfte. Die Anhebung der Hürden zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit dürfte die Bereitschaft der Steuerhinterzieher zur Selbstanzeige deutlich mindern. Dies kann nicht im Interesse des Staates sein, da so Steuereinnahmen in Milliardenhöhe künftig verloren gingen.

Nun ist die Politik gefordert
Der DStV appelliert an die Politik, im Rahmen der derzeit hitzigen Debatte in der Öffentlichkeit nicht die dringend gebotene, gesetzliche Ausnahme für den Bereich der Anmeldesteuern aus dem Blick zu verlieren. Vor dem Hintergrund der in der Stellungnahme aufgezeigten Zweifel sollte zudem im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine Verschärfung der Selbstanzeige mit Augenmaß abgewogen werden.

Stellungnahme zum Bericht der Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Evaluierung der §§ 371, 398a AO

Sehr geehrte Damen und Herren,

die am 6. März 2014 stattfindende Sitzung der Staatssekretäre zum Thema „Evaluierung der §§ 371, 398a AO“ nehmen wir gerne zum Anlass, Ihnen unsere Position zum Evaluierungsbericht der Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern darzulegen.

I. Vorbemerkung
Die im letzten Jahr bekannt gewordenen Einzelfälle zur Steuerhinterziehung haben gezeigt, dass die verfassungsrechtlich geforderte Gleichmäßigkeit der Besteuerung noch konsequenter durchgesetzt werden muss. Wer sein Geld aktiv am deutschen Steuersystem vorbeischleust, betrügt die Gesellschaft und höhlt die Akzeptanz des Steuersystems aus. Zu Recht ist aus Sicht des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) daher die entschiedene Bekämpfung der Steuerkriminalität ein parteiübergreifender Konsens. Die in den letzten Jahren mit diesem Ziel begonnene Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen ist außerordentlich zu befürworten. Die diesbezüglich angegangenen gesetzgeberischen Maßnahmen auf nationaler sowie internationaler Ebene erachtet der DStV als äußerst zielführend, da sie das Entdeckungsrisiko und damit den Druck auf die Steuerbetrüger signifikant erhöhen. Diese vorhandenen Instrumente sollten künftig weiter entwickelt und der internationale Informationsaustausch flächendeckend ausgebaut werden.

Der fundierte Bericht der Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern ist insgesamt außerordentlich zu begrüßen, da er in allen Facetten beleuchtet, welche ausgleichende Wirkung die Selbstanzeige im Spannungsfeld zwischen Steuerstrafrecht und dem Besteuerungsverfahren hat. Zudem zeigt er auf, dass es für eine Verschärfung der Selbstanzeige wenig Spielraum gibt. Schließlich wird sehr deutlich, dass Straffreiheit sowohl im deutschen Strafrecht als auch im internationalen Vergleich generell kein Exot ist.

Ein Teil der im Evaluierungsbericht angedachten Verschärfungen der strafbefreienden Selbstanzeige birgt aus Sicht des DStV hingegen die Gefahr der faktischen Abschaffung des seit nahezu 100 Jahren bewährten Instruments. Vor dem Hintergrund der bereits seit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz in 2011 bestehenden praktischen sowie rechtlichen Unsicherheiten dürfte die Anhebung der Hürden zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit die Bereitschaft der Steuerhinterzieher zur Selbstanzeige deutlich mindern. Dies kann nicht im Interesse des Staates sein, da so Steuereinnahmen in Milliardenhöhe künftig verloren gingen.

Der DStV spricht sich daher im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dafür aus, dass die Handlungsoptionen, wie sie von der Facharbeitsgruppe insbesondere zur Verschärfung der Selbstanzeige herausgearbeitet werden, im Rahmen der kommenden politischen Erörterung unter Berücksichtigung folgender Aspekte mit Augenmaß abgewogen werden.

II. Erhalt der Selbstanzeige
Den Erhalt des Instituts, wie er von der Facharbeitsgruppe ausdrücklich angeregt wird, befürwortet der DStV, wie bereits in seinem Positionspapier zum Erhalt der Selbstanzeige gefordert, außerordentlich. Für den Fall der Abschaffung der Selbstanzeige erkennt die Facharbeitsgruppe zutreffend die rechtlichen Folgewirkungen, welche sich auch auf den Haushalt höchst negativ auswirken würden: Aufgrund des von Verfassungswegen im Strafrecht generell geltenden „nemo tenetur“-Grundsatzes, wonach niemand sich selbst belasten muss, stünde dem Steuerhinterzieher künftig ein weitreichendes Zeugnisverweigerungsrecht im Besteuerungsverfahren zu. Zudem würde für vergangene Zeiträume ein Beweisverwertungsverbot eintreten. Bisher unbekannte Steuerquellen blieben weiterhin unentdeckt. Die bisher hinterzogenen Steuern blieben aus.

III. Selbstanzeige und Anmeldesteuern
Ebenfalls sehr zu begrüßen ist, dass sich die Facharbeitsgruppe für eine gesetzliche Änderung im Bereich der Anmeldesteuern ausspricht. Mit ihren Ausführungen in Teil 2, Abschnitt A.I.5. (Seite 13/14) erkennt sie vortrefflich den aus Sicht der Praxis dringend gebotenen Handlungsbedarf: Die sich seit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aus 2011 in der Praxis in diesem Bereich ergebende Kriminalisierung redlicher Steuerpflichtiger ist – wie vom DStV wiederholt aufgezeigt – nicht hinnehmbar. Der DStV plädiert dafür, für die Anmeldesteuern eine rechtssichere, gesetzliche Ausnahme zu schaffen.

Die Änderung der Nr. 132 der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren 2013 (AStBV) war zwar der Schritt in die richtige Richtung und milderte die heikle Situation bei den Anmeldesteuern in der Praxis etwas ab. Dennoch ist mit dieser Verwaltungsanweisung nur wenig gewonnen. Neben dem Umstand, dass die dort verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe weitere Fragen aufwerfen, ist noch gravierender, dass die Staatsanwaltschaften sowie Strafgerichte durch diese Dienstanweisung nicht gebunden sind.

Der folgende, von der Facharbeitsgruppe für den Bereich der Anmeldesteuern vorgelegte Formulierungsvorschlag für einen neuen Absatz 1a in § 371 AO (Seite 33, Fußnote 37) trifft im Kern auf die volle Zustimmung des DStV. Mit ihm wird zumindest ein Teil der in der Praxis relevanten Fälle aus dem Anwendungsbereich des Vollständigkeitsgebots gem. § 371 Abs. 1 AO herausgenommen:

„Abweichend von Absatz 1 tritt bei Selbstanzeigen im Umfang der gegenüber der zuständigen Finanzbehörde berichtigten, ergänzten oder nachgeholten Angaben Straffreiheit ein, wenn und soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Steueranmeldung begangen worden ist. Absatz 2 Nr. 3 findet insoweit keine Anwendung. Satz 1 gilt nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das gesamte Kalenderjahr beziehen.“

Danach gilt die Ausnahme aber ausdrücklich lediglich bei einer Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer Anmeldung. Dies betrifft die Fälle der sog. „Steuerhinterziehung auf Zeit“.

Nicht eindeutig geht aus dem Wortlaut des Formulierungsvorschlags hingegen hervor, ob von dieser Ausnahme auch der Fall umfasst ist, in dem der Unternehmer die Umsatzsteuervoranmeldung zwar rechtzeitig, aber aufgrund des Zeitdrucks und der Verarbeitung unzähliger einzelner Geschäftsvorfälle fehlerhaft abgibt. In diesem Fall ist die Steuerhinterziehung gerade nicht durch die Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe begangen worden. Die Facharbeitsgruppe erkennt zwar im Teil 2, Abschnitt A.I.5. (Seite 13/14) auch diesen Fall als klärungsbedürftig an. Wir erlauben uns dennoch, die praktischen Unsicherheiten in diesem Bereich im Zusammenhang mit dem Vollständigkeitsgebot in folgendem Beispiel aufzuzeigen.

Beispiel:
Das Unternehmen des Einzelunternehmers A erlebt einen plötzlichen Aufschwung. A gibt angesichts der hohen Arbeitsauslastung eine fehlerhafte Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat 05/2013 fristgerecht ab. Die zutreffende Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat 06/2013 reicht A statt an dem gesetzlich vorgesehenen Abgabetermin, dem 10.07.2013, verspätet am 11.07.2013 ein, da er den Termin schlicht übersehen hat. Den Fehler in der Voranmeldung 05/2013 korrigiert A durch die Abgabe einer berichtigten Anmeldung am 15.07.2013.

Seit jeher hat der Unternehmer A objektiv sowohl mit der Abgabe der fehlerhaften Umsatzsteuer-Voranmeldung 05/2013 als auch mit der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung 06/2013 (sog. „Steuerhinterziehung auf Zeit“) jeweils eine Steuerhinterziehung begangen. Problematisch ist in der Praxis – wie generell im Strafrecht – die Feststellung des subjektiven Tatbestands, ob der für die Steuerhinterziehung erforderliche Vorsatz oder Fahrlässigkeit oder aber nur ein Versehen vorliegt.

Die ehemals geltende Möglichkeit der sog. „Teilselbstanzeige“ schützte den Unternehmer A in dieser Konstellation vor der Einleitung eines Strafverfahrens. A musste – unabhängig von der schwer zu klärenden Vorsatz-Frage – nicht mit einer Strafverfolgung rechnen. Durch die Anerkennung der Teilselbstanzeige stellten sowohl die berichtigte Voranmeldung für 05/2013 als auch die verspätet Abgegebene für 06/2013 jeweils eine wirksame, zur Strafbefreiung führende (Teil-)Selbstanzeige dar.

Durch die Einführung des Vollständigkeitsgebots als Reaktion auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 20.05.2010 (Az.: 1 StR 577/09) ist dem Unternehmer A hingegen aktuell keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr möglich. Die um einen Tag verspätet abgegebene Umsatzsteuer-Voranmeldung 06/2013 stellt zwar eine Selbstanzeige dar. Sie führt jedoch nicht zur Strafbefreiung, da zeitgleich die Berichtigung für 05/2013 (sowie sämtliche fehlerhafte Angaben aus den Vormonaten sowie Vorjahren) hätte abgeben müssen. Der Steuerpflichtige hat in einer solchen Konstellation die Strafverfolgung zu fürchten, obwohl ihm die Verwirklichung der Steuerhinterziehung vielleicht noch nicht einmal bewusst war.

Neben den Unsicherheiten bezüglich des Vorsatzes des Unternehmers bei der Abgabe der Anmeldungen wird in der Praxis der Druck in solchen Situationen zusätzlich dadurch erhöht, dass auch der Finanzbeamte sich der Gefahr der Strafverfolgung ausgesetzt sieht. Unterrichtet er die BuStra (Buß- und Strafsachenstelle) im begründeten Einzelfall nicht,  könnte er sich einer Strafvereitelung im Amt schuldig machen. Im Übrigen darf der Veranlagungsbeamte auf die Weiterleitung an die BuStra nur bei solchen Erklärungen verzichten, in denen die nachträgliche Erkenntnis des Steuerpflichtigen und damit dessen fehlender Vorsatz zweifelsfrei feststeht (Nr. 132 Abs. 1 S. 3 AStBV 2013). Diese Frage dürfte aber nur von einem strafrechtlich vorgebildeten Personal beantwortet werden können und im Massenverfahren in der Kürze der Zeit nicht einwandfrei aufzuklären sein.

Vor dem Hintergrund dieser die Praxis außerordentlich belastenden Situation regt der DStV an, die  Unsicherheit im Wortlaut des obigen Formulierungsvorschlags erneut zu prüfen und die gesetzliche Ausnahme weiter zu fassen. Beispielsweise könnte Satz 1 des § 371 Abs. 1a AO n.F. durch eine geringfügige Änderung zum Formulierungsvorschlag wie folgt formuliert werden:

„Abweichend von Absatz 1 tritt bei Selbstanzeigen im Umfang der gegenüber der zuständigen Finanzbehörde berichtigten, ergänzten oder nachgeholten Angaben Straffreiheit ein, wenn und soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur Abgabe einer rechtzeitigen, vollständigen und richtigen Steueranmeldung begangen worden ist.“

Darüber hinaus sollte – wie von der Facharbeitsgruppe erkannt (vgl.: S. 33) – ausdrücklich klargestellt werden, dass die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung des Vorjahres nicht das Vollständigkeitsgebot für die Voranmeldungen des laufenden Jahres auslöst.

IV. Ausdehnung der Berichtigungspflicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren für alle Selbstanzeigen
Die von der Facharbeitsgruppe zur Verschärfung vorgeschlagene, typisierte Ausdehnung der Berichtigungspflicht auf zehn Jahre erachtet der DStV als problematisch, da sie über die gewünschte Zielsetzung sowohl aus praktischer als auch aus strafrechtssystematischer Sicht hinaus schießen dürfte. Zudem dürfte eine solche Änderung durch das Hinzutreten der bestehenden praktischen Unsicherheiten zur faktischen Abschaffung des Instituts führen.

Zwar mag das für diese Verschärfung sprechende Argument der Facharbeitsgruppe – die Beseitigung der Diskrepanz zwischen den steuerrechtlichen und strafrechtlichen Verjährungsregeln zur Vereinfachung der Nacherhebung von Steuern – nachvollziehbar sein. Ein solcher Gleichlauf dürfte jedoch nur vermeintlich hergestellt werden können. Bereits unabhängig von den steuerrechtlichen An- oder Ablaufhemmungen kann durch die unterschiedlichen Zeitpunkte der Fristenbeginne die Situation entstehen, dass die Festsetzungsverjährung eingetreten ist und die Finanzverwaltung die Steuer nachträglich nicht mehr festsetzen kann.[FN1] In diesem Fall müsste der Steuerpflichtige Unterlagen vorhalten, die im Ergebnis für die beabsichtigte Nacherhebung unerheblich sind.

Die Ausweitung der Berichtigungspflicht auf zehn Jahre sollte zudem nur mit Zurückhaltung erwogen werden, da sie den gegenwärtig bestehenden Widerspruch zur strafrechtlichen Systematik und die daraus erwachsende Überkompensation noch vertieft. Bereits mit der Einführung des Zeitraums von fünf Jahren im Rahmen des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wurde weit über die Vorgaben der Entscheidung des BGH vom 20.05.2010 (Az.: 1 StR 577/09) hinausgegangen. In der sog. „Reinen Tisch“-Entscheidung, die Auslöser für die letzten Verschärfungen war, verlangte der BGH aus strafrechtlich systematischen Gründen für die Vollständigkeit einer Selbstanzeige lediglich die Nacherklärung aller relevanten Angaben für die jeweilige Tat im materiellen Sinne.[FN2] Unter einer materiellen Tat wird strafrechtlich die Steuerhinterziehung einer Steuerart in einem Veranlagungszeitraum verstanden. Damit muss der Steuerpflichtige zur Erlangung der Straffreiheit bereits heute gesetzlich mehr vorlegen, als strafrechtssystematisch und höchstrichterlich von ihm gefordert wird: Er muss gegebenenfalls fünf unterschiedliche Taten offenbaren, obwohl nur eine Tat Anlass für die Selbstanzeige ist.

In praktischer Hinsicht dürfte eine Ausweitung auf zehn Jahre zu einer noch höheren Unsicherheit bei einfachen Berichtigungserklärungen (§ 153 AO) führen. Aufgrund der Komplexität des Steuerrechts und der Vielfalt der steuerlichen Sachverhalte, die innerhalb eines Unternehmens auftreten, sind einfache Korrekturen von Jahressteuererklärungen auch bei Anwendung aller gebotenen Sorgfalt notwendig. Nur selten steht dahinter eine strafbewährte kriminelle Energie. Wie bereits oben ausgeführt, ist jedoch die Feststellung, ob eine fehlerhafte Steuererklärung vorsätzlich, fahrlässig oder aber nur versehentlich abgegeben wurde, in der Praxis nicht leicht zu treffen. Um jegliches strafrechtliches Risiko zu vermeiden, empfiehlt es sich für den Unternehmer daher nach derzeitiger Rechtslage, die vorangegangenen fünf Jahre auf Fehler zumindest zu überprüfen und gegebenenfalls gegenüber der Finanzverwaltung offen zulegen. Zukünftig müsste er diesen Aufwand für zehn Jahre betreiben.

Darüber hinaus besteht mit Blick auf die unterschiedlichen Fristläufe (s.o.) und den daraus erwachsenden Unsicherheiten die Gefahr, dass die Aufbewahrungsfristen der Unternehmerschaft faktisch verlängert werden. Neben dem vorgenannten Mehraufwand könnte bei einer Ausdehnung auf zehn Jahre erschwerend hinzukommen, dass der Unternehmer bei einem so langen Zeitraum im Einzelfall nicht mehr sämtliche Belege vorhalten kann, da beispielsweise die steuerliche Festsetzungsverjährung bereits beendet ist. So ist künftig zu befürchten, dass unzählige redliche Unternehmer aus Angst, aufgrund der Komplexität des Steuerrechts etwas falsch zu machen und so in die Nähe von Steuerhinterziehern gerückt zu werden, ihre Unterlagen über den gesetzlich vorgegebenen Zeitraum aufbewahren. Dies würde für sie eine weitere Steigerung des Bürokratieaufwands bedeuten.

Im Ergebnis stellt sich vor diesen praktischen und rechtlichen Zweifeln die Frage, ob eine Ausdehnung auf zehn Jahre verhältnismäßig erscheint, wo Auslöser für die angedachten Verschärfungen ganz bestimmte Einzelfälle aus dem Bereich der Einkünfte des Kapitalvermögens sind. Aus Sicht des DStV käme es zu einer Vermischung des Besteuerungs- und des Strafverfahrens, die die Hürden für eine Selbstanzeige derartig hoch ansetzt, dass die Steuersünder von einer Selbstanzeige absehen könnten. Schließlich stellt sich die Frage, ob eine Ausdehnung des Berichtigungszeitraums und damit das Strafrecht als Mittel zur Durchsetzung von staatlichen Steueransprüchen eingesetzt werden sollte. Wiederholt hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass im Strafrecht das Prinzip der „ultima ratio“ gilt.

V. Früheres Eingreifen des § 398a AO
Die von der Facharbeitsgruppe als Verschärfung angedachte Absenkung der Ausschlussgrenze von derzeit 50.000 € erscheint zumindest dann problematisch, wenn nicht gleichzeitig die Anmeldesteuern aus dem Anwendungsbereich von §§ 371 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AO herausgenommen werden.

Wird die Selbstanzeige durch eine Reduzierung des Hinterziehungsbetrags, der zum Ausschluss der Straffreiheit gem. § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO führt, in Kombination mit der Absenkung des Wertes in § 398a AO verschärft, würde dies zu einer noch höheren Belastung der Unternehmerschaft führen. Bereits der derzeitige Grenzbetrag von 50.000 € ist bei der Umsatzbesteuerung von mittelständischen Unternehmen schnell erreicht. Angesichts des Kompensationsverbots gem. § 370 Abs. 4 S. 3 AO ist bei der Umsatzbesteuerung im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht der zu zahlende Betrag (Umsatzsteuer abzüglich Vorsteuer), also nicht der tatsächliche Steuerschaden maßgeblich, sondern allein der Nominalbetrag der Umsatzsteuer, der durch die Ausgangsumsätze entsteht.
Der von der Facharbeitsgruppe für den Bereich der Anmeldesteuern vorgelegte Formulierungsvorschlag für einen neuen Absatz 1a in § 371 AO (Seite 33, Fußnote 37) greift in dessen Satz 2 („Absatz 2 Nr. 3 findet insoweit keine Anwendung.“) diese Überlegungen zutreffend auf und sollte umgesetzt werden.

Quelle: DStV

BMF-Schreiben zur Teilwertabschreibung

Praxis erneut durch restriktive Zusätze erschwert

Der Schlagabtausch zwischen dem Bundesfinanzhof (BFH) und dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) in puncto Teilwertabschreibung geht in die nächste Runde. Nach diversen BFH-Urteilen und anschließenden Anwendungsschreiben fasst die Finanzverwaltung in ihrem jüngsten Entwurfsschreiben zur „Teilwertabschreibung gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG“ nun die verschiedenen Einzelschreiben – unter Berücksichtigung der BFH-Entscheidungen vom 08.06.2011 sowie 21.09.2011 – zusammen. Dabei scheint das BMF versucht, auch mit dieser Verwaltungsanweisung der unmissverständlichen BFH-Rechtsprechung auszuweichen und die Praxis erneut durch restriktive Ergänzungen zu erschweren.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat zum vorbezeichneten Entwurf des BMF-Schreibens Stellung genommen (Stellungnahme S 03/14) und ein Festhalten an dem vom BFH begehrten einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug gefordert.

Obacht: Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag
In seinem Urteil vom 21.09.2011 (Az. I R 89/10) bestätigt und präzisiert der BFH seine Rechtsprechung zur voraussichtlich dauernden Wertminderung bei börsennotierten Aktien. Hiervon ist nach Auffassung der obersten Richter auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter den Wert zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs fällt und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet. Auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag kommt es – so der BFH – gerade nicht an.

Diese Auslegung greift die Finanzverwaltung zwar weitgehend auf, allerdings mit der Einschränkung, dass der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt haben darf. Damit würde der Begriff der „voraussichtlich dauernden Wertminderung“ in der Verwaltungspraxis erneut abweichend zur Rechtsprechung ausgelegt. Die Auswirkungen – dauernde Beobachtung und Prüfung der Kursentwicklungen nach dem Bilanzstichtag – hätten Steuerpflichtige und Finanzbehörden zu tragen. Der DStV mahnt in seiner Stellungnahme dieses unmethodische Vorgehen an und empfiehlt die seitens des BMF vorgenommene Ergänzung zu streichen.

Darüber hinaus…
Die Auffassung der Finanzverwaltung, Kursschwankungen bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung in die Bewertung einzubeziehen, lehnt der DStV auch im Hinblick auf die Ausführungen zum Umlaufvermögen sowie zu den Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs ab. Während zu Beginn des Entwurfsschreibens noch deutlich zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Erkenntnissen unterschieden wird, verliert sich diese klare Linie im weiteren Verlauf der Verwaltungsanweisung. Insofern sind nach Auffassung des DStV weitere Anpassungen erforderlich.

Überdies wurden im vorliegenden Entwurfsschreiben die Ausführungen zur Begrifflichkeit „voraussichtlich dauernde Wertminderung“ modifiziert. Die nunmehr enthaltenen Formulierungen zur Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums sind jedoch im Vergleich zum BMF-Schreiben vom 25.02.2000 teilweise unscharf. Der DStV regt daher an, auch künftig an der bislang klaren Diktion festzuhalten.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.

 

Stellungnahme zum Entwurf eines BMF-Schreibens zur Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG

Voraussichtlich dauernde Wertminderung; Wertaufholung

Sehr geehrter Herr Ministerialrat Rennings, 
für die Gelegenheit, zum Entwurf eines BMF-Schreibens bezüglich der „Teilwertabschreibung gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG; voraussichtlich dauernde Wertminderung; Wertaufholungsgebot“ Stellung nehmen zu können, möchten wir uns bedanken und diese Möglichkeit hiermit gerne wahrnehmen.

Vorbemerkung
Angesichts der umfassenden Rechtsprechung der vergangenen Jahre und der damit einhergehenden steten Änderung / Ergänzung der Verwaltungsauffassung seit Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 begrüßen wir den neuerlichen Schritt zur Zusammenfassung der diversen Verwaltungsanweisungen unter besonderer Berücksichtigung der BFH-Urteile vom 21. September 2011. Leider scheint die Finanzverwaltung versucht, auch mit dieser Verwaltungsanweisung der unmissverständlichen BFH-Rechtsprechung auszuweichen und die praktische Umsetzung im Bereich der Teilwertabschreibung erneut durch restriktive Ergänzungen zu erschweren. Diese Handlungsweise ist für uns nicht nachvollziehbar. Wir möchten Sie daher bitten, die folgenden Punkte noch einmal zu prüfen.

Tz. 6 – Voraussichtlich dauernde Wertminderung
Die Ausführungen zur Begrifflichkeit der „voraussichtlich dauernden Wertminderung“ entsprechen in weiten Teilen den bisherigen Formulierungen im BMF-Schreiben vom 25. Februar 2000 (IV C 2 – S 2171 b – 14/00). Allerdings enthielt die ursprüngliche Verwaltungsanweisung unter Tz. 4 folgenden Hinweis:

„Zusätzliche Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz sind zu berücksichtigen. Wenn keine Handelsbilanz aufzustellen ist, ist der Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz maßgebend.“

Die nunmehr im Entwurfsschreiben unter Tz. 6 vorgenommene Konkretisierung der Begrifflichkeit „zusätzliche Erkenntnisse“ durch die Formulierung „werterhellende Erkenntnisse“, ist zu begrüßen. Dies gilt ferner für die damit einhergehende Klarstellung in puncto Wertbegründung. Wie im letzten Satz der Tz. 6 verdeutlicht, dürfen wertbeeinflussende Informationen nach dem Bilanzstichtag nicht berücksichtigt werden.

Die weitere Änderung in Tz. 6 (vorher: Tz. 4) ist für uns hingegen nicht verständlich. Während im BMF-Schreiben aus dem Jahre 2000 noch konkret vom „Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz“ ausgegangen wurde, wird im vorliegenden Entwurf mit dem „Zeitpunkt der Bilanzaufstellung“ eine wesentlich ungenauere Formulierung gewählt. Hieraus wird nicht deutlich, ob auch weiterhin zur Prüfung und Berücksichtigung werterhellender Ereignisse – richtigerweise – auf den Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz abzustellen ist oder ob die Finanzverwaltung den Zeitraum künftig gegebenenfalls bis zur Aufstellung der Steuerbilanz ausdehnen will.

Letztere Annahme ist in jedem Fall abzulehnen, da diese zu erheblichen Verschärfungen und (vermeidbaren) Unsicherheiten für die Praxis führen würde. Die Zeitspanne zwischen Bilanzstichtag und dem Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz ist regelmäßig wesentlich länger als im Vergleich zur Aufstellung der Handelsbilanz. Damit wird der Zeitraum, in dem nachträglich bekannt werdende Umstände die Verhältnisse am Bilanzstichtag noch erhellen könnten, äußerst weit ausgedehnt. Dies führt sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung zu unverhältnismäßig hohen Anforderungen im Hinblick auf Kontrolle und Prüfung einer möglichen Wertaufhellung und konterkariert damit zugleich den vom BFH geforderten einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug.

Überdies hatte sich der BFH zuletzt mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 (Az. I B 27/12) zur Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums geäußert. Demnach wird der Wertaufhellungs-zeitraum durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt und endet folglich an dem Tag, an dem der Bilanzierende spätestens seine handelsrechtliche Bilanz hätte erstellen müssen. Fehlt eine solche gesetzliche Fristenregelung ist nach Auffassung des BFH allenfalls noch der Tag des Ablaufs eines Jahres nach dem Bilanzstichtag maßgebend (vgl. BFH-Urteil vom 8. März 1989, Az. X R 9/86). Auch diese Überlegungen sollten im künftigen BMF-Schreiben Berücksichtigung finden.

Die verschiedenen Bedenken und Fragestellungen können unseres Erachtens von vornherein ausgeschlossen werden, wenn die bisherige Wortwahl zum „Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz“ auch im aktuellen BMF-Schreiben beibehalten wird. Wir regen daher ausdrücklich ein Festhalten an der bislang klaren Diktion an und schlagen – unter der weiteren Berücksichtigung der Äußerungen des BFH – folgende Formulierung vor:

„Werterhellende Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz sind zu berücksichtigen. Wenn keine Handelsbilanz aufzustellen ist, ist der Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz, spätestens jedoch der Tag des Ablaufs eines Jahres nach dem Bilanzstichtag, maßgebend.“

Tz. 15/16 – börsennotierte Aktien
Gemäß Tz. 15 ist „bei börsennotierten Aktien des Anlagevermögens … von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet und der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt.

Im Folgesatz enthält das Entwurfsschreiben einen Verweis auf das Urteil des BFH vom 21. September 2011 (Az. I R 89/10). Wir möchten anmerken, dass der BFH bereits im Leitsatz zu diesem Urteil – ausdrücklich zur Bestätigung und Präzisierung seiner Rechtsprechung – feststellt, dass es auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag gerade nicht ankommt. Wertsteigerungen, die zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der handelsrechtlichen Bilanzaufstellung eintreten, betrachtet der BFH demnach als wertbegründende Erkenntnisse und lässt diese für die Bewertung am Bilanzstichtag außer Acht.

Da auch im vorliegenden BMF-Schreiben unter Tz. 6 ganz klar und einwandfrei zwischen den Begrifflichkeiten „wertaufhellend“ und „wertbegründend“ differenziert wird und überdies die unterschiedliche Handhabung der beiden Wertabweichungen – die Berücksichtigung werterhellender Erkenntnisse und die Nichtberücksichtigung wertbegründender Erkenntnisse – deutlich herausgearbeitet werden konnte, ist der nunmehr in Tz. 15 erfolgte Einschub, dass der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt haben darf, umso unverständlicher. Dieser restriktive Zusatz steht damit erneut der „steuervereinfachenden“ Rechtsprechung des BFH entgegen und widerspricht überdies auch den vorherigen Ausführungen des BMF-Schreibens (siehe Tz. 6). Dieses Vorgehen ist unmethodisch und bedarf unseres Erachtens der unbedingten Korrektur. Wir empfehlen daher, die im Vergleich zum BFH-Urteil vorgenommene Ergänzung „[…] und der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt“ zu streichen.

Tz. 19/21 – Umlaufvermögen
Auch die im Bereich des Umlaufvermögens vertretene Auffassung der Finanzverwaltung, Kursschwankungen bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung in die Bewertung einzubeziehen, ist abzulehnen. Wie bereits zu Tz. 15/16 erläutert, stellen Wertsteigerungen, die zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der handelsrechtlichen Bilanzaufstellung eintreten, wertbegründende Erkenntnisse dar, die für die Bewertung am Bilanzstichtag außer Betracht zu lassen sind. Dies gilt bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, wie bspw. bei börsennotierten Wertpapieren des Umlaufvermögens, in gleicher Weise wie für börsennotierte Aktien des Anlagevermögens. Eine unterschiedliche Auslegung ist nach Auffassung des DStV an dieser Stelle nicht sachgerecht. Auch können allein aus der Betrachtung der Kursschwankung keine Rückschlüsse auf die Ursache gezogen und damit auch keine Schlussfolgerungen getroffen werden, ob es sich um eine voraussichtlich dauernde oder lediglich vorübergehende Wertminderung handelt.

Zur Gewährleistung eines einfachen und einheitlichen Gesetzesvollzugs regen wir an, die Ausführungen unter Tz. 19 dahingehend anzupassen, dass auch im Bereich des Umlaufvermögens wertbegründende Erkenntnisse keine Berücksichtigung bei der Bewertung finden; hinsichtlich werterhellender Erkenntnisse ist auch hier auf den Zeitpunkt der Erstellung der Handelsbilanz abzustellen (vgl. Anmerkungen zu Tz. 6).

Wir weisen in diesem Zusammenhang außerdem darauf hin, dass auch das Beispiel 8 unter Tz. 21 entsprechend anzupassen ist. Die unter Lösung a) momentan ermittelte Teilwertabschreibung in Höhe von lediglich 10 €/Stück ist aus den vorbezeichneten Gründen abzulehnen und zu korrigieren.

Tz. 35 – Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs
Analog zu unseren bisherigen Ausführungen sind auch bei Verbindlichkeiten, die Kursschwankungen unterliegen, wie bspw. Fremdwährungsverbindlichkeiten, Wechselkurs-schwankungen nach dem Bilanzstichtag als wertbegründende Erkenntnisse nicht in die Bewertung am Bilanzstichtag einzubeziehen. Eine abweichende Auslegung ist für uns nicht nachvollziehbar, insbesondere da die Ausführungen in Tz. 35 des Entwurfsschreibens anderenfalls den prinzipiellen Bemerkungen in Tz. 32 – wonach „übliche“ Wechselkurs-schwankungen grundsätzlich nicht zu einem höheren Ansatz der Verbindlichkeiten berechtigen – widersprechen.

Abschließend regen wir zur Gewährleistung eines einheitlichen, einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs an, die zu Beginn des BMF-Schreibens aufgezeigte klare Unterscheidung zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Erkenntnissen stringent im weiteren Verlauf der Verwaltungsanweisung fortzusetzen.

Quelle: Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV)