Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe

Vorläufige Festsetzung (§ 165 Absatz 1 AO) des Gewerbesteuermessbetrags: Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe und der Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 1 Buchstaben a, d und e GewStG

Sämtliche Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2008 sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen als Betriebsausgaben (§ 4 Absatz 5b EStG) vorläufig gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO durchzuführen. Ferner sind Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2008 mit Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a, d oder e GewStG im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Hinzurechnungsvorschriften vorläufig gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO durchzuführen. Die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25. April 2013 regeln, welcher Erläuterungstext in die Gewerbesteuermessbescheide aufzunehmen ist.

Vorläufige Festsetzung (§ 165 Absatz 1 AO) des Gewerbesteuermessbetrags; Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe und der Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 1 Buchstaben a, d und e GewStG (PDF, 41,2 KB)

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25. April 2013

Vorläufige Festsetzung (§ 165 Absatz 1 AO) des Gewerbesteuermessbetrags; Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe  und der Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 1 Buchstaben a, d und e GewStG
TOP 4 der Sitzung AO I/2013 vom 6. bis 8. März 2013
Sämtliche Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2008  sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit
der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen als Betriebsausgaben (§ 4  Absatz 5b EStG) vorläufig gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO durchzuführen.

Ferner sind Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2008 mit  Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a, d oder e GewStG im  Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Hinzurechnungsvorschriften vorläufig gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3  AO durchzuführen.

In die Gewerbesteuermessbescheide ist folgender Erläuterungstext aufzunehmen:

Fälle ohne Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a, d oder e GewStG: „Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ist gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3  AO vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen als Betriebsausgaben (§ 4 Absatz 5b EStG). Die Vorläufigkeitserklärung erfasst sowohl die Frage, ob die angeführte gesetzliche Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar ist, als auch den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige verfassungsrechtliche Frage durch verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschrift entscheidet (BFH-Urteil  vom 30. September 2010 – III R 39/08 -, BStBl 2011 II S. 11). Die Vorläufigkeitserklärung  erfolgt lediglich  aus verfahrenstechnischen Gründen. Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass die  im Vorläufigkeitsvermerk angeführte gesetzliche Vorschrift als verfassungswidrig angesehen  wird. Sie ist außerdem nicht dahingehend zu verstehen, dass die Finanzverwaltung es für  möglich hält, das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof könne die im Vorläufigkeitsvermerk angeführte Rechtsnorm gegen ihren Wortlaut auslegen.“

Fälle mit Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a, d oder e GewStG: „Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ist gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3  AO vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen als Betriebsausgaben (§ 4 Absatz 5b  EStG) und der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag nach § 8  Nummer 1 Buchstabe a, d und e GewStG. Die Vorläufigkeitserklärung erfasst sowohl die  Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbarsind,  als auch den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige  verfassungsrechtliche Frage durch verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschriften entscheidet (BFH-Urteil vom 30. September 2010 – III R 39/08 -, BStBl 2011 II S. 11). Die Vorläufigkeitserklärung erfolgt lediglich aus verfahrenstechnischen  Gründen. Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass die im Vorläufigkeitsvermerk angeführten  gesetzlichen Vorschriften als verfassungswidrig angesehen werden. Sie ist außerdem nicht dahingehend zu verstehen, dass die Finanzverwaltung es für möglich hält, das  Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof könne die im Vorläufigkeitsvermerk angeführte  Rechtsnorm gegen ihren Wortlaut auslegen.“

Im Übrigen gelten die im BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011 (BStBl I S. 464) getroffenen  Regelungen entsprechend. Diese Erlasse treten mit sofortiger Wirkung an die Stelle der Erlasse vom 30. November 2012 (BStBl I S. 1098).Ministerium für Finanzen und Wirtschaft

EuGH: spanische Rechtsvorschriften, nach denen nicht realisierte Wertzuwächse besteuert werden, wenn eine in Spanien niedergelassene Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Aktiva in einen anderen Mitgliedstaat transferiert, verstoßen gegen das Unionsrecht

EuGH-Urteil vom 25.04.2013 – C-64/11 Kommission / Spanien

Pressemeldung des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Nr. 53/13:

Die Niederlassungsfreiheit steht zwar einer solchen Besteuerung nicht entgegen, wohl aber dem Erfordernis der sofortigen Zahlung der Steuer

Nach den spanischen Rechtsvorschriften über die Körperschaftsteuer1 werden die nicht realisierten Wertzuwächse in die Bemessungsgrundlage des Steuerjahrs einbezogen, falls eine in Spanien niedergelassene Gesellschaft ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt oder ihre Aktiva dorthin verlagert oder wenn eine Betriebsstätte in Spanien ihre Tätigkeiten einstellt. Da diese Vorgänge keine unmittelbare steuerliche Wirkung haben, wenn sie innerhalb des spanischen Hoheitsgebiets stattfinden, stellen solche Vorschriften nach Ansicht der Kommission eine diskriminierende Maßnahme und ein Hindernis für die Niederlassungsfreiheit dar, da sie die Gesellschaften, die diese Freiheit in Anspruch nehmen, dem Nachteil geringerer liquider Mittel aussetzen.

Deshalb hat die Kommission eine Vertragsverletzungsklage gegen Spanien vor dem Gerichtshof erhoben2.

Mit seinem heutigen Urteil entscheidet der Gerichtshof zum einen, dass die Besteuerung nicht realisierter Wertzuwächse der Aktiva einer Betriebsstätte, die ihre Tätigkeiten in Spanien einstellt, keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt. Denn diese Besteuerung ist nicht die Folge der Verlegung des Sitzes oder der Verlagerung der Aktiva einer im spanischen Hoheitsgebiet ansässigen Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat, sondern folgt lediglich aus der Einstellung ihrer Tätigkeiten. Deshalb handelt es sich um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt und nicht um eine unterschiedliche Behandlung von Sachverhalten, die unter die Niederlassungsfreiheit fallen.

Dagegen liegt bei der sofortigen Besteuerung nicht realisierter Wertzuwächse im Fall der Verlegung des Sitzes oder der Verlagerung der Aktiva einer in Spanien niedergelassenen Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vor. Der Gerichtshof führt aus, dass eine solche Gesellschaft in diesen Fällen eine finanzielle Benachteiligung gegenüber einer vergleichbaren Gesellschaft erleidet, die derartige Transfers innerhalb des spanischen Hoheitsgebiets vornimmt, denn bei Letzterer werden die dadurch entstehenden Wertzuwächse erst dann in die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer einbezogen, wenn sie tatsächlich realisiert werden. Diese unterschiedliche Behandlung ist geeignet, eine Gesellschaft davon abzuhalten, ihre Tätigkeiten aus dem spanischen Hoheitsgebiet in einen anderen Mitgliedstaat zu verlagern. Die festgestellte unterschiedliche Behandlung lässt sich auch nicht damit erklären, dass eine andere objektive Situation als bei Gesellschaften vorliegt, bei denen diese Vorgänge im Inland stattfinden.

Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass mit den spanischen Rechtsvorschriften das rechtmäßige Ziel der Wahrung der Steuerhoheit Spaniens erreicht werden soll. Das Unionsrecht steht daher einer Ermittlung der Steuer auf die in Spanien erzielten nicht realisierten Wertzuwächse zu dem Zeitpunkt, zu dem die Besteuerungsbefugnis von Spanien gegenüber der betroffenen Gesellschaft endet – im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Verlegung des Sitzes oder der Verlagerung der Aktiva in einen anderen Mitgliedstaat – grundsätzlich nicht entgegen.

Nach Ansicht des Gerichtshofs sind die zur Erreichung dieses Ziels getroffenen Maßnahmen jedoch nicht verhältnismäßig und gehen über das erforderliche Maß hinaus. Denn die Steuerhoheit Spaniens kann durch Maßnahmen gewahrt werden, die die Niederlassungsfreiheit weniger stark beeinträchtigen. So ist es möglich, die Zahlung der Steuerschuld erst nach dem Transfer zu verlangen, d. h. zu dem Zeitpunkt, zu dem der Wertzuwachs besteuert worden wäre, wenn die Gesellschaft keinen Transfer aus dem spanischen Hoheitsgebiet vorgenommen hätte. Ferner reichen die zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten bestehenden Mechanismen der gegenseitigen Unterstützung aus, um den Herkunftsstaat in die Lage zu versetzen, die Richtigkeit der Erklärungen von Gesellschaften zu überprüfen, die für einen Aufschub der Zahlung der Steuer optieren. Somit steht das Recht auf Niederlassungsfreiheit der Besteuerung der in einem bestimmten Hoheitsgebiet entstandenen Wertzuwächse auch dann nicht entgegen, wenn sie noch nicht realisiert wurden. Es steht aber dem Erfordernis der sofortigen Zahlung der Steuer entgegen.

1 Art. 17 Abs. 1 der durch das Real Decreto Legislativo 4/2004 vom 5. März 2004 gebilligten konsolidierten Fassung des spanischen Körperschaftsteuergesetzes (Ley del Impuesto sobre Sociedades) (BOE Nr. 61 vom 11. März 2004, S. 10951).

2 Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Portugal, das Vereinigte Königreich und Schweden sind dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge Spaniens beigetreten.

Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)

ELSTAM – Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

Abweisung der ELStAM-Anfrage des Arbeitgebers aufgrund der Angaben in den Feldern “Beschäftigungsbeginn” und “Referenzdatum Arbeitgeber”; Verfahrenserleichternde Regelungen zur Durchführung des Lohnsteuerabzugs:

Derzeit werden im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) die Anmeldung des Arbeitnehmers und der Abruf seiner ELStAM in bestimmten Fällen abgewiesen. An der Behebung dieses Fehlers wird gearbeitet. Das BMF-Schreiben regelt, nach welchen Lohnsteuerabzugsmerkmalen der Lohnsteuerabzug bis zum Einsatz einer neuen Programmversion durchzuführen ist.

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale; Abweisung der ELStAM-Anfrage des Arbeitgebers aufgrund der Angaben in den Feldern “Beschäftigungsbeginn” und “Referenzdatum Arbeitgeber”; Verfahrenserleichternde Regelungen zur Durchführung des Lohnsteuerabzugs (PDF, 42,7 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

 

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

Abweisung der ELStAM-Anfrage des Arbeitgebers aufgrund der Angaben in den
Feldern „Beschäftigungsbeginn“ und „Referenzdatum Arbeitgeber“;
Verfahrenserleichternde Regelungen zur Durchführung des Lohnsteuerabzugs

Für die Anmeldung des Arbeitnehmers und den Abruf seiner elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) hat der Arbeitgeber u. a. die Datumsfelder Beschäftigungsbeginn
(BB) und Referenzdatum Arbeitgeber (RefDatumAG = Zeitpunkt, ab dem der Arbeitgeber die
für den Lohnsteuerabzug erforderlichen ELStAM anzuwenden hat) an die Finanzverwaltung
zu übermitteln.

Meldet der Arbeitgeber dasselbe Arbeitsverhältnis bei der Finanzverwaltung nach zuvor
erfolgter Abmeldung ein weiteres Mal an, weist das Verfahren der elektronischen
Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM-Verfahren) derzeit die Anmeldung des Arbeitnehmers
ab, wenn das übermittelte Datum des Beschäftigungsbeginns vor dem Datum der Abmeldung
liegt. Folglich kann der Arbeitgeber für diesen Arbeitnehmer die ELStAM nicht abrufen.
Hiervon sind insbesondere die folgenden Gestaltungen betroffen:

  • Wechsel vom ersten Dienstverhältnis (Hauptarbeitsverhältnis) zu einem weiteren Dienstverhältnis (Nebenarbeitsverhältnis) beim selben Arbeitgeber sowie
  • beim  Wechsel von einem Nebenarbeitsverhältnis in das Hauptarbeitsverhältnis beim selben  Arbeitgeber
  • Änderung der Höhe des im Nebenarbeitsverhältnis zu berücksichtigenden Freibetrags und des im Hauptarbeitsverhältnis zu berücksichtigenden Hinzurechnungsbetrags,
  • Korrektur einer zunächst fehlerhaften Anmeldung des Arbeitnehmers (Hauptarbeitsverhältnis als Nebenarbeitsverhältnis oder Nebenarbeitsverhältnis als  Hauptarbeitsverhältnis).

Weil der Arbeitgeber in diesen Fällen die ELStAM des Arbeitnehmers derzeit wegen
„technischer Störungen“ nicht abrufen kann, gilt im Einvernehmen mit den obersten
Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Bis zu zwei Monate nach dem Einsatz der Programmversion, mit der dieser Fehler behoben
wird, längstens für den letzten Lohnzahlungszeitraum im Kalenderjahr 2013, darf der
Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nach den ihm in Papierform vorliegenden
Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers durchführen.

Dabei dürfen im ersten Dienstverhältnis die Steuerklassen I bis V, Zahl der Kinderfreibeträge,
Faktor sowie ein Freibetrag oder Hinzurechnungsbetrag nach § 39a EStG nur dann
berücksichtigt werden, wenn dem Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine vom
Finanzamt nach § 52b Absatz 3 EStG alter Fassung ausgestellte Bescheinigung für den
Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013) mit einer der
Steuerklassen I bis V bzw. einem Freibetrag oder Hinzurechnungsbetrag nach § 39a EStG
vorliegt. Weist der Arbeitnehmer anhand eines aktuellen Ausdrucks des Finanzamtes
abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge,
Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) nach, hat der
Arbeitgeber diese beim Lohnsteuerabzug zu berücksichtigen.

Soll ein im Nebenarbeitsverhältnis zu berücksichtigender Freibetrag geändert werden, hat der
Arbeitnehmer einen aktuellen Ausdruck des Finanzamtes vorzulegen.
Nach einem Wechsel vom Hauptarbeitsverhältnis zum Nebenarbeitsverhältnis (Korrektur
einer zunächst fehlerhaften Anmeldung des Arbeitnehmers) darf der Arbeitgeber die
Steuerklasse VI mit dem ihm aufgrund eines früheren Abrufs der ELStAM bekannten
Kirchensteuerabzugsmerkmal des Arbeitnehmers ohne Berücksichtigung eines Kinderzählers
und eines Freibetrags nach § 39a EStG ohne weiteren Nachweis durch den Arbeitnehmer
anwenden.

Spätestens nach Ablauf der o. g. 2-Monatsfrist oder nach Ablauf des Kalenderjahres 2013 hat
der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug im ELStAM-Verfahren durchzuführen. In diesen Fällen
bestehen für den Arbeitgeber weder eine Rückrechnungs-/Korrekturpflicht noch eine Seite 3
Anzeigeverpflichtung gegenüber dem Finanzamt. Er ist jedoch nach § 41c Absatz 1 Satz 1
EStG berechtigt, bisher zu viel erhobene Lohnsteuer zu erstatten.

Die Finanzverwaltung wird den Einsatz der neuen Programmversion des ELStAM-Verfahrens
bekannt geben; z. B. im Internet unter https://www.elster.de.

Beiladung Finanzgerichtverfahren betreffend Umsatzsteuer

Gericht: BFH 5. Senat
Entscheidungsdatum: 27.12.2012
Aktenzeichen: V B 31/11
Dokumenttyp: Beschluss
Normen: § 60 Abs 1 FGO, § 72 ZPO
Beiladung im die FG-Verfahren betreffend Umsatzsteuer

Leitsatz

NV: Durch die Möglichkeit der einfachen Beiladung ist hinreichend gewährleistet, dass widersprüchliche Entscheidungen vermieden werden können(Rn.10).

Orientierungssatz

NV: Die Möglichkeit einer Streitverkündigung, wie sie in § 72ZPO vorgesehen ist, besteht im Finanzgerichtsprozess nicht (BFH-Beschluss vom 13. Juni 2007 V B 179/06)(Rn.9).

Fundstellen

NV (nicht amtlich veröffentlicht)
Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 17. Februar 2011, Az: 7 K 7402/07, Urteil
Diese Entscheidung zitiert

Rechtsprechung
Vergleiche EuGH, 26. Januar 2012, Az: C-218/10
im Text BFH, 9. April 2008, Az: V B 143/07
Vergleiche BFH, 13. Juni 2007, Az: V B 179/06
im Text BFH, 29. Oktober 2002, Az: V B 186/01

Gründe

1
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet.

 

2
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) zuzulassen.

 

3
a) Die Klägerin hält es für klärungsbedürftig, ob „es mit den unionsrechtlichen Grundsätzen der Effektivität und der Äquivalenz vereinbar [ist], wenn in den Gesetzen oder in der Rechtspraxis eines Mitgliedstaates keine Möglichkeiten vorgesehen sind, um Widersprüche in den Entscheidungen von Gerichten verschiedener Gerichtszweige zu vermeiden oder zu lösen, die umsatzsteuerliche Fragen oder Folgefragen des gleichen Falles (des gleichen Ausgangssachverhalts) betreffen“, ob „die Finanzbehörden und ein Finanzgericht den zivilrechtlichen Vertragspartner oder den etwaigen zivilrechtlichen Erstattungsschuldner bei dem Rechtsstreit eines Steuerpflichtigen über die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts hinzuziehen oder beteiligen“ müssen, ob „sich dann die Bindungswirkung des Finanzgerichts im Hinblick auf die tatsächlichen Fragestellungen und die rechtliche Beurteilung in einem nachfolgenden zivilrechtlichen Verfahren“ erstreckt und ob „dies nur in Fällen [gilt], in denen andernfalls ein Beteiligter mit der Umsatzsteuer doppelt belastet würde“. Die Rechtsfrage gehe dahin, „ob und gegebenenfalls wie das nationale Verfahrensrecht Vorkehrungen dafür treffen muss, die Gefahr von einander widersprechender Entscheidungen der Finanzgerichte einerseits und der Zivilgerichte andererseits zu vermeiden“.

 

4
b) Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind nicht klärungsbedürftig.

 

5
aa) Nach den Regelungen der FGO bestehen nur beschränkte Möglichkeiten, andere Personen als den Kläger und den Beklagten als sog. Dritte an dem finanzgerichtlichen Verfahren zu beteiligen. In Betracht kommt hierfür nur die Beiladung (§ 60 FGO).

 

6
(1) Im Rahmen der sog. einfachen Beiladung kann das Finanzgericht von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften.

 

7
Das danach bestehende Erfordernis eines „rechtlichen Interesses nach den Steuergesetzen“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht eng auszulegen. So kommt nach dieser Vorschrift sowohl eine Beiladung des Leistungsempfängers im Rechtsstreit des leistenden Unternehmers als auch eine Beiladung des leistenden Unternehmers im Rechtsstreit des Leistungsempfängers in Betracht (BFH-Beschluss vom 9. April 2008 V B 143/07, BFH/NV 2008, 1339). Das rechtliche Interesse nach den Steuergesetzen kann sich dabei auch daraus ergeben, dass das Vorliegen einer steuerpflichtigen Leistung im Fall einer Preisvereinbarung zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger, nach der sich der vereinbarte Preis um die gesetzlich für die Leistung entstehende Umsatzsteuer erhöht, für die Bestimmung der Höhe der zivilrechtlich geschuldeten Gegenleistung von Bedeutung sein kann.

 

8
(2) Eine notwendige Beiladung setzt gemäß § 60 Abs. 3 FGO voraus, dass an einem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Der erkennende Senat verneint in seiner Rechtsprechung das Vorliegen einer derart notwendigen Beiladung im Verhältnis zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger, da die Entscheidung z.B. über den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht einheitlich für den leistenden Unternehmer in der Weise wirkt, dass damit auch über das Bestehen einer Steuerpflicht in seiner Person entschieden wird (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2002 V B 186/01, BFH/NV 2003, 780). Ist der Vorsteuerabzug z.B. aufgrund von Rechnungsmängeln zu versagen, hat dies auf die Steuerpflicht des leistenden Unternehmers keinen Einfluss. Gleiches gilt für den Fall, dass der Vorsteuerabzug z.B. mangels Steuerpflicht oder mangels Unternehmereigenschaft des Leistenden zu versagen ist, aber Rechnungen mit Steuerausweis vorliegen, die nach der in den Streitjahren bestehenden Rechtslage zu einer Steuerschuld des Rechnungsausstellers nach § 14 Abs. 2 oder 3 des Umsatzsteuergesetzes führten. Dass in derartigen Fällen ein zivilrechtliches Interesse des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers an einer Beiladung des leistenden Unternehmers für den Fall einer Klageabweisung bestehen kann, rechtfertigt nicht die Annahme einer notwendigen Beiladung, sondern führt nur zu einer einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO.

 

9
(3) Die Möglichkeit einer Streitverkündigung, wie sie in § 72 der Zivilprozessordnung vorgesehen ist, besteht im Finanzgerichtsprozess nicht (BFH-Beschluss vom 13. Juni 2007 V B 179/06, BFH/NV 2007, 2296).

 

10
bb) Die prozessualen Vorschriften der FGO tragen damit den von der Klägerin als maßgeblich angesehenen Grundsätzen der Effektivität und Äquivalenz hinreichend Rechnung. Insbesondere durch die Möglichkeit einer einfachen Beiladung gemäß § 60 Abs. 1 FGO ist hinreichend gewährleistet, dass widersprüchliche Entscheidungen unterschiedlicher Gerichtszweige vermieden werden können. Weiter gehende Erfordernisse ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus dem Unionsrecht und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). So folgt aus dem EuGH-Urteil vom 26. Januar 2012 C-218/10, ADV (Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2012, 175) zwar, dass es „als Verstoß gegen die Verpflichtungen des Mitgliedstaats aus der Sechsten Richtlinie angesehen werden“ könnte, wenn „verschiedene Behörden und/oder Gerichte eines Mitgliedstaats weiterhin systematisch unterschiedliche Auffassungen über die Anknüpfung ein und derselben Dienstleistung in Bezug auf den Leistungserbringer einerseits und den Leistungsempfänger andererseits vertreten, so dass insbesondere der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzt wird“ (EuGH-Urteil ADV in UR 2012, 175 Rdnr. 43). Eine derartige Gefahr besteht jedoch im Hinblick auf die Möglichkeit einer einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO nicht. Hierdurch ist hinreichend gewährleistet, dass „die Gefahr von Widersprüchen und Konflikten zwischen den verschiedenen Gerichtsbarkeiten“ vermieden werden kann. Daher ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Vorlage an den EuGH geboten.

 

11
2. Es liegt auch kein Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats stellt das Unterlassen einer einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO keinen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 780). Ein Fall einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO liegt nicht vor (s. oben 1.b aa (2)).

 

12
3. Auf den beim Finanzamt gestellten Billigkeitsantrag kommt es in dem die Steuerfestsetzung betreffenden Beschwerdeverfahren nicht an.

 

Substanzausbeute, Nutzungsüberlassung zur Bodenschatzgewinnung, Grundsätzliche Bindung des BFH an die finanzgerichtliche Auslegung von Verträgen

Gericht: BFH 9. Senat
Entscheidungsdatum: 24.10.2012
Streitjahre: 2005, 2006
Aktenzeichen: IX R 6/12
Dokumenttyp: Urteil
Normen: § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 23 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 118 Abs 2 FGO, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, § 133 BGB, § 157 BGB
Substanzausbeute, Nutzungsüberlassung zur Bodenschatzgewinnung, Grundsätzliche Bindung des BFH an die finanzgerichtliche Auslegung von Verträgen

Leitsatz

1. NV: Einnahmen (und Ausgaben) aus der zeitlich begrenzten Überlassung eines Grundstücks zur Hebung der darin ruhenden Bodenschätze (sog. Ausbeuteverträge), also aus der Nutzungsüberlassung zur Bodenschatzgewinnung, zählen regelmäßig zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Nur in besonderen Ausnahmefällen können danach Ausbeuteverträge als Kaufverträge und damit als (außerhalb des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) nicht steuerbare Veräußerungsvorgänge angesehen werden.

 

2. NV: Ob und inwieweit bei Ausbeuteverträgen eine zeitlich begrenzte, entgeltliche Nutzungsüberlassung eines Grundstücks/teils oder eine entgeltliche, aber steuerfreie Übertragung von Bodensubstanz gegeben ist, hat das FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen.

Orientierungssatz

NV: Grundsätzlich ist die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, zu der auch die Auslegung von Verträgen gehört, für das Revisionsgericht bindend. Der BFH kann nur überprüfen, ob die vorgenommene Würdigung unter Beachtung der gesetzlichen Auslegungsregeln (insbesondere §§ 133, 157 BGB) möglich ist und nicht gegen Denkgesetze verstößt.

Fundstellen

NV (nicht amtlich veröffentlicht)
Verfahrensgang

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 2. Dezember 2011, Az: 5 K 47/10, Urteil
Diese Entscheidung zitiert

Rechtsprechung
Vergleiche BFH, 21. Juni 2012, Az: IV R 54/09
Vergleiche BFH, 28. September 2010, Az: IX B 65/10
Vergleiche BFH, 9. Dezember 2009, Az: X R 41/07
Vergleiche BFH, 4. Dezember 2006, Az: GrS 1/05
Vergleiche BFH, 3. Januar 2006, Az: IX B 162/04
Vergleiche BFH, 11. Januar 2005, Az: IX R 15/03
Vergleiche BFH, 6. Mai 2003, Az: IX R 64/98
Vergleiche BGH, 10. November 1999, Az: XII ZR 24/97
Vergleiche BFH, 21. Juli 1993, Az: IX R 9/89
Vergleiche BFH, 24. November 1992, Az: IX R 30/88
Vergleiche BVerfG, 3. Juni 1992, Az: 1 BvR 583/86
Vergleiche BVerfG, 10. Februar 1987, Az: 1 BvR 482/86
Vergleiche BFH, 27. Juni 1978, Az: VIII R 12/72
Vergleiche BFH, 26. Mai 1976, Az: I R 74/73
Vergleiche BGH, 7. Februar 1973, Az: VIII ZR 205/71
Vergleiche BFH, 12. Dezember 1969, Az: VI R 197/67

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte in den Jahren 2005 und 2006 (Streitjahre) u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Er war und ist Eigentümer von drei Flurstücken zur Gesamtgröße von ca. 30 ha, die ihm als Ackerflächen im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs dienten.

 

2
Am 13. September 2003 „verkaufte“ der Kläger der Firma X-GmbH „unwiderruflich das ausschließliche Recht, das unter den vorgenannten Grundstücken befindliche Vorkommen an brauchbarem Kies und Füllsand sich anzueignen, das Vorkommen abzubauen sowie das Grundstück zu gewerblichen Zwecken mit Beförderungsmitteln gleich welcher Art zu befahren“.

 

3
Der Sand wurde sodann von der X-GmbH im Zeitraum von Anfang April bis Ende Oktober 2005 abgebaut und ausschließlich für ein nahe gelegenes Bauvorhaben der D-AG verwandt. Dem Kläger flossen zunächst im Zeitraum von Mai 2005 bis Oktober 2005 monatliche Beträge von jeweils 20.000 € und eine Restzahlung im November 2005 von 42.500 € zu. Im Jahr 2006 erzielte der Kläger weitere Einnahmen in Höhe von 15.768,07 €. Diese fielen an, weil man sich nach Differenzen schließlich im Jahr 2006 auf die tatsächliche Gesamtmenge des abgebauten Sandes mit 142.614 qm einigte. Nach Ende der Abbaumaßnahme planierte die X-GmbH den Abbaubereich und füllte Muttererde auf, so dass die Flächen vom Kläger danach wieder als Ackerland genutzt werden konnten.

 

4
Die Kläger behandelten die aufgrund des Vertrages mit der X-GmbH erzielten Erlöse im Streitjahr 2005 als steuerfreie Vermögensumschichtung. Dagegen erfasste der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) diese Einnahmen (in Höhe von 175.000 €) als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und setzte die Einkommensteuer entsprechend fest. Für das Streitjahr 2006 veranlagte das FA die Kläger unter Berücksichtigung von Werbungskosten mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 15.420 € insoweit erklärungsgemäß.

 

5
Im Laufe der Einspruchsverfahren wurde der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2005 dahin geändert, dass nunmehr unter Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 1.500 € lediglich die tatsächlich zugeflossenen 161.000 € als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angesetzt wurden. Ferner wurden für beide Streitjahre weitere Änderungsbescheide erlassen, die aber die hier streitige Frage nicht berührten. Die Einsprüche blieben erfolglos.

 

6
Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 840 veröffentlichtem Urteil als unbegründet ab. Der hier streitige Vertrag sei als Substanzausbeutevertrag und damit als Pachtvertrag zu bewerten und die daraus erzielten Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers einzuordnen.

 

7
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Das Urteil des Niedersächsischen FG vom 22. April 1998 XIII 255/95 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst –DStRE– 1999, 502) als Vorinstanz und ihm folgend der Bundesfinanzhof –BFH– (Urteil vom 6. Mai 2003 IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175) hätten die zeitlich begrenzte Überlassung eines Grundstücks zur Sandausbeute als Kaufvertrag und die zugeflossenen Einnahmen als steuerfreie private Vermögensumschichtung beurteilt. Daran habe sich der Kläger bei der Vertragsgestaltung orientiert; die dortigen Ausführungen, insbesondere die vom BFH akzeptierte Würdigung des Niedersächsischen FG, seien daher auf den Streitfall übertragbar. So sei nach ständiger Rechtsprechung des BFH unter bestimmten Voraussetzungen in Ausnahmefällen bei Substanzausbeuteverträgen von einer Veräußerung des Bodenschatzes auszugehen. Der vorliegende Vertrag sei nach seinem wirtschaftlichen Gehalt angesichts der einmaligen Bodenschatz-Lieferung als Kaufvertrag und damit als Veräußerung der Bodensubstanz zu beurteilen. Der Verkauf der Bodensubstanz sei aus der Sicht der Vertragsparteien das wertbestimmende Leistungselement, die weiteren Vertragselemente stellten lediglich Nebenpflichten (Mutterboden abräumen, später rekultivieren) dar, die als Mittel zum Zweck der Vorbereitung und Durchführung des Abbaus dienten. Weder trete dadurch die Nutzung der Grundstücksflächen in den Vordergrund noch seien diese Nebenpflichten als kaufvertragsatypisch einzustufen.

 

8
Zudem beträfen die Nebenpflichten wie Abtragen, Lagerung und insbesondere Rekultivierung den Grund und Boden des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks. Ihr wirtschaftlicher Gehalt liege darin, die durch die Veräußerung des Bodenschatzes entstandenen Schäden bzw. Wertminderungen am Grund und Boden zu beseitigen. Das Wirtschaftsgut Bodenschatz selbst werde durch die Nebenpflichten nicht berührt. Vielmehr sei der vorliegen-de Vertrag auf die Entnahme bzw. den Verbrauch des Bodenschatzes gerichtet; ein Pachtrecht an einem Bodenschatz sei daher kaum denkbar, es werde auch nicht durch die Übernahme der Rekultivierung der Flächen begründet.

 

9
Selbst bei einer Beurteilung als Pachtvertrag bestünden erheb-liche Zweifel an der Besteuerung einer Substanzausbeute gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Insoweit werde auf die mehrfache Kritik an der BFH-Rechtsprechung in der Literatur und auf verfassungsrechtliche Bedenken hingewiesen (vgl. dazu Niedersächsisches FG in DStRE 1999, 502; s.a. zur gesonderten Berechnung des Kaufpreises für den Bodenschatz zuletzt BFH-Urteil vom 4. September 1997 IV R 88/96, BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657).

 

10
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006, zuletzt jeweils geändert durch Bescheide vom 20. Oktober 2009, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2010 so zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2005 um 161.000 € und für 2006 um 15.420 € gemindert werden und die Einkommensteuer entsprechend neu festgesetzt wird.

 

11
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

12
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Entscheidung des FG, die aus dem Substanzausbeutevertrag resultierenden –der Höhe nach unstreitigen– Einnahmen als steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu beurteilen, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

13
1. Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) erzielt, wer einem anderen zeitlich begrenzt unbewegliches Vermögen gegen Entgelt zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt. So hat der BFH in ständiger Rechtsprechung (z.B. Urteile vom 24. November 1992 IX R 30/88, BFHE 170, 71, BStBl II 1993, 296; vom 21. Juli 1993 IX R 9/89, BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231, m.w.N.) und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs –BGH– (z.B. Urteile vom 7. Februar 1973 VIII ZR 205/71, Wertpapier-Mitteilungen –WM– 1973, 386, Monatsschrift für Deutsches Recht –MDR– 1973, 386: Sandausbeute; vom 10. November 1999 XII ZR 24/97, WM 2000, 545, MDR 2000, 202: Kiesausbeute, m.w.N.) die zeitlich begrenzte Überlassung von Grundstücken zur Hebung der darin ruhenden Bodenschätze (sog. Ausbeuteverträge) grundsätzlich als Pachtverträge beurteilt und Einnahmen daraus zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gezählt (s.a. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Dezember 2006 GrS 1/05, BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508, unter C.II.2.c dd; Urteil vom 21. Juni 2012 IV R 54/09, BFHE 238, 194, BStBl II 2012, 692, unter II.1. b). Nur in besonderen Ausnahmefällen können danach Ausbeuteverträge als Veräußerungsvorgänge angesehen werden, wenn es sich nämlich z.B. um einen zeitlich begrenzten Abbau und die Lieferung einer festbegrenzten Menge an Bodensubstanz handelt (vgl. BFH-Urteile vom 12. Dezember 1969 VI R 197/67, BFHE 97, 542, BStBl II 1970, 210; in BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231, und in BFH/NV 2003, 1175, m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall ist indes nicht gegeben, wenn der Vertrag wesentliche veräußerungs-atypische Elemente enthält (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 97, 542, BStBl II 1970, 210; vom 27. Juni 1978 VIII R 12/72, BFHE 125, 528, BStBl II 1979, 38; s.a. BFH-Urteil vom 26. Mai 1976 I R 74/73, BFHE 119, 485, BStBl II 1976, 721). Entscheidend kommt es steuerrechtlich daher darauf an, ob sich der zu beurteilende Sachverhalt als Überlassung zur Frucht“gewinnung“ und damit als Nutzung (s. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG: „z.B. … Mineralgewinnungsrecht“; dazu Weber-Grellet, Finanz-Rundschau 2007, 515, 516 f.) darstellt oder als Übertragung des überlassenen Gegenstands/Rechts und damit als (außerhalb des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht steuerbarer) Veräußerungsvorgang.

 

14
b) Ob und inwieweit bei Substanzausbeuteverträgen eine zeitlich begrenzte, unter § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fallende entgeltliche Nutzungsüberlassung eines Grundstücks/teils und/oder eine entgeltliche, aber nicht steuerbare Übertragung von Bodensubstanz gegeben ist, hat das FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen. Dabei ist maßgebend auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrundeliegenden Vereinbarung/en abzustellen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt (einhellige Auffassung; BFH-Beschlüsse vom 28. September 2010 IX B 65/10, BFH/NV 2011, 43; vom 3. Januar 2006 IX B 162/04, BFH/NV 2006, 738, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, zu der auch die Auslegung von Verträgen gehört, ist für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Die revisionsrechtliche Überprüfung durch den BFH beschränkt sich daher darauf, ob die vorgenommene Würdigung unter Beachtung der gesetzlichen Auslegungsregeln (insbesondere §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde (z.B. BFH-Urteile vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477; vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860).

 

15
2. Diesen Grundsätzen entspricht die Vorentscheidung; sie ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

16
a) Das FG hat auf der Basis der einschlägigen BFH-Rechtsprechung (vgl. oben unter 1.) die für die Annahme eines Pachtvertrages (Verpachtung) und für die Annahme eines Kaufvertrages (Veräußerung) sprechenden Indizien gegeneinander abgewogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der vorliegende Vertrag unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als Pachtverhältnis zu beurteilen ist, insbesondere liege „keine einmalige Lieferung“ von Bodensubstanz vor, zumal der Kläger den Sand auch nicht in Eigenregie abgebaut hat oder hat abbauen lassen. Steht danach die Nutzungsüberlassung zur Fruchtgewinnung (Bodenschatz als Grundstücksertrag) im Vordergrund, ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG die vom Kläger erzielten Einnahmen –auch angesichts der von der X-GmbH vertraglich auf eigene Kosten übernommenen umfangreichen, das Grundstück und dessen Nutzung betreffenden Nebenpflichten– als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einordnet.

 

17
Diese Würdigung ist möglich und in sich schlüssig, sie verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze oder gesetzliche Auslegungsregeln. Der BFH ist daher an diese zu den tatsächlichen Feststellungen gehörende Gesamtwürdigung des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

 

18
b) Dem steht das Urteil des BFH (in BFH/NV 2003, 1175) nicht entgegen, das dieselben Rechtsgrundsätze seiner Entscheidung zugrunde legt.

 

19
Entgegen der Ansicht der Revision bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass Entgelte für die Überlassung von Bodenschätzen als Einkünfte i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig sind (so Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 1987 1 BvR 482/86, Betriebs-Berater 1987, 598; vom 3. Juni 1992 1 BvR 583/86, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 36, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 1189).

 

Schätzungsbefugnis bei einer Einnahmen-Überschussrechnung, wenn der Steuerpflichtige zur Dokumentation seiner Betriebseinnahmen die Erstellung von Kassenberichten wählt

Gericht: BFH 10. Senat
Entscheidungsdatum: 13.03.2013
Streitjahre: 2004, 2005, 2006
Aktenzeichen: X B 16/12
Dokumenttyp: Beschluss
Normen: § 162 AO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 4 Abs 3 EStG 2002, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, § 145 AO, § 146 AO
Schätzungsbefugnis bei einer Einnahmen-Überschussrechnung, wenn der Steuerpflichtige zur Dokumentation seiner Betriebseinnahmen die Erstellung von Kassenberichten wählt

Leitsatz

NV: Auch wenn ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, zur Führung eines Kassenbuches nicht verpflichtet ist, müssen die von ihm erklärten Betriebseinnahmen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfbar sein. Dokumentiert der Steuerpflichtige seine Betriebseinnahmen in Kassenberichten, ist das FA zur Schätzung befugt, wenn diese wiederholt korrigiert und in sich widersprüchlich sind.

Fundstellen

NV (nicht amtlich veröffentlicht)
Verfahrensgang

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 8. Dezember 2011, Az: 12 K 389/09, Urteil
Diese Entscheidung zitiert

Rechtsprechung
im Text BFH, 4. November 2010, Az: VII B 60/10
im Text BFH, 7. Februar 2008, Az: X B 189/07
im Text BFH, 20. Juni 2007, Az: X B 116/06
Vergleiche BFH, 16. Februar 2006, Az: X B 57/05

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt einen Kiosk und erzielt daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Seinen Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG). In diesen Jahren führte der Kläger eine offene Ladenkasse, seine Tageseinnahmen trug er in Kassenberichte ein.

 

2
Im Rahmen einer Außenprüfung stellte die Prüferin fest, dass der Kläger die Eintragungen in den Kassenberichten wiederholt –auch mehrfach– durchgestrichen und durch andere Zahlen ersetzt oder die Tageseinnahmen mit einem anderen Stift als die übrigen Angaben geschrieben hatte. Der Versuch der Prüferin, eine Nachkalkulation durchzuführen, scheiterte daran, dass der Kläger keine den Prüfungszeitraum betreffenden, sondern nur aktuelle Preislisten zur Verfügung stellte. Anhand dieser ermittelte sie Rohgewinnaufschlagsätze für die verschiedenen Warengruppen, rundete diese jedoch aufgrund verschiedener Unsicherheiten erheblich ab und gelangte so zu einer Hinzuschätzung in Höhe von 4.000 € netto jährlich. Für das Jahr 2006 hatte sie eine Nachkalkulationsdifferenz von über 9.000 € und so einen Unsicherheitsabschlag in Höhe von 56 % vorgenommen.

 

3
Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) infolge der in sich inkonsistenten und teilweise widersprüchlichen Aufzeichnungen der Bareinnahmen im Rahmen der Kassenberichte dem Grunde nach als zur Schätzung der Einkünfte des Klägers befugt an. Auch hinsichtlich der Höhe der Schätzung hatte das FG letztlich aufgrund der erheblichen Unsicherheitsabschläge keine Bedenken.

 

4
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2012 begründete der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Zulassung der Revision mit dem Erfordernis einer Entscheidung durch den Bundesfinanzhof (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Am 16. März 2012 ging ein von dem Vater des Klägers verfasster Schriftsatz ein, in dem dieser geltend machte, die Revision sei zudem nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 FGO zuzulassen.

 

Entscheidungsgründe

5
II. Die Beschwerde ist unzulässig.

 

6
1. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist geboten, wenn das angefochtene FG-Urteil in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (z.B. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 X B 116/06, BFH/NV 2007, 1705).

 

7
a) Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes sind die tragenden Erwägungen der FG-Entscheidung und der (angeblichen) Divergenzentscheidung des anderen Gerichts so herauszuarbeiten und gegenüberzustellen, dass eine Abweichung im grundsätzlichen Ansatz erkennbar wird, der sich auf die Entscheidung bei einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt bezieht (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 40 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

 

8
b) Dem entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger macht lediglich geltend, der BFH führe in seinem Beschluss vom 16. Februar 2006 X B 57/05 (BFH/NV 2006, 940) aus, dass es bei der Einnahmen-Überschussrechnung keine Bestandskonten und somit auch kein Kassenkonto gebe, die Feststellung eines Kassenbestandes somit nicht in Betracht komme. Hiervon (angeblich) abweichende Rechtssätze des FG-Urteils führt er nicht an. Vielmehr bemängelt er, das FG habe sich zur Begründung der Schätzungsbefugnis zu Unrecht auf den Senatsbeschluss vom 7. Februar 2008 X B 189/07 (nicht veröffentlicht, juris) berufen. Insoweit wendet der Kläger sich gegen die materielle Richtigkeit des Urteils. Hiermit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht begründet werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2010 VII B 60/10, BFH/NV 2011, 869).

 

9
Der Kläger lässt auch außer Acht, dass der erkennende Senat aus der wiedergegebenen Passage lediglich gefolgert hat, ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG ermittele, sei nicht verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen (Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 940, m.w.N.). Hiervon ist das FG ersichtlich ausgegangen. Der Kläger setzt sich dagegen nicht damit auseinander, dass ein Steuerpflichtiger auch im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG selbstredend seine Betriebseinnahmen und -ausgaben –sei es durch entsprechende Aufzeichnungen einschließlich Belegsammlung oder im Wege einer geordneten Belegablage– so festhalten muss, dass das FA diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen kann (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 4 Rz 375). Letzteres hatte die Klägerin in dem –dem Beschluss in BFH/NV 2006, 940 zugrunde liegenden– Fall durch chronologische Ablage der Ausgangsrechnungen getan. Erfasst der Steuerpflichtige –wie zulässigerweise der Kläger– seine Tageseinnahmen in einer Summe, muss er das Zustandekommen der Summe (bspw. durch einen Kassenbericht) auch nachweisen können (Klein/Rätke, AO, 11. Aufl., § 146 Rz 8).

 

10
Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des FG wird die von dem Kläger gewählte Dokumentation seiner Tageseinnahmen in Form der Kassenberichte den Anforderungen der Rechtsprechung an eine nachprüfbare vollständige und richtige Aufzeichnung nicht gerecht. Ausgehend von dieser materiell-rechtlich maßgebenden Auffassung des FG hat dieses die Schätzungsbefugnis des FA gemäß § 162 Abs. 2 der Abgabenordnung dem Grunde nach zu Recht bejaht.

 

11
2. Unabhängig davon, dass nicht ersichtlich ist, dass es sich bei dem Vater des Klägers um eine Person i.S. des § 62 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO handelt, kommt eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 FGO bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und eines Verfahrensfehlers erstmals nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet geltend gemacht wurden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen. Spätere Darlegungen sind –abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen des fristgemäßen Vorbringens– nicht zu berücksichtigen (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 1705). Der Vollständigkeit halber merkt der Senat an, dass eine Revisionszulassung auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 11. März 2012 nicht in Betracht käme.

 

12
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

 

Arbeitgeber darf am 1. Krankheitstag ohne Grund ein Attest fordern

Kernfrage

Erkrankt ein Arbeitnehmer, ist er nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet, dem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, wenn die Krankheit länger als 3 Tage andauert. Diese gesetzliche Vorschrift führte faktisch dazu, dass bei Kurzerkrankungen keine Atteste vorgelegt wurden. Allerdings lässt es der Gesetzeswortlaut zu, dass der Arbeitgeber auch schon früher eine ärztliche Bescheinigung verlangen kann. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr abschließend darüber zu befinden, ob es Arbeitgebern gestattet ist, ab dem ersten Tag der Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen.

Sachverhalt
Geklagt hatte ein Redakteur des WDR, der von seinem Arbeitgeber die Weisung erhalten hatte, zukünftig ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bereits am und für den ersten Tag einer Erkrankung vorzulegen. Hintergrund war, dass der Arbeitnehmer an dem Tag, an dem er eine Dienstreise unternehmen wollte, die ihm nicht genehmigt worden war, krank wurde.

Entscheidung
Das Gericht nahm – entgegen der Auffassung des Klägers – an, dass die gesetzliche Ermächtigung, auch vor dem dritten Krankheitstag ein ärztliches Attest einfordern zu können, dem Arbeitgeber ein freies Ermessen einräume. Der Arbeitgeber könne damit von einzelnen Arbeitnehmern die „vorzeitige“ Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verlangen und im Wege des Weisungsrechts geltend machen. Weitere Voraussetzungen müssten hierfür nicht vorliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Verdachtsmomente gegen den aufgeforderten Arbeitnehmer.

Konsequenz
Mit seiner Entscheidung stärkt das BAG das Weisungsrecht des Arbeitgebers, der hiervon Gebrauch machen kann. Nach Ansicht der Richter kann das Weisungsrecht gegenüber einzelnen Arbeitnehmern auch unterschiedlich gehandhabt werden, es empfiehlt sich aber dennoch eine einheitliche Vorgehensweise.

Selbstständige: Online-Kontoauszüge sind riskant

Nutzen auch Sie das Internet, um Ihre Bankkonten zu verwalten? Und archivieren Sie lieber elektronische Kontoauszüge als solche auf Papier? Dann kann es beim Nachweis betrieblicher Zahlungseingänge und -ausgänge gegenüber dem Finanzamt zu unliebsamen Überraschungen kommen! Meist werden auf dem digitalen Weg übermittelte Kontoauszüge entweder ausgedruckt oder auf einem elektronischen Speichermedium archiviert. Das reicht allerdings leider nicht aus, um die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten zu erfüllen. Hier erfahren Sie mehr …

Sachbezugswerte 2013 für Seeschifffahrt, Kauffahrtei und Fischerei

Bewertung der Beköstigung im Bereich der Seeschifffahrt (Kauffahrtei) und im Bereich der Fischerei für Zwecke des Steuerabzugs vom Arbeitslohn für die Zeit ab dem 01.01.2013

Bewertung der freien Beköstigung

Der zuständige Ausschuss der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft hat den Wert des Sachbezuges „Beköstigung” für Zwecke der Sozialversicherung für alle Bereiche in der Seefahrt (Kauffahrtei und Fischerei) mit Wirkung vom 01.01.2013 an auf monatlich 225,00 € festgesetzt.

Für Teilverpflegung in der Kauffahrtei sowie in der Kleinen Hochsee- und Küstenfischerei und in der Küstenfischerei gelten die folgenden Werte: Frühstück 48,00 €, Mittag- und Abendessen jeweils 87,00 € monatlich.

Der Durchschnittssatz für die Beköstigung der Kanalsteurer beträgt ab 1. Januar 2013 weiterhin monatlich 45,00 €, für halbpartfahrende Kanalsteurer monatlich 22,50 € und für Kanalsteureranwärter monatlich 24,00 €.

Diese Sachbezugswerte sind auch dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zugrunde zu legen.

Geltung der Sachbezugswerte

Die festgesetzten Sachbezugswerte gelten auch dann, wenn in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Arbeitsvertrag für die Beköstigung auf Seeschiffen höhere oder niedrigere Werte festgesetzt sind.

Die festgesetzten Sachbezugswerte gelten nicht, wenn anstelle der vorgesehenen Sachbezüge die im Tarifvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag festgesetzten Werte bar ausbezahlt werden. Wird jedoch nur gelegentlich oder vorübergehend bar ausgezahlt (z. B. bei tageweiser auswärtiger Beschäftigung, bei tariflich vorgesehener Umschaufrist, bei Krankheit oder für die Zeit des Urlaubs – auch wenn mehrere Urlaubsansprüche in einem Kalenderjahr zusammenfallen –), so sind die festgesetzten und bekannt gegebenen Sachbezugswerte zugrunde zu legen, wenn mit der Barvergütung der tatsächliche Wert der zustehenden Sachbezüge abgegolten wird und die Barvergütung anstelle der Sachbezüge zusätzlich zu dem bei Gewährung der Sachleistung maßgeblichen Lohn gezahlt wird.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Barvergütung dem Wert der nicht in Anspruch genommenen Beköstigung entspricht, ist zu berücksichtigen, dass der amtliche Sachbezugswert unter den Kosten liegt, die im Inland für eine entsprechende Beköstigung aufzuwenden wären. Ich bitte deshalb, die Auffassung zu vertreten, dass die tariflich vorgesehenen Barvergütungen den tatsächlichen Wert des Sachbezugs nicht übersteigen.

Wird jedoch bei Beendigung des Heuerverhältnisses durch

  • Zeitablauf,
  • Tod des Besatzungsmitgliedes,
  • ordentliche Kündigung,
  • außerordentliche Kündigung oder
  • beiderseitiges Einvernehmen (Aufhebungsvertrag)

ein Urlaubsanspruch durch Barablösung abgegolten und hierbei auch das Verpflegungsgeld für die abgegoltenen Urlaubstage ausgezahlt, so ist der gesamte Betrag der Ablösung steuerpflichtiger Arbeitslohn, da durch die Beendigung des Dienstverhältnisses vor Antritt des Urlaubs der Arbeitnehmer nicht mehr an den Arbeitgeber gebunden und dieser somit von der Urlaubsverpflichtung befreit ist. Es ist in diesen Fällen steuerlich unbeachtlich, ob der Arbeitnehmer tatsächlich seinen Urlaub antritt oder ein neues Arbeitsverhältnis begründet.

Inkrafttreten

Die neuen Sachbezugswerte gelten bei laufendem Arbeitslohn erstmalig für den Arbeitslohn, der für einen nach dem 31 Dezember 2012 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und bei sonstigen, insbesondere einmaligen Bezügen erstmalig für die Bezüge, die dem Arbeitnehmer nach dem 31 Dezember 2012 zufließen.

Dieser Erlass wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.