Erlass der Grundsteuer für Vermieter

Anträge müssen grundsätzlich an zuständige Gemeinde gestellt werden

Bei der Grundsteuer handelt es sich um eine Steuer, die direkt den Kommunen zufließt. Daher sind die Gemeinden bzw. Kommunen auch für die Festsetzung sowie die Erhebung dieser Steuerart zuständig. Anträge auf Erlass der Grundsteuer können daher grundsätzlich auch nur von den Gemeinden bearbeitet werden, darauf weist die Oberfinanzdirektion Koblenz hin.

Die Grundsteuer kann nur in solchen Fällen erlassen werden, in denen ein Vermieter ohne eigenes Verschulden erhebliche Mietausfälle hat und sich der Ertrag seiner Immobilie dadurch um mehr als 50 Prozent mindert. Die Nichtvermietbarkeit muss gegenüber der Gemeinde/Kommune nachgewiesen werden. Die Frist für Erlassanträge für das Jahr 2013 läuft am 31. März 2014 ab.

In besonderen Ausnahmefällen, z. B. wenn das Gebäude durch Zerstörung oder Verfall dauerhaft nicht mehr nutzbar ist, muss die Anzeige jedoch gegenüber dem Finanzamt, in dessen Zuständigkeit das Grundstück liegt, erfolgen.

Quelle: OFD Koblenz, Pressemitteilung vom 10.02.2014

Degressiver Zweitwohnungsteuertarif bedarf hinreichend gewichtiger Sachgründe

In einem am 14.02.2014 veröffentlichten Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde gegen einen Zweitwohnungsteuerbescheid der Stadt Konstanz stattgegeben und die zugrundeliegenden Satzungen der Jahre 1989, 2002 und 2006 für nichtig erklärt. Wenn ein degressiver Zweitwohnungsteuertarif – wie im vorliegenden Fall – nicht durch hinreichend gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt ist, verletzt er das aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Senat hat zudem die Sorgfaltsanforderungen für die Einhaltung von Fristen bei Einlegung von Verfassungsbeschwerden per Telefax konkretisiert: Die erforderliche Sorgfalt hat regelmäßig erfüllt, wer – über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinaus – einen Sicherheitszuschlag von 20 Minuten bis Fristende einkalkuliert.

Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Stadt Konstanz, die Beklagte des Ausgangsverfahrens, zog den Beschwerdeführer für die Jahre 2002 bis 2006 aufgrund einer Satzung zur Zweitwohnungsteuer heran.

1. Die Steuertarife orientieren sich am jährlichen Mietaufwand als steuerlicher Bemessungsgrundlage und pauschalieren den Steuerbetrag durch Bildung von fünf (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht Mietaufwandsgruppen (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006). Die konkrete Ausgestaltung der Steuertarife führt insgesamt zu einem – in Relation zum Mietaufwand – degressiven Steuerverlauf. Zwar steigt der absolute Betrag der Zweitwohnungsteuer mit zunehmender Jahresmiete in Stufen an. Nicht nur auf den jeweiligen Stufen, sondern auch über die Stufen hinweg sinkt jedoch der sich aus dem Mietaufwand und dem zu zahlenden Steuerbetrag ergebende Steuersatz mit steigendem Mietaufwand ab.

2. Der Beschwerdeführer hatte im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2006 eine Zweitwohnung im Stadtgebiet von Konstanz inne, die ihm von seinen Eltern überlassen worden war. Die Beklagte zog ihn für diesen Zeitraum zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von (zuletzt) 2.974,32 Euro heran. Widerspruch und Klage des Beschwerdeführers hiergegen blieben ohne Erfolg.

Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist im Wesentlichen begründet. Die degressive Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuertarife sowie die Entscheidungen der Beklagten und der Fachgerichte verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

1. Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde zwar erst nach Ablauf der Beschwerdefrist erhoben. Er war jedoch ohne Verschulden an der Fristwahrung gehindert, da der Telefaxanschluss des Bundesverfassungsgerichts zwischen dem ersten Übermittlungsversuch um 22:57 und 24:00 Uhr am 29. Juni 2009 belegt war. Dem Beschwerdeführer ist daher auf seinen fristgerechten Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur möglich, wenn der Beschwerdeführer die Frist ohne Verschulden, das heißt weder vorsätzlich noch fahrlässig, versäumt hat. Fahrlässig handelt, wer mit der Übermittlung eines Beschwerdeschriftsatzes nebst erforderlicher Anlagen nicht so rechtzeitig beginnt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit dem Abschluss der Übermittlung noch am Tag des Fristablaufs zu rechnen ist. In Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hat regelmäßig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfüllt, wer einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkuliert. Für die Fristberechnung und damit auch die Einhaltung des Sicherheitszuschlags ist der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs im Bundesverfassungsgericht maßgeblich, nicht aber die Vollständigkeit des Ausdrucks. Den Sorgfaltsanforderungen genügt schließlich nur, wer innerhalb der einzukalkulierenden Zeitspanne wiederholt die Übermittlung versucht.

b) Danach traf den Beschwerdeführer kein Verschulden an der Fristversäumnis, da er einen hinreichenden Sicherheitszuschlag einkalkuliert hatte. Der Beschwerdeführer hat glaubhaft gemacht, dass er am Tag des Fristablaufs um 22:57 Uhr erstmals versucht hatte, die Verfassungsbeschwerdeschrift nebst Anlagen an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln und dass er seinen Sendeversuch bis zum Fristablauf mehrfach wiederholte. Er hatte mithin eine Sicherheitsreserve von etwa 50 Minuten eingeplant.

2. Der degressive Steuertarif in den Zweitwohnungsteuersatzungen 1989, 2002 und 2006 verletzt das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

a) Als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG muss die von der Beklagten erhobene Zweitwohnungsteuer dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit genügen. Das wesentliche Merkmal einer Aufwandsteuer besteht darin, die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu treffen; diese spiegelt der jeweilige Mietaufwand als Bemessungsgröße der Zweitwohnungsteuer wider.

b) Der degressive Steuertarif bewirkt eine Ungleichbehandlung der Steuerschuldner, weil er weniger leistungsfähige Steuerschuldner prozentual höher belastet als wirtschaftlich leistungsfähigere. Denn aus dem Stufentarif ergibt sich mit steigendem Mietaufwand weitgehend ein sinkender Steuersatz. Diese Ungleichbehandlung lässt sich bereits durch Vergleich der jeweiligen mittleren Steuersätze in den Steuerstufen feststellen. Eine weitere Ungleichbehandlung folgt aus den Differenzen in der Steuerbelastung durch die typisierenden Stufen: So sinkt beispielsweise innerhalb der zweiten Steuerstufe nach der Satzung 1989 die Steuerbelastung von fast 40 % auf rund 26 % und nach den Satzungen 2002/2006 von etwa 34,8 % auf 21,8 %. Am stärksten belastet werden insgesamt Steuerpflichtige mit Jahresmieten im unteren Bereich der jeweiligen Steuerstufen. Die Mindest- und Höchstbetragsstufen verstärken diesen degressiven Effekt zusätzlich.

c) Degressive Steuertarife sind nicht generell unzulässig, weil der Normgeber nicht ausnahmslos zu einer reinen Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips verpflichtet ist. Bei der Rechtfertigung unterliegt er jedoch über das bloße Willkürverbot hinausgehenden Bindungen durch das Leistungsfähigkeitsprinzip als materiellem Gleichheitsmaß. Vom Bundesverfassungsgericht ist hierbei nur zu untersuchen, ob der Normgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat, nicht ob er die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.

d) Die Ungleichbehandlung aufgrund der degressiven Steuertarife ist im vorliegenden Fall nicht mehr gerechtfertigt.

aa) Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse können grundsätzlich sachliche Gründe für eine Einschränkung der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit bilden. Von vornherein nicht zur Vereinfachung geeignet ist der insgesamt, das heißt über verschiedene Steuerstufen hinweg, degressiv gestaltete Verlauf des Steuertarifs. Hingegen bewirken die Steuerstufen zwar eine gewisse Vereinfachung dadurch, dass nicht in jedem Einzelfall die exakte Jahresnettokaltmiete ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss. Jedoch ist dieser Effekt nicht von hinreichendem Gewicht. Bereits die Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf der gleichen Stufe erreicht ein beträchtliches Ausmaß, das angesichts des insgesamt degressiven Tarifverlaufs nicht hinnehmbar ist. Hinzu treten die Effekte der Degression zwischen den einzelnen Stufen: Zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 Euro und bei einem Mietaufwand von 24.000 Euro kommt es nach der Satzung 1989 zu einer Differenz von 29 Prozentpunkten (Steuerbelastungen von 34 % bzw. 5 %) und nach den Satzungen 2002/2006 zu einer Differenz von 27 Prozentpunkten (Steuerbelastungen von 33 % bzw. 6 %).

bb) Auch Lenkungszwecke rechtfertigen die Ungleichbehandlung im vorliegenden Fall nicht. Es stellt ein legitimes Ziel dar, die Steuerpflichtigen nach den Maßgaben des Melderechts zur Ummeldung des Nebenwohnsitzes in einen Hauptwohnsitz zu veranlassen. Ein weiterer zulässiger Lenkungszweck liegt in der Erhöhung des Wohnungsangebots für die einheimische Bevölkerung und insbesondere für Studierende der Hochschulen vor Ort. Die steuerliche Differenzierung durch einen degressiven Tarifverlauf erweist sich jedoch zur Erreichung dieser Lenkungszwecke weder als geeignet noch als erforderlich. Zwar mag die Erhebung der Zweitwohnungsteuer insgesamt geeignet sein, Zweitwohnungsinhaber zur Anmeldung des Hauptwohnsitzes zu bewegen; die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs selbst fördert diesen Lenkungszweck jedoch nicht. Dieses Lenkungsziel würde in gleicher Weise durch einen linearen oder gar progressiven Steuertarif erreicht, bei dem die hier festgestellte Ungleichbehandlung nicht vorläge. Gleiches gilt für den Lenkungszweck, das Halten von Zweitwohnungen einzudämmen.

3. Die Zweitwohnungsteuersatzungen der Stadt Konstanz der Jahre 1989, 2002 und 2006 sind daher nichtig. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten und die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts sowie des Verwaltungsgerichtshofs werden aufgehoben. Die Sache wird an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung vom 14.02.2014 zum Beschluss 1 BvR 1656/09 vom 15.01.2014

Panne bei Steuernummern: Doppelte Vergabe ist aktuelles Beispiel für verpatzte EDV-Projekte

Ein Steuerzahler, eine Nummer: So lautet das Vorhaben der Finanzverwaltung. Doch jetzt hat sich herausgestellt, dass im Grunde individuelle Steuernummern teils doppelt vergeben wurden oder eine Person zwei Nummern erhielt. „Wieder einmal eine peinliche Panne, für die die Verwaltung verantwortlich ist“, sagt Dr. Isabel Klocke, Abteilungsleiterin Steuerrecht und Steuerpolitik beim Bund der Steuerzahler. „Ärgerlich ist das für die Betroffenen, weil unter Umständen zu viel Lohnsteuer abgezogen wurde oder viel bürokratischer Aufwand entstanden ist.“

Rund 120.000 Fälle sind bislang bekannt. Besonders schwer wiegen sie für diejenigen, die sich zu zweit eine Steuernummer teilen. Denn auf Grund einer doppelten Vergabe treffen die Lohnsteuerabzugsmerkmale wie die Steuerklasse möglicherweise nicht zu. Das kann zu einem überhöhten Lohnsteuerabzug führen. Diese Panne steht für eine Reihe verpatzter EDV-Projekte der Verwaltung, die der BdSt eigens in einer Liste zusammengefasst hat.

Zum Hintergrund: Jede Person, die in Deutschland einen Wohnsitz hat oder hier geboren wird, erhält eine Steueridentifikationsnummer, kurz Steuer-ID genannt. Diese Steuer-ID sollte die alten Steuernummern (eTIN) ablösen, um eine bessere Identifizierung des Steuerzahlers zu ermöglichen. Zudem muss bei Umzug oder Heirat keine neue Steuernummer mehr beantragt werden. Auch sollten elektronische Serviceleistungen ermöglicht werden – zum Beispiel die vorausgefüllten elektronischen Steuererklärungsformulare oder die Entgegennahme und Verarbeitung elektronischer Belege, so der Plan des Gesetzgebers im Jahr 2003. Die gesetzliche Grundlage für die Steuer-ID wurde daher bereits mit dem Steueränderungsgesetz 2003 geschaffen.

Die Verordnung zur Einführung der Steueridentifikationsnummern ließ jedoch auf sich warten. Die Nummer wurde unter dem Schlagwort E-Government erst zum 1. Juli 2007 eingeführt. Tatsächlich an die Steuerzahler verschickt wurde die ID erst ein weiteres Jahr später – im Herbst/Winter 2008. Der den Steuerzahlern versprochene Service lässt hingegen weiter auf sich warten, denn auch gut zehn Jahre nach dem Steueränderungsgesetz 2003 gibt es die vorausgefüllte Steuererklärung in ihrer eigentlichen Form noch nicht. Bisher hat sich durch die Steueridentifikationsnummer vor allem eines geändert: Die Vordrucke zur Einkommensteuererklärung tragen nun seit Jahren zwei Nummern – die alte Steuernummer und die neue Steueridentifikationsnummer.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 13.02.2014

Irreführende Rechtsbehelfsbelehrung der Familienkassen setzt Einspruchsfrist nicht in Gang

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem am 14.02.2014 veröffentlichten Urteil vom 9. Januar 2014 (Az. 3 K 742/13 Kg, AO) entschieden, dass eine von den Familienkassen vielfach verwendete Rechtsbehelfsbelehrung irreführend ist und daher die Einspruchsfrist von einem Monat nicht in Gang setzt. Ein Einspruch kann in einem solchen Fall in einer Frist von einem Jahr seit Bekanntgabe des Bescheides eingelegt werden.

Im Streitfall hatte die Familienkasse im März 2011 vom Kläger Kindergeld in Höhe von 5.484 Euro zurückgefordert. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Kläger darauf hinwies, dass er binnen eines Monats Einspruch gegen den Bescheid einlegen kann. Angefügt war zudem folgender Hinweis: „Wenn Sie mit der oben aufgeführten Forderung grundsätzlich nicht einverstanden sind, wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Familienkasse. Bei Fragen zur Rückzahlung wenden Sie sich bitte unverzüglich an das regionale Forderungsmanagement…“.

Der Kläger meldete sich erst im August 2011 bei der Familienkasse, nachdem er eine Mahnung erhalten hatte. Die Familienkasse war der Auffassung, der Einspruch des Klägers sei verspätet und damit unzulässig. Dem ist der 3. Senat des Finanzgerichts Münster jetzt entgegen getreten. Er erachtet die Rechtsbehelfsbelehrung der Familienkasse als irreführend. Die ergänzenden Hinweise in unmittelbarem Anschluss an die Rechtsbehelfsbelehrung führten zur Mehrdeutigkeit der Belehrung selbst. Hierdurch sei die Möglichkeit des Klägers, den Inhalt der Belehrung richtig zu verstehen und rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist Einspruch einzulegen, beeinträchtigt, denn die Ergänzung verkehre die zuvor erteilte Rechtsbehelfsbelehrung in ihr Gegenteil. Die Belehrung sei mithin fehlerhaft und der Einspruch gem. § 356 Abs. 2 AO innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe des Bescheides zulässig. Der 3. Senat sah den Einspruch des Klägers als zulässig und die Klage als begründet an.

Auch eine weitere Entscheidung des 3. Senates vom gleichen Tag (Az. 3 K 3794/13 Kg) betrifft die Rechte der Kindergeldberechtigten. Der Senat hat klargestellt, dass die Familienkasse vor einer Entscheidung über einen Einspruch, den sie wegen Verspätung für unzulässig hält, rechtliches Gehör gewähren muss. Dies sei erforderlich, um dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, die Fristberechnung zu überprüfen bzw. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Verwerfe die Familienkasse – wie im Streitfall – den aus ihrer Sicht verspäteten Einspruch ohne vorherige Anhörung als unzulässig, verstoße sie gegen den Anspruch des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Dies stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar und führe zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 14.02.2014 zum Urteil 3 K 742/13 vom 09.01.2014

Erstattungszinsen: Und das Ende der Geschicht‘ ist wieder die Steuerpflicht!

In seinem Urteil vom 12.11.2013 (Az. VIII R 36/10) äußert sich der Bundesfinanzhof (BFH) erneut zur steuerlichen Behandlung von Erstattungszinsen und bestätigt die im Jahressteuergesetz 2010 vom Gesetzgeber festgeschriebene Steuerpflicht. Zugleich kann er keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung der Gesetzesregelung erkennen.

Noch in 2010 sah sich der BFH dazu bewogen, Erstattungszinsen – soweit diese auf nicht abziehbare Steuern gemäß § 12 Nr. 3 EStG entfallen – dem nicht steuerbaren Bereich zuzuordnen und insoweit eine Steuerpflicht zu verneinen. Im Urteil vom 15.06.2010 (Az. VIII R 33/07) führte der oberste Gerichtshof jedoch zugleich aus, dass „grundsätzlich auch Erstattungszinsen beim Empfänger der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterliegen [können].“

Diesen „Strohhalm“ ergriff der Gesetzgeber prompt und ergänzte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2010 die gesetzliche Regelung zur Steuerpflicht von Erstattungszinsen in § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG – anzuwenden in allen noch offenen Fällen. Damit hat, so der BFH, „der Gesetzgeber seinen Willen, [die Erstattungszinsen] der Besteuerung zu unterwerfen, klar zum Ausdruck gebracht.“

Einzig der Anwendungszeitpunkt der Neuregelung ließ Betroffenen überdies Anlass zur Zuversicht, da es sich insoweit um eine echte Rückwirkung handelte. Die obersten Richter sahen hierin jedoch keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Vielmehr werde mit der gesetzlichen Änderung eine Rechtslage geschaffen, die bereits vor Ergehen des BFH-Urteils im Jahre 2010 der Rechtsprechung und Praxis entsprach.

Das Ende der Geschicht‘ ist damit wieder die Steuerpflicht! Eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Zinsen von Steuernachforderungen sieht der BFH im Übrigen nicht: Nachzahlungszinsen sind weiterhin steuerlich unbeachtlich.

www.dstv.de

Quelle: DStV, Mitteilung vom 13.02.2014

Besteuerung des Kunsthandels: Grütters kritisiert Länder scharf

Berlin: (hib/AW) Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat die Bundesländer wegen ihrer Weigerung, die seit Anfang des Jahres geltenden Regelungen zur Besteuerung des Kunsthandels umzusetzen, scharf kritisiert. Es sei „skandalös“, dass die Länder den Anwendungserlass für die Pauschalmargenbesteuerung im Kunsthandel geschlossen ablehnen, sagte Grütters am Mittwoch in einer öffentlichen Sitzung vor dem Kulturausschuss. Die Staatsministerin kündigte an, die Bundesregierung werde versuchen, einzelne Länder in Einzelgesprächen aus dieser „Phalanx“ herauszubrechen.

Grütters erinnerte daran, dass der Kompromiss mühselig in langen Verhandlungen gefunden worden sei, nachdem die EU-Kommission 2012 den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für den Wiederverkauf von Kunst als unzulässige Subvention des Kunsthandels eingestuft und Deutschland aufgefordert habe, dies zu ändern. Der Bundestag hatte deshalb mit dem Jahressteuergesetz 2013 die von der EU akzeptierte Form der Pauschalmargenbesteuerung im Kunsthandel eingeführt. Diese sieht vor, dass nur 30 Prozent des Verkaufspreises mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent belegt wird.

 

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 12.02.2014, hib-Nr. 069/2014

 

Verjährungshemmende Wirkung sog. „ressortfremder“ Grundlagenbescheide

Vertrauensschutzregelung zur BFH-Entscheidung V R 27/11 vom 21.02.2013

Nach dem BFH-Urteil vom 21. Februar 2013 – V R 27/11 – (BStBl II S. 529) bewirken die von ressortfremden Behörden erlassenen Grundlagenbescheide, die nicht dem Anwendungsbereich der §§ 179 ff. AO unterliegen, eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO nur, wenn sie vor Ablauf der Festsetzungsfrist der im Einzelfall betroffenen Steuer erlassen worden sind.

Da das vorgenannte BFH-Urteil eine rückwirkende Verschärfung der Steuerrechtsprechung beinhaltet, gilt auf der Grundlage des § 163 AO im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgende Vertrauensschutzregelung:

Ressortfremde Grundlagenbescheide, die nicht dem Anwendungsbereich der §§ 179 ff. AO unterliegen, bewirken auch dann eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist des Folgebescheids nach § 171 Abs. 10 AO,

  • soweit der Grundlagenbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheids bei der zuständigen (ressortfremden) Behörde beantragt worden ist (analog zu § 171 Abs. 3 AO) und
  • die Finanzverwaltung vor Veröffentlichung des oben genannten BFH-Urteils durch Verwaltungsanweisungen (z. B. H 33b EStH 2012 „Allgemeines“ und gleich lautende Vorgängerregelungen) einen von ihr zu verantwortenden Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt hatte, dass der Folgebescheid auch ohne entsprechenden Antrag bei der für den Folgebescheid zuständigen Finanzbehörde unabhängig vom Zeitpunkt des Erlasses des ressortfremden Grundlagenbescheides an diesen angepasst werden wird.

Ein derartiger Vertrauenstatbestand besteht nur, wenn der zu ändernde Steuerbescheid nach Veröffentlichung der maßgeblichen Verwaltungsanweisung und vor Veröffentlichung des o. g. BFH-Urteils am 31. Juli 2013 im BStBl II (Nr. 13/2013) ergangen ist.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0342 / 09 / 10001-08 vom 31.01.2014

Grundsteuer: Vier Modelle und ein klarer Favorit

Mit Blick auf die anstehende Reform der Grundsteuer plädiert das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) für das sog. Bodenwertmodell. Dafür spreche vor allem der geringe Verwaltungsaufwand und eine verlässliche, transparente Bewertungsbasis.

Die Grundsteuerreform in Deutschland ist eine Neverending Story, die die Große Koalition in dieser Legislaturperiode zu Ende erzählen will. Das ist auch dringend nötig. Denn die Berechnungsgrundlagen, nach denen rund 22 Millionen Immobilien und Grundstücke jährlich mit Steuern belegt werden, sind nach höchstrichterlichem Urteil nicht mehr zeitgemäß. Vier Reformvarianten liegen auf dem Tisch: das Verkehrswertmodell, das wertunabhängige Modell, das gebäudewertunabhängige Kombinationsmodell und das Bodenwertmodell. Nach Ansicht der IW-Forscher sollte sich die Politik für das Bodenwertmodell entscheiden und dieses aufkommensneutral umsetzen. Das würde bedeuten, dass den Städten und Gemeinden auch künftig jährlich rund 12 Milliarden Euro aus der Grundsteuer zufließen.

Für das Bodenwertmodell wird einzig und allein der Bodenwert eines Grundstücks zur Steuerberechnung herangezogen – und zwar unabhängig davon, ob es bebaut ist oder nicht. Größere und teurere Grundstücke würden somit stärker besteuert als kleinere und günstigere. Dadurch setzt das Modell die richtigen Anreize, um die in Deutschland vorhandenen Grundstücksflächen besser auszulasten. Da nicht das Gebäude besteuert wird, bleiben für die Eigentümer Investitionen in ihre Immobilien attraktiv – etwa um sie energetisch zu modernisieren. Insgesamt führt eine Bodenwertsteuer damit zu einer besseren Ausnutzung von Brachflächen sowie von Baulücken und wirkt so dem überhöhten Flächenverbrauch und der Zersiedelung der Landschaft entgegen. Auch der Verwaltungsaufwand ist bei diesem Modell am geringsten, da mit den Bodenrichtwerten eine flächendeckende und verlässliche amtliche Bewertungsbasis zur Verfügung steht. Um die Verteilungswirkungen der Reform im Vergleich zum Status quo gering zu halten und Grundstücke in teuren Lagen nicht zu stark zu belasten, könnte die reine Grundstücksgröße in die Steuerberechnung mit einfließen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des IW Köln.

Quelle: IW Köln, Pressemitteilung vom 04.02.2014

Verfassungswidrigkeit eines sog. Treaty override

Mit Beschluss vom 11. Dezember 2013 I R 4/13 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erneut die Frage vorgelegt, ob der Gesetzgeber durch ein sog. Treaty override gegen Verfassungsrecht verstößt.

Bereits mit Beschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 hatte der BFH im Hinblick auf die Regelung des § 50d Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem BVerfG eine entsprechende Vorlagefrage vorgelegt. Konkreter Hintergrund des aktuellen Vorlagebeschlusses ist nun die Regelung des § 50d Abs. 10 EStG. Danach gelten sog. Sondervergütungen, die der im Ausland ansässige Gesellschafter einer inländischen Personengesellschaft von der Gesellschaft z. B. für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe eines Darlehens bezieht, bei Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) „zum Zwecke der Anwendung des Abkommens“ als Unternehmensgewinne und nicht als Arbeitslohn oder Zinsen. Die Folge ist: Das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte steht Deutschland zu. Nach der Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei derartigen Einkünften nach dem jeweiligen anzuwendenden DBA aber um Arbeitslohn oder Zinsen, was regelmäßig zur Folge hat, dass das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte dem Wohnsitzstaat des Gesellschafters und damit nicht Deutschland zusteht.

Im Streitfall betraf das den in Italien wohnenden Gesellschafter einer inländischen KG, der der KG ein Darlehen gewährt hatte. Er wollte die dafür vereinnahmten Zinsen in Italien versteuern, was ihm das Finanzamt mit Blick auf § 50d Abs. 10 EStG jedoch versagte.

Der BFH ist wie schon im Vorlagebeschluss I R 66/09 davon überzeugt, dass dies nicht in Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung steht. Das Gesetz setzt sich im Ergebnis einseitig über die völkerrechtlich vereinbarte Qualifikation der Darlehenszinsen hinweg; der Völkerrechtsvertrag wird gebrochen. Da der deutsche Gesetzgeber vor allem in der jüngeren Vergangenheit in erheblichem Maße von dem seit langem umstrittenen Mittel des Treaty overriding Gebrauch gemacht hat, steht zu erwarten, dass sich noch weitere Regelungen an diesen Maßstäben messen lassen müssen.

Der BFH verweist dazu auf seine Pressemitteilung Nr. 30/12 vom 09.05.2012 zur BFH-Entscheidung I R 66/09 vom 10.01.2012 zu § 50d Abs. 8 EStG.

BFH, Pressemitteilung Nr. 15/14 vom 12.02.2014 zum Beschluss I R 4/13 vom 11.12.2013

Erstattungszinsen sind steuerbar

Zinsen, die das Finanzamt aufgrund von Einkommensteuererstattungen an den Steuerpflichtigen zahlt (sog. Erstattungszinsen), unterliegen der Einkommensteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. November 2013 VIII R 36/10 entschieden.

Die Besonderheit: Mit Urteil vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07 hat der BFH dies noch anders gesehen. Daraufhin hat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 eine Regelung in das Einkommensteuergesetz (EStG) aufgenommen, wonach Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte steuerbar sind. Der BFH hatte nunmehr erstmals zu der neuen Gesetzeslage zu entscheiden.

Der BFH hat die neue Gesetzeslage bestätigt. Mit der ausdrücklichen Normierung der Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 hat der Gesetzgeber seinen Willen, die Erstattungszinsen der Besteuerung zu unterwerfen, klar ausgedrückt. Für eine Behandlung der Erstattungszinsen als nicht steuerbar bleibt damit kein Raum mehr. Den von den Klägern dagegen vorgebrachten systematischen und verfassungsrechtlichen Einwänden ist der BFH nicht gefolgt. Er hat auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung der neuen gesetzlichen Regelung erkannt, weil sich im Streitfall kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Nichtsteuerbarkeit der Zinsen bilden konnte.

BFH, Pressemitteilung Nr. 14/14 vom 12.02.2014 zum Urteil VIII R 36/10 vom 12.11.2013

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